1964-Die Kreuzzüge - Burgenverein Untervaz

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Untervazer Burgenverein Untervaz
Texte zur Dorfgeschichte
von Untervaz
1964
Die Kreuzzüge
Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter
http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter
http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.
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1964
Die Kreuzzüge
Nachrichten Burgenverein
in: Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins. Heft 5. 1964. Seite 82ff.
Die Kreuzzüge
S. 82:
Diese grösste, weltweite Bewegung des Mittelalters, durch die Kirche gewaltig
gefördert, wurde im wesentlichen durch den westeuropäischen Adel getragen.
Im allgemeinen unterscheidet man sechs Kreuzzüge in der Zeit zwischen 1095
und 1270. Es mag aber interessant erscheinen, einmal nicht so sehr die
einzelnen Taten und Schlachten, welche während den Kreuzzügen vollbracht
und geschlagen wurden in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen,
sondern die Gründe und Anfänge und insbesondere die Folgen und die
grösseren Zusammenhänge etwas genauer zu beleuchten.
Wer sich länger ernsthaft mit dem Problem der Kreuzzüge befasst, merkt, dass
es sich dabei um einen Konflikt zwischen Ost und West handelte, welcher
einem ausserordentlich langen, auf jeden Fall viel längeren Prozess, als es die
vorerwähnten 190 Jahre darstellen, unterworfen war. So handelte es sich
insbesondere um einen rassischen und kulturellen tiefen Gegensatz, wobei die
Gründe der Auseinandersetzung, rein äusserlich gesehen, sich im Laufe der
Jahrzehnte und Jahrhunderte verändert und die wichtigen Schauplätze des
Geschehens tatsächlich gewechselt haben. Der Weg hub eigentlich bereits im
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Altertum an und fand nur in der besagten Zeit des Hochmittelalters eine Art
militärischen Höhepunkt.
Was uns besonders berührt, ist der Umstand, dass in dieser verhältnismässig
kurzen Zeitspanne der Adel aller Stufen vom höchsten Dynasten bis zum
kleinsten Ministerialen, also der Inhaber und Bewohner von Burgen, auf
westlicher Seite, der Träger des ganzen Geschehens war.
Ausgangspunkt der grossen Tragödie waren die Kämpfe zwischen den
Griechen und den Persern. Diese Auseinandersetzung der beiden damaligen
Weltmächte spielte sich auf den Gefilden von Marathon, 490 v. Chr. und
Salamis, 480 v. Chr. ab. Daran reihte sich die kometenhafte Laufbahn
Alexanders des Grossen im 4. Jahrhundert v. Chr.
Der gleiche Kampf fand seinen Fortgang nach dem Zusammenbruch
Griechenlands unter der Vorherrschaft Roms. Aber Rom selbst erlitt seinerseits
die grösste Erniedrigung während der Regierung des Perserkönigs Schahpurs
I., 241-272, als Kaiser Valerian bei einem Überfall auf die Stadt Edessa im
Jahre 260 gefangen genommen wurde. Persische Reliefs nahe bei den Ruinen
der antiken Stadt Persepolis erinnern an dieses beispiellose Unglück. In
orientalischer Grossmütigkeit schonte der Perser das Leben des römischen
Kaisers und legte sich auf Grund dieses Sieges den Titel «König der Könige
des Irans und des Nichtirans, Herrscher des Universums, Abkömmling der
Götter, Bruder der Sonne und des Mondes, Gefährte der Sterne» zu.
War diese grosse Auseinandersetzung der Antike eine Frage der Kultur und der
Rassen gewesen, so wandelt sie sich im frühen Mittelalter in ein religiöses
Problem. Im 7. Jahrhundert entflammte der Kampf zwischen den Persern und
Byzanz, der 641 mit dem Einzug der Perser in Jerusalem, wo sie nicht nur den
Patriarchen Zacharias gefangen nahmen, sondern auch Feuer an das Heilige
Grab legten, seinen Höhepunkt erreichte. Darüber hinaus drang ein persisches
Heer in Ägypten ein, und ein zweites stiess bis an den Bosporus vor.
Im selben Jahrhundert wurden auch die Araber, welche bis dahin in
verschiedene Stämme gespalten gewesen, vom Propheten Mohammed unter
einer Religion und unter einem Banner geeinigt, und es wurde
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S. 83:
ihnen gleichzeitig das Prinzip des Heiligen Krieges gegen alle Nicht-Moslems
auferlegt, bis die ganze Welt gemäss dem Willen Allahs dem Islam (das Wort
bedeutet «Unterwerfung») unterworfen sein würde. In den dreissiger Jahren
des 7. Jahrhunderts begann bereits das erste Vordringen der Mohammedaner.
635 wurde Damaskus erobert; Aleppo und Antiochia ergaben sich. 638 fiel
auch Jerusalem. 640 war bereits die ganze byzantinische Herrschaft über
Syrien und Palästina von den Arabern hinweggefegt. Auch in Persien erfolgte
in den nämlichen Jahren der vollständige Zusammenbruch des alten Reiches.
Im 8. Jahrhundert suchten die Franken ihrerseits Kontakt mit der Abbasiden
Dynastie in Bagdad zu erhalten. Unter Karl dem Grossen wurden die
Bestrebungen, welche Pipin III., der Franke, begonnen hatte, weitergeführt.
Die Abgeordneten, welche in Bagdad erschienen, hatten dem Kalifen
folgenden Vorschlag zu unterbreiten. Es sollte der Zusammenhang zwischen
Abbasiden und Franken gefestigt werden, um das Vorgehen gegen das
omajjadische Kalifat von Cordova zu koordinieren. Den westlichen
Palästinapilgern sollten Vorrechte gesichert und gleichzeitig eine karolingische
Schutzherrschaft über Jerusalem und über die orientalischen Christen ins
Leben gerufen werden. Dieser Vorschlag eines westlichen Protektorates wird
nur dann verständlich, wenn man weiss, dass die Mohammedaner im
allgemeinen die Juden und Christen, welche unter islamischer Herrschaft
lebten, in Ruhe liessen, ihnen also ihren Glauben und ihre Kirchen nicht
streitig machten und dennoch keine Angst hatten, die mohammedanische
Weltherrschaft würde dadurch gefährdet sein. So berichtet Theodosius, der
Patriarch von Jerusalem an den Patriarchen von Konstantinopel im Jahre 869,
die Sarazenen seien gerecht und belästigten die Christen in keiner Weise. Dies
galt aber nicht nur für den Osten. Auch im Westen, in Spanien, herrschte auf
der islamischen Seite eine grosse Toleranz. Eine mohammedanische
Schreckensherrschaft scheint erst im Nahen Osten mit dem Regime der Türken
eingetreten zu sein. Den Türken aber war der Islam von Hause aus fremd. Die
systematische Schändung der heiligen Stätten geschah erst unmittelbar vor den
eigentlichen militärischen Kreuzzügen im 11. Jahrhundert. In dieser ganzen
Zeitspanne hatte ein unentwegter Pilgerstrom vom Westen nach Jerusalem
stattgefunden. Einzelne Wallfahrtsgruppen bezifferten sich oft auf mehrere
Tausend Personen.
