Wikipedia-Artikel zum Versailler Vertrag - Assessment

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Wolfgang Wagemann
Assessment-Center
Wikipedia-Artikel zum Versailler Vertrag
Quellen für die beiden Artikel zum Versailler Vertrag sind
• https://de.wikipedia.org/wiki/Friedensvertrag_von_Versailles
• https://de.wikipedia.org/wiki/Dolchsto%C3%9Flegende
Stand 11. Dezember 2015
Friedensvertrag von Versailles
kriegs beendet, nicht aber den Kriegszustand. Die deutsche Delegation durfte an den Verhandlungen nicht teilnehmen, sondern konnte erst am Schluss durch schriftliche Eingaben wenige Nachbesserungen des Vertragsinhalts erwirken. Der Vertrag konstatierte die alleinige
Verantwortung Deutschlands und seiner Verbündeten für
den Ausbruch des Weltkriegs und verpflichtete es zu Gebietsabtretungen, Abrüstung und Reparationszahlungen
an die Siegermächte. Nach ultimativer Aufforderung unterzeichneten die Deutschen unter Protest am 28. Juni
1919 im Spiegelsaal von Versailles den Vertrag. Nach der
Ratifizierung und dem Austausch der Urkunden trat er am
10. Januar 1920 in Kraft. Wegen seiner hart erscheinenden Bedingungen und der Art seines Zustandekommens
wurde der Vertrag von der Mehrheit der Deutschen als
illegitim und demütigend empfunden.
Zu den Unterzeichnern gehörten neben Deutschland
die Vereinigten Staaten (USA), das Vereinigte Königreich, Frankreich, Italien, Japan sowie Belgien, Bolivien,
Brasilien, Kuba, Ecuador, Griechenland, Guatemala,
Haiti, Hedschas, Honduras, Liberia, Nicaragua, Panama,
Peru, Polen, Portugal, Rumänien, das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, Siam, die Tschechoslowakei
und Uruguay.
Vertragsunterzeichnung in der Spiegelgalerie des Schlosses von
Versailles
China, das sich seit 1917 mit Deutschland im Krieg befand, unterzeichnete den Vertrag nicht.
Der Kongress der Vereinigten Staaten verweigerte dem
Versailler Vertrag die Ratifikation. Die USA traten
dem Völkerbund nicht bei und schlossen 1921 einen
Sonderfrieden mit Deutschland, den Berliner Vertrag.
Als weitere Pariser Vorortverträge mit den Verlierern
folgten am 10. September 1919 der Vertrag von St. Germain mit Deutschösterreich, am 27. November 1919
der Vertrag von Neuilly-sur-Seine mit Bulgarien, am 4.
Juni 1920 der Vertrag von Trianon mit Ungarn sowie
am 10. August 1920 der Vertrag von Sèvres mit dem
Osmanischen Reich.
The Signing of the Peace Treaty of Versailles
1 Entstehung und Ratifizierung
Der Friedensvertrag von Versailles (auch Versailler
Vertrag, Friede von Versailles) wurde bei der Pariser
Friedenskonferenz 1919 im Schloss von Versailles von
den Mächten der Triple Entente und ihren Verbündeten
bis Mai 1919 ausgehandelt. Mit der Unterzeichnung des
Friedensvertrags endete der Erste Weltkrieg völkerrechtlich. Sie war zugleich der Gründungsakt des Völkerbunds.
