Palmsonntag, 13. April 2003, 10.00 Uhr

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IMAGO DEI − Musik zur Osterzeit
www.minoritenkirche.at
Palmsamstag, 12. April 2003, 18.00 Uhr
Gasthaus „Salzstadl“ (neben der Minoritenkirche)
Einführung in die Johannespassion
Minoritenkirche Krems-Stein, 20.00 Uhr
Johannespassion von Wolfgang Sauseng (Uraufführung)
Chorus sine nomine
Leitung: Johannes Hiemetsberger
Gründonnerstag, 17. April 2003, 21.00 Uhr
Minoritenkirche Krems-Stein
„Sugoroku“
Akio Suzuki (Musik) & Junko Wada (Tanz) & Hans P. Kuhn (Elektronik)
Ostermontag, 21. April, 19.00 Uhr
Minoritenkirche Krems-Stein
„mein himmel ist hier und jetzt“
Osterbrevier mit Lesung unveröffentlichter Texte von Elfriede Gerstl
Musik von Renald Deppe & Wachauer Pestbläser
21.00 Uhr
„Corsica Sacra“ − Korsische, sakrale Vokal-Polyphonie
Jacky Micaelli / Marie & Jean-Étienne Langianni
Ticket- Hotline
NÖ Festival GmH.
Tel: 02732 / 908033
Fax: 02732 / 908031
[email protected]
www.minoritenkirche.at
Eintrittspreise:
12.04. €18,-/15,17.04. €13,-/10,21.04. €18,-/15,-
Ermäßigungen:
für Mitglieder des Verein Freunde der
Kunsthalle Krems & KirchenTonArt Krems,
Schüler, Studenten (bis 26 Jahre), Behinderte,
Zivil- und Präsenzdiener,
Kinderermäßigungen: unter 6 Jahren freier
Eintritt, von 6-12 Jahren Kinderkarte € 7.
Presse-Kontakt
Marie-Therese Rudolph
Tel: 0676 / 556 29 66
[email protected]
Osterfestival „IMAGO DEI“ 2003 • Minoritenkirche Krems-Stein • Stadtpfarrkirche Krems-St. Veit • www.minoritenkirche.at
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Klangraum − Minoritenkirche Stein (www.minoritenkirche.at)
Das aus dem 13. Jahrhundert stammende Gebäude ist die älteste Bettelordenskirche nördlich der Alpen. Die
Gründung erfolgte angeblich 1224, der erste Beleg für die Existenz der Kirche stammt aus dem Jahre 1253: Die
Hausoberen der Steiner Minoriten schienen in einer Urkunde König Ottokars von Böhmen auf. 1264 wurde die
Kirche dem Heiligen Ulrich geweiht, aus dieser Zeit stammt auch das dreischiffige Langhaus. Eine Reihe von
Stiftungen im frühen 14. Jahrhundert wie etwa von Agnes von Kuenring 1302, Friedrich des Schonen oder der
Königin Elisabeth von Ungarn 1328 ermöglichten verschiedene Teile des Baus. In der langen Geschichte der
Kirche kam es immer wieder zu ungewöhnlichen Nutzungen wie etwa in der Zeit der Reformation als Salzdepot;
oder nachdem mit der Aufhebung des Klosters 1796 die Kircheneinrichtung entfernt worden war 1850 als
Tabakwarenlager der Steiner Tabakfabrik. Das Langhaus diente zuletzt als Rüsthaus der Freiwilligen Feuerwehr
Stein. Seit 1951 ist der wiederhergestellte Kirchenbau ein Sonderausstellungsraum. Es fanden kunst- und
kulturgeschichtliche Ausstellungen wie „Romanische Kunst in Österreich“, „Gotik in Niederösterreich“ oder „Franz
von Assisi“ statt.
Ab 1992 wurde die Minoritenkirche als Ausstellungsraum der Kunsthalle Krems genutzt. Heute dient sie als
Veranstaltungsraum vor allem zeitgenössischer Konzerte, veranstaltet von der NÖ Festival GmbH.
Die Minoritenkirche Stein bietet ca 250 Sitzplätze.
Außen- und Innenraum-Renovierung der Minoritenkirche Krems-Stein
Baubeginn:
November 2002
Fertigstellung der Innenadaptierungen:
Ende März 2003
Fertigstellung der Aussenrenovierungen:
Frühjahr 2004
Gebäudeeigentümer:
Bauherr:
Architekt Innenraum:
Architekt Außenraum:
Akustische Gestaltung:
Stadt Krems
NÖ Festivalgesm.b.H.
Mag arch. Reinhardt Gallister, Wien
Mag. arch. Ing. Friedrich Göbl, Krems
Dr. Tech. Karl Bernd Quiring, Innsbruck
Seit November 2002 finden umfassende Renovierungs- und Adaptierungsarbeiten des Innenraumes der
Minoritenkirche statt. Es wurde ein völlig neues Heizungssystem (Fußbodenheizung, Bodenkovektoren und
Lüftung) sowie professionelle Veranstaltungstechnik (Licht- und Audiotechnik) mit flexibler Bühnentechnik und
wesentliche akustische Verbesserungsmaßnahmen eingebaut.
Im Außenbereich wird ein Glaspavilion am südlichen Seitenschiff als Haupt-Eingangs-Foyer angebaut, das
Hauptportal zum Mittelschiff wird transparentes Entrée für Sonderveranstaltungen.
Die Renovierung der Fassade, Dach und Fenster sowie der umliegenden Gartenanlage beginnt im Frühjahr 2003
und wird im Frühjahr 2004 fertig gestellt sein. Finanziert wird die Generalsanierung aus Mitteln des Landes NÖ
(Abtlg. Kultur und Wissenschaft) bzw. Regionalfördermittel (inkl. EU Mitteln aus dem „Ziel-2-Programm NÖ“), der
Stadt Krems, dem Bundesdenkmalamt und Bundesministerium für Bildung Wissenschaft und Kultur sowie aus
Eigenmittel der NÖ Festival Ges.m.b.H.
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Samstag, 12. April 2003, 18.00 Uhr, Gasthaus „Salzstadl“ (neben der Minoritenkirche)
Einführung in die Johannespassion
Wolfgang Sauseng, Johannes Hiemetsberger, Moderation: Erika Schuster
Minoritenkirche Krems-Stein, 20.00 Uhr
PASSIO IESU SECUNDUM IOANNEM
JOHANNESPASSION von Wolfgang SAUSENG (Uraufführung, Auftragswerk des Chorus sine nomine)
Chorus sine nomine
Instrumental-Ensemble (Klarinette, Horn, Posaune, Viola, Violoncello, Kontrabass, Klavier, Schlagwerk)
Solistenquintett
Barbara Achammer, Sopran I
Isabel Marxgut, Sopran II
Anna Hauf, Alt
Erik Leidal Tenor
Josef Wagner, Bass
Daniel Johannsen, Tenor (Evangelist)
Musikalische Leitung: Johannes Hiemetsberger
Nächste Aufführung der neuen „Johannespassion“ von Wolfgang Sauseng:
Dienstag, 15. April & Donnerstag, 17. April 2003 Kirche St. Ursula, 1010 Wien
18.30 Uhr: Einführung
20.00 Uhr: Wolfgang Sauseng: PASSIO IESU SECUNDUM IOANNEM (Johannespassion)
Eigenveranstaltung des „Chorus sine nomine“ in Zusammenarbeit mit dem Institut für Orgel, Orgelforschung und
Kirchenmusik
Karten: 0676 / 519 65 09 oder [email protected]
Der ORF nimmt die „Johannespassion“ von Wolfgang Sauseng auf und veröffentlicht das Werk im Rahmen der
Edition „Zeit-Ton“ auf CD.
PASSIO IESU SECUNDUM IOANNEM
Johannespassion von Wolfgang Sauseng
"Am Heiligen, Großen Samstag in der Vierten Nachtstunde schlägt die Große Glocke und die Brüder singen in
ihren Zellen das Offizium und erfüllen die ihnen auferlegte Regel. Dann schlägt der Küster mit den Hämmern das
Semanterion, und wir kommen in die Kirche und beginnen das Trisagion zu singen …"
Ausgehend von der Beschreibung des Beginns der Karsamstag-Nachtfeiern der Athosklöster und mit
Anbetungen, Motiven und Tonarten der orthodoxen Liturgie entwickelt sich diese Passionsmusik nach dem
Evangelisten Johannes, die im weiteren Verlauf stellenweise zum altgriechischen, originalen Text zurückkehrt.
Den Mittelpunkt bildet – als große Betrachtung – die Vertonung eines der letzten Gedichte Ingeborg Bachmanns.
Die oft sehr unterschiedlichen Farben vor allem der Worte Jesu, aber auch Pilatus, gaben Anreiz für
unkonventionelle Dramaturgie, die dennoch die Leidensgeschichte Christi klar und direkt erzählt.