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Erst 1074 hören wir von einer päpstlichen Aufforderung, bewaffnete
Begleittruppen aufzustellen, um den Weg nach Jerusalem mit allfälliger
Gewalt offen zu halten. Allerdings war die Lage in Europa zu dieser Zeit so
verworren, dass eine geschlossene Aktion kaum in Frage kommen konnte und
daher eine solche kaum erfolgversprechend aussah. 1077 wurde der deutsche
Kaiser Heinrich IV. in Canossa im Investiturstreit vom Papst in die Knie
gezwungen. Die zentrale Unterstützung durch die deutsche Krone blieb
demnach für diesen ersten Kreuzzug versagt, auch wenn viele deutsche Ritter
mitzogen. In England war die Einigung, welche mit der Schlacht von Hastings
1066 unter Wilhelm dem Eroberer begonnen hatte, noch nicht abgeschlossen.
In Spanien waren die dortigen Fürstenhäuser in einen eigenen, nationalen
Kreuzzug im Süden ihres Landes gegen die Mauren engagiert, so dass sie vom
Papst von der Teilnahme an der Ostfahrt entbunden wurden. Als Hauptmacht
blieb lediglich Frankreich. Ihm standen im wesentlichen nur noch die
Normannen aus Süditalien unter Robert Guiscard zur Seite. Am 27. November
1095 rief Papst Urban II., selber ein Franzose, auf dem Konzil zu ClermontFerrand in der Auvergne feierlich zum Kreuzzug auf. Und damit begann jene
militärische Aktion, welche in mehrere Teilunternehmen zerfiel und bis 1291
dauerte. Sie führte zur Beherrschung von Palästina und zur Errichtung des
lateinischen Königreiches über Jerusalem. Eine grosse Stärkung erfuhr das
Unternehmen durch die Gründung der geistlichen Ritterorden, welche aus
Gruppen von streitbaren Mönchen bestanden. Die älteste dieser Organisationen
war jene der Tempelherren oder Templer. Sie erhielten von Bernhard von
Clairvaux eine durch starke asketische Züge gekennzeichnete Ordensregel
nach zisterziensischem Vorbild. Die Ritter waren erkennbar an ihrem weissen
Mantel mit dem roten Kreuz. Der Name rührt davon her, dass von König
Balduin II. ihnen als Residenz ein Ort in der unmittelbaren Nähe des
salomonischen Tempels zugewiesen wurde.
Der zweite grosse Orden war jener der Hospitaliter oder Johanniter. Seine
Anfänge gehen sogar in die Zeit vor den eigentlichen Kreuzzügen, in die erste
Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück, als nämlich der mohammedanische
Herrscher über Jerusalem den Kaufleuten von Amalfi die Erlaubnis erteilte, ein
Hospital für christliche Pilger zu errichten.
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Als dritter reihte sich etwas später der deutsche Orden dazu, welcher aber
namentlich in Europa durch seine kolonisatorischen Arbeiten in Ostpreussen
sich unsterblichen Ruhm verschaffte.
Durch die dauernde Rivalität zwischen Johannitern und Templern büssten
diese beiden Orden an ihrer wertvollen Unterstützung, welche sie für das
lateinische Königtum in Jerusalem bedeuteten, leider sehr viel ein. Beide
Organisationen besassen in der ganzen Welt Niederlassungen, welche es ihnen
erlaubte, ein ausgeklügeltes Spionagenetz aufzubauen, das sich vor allem den
Johannitern, als sie von Rhodos her im Kampf gegen die Mohammedaner
standen, von grossem Nutzen zeigte.
Auf die Eroberungszeit durch die Kreuzfahrer folgte eine ziemlich lange
Periode von hundert Jahren des labilen Gleichgewichts. So ging es vor allem
darum, einmal die alten Streitigkeiten zwischen dem lateinischen Königreich
Jerusalem und den Byzantinern zu beseitigen, um sich dadurch besser gegen
den Islam behaupten zu können. Mit gegenseitigen Heiraten wurden diese
Bestrebungen noch intensiviert; dabei gäbe man sich aber einem gewaltigen
Irrtum hin, wollte man annehmen, das alte Misstrauen zwischen Griechen und
Kreuzfahrern wäre dadurch völlig beseitigt worden.
Die Eroberung Edessas durch die Zangis von Mosul indessen liess die Christen
zu einem zweiten Kreuzzug sich finden. Die Proklamation dazu kam von Papst
Eugen III. Die Unterstützung lieh ihm der französische Heilige Bernhard von
Clairvaux. Das Unternehmen wurde von den höchsten Adeligen getragen,
nahmen doch keine geringeren als König Ludwig VII. von Frankreich und
Kaiser Konrad III. von Deutschland das Kreuz. Zwei gewaltige Heere, man
spricht von rund 70'000 Mann, zogen auf dem Landweg nach Konstantinopel;
ein kleineres ging auf See und landete in Portugal, um den Kampf auf der
iberischen Halbinsel gegen die Mauren zu führen. 1147 wurde Lissabon
erobert und damit die Grundlage für die Entstehung des Königreiches Portugal
gelegt. Dem Ostheer war dagegen kein Glück beschieden. In Kleinasien
scheiterte das Unternehmen, und Konrad III.
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kehrte zurück ohne das Heilige Land betreten zu haben.
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Lediglich Ludwig erreichte als Pilger das Heilige Grab. Ein politischer Erfolg
zeichnete sich im Osten nicht ab. Auf der Rückfahrt landete Ludwig in
Calabrien und krönte den Normannen Roger zum König von Sizilien. Damit
erstand während des zweiten Kreuzzuges ein weiteres Königshaus. Für den
Westen bedeutete dies einige Stabilisierung, für den Osten hingegen waren
aber die Misserfolge verheerend, weil die Mohammedaner durch das Versagen
der Kreuzfahrer ermutigt, gegen die kleinen «westlichen» Staaten in Palästina
und Syrien, erneut mit Waffengewalt vorgingen.
Weil das lateinische Königtum gegen die Türken im Norden nicht
aufzukommen vermochte, richtete es seinen Blick gegen Ägypten, gegen das
im Abstieg sich befindliche Reich der Fatamiden. Durch einen Vertrag gelang
es Hugo von Caesarea erstmals, durch die inneren Umstände Ägyptens
begünstigt, seit dem Beginn der Kreuzzüge dieses Land unter direkte
Schutzherrschaft der Kreuzfahrer zu bringen. Gegen einen jährlichen Tribut
sollte Ägypten geschont werden. Jedoch noch 1168 wurde dieses Abkommen
von den Kreuzfahrern gebrochen um das Land endgültig zu erobern. Die
Kreuzfahrer unter dem Kommando Amalrichs wurden jedoch von den
Ägyptern und den zu Hilfe gerufenen Syriern zum Rückzug gezwungen. Durch
das gleichzeitige Aussterben der Fatamiden gelang es Saladin, zum Sultan
aufzusteigen, und durch ihn kam das ganze Gebiet von Mosul bis Aleppo im
Norden und Ägypten im Süden zur politischen Einheit und zur religiösen
Geschlossenheit unter dem Islam, und gleichzeitig war das lateinische
Königtum von allen Seiten landmässig und machtmässig umschlossen und
isoliert. Damit, dass auch 1174 der fähige Amalrich starb und der völlig
unfähige Balduin IV. den Thron bestieg, fand diese zweite Kreuzzugphase
ihren unglücklichen Abschluss. Sie leitete gleichzeitig den machtpolitischen
Niedergang der Kreuzfahrerhegemonie in Palästina ein.
Die dritte Epoche brachte erst unter den Ajjabiden und hernach unter den
Mamluken die endgültige Beseitigung der lateinischen Herrschaft im Heiligen
Land. Unter unfähigen Monarchen verfiel das lateinische Königreich immer
mehr der Anarchie. Uneinig untereinander, erlitten die Kreuzfahrer durch
Saladin, 1187 in der Schlacht bei Hittin, den tödlichen Stoss. Tiberias fiel,
Akkon wurde erobert, und auch die Städte Beirut, Jaffa, Askalon, Sidon und
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Byblos (Jubail) wurden eingenommen. Im gleichen Jahr fiel auch Jerusalem
den Mohammedanern in die Hände, und nur einige Seehäfen blieben im Besitz
der Christen.