Der Vertrag war das Ergebnis der Pariser Friedenskonferenz 1919, die im Schloss von Versailles vom 18. Januar 1919 bis zum 21. Januar 1920 tagte. Ort und Eröffnungsdatum waren nicht zufällig gewählt worden: 1871
hatten deutsche Würdenträger während der Belagerung
Bereits am 11. November 1918 hatte der Waffenstillstand von Paris die Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Vervon Compiègne die Kampfhandlungen des Ersten Welt- sailles vorgenommen. Dies verstärkte (neben vielen an1
2
2
1
ENTSTEHUNG UND RATIFIZIERUNG
sen wurden Noten ausgetauscht. Zu den wenigen Nachbesserungen in der am 16. Juni von den Alliierten vorgelegten Mantelnote gehörte die Volksabstimmung in
Oberschlesien. Die Siegermächte ließen weitere Nachbesserungen nicht zu und verlangten ultimativ die Unterschrift. Andernfalls würden sie ihre Truppen nach
Deutschland einrücken lassen. Hierfür hatte Marschall
Ferdinand Foch einen Plan ausgearbeitet: Vom bereits
besetzten Rheinland aus sollten die Truppen der Entente
entlang des Mains nach Osten vorrücken, um auf kürzestem Wege die tschechische Grenze zu erreichen und
so Nord- und Süddeutschland voneinander zu trennen.[2]
In Kreisen um den Oberpräsidenten von Ostpreußen,
Adolf von Batocki, den Sozialdemokraten August Winnig und General Otto von Below wurden Pläne entwickelt, die Friedensbedingungen rundweg abzulehnen und
Westdeutschland den einrückenden Truppen der Siegermächte kampflos zu überlassen. In Ostmitteleuropa, wo
die Reichswehr noch verhältnismäßig stark war, sollte dann ein Oststaat als Widerstandszentrum gegen die
Entente gegründet werden.[3] Ministerpräsident Philipp
Scheidemann trat in dieser Situation zurück: Am 12. Mai
1919 begründete er seinen Schritt in der Weimarer Nationalversammlung mit der zum geflügelten Wort gewordenen Frage:
Amerikanische Karikatur zur militärischen Drohkulisse gegen
Deutschland: Weil Wilsons 14-Punkte-Plan angeblich nicht eingehalten wird, fügt Marschall Foch als 15. Punkt seine Säbelspitze hinzu
„Welche Hand müsste nicht verdorren, die
sich und uns in solche Fesseln legte?“[4]
Unter dem Druck des drohenden Einmarsches und
der trotz Waffenstillstand fortbestehenden britischen
Seeblockade, die eine dramatische Zuspitzung der Ernährungslage befürchten ließ, votierte die Nationalversammlung am 23. Juni 1919 mit 257 gegen 138 Stimmen für
Vorangegangen war am 8. Januar 1918 das 14-Punktedie Annahme des Vertrags. Scheidemanns Parteifreund
Programm von US-Präsident Woodrow Wilson, das aus
und Nachfolger Gustav Bauer rief in der Sitzung aus:
deutscher Sicht Grundlage für den zunächst auf 36 Tage
befristeten Waffenstillstand von Compiègne am 11. No„Wir stehen hier aus Pflichtgefühl, in dem
vember 1918 war.
Bewußtsein, daß es unsere verdammte SchulVorab tagte ein engerer Ausschuss des Kongresses, der
digkeit ist, zu retten zu suchen, was zu retsogenannte Rat der Vier, dem US-Präsident Woodrow
ten ist […]. Wenn die Regierung […] unter
Wilson, der französische Ministerpräsident Georges CleVorbehalt unterzeichnet, so betont sie, daß sie
menceau, der britische Premierminister David Lloyd Geder Gewalt weicht, in dem Entschluß, dem unorge und der italienische Minister Vittorio Emanuele Orsagbar leidenden deutschen Volke einen neuen
lando angehörten. Der Rat legte die wesentlichen EckKrieg, die Zerreißung seiner nationalen Einheit
punkte des Vertrags fest. An den mündlichen Verhanddurch weitere Besetzung deutschen Gebietes,
lungen nahmen nur die Siegermächte teil; mit der deutentsetzliche Hungersnot für Frauen und Kinschen Delegation wurden lediglich Memoranden ausgeder und unbarmherzige längere Zurückhaltung
tauscht. Das Ergebnis der Verhandlungen wurde der deutder Kriegsgefangenen zu ersparen.[5] “
schen Delegation schließlich als Vertragsentwurf am 7.