Ein Auftragswerk des Chorus sine nomine: warum?
Neue Musik war und ist ein wichtiger Impuls für den Chorus sine nomine: Die 2001 erschienene CD mit Acappella-Musik des 20. Jahrhunderts ist ebenso Beweis dafür wie die zahlreichen Auftragswerke an heimische
Komponisten wie Wolfram Wagner, Manfred Länger, Herwig Reiter u.a.
Das bisher größte Projekt steht mit dem erteilten Kompositionsauftrag an Wolfgang Sauseng nun bevor: Ganz
wenige namhafte Komponisten haben es gewagt, den Vergleich mit den großen Passionen J.S. Bachs in Kauf zu
nehmen, der diesem Genre wohl einzigartige Meilensteine geschenkt hat.
Neue Musik ist auch ein Teil unserer Existenz: die Begegnung mit zeitgenössischer Musik führt uns immer wieder
auch zu uns selber zurück, der Klang der Zeit ist immer auch ein Spiegelbild der Menschen, die sie geschaffen
haben. Menschen des 21. Jahrhunderts haben ihre eigene „Passion“ – die letzten Gedichte Ingeborg Bachmanns
sind ein anschaulicher Beweis dafür – genauso, wie der Passionsbericht nach dem Evangelisten Johannes sich
seiner historischen Dimension nicht entziehen kann.
Die Kombination aus diesen beiden Elementen verleiht dem Bericht über das Leiden und Sterben Jesu Christi
eine neue Aktualität, ermöglicht dem Hörenden eine neue Auseinandersetzung mit diesem zentralen
Glaubenskapitel.
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Wolfgang Sauseng im Gespräch mit Marie-Therese Rudolph (6. Februar 2003)
Wenn man heutzutage tonal komponiert wie Sie: Wie definiert man sich? In welcher Tradition sehen Sie sich?
Sauseng: Man kann nach Vorbildern fragen, oder an wem ich mich einmal orientiert habe. Da sind sicher zu
nennen Anton Heiller, von dem ich mich in der Zwischenzeit wieder völlig abgewandt habe. Der war während
meiner Studienzeit eine ganz große Komponistenpersönlichkeit für mich. Diese Abwendung ist aber genauso
wichtig wie die Zuwendung. Dann Messiaen, auch als Organist. Heiller hat Messiaen, Alain und Thomas Christian
David (*1925) gespielt und nach Österreich gebracht. Und im Chorsektor ist auch Hugo Distler wichtig. Und dann
natürlich Strawinsky und Bartók, die eigentlich für jeden Komponisten jederzeit interessant sein müssen.
Ich glaube, ich habe über die Jahre einen Personalstil entwickelt. Ich habe Vorgangsweisen, die sich immer
wieder wiederholen, auch ästhetische Auffassungen, die sich ändern. In der Passion war mir das
Holzschnittartige des Johannestextes wichtig − und da bin ich sehr stolz darauf, weil ich das mit sehr sparsamen
Mitteln geschafft habe.
Warum haben Sie den Text von Johannes gewählt? Wie sind Sie in der Vertonung damit umgegangen?
Der Text von Johannes ist ein Augenzeugenbericht, und daher auch sehr hart und dramatisch. Eigentlich ist es
ein zweistimmiges Stück geworden. Weil ich ein Zuviel an Farbe und Klängen zugunsten des Holzschnittes
vermeiden wollte. Und es gibt eigentlich nur zwei Farbtupfer, das sind die beiden Betrachtungsmusiken.
Einerseits die Motette in der Mitte auf den Text von Ingeborg Bachmann, der hat einfach Emotion gefordert. Und
andererseits die Lamentatio, die Trauermusik nach dem Tod Christi. Da hab ich mich hinreißen lassen, von der
Strenge wegzugehen und vielleicht mehr aus dem Bauch zu schreiben, mich mehr zu trauen, farblich und
stilistisch Dinge einzusetzen, die direkt zum Herzen des Zuhörers gehen soll. Die Strenge zieht sich aber
trotzdem mehr oder weniger durch.
Sie haben auch Musik aus der Ostkirche eingebaut. Wie passt das zusammen?
Die Musik der Liturgie der Ostkirche ist in einer ganz anderen Art emotional wie etwa der „Tristan“. Und ich sage
das absichtlich, weil Bachmann in ihrem Gedicht aus Tristan zitiert, wie in vielen ihrer Gedichten. Ihre Welt ist
eine, die sich sehr mit der Todeswelt des Tristan beschäftigt. Die griechische Musik handelt auch vom Tod und ist
trotzdem ganz anders: Glühend, aber auch sehr streng, meditativ. Ich komme auf Thomas Christian David
zurück, der ja sehr am Mittelalter orientiert war, der hat über seine Musik gesagt: „Sie muss glühen wie Eis.“ Das
hab ich in dem Stück auch versucht, indem ich die Sprache sehr knapp halte.
Ein Großteil Ihrer Kompositionen basiert auf literarischen oder biblischen Texten.
Mein letztes großes Stück war eine Kirchenoper, für die ein Librettist einen sehr blumigen, phantasievollen Text
gemacht hat. Meine größte Liebe ist es, mit Text zu arbeiten. Ich hab noch nie eine Sonate geschrieben, weil ich
die Bilder brauche. Ich hab sehr viel für Chor- und Solostimmen geschrieben. Das enthebt mich auch der Frage:
Wie schreibe ich eigentlich, denn ich bin ganz am Text. Einer der wenigen Ansprüche, die ich auch an meine
Studenten stelle: Sie müssen am Text entlang komponieren. Es gibt ja so unterschiedliche Sprachwelten. Ich
muss den Text nur noch zum Leben erwecken, weil er im Grunde ja schon musikalisch lebt. Daher nehme mir für
die Textauswahl sehr viel Zeit.
Was fasziniert Sie an Ingeborg Bachmann?
Vor mittlerweile drei Jahren hab ich „Hiobs Gesänge“ für eine Aufführung im Musikverein mit Johannes Prinz
geschrieben. Da vertonte ich erstmals Bachmann. Faszinieren tut mich v.a., dass sie in wenigen Worten und
Sätzen etwas sagt, was man an sieben Tagen der Woche siebenmal anders interpretieren kann. Unheimlich
vielschichtig, in ihrer Aussage niemals plakativ und niemals festlegend. Man kann sich zu ihren Texten immer
Assoziationen bilden.
In dem vorliegenden Gedicht habe ich nach längerem Lesen einige Stellen gefunden, die Parallel-Ausdrücke für
Stellen aus dem Passionsgeschehen sind. Deshalb hab ich das auch genommen. Jemand anderer liest vielleicht
etwas anderes heraus. Das Gedicht ist aus einem Band mit nachgelassenen Gedichten, eine Faksimile-Ausgabe
und man sieht genau, dass sie das einfach hingeschrieben hat. Da wurde nichts ausgebessert. Das ist einfach
genial.
Schreiben Sie selbst auch?
Nein, Texte schreibe ich keine. Ich würde zwar gerne, aber leider: nein.
Ihr Werkkatalog besteht hauptsächlich aus geistlichen Kompositionen.
Ja, ich hab mich in den letzten Jahren aber davon etwas weg bewegt. Ich bin als Kirchenmusiker in dieser Welt
aufgewachsen, aber meine Oper − und ich werde jetzt dann eine zweite Oper schreiben − und auch die Passion,
obwohl sich das schon im geistlichen Bereich bewegt, birgt sehr viel Dramatik in sich. Bei der Oper, auch wenn
es eine Kirchenoper ist, habe ich mich wie ein Fisch im Wasser gefühlt.
Ich setze für alle Werke − egal ob geistliche oder weltliche − eine spirituelle Basis voraus, weil ich sonst keinen
Sinn darin sehe. Ich schreibe sicherlich keine Unterhaltungsmusik. Aber ich habe auch lustige Stücke
geschrieben, wo der Anspruch nicht so hoch war.
Mit der Passion habe ich vierzehn Monate verbracht. Man beschäftigt sich in dieser langen Zeit mit unglaublichen
Dingen, was auch mein Leben in dieser Zeit geprägt hat. Ich bin ein sehr sinnlicher Mensch und habe auch die
Freuden dieser Welt sehr gerne. Aber auch in den Diskussionen mit meinen engen Vertrauten ist es so, dass
man eben stundenlang philosophiert. Über Dinge, die sonst nicht so zur Sprache kommen. Es ist für mich ein
ganz wichtiger Prozess, dass das Komponieren auch in mein Leben hinein geht.
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Ist die Passion für Zuhörer, die sich nicht mit liturgischen Inhalten befassen, inhaltlich nachvollziehbar?