Die traurige Nachricht vom Verlust Jerusalems verbreitete sich in ganz Europa
schnell und veranlasste die drei grössten westlichen Könige Friedrich
Barbarossa, Philipp II. von Frankreich und Richard Löwenherz von England
das Kreuz zu nehmen. Aber ein bleibender Erfolg war auch diesem
Unternehmen nicht beschieden. Barbarossa ertrank im Fluss Saleph,
Löwenherz kehrte als kranker Mann nach Damaskus zurück und starb dort
1193. Auch Philipp wandte sich wieder Frankreich zu. Jedoch die
Kreuzzugsidee blieb bestehen, wobei aber oft nicht der christliche Gedanke,
sondern die Gier nach Beute den ersten Platz einnahm. Nur so kann man
verstehen, dass ein französisch-flämisches Heer auf seinem Zug nach Osten
erst einmal Konstantinopel kurz belagerte und dann während drei Tagen restlos
ausplünderte. So stammen heute noch die vier grossartigen Bronzepferde über
dem Eingang der Markuskirche in Venedig aus der ehemaligen Reitbahn von
Konstantinopel; sie waren während der damaligen Plünderung geraubt worden.
Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurde das byzanthinische Kaiserreich durch
das lateinische Kaisertum in Konstantinopel völlig verdrängt.
Durch den Vertrag von 1261 erhielt König Balduin den Kaiserthron neben fünf
Achteln dieser Stadt, während der neue lateinische Patriarch, ein Venezianer,
mit den übrigen drei Achteln, einschliesslich der Hagia Sophia, bedacht wurde.
So haben denn die Kreuzfahrer wirksam an der Zerstörung und Schwächung
des oströmischen Reiches mitgearbeitet und wesentlich zu dessen Untergang
im Jahre 1453 beigetragen. Das war der Ausgang des vierten Kreuzzuges, einer
Aktion, welche mehr zum Niedergang als zur Kräftigung der christlichen
Sache mitgeholfen hatte.
Noch einmal kam Jerusalem in christliche Hand. Zu verdanken war diese Tat
dem in Unteritalien lebenden deutschen König Friedrich II., welcher einen
speziellen Kreuzzug auf eigene Faust unternahm und diesen der Kirche,
welche ihn exkommuniziert hatte, zum Trotz durchführte. In Jerusalem war er
aber tragischerweise aus kirchlich rechtlichen Gründen vom lateinischen
Patriarchen nicht anerkannt. Dennoch aber konnte er vom Sultan die Rückgabe
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der drei Städte Jerusalem, Bethlehem und Nazareth an die Christen auf dem
Verhandlungswege erreichen, weil der Sultan offensichtlich durch des Kaisers
Kenntnisse der arabischen Sprache und Kultur sehr beeindruckt war. Am 18.
März 1229 hielt Friedrich seinen glorreichen Einzug in der Heiligen Stadt und
setzte sich in der Kirche des Heiligen Grabes mit eigener Hand die Krone des
lateinischen Königreiches aufs Haupt, da es keinen Geistlichen gab, welcher
diese Handlung an einem exkommunizierten Fürsten vollzogen hätte. Die
grösste Tragik bestand darin, dass Friedrich alsobald nach Europa
zurückkehren musste, da sein eigenes Königreich in dieser Zeit durch ein
päpstliches Heer unter Jean de Brienne überfallen worden war.
Wegen dieser politischen und kirchlichen Verwirrung ging Jerusalem ein
zweites Mal verloren. Unlogik und Missgunst, Rachegelüste und Herrschsucht
hatten die Oberhand gewonnen, die Christen entzweit und den
Mohammedanern leichtes Spiel gemacht. Alle weiteren Kreuzzüge bis ins 14.
Jahrhundert hatten keinerlei Erfolg mehr. Die Idee hingegen lebte bis ins 15.
Jahrhundert weiter, gab immer wieder zu neuen Unternehmen Anlass, ohne
jedoch noch von einer zentralen Gewalt mit fester Hand geleitet zu sein.
Was waren nun die Folgen dieser Kreuzzüge? Einmal waren weltweite,
welthistorische Folgen zu verzeichnen neben lokalen historischen und
lokalpolitischen. So wurde die ganze Aktion der Gegenkreuzzüge ins Leben
gerufen. Ein Unternehmen, das dem Islam seine während Jahrhunderten
dauernde Machtstellung verschaffte und unter anderem die Türken bis vor die
Tore von Wien brachte. Daneben gab es aber eine gewaltige Ausweitung des
Handels und einen enormen Austausch der gegenseitigen kulturellen Belange.
Insbesondere ist einmal an den grossen Aufschwung des Handels im
Spätmittelalter zu denken. Damals kamen die Europäer in Kontakt mit den
ausgedehnten Handelsplätzen der Levante, welche ihrerseits die Endstationen
der asiatischen Handelswege im Westen darstellten. Die kulturelle Berührung
ihrerseits zwischen Christentum und Islam geschah nicht
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nur in Palästina und Syrien, sondern auch im mittleren und westlichen
Mittelmeerraum.
Zu den wichtigsten Errungenschaften, welche die Kreuzzüge hervorbrachten,
gehören die geistlichen Ritterorden. Sie waren aber nicht nur kriegerische
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Einheiten, auf die sich die Kreuzfahrer stützen konnten, sondern sie
entwickelten vor allem auch das mittelalterliche Bankwesen. Allen voran
waren darin die Templer Meister. Wurde der Orden dadurch einem seiner
Gelöbnisse untreu, so schuf er sich damit den eigenen Untergang, indem er
gerade wegen seiner wirtschaftlichen Blüte und seiner unumschränkten
Geldherrschaft vom französischen Königshaus 1310 aufgelöst wurde.
Die wohl folgenreichste Reaktion auf die Verweltlichung der Ritterorden war
die Entstehung der neuen Bettelorden. Der erste war jener der Franziskaner,
gegründet vom Heiligen Franziskus von Assisi, welcher selbst an einem seiner
Kreuzzüge teilgenommen hatte. Somit bilden auch diese Bettelorden, wenn
auch indirekt, so doch eine klare Folge der ganzen Entwicklung der
Kreuzzugsidee.
Im politischen Sektor trugen die Kreuzzüge bei zur Erstarkung der
Zentralmacht, der Monarchie auf Kosten des feudalen Adels. Durch die
Teilnahme der Feudalherren an den Kreuzzügen wurden sie wirtschaftlich
geschwächt und büssten daher in ihrer Heimat an Machtposition ein. Sie waren
vielfach gezwungen, zur Verpfändung und zum Verkauf ihres Besitzes, starben
wegen der Verluste im Osten als Geschlecht aus, und ihr Eigentum verfiel
daher oft wieder an die Krone.