Mai 1919 vorgelegt – nicht zufällig am Jahrestag der Versenkung der RMS Lusitania.[1] Die deutsche Delegation – Außenminister Hermann Müller (SPD) und Verkehrsmizu der auch die Professoren Max Weber, Albrecht Men- nister Johannes Bell (Zentrum) unterzeichneten daher –
delssohn Bartholdy und Hans Delbrück sowie der Ge- unter Protest – am 28. Juni 1919 den Vertrag.
neral Max Graf Montgelas gehörten – weigerte sich zu Die Vertreter der USA, der wichtigsten Signatarmacht
unterschreiben und drängte auf Milderung der Bestim- neben Großbritannien und Frankreich, hatten den Vermungen, wobei die deutsche Delegation zu den münd- trag nach den zwei deutschen Delegierten zwar als Erslichen Verhandlungen nicht zugelassen wurde; stattdes- te unterzeichnet, der amerikanische Kongress ratifizierte
deren Faktoren, zum Beispiel den hohen Reparationen
Frankreichs an Deutschland) die deutsch-französische
Erbfeindschaft und den französischen Revanchismus
(„Toujours y penser, jamais en parler“).
3
3
den Vertrag jedoch nicht. Am 19. November 1919 und 3 Ziele der Siegermächte
nochmals am 19. März 1920 wurden das Vertragswerk
und der Beitritt der Vereinigten Staaten zum Völkerbund → Hauptartikel: Kriegsziele im Ersten Weltkrieg
abgelehnt.[6] Die USA schlossen daher mit Deutschland
den Berliner Vertrag vom 25. August 1921.
Die Ziele Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten unterschieden sich beträchtlich; die französischen standen vielfach im Widerspruch zu denen der
2 Ausgangsbedingungen
beiden angelsächsischen Mächte.
3.1 Frankreich
Deutsche Friedensunterhändler vor ihrer Abfahrt ins Hotel Trianon. Von links: Leinert, Melchior, Giesberts, Brockdorff-Rantzau,
Landsberg, Schücking
Zwei der wichtigsten Mächte aus der Zeit des Kriegsbeginns existierten nicht mehr:
• Als Folge der Oktoberrevolution, die durch die
Einschleusung Lenins durch das Deutsche Reich
möglich geworden war, war auf dem Boden des
Russischen Reiches nun Sowjetrussland entstanden.
Die kapitalistischen Staaten fürchteten nun, der Sowjetstaat würde, der Weltrevolution verpflichtet, die
innenpolitische Stabilität aller anderen Staaten bedrohen.
Der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau
• Die österreich-ungarische Donaumonarchie hatte
sich aus innenpolitischer Handlungsunfähigkeit in Clemenceaus Mitarbeiter André Tardieu fasste die Ziele
die Auslösung des Weltkrieges geflüchtet und war Frankreichs auf der Versailler Friedenskonferenz folgenbeim Waffenstillstand zerfallen.
dermaßen zusammen:
Beide Kriegsparteien hatten sich Nationalitätenproble„Sicherheit zu schaffen war die erste
me in gegnerischen Staaten zunutze gemacht: Die
Pflicht.
Den Wiederaufbau zu organisieren war
Mittelmächte hatten auf dem Gebiet des Zarenrei[7]
die
zweite.“
ches Regentschaftspolen gegründet und die Gründung
Litauens wohlwollend geduldet. Die Alliierten und die
slawischen Minderheiten der Donaumonarchie hatten Frankreich hatte mit Deutsch-Französischem Krieg und
sich gegenseitig unterstützt und waren nun einander ver- Erstem Weltkrieg zwei deutsche Invasionen innerhalb eines halben Jahrhunderts erlebt, von denen die erste für
pflichtet.
Deutschland erfolgreich gewesen war und die zweite weiSo war eine generelle Rückkehr zu den Vorkriegsgren- te Landstriche Frankreichs verwüstet hatte. Daher war es
zen unmöglich und die Neuordnung mit jenen Problemen vorrangiges Ziel Clemenceaus, neben der als selbstverbelastet, die die Grenzziehung zwischen Nationalstaaten ständlich angesehenen Rückgabe Elsass-Lothringens eiunausweichlich mit sich bringt.
nen erneuten deutschen Einmarsch von vornherein unDie mit Abstand schwersten Kriegsschäden an der zivilen möglich zu machen. Zu diesem Zweck strebte er die
Infrastruktur hatten Frankreich und das von Deutschland Rheingrenze und eine möglichst weitgehende Schwäüberfallene Belgien zu verzeichnen.
chung Deutschlands an. Dies ging einher mit seinem
4
4
3
zweiten Ziel: der Entschädigung für die Kriegszerstörungen und der Abdeckung der interalliierten Schulden, die
Frankreich vor allem bei den Vereinigten Staaten hatte. Eine vollständige Abdeckung aller Auslagen, die der
Krieg gebracht hatte, schien durchaus geeignet, den gefährlichen Nachbarn nachhaltig zu schwächen.[8]
3.2
ZIELE DER SIEGERMÄCHTE
ne Überwinder zur Rückerstattung zu zwingen.