Das sollte eigentlich das Ziel sein. Die Bachschen Passionen wurden lange Zeit so aufgeführt, dass der Cellist
neben dem Evangelisten gesessen ist und irrsinnig laut gespielt hat. Und so hat er natürlich die Leute vom Text
abgelenkt. Die richtige Art Continuo zu spielen, wie es vielleicht Harnoncourt etabliert hat, war in erster Linie, die
Erzählung zu präsentieren. Es darf nichts stören. Genauso wie Monteverdi gesagt hat, dass um 1607, zu Beginn
der Oper, die Musik zur Dienerin der Sprache auserkoren wurde. Das war die Geburtsstunde des Recitativo. Das
geht auch in meiner Passion weiter, dass zwar der Rezitativ-Charakter ganz anders als bei Bach ist, aber auch
erhalten werden muss. Einfach durch eine ganz klare direkte Erzählweise. Das zieht sich wie ein roter Faden
durch die Passionsmusiken: Die Erzählung des Evangelisten muss frei sein, ganz ohne Takt notiert, in meinem
Fall quasi Continuo, umspielt von einem Instrument.
Wenn da ein Atheist drinnen sitzt, der von der ganzen Sache noch nie etwas gehört hat, muss er am Ende
rausgehen und zumindest „Aha“ sagen und die Geschichte verstehen. Das ist mir sehr wichtig, dass die
Geschichte rüberkommt. Mein Anliegen ist insofern konservativ und traditionell, als ich die Geschichte gut
transportiert haben wissen will.
Daher habe ich auch lange nach einer guten Übersetzung gesucht und in der von Rudolf Ewald Stier eine
gefunden. Diese ist deshalb so gut, weil sie in einem wunderschönen Deutsch die griechischen Satz- und
Wortstellungen belässt, ein wahrer Balanceakt.
Wolfgang Sauseng
Geboren 1956 in Graz, frühe musikalische Studien in Klavier, Cello und Tonsatz, Besuch des Humanistischen
Gymnasiums, Studium an der Wiener Musikhochschule aus Tonsatz (bei Th. Chr. David), Komposition (bei A.
Heiller und E. Urbanner), Kirchenmusik (Orgel bei A. Mitterhofer), Orchesterdirigieren (bei K. Österreicher).
1982-1984 Korrepetitor des Wiener Jeunesse-Chores, 1982-1995 Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik,
Wien, 1989 Berufung als Ordinarius an das „Mozarteum" Salzburg, 1996 Berufung als Ordinarius an die Univ. für
Musik in Wien, Leitung der Klasse für „Kirchliche Komposition und Tonsatz" (Abteilung für Kirchenmusik), seit
1977 Organist an der Michaelerkirche, Wien I.
Organisation des alljährlichen Int. Orgelfestes in St. Michael, Gründer und Leiter der „Capella Archangeli" (Vokalund Instrumental-Ensemble der Michaelerkirche); intensive Pflege der alten und neuen Kirchenmusik zur Liturgie
an St. Michael; Auftritte mit dem Ensemble im In- u. Ausland.
Seit 1979 musikalische Leitung der Fernsehproduktionen aus der Michaelerkirche ("Aschermittwoch der
Künstler"), Künstlerischer Leiter des Projekts „Mozart in St. Michael" (das kirchenmusikalische Werk an 52
Sonntagen des Jahres 1991).
Kompositionen vorwiegend geistlicher Art. Einige Werke sind verlegt bei Universal Orgel Edition, Verlag Doblinger
und Musikverlag Alexander Mayer; Kompositionsaufträge des ORF, der Jeunesse Musicale, des Carinthischen
Sommers, der Haller Bach Tage, der Int. Kirchenmusiktage, des Festival Organistico Internazionale Citta di
Treviso, Festival dell`Aurora Crotone, des Wiener Singvereins u.a.
Kurstätigkeit in Österreich, Orgelkonzerte in Österreich, Schweiz, Italien, Deutschland und England; Rundfunk- u.
Plattenaufnahmen.
1975 Kulturpreis der Stadt Graz, 1995 Preis des „Erwin-Ortner-Fonds", 1997 Förderungspreis für Musik des
BM/Wissenschaft, Kunst.
Chorus sine nomine (www.chorussinenomine.at)
oder: im Sinne unserer gemeinsamen Sache …
Konzertchöre sind daran gewöhnt, zielorientiert zu arbeiten; am „Tag X“ sollte den Sängern ein Werk zur Natur
geworden sein, soll der Moment der Aufführung zum Erlebnis für das Publikum werden.
Die unterschiedlichen Wege zum „Tag X“ sind das, was Chöre voneinander unterscheidet, was den Chor zu dem
macht, was er ist.
Die Seele des Chorus sine nomine ist der Ensemblegeist, der die gemeinsame Entwicklung zum Konzept für die
Organisation des Chores erhoben hat, der den einzelnen Sänger fordert, ihm seinen Fähigkeiten entsprechend in
kleinen Formationen verantwortungsvolle solistische Aufgaben überträgt.
Möglich ist dieses fruchtbare Miteinander von kollektivem und individuellem Musizieren, von „Groß“ und „Klein“
durch ein buntes und abwechslungsreiches Arbeitsfeld, durch ein Programm, dessen Vielfalt am besten durch
einige Auszüge aus der Chronik verdeutlicht werden kann - von Thomas Tallis’ 40-stimmigem „Spem in alium“
über Petr Ebens „Zauberspruch“ bis zu Vytautas Miskinis’ „Pater Noster“: als Herzenssache galt und gilt die Acappella-Welt. Dort ist der Chorus sine nomine zu Hause, und von dort aus macht er Ausflüge – seit über zehn
Jahren quer durch Österreich, aber auch nach Taiwan, Italien, Deutschland, Frankreich und in die USA. Als
wertvolle „Tankstellen“ haben sich dabei die internationalen Chorwettbewerbe erwiesen, Preise und
Auszeichnungen bestärkten den CSN auf seiner Route (Florilège Vocal de Tours 96, Spittal/Drau 97, Ferdinand
Grossmann-Preis 2000) und ließen ihn zu neuen Ufern aufbrechen (1. Preis im EBU-Chorwettbewerb „Let the
Peoples Sing“ im Oktober 2001). Die Programmierung von Alt und Neu bekam in der unmittelbaren
Vergangenheit durch die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen österreichischen Komponisten eine für den
Chorus sine nomine neue, wertvolle Dimension: Manfred Länger, Wolfram Wagner, Herwig Reiter und nun
Wolfgang Sauseng mit der Johannespassion schreiben für den Chorus sine nomine.
Chor-Orchesterwerke gehören zum alltäglichen Leben eines jeden Chores, vokale Spezialitäten zum Repertoire
des Chorus sine nomine: Mahlers Symphonie Nr. 2, Szymanowskys „Stabat mater“, Bruckners Messe in f-Moll,
Weills Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ oder – auch szenisch – Mozarts „Le Nozze di Figaro“. Hits
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wie Händels „Messias“ dürfen da natürlich auch nicht fehlen, wie überhaupt die Zusammenarbeit mit
Spezialensembles wie der „Wiener Akademie“ und „tonus“ die Liebe zur Barockmusik neu entfachte.
Apropos Zusammenarbeit: Michael Gielen, H.K. Gruber, Yakow Kreizberg, Bertrand de Billy, Claus Peter Flor, die
Musikalische Jugend Österreichs (Jeunesse), das Wiener Konzerthaus, die Gesellschaft der Musikfreunde,
Festivals wie die Salzburger Pfingstfestspiele, Kremerata Lockenhaus, Osterklang, Klangbogen Wien,
Brucknerfest Linz, das Rheingau Musikfestival und Orchester wie das RSO Wien, Brucknerorchester Linz,
Jeunesse World Orchestra − sie alle kennen den und „können“ mit dem Chorus sine nomine – noch recht lange,
wie wir hoffen, im Sinne unserer gemeinsamen Sache …
Johannes Hiemetsberger (www.chorussinenomine.at)
Geboren 1971 in Kaltenberg / Oberösterreich. Er studierte an der Musikhochschule Wien (Musikpädagogik) und
dem Konservatorium der Stadt Wien (Dirigieren bei Georg Mark und Alte Musik bei Reinhard Schwarz) und
Chorleitungsunterricht erhielt er bei Johannes Prinz, Herwig Reiter und Erwin Ortner.
Hiemetsberger ist Leiter des Chorus sine nomine, den er 1991 gründete. Zusätzlich leitet er seit 2001 den O.Ö.
Landesjugendchor und seit Herbst 2002 das Vokalensemble „Company of Music“. Als gefragter Referent ist er
auf Chorleiterkursen und Seminaren im In- und Ausland präsent (z.B. „Europa Cantat“ in Barcelona 2003). Er ist
künstlerischer Leiter der Vokalwoche CANTATA in Oberösterreich. Seit 1998 unterrichtet er als Vertrtragslehrer
Chor– und Ensembleleitung an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien.