Ganz beträchtlich war der Einfluss auf das Militärwesen. So geht
möglicherweise die konzentrische Anlage von Burgen mit doppelter
Umwallung und einen befestigten Hauptturm in der Mitte auf orientalische
Vorbilder zurück. Es steht auf jeden Fall fest, dass eines der ältesten
europäischen Beispiele einer nach diesem Prinzip angelegten Burg das Schloss
Gaillard ist, welches Richard I. nach seiner Rückkehr vom dritten Kreuzzug in
der Normandie anlegte. Auch Baudetails sind orientalischen Herkommens. Vor
allem ist die Schiesscharte östlicher Provenienz. Ein Machicoulis war auf
arabisch diese vorkragende Öffnung bei Zinnen, durch welche der Verteidiger
von oben Steine und kochende Flüssigkeit auf den Angreifer werfen und
giessen konnte. Solche Bauelemente erkennen wir an europäischen Burgen vor
allem in Italien und Frankreich seit den Kreuzzügen. Möglicherweise ist auch
die Armbrust aus dem Orient eingeführt worden. Dies wäre allerdings zu
früherer, zu römischer Zeit geschehen. Der ritterliche Mantel, der spätere
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Wappenmantel, ist der Bekleidung des arabischen Kriegers, welcher diesen
Stoffüberzug gegen die brütende Sonne nötig hatte, nachgeahmt.
Aber auf noch vielen andern Gebieten, der Philosophie und Theologie, der
Naturwissenschaften und Mathematik, der Astronomie, der Geographie, der
Medizin, der Kunst und Architektur usw. ist der Einfluss des Islams spürbar
geworden. Nicht dass die Mohammedaner in allen Teilen der gebende Teil
gewesen wären. Vielfach schufen sie nur für den Westen die Grundlagen durch
ihre grossen Übersetzungswerke und bildeten damit eine nicht aus der Welt zu
denkende Vermittlerrolle.
Ich bin überzeugt, dass die Einflüsse der Kreuzzüge auf das Abendland enorm
waren, dass wir einiges davon zu erkennen vermögen, dass aber vor allem die
arabischen Quellen, weil nicht übersetzt, noch gar nicht genügend
ausgeschöpft werden konnten.
1965
H. Sr.
Der Schild Europas
Nachrichten Burgenverein
in: Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins. Heft 4. 1965. Seite 123ff.
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Der Schild Europas
S. 123: Dieses Jahr sind 400 Jahre verflossen, seit die Ritter vom heiligen Johannes
ihren Sitz, die Insel Malta, siegreich gegen die Türken verteidigten. Ernle
Bradford schrieb die Geschichte dieser heldenhaften Tat. Die deutsche
Übersetzung machte Hartmut Georgi.
Der Verfasser gelangte 1942 als Navigationsoffizier eines englischen
Zerstörers nach Malta, als die Insel die zweite grosse Belagerung in ihrer
Geschichte erfuhr. 1943 kam er bei den Landeoperationen in Sizilien zum
zweitenmal dorthin. Die glorreiche Vergangenheit dieser Insel packte ihn und
trieb ihn 1951 mit der eigenen Segeljacht zum genaueren Studium erneut nach
dem Eiland.
Die grosse Belagerung durch die Türken im Jahre 1565 war ein für die
Geschichte des Abendlandes und speziell des Mittelmeeres entscheidendes
Unternehmen.
Nachdem die Johanniter 1291 erst aus dem Heiligen Land nach Zypern und
1310 nach Rhodos sich hatten zurückziehen müssen, wurden sie 1522 von den
Türken gezwungen, auch diese Insel zu räumen. Acht Jahre lang war der
Orden heimatlos. Erst 1530 machte ihm Kaiser Karl V. die Insel zum
Geschenk «auf dass die Ritter den Pflichten ihrer Gemeinschaft zum Wohle
der Christenheit nachkommen und ihre Streitkräfte und Waffen gegen die
heimtückischen Feinde des heiligen Glaubens führen mögen». Als
Gegenleistung mussten sie dem Vizekönig von Sizilien jährlich einen Falken
geben und Garantie leisten, dass sie sein Königreich niemals mit Krieg
überziehen würden.
Das Geschenk war mässig, denn der Bericht der ausgesandten Kundschafter an
den Grossmeister lautete: «Die Insel Malta ist nur ein Felsen aus weichem
Sandstein, Tuff genannt ... Die Oberfläche des Felsens ist von kaum mehr als
drei oder vier Fuss Erde bedeckt, die ebenfalls steinig ist und sich sehr schlecht
für den Anbau von Weizen oder anderem Getreide eignet. Malta bringt aber
grosse Mengen Feigen, Melonen und verschiedene Früchte hervor; die Insel
führt hauptsächlich Honig, Baumwolle und Kümmel aus, den die Einwohner
gegen Getreide tauschen. Aber ausser einigen Quellen im Zentrum der Insel
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gibt es kein fliessendes Wasser, ja nicht einmal Brunnen; diesem Mangel
helfen die Bewohner mit Zisternen ab ... » Holz war ebenso knapp. Geheizt
wurde mit Kuhdung und wildwachsenden Disteln.
Den Ausschlag für die Annahme des Geschenkes gaben die verschiedenen
Buchten und zwei grosse Häfen, welche wohl schlecht ausgebaut waren, aber
die grösste Flotte bequem aufnehmen konnten. Dies war um so wichtiger, «als
die Ritter des heiligen Johannes zu dieser Zeit von organisierter Piraterie
lebten».
Rund 12'000 Einwohner lebten auf der Insel Malta und rund 5'000 auf der
kleineren Insel Gozzo, welche wohl die bessere Vegetation, hingegen keine
Häfen aufwies. Dauernd wurden die Küsten von muselmanischen Seeräubern
heimgesucht.
Der Orden selbst war auf der ganzen Welt wegen seiner Tapferkeit berühmt
und geachtet. Aber die kämpferische Seite schuf ihm auch viele Feinde. Die
Regel gebot ihm, nie gegen Christen, sondern nur gegen Mohammedaner das
Schwert zu führen. Die Ritter rekrutierten sich aus allen europäischen
Nationen. Der Grossmeister war direkt dem Papst verpflichtet.
Noch im selben Jahr ergriff der Orden Besitz von der Insel. Das
Nebeneinanderleben mit den Einwohnern war nur deshalb möglich, weil die
Ritter nicht in der Hauptstadt ihren Sitz nahmen, sondern wegen der
Seefahrerei es vorzogen, beim heutigen Grand Harbour, dem Fischerdorf
Birgu, sich anzusiedeln.
«Die jungen Ritter machten seit ehedem nach der Aufnahme in den Orden
zunächst ein Noviziatsjahr, wurden dann in den sogenannten Konvent
S. 127: aufgenommen und traten damit in den Kriegsdienst. In der Zeit, als der Orden
nach Malta kam, verstand man darunter gewöhnlich den Dienst als Offizier auf
den Galeeren. Ein volles Jahr dieses Dienstes hiess eine Karawane. Nach drei
Jahren Karawanendienst musste der Ritter mindestens zwei Jahre lang am
Konventsort bleiben. Danach konnte er in höhere Ämter gewählt werden als
Vogt, Kommandant oder Prior (oft auch in anderen Ländern). Viele kehrten zu
ihren Gütern und Pflichten in den Ländern Europas zurück. Aber der
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Grossmeister war in Zeiten höchster Gefahr für den Orden berechtigt, auch
diese Ritter an seinen Amtssitz zu rufen.»
Neben den eigentlichen, aus dem Hochadel stammenden Rittern gab es eine
zweite Sektion. In ihrer Abstammung existierte keinerlei Einschränkung. Sie
leisteten normalerweise in den Hospitälern und in den Kirchen Dienst, waren
aber vom Karawanendienst nicht ausgenommen. Das waren die
Konventskaplane.
Zur dritten Stufe gehörten die dienenden Brüder. Sie mussten nur von
achtbarer Geburt sein. Ihr Dienst war ausschliesslich auf die militärische
Sparte ausgerichtet. Den grössten Zustrom an Nachwuchs erhielt der Orden aus
dem französischen Sprachgebiet. In der Mehrzahl waren denn auch die
Vorsteher des Ordens, die Grossmeister, meist französischer Zunge.