[…] Um Vergütung zu erreichen, mögen unsere Bedingungen streng, sie mögen hart und
sogar rücksichtslos sein, aber zugleich können
sie so gerecht sein, dass das Land, dem wir sie
auferlegen, in seinem Innern fühlt, es habe kein
Recht sich zu beklagen. Aber Ungerechtigkeit
und Anmaßung, in der Stunde des Triumphs
zur Schau getragen, werden niemals vergessen
noch vergeben werden. […] Ich kann mir keinen stärkeren Grund für einen künftigen Krieg
denken, als dass das deutsche Volk, das sich sicherlich als einer der kraftvollsten und mächtigsten Stämme der Welt erwiesen hat, von einer Zahl kleinerer Staaten umgeben wäre, von
denen manche niemals vorher eine standfeste
Regierung für sich aufzurichten fähig war, von
denen aber jeder große Mengen von Deutschen
enthielte, die nach Wiedervereinigung mit ihrem Heimatland begehrten.“[9]
Vereinigtes Königreich
Lloyd Georges finanzielle Forderungen sollten ursprünglich nur die britischen Kriegskosten decken. Die öffentliche Meinung in Großbritannien war durch den Krieg
stark gegen Deutschland aufgebracht, was sich nicht zuletzt in den sogenannten Khaki-Wahlen vom 14. Dezember 1918 gezeigt hatte. Unter dem starken innenpolitischen Druck hatte Lloyd George eingewilligt, dass in die
Reparationen, die Deutschland auferlegt wurden, auch
der Wert sämtlicher Pensionen für Invalide und Kriegshinterbliebene einberechnet wurde, was die Höhe der Reparationsforderungen enorm steigen ließ.[10]
3.3 Italien
Der britische Premierminister David Lloyd George
Das Königreich Italien war sehr zögerlich in den Krieg
eingetreten, nutzte aber die Chance, mit dem Sieg die
letzten „Irredenta“ Trentino und Triest dem italienischen
Staatsgebiet anzufügen, darüber hinaus eine leicht zu verteidigende Nordgrenze am Brenner zu gewinnen und eine Kolonie (Dodekanes). Italienische Forderungen gingen folglich im Wesentlichen in die Vertragstexte von
Saint-Germain-en-Laye und Sèvres ein.
Das Vereinigte Königreich hatte weit weniger unter dem
Krieg gelitten als Frankreich, aber sich ebenfalls zur Finanzierung seiner Kriegsbeteiligung hoch bei der amerikanischen Regierung verschuldet. Nicht zuletzt angesichts der Entwicklung in Russland wollte die britische
Regierung ein Machtvakuum in Mitteleuropa vermeiden und Deutschland daher im Sinne der klassischen
Balance of Power-Strategie nicht zu sehr schwächen. Jedoch strebte die Regierung seiner Majestät eine nachhaltige Schwächung der deutschen Position in Übersee an,
nachdem das Deutsche Kaiserreich zuletzt die jahrhundertelange Vormacht zur See des British Empire infrage
gestellt hatte. Deutlich wird die britische Position in einem Memorandum vom Lloyd George vom März 1919:
3.4 USA
Amerikanische Kriegsziele waren die Aufhebung sämtlicher Handelsbeschränkungen und die Freiheit der Seeschifffahrt, deren Verletzung durch Deutschlands uneingeschränkten U-Boot-Krieg der Anlass zum Kriegseintritt der USA gewesen war. Darüber hinaus strebte Präsident Wilson eine gerechte Friedensordnung an, die einen weiteren Weltkrieg unmöglich machen sollte. Die
Skizze einer solchen Friedensordnung, die auch die anderen amerikanischen Kriegsziele enthielt, hatte er im
Januar 1918 mit seinem berühmten Vierzehn-PunkteProgramm veröffentlicht. Darin wurde unter anderem
„Man mag Deutschland seiner Kolonien