Johannes Hiemetsberger ist Preisträger des „Erwin–Ortner–Fonds“ 1996.
Gründonnerstag, 17. April 2003, 21.00 Uhr, Minoritenkirche Krems-Stein
SUGOROKU − Klangperformance für die Minoritenkirche
Junko Wada, Tanz
Akio Suzuki, Steinflöte & Analapos
Hans Peter Kuhn, Klangkomposition
Die japanischen Schriftzeichen des Wortes „Sugoroku“ bestehen aus zwei gleichen, statisch wirkenden
Elementen und einem dritten, dynamischen Zeichen. Eine morphologische Beschreibung der drei Beteiligten
dieser Performance: zwei Musiker, eine Tänzerin.
Das Wort „Sugoroku“ bezeichnet ein Brettspiel, das dem westlichen Backgammon ähnelt. Dieses Spiel wird in
Japan traditionellerweise an Neujahr und zur Einweihung eines neuen oder neu renovierten Hauses gespielt.
Anlässlich der Wiedereröffnung der Minoritenkirche als Ort für Performance und Konzert werden Junko Wada,
Akio Suzuki und Hans Peter Kuhn eine Performance in Anlehnung an die Regeln dieses Spiels entwickeln.
Akio Suzuki untersucht Orte, indem er eine Topographie des Klanges auf dem Prinzip von Ruf und Echo erstellt.
Die intensive Beschäftigung mit dem Phänomen des Nachhalls führte zur Erfindung eigener Instrumente, z.B. des
Spiral-Echo-Instruments „Analapos“, das auf den akustischen Übertragungen eines zwischen zwei metallenen
Zylindern gespannten Spiraldrahtes beruht.
Der vierkanaligen, elektroakustischen Komposition von Hans Peter Kuhn aus konkretem Klangmaterial steht also
das Spiel Akio Suzukis auf dem „Analopos“ und seiner Jahrtausende alten Steinflöte gegenüber. Indem er nicht
als ruhender Pol verharrt, sondern sich durch das Kirchenschiff bewegt, bringt sein Spiel den Raum in seiner
Gesamtheit zu Bewusstsein. Weit von diesen Klängen entfernt, in der Tiefe des Kirchenschiffs, beschreibt die
japanische Tänzerin Junko Wada mit reduzierten Bewegungen langsam eine Linie.
Die Bewegungsfiguren der Performer folgen vorgegebenen streng geometrischen Mustern, während die
einzelnen Aktionen frei improvisiert und damit dem Zufall überlassen sind.
Das Zufallsprinzip in Verbindung mit genau vorgegebenen Rastern erlaubt sowohl dem fernöstlichen als auch
dem europäischen Denken eigene Entfaltung und Wirkung, so dass deren Summe zu einem Ereignis führt, das
weniger ein lautstarkes Spektakel, sondern innere Ruhe und Entspannung bietet.
Akio Suzuki im Gespräch mit Ernst Reitermaier (übersetzt aus dem Englischen von E.R., Krems, 24.2.2003)
Was bedeutet der Titel „Sugoroku“?
Die Idee zu dieser Performance ist uns bei der Betrachtung des chinesischen Kanji-Zeichens „Sugoroku“
gekommen. Wir haben das für ein nettes Zeichen gehalten: Es besteht aus drei Teilen, die auch als die abstrakte
Darstellung einer Tänzerin und zwei Musikern gesehen werden könnte.
Sugoroku ist auch der Name eines Schauspielers aus der Edo-Periode (1603-1867), der immer einen Kimono mit
großen Karos getragen hat; so wurde dieses Muster auch nach ihm benannt. Unsere Performance orientiert sich
also auch an diesem Karo-Muster.
Sugoroku, der Schauspieler, war eine sehr interessante Person. Er war ein Star in seiner Zeit, ein sehr
eigenartiger, starker Charakter, sehr avantgardistisch und extravagant. Damals wurden sehr viele Bilder von
diesem Schauspieler gemalt, die Leute haben Bilder gekauft wie heute Poster von Kino- oder Popstars. Daher ist
sein Andenken bis heute erhalten geblieben.
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Nach ihm ist auch das Spiel „Sugoroku“ benannt, das in Japan traditionellerweise zu Neujahr oder zur
Einweihung eines neuen oder neu renovierten Hauses gespielt wird. In diesem Spiel geht es darum, mit seiner
Figur nach einem Würfelwurf über das Spielbrett zu ziehen. Auch dieses aleatorische und gleichzeitig streng
geometrische Element des Brettspiels lassen wir in unsere Performance einfließen.
Was ist Ihre Aufgabe bei dieser Performance?
Bei der Performance werde ich mehrere Instrumente spielen: Eine alte Steinflöte, einfache Steine aus der Donau,
und einige von mir erfundene Instrumente − den Analopos, eine Glasharmonika und eine Obertonflöte.
Während ich auf den Steinen und der Flöte spiele, bewege ich mich frei in der Minoritenkirche.
Die Glasharmonika steht auf einem festen Platz, wie auch der Analapos, der von der Decke hängend nur über
eine Leiter erreichbar sein wird.
Was ist der Analapos?
Ich habe dieses Instrument schon 1970 erfunden. Es ist wie ein Kind für mich. Dieses Instrument wird jetzt oft
kopiert und nachgebaut, ich habe kein Patent darauf gemacht, weil das zu teuer war − ich bin kein Händler-Typ.
Ich finde es auch wichtig, das Instrument ständig weiterzuentwickeln.
Der Analopos besteht aus zwei Metallzylindern, die durch eine lange Metallspirale verbunden sind. Die Form
ähnelt also dem Bechertelefon, mit dem Kinder gerne spielen.
Während meines fünf-monatigen Aufenthaltes in Krems habe ich weiter daran gearbeitet − es ist wunderbar, ich
finde täglich neue Sounds. Ich habe auch eine neue Spieltechnik entwickelt und übe sie täglich, wie ich auch
täglich auf meiner Steinflöte spiele.
Ihre Steinflöte ist ja ein besonderes Instrument …
Die Steinflöte ist ein sehr altes schamanistisches Instrument, sie ist mehrere tausend Jahre alt. In vergangener
Zeit wurden solche Flöten im Süden Japans für shintoistische Rituale verwendet, sie spielte eine zentrale Rolle
und ihren Klängen wurde eine heilige, reinigende Kraft zugeschrieben, die die Ankunft Gottes vorbereiten sollten.
Sie wurden als „amano-iwafue“ bezeichnet („amano“ heißt „aus dem Meer kommend“). Denn die Steinflöten
wurden im Meer gefunden, es waren weiche Natursteine, durch die Muscheln Löcher gebohrt hatten, die dann
von der Meeresströmung weiter ausgespült wurden.
Im Jahr 552 kam der Buddhismus aus China nach Japan und auch der damalige japanische Herrscher nahm die
neue Religion an. Die alte schamanistische Tradition und Kultur wurde verboten und durch chinesische Kultur
ersetzt. Die Steinflöten wurden im Boden vergraben, durften bei Todesstrafe nicht mehr verwendet werden. So
haben die Menschen den Klang der Steinflöte vergessen und die Geschichte wurde erst von modernen
Historikern wieder entdeckt.
Heute kennen ein paar Menschen die Steinföte Es werden auch solche verwendet, in die künstliche Löcher
gebohrt werden. Einige produzieren auch CDs mit dieser Musik, es ist fast ein Modetrend geworden.
Die Menschen erinnern sich an die alten Zeiten; irgendwas in ihnen drinnen erkennt den Klang wieder …
Meine Familie hat die Flöte im Geheimen von Generation zu Generation weitergegeben. Mein Vater hat sie von
seinem Vater erhalten, der sie wiederum von seinem eigenen Vater erhalten hat. Auch ich habe diese Flöte
geerbt, sie ist meines Wissens nach die einzige originale Steinflöte.
Was hat es mit der Glasharmonika auf sich?
Es gibt weltweit verschiedene Varianten von Glasharmonikas. Mein Modell besteht aus verschiedenen
Glasröhren, die waagrecht an Schnüren befestigt sind. Ich bringe sie mit der Hand zum Klingen, ähnlich wie man
ein Weinglas durch Anstreichen mit dem Finger zum Klingen bringen kann.
Diesmal verwende ich ein kleines Modell, 50x40cm. Innen befinden sich fünf waagrechte Glasröhren. Diese
produzieren verschiedene Obertöne, ich spiele so ganze Melodien darauf. Zuhause habe ich allerdings ein
größeres Modell mit Röhren in den unterschiedlichsten Längen.
Im Frühling 1990, als ich das Instrument erfunden habe und bei offenem Fenster gespielt habe, war draußen ein
Vogel, der meine Klänge imitiert hat. Ich habe das Instrument dann nach diesem Vogel benannt.
Was ist das Besondere an Ihrer Musik?
