Az. VR 66/05 - Verlag C. H. Beck

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BUNDESFINANZHOF
1. Gemeinsames Merkmal der nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980
als Vermittlung steuerfreien Nachweis-, Verhandlungs- oder
Kontaktaufnahmetätigkeit ist das Handeln gegenüber individuellen Vertragsinteressenten.
2. Marketing- und Werbeaktivitäten, die darin bestehen, dass
sich ein Vertriebsunternehmen nur in allgemeiner Form an die
Öffentlichkeit wendet, sind mangels Handelns gegenüber individuellen Vertragsinteressenten keine Vermittlung nach § 4 Nr. 8
Buchst. f UStG 1980.
3. Marketing, Werbung und Vermittlung sind nicht aufgrund des
bloßen Ziels, den Verkauf von Fondsanteilen zu fördern, Teil
einer einheitlichen Leistung, wenn der Marketing- und Werbetätigkeit durch die Gestaltung von Emissionsprospekten und durch
Schulungs- und Auskunftstätigkeiten, die der allgemeinen Produktinformation dienen, eigenständiger Charakter zukommt.
UStG 1980 § 4 Nr. 8 Buchst. f
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5
Urteil vom 6. Dezember 2007
V R 66/05
Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 7. September 2005
3 K 1900/02 (EFG 2006, 146)
G r ü n d e
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Konkursverwalter
über das Vermögen der K (Gemeinschuldnerin), die durch
Beschluss vom 29. Mai 1985 aufgelöst wurde.
Im Streitjahr 1981 erbrachte die Gemeinschuldnerin Leistungen
für den Vertrieb von Fondsanteilen der D (D-GmbH). Mit der
D-GmbH bestand ein allgemeiner Kooperationsvertrag über den
Vertrieb der RW-Fonds (A-Fonds). Zum Vertrieb für den
jeweiligen A-Fonds schloss die Gemeinschuldnerin Verträge mit
der ATH (Treuhandgesellschaft) über die Beschaffung von
Eigenkapital bei gleichzeitiger Vollplatzierungsgarantie ab.
Für die darüber hinaus zu erbringenden Marketing- und Werbeleistungen bestanden eigenständige Vereinbarungen zwischen der
Gemeinschuldnerin und dem jeweiligen A-Fonds.
Für den Vertrieb von Fondsanteilen der Firma GW (GW) bestand
zwischen der Gemeinschuldnerin und der GW ein
Projektierungsvertrag. Die Vertriebstätigkeit erfolgte hier
aufgrund von Verträgen, die unmittelbar zwischen der Gemeinschuldnerin und dem jeweiligen BW-Fonds (B-Fonds) abgeschlossen wurden.
Für die Marketing- und Werbeleistungen bestanden zwischen der
Gemeinschuldnerin und den B-Fonds jeweils eigenständige Verträge.
Nach diesen Marketing- und Werbeverträgen verpflichtete sich
die Gemeinschuldnerin gegen Entgelt sowohl gegenüber den
A-Fonds als auch gegenüber den B-Fonds zur Vorbereitung und
- 2 -
- 2 Durchführung aller Aufgaben im Bereich des Marketings und der
Werbung, die zur kurzfristigen Platzierung des Fondskapitals
erforderlich sind. Hierzu gehörten die Gestaltung der Emissionsprospekte, die Imagewerbung und die Kontaktpflege zu Journalisten und Verlagen sowie die Information und Schulung von
Anlageberatern für einen Zeitraum von 12 bis 18 Monaten nach
der Platzierung des Fondskapitals. Alle Marketing- und Werbeverträge sahen vor, dass die Fonds die Leistungen der Gemeinschuldnerin nur dann zu vergüten hatten, wenn das Fondskapital
bis zum 31. Dezember 1981 platziert werden konnte. Für die
Marketing- und Werbeleistungen erhielt die Gemeinschuldnerin
insgesamt 8 345 100 DM.
