Vitality Stream News > Vegan ist nichts für Kinder „Vegan ist nichts für Kinder“ In starken Wachstumsphasen brauchen Heranwachsende Eisen, sagt Ernährungsexpertin Dr. Mathilde Kersting im Interview mit ksta.de. Rein pflanzliche Kost reicht dann nicht aus. Fleischfreie Ernährung soll schmecken und Spaß machen. (Bild: Thinkstock) Frau Kersting, was macht den Unterschied zwischen der Ernährung Erwachsener und der von Kindern aus? MATHILDE KERSTING Bei den Ernährungsgewohnheiten gibt es weniger Unterschiede, aber bei den Auswirkungen. Kinder haben aufgrund von Wachstum und Entwicklung spezielle Bedürfnisse, da wirken sich Ernährungsfehler gravierender aus. Je jünger die Kinder sind, umso schwerwiegender sind die Folgen. Wenn die ganze Familie auf Fleisch verzichtet, birgt das Risiken für die Kinder? KERSTING Kritisch ist nur die streng vegetarische Variante, die vegane Ernährung, bei der Eltern komplett auf tierische Lebensmittel verzichten. Das ist eine Fehlernährung für Kinder. 1/8 FOTOLINE: Zehn Gründe, vegetarisch zu essen [10 Bilder] Worauf sollten Eltern denn beim Fleischverzicht achten? KERSTING Vegetarische Kost ist per se kein Problem, weil auf ein Lebensmittel verzichtet wird, das man im Prinzip ersetzen kann. Fehlt Fleisch als sehr gute Quelle für Eisen und Zink, muss man das ausgleichen. Das bedeutet, dass man in Mahlzeiten eisenreiche Vollkornprodukte wie Haferflocken oder Weizenvollkorn mit einer Vitamin-C-Quelle kombiniert. Dann kann der Körper das Eisen aus den Vollkornprodukten besser ausnutzen. Also kombiniert man zum Beispiel in einem Müsli Haferflocken und Orangensaft. Oder eine Kohlrabi-Rohkost und dazu Vollkornnudeln, abends Brot, wenn es geht Vollkornbrot, und dazu Paprika. Das ist unkompliziert. Trotzdem machen Sie Einschränkungen? KERSTING Ja, in Phasen starken Wachstums, besonders in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres und 2/8 im Kleinkindalter ist der Eisen-Bedarf besonders hoch. Das Blutvolumen vermehrt sich und die Kinder brauchen Eisen, um den roten Blutfarbstoff zu bilden, der unter anderem für den Sauerstofftransport wichtig ist. Eisen ist auch für die kognitive Entwicklung wichtig. Deswegen ist in diesen Phasen aus unserer Sicht ein Verzicht auf Fleisch eher ungünstig. In der Beikost von Säuglingen empfehlen wir täglich kleine Mengen Fleisch - das ist die erste Wahl. Ein vegetarischer Brei mit Haferflocken und Orangen zubereitet entspricht aber auch dem Prinzip Eisen aus Vollkorn plus Vitamin C - er ist gewissermaßen zweite Wahl. Von welchen Mengen Fleisch oder Wurst bei Heranwachsenden sprechen wir? KERSTING Auf Tagesportionen berechnet liegen unsere Empfehlungen zwischen 40 Gramm bei Fünfjährigen und rund 80 Gramm bei 16-Jährigen. Das ist aber keine Empfehlung für Fleisch jeden Tag, sondern ein Orientierungswert. Wird verzichtet, sollte man viele Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Gemüse kombiniert mit Vitamin-C-reichen Lebensmitteln wie Früchten, Orangensaft oder Rohkost in die Mahlzeiten einplanen. Welche Nährstoffe sind noch zu ersetzen? KERSTING Vitamin B 12 ist auch in anderen tierischen Lebensmitteln enthalten. Wenn ich auf Fleisch 3/8 verzichte, habe ich immer noch Milch, Käse oder Fisch als Vitamin-B-12-Lieferant. Wachstum braucht auch Eiweiß, das wird aber nur dann zum Problem, wenn die Familie komplett auf tierische Nahrung verzichtet, weil das tierische Eiweiß besonders günstig zusammengesetzt ist. Ansonsten hat der Verzicht auf Fleisch keine Auswirkungen, weder auf die Nahrungsqualität noch auf die Gesundheit von Kindern. Was ist für den Ausgleich von Fisch zu beachten? KERSTING Neben der Versorgung mit Jod ist Seefisch wie Lachs oder Hering wichtig wegen der Omega-3-Fettsäuren. Sie sind für die Entwicklung des Gehirns bei kleinen Kindern und generell für die Immunfunktion wichtig. Die Vorstufe dieser Fettsäure ist in Rapsöl enthalten. Aus ihr kann der Körper die Fettsäure selbst bilden. Diese Bildungsrate ist zwar gering, aber sie funktioniert. Das konnten wir gerade in der Säuglingsernährung zeigen. Gibt es konkrete Mengenempfehlungen bei vegetarischer Kost? KERSTING Nein, man braucht keine Nährwerttabellen. Das Forschungsinstitut hat das Thema „fleischlos“ beispielsweise auch in die Broschüre »Empfehlungen für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen« integriert. Daran sieht man auch: eine eigene Broschüre zum Thema ist überhaupt nicht nötig. Das kann man alles im Rahmen einer üblichen Ernährungsempfehlung abhandeln. Von einer veganen, also Tierpro dukte völlig ausschließenden Ernährung raten Sie dringend ab. 4/8 KERSTING Ja, eindeutig. Wir konnten im Rahmen der Donald-Studie eine Familie beobachten, die sich in kurzer Zeit von omnivor, also gemischt essend, auf vegan umgestellt hat - sehr extrem. Da zeigte sich, dass im Wachstumsverlauf der Kinder eine Abflachung stattgefunden hat. Wie kann man dem aus der Veganer-Perspektive möglichst entgegentreten? KERSTING Es gibt tatsächlich eine interessante Studie, die man in den Niederlanden mit einer Gruppe von Makrobioten, die sich ausschließlich pflanzlich ernähren, durchführen konnte. Bei den Kindern zeigen sich bestimmte Defizite bei der Vitaminversorgung und eine Abflachung im Wachstum. Aber wenn man es geschafft hat, dass diese Kinder auch nur kleine Mengen tierisches Protein aufnehmen konnten - das hat man über Fisch erreicht - zeigte sich, dass das schon von Vorteil war für das Wachstum. Also muss man die Eltern nicht komplett von ihrer Ernährungseinstellung wegbewegen, aber einen kleinen Kompromiss erzielen. Und das erreicht man oft, wenn man den Eltern klar macht, dass ein Kind kein kleiner Erwachsener ist. Wenn man das mit einer einfühlsamen Beratung macht, kommt man weiter, als wenn man mit erhobenem Zeigefinger vorgeht. Dann wird man scheitern. Das Gespräch führte Maria Bueche Toolbox Drucken 5/8 PDF Weiterempfehlen RSS Abonnieren Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1264185794187.shtml zur Verfügung gestellt durch Vitality Stream zurück.. Veröffentlicht am 16:07:30 23.02.2010 6/8 7/8 https://www.vitalitystream.ch/index.php?section=news&cmd=details&newsid=22&printview=1&pdfview=1 Powered by Vitality Stream 8/8