Meine Musik hat keinen Takt und keine Skalen, sie ist viel freier − was auch meinem persönlichen Charakter
entspricht. Die meisten meiner Instrumente sind beweglich, oder ich kann zumindest um sie herumgehen und sie
von allen Seiten spielen. Mir ist es wichtig, die Beweglichkeit zu erhalten …
Das Instrument wird ein Teil meines Körpers, es ist wie eine zweite Stimme; ganz natürlich und einfach − ähnlich
wie sprechen. Das ist natürlich ein anderes musikalisches Konzept als bei Klavier oder Gitarre.
Wenn man mehrere Stunden Klavier spielt, wird man müde; Wenn ich mehrere Stunden auf dem Analapos
spiele, werde ich nicht müde, meine Hand wird nicht erschöpft.
Wer sind die anderen Performer?
Die Tänzerin Junko Wada und der Klangkünstler Hans Peter Kuhn.
Junko ist eine sehr ruhige Tänzerin; ihr Tanz ist avantgardistisch und eigenwillig. Junko Wada und ich bewegen
uns auf verschiedene Art und Weise durch den Raum: Junko geht einen geraden Weg in der Diagonale. Ich
bewege mich frei, habe aber zwei Fixpunkte im Raum − die Glasharmonika und die Leiter, die zum Analapos
führt. Währenddessen beobachte ich Junkos Tanz sehr genau und begleite sie mit meinen Klängen.
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Hans Peter Kuhn ist zuerst auf einem Platz am Rand. Er geht dann zu seinem Computer und steuert von dort aus
elektronische Mehrspurkompositionen bei. Ich werde ihm zuhören und reagieren − es soll keine dichte Musik
werden, sondern viele Ruhepausen beinhalten.
Akio Suzuki
Der japanische Künstler Akio Suzuki wurde 1941 im nordkoreanischen Pyongyang geboren. Mit vier Jahren kam
Suzuki nach Aichi / Japan. In den Sechzigerjahren begann er seine „Self-Study-Events"; jahrelang hat er dabei
als Klangforscher Orte in der Natur und Architekturräume auf ihre Klangqualitäten hin untersucht. Dabei erstellt er
eine Topographie des Klanges auf dem Prinzip von Ruf und Echo. Die intensive Beschäftigung mit dem
Phänomen des Nachhalls bzw. Echos führte ihn in den Siebzigerjahren zur Erfindung eigener Instrumente, z. B.
der Glasharmonika à la Suzuki und des Spiral-Echo-Instruments Analapos. Seit den Siebzigerjahren gibt er
Performances mit diesen selbstgebauten Instrumenten. Seine Klangkonzept-Performances mit
Alltagsgegenständen wie Zeitungspapier und Tellern oder mit anderen schlichten Materialien entwickelte er in
den späten Siebzigerjahren. 1981 erhielt Suzuki ein Stipendium der Rockefeller Foundation in New York. Seit
1989 arbeitet er oft mit der Tanz- und Performancekünstlerin Junko Wada zusammen. 1994 war er Gast des
Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Heute lebt Suzuki auf dem Land in der Nähe des Japanischen Meeres.
Junko Wada (http://www.hoege.org/web/showArtist.php?artistID=116)
Geboren 1955 in Tokio, 1974-78 Studium an der Musashirio University of Art, 1977-80 am Ahra KASAI Dance
Institute. 1998/99 Stipendium an der Akademie Schloss Solitude, 2000 am Künstlerinnenhof „Die Höge"
Högenhausen bei Bremen.
Zahlreiche Ausstellungen und Performances in Japan, den USA und Europa. Oftmalige Zusammenarbeit mit Akio
Suzuki, Peter Kuhn und Rolf Julius.
Hans Peter Kuhn
Geboren 1952 in Kiel, lebt in Berlin. Seit 1978 Zusammenarbeit mit Robert Wilson in über 30 Produktionen für
Theater, Film und Ausstellungen, ab 1989 Musik zu Tanzstücken für Laurie Booth, Suzushi Hanayagi, Steve
Paxton, Dana Reitz u. Yunko Wada. 1991 Atelieraufenthalt Künstlerhaus Bethanien, Berlin, 1992
Atelierprogramm des Berliner Senats im P.S.1 Museum, New York. Seit 1996 Gastprofessor an der JustusLiebig-Universität, Gießen.
Ostermontag, 21. April, 19:00 Uhr, Minoritenkirche Krems-Stein (Doppelkonzert)
„mein himmel ist hier und jetzt“
Osterbrevier mit Lesung unveröffentlichter Texte von Elfriede Gerstl
Elfriede Gerstl, Lesung
Renald Deppe & Wachauer Pestbläser
Martin Ptak, Posaune
Clemens Salesny, Altsaxophon, Klarinette, Bassklarinette
Renald Deppe, Alt- / Baritonsaxophon, Klarinette
Ali Angerer, Tuba
Gerd Rahstorfer, Trompete, Flügelhorn
Michael Bruckner, Gitarre
Bernhard Breuer, Perkussion
Anna Hauf, Alt
Margarete Deppe, Cello
Cornelia Pesendorfer, Oboe
In der Pause lädt der Verein Freunde der Kunsthalle Krems zu einem Buffet.
Minoritenkirche Krems-Stein, ca. 21:00 Uhr
CORSICA SACRA − Korsische sakrale Vokal-Polyphonie
Jacky Micaelli, Stimme
Marie & Jean-Étienne Langianni, Stimme
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ELFRIEDE GERSTL (april 2002)
mein himmel
mein himmel ist hier und jetzt
mein himmel ist meine vorstellung
von himmel
er ist die freundlichkeit
verlässlichkeit
anteilnahme
bei glücks- und unglücksfällen
mein himmel ist nicht voller geigen
sondern voll solidarität
mein himmel ist auch eine utopie
von einer gerechteren welt
in der einsicht und nachsicht
tägliche realität sein sollte
himmel ist das festgeknüpfte netz
ähnlich denkender und fühlender
und das glück
ihm anzugehören
wenn es noch einen anderen himmel
geben sollte
lasse ich mich überraschen
„Das Wohnen nie erlernt“
Mit der Verleihung des Georg-Trakl- und des Erich-Fried-Preises wird der Schriftstellerin Elfriede Gerstl spät die
längst verdiente Beachtung zuteil. Der „Falter“ sprach mit ihr über die Zumutungen des Lebens, der Lyrik und des
Literaturbetriebs. Von Klaus Nüchtern („Falter“ 46/99 vom 17.11.1999)
Auch wenn sie nicht gerade alle paar Tage in den „Seitenblicken“ vorkommt und nicht unbedingt unter
übermäßiger Medienpräsenz zu leiden hat, „die Gerstl“ kennt man. Zumindest jenen, die einigermaßen verlässlich
die Wiener Innenstadt-Cafes frequentieren, ist die zierliche, stets geschmackvoll gekleidete Frau bekannt.
Elfriede Gerstl ist wohl das, was man eine „Figur“ nennt; etwas, was sie zuallerletzt angestrebt hat und was auch
nicht nur Annehmlichkeiten mit sich bringt: „Ich brauche nur ins Alt Wien zu gehen, dann muss ich ein Bier
zahlen, Gedichte anderer Leute lesen oder beides.“
Es ist anzunehmen, dass Gerstls Bekanntheit als „Figur“ und Hutträgerin diejenige der Schriftstellerin übersteigt:
„In manchen Kaffeehäusern haben die Ober schon reklamiert, wenn ich einmal nicht mit Hut erschienen bin: ,Frau
Gerstl - wieso tragen S' kaan Huat mehr?'„ Gerstl will gewiss nicht auffallen, trägt aber leider gerne Hüte; und wie
sie in einem ihrer für den Falter verfassten und im Band „Unter einem Hut“ nachgedruckten Texte über Mode
schreibt, ist es „unmöglich, mit Hut nicht aufzufallen. Wer den Schutz einer Kopfbedeckung nicht entbehren will,
muss aufs freundlich infantile Wollhauberl ausweichen oder die Pullmannkappenvertauschungen in Kauf nehmen,
wie sie andauernd nach Dichterlesungen in der Garderobe oder in den anschließend aufgesuchten Gaststätten
aufs Reizendste zu beobachten sind.“
Elfriede Gerstl ist mittlerweile einigermaßen erleichtert, wenn sie in Interviews (die sie nicht besonders gerne gibt,
denen sie sich aber auch nicht verweigert) nicht über jene Kopfbedeckungen und Kleider sprechen muss, die
mittlerweile in einem eigenen Depot lagern, davor aber jahrelang in mehreren Schichten die Bücherschränke
verhängten, was unvorhergesehene Kosten nach sich zog: „Ich musste manche Bücher nachkaufen, weil ich sie
nicht mehr gefunden habe.“
„Preise als Trostpflaster“
Die Aufmerksamkeit, die der 1932 geborenen Schriftstellerin nun in Form des Georg-Trakl-Preises und des ErichFried-Preises entgegengebracht wird, ist eine späte Genugtuung und doch bloß Ersatz für die Beachtung, die ihr
zwar von vielen Kolleginnen und Kollegen, nicht aber von einer breiteren Öffentlichkeit entgegengebracht wurde.