Herkunftsmässig gliederte sich der Orden in acht Gebiete, sogenannte Zungen:
Auvergne, Provence, Frankreich, Aragonien, Kastilien, England, Deutschland
und Italien.
Von allem Anfang an rechnete der Orden damit, dass über kurz oder lang die
Insel gegen eine Belagerung, vor allem durch die Türken, den grössten Feind,
gehalten werden müsse. Deshalb ging man sofort an die Befestigung.
Insbesondere die Hafenanlage musste gegen das Meer wie gegen das Land
geschützt werden. Die entsprechende Bauerfahrung hatte man in Jerusalem, in
Zypern und Rhodos gesammelt.
Zwei grosse Forts wurden beiderseits der Werftbucht errichtet, St. Angelo und
St. Michael. Gegen das Meer konnte die Bucht mit einer grossen, schweren
Kette, welche venetianische Handwerker geschmiedet hatten, abgeschlossen
werden. Beide Halbinseln waren mit einer Pontonbrücke verbunden, um das
Verschieben von Truppen und die Verbindung beider Forts zu gewährleisten.
An der Landspitze des Monte Sciberras, wo heute die Stadt Valetta steht,
wurde ein vorgeschobenes kleines Kastell, das Fort St. Elmo erbaut. Mit
Artillerie bestückten sie die einzelnen Bastionen.
Die weitgreifenden Nachrichtenmöglichkeiten zeigten dem Orden bereits 1564
an, dass ein Angriff durch die Türken unter Soliman I. bevorstand. Der Sultan
hatte bereits 42 Jahre zuvor die Johanniter von Rhodos vertrieben und wollte
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nun in seinem Alter auch diese neue Position dem Orden entreissen,
wohlwissend, dass Malta den Schlüssel zum Mittelmeer bildete.
Der Ordensmeister La Valette war wohl der fähigste Kopf, den der Orden in
dieser schweren Zeit besass. Neben den meisten europäischen Sprachen
beherrschte er auch Arabisch und Türkisch. Die letzten beiden Sprachen hatte
er sich angeeignet, als er Gefangener auf einer türkischen Galeere war. Durch
Gefangenenaustausch erlangte er nach einem Jahr wieder die Freiheit. Er hatte
in der Folge wichtige Ämter innegehabt. Er war nacheinander Gouverneur von
Tripolis, Komtur von Lango, Grosskommandeur und Grossprior von St. Gilles,
stellvertretender Grossmeister und Grossadmiral der Flotte.
In eine vollkommene Festung suchte La Valette die Insel umzuwandeln,
wohlwissend, dass der Orden von der übrigen Christenheit kaum Hilfe zu
erwarten hatte, war doch Franz I., König von Frankreich, seit 1536 mit dem
Sultan verbündet. Der Orden besass in Malta zu Jahresbeginn 541 Ritter und
Waffenknechte. Dazu kamen noch gegen 4'000 maltesische Freischärler. Die
Galeerensklaven zählten etwa 500 Mann. Rund 1'000 Sklaven standen zu
Befestigungsarbeiten zur Verfügung.
Die obenerwähnten Kastelle wurden dauernd verstärkt. In den Kellern häuften
sich die Getreide- und Fleischlager. Tausende von Tonkrügen mit Wasser
reihten sich aneinander, da nur das Fort St. Angelo in der vorgelagerten
Zitadelle von Birgu einen Brunnen besass, welcher zufällig entdeckt worden
war.
Die Waffenschmiede besserten die Harnische aus, und in den Arsenalen und
Pulvermühlen bereitete man die Ladungen für die Geschütze und
Handfeuerwaffen vor.
Am 18. Mai entdeckten die Wachen auf den Mauern die türkische Flotte. Man
nimmt heute an, dass es über 30'000 Mann waren. Das Gros der Armee
bildeten etwa 9'000 Spahis aus Anatolien und Rumänien. Die Angriffsspitze
bestand aus 6'300 Janitscharen, alles geübte Hakenbüchsenschützen, der Elite
der türkischen Armee. Hinzu kamen 4'000 Jayalaren, eine Spezialtruppe,
welche, aus religiösen Fanatikern bestehend, sich ohne Rücksicht auf das
eigene Leben, an den Brennpunkten einer Schlacht einsetzen liess.
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Auf den Schiffen wurden ausserdem 80'000 Geschützkugeln, 15'000 Zentner
Pulver für Geschütze und 25'000 Zentner für Handfeuerwaffen mitgeführt. Da
die türkische Aufklärung ergeben hatte, dass der Grossmeister das Prinzip der
verbrannten Erde angewendet hatte, führte das Heer sämtliche Lebensmittel,
Holz, Zelte und Pferde für die Spahis auf Handelsschiffen mit.
Oberbefehlshaber der gesamten Streitmacht war in Vertretung des Sultans
Mustapha Pascha; er entstammte einer der ältesten führenden Familien, welche
ihre Abstammung von Ben Welid, dem Standartenträger des Propheten
Mohammed herleitete. Ihm wurde vom Sultan als Admiral Piali zugeordnet,
der christlicher Eltern Kind war, aber bei der Belagerung von Belgrad den
Türken in die Hände fiel und im Serail des Sultans erzogen wurde. Er war mit
der Tochter Selims, des Sohnes Solimans, verheiratet. Diesen beiden
hervorragenden Kommandanten standen El houck Aly, der Gouverneur von
Alexandrien, und El houck Aly Fartax zur Seite. Ersterer war ein gefürchteter
Seekapitän türkischer Abstammung, letzterer ein ehemaliger
Dominikanerbruder, ein Renegat und viele Jahre lang der aktivste türkische
Pirat in der Agäis. 180 Schiffe war die Flotte stark. 130 von ihnen waren lange
Rudergaleeren, 30 Galioten oder Galeassen - letztere gehörten zu den grössten
Schiffen der Zeit und konnten etwa 1'000 Mann transportieren. 11 grosse
Handelsschiffe begleiteten die Flotte, von denen eines allein 600 Soldaten,
6'000 Fässer Pulver und 1'300 Geschützladungen trug.
Mit der ersten Landung - etwa 3'000 Mann suchten die Türken möglichst viele
Lebensmittel zu erbeuten und die Bauern zu verhindern, die Feldfrüchte und
Tiere wegzuführen oder zu vernichten.
S. 128: La Valetta war aber zuvorgekommen, und die Beute der Aggressoren war sehr
gering. Auch frisches Wasser konnten sie nicht finden, da die Ritter alle
ausserhalb der Befestigung liegenden Quellen und Zisternen entweder zerstört
oder mit Unrat ungeniessbar gemacht hatten.
Die ersten grossen Angriffe richteten die Türken gegen St. Elmo. Obwohl die
Besatzung klein war, blieben Erfolge den Angreifern versagt. So liess
Mustapha sehr bald die grossen Geschütze ausladen und in Stellung ziehen,
und schon nach einer Stunde Beschuss begannen die Kalk- und
Sandsteinblöcke des Forts abzubröckeln. Sehr unangenehm waren die
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Scharfschützen, welche hinter Wällen hervor die Verteidiger auf den Mauern
aufs Korn nahmen.
Die Verluste auf beiden Seiten waren gross und die Besatzung konnte sich nur
halten, indem während der Nacht die Toten und Verwundeten mit Hilfe der
Schiffe ausgewechselt wurden. In einer der grössten Krisenlagen machten die
Ritter einen Ausfall und brachten ausserordentliche Verwirrung in das
türkische Heer. Nur dank dem Einsatz der Janitscharen konnte die Lage
wiederhergestellt werden.