berauben, seine Rüstung auf eine bloße Polizeitruppe und seine Flotte auf die Stärke einer
Macht fünften Ranges herabdrücken. Dennoch
wird Deutschland zuletzt, wenn es das Gefühl
hat, dass es im Frieden von 1919 ungerecht
behandelt worden ist, Mittel finden, um sei-
5
4.1
Kriegsschuldartikel (Artikel 231) als Grundlage für Reparationsforderungen
5
4.1 Kriegsschuldartikel (Artikel 231) als
Grundlage für Reparationsforderungen
Im Artikel 231 heißt es:
„Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß
Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten
Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des Krieges, der ihnen durch den Angriff
Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungen wurde, erlitten haben.“
Der amerikanische Präsident Woodrow Wilson
das Verbot jeglicher Geheimdiplomatie postuliert, ein
Selbstbestimmungsrecht der Völker, eine weitgehende
Abrüstung, ein Völkerbund, der Rückzug der Mittelmächte aus allen besetzten Gebieten und die Wiederherstellung Polens, das einen Zugang zum Meer erhalten sollte. Diese Forderungen standen zum Teil miteinander in Widerspruch, denn die gesamte Südküste der Ostsee war 1919 deutschsprachig. Das zwischen
Hinterpommern und Ostpreußen gelegene Gebiet, das
später vom Versailler Vertrag als Polnischer Korridor
der Republik Polen übertragen wurde, hatte eine Bevölkerung, die sich aus Deutschen, Polen, Kaschuben
und Juden zusammensetzte.[11][12][13] Auch hier waren die Polen (ohne die stammesverwandten Kaschuben) nicht in der Mehrheit, weshalb ein polnischer Zugang zum Meer gleichzeitig einen Verstoß gegen das
Selbstbestimmungsrecht eines anderen Volkes bedeutete. Auf Grundlage dieser Forderungen strebte Wilson
einen Verständigungsfrieden ohne Sieger und Besiegte
an, rückte aber nach dem deutschen „Diktatfrieden“ von
Brest-Litowsk erkennbar davon ab.
4
Die Unterzeichnungszeremonie in Versailles und die ersten zwei
Seiten der Unterschriften und Siegel unter dem Vertrag
Der Vertrag wies allein dem kaiserlichen Deutschen
Reich und seinen Verbündeten die Verantwortung für den
Ersten Weltkrieg zu. Er bedeutete eine anfängliche Isolation des Deutschen Reiches, das sich als Sündenbock für
die Verfehlungen der anderen europäischen Staaten vor
dem Weltkrieg sah.
Der Artikel wurde als einseitige Schuldzuweisung verstanden und führte zur Kriegsschulddebatte. Die Unterschriften durch Hermann Müller und Johannes Bell,
die durch die Novemberrevolution in ihre Ämter gelangt waren, nährten die vor allem durch Hindenburg und
Ludendorff sowie später von Adolf Hitler propagierte
Dolchstoßlegende.
Inhalt
6
6
4 INHALT
Historiker beurteilen die Ursachen des Ersten Weltkriegs
heute differenzierter, als es in dem Vertrag ausgedrückt
wird. Der Artikel 231 sollte jedoch nicht die historischen Ereignisse analysieren, sondern die für das Deutsche Reich nachteiligen Friedensbedingungen juristisch
und moralisch legitimieren. Darüber hinaus sollte das
Deutsche Reich finanziell für die Schäden an Land und
Menschen haftbar gemacht werden, welche die kaiserlichen Truppen insbesondere in Frankreich angerichtet
hatten. Der Vertrag von Versailles legte daher den Grund
für die Reparationsforderungen an das Deutsche Reich,
deren Höhe allerdings zunächst nicht festgelegt wurde.