Larmoyanz ist Gerstl, die in ihrem Aufsatz „Literatur als Therapie“ (1987) kritisierte, dass „eine ungeniert
veröffentlichte Weinerlichkeit zu einer neuen deutschen Frauenmode“ geworden sei, freilich fremd. Eine gewisse
Bitterkeit kann sie aber nicht verleugnen - und sie will das wohl auch gar nicht: „Ich sehe diese Preise als
Trostpflaster für lange zurückliegende Verletzungen und Blessuren. Selbstverständlich nehme ich das alles mit
Dank an. Es wäre auch tatsächlich sehr undankbar und unsensibel gegenüber den Juroren und den Kollegen, die
meine Arbeit schätzen, etwas zurückzuweisen, was andere anstreben und nicht bekommen können. Das heißt
aber nicht, dass ich mich auf Knopfdruck freuen kann. Ich bin halt jahrzehntelang nicht beachtet worden - zu einer
Zeit, als mir Beachtung noch viel mehr wert war.“ Ein Thema, das auch in dem Gedicht „vom wünschen“ zur
Sprache kommt, das in dem ungeplant rechtzeitig zu den Auszeichnungen erschienenen Band „alle tage
gedichte“ enthalten ist: „vielleicht hätts mich vor zwanzig jahren / noch gefreut / etwas beachtung - interviews der / ganze blödsinn / der schmonzes kostet kraft (...).“
Nur ein toter Dichter ist ein guter Dichter. Und dafür, dass sich die lebenden nicht einfach einen feschen Lenz
machen, ist auch gesorgt. Elfriede Gerstl, die in den Jahrzehnten ihrer Existenz als „freie“ Autorin weder das Geld
noch die Möglichkeit hatte, für eine Rente einzuzahlen, bekommt von der literarischen Verwertungsgesellschaft Osterfestival „IMAGO DEI“ 2003 • Minoritenkirche Krems-Stein • Stadtpfarrkirche Krems-St. Veit • www.minoritenkirche.at
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„sozusagen gnadenhalber“ - eine Art Ersatzpension ausgezahlt. Weil Gerstl mit den Preisgeldern von insgesamt
300.000 Schilling jetzt aber zu viel Geld hat, wird ihre Ersatzpension für ein Jahr einbehalten.
Die Existenz einer freien Schriftstellerin, noch dazu einer Lyrikerin, ist mit guten Vorsätzen und schlechten
Umsätzen gepflastert. Die ersten Gedichte der Gerstl wurden in den Neuen Wegen abgedruckt, einer Zeitschrift,
die nur in den Mittelschulen verteilt wurde und deren Redakteur Friedrich Polakovics 1957 seinen Job verlor, weil
er es gewagt hatte, Lautgedichte von Ernst Jandl und Gerhard Rühm zu veröffentlichen. „Es war nicht möglich zu
publizieren, und es war nicht möglich, einen Auftrittsort zu finden. Ich habe mir das Cafe Hawelka an einem
Ruhetag erbettelt“, erinnert sich Gerstl.
Mittlerweile finden Schriftsteller eine - vor allem hinsichtlich der Publikationsmöglichkeiten - entschieden
verbesserte Infrastruktur vor, dennoch bleibt Gerstl skeptisch: „Es sieht aus, als würde die Literatur geradezu
boomen, aber das bedeutet nicht, dass es den Autorinnen und Autoren so viel besser geht. Die ökonomische
Lage hat sich nicht wirklich verändert. Es gibt einige wenige Vorzeigefiguren, die in den Medien präsent sind. So
wie es halt auch ein paar Managerinnen gibt, die immer wieder vorgezeigt werden und die den anderen Frauen
beweisen sollen, was alles schon möglich ist.“
„In allen Gruppen ein geduldeter Gast“
In den Fünfziger-, Sechziger- und Siebzigerjahren hatte Gerstl Zugang zu allen relevanten literarischen Szenen
und Gruppierungen, wurde zumindest akzeptiert: „Ich habe mich nirgends eindeutig zugehörig gefühlt. Ich war in
allen Gruppen ein geduldeter Gast, und es ist mir die jeweils angenehmste Gesellschaft gewesen. Überall anders
wäre es sehr viel langweiliger und konventioneller zugegangen.“ Die Position an der Peripherie war Gerstl
möglicherweise gar nicht so unsympathisch, schärfte jedenfalls ihren Blick für die Mechanik der Macht und die
Härte der Hierarchien, die auch in Künstlerkreisen nicht außer Kraft gesetzt respektive aufgeweicht ist: „Dass das
Netz einer Gruppenzugehörigkeit die Labilen nicht stützt, sondern nur die Starken auf Kosten der Schwachen
stärkt, habe ich schon früher gewusst“, schreibt Gerstl in ihrem Text „Boheme“.
Aber auch in diesem Zusammenhang leistet sich Gerstl keinerlei Larmoyanz, auch wenn die Erfahrungen, die sie
mit den Mitgliedern der stets auf Exklusivität bedachten und ziemlich männerbündlerisch strukturierten Wiener
Gruppe machte, ihre Schattenseiten gehabt haben müssen. Gerstl gibt sich milde und bescheiden: „Ich bin froh,
dass ich wenigstens Gelegenheit hatte, dabeizusitzen. Es war aber schlauer, sich da nicht zu sehr hervorzutun.
Ich war zum Teil in Berliner Studentengruppierungen und in Wien eben zu Gast bei der Wiener Gruppe, wo ich
halt die interessanteren Gespräche gehört - nicht geführt - habe. In Berlin ist es mir allerdings gelungen, jenseits
der hiesigen Sprachspiele und Verhaltensregeln mit Konrad Bayer auch sprechen zu können. Der theoretische
Führer der Gruppe war aber eindeutig Ossi Wiener, der gesagt hat, wo's theoretisch langgeht und was gerade zu
lesen wäre. Ich habe das sehr wohl befolgt und ernst genommen.“ Einer etwaigen Überprüfung der
Hausaufgaben aber hat man sich „besser entzogen, weil das möglicherweise nicht gut gegangen wäre. Frauen
waren Aufputz und Beisitzerinnen und sind erst gar nicht abgeprüft worden.“
Als Gerstl dann Ende der Sechziger nach Berlin ging, geschah das „nicht aus Übermut, sondern weil es mir
unmöglich war, eine Gemeindewohnung zu bekommen. Ich habe jahrzehntelang mit meiner Mutter, später auch
mit meinem damaligen Mann und meiner Tochter in der kleinen Substandardwohnung gewohnt, in die uns die
Nazi-Bürokratie reingesetzt hat und die das demokratische Nachkriegsösterreich als durchaus ausreichend
betrachtet hat.“
Berliner Szene
Berlin war damals Fluchtort für viele Österreicher, auch Artmann und Rühm lebten dort. Während der Berliner
Zeit, in der Gerstl mit dem Zug regelmäßig nach Wien fuhr, entstand ihr Montageroman „Spielräume“, der zehn
Jahre später, 1977, in der edition neue texte erschien und 1993 bei Droschl neu aufgelegt wurde. Wie ihre Autorin
bewegt sich auch die Protagonistin Grit durch die Berliner Szene(n), beschreibt und reflektiert diese aber zugleich
aus der Position der distanzierten Beobachterin. Aus den „Spielräumen“ stammt auch das viel zitierte
Wittgenstein-Derivat, das als Motto über Gerstls Schaffen stehen könnte: „Alles, was man sagen kann, kann man
auch beiläufig sagen.“
Gerstls Literatur verweigert sich dem Präziös-Prätentiösen, kennt keine Scheu vor den Banalitäten des Alltags,
muss diese auch nicht erst sprachlich veredeln. Es sind die kleinen Brüche und sanften idiomatischen Irritationen,
die den Reiz dieser „uneitlen, präzisen Wortkunst“ ausmachen, „in der Trauer und Ängste ironische Masken
tragen, frei von Phrasenschmuck und ohne sich selbst zu verraten“, wie Ulrich Weinzierl in der FAZ schrieb.
Wenn das lyrische Ich ausrutscht, dann rutscht eben auch die Sprache aus - man hat sie schließlich ebenso
wenig im Griff wie den eigenen Körper: „mitunter hab ich diesen körper nicht im griff / er kommt mir aus - ich
schau verwundert zu / wie ich mich stoss - verbrenn - und wie s mi hinstraat“, heißt es in einem der jüngsten
Gedichte.