Die Gemeinschuldnerin behandelte die von ihr im Bereich Marketing und Werbung erbrachten Leistungen zunächst als umsatzsteuerpflichtig. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt --FA--) in dem im Anschluss an eine Außenprüfung ergangenen und geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für
1981 vom 31. Mai 1985. Hiergegen legte die Gemeinschuldnerin
Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren wurde der Bescheid aus
anderen Gründen geändert. Mit Einspruchsentscheidung vom
27. Mai 2002 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Auch die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte
im Wesentlichen aus, dass es sich nicht um nach § 4 Nr. 8
Buchst. f des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistungen handele. Vermittlung sei etwas
anderes als Werbung für die Zeichnung von Beteiligungen und
das hierfür erforderliche Marketing. Dies ergebe sich auch aus
dem Abschluss eigenständiger Verträge für die Bereiche Vertrieb einerseits und Marketing und Werbung andererseits, die
im Übrigen auch gegen das Vorliegen einer einheitlichen Leistung sprächen. Marketing und Werbung seien auch keine Neben- 3 -
- 3 leistung zur steuerfreien Vermittlung als Hauptleistung. Marketing und Werbung gingen über das hinaus, was üblicherweise
zur Vermittlung erforderlich sei. Dies zeige sich auch an der
Höhe der Vergütung für Vertrieb und Marketing/Werbung. Imagewerbung sowie Schulung und Informationserteilung an Anlageberater für einen Zeitraum von 12 bis 18 Monaten nach der Platzierung und damit nach Abschluss der Vermittlungstätigkeit
gehe weit über die üblicherweise im Gefolge einer Vermittlung
vorkommenden Werbemaßnahmen hinaus.
Mit der Revision verfolgt der Kläger das ursprüngliche Klagebegehren der Gemeinschuldnerin weiter und rügt Verletzung von
§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980, da die von ihr im Bereich Marketing und Werbung erbrachten Leistungen steuerfrei seien. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) trägt er vor, dass es für die
steuerfreie Vermittlungstätigkeit darauf ankomme, potentielle
Anleger zu ermitteln und auf das zu verkaufende Produkt aufmerksam zu machen. Marketing und Werbung dienten als Vorbereitungshandlungen dem Zweck, einen Vertragsschluss herbeizuführen, und seien daher Teil der Vermittlungstätigkeit. Dies
zeige sich auch an der Erfolgsabhängigkeit der Marketing- und
Werbevergütung. Die Gemeinschuldnerin habe diese Vergütung nur
im Fall der Vollplatzierung des Eigenkapitals beanspruchen
können. Eine derart erfolgsbezogene Vergütung sei typisches
Merkmal einer Vermittlungsleistung. Neben der Vermittlung sei
dem Bereich Marketing und Werbung keine eigenständige Bedeutung zugekommen. Die Aufspaltung in Vermittlungsverträge einerseits und Marketing- und Werbeverträge andererseits sei nur
aus ertragsteuerlichen Gründen im Hinblick auf den sog. Bauherren-Erlass erfolgt. Es handele sich um eine einheitlich
steuerfreie Leistung oder aber um eine Nebenleistung zur steu- 4 -
- 4 erfreien Vermittlung, da Marketing und Werbung der Platzierung
des Fondskapitals dienten.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und
den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1981 unter Aufhebung der
Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2002 dahingehend zu ändern,
dass die Umsatzsteuer auf 518 273 DM herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es trägt vor, dass sich der Vermittlungsbegriff nicht auf Marketing- und Werbemaßnahmen erstrecke. Im Übrigen ergebe sich
die Umsatzsteuerpflicht zumindest aus § 14 Abs. 2 UStG 1980,
da die Gemeinschuldnerin über ihre Leistungen Rechnungen mit
gesondertem Steuerausweis erteilt habe. Eine Rechnungsberichtigung sei erst 1988 erfolgt.
II.
Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die
Leistungen der Gemeinschuldnerin im Bereich Marketing und Werbung sind nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980 umsatzsteuerfrei.
1. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980 befreit die Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und die Vermittlung dieser Umsätze.
Neben dem steuerfreien Anteilsumsatz als Grundgeschäft ist
nach dem Wortlaut der Vorschrift nur die Vermittlung von Anteilsumsätzen steuerfrei. Die Steuerbefreiung erstreckt sich
somit nicht allgemein auf Leistungen, die nach ihrem Gegenstand einen bloßen Bezug zu Gesellschaftsanteilen aufweisen.
Steuerpflichtig sind daher insbesondere Beratungs- oder Werbeleistungen, mit denen der Kauf von Gesellschaftsanteilen le- 5 -
- 5 diglich empfohlen oder durch die für den Kauf von Gesellschaftsanteilen geworben wird.
§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980 setzt Art. 13 Teil B Buchst. d
Nr. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) in nationales Recht um. Steuerfrei sind nach dieser Bestimmung insbesondere die Umsätze, die sich auf Gesellschaftsanteile beziehen, sowie deren Vermittlung. Ein Umsatz, der sich auf Gesellschaftsanteile bezieht, liegt dabei nach der Rechtsprechung
des EuGH nur dann vor, wenn die Leistung geeignet ist, Rechte
und Pflichten in Bezug auf Gesellschaftsanteile zu begründen,
zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen (EuGH-Urteile vom
13. Dezember 2001 C-235/00, CSC Financial Services, Slg. 2001,
I-10237 Randnr. 33, und vom 21. Juni 2007 C-453/05, Ludwig,
BFH/NV Beilage 2007, 398, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2007,
617 Randnr. 31, m.N.). Darüber hinaus ist die Vermittlung
nicht als Anteilsumsatz, sondern eigenständig als Mittlertätigkeit steuerfrei (EuGH-Urteil CSC Financial Services in Slg.
2001, I-10237 Randnr. 38). Der Vermittler muss das Erforderliche tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Tätigkeit des Vermittlers kann darin bestehen, Gelegenheiten für
Vertragsschlüsse nachzuweisen, mit der Gegenseite Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der zu erbringenden Leistungen zu verhandeln (EuGH-Urteil CSC Financial Services in
Slg. 2001, I-10237 Rdnr. 39). Steuerfrei sind danach auch Vorprüfungen, durch die der Vermittler feststellt, ob ein späterer Vertragsschluss in Betracht kommt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2005 V R 21/05, BStBl II
2006, 282). Steuerpflichtig ist demgegenüber nach der EuGHRechtsprechung die Ausführung "schlichter Sachaufgaben" durch
den Subunternehmer, die ihm der Verkäufer des Finanzprodukts
- 6 -
- 6 anvertraut, wie z.B. die Informationserteilung oder die Antragsannahme und -bearbeitung (EuGH-Urteil Ludwig in BFH/NV
Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 Randnr. 31, m.N.).
2. Die Leistungen der Gemeinschuldnerin im Bereich Marketing
und Werbung sind umsatzsteuerpflichtig. Es handelt sich nicht
um einen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980 steuerfreien Anteilsumsatz, da Marketing und Werbung nicht zu rechtlichen
oder finanziellen Änderungen hinsichtlich von Anteilen führen.
Die streitigen Leistungen sind auch keine gemäß § 4 Nr. 8
Buchst. f UStG 1980 steuerfreie Vermittlung. Zwar dienen Marketing und Werbung ebenso wie die Vermittlung letztlich dem
Zustandekommen von Verträgen. Der Begriff der Vermittlung
setzt jedoch weitergehend eine zielgerichtete Tätigkeit im
Hinblick auf bestimmte Vertragsinteressenten voraus. Gemeinsames Merkmal der nach der EuGH-Rechtsprechung als Vermittlung
anzusehenden Nachweis-, Verhandlungs- oder Kontaktaufnahmetätigkeit ist das Handeln gegenüber individuellen Vertragsinteressenten. Marketing- und Werbeaktivitäten, die demgegenüber
darin bestehen, dass sich ein Vertriebsunternehmen nur in allgemeiner Form an die Öffentlichkeit wendet, damit die Empfänger von Werbebotschaften unmittelbar Produkte erwerben, sind
keine Vermittlung.
