Marktversagen Ökonomie 1 8.12.2006 Wieso ist die vollständige Konkurrenz die ideale Marktform? Paretooptimalität Maximierung der Produzenten- und Konsumentenrenten Im Marktgleichgewicht gilt: Preis = Grenznutzen = Grenzkosten Das freie und eigennützige Verhalten der Konsumenten und Unternehmen steuert die Wirtschaft. Dank dieser dezentralen Organisation passt sich die Wirtschaft flexibel an neue Ereignisse, Produkte und Technologien an. Marktversagen = sozial unerwünschtes oder ökonomisch ineffizientes Marktergebnis Nicht-ökonomische Sicht „ungerechte“ Verteilung illegaler Handel mit verbotenen Gütern ethische Bedenken ... Ökonomische Sicht Monopole & Oligopole externe Effekte öffentliche Güter Informationsprobleme ... Monopol Ein Monopol ist einziger Anbieter eines Gutes. Es verfügt also über Marktmacht und kann den Preis festlegen. Beispiele: SBB (Zugfahrten Schweiz) Microsoft (Office Software) Ferrero (Nutella) Pfizer (Viagra) Kartell = Gruppe von Anbietern, die versucht wie ein Monopol zu handeln. Wie Monopole entstehen Kostenstruktur hohe Fixkosten Skalenerträge und andere Grössenvorteile Alleinige Kontrolle über Produktionsfaktoren Ressourcen (Mineralwasserquelle, Diamantenminen) persönliche Fähigkeiten (Schauspieler, Musiker, Sportler) Patente geistiges Eigentum (Medikamente, Musik) Staatliche und private Lizenzen Telecom, TV, Taxis Berufsverbände (Ärzte, Juristen) Beispiel: Zu welchem Preis soll Microsoft die Office Software verkaufen? Wenn Microsoft den Preis festlegt, legt es gleichzeitig den Umsatz fest. Preis Bei einer Preissenkung steigt der Ertrag, weil die Menge steigt sinkt der Ertrag, weil die gesamte Produktion zum niedrigeren Preis verkauft werden muss. Marktnachfrage = Nachfrage des Monopols Office Software (pro Monat) Grenzertrag = Steigerung des Gesamtertrags durch eine zusätzlich verkaufte Einheit Menge Preis 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 50 47 44 41 38 35 32 29 26 23 20 17 14 11 8 5 Ertrag 0 47 88 123 152 175 192 203 208 207 200 187 168 143 112 75 Grenzertrag 47 41 35 29 23 17 11 5 -1 -7 -13 -19 -25 -31 -37 D Ertrag Grenzertrag = Preis D Menge 50 40 30 20 Nachfrage 10 Grenzertrag 0 0 5 10 15 Office Software (pro Monat, in 1000) 20 Gewinnmaximierung eines Monopolisten Grenzertrag = Grenzkosten Preis 50 ... und zu diesem Preis wird verkauft. Grenzkosten 40 35 30 Hier sind die Grenzkosten gleich dem Grenzertrag. 20 Nachfrage Grenzertrag 10 Deshalb wird diese Menge angeboten ... 0 0 4.75 10 15 Office Software (pro Monat, in 1000) 20 Gewinnmaximierung des Monopols: Formelle Herleitung Gewinn = Preis mal Menge - Gesamtkosten max. G(x) = Pxx - K(x) x dG(x) dPxx dK(x) ____ = ____ - ____ = 0 dx dx dx Px = a + bx dPxx dK(x) ____ = ____ dx dx Grenzertrag = Grenzkosten Pxx = (a+bx) x = ax + bx2 dPxx ____ = a + 2bx dx Bei linearen Nachfragekurven hat die Grenzertragskurve die doppelte Steigung der Nachfragekurve. Wohlfahrtsanalyse des Monopols Preis 50 Konsumentenrente Grenzkosten 40 35 30 Monopolgewinn „normaler“ Gewinn 20 Nachfrage Grenzertrag 10 0 0 4.75 10 15 Office Software (pro Monat, in 1000) 20 Wie gross ist der Wohlfahrtsverlust ? Wohlfahrtsverlust gegenüber vollkommener Konkurrenz Preis 50 Konsumentenrente Preis bei vollkommener Konkurrenz Monopolgewinn „normaler“ Gewinn Menge bei vollkommener Konkurrenz Grenzkosten 40 35 30 20 Nachfrage Grenzertrag 10 0 