Morgens die erste Zeile
Gedichte über den Alltag - „alle tage gedichte“. Ist der jüngste Buchtitel als Arbeitsvorgabe brauchbar? Für eine
kurze Zeitspanne - vorzugsweise im Sommer, in dem Gerstl immer am produktivsten ist - lässt es sich schon
einrichten. Wichtig ist es bloß, einen Anfang zu finden. „der herzschlag hat den rhythmus / erfunden“, beginnt
eines von Gerstls Gedichten, die sich der morgendlichen Arbeitsdisziplin verdanken: „Im Falle der
,Aufwachgedichte' habe ich morgens versucht, die erste Zeile zu schreiben, und wenn man die hat, ist ja schon
alles gewonnen: Die gibt dann schon das Thema und den Rhythmus vor. Die erste Zeile gewinnt man manchmal
beim Aufwachen, wenn noch nicht alle Kontrollen eingeschaltet sind und mehr Einfälle zugelassen werden, und
manchmal - wenn ich nicht eingekrampft bin - auch beim Herumgehen in der Stadt.“
Dann muss Gerstl ihre Einfälle aber sofort notieren - zum Beispiel im Kaffeehaus. Wobei sich diese Form einer
zugleich nomadisierten wie sesshaften Existenz weniger einer freien Entscheidung als der eigenen Biografie
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verdankt. Und die kann man sich bekanntlich nicht aussuchen. Als jüdisches Kind lebte Gerstl während der
Nazizeit jahrelang als U-Boot auf engstem Raum mit ihrer heute 92-jährigen Mutter zusammen: „Ich habe einfach
das Wohnen nie erlernt und Jahrzehnte meines Lebens in Lokalen verbracht. Das waren Fluchtorte. Etwas davon
bleibt wahrscheinlich. Es gibt auch nur ganz wenige Leute, die ich in meine Wohnung lasse.“
Mit ihrer eigenen Geschichte aber mag Elfriede Gerstl nicht hausieren gehen, sie denkt nicht daran, einen
autobiografischen Roman oder dergleichen zu verfassen, auch wenn ihr das mit Sicherheit mehr Beachtung
eintrüge als die Publikation von Lyrik, die auch noch als „avancierte Literatur“ punziert ist. „An einigen wenigen
Stellen meiner Arbeiten habe ich auf meine Autobiografie hingewiesen, habe meine Kindheit auf einer halben
Maschinschreibseite abgehandelt. Ich glaube aber, dass man als Opfer dieser Zeit ein Recht auf Vergessen hat,
das Recht, nicht andauern darüber reden zu müssen. Es macht mir schon Schwierigkeiten, immer wieder diese
sehr unangenehmen Erinnerungen, diese versaute Kindheit abrufen zu müssen. Ich habe das jahrzehntelang
nicht gemacht, und Leute, die ich 30 Jahre kenne, haben nix davon zu hören bekommen.“
Und dass sich die schmerzhafte Vergangenheit erzählend bannen ließe? „Oba scho goa ned! Ich glaube, dass
das die Leute nur auf diese Traumata fixiert. So wie ich nicht an eine ,Wiedergutmachung' glaube, so glaube ich
auch nicht an eine wirkliche ,Aufarbeitung'. Man soll Schulkindern schon erzählen, was in diesem Jahrhundert
alles geschehen ist, aber wirklich verändern kann man damit nur die, die sich verändern wollen. Mit der
Beeinflussung durch die Literatur ist es ja dasselbe: Es braucht einen Riesenglauben an die Macht des Wortes,
wenn man von der Verbesserung durch die Literatur spricht - und den kann ich leider nicht teilen, tut mir Leid.
Man kann Leute nicht ,umdrehen' und erreicht eben nur die, die veränderungswillig sind und belehrt werden
wollen.“
Elfriede Gerstl
Geboren am 16. Juni 1932 in Wien als Tochter eines jüdischen Zahnarztes, überlebt die NS-Zeit mit ihrer Familie
in einem Versteck in Wien. 1952 Externistenmatura, 1955 erste Veröffentlichungen in der Zeitschrift „Neue
Wege", nicht abgeschlossene Studien der Medizin und Psychologie an der Universität Wien.
Ab 1959/60 Kontakt zur Wiener Gruppe, 1964 Gast des Literarischen Colloquiums Berlin, lebt bis 1968 in Berlin,
1968-72 Hauptwohnsitze abwechselnd in Wien und Berlin, seit 1972 ausschließlich in Wien.
Journalistische Tätigkeit unter anderem für die Wiener Stadtzeitung „Falter", literarische Veröffentlichungen unter
anderem in den Zeitschriften „Akzente", „Neue deutsche Hefte" und „protokolle", Gründungsmitglied der Gazer
Autorenversammlung, Austritt 1992. Organisatorin von Literaturveranstaltungen und Veranstaltungsreihen, z. B.
in der „Alten Schmiede", Wien.
Preise, Auszeichnungen: 1965 und 1978 Förderungsbeitrag des Wiener Kunstfonds der Zentralsparkasse Wien
für Literatur, 1973 Staatsstipendium des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für Literatur, 1978
Förderungspreis für Literatur des Theodor-Körner-Stiftungsfonds zur Förderung von Wissenschaft und Kunst,
1982 Preis der Literatur-Initiative der Girozentrale, Wien, 1982 und 1983 Buchprämie des Bundesministeriums für
Unterricht und Kunst, 1984 Würdigungspreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für Literatur, 1990
Würdigungspreis der Stadt Wien für Literatur, 1999 Georg-Trakl-Preis für Lyrik, 1999 Erich Fried Preis.
Bücher
 Gesellschaftsspiele mit mir. Wenig übliche Gedichte und Geschichten. Linz: Kulturamt der Stadt Linz,
1962.
 Das Gästehaus. Gemeinschaftsroman. [Mit Peter Bichsel, Hubert Fichte u. a.]. Nachw.: Walter Höllerer.
Berlin: Literarisches Colloquium, 1965.
 Berechtigte Fragen. Hörspiele. Wien, München: Jugend & Volk, 1973.
 Spielräume. Nachw.: Andreas Okopenko. Linz: edition neue texte, 1977.
 Narren und Funktionäre. Aufsätze zum Kulturbetrieb. Vorw.: Franz Schuh. Wien: Frischfleisch &
Löwenmaul, 1980.
 Wiener Mischung. Texte aus vielen Jahren. Gedichte und Kurzprosa. Hrsg.: Heimrad Bäcker. Nachw.:
Elfriede Czurda. Linz: edition neue texte, 1982.
 Vor der Ankunft. Auf Reisen entstandene Gedichte. Wien: Edition Freibord, 1986.
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Renald Deppe
Studierte an der Folkwang Hochschule in Essen Klarinette, Klavier und Komposition, weitere Ausbildung in Berlin
und an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Als Saxophonist und Klarinettist Mitwirkung bei
führenden Ensembles für klassische, zeitgenössische und improvisierte Musik. Als Komponist zahlreiche Aufträge
für Kammermusik, Theatermusik, Oper, Musik für Film und Fernsehen sowie multimediale Klanginstallationen.
1988 bis 1997 Gründung und künstlerische Leitung der monatlich stattfindenden „Kulturspektakel" in der
Stadtinitiative Wien. Bis 1995 gemeinsam mit Cordula Bösze, von 1995 bis 1997 gemeinsam mit Friedemann
Derschmidt und Wolfgang Suppan. 1991 bis 1997 Gründung und künstlerische Leitung der jährlich stattfindenden
„Graben-Festtage" der Österreichischen Beamtenversicherung. 1992 Gründung und seither künstlerische Leitung
der „Capella con durezza". Seit 1994 Mitglied der künstlerischen Leitung des Jazz-Clubs „Porgy & Bess"
(zusammen mit Christoph Huber und mathias rüegg). 1997/98 Kurator für E-Musik im Festspielhaus St. Pölten.
Seit 1999 Unterrichtstätigkeit an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Seit 2000
Unterrichtstätigkeit am Brucknerkonservatorium Linz. 2001 Gründung des Linzer Festivals „4020. mehr als
musik“. 2002 Gründung und seither künstlerische Leitung der musizierenden Notgemeinschaft „Wachauer
Pestbläser".
Werkliste (Auswahl): Theatermusik für das „Wiener Masken- und Musiktheater" zu dem Stück „Albolina"
(Carinthischer Sommer), Spiegel - Leigeps (Stadtinitiative Wien 1996), Mono – Ton (Stadtinitiative Wien 1996),
Trishagion l II und III (Dom zu Herzogenburg, 1999), Lamentatio Vienensis (Funkhaus Wien, Krakau, 1999),
Eröffnungsmusik für das 100-Jahr Jubiläum der Jeunesse „Colourscape" (Wiener Rathausplatz, 2000),
Theatermusik zur Neuinszenierung der Oper „La Boheme" (Porgy und Bess, 2001), Theatermusik zum Stück
„Novecento" (Metropol, Wien, 2001), Oper „Ria nackt“ zur Eröffnung des Donaufestivals in Krems 2002.