Die Janitscharen waren nichttürkischer Abstammung. Alle fünf Jahre fand im
gesamten osmanischen Reich eine Musterung statt, zu der alle siebenjährigen
Söhne der im Reich wohnenden Christen sich einzufinden hatten. Die
Fähigsten wurden ausgewählt und auf Akademien gebildet. Hernach kamen
diejenigen, welche sich geistig und körperlich am meisten bewährt hatten, nach
Kleinasien zu einer harten Ausbildung. Enthaltsamkeit, Entbehrungen und
strengste Disziplin sollte sie zu qualifizierten Soldaten machen. «Christen von
Geburt, Spartaner durch Erziehung und Moslems durch Bekehrung, so stellten
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die Janitscharen eine der erstaunlichsten militärischen Einheiten der
Geschichte dar.» Heirat war ihnen verboten, so dass sie, ähnlich wie die
Ordensritter, keinerlei Bindungen zur Familie hatten.
H. Sr.
(Fortsetzung in Nr. 5/1965)
S. 135: Die Angriffe und die Bombardemente auf die kleine vorgeschobene Festung
hatten an Heftigkeit und Intensität eine solche Steigerung erfahren, dass sich
der Kommandant und die ihm unterstellten Ritter, insgesamt 53, in ihrer
Verzweiflung genötigt sahen, an den Grossmeister die Bitte zu richten, die
Festung zu räumen. «Als die Türken hier landeten, befahlen Eure Hoheit allen
hier gegenwärtigen Rittern, herbeizueilen und diese Festung zu verteidigen.
Das haben wir mit grösstem Mut getan; und bis zu diesem Augenblicke ist von
unserer Seite alles geschehen, was geschehen konnte. Eure Hoheit wissen das,
auch dass wir uns weder Strapazen noch Gefahren entzogen haben. Doch nun
hat uns der Feind bis zu einem solchen Grad geschwächt, dass wir weder etwas
gegen ihn auszurichten noch uns zu verteidigen vermögen (da er die
Hauptbastion und den Wallgraben besetzt hält). Er hat auch eine Brücke
geschlagen und Stufen zu unseren Wällen hinauf in den Fels gehauen, den
Wall unterminiert, so dass wir stündlich erwarten müssen, in die Luft zu
fliegen. ….. Da wir den Pflichten unseres Ordens nicht mehr wirkungsvoll
nachkommen können, sind wir gewillt, wenn Eure Hoheit uns heute nacht
keine Boote schicken, damit wir uns zurückziehen können, einen Ausfall zu
machen und zu sterben, wie es Rittern geziemt. Schickt keine weiteren
Verstärkungen, denn sie sind von vornherein tote Leute».
Die Antwort von La Valette war eindeutig. Er wollte die Festung nicht
aufgeben und meldete: «Kehrt, meine Brüder, zum Konvent und nach Birgu
zurück, wo ihr in grösserer Sicherheit seid. Ich werde ruhiger sein, wenn ich
weiss, dass das Fort, von dem das Schicksal der Insel so entscheidend abhängt,
von Männern verteidigt wird (gemeint waren etwa 600 Freiwillige), denen ich
bedingungslos vertrauen kann» . Diese Schmach konnten die Ritter jedoch
nicht auf sich nehmen und harrten aus. Eine kleine Verstärkung wurde noch
zusätzlich zugeführt. Noch volle 12 Tage hielt das Fort aus. Sechs volle
Stunden griffen nach heftiger Artillerievorbereitung die Türken an diesem
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Tage an. «In der Nacht bargen Ritter und Kapläne die kostbaren Symbole des
Glaubens unter dem Steinboden der Kapelle. Dann brachten sie die
Wandteppiche, Bilder und hölzernen Einrichtungsgegenstände ins Freie und
setzten sie in Brand. Sie waren entschlossen, den Mohammedanern keine
christlichen Andachtsgegenstände zu Spott und Entweihung in die Hände
fallen zu lassen.» Dann kam der Grossangriff von allen Seiten und am 23. Juni
endlich, nach erbitterter Gegenwehr, flatterte endlich die Halbmondfahne auf
dem zu Schutt und Asche zerschossenen Fort. Bis zum letzten Mann hatte sich
die Festung verteidigt. 31 Tage lang hatte sich die Besatzung behauptet, und
das Fort bedeutete für die türkische Armee eine völlige Katastrophe. Ein
Viertel dieser Armee, gegen 8'000 Mann waren gefallen. Die Verluste betrugen
rund 1500 Mann. Der Orden verlor 120 Ritter, nur 9 davon gerieten in
Gefangenschaft. Die Toten wurden furchtbar misshandelt. Als Antwort befahl
La Valette «seinen türkischen Gefangenen die Köpfe abzuschlagen und sie aus
den grossen Geschützen in die Reihen des Feindes zu schiessen, um den
Moslems eine Lektion in Menschlichkeit zu erteilen». Man muss diese Tat aus
der Situation und aus der damaligen Zeit beurteilen, um sie richtig verstehen zu
können. La Valette wollte damit nicht nur den Türken eine Lehre erteilen,
sondern auch den eigenen Truppen zum Ausdruck bringen, dass es kein
Zurück gebe und dass es besser sei, im Kampf gegen die Ungläubigen zu
sterben als ein solches Schicksal zu erleiden.
Langsam wechselten die Türken ihre Stellungen, um sich auf den Angriff
gegen die Hauptfestung vorzubereiten. Unterdessen zeigte sich den Rittern ein
kleiner Lichtblick, indem am selben Tag, da St. Elmo fiel, eine kleine
Verstärkung, von den Türken völlig unbemerkt, eintraf. Es handelte sich um
600 Mann auf vier Galeeren, von denen zwei dem Orden und zwei Don Garcia
de Toledo gehörten. Es waren spanische Truppen aus den Garnisonen Siziliens
und Süditaliens.
Da nun der Angriff auf Senglea feststand, liess La Valette dem Ufer entlang
eine Palisade, einen «stoccado» errichten, um die türkischen Boote an der
Landung zu hindern und zwar so dicht, dass auch schwimmende Soldaten das
Ufer nicht erreichen konnten. Die ganze Arbeit wurde in der Nacht geleistet,
da am Tage die Gefahr durch die gegnerischen Schützen zu gross war. - Mit
gegenseitigen Kanonaden begann der Kampf. Den Angriff forcierten die
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Türken vom Wasser und vom Land her. Aber ein Erfolg war ihnen nicht
beschieden. Immer und immer wurde jeder Ansturm abgeschlagen. Dadurch
verlegte Mustapha sich auf eine neue Kampfweise. Durch pausenlosen
Beschuss aus den schwersten Geschützen suchte er den Widerstandswillen der
Verteidiger zu brechen. Er hoffte auf die langsame Übermüdung durch die
ununterbrochene Beanspruchung. 38 Geschütze donnerten allein vom Monte
Salvatore gegen die Bastion Kastiliers. Mitten im darauffolgenden
Infanterieangriff durch die Janitscharen blies plötzlich für die Verteidiger wie
für die Angreifer völlig unverständlich, das Signal zum Rückzug. Was war
geschehen?
In der Frühe hatte der Kommandant von Mdina, der Ritter Maquista, das
wahnsinnige Bombardement gehört und den Grossangriff vermutet. Er schloss
daraus richtig, in einem solchen Fall sei das türkische Lager in der Marsa nur
schwach bewacht. Vorausgesandte Kundschafter bestätigten diese Annahme.