Die Vertreter des Deutschen Reiches protestierten gegen
den Artikel 231 daher nicht bloß aus Gründen der Selbst- Deutsche Gebietsverluste durch den Versailler Vertrag in Europa
rechtfertigung, sondern mit dem Ziel, die moralische Basis der gegnerischen Forderungen insgesamt zu unter• Provinz Posen (9. Jahrhundert bis 1793 als historiminieren. Die deutschen Reparationen nach dem Ersten
sche Landschaft Großpolen polnisch) an Polen, jeWeltkrieg belasteten den neuen republikanischen Staat;
doch ohne zwei kleinere deutschsprachige Randgesie waren eine von mehreren Ursachen der Inflation der
biete im Westen
folgenden Jahre bis 1923.[14]
4.2
• die südliche Hälfte des ostpreußischen Kreises
Neidenburg
Territoriale Bestimmungen
• das Reichthaler Ländchen an Polen
Das Reich musste zahlreiche Gebiete abtreten:
Nordschleswig an Dänemark, den Großteil der Provin• kleine Grenzstreifen Niederschlesiens an Polen
zen Westpreußen und Posen sowie das oberschlesische
• das Hultschiner Ländchen an die Tschechoslowakei
Kohlerevier und kleinere Grenzgebiete Schlesiens und
Ostpreußens an den neuen polnischen Staat, die Zweite
• Neukamerun, das erst 1911 durch Tausch Teil der
Republik. Außerdem fiel das Hultschiner Ländchen an
deutschen Kolonie Kamerun geworden war, wieder
die neu gebildete Tschechoslowakei. Im Westen ging das
zurück an Frankreich
Gebiet des Reichslandes Elsaß-Lothringen an Frank• das Pachtgebiet Kiautschou in China unter
reich, und Belgien erhielt das Gebiet Eupen-Malmedy
japanisches Mandat (diese Entscheidung, die die
mit einer ebenfalls überwiegend deutschsprachigen
chinesische Forderung nach Rückgabe der Kolonie
Bevölkerung. Insgesamt verlor das Reich 13 % seiignorierte, löste in China die Bewegung des 4. Mai
nes vorherigen Gebietes und 10 % der Bevölkerung.
aus und hatte am 20. Mai 1921 den Abschluss eines
Darüber hinaus wurde der gesamte reichsdeutsche
Separatfriedens mit Deutschland zur Folge)
Kolonialbesitz dem Völkerbund unterstellt, der ihn als
Mandatsgebiete an interessierte Siegermächte übergab.
• die 1899 von Spanien käuflich erworbenen InselDas Deutsche Reich musste die Souveränität Österreichs
gruppen der Marianen (spanisch seit 1556) und der
anerkennen. Der von Deutschösterreich angestrebte
Karolinen, beide unter japanisches Mandat
Zusammenschluss mit dem Deutschen Reich wurde
im Artikel 80 des Versailler Vertrags untersagt. Dieses
Anschlussverbot fand sich ebenfalls in Artikel 88 des Nach Volksabstimmungen im Gefolge des VerVertrags von Saint-Germain.
sailler Vertrags abgetreten
→ Hauptartikel:
Volksabstimmungen im Gefolge des Versailler Vertrags
4.2.1
Deutsche Gebietsverluste durch den Versailler Vertrag
• Nordschleswig stimmte mit einer Dreiviertelmehrheit für Dänemark, der Süden Schleswigs verblieb
mit einer Mehrheit von 80 Prozent bei Deutschland.
