Regine Rundnagel Offene Büroraumgestaltung Büroarbeit zwischen Flächenverdichtung, Leistungsdruck und Eigenverantwortung Gute Arbeit im Büro IG Metall Köln-Leverkusen 27. Februar 2010 Übersicht Wandel der Arbeit und die Folgen Ziele der neuen Bürokonzepte – Einflussfaktoren Fakten: Arbeiten in offenen Büroflächen Lärm und Lärmschutz im Büro Beleuchtung Raumklima Flächenbedarf Regelungsbeispiele Handlungsansätze Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 2 Wandel der Arbeit und seine Folgen Ökonomisierung Vermarktlichung ständige Lern- und Veränderungsbereitschaft Wandel auf Dauer Steigende Bedeutung kommunikativer und sozialer Kompetenzen Steigende fachliche Anforderungen Dezentralisierung Indirekte Steuerung Beschleunigung flexibler mobiler leistungsfähiger Steigende Qualität der Facharbeit mehr Eigenverantwortung ungesicherter grenzenloser Bewältigung steigender Verdichtung und Beschleunigung Umgang mit Entgrenzung, Mobilität und sozialer Unsicherheit Steigende psycho-soziale Belastungen - mental, sozial, emotional Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 3 Der Vormarsch offener Büroflächen Ziele Großraumbüro bzw. offene Büroflächen – Unternehmen und Planer: Erhöhung der Kommunikation, Verringerung der Hierarchien, Erhöhung der Kooperation, Flexibilität, Kreativität und damit mehr Produktivität Präsentation von Unternehmenswerten/Firmenkultur bzw. von Leistung/Arbeitsphilosophie wie Offenheit, Transparenz, Teamgeist, Kreativität, Innovation, hierarchiefreies zusammenarbeiten, Performance …. flexible Raumnutzung für Teams und diverse Aufgaben Flächenplanung durch Investoren – reversible Büroeinrichtungen optimierte Flächennutzung und Senkung Kosten Flächen und Arbeitsplatzausstattung Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 4 Büro – Kosten - Senkung Ansatzpunkte Flächenkostensenkung: Digitalisierung Verdichtung der Belegung Mehrfachnutzung organisatorische Auslagerung Deutsches Bü Büromö romöbelforum: Bü Büroö roökonomie 2004 Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 5 Einfluss der Bürokonzepte Flächenkosten Arbeitseffizienz - Informationsprozesse, Abläufe, Entscheidungsprozesse, Kommunikation, Kooperation, Führung Arbeitsqualität – Konzentration, Kreativität, Teamklima Arbeitsmotivation – Wohlbefinden, Identifikation Gesundheit und Sicherheit Produktivität Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 6 HBS-Studie Neue offene Bürokonzepte Befragung von AN, BR, FM in vier Großunternehmen, 225 Antworten Arbeitseffizienz verbessert sich nicht, verschlechtert sich eher Lärm und Ablenkung sind die größten Störfaktoren bei 70 % der Befragten – sie geben sinkende Arbeitseffizienz an keine Verbesserung der Qualität der Abläufe deutliche Zunahme der Stressbelastung bei mehr als 50 % Verbesserung der fachlichen Kommunikation durch Nähe Manager nur in internationalen Unternehmen im Großraum, sonst Einzelbüros Unterschätzung des Themas Bürogestaltung bei Betriebsräten Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 Quelle: S. Stadler: Die Einführung neuer Bürokonzepte und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigten 2007 7 Anspruch und Wirklichkeit offene Büros open space, Projektwerkstatt, Business Club, Teambüro, reversibles Büro, Raum-in-Raum, atmendes Büro, lean office, Bürowelt 2010…… Minimierung der ArbeitsplatzflächenStandards unter 8 qm Minimierung der Flächen Besprechung Einsparung separater Pausenflächen Mini-Teeküchen, Essen am Arbeitsplatz Kein spontaner Zugriff auf silent rooms think tank, silent room, Einzelbüros für Führungskräfte Denkerzelle, hot desk, hohe Lärmbelastung Kaffe-Bars, Sitzecken, Meeting-Points, Lounge, Enge, Störung durch „Verkehr “ Heimatzonen, Arena, Zwang zum Lesen am BS/ 3 lfm Ablage Leseräume, Office Keine Liege/Ruhe/Rückzugsräume Service points, Verlust jeglicher Privatsphäre Infosäulen, Marktplatz, Druckzentrum+ Kaffebar in der Fläche Fitnessraum, Ruheraum mit Massageliege …. kein Vertrauens-/Datenschutz Standardisierung statt Aufgabenbezug Mängel Klima, Beleuchtung, Mobiliar Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 8 Wichtige Gestaltungsfelder offene Büros Kommunikation Konzentration Meetingräume Lärmschutz Kaffeecke Flächen Raumkonzept Ablageflächen Privatsphäre Arbeitsfläche Sichtschutz Bewegungsfläche Schutz vor visueller Störung Soziales Verhalten Werte und Regeln Erholung Entspannung Ruheraum mit Liege Flächenstandard, Möblierungsstandard Raumklima Pausenräume Beleuchtung Individuell regelbar Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 9 Lärm als Stressor im Büro Lärm stresst besonders bei: • fremden und hohen Tönen • wenn er unvorhersehbar, nicht beeinflussbar ist • wenn es Sprache ist • wenn weitere Belastungen hinzukommen Gefährdung: Dauerstress und Stressfolgeerkrankungen: Herz-Kreislauf, Magen-Darm, hohe Erkrankungsanfälligkeit, Rückenschmerzen, Tinnitus …. Schutzziel: Vermeidung der Beeinträchtigung der Konzentration und der Sprachverständlichkeit, Vermeidung von Dauerstress Richtwerte Büro Durchschnitsspegel: •Konzentrierte geistig anspruchsvolle Arbeit: 35-45 dB(A) •Call Center: 45 dB(A); Hintergrundlärm 40 dB(A) •Maximum – nicht zu empfehlen 55 dB(A Nachhallzeiten (Halligkeit, Sprachverständlichkeit) Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 10 Lärmschutz im offenen Büro Vermeidung: Abtrennung der Lärmquellen (Aufgabentrennung, Raumkonzept, Meetingraum, lärmarme Geräte …) und Lärmdämmung Wände Minderung Durchschnittspegel: hoher Flächenstandard und absorbierende Materialien • Akustikdecke • raumhohe Trennelemente, Breitbandabsorber • Mobile Stellwandsysteme – Wirkung höhenabhängig • Bodenbeläge (Trittschalldämmung) , Fensterfolien • Akustikfronten Möbel, Schrankrückwandabsorber Minderung der Direktschalleinwirkung: Nachbararbeitsplatz • Abstand, Tischaufsätze Personenbezogener Lärmschutz • Headset – schützt vor Umgebungslärm, bessert die Sprachverständigung am Telefon, leiseres Sprechen • Regeln der Kommunikation – Rücksichtnahme ….. • Gehörschutz Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 11 Beleuchtung gestalten Gefährdung zu dunkel, zu hell, Blendungen, zu hohe Kontraste, Spiegelungen Kopfschmerzen, Augenbeschwerden, Nervosität Ermüdung, Zwangs- und Fehlhaltungen, Schulter-Nacken-Arm-Syndrom Schutzziele: angepasst an Sehaufgabe und das Sehvermögen; angemessener Kontrast zwischen Bildschirm und Arbeitsumgebung keine störende Blendwirkungen Richtwerte: Beleuchtungsstärke – 500 Lux, im Lesebereich bis 750 Lux Tageslicht, Sichtverbindung nach außen, blendfreie Beleuchtung, Sonnenschutz und Blendschutz individuell regulierbar Stand der Technik : indirekt-direkt-Leuchten, Dimmer, mobile Stehleuchten Energiesparkonzepte (tageslicht-/bewegungsgesteuert) zonenweise regelbarer halbtransparenter Blendschutz innen Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 12 Raumklima – Gesundheit und Leistung Gefährdung durch Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Zugluft: Hitze: Leistungsfähigkeitsabfall, Flüssigkeitsverlust, HerzKreislaufschwäche, Ermüdung, Schwindel Trockene Luft: Austrocknung, Schleimhautreizung, sinkende Immunabwehr, elektrostatische Aufladung, Augenbeschwerden Zugluft: Nackenschmerzen, Rückenschmerzen Schutzziele: "thermische Behaglichkeit„ gesundheitlich zuträglich Richtwerte Büro: Temperatur 20-22°C – maximal 26 °C, individuell regelbar; ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft frei von chemischen /biologischen Verunreinigungen, Luftzug max. 0,1 – 0,15 m/s, Luftfeuchte 30 % – 50 % Stand der Technik technische Belüftung, Luftreinigung, Luftbefeuchtung, Kühldecken, Sonnenschutz außen zonenweise Regulierung Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 13 Flächenbedarf Gefährdung durch Enge: psychologisches Engegefühl, fehlende Privatheitsregulation, Reizüberlastung Unfallgefahr, Erhöhung der Lärmbelastung Schutzziele: ausreichender Raum für wechselnde Arbeitshaltungen und –bewegungen, ausreichende Fläche für Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden Richtwerte Büro: mindestens 8-10 m², im Großraum ab 400 m² 10-12 m², Gruppenbüro 10-12 m², Mindestbewegungsfläche 1,5 m² weitere Richtwerte: Verkehrswege, Bedienflächen Möbel etc. Ermittlung des Bedarfs nach Tätigkeitsanforderungen Ablageflächen, Arbeitstischflächen, zusätzlicher Technikbedarf, Besprechungstisch, Kundengespräche, Kleiderablage etc. Bedarf an Besprechungen, Bedarf an spontanen Abstimmungen, Telefonkonferenzen, Bedarf an Lärmschutz( Konzentration) Pufferflächen - Aushilfen Ermittlung des Raumkonzepts, Festlegung des Flächenstandards Festlegung der Flächen für Besprechungen, Teamarbeit, Rückzug Einzelarbeit, informelle Kommunikation, Pausen …. Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 14 Offene Büros – soziale Stressoren/Ressourcen „arbeiten auf dem Präsentierteller“ – Abnahme der Privatheit Anonymität, fehlender Teambezug/ Verlust der „Heimat“ Verlust der Einflussmöglichkeiten auf Arbeitsumgebung „Crowding“ – Reizüberlastung durch Enge Gruppendruck zu anderem Arbeitsverhalten – (Telefonverhalten, Ordnung, Mehrarbeit, Kurzpausen) Einblick in Daten, Unterlagen durch Andere Druck zur Rücksichtnahme auf Andere (niemand stören wollen) Erhöhte Anforderung an Selbstmanagement (clean desk) Ungerechtigkeitseindruck – begehrte Arbeitsplätze am Fenster Konflikte wegen Arbeitsumgebung (zu hell, zu dunkel, zu laut … ) spontane Kontaktaufnahme, schnelle Unterstützung Gruppen- und Wir-Gefühl Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 15 Regelungsbeispiele Betriebsvereinbarung zu Gestaltungs- Standards Großraumflächen hierarchiebezogene Flächenstandards, Minimum 10 m² Betriebsvereinbarung - Gruppenraumflächen Regelung nach Flächenbedarf, Tätigkeitsstandards, Lärmschutz Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 16 Handlungsansätze für Betriebsräte Thema in die Betriebsöffentlichkeit bringen - Gute Arbeit im Büro – Befragungsaktionen des BR „mich stört“ Beschäftigte sensibilisieren - Informationen Gefährdungsbeurteilung beteiligungsorientiert erneute Beurteilung/Kontrollen Beurteilung der psychischen Belastungen, Berücksichtigung der „Raumstressoren“ (Enge, Lärm unter 55 dB(A), Raumklima, Präsentiertellergefühl etc. ) Unterweisungen zu allen Themen Maßnahmefindung im Gesundheitszirkel Wirkungskontrolle von Maßnahmen Nutzung des Arbeitsschutzausschusses Bündnispartner FaSi, Betriebsarzt, Führungskräfte Initiativantrag Betriebsvereinbarung Standards Arbeitsstätten/Büros Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 17 Wir danken für Eure Aufmerksamkeit Vertiefung Im Internet: www.ergo-online.de www.praevention-online.de Verwaltungs-Berufsgenossenschaft www.vbg.de Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin www.baua.de Deutsch gesetzliche Unfallversicherung: www.dguv.de und www.arbeitssicherheit.de INQA - Initiative Neue Qualität der Arbeit. (getragen von den Sozialpartnern, den Sozialversicherungsträgern, den Ländern und dem Bund) www.inqa.de Literatur: Der Ergonomieprüfer, Bund-Verlag Büroraumgestaltung IGM Köln 27.2.2010 18