Sofort wurde die gesamte berittene Streitmacht unter
S. 136: dem Kommando des Chevaliers de Lupny angesetzt. «Die Zeltleinen wurden
gekappt und Seide und Leinwand in Brand gesteckt, Lebensmittel- und
Materialvorräte vernichtet. Die grasenden Pferde tötete man, schnitt ihnen die
Sehnen durch oder führte sie mit nach Mdina. Die Türken wurden, wehrlos wie
sie waren, in ihrem zerstörten Lager umgebracht. Es war ein Massaker».
Dieser Schlag auf die Versorgungsbasis der Türken war von entscheidender
Bedeutung.
Die Schmach war so gross, dass Mustapha schwor, er wolle nach der
Eroberung keinen Stein auf dem anderen und keinen Verteidiger am Leben
lassen. Sofort wurden die Bombardemente verstärkt und auch die
Unterminierungen der verschiedenen Festungsanlagen machten grosse
Fortschritte. Die Zerstörungen hatten ein solches Ausmass erreicht, dass die
Ritter den Grossmeister ersuchten, sich auf die Festung St. Angelo
zurückzuziehen, um eine Kompensation der Kräfte herbeizuführen. Weil aber
Valette erkannte, dass damit Senglea und Birgu verloren waren, lehnte er das
Ansuchen rundweg ab.
Am 6. September, mitten in der grössten Verzweiflung, als sich die Verteidiger
auf die schwerste Probe, Bestand oder Untergang vorbereiteten, trat die
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Entscheidung ein. Eine Entsatzflotte mit ungefähr 10'000 Mann war aus
Sizilien in Anfahrt auf Malta. Am Morgen des 7. Septembers begann die
Landung. Das Versagen des türkischen Flottenstabes, der die Annäherung der
Christen nicht bemerkt hatte, ist nur schwer zu begreifen, verfügte doch Piali
über die mächtigste Flotte des Mittelmeeres, wogegen die Invasionsstreitmacht
lediglich aus 28 Galeeren bestand.
Die Überraschung war so gross, dass Mustapha beschloss, die Belagerung
abzubrechen. Während der folgenden Nacht wurden die Geschütze
zurückgezogen, an die Küste geschleppt und für die Verschiffung bereit
gestellt. Das christliche Entsatzheer seinerseits suchte erst einmal die
Verbindung mit Mdina herzustellen. Am Morgen sahen die Ritter das
Vorgelände von Birgu und Senglea vom Feind verlassen und die
Aufklärungstruppen, welche gegen das türkische Lager ausgeschwärmt waren,
meldeten die Bereitstellung der türkischen Flotte zur Evakuierung. Rund vier
Monate, nachdem man die ersten türkischen Schiffe vor Malta erblickt hatte,
begann sich die grosse Invasionsarmee von der Insel abzusetzen.
«In diesem Augenblick, da die Überlebenden der Belagerung für ihren Sieg
Gott Dank sagten, erkannte Mustapha Pascha, wie sehr er, was die Stärke des
Entsatzheeres anging, in die Irre geführt worden war. Von Spahis, welche die
Stellung des Gegners erkundet hatten, und von Schiffskommandanten, die
seine Ankunft beobachtet hatten, erfuhr er, dass nur 28 Schiffe zur Inselgruppe
gekommen und dass die gegen ihn an Land gesetzten Truppen 8'000 Mann,
vielleicht sogar weniger stark waren. In Furcht vor dem Zorn des Sultans und
entrüstet über die Art, in der er, wie er einsah, von der Flotte und ihrem
Admiral im Stich gelassen worden war, befahl er, die Evakuation
augenblicklich einzustellen. Dieser Gegenbefehl erwies sich als sehr
nachteilig, denn die Türken, bereits auf den Schiffen und durch die vielen
Misserfolge der letzten Monate geschwächt, gingen nur widerwillig erneut an
Land. In diese etwas verworrene Lage trugen die Johanniter, gefolgt von ihren
Infanterieverbänden den Angriff, und mit schweren Verlusten musste sich
Mustapha Pascha zum erneuten Rückzug entschliessen. Am Abend des 8.
Septembers war die Belagerung vorüber. Die Flotte Sultan Solimans lief aus
den Buchten von Mellieha und St. Paul aus, und die letzten Lastschiffe und
Transporter aus Marsasirocco schlossen sich ihr an. Hinter sich liess sie eine
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verwüstete Insel und ihre Toten, welche die Hänge hinter Birgu und Senglea
bedeckten. Noch zwei oder drei Tage danach war das Wasser der cala so voll
Toter des Feindes - mehr als 3'000 waren es -, dass wegen des Gestanks sich
niemand dem Ort nähern konnte.»
Auf der Insel herrschte ein Bild völliger Zerstörung. Das kleine Reich der
Ordensritter lag in Trümmern. Kein Haus der Hauptfestung war unbeschädigt.
Die Zahl der Verwundeten, Toten und Verstümmelten war übergross. Aber die
Standhaftigkeit des Grossmeisters hatte sich als heilvoll erwiesen. Die
Dankbarkeit der europäischen Fürsten gegenüber La Valette war ungeheuer
gross. Geschenke wurden ihm überreicht und Papst Pius V. verlieh dem
Grossmeister den Kardinalshut. Dieser lehnte allerdings bescheiden ab. Im
Dezember desselben Jahres traf der italienische Baumeister Francesco
Laparelli auf der Insel ein. Der Papst hatte ihn eigens beordert. Er sollte die
Zitadellen und die Stadt nach neuen Plänen frisch aufbauen. Mehr als 8'000
Arbeiter waren für diese Arbeit eingesetzt, während rund 15'000 Soldaten zum
Schutze bereitstanden, denn man befürchtete einen erneuten Angriff der
Türken. Er fand allerdings nicht statt, denn Soliman wandte in der Folge seine
Aufmerksamkeit dem Kriegsgeschehen in Ungarn zu.
Ausdauer und persönlicher Mut der Ordensritter und die Hartnäckigkeit und
Zuversicht ihres Grossmeisters La Valette hatten das Abendland vor einer
furchtbaren Katastrophe bewahrt.
H. Sr.
Der Schweizerische Adel und die Kreuzzüge
S. 136: Die «Nachrichten» des Burgenvereins brachten 1964 in Nr. 5, S. 82ff., einen
Überblick über die Kreuzzüge. Dabei wurde auch auf Einfluss und Nachwirken
der Kreuzzüge hingewiesen: Die Feudalwirtschaft erfuhr Umwälzungen, der
Handel erhielt neue Antriebe, der Horizont weitete sich. Es war vor allem der
Adel, der die Kreuzzüge mitmachte und der, zurückgekehrt, in führender
Stellung neuen, auf den Zügen im Orient gewonnenen Auffassungen und
fremdem Ideengut zum Durchbruch verhalf. Die Lebensweise des Adels selber
wurde beeinflusst, nicht nur in der Burgenarchitektur und Rüstung, sondern in
vielen kleinen Dingen wie z.B. in der Falkenjagd, die einen Aufschwung
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nahm, da man auf den Kreuzzügen die vollendete Jagdtechnik der Araber
kennengelernt hatte.
Der Schweizer Adel stand bei den Kreuzzügen nicht abseits. Wir kennen die
Namen verschiedener Adeliger aus dem Gebiete der heutigen Schweiz, die auf
Kreuzzüge zogen und teilnahmen an «jenem Versuch des Abendlandes, den
Glauben in der Geschichte zu bewahren» (Ad. Waas). Schon unter den HeiligLand-Pilgern des 11. Jahrhunderts erscheint Graf Rudolf von Rapperswil.