Nach den Feststellungen des FG bestand die Marketing- und Werbetätigkeit der Gemeinschuldnerin insbesondere darin, durch
Gestaltung von Emissionsprospekten die Öffentlichkeit allgemein über das Fondsangebot zu unterrichten. Dieser Tätigkeit
fehlt das eine Vermittlung kennzeichnende Handeln gegenüber
individuellen Vertragsinteressenten. Es handelte sich nicht um
eine Vermittlungstätigkeit, sondern um die steuerpflichtige
Übernahme der Sacharbeit aus dem Aufgabenbereich des Verkäu- 7 -
- 7 fers des jeweiligen Finanzprodukts (vgl. EuGH-Urteil Ludwig in
BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 Randnr. 31). Gleiches
gilt für die weiteren Informations- und Schulungstätigkeiten
nach Abschluss der Vermittlungstätigkeit. Fehlt es somit an
der erforderlichen Vermittlungstätigkeit als Leistungshandlung, kann die Steuerfreiheit der Leistung auch nicht über
eine erfolgsabhängige Vergütungsregelung begründet werden.
3. Die Leistungen der Gemeinschuldnerin sind auch nicht als
einheitliche Leistung insgesamt umsatzsteuerfrei.
a) Für die Annahme einer einheitlichen Leistung sind im Wesentlichen folgende gemeinschaftsrechtlich geklärte Grundsätze
zu berücksichtigen (vgl. z.B. Urteile des EuGH vom 25. Februar
1999 Rs. C-349/96, Card Protection Plan Ltd., CPP, Slg. 1999,
I-973 Rdnrn. 28 ff.; vom 27. Oktober 2005 C-41/04, Levob, Slg.
2005, I-9433 Rdnrn. 19 ff., und Ludwig in BFH/NV Beilage 2007,
398, UR 2007, 617 Randnrn. 17 f.; BFH-Urteil vom 9. Juni 2005
V R 50/02, BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98, m.w.N.): Zum
einen ist jede Leistung in der Regel als eigene, selbständige
Leistung zu betrachten, zum anderen darf eine wirtschaftlich
einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden
Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden.
Daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um
festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere
selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung
erbringt. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Darüber hinaus ist eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die
- 8 -
- 8 Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt,
um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen
Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt
(z.B. BFH-Urteil in BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98, m.w.N.).
Deshalb rechtfertigt allein der Umstand, dass Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden, nicht
die Annahme einer einheitlichen Leistung (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 31. Juli 1987 V R 148/78, BFHE 150, 473, BStBl II
1987, 754, und vom 3. März 1988 V R 183/83, BFHE 153, 90,
BStBl II 1989, 205). Eine einheitliche Leistung liegt auch
nicht schon deshalb vor, weil mehrere Leistungen demselben
wirtschaftlichen Ziel dienen (z.B. BFH-Urteil in BFHE 150,
473, BStBl II 1987, 754).
b) Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Die Würdigung durch das FG, dass im Streitfall keine einheitliche Leistung vorliegt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Marketing, Werbung und Vermittlung waren nicht Teil einer einheitlichen Leistung. Zwar dienten sowohl Marketing/Werbung als
auch die Vermittlung dem Ziel, den Verkauf der Fondsanteile zu
fördern. Ihnen kam aber zugleich dadurch eigenständiger Charakter zu, dass die Tätigkeit im Bereich Marketing und Werbung
insbesondere durch die Gestaltung der Emissionsprospekte und
durch die weiteren Schulungs- und Auskunftstätigkeiten der
allgemeinen Produktinformation diente, die dem Produktverkäufer obliegt, während es sich bei der Vermittlung um eine unmittelbare Absatztätigkeit handelt. Auch in zeitlicher Hinsicht bestanden Unterschiede, da die Vermittlung mit dem Verkauf der Fondsanteile ihren Abschluss findet, während die Tätigkeiten des Klägers im Bereich Marketing und Werbung weiter
fortzusetzen waren.