0 4.75 10 15 Office Software (pro Monat, in 1000) 20 Wie gross ist der Wohlfahrtsverlust ? Preis 50 Grenzkosten 40 Preis für Konsumenten steigt 35 30 Produktion und Konsum sinken 20 Nachfrage Grenzertrag 10 0 0 4.75 10 15 Office Software (pro Monat, in 1000) 20 Wie gross ist der Wohlfahrtsverlust ? ... und wird umverteilt. Der Kuchen wird kleiner ... Natürliche Monopole Wenn die Grenzkosten die Nachfragekurve unter der Durchschnittskostenkurve schneiden, kann ein Monopol gerechtfertigt sein. Preis Bei hohen Fixkosten und niedrigen Grenzkosten (Telefon-, Wasser- und Stromnetze). Verlust Hier würde kein Unternehmen anbieten. Grenzkosten Durchschnittskosten Nachfrage Menge Natürliche Monopole Preis Das Monopol würde diese Menge anbieten Grenzkosten Gewinn Durchschnittskosten Nachfrage Grenzertrag Menge Natürliche Monopole Preis Hier werden die Kosten durch den Ertrag gerade gedeckt. Grenzkosten Eine Regulierungsbehörde würde dem Monopol diesen Preis aufzwingen. Durchschnittskosten Nachfrage Grenzertrag Menge Externalitäten Im Marktmodell beeinflussen sich die Wirtschaftssubjekte über die Preise. Wenn die Chinesen mehr Benzin nachfragen, steigen die Benzinpreise für alle Benzinkäufer. Externalitäten sind Auswirkungen von ökonomischen Handlungen, die nicht im Marktmodell erscheinen. positive Externalität wenn jemand etwas erhält, ohne dafür zahlen zu müssen negative Externalität wenn jemand geschädigt wird, ohne dafür kompensiert zu werden soziale Kosten bezahlte Kosten Beispiel: Lastwagentransport (negative Produktionsexternalität) PL-Transport 14 Angebot 12 10 8 Nachfrage 6 4 2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km Soziale Kosten Negative Externalitäten: Abgase, Lärm, Verkehrsstau, Unfälle ... 4 2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km PL-Transport Beispiel: Angebot bei Steuer 14 Lastwagentransport (negative Produktionsexternalität) Angebot 12 3 10 8 Nachfrage 6 4 2 Entschädigung durch Transfer Steuereinnahmen 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km Soziale Kosten 4 3 2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km PL-Transport Beispiel: Angebot bei Steuer 14 Lastwagentransport (negative Produktionsexternalität) Angebot 12 3 10 8 Nachfrage 6 Gesellschaftliche Grenznutzen = Private Grenzkosten 4 Internalisierungsgewinn 2 Marktoptimum 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km Soziale Kosten Die Lastwagen produzieren weniger Abgase und die Transportunternehmer zahlen einen Preis dafür. 4 3 2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km Begrenzung und Internalisierung von Externalitäten Regulierung: der Staat legt fest wie viel Schadstoffe ausgestossen werden dürfen oft der einfachste Weg negative Externalitäten zu beschränken Pigou-Steuer = Steuer, die auf die Internalisierung einer negativen Externalität zielt Beispiele: Benzin, Alkohol, Tabak, Abwasser Vorteil: ökonomischer Anreiz Verschmutzung zu verringern Fusion der Verursacher mit den Geschädigten (oder Begünstigten z.B. wasserverschmutzende Papierfabrik und Fischereibetrieb Öffentliche Güter Güter von deren Konsum niemand ausgeschlossen werden kann und bei denen keine Rivalität im Konsum besteht. Problem: Solche Güter werden bei vollkommener Konkurrenz möglicherweise nicht produziert. Ausschliessbarkeit NEIN JA JA Private Güter Kleidung Auto Öffentliche Ressourcen