Wachauer Pestbläser
Die Wachauer Pestbläser schlossen sich im Jahr 2002 anlässlich einer Hommage an den Tiroler Komponisten
und Musiker Werner Pirchner zusammen. Die einem anarcho-musikalischen Konzept verpflichteten jungen
Künstler erstellten dazu ein Programm aus eigenen Kompositionen, in denen die Ö1-Jingles - die von Pirchner
stammen - Ausgangsbasis waren. Mit diesem Programm gingen sie im Rahmen von "Kunst gegen Gewalt" auf
Österreich-Tournee.
Im Februar präsentierten sie mit ihrem künstlerischen und ideellen Leiter Renald Deppe einen TrauermarschAbend gemeinsam mit dem Autor Bodo Hell im Wiener Club Porgy&Bess.
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Minoritenkirche Krems-Stein, ca. 21.00 Uhr (Ostermontag 21. April)
CORSICA SACRA − Korsische sakrale Vokal-Polyphonie
Jacky Micaelli, Stimme
Marie & Jean-Étienne Langianni, Stimme
Das „Misere mini mei“ erklingt in einer Überlieferung, die schon Jahrhunderte lang in der Totenmesse von
Sarténe, einem Bergdorf im Hinterland des malerischen Golf von Valinco, gesungen wird. Andere Canti, wie das
berühmte „Lamentu di Ghjesu“ zur Passion, sind gelungene Neuschöpfungen im Geiste der alten Lieder. Und
Gebete wie das „Gloria“ entstammen dem wiederentdeckten Repertoire des korsischen Franziskanerordens aus
dem 17. und 18. Jahrhundert – „Corsica sacra“ erzählt von einer überaus lebendigen Tradition, in der seit den
1970er-Jahren die von viel historisch gewachsener Italianità geprägten Volksgesänge Korsicas wiederentdeckt,
gepflegt und auch durch neues Repertoire erweitert werden – nicht von ungefähr wohl im zeitlichen Umfeld jenes
wiedergewonnen korsischen Selbstbewusstseins und Widerstands, die bis heute mit Paris zu keiner politischen
Lösung geführt werden konnten. In jedem Fall aber erzählt „Corsica sacra“ von den traditionellen Gesängen der
Korsen, ihrer tiefen Religiosität und der Magie der Stimmen. „Ich hatte das Gefühl“, erinnert sich Dorothy
Carrington, die Doyenne unter den Chronisten der Insel, an ihre erste Messe mit korsischen Gesängen, „eine
Stimme aus dem Innern der Erde zu hören“.
Ein sonorer, herber Klang, kombiniert mit einem warmem Timbre … archaische Kraft und zugleich das Empfinden
großer Nähe … Seit gut zwei Jahrzehnten gehört die Stimme von Jacky Micaelli zu den faszinierendsten
Erscheinungen, die mit der neu aufkeimenden Tradition der alten korsischen Gesänge zu hören sind. Die
Einzigartigkeit der Stimme und ihrer Art zu Singen erzielten bald über die Grenzen des traditionellen
Volksgesangs hinaus Aufsehen. 1987 engagierte sie Sergio Vartolo, Maestro di cappella der Basilica San
Petronio in Bologna, für eine Aufführungsserie eines barocken Oratoriums von Giacomo Perti. Anfang der
Neunzigerjahre begann die Zusammenarbeit mit Marcel Pèrés und seinem auf mittelalterliche Musik
spezialisierten Ensemble Organum, die sich auch für die traditionelle Musik als befruchtend erwies. Gemeinsam
mit Péres erforschte Jacky Micaelli eben jenes musikalische Repertoire des korsischen Franziskanerordens, das
auch in „Corsica sacra“ Eingang gefunden hat.
„Corsica sacra“, das sind solistische Lieder wie das „Lamentu di Ghjesu“, in dem Jacky Miccaelli die Tradition des
einstimmigen Gesangs der korsischen Frauen aufgreift. Und das sind die legendären dreistimmigen A-cappellaGesänge Korsikas, ursprünglich von Männerstimmen interpretiert und heute auch fest im Repertoire von
Sängerinnen wie Jacky Micaelli. Sie faszinieren in ihrer spezifischen Klangqualität: Die Mittelstimme übernimmt
die Führung, Bass und improvisierende Überstimme ergänzen den Cantu zum archaisch anmutenden,
dreistimmigen Gesang. Die imaginäre vierte Stimme – so weiß es der Volksmund – ist als Gesang der Engel zu
hören.
An der Seite von Jacky Micaelli finden sich die Stimmen zweier herausragender Interpreten im Bereich des
populären Gesangs wie der Alten Musik: Marie Langianni ist seit 1995 Mitglied des Ensemble Organum und hat
sich solistisch vor allem mit der Interpretation populärer und religiöser griechischer Gesänge einen Namen
gemacht, bevor sie durch die Zusammenarbeit mit Jacky Micaelli sich auch der korsischen Polyphonie zuwandte.
Der Sänger, Musiker und Komponist Jean-Étienne Langianni, seit 1993 Mitglied des Ensemble Organum,
beschäftigt sich vorrangig mit der polyphonen Musiktradition seiner Heimat Korsika, die er mit seinen Ensembles
„Tavagna“ und „A Cumpagnia“ und gemeinsam in Ensembles mit Jacky Micaelli interpretiert.
Jacky Micaelli ( www.jackymicaelli.com/)
Geboren in Bastia auf der Insel Korsika. Sie debütierte 1983 mit ihrer außergewöhnlichen Stimme in einem
Polyphonie-Projekt mit Vincent Orsini und dem Dichter Bartolomeu Dolvici.
1986 gewann sie den Gesangswettbewerb von Radio France mit ihrer Interpretation von Pertis „Gesù al
sepolcro“. Mit diesem Oratorium trat sie oftmals auf: La Fenice in Venedig, Basilique von Lourdes, La Scala in
Mailand u.a.
Ihr Repertoire reicht mittlerweile von religiösen und traditionellen Gesängen über Jazz bis hin zu klassischer
Musik. Zu ihren international präsentierte Projekten zählen: Tanz und Musik „A Mossa“ von Jacques Patarozzi,
mit der Gruppe Donnisulana, mit Yuki Yamamoto und „Chants d’Okinawa“.
Einige CDs mit Jacky Micaellis unverwechselbarer Stimme sind erschienen, die letzte im Jahr 2001 („Amor’Esca).
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Liturgische Feiern mit Musik in Kooperation mit
KIRCHENTONARTKREMS
in der Stadtpfarrkirche Krems – St. Veit
Eintritt frei
Palmsonntagsliturgie
Palmsonntag, 13. April 2003, 10.00 Uhr
Palmweihe am Dreifaltigkeitsplatz in Krems
Prozession zur Stadtpfarrkirche
Gottesdienst
Gemeindegesänge aus dem GOTTESLOB
Gründonnerstagsliturgie
Gründonnerstag, 17. April 2003, 19.00 Uhr
Abendmahlfeier
Gemeindegesänge aus Taize/Frankreich
Karfreitagsliturgie
Karfreitag, 18. April 2003, 19.00 Uhr
Karfreitagsfeier
Francis Poulenc: Tenebrae factae sunt (aus „Quatre motets pour un temps de penitence“)
Heinrich Schütz: Johannes-Passion SWV 481
Gemeindegesänge aus dem GOTTESLOB
CHORUS „MUSICA SACRA“ KREMS
Gernot HEINRICH, Evangelist (Tenor)
Mario EDER, Jesus (Bass)
Matthias FEDERER, Pilatus (Tenor)
Karl-Heinz RINNER, Petrus (Tenor)
Martina ENDELWEBER, Magd (Sopran)
Ronald PETER, Knecht (Bass)
Leitung: Alfred ENDELWEBER
Osternachtsliturgie
Karsamstag, 19. April 2003, 20.00 Uhr
Osternachtsfeier
Peter Planyavsky: Gesänge für die Osternacht
CHORUS „MUSICA SACRA“ KREMS
Leitung: Alfred ENDELWEBER
Ostersonntag, 20. April 2003, 10.00 Uhr
Hochamt
Joseph Haydn: Missa Cellensis („Mariazellermesse“) Hob XXII/8 für Soli, Chor, Orchester und Orgel
Georg Friedrich Händel: Halleluja (aus dem „Messias“) für Chor, Orchester und Orgel
CHORUS „MUSICA SACRA“ KREMS
KIRCHENORCHESTER Krems-St. Veit
Doris BOGNER, Sopran,
Irene WALLNER, Alt
Bernd FRÖHLICH, Tenor
Walter WEGSCHEIDER, Bass
Ronald PETER, Orgel
Leitung: Alfred ENDELWEBER
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