- 9 -
- 9 Im Hinblick auf diese Unterschiede stellte die Tätigkeit im
Bereich Marketing und Werbung auch keine Nebenleistung zur
Vermittlung dar. Denn die Gestaltung der Emissionsprospekte
musste im Hinblick auf jegliche Verkaufstätigkeit z.B. auch
dann erfolgen, wenn bei einem Eigenvertrieb keine Vermittler
in den Fondsabsatz eingeschaltet wurden. Insbesondere die
Emissionsprospekte dienten somit eigenständigen Zwecken und
nicht nur zur Erbringung von Vermittlungsleistungen. Auf die
zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob die Treuhandgesellschaft bei der Beauftragung des Klägers im eigenen Namen
oder im Namen des jeweiligen A-Fonds handelte, kommt es somit
nicht an.
4. Die gegen dieses Ergebnis durch den Kläger vorgebrachten
Einwendungen greifen nicht durch. Zwar hat der EuGH in seinem
Urteil in der Rechtssache Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398,
UR 2007, 617 zur Kreditvermittlung entschieden, dass Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein müssen, das Organisationsmodell zu wählen, das ihnen, rein wirtschaftlich betrachtet,
am besten zusagt, ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Umsätze von
der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Richtlinie
77/388/EWG vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen werden
(EuGH-Urteil Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617
Randnr. 35). Die Wahl des Organisationsmodells bei gleichzeitiger Steuerfreiheit setzt aber voraus, dass die Leistung ein
im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes ist, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung
erfüllt (EuGH-Urteil Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR
2007, 617 Randnr. 36). Die Freiheit zur Wahl eines bestimmten
Organisationsmodells ändert somit nichts an dem Erfordernis,
die Voraussetzungen des Vermittlungsbegriffs zu erfüllen. Das
ist bei der Übernahme der Sacharbeit für den Verkäufer des Finanzprodukts nicht der Fall (EuGH-Urteil CSC Financial
- 10 -
- 10 Services in Slg. 2001, I-10237 Randnr. 40; EuGH-Urteil Ludwig
in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 Randnr. 31).
Die strittigen Marketing- und Werbeaktivitäten erfüllen die
Voraussetzungen dieses Vermittlungsbegriffs bereits deshalb
nicht, weil Marketing und Werbung zur Sacharbeit des Verkäufers des Finanzprodukts gehören. Im Übrigen äußert sich das
von dem Kläger angeführte EuGH-Urteil Ludwig in BFH/NV Beilage
2007, 398, UR 2007, 617 weder zum Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung noch zum Verhältnis von Neben- zu Hauptleistungen.
Unerheblich für die Beurteilung im Streitfall ist schließlich
auch die umsatzsteuerrechtliche Behandlung bei den Auftraggebern des Klägers. Soweit das von dem Kläger angeführte Gerichtsurteil aus dem Jahr 1983 den Vorsteuerabzug aus den von
dem Kläger erbrachten Leistungen versagte, beruhte dies ggf.
auf der damaligen Rechtsprechung des BFH, nach der Publikumsgesellschaften mit der Aufnahme von Gesellschaftern steuerfreie Leistungen erbrachten und daher weder im Hinblick auf
Vermittlung von Gesellschaftern noch im Hinblick auf Werbeleistungen für den Beitritt von Gesellschaftern zum Vorsteuerabzug berechtigt waren (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1975
V R 131/73, BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265). Demgegenüber
sind Publikumsgesellschaften aufgrund der Rechtsprechungsänderung aus den Vorsteuerbeträgen für den Bezug derartiger
Leistungen nach den allgemeinen Grundsätzen des § 15 UStG zum
Vorsteuerabzug berechtigt (BFH-Urteil vom 1. Juli 2004
V R 32/00, BFHE 205, 555, BStBl II 2004, 1022).
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