Der erste gross angelegte Kreuzzug, an dem verschiedene Schweizer Adelige
teilnahmen, fällt in die Jahre 1096-1099. Neben einem Edlen von Brienz, dem
Urner Ulrich Zwenger, Abt Gerhard von Allerheiligen zu Schaffhausen und
Bischof Konrad von Chur beteiligten sich vor allem Westschweizer Adelige an
diesem Zug. (Fortsetzung in Nr. 6/1965)
S. 138: (Fortsetzung aus Nr. 5/1965)
Der bedeutendste unter ihnen war Graf Rudolf I. von Neuenburg, ein Bruder
der Bischöfe von Basel und Lausanne. Aus dem Hause von Greyerz sollen
sogar drei Glieder, Raymund, Ulrich und Hugo, mitgezogen sein.
Zwischen dem ersten und zweiten Kreuzzug besuchten verschiedene
Schweizer das Heilige Land. Der bedeutendste unter ihnen ist Graf Volmar
von Froburg, der allerdings von seiner Pilgerfahrt nicht mehr zurückkehrte. Für
die Teilnahme am zweiten Kreuzzug der Jahre 1147-1149 wurde auch in der
Schweiz geworben. Der hl. Bernhard predigte dafür in Basel, Schaffhausen
und Winterthur. Mit dem Grafen Ulrich von Lenzburg gelang es, den Spross
einer einflussreichen Familie für den Kreuzzug zu begeistern, an dem auch der
Basler Bischof Ortlieb teilnahm.
Einzelne Adelige aus der welschen Schweiz, unter ihnen Gualcher von Blonay
VD, zogen im Tross des Grafen Amadeus III. von Savoyen mit, der sich Mitte
Oktober 1147 in Konstantinopel mit dem Heere Ludwigs VII. von Frankreich
vereinigt und auf der Rückkehr am 1. April 1148 in Nicosia auf der Insel
Zypern starb.
Da ein solches Unternehmen bedeutende Auslagen verursachte, der Adel
jedoch vorzüglich in Naturalwirtschaft lebte, war Graf Amadeus genötigt, sich
nach geeigneten Geldquellen umzusehen. Er begab sich ins Kloster St.
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Maurice, das eine grosse goldene, mit kostbaren Steinen besetzte Tafel im
Werte von 65 Mark Gold besass. Der Graf erbat vom Kloster diese Tafel, um
die Reiseauslagen zu bestreiten und verpfändete dafür 50 oder mehr Pfund
jährlicher Einkünfte aus den Savoyischen Rechten in Chablais und Entremont
im Wallis. Diese Tatsache zeigt, dass die Kreuzzüge, welche die Zuwendungen
an das Kloster förderten, auch die Finanzlage der Klöster beeinflusste, wobei
sich opfernde Frömmigkeit mit realistischem Denken vermischte, wenn die
klösterliche Finanzmacht vorab mittels Pfandleihe um die Kosten der
Ausrüstung und des Zehrpfennigs angegangen wurde.
Der dritte Kreuzzug (1189-1191) sah wieder Vertreter hervorragender
schweizerischer Adelsgeschlechter. Graf Ulrich III. von Kyburg, unter dem
seine Familie den Gipfel ihrer Macht erreichte, begleitete 1189 Kaiser
Friedrich I. Barbarossa auf den Kreuzzug. Es werden von ihm Wunder von
Tapferkeit überliefert. Er kehrte heil wieder zurück, während Graf Ulrich III.
von Neuenburg 1191 auf dem Kreuzzug starb. Sein Verwandter Marquard von
Neuenburg war Kämmerer des Kaisers und ging als Gesandter voraus nach
Konstantinopel. Auch der Abt Berchtold von St. Gallen und die Bischöfe von
Basel, Konstanz und Chur machten den dritten Zug mit. Letzterer wird als
tapferer Mitkämpfer des vor Akkon verstorbenen Herzogs Friedrich genannt.
Herzog Berchtold V. von Zähringen urkundet 1189 als Pilger. Der Berner
Chronist Valerius Anselm erzählt, dass er den Leichnam des ertrunkenen
Kaisers Friedrich I. nach Tyrus brachte. Andere Chronisten berichten, er sei
mit dem Grafen Albrecht von Habsburg zu Schiff dem Hauptheere
vorausgeeilt, sei aber bald wieder zurückgekehrt. In Wirklichkeit jedoch zog
Berchtold nie ins Heilige Land.
Der vierte Kreuzzug (1202-1205) scheint in der Schweiz keine grosse
Begeisterung geweckt zu haben, wenn auch der Basler Bischof Leuthold I. ihn
mitmachte. Dagegen fand der Kreuzzug, den König Andreas von Ungarn 1217
unternahm, mehr Interesse. Aus der Schweiz, wo vor allem die Zisterzienser
von Hauterive das Kreuz austeilten, zogen im Heere des Königs, das durch die
Adria nach Akkon zog, u.a. die Herren von Villens, Blonay und Grandson,
Vogt Rudolf II. von Rapperswil, Bischof Berthold und Ritter Cono von Ernen
mit.
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Graf Werner von Kyburg starb auf dem sechsten Kreuzzug im Jahre 1228 in
Akkon und wurde nach dem Frieden vom 18. Februar 1229, bei dem die
Christen Jerusalem wieder erlangten, von den Johannitern in Jerusalem
beigesetzt. In den gleichen Kreuzzug war mit Kaiser Friedrich II. auch Freiherr
Ulrich II. von Klingen gezogen.
Nachdem 1244 die chowaresmischen Türken den Christen Jerusalem und
andere Städte weggenommen hatten, nahmen König Ludwig IX., der Heilige,
und mit ihm sein ganzes Königreich das Kreuz; sie erlitten jedoch in Ägypten
eine schreckliche Katastrophe. Im Heere des Königs sollen sich eine Anzahl
Ritter aus dem Wallis befunden haben: der Herr von Iltiez, Aymo von Turm,
Meier Boson von Monthey, Louis d'Arbignon, Boson von Bluvignoud,
Sigismund von
S. 139: Venthen und Sigismund von Siders. 1289 zog Otto von Grandson im Auftrag
König Eduards von England ins Heilige Land und nahm an der Verteidigung
Akkons teil.
Sicherlich waren auch Westschweizer dabei, als Amadeus VI. von Savoyen,
1366, mit 1500 Mann gegen Konstantinopel zog, wobei jedoch sein Kreuzzug
zu einer Expedition gegen die Bulgaren wurde.
Damit haben wir nur die Namen von einigen adeligen Kreuzfahrern aus der
Schweiz, die uns die Quellen überlieferten, genannt. Ihre Zahl war jedoch viel
grösser, was wieder Schlüsse zulässt auf einen bis heute nicht untersuchten
starken Einfluss der Kreuzzüge auf unser Land. Es gibt Urkunden, die
beweisen, dass der Herr Anspruch hatte, von seinen Hintersassen eine meist in
Geld zu erbringende Beihilfe für die Fahrt ins Heilige Land zu verlangen. Die
mit den Kreuzzügen in Zusammenhang stehenden Ritterorden, vor allem die
Johanniter, zogen auch Schweizer Adelige an, eine Tradition, die bestehen
blieb, so dass noch im 17. Jahrhundert der Johanniterorden 16 Schweizer Ritter
zählte und im folgenden Jahrhundert 15.
Die Stellung des Schweizer Adels zu den Kreuzzügen ruft nach einer
umfassenderen grösseren Untersuchung.
Internet-Bearbeitung: K. J.
Dr. Louis Carlen
Version 10/2012
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