Fisch im Ozean Rivalität Beispiele für Güter natürlicher Monopole NEIN Kabelfernsehen Autobahn (?) Öffentliche Güter Armee (?) Wissen Raumplanung Wieso führen öffentliche Güter zu Marktversagen? Einzelne Konsumenten können das öffentliche Gut konsumieren, ohne etwas dafür zu bezahlen. Es ist technisch nicht möglich (oder zu teuer), potentielle Nutzer vom Konsum auszuschliessen. Sie sind “Trittbrettfahrer”. Beispiel: Bau einer Strasse zu 2 Häusern 1 2 PStrasse 600 Hausbesitzer 1 und 2 verfügen je über 500 Fr. 400 Kosten einer Strasse ist 400 Fr. Reservationspreis 1 Reservationspreis 2 Hausbesitzer 1 und 2 sind jeweils für sich bereit, 300 für die Strasse zu zahlen. 200 0 zur Verfügung: 500 Fr. Preis der Strasse: 400 Fr. “Reservationspreis” (=Nutzen) 300 Fr. Wenn Hausbesitzer 1 die Strasse baut, kann er den anderen nicht daran hindern, sie ebenfalls zu gebrauchen. Hausbesitzer 1 hat dann einen Gesamtnutzen von 300 (Nutzen der Strasse) + 100 (Einkommen 500 - Kosten 400) lohnt sich nicht ! = 400 Hausbesitzer 2 hat dann einen Gesamtnutzen von 300 (Nutzen der Strasse) + 500 (Einkommen 500) = 800 Gefangenendilemma: Die Tat gestehen oder nicht oder nicht? Soll ich gestehen? meine Strafe NEIN Strafe für meinen Komplizen nach 2 Tagen frei NEIN Wird mein Komplize gestehen? JA nach 2 Tagen frei 3 Monate Gefängnis sofort frei JA sofort frei 3 Monate Gefängnis 2 Monate Gefängnis 2 Monate Gefängnis 1 2 Hausbesitzer 1 Nutzen Hausbesitzer 1 zahlen nicht zahlen Nutzen Hausbesitzer 2 zahlen Hausbesitzer 2 nicht zahlen 600 600 800 400 400 800 500 500 Beispiel: 8 Häuser und ein unbebautes Grundstück 9 Grundstücke 8 Einfamilienhäuser Marktpreis der Einfamilienhäuser 1000 mit Aussicht 800 ohne Aussicht 400 Keine der acht Hausbesitzer wird das Grundstück kaufen. Beispiel: ein unbebautes Grundstück Mögliche Lösungen 1. Nur wenn alle zustimmen, wird das Grundstück gekauft. 2. Eine einzige Besitzerin für alle neun Grundstücke. 3. Die Gemeinde erhebt eine Steuer und kauft das Grundstück. Marktversagen im Immobilienhandel Sie geben einem Immobiliemakler den Auftrag ihr Haus zu verkaufen. Sie wollen das Haus zu einem möglichst hohen Preis verkaufen. Der Makler bekommt eine Kommission von 5% auf dem Verkaufspreis. Wird er tatsächlich versuchen, ihr Haus zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen? Marktversagen im Immobilienhandel Informationsprobleme: Der Händler kennt den Immobilienmarkt besser als Sie. Sie wissen nicht, wie sehr sich der Makler bemüht, ihr Haus zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen. Anreiz-Problem: Wenn Sie dem Makler den Auftrag gegeben haben, wird er versuchen das Haus möglichst schnell zu verkaufen. Sein Grenzertrag (zusätzliche Kommission durch höheren Verkaufspreis) ist oft kleiner als seine Grenzkosten (zusätzlicher Zeitaufwand um einen Käufer zu finden, der den höheren Verkaufspreis zahlt). Marktversagen im Immobilienhandel Beispiel: Es ist relativ einfach das Haus für 400‘000 zu verkaufen (Kommission = 20‘000). Es ist aufwendiger (Inserate, Zeit) eine Käufer zu finden, der 420‘000 zahlt (Kommission = 21‘000). Der Grenzaufwand ist oft grösser als die Grenzkommission von 1‘000. Empirischer Test: Chicago (Syverson and Levitt, 2005) Immobilienmakler verkaufen eigene Häuser im Durchschnitt um 3% teurer als die Häuser ihrer Kunden. Eigene Häuser sind 10 Tage länger auf dem Markt.