Sofort abgetretene Gebiete (ohne Volksabstimmung)
• Während der Volksabstimmung am 20. März 1921
war Oberschlesien von alliierten Truppen besetzt,
damit nicht deutsche Behörden Druck zulasten der
polnischen Option ausüben konnten. 60 Prozent
der Stimmberechtigten votierten für den Verbleib
beim Deutschen Reich. Nachdem ein gewalttätiger polnischer Aufstand am Widerstand deutscher
• Elsaß-Lothringen an Frankreich
• fast ganz Westpreußen (1466 bis 1772 als Preußen
königlichen Anteils zu Polen gehörig) an Polen, jedoch ohne Danzig, das Abstimmungsgebiet Marienwerder, die Kreise Deutsch Krone, Flatow (Restkreis) und Schlochau
7
4.2
Territoriale Bestimmungen
7
Nach Volksabstimmungen im Gefolge des Versailler
Vertrags beim Deutschen Reich geblieben
• Südschleswig
• der Westteil Oberschlesiens inkl. dem dem Abstimmungsgebiet zugeschlagenen Teil des niederschlesischen Landkreises Namslau (zwei Drittel des Abstimmungsgebiets)
• neun Landkreise Westpreußens östlich und westlich
des neuen polnischen „Korridors“ (→ Westpreußen)
• der Südteil Ostpreußens (jedoch ohne Soldau, Kreis
Neidenburg)
Volksabstimmung in Oberschlesien 1921:
durchgezogen = Reichsgrenze von 1918 und oberschlesische
Kreise,
gepunktet = niederschlesische Kreise,
lila = Tschechoslowakei einschließlich des von Deutschland erhaltenen Gebiets,
grün = Polen einschließlich des von Deutschland ohne Volksabstimmung erhaltenen Gebiets,
gelbgrün = nach der Abstimmung an Polen gekommenes Gebiet,
orange = nach der Abstimmung bei Deutschland verbliebenes
Gebiet
Freikorps gescheitert war, beschloss der Oberste Rat der Alliierten im Oktober 1921, das Abstimmungsgebiet zu teilen,[15] eine Möglichkeit,
die der Versailler Vertrag explizit vorsah. So kam
ein Gebiet von etwa einem Drittel der Fläche in Karte Europas a) vor dem Ersten Weltkrieg und b) nach den BeOstoberschlesien, wo es insgesamt eine Stimmen- stimmungen der Pariser Vorortverträge
mehrheit für Polen gegeben hatte, am 20. Juni 1922
an Polen. Im abgetretenen Teil war bislang fast ein Dem Völkerbund unterstellt
Viertel der deutschen Steinkohle gefördert worden.
Die Abtrennung verbitterte viele Deutsche, weil die
• Das Saargebiet, dessen Kohleproduktion (siehe
Teilung erst nach der Abstimmung beschlossen wurBergbau im Saarland) Frankreich zufiel, wurde dem
de und dadurch der größere Teil des industriell
Völkerbund unterstellt. Nach 15 Jahren sollte eine
wertvollen Oberschlesischen Industriegebiets an PoAbstimmung
über die staatliche Zugehörigkeit stattlen ging.[16] Durch die räumliche Heterogenität der
finden, die am 13. Januar 1935 eine große Mehrheit
Stimmenmehrheiten fielen mehrere Orte entgegen
für Deutschland ergab.
der jeweiligen Stimmenmehrheit an Polen. Auch die
Künstlichkeit der Grenzziehung in diesem Ballungs• Danzig mit Umgebung wurde zur Freien Stadt unter
raum, teilweise durch Industriebetriebe und BergKontrolle des Völkerbundes erklärt, in das polnische
werke, nährte die Verbitterung.
Zollgebiet eingeschlossen und von Polen außenpolitisch vertreten.
• Eupen-Malmedy sowie das bisherige Neutral• Das Memelland wurde unter Kontrolle des VölMoresnet an Belgien (→ Ostkantone); ursprünglich
kerbunds einem eigenen Staatsrat mit französiohne Abstimmung, eine spätere Abstimmung beschem Präfekten unterstellt und am 10. Januar
stätigte die Zugehörigkeit zu Belgien. Ob die Ab1923 von Litauen besetzt. 1924 wurde es in der
stimmung korrekt war oder nicht, wurde von beiMemelkonvention des Völkerbundes als autonomes
den Seiten gegensätzlich dargestellt. Das abgetreGebiet unter litauische Staatshoheit gestellt.[15]
tene Gebiet umfasste sowohl Gemeinden mit französischsprachigen (Malmedy, Weismes) als auch
• die deutschen Kolonien
mit deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen (Eupen, Sankt Vith und andere). Letztere bilden heute
die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens.
Befristet von den Siegermächten besetzt
8
8
4 INHALT
• Das Rheinland; die Räumung sollte bis spätestens 1935 erfolgen. Diese Befristung der Alliierten
Rheinlandbesetzung hatten die Angelsachsen den
Franzosen, deren Ziel ursprünglich die Abtrennung
des Rheinlands vom Reich gewesen war, nur schwer
abringen können. Um die Sicherheit Frankreichs vor
Deutschland auch ohne einen solchen massiven Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker
zu gewährleisten, schlossen die USA und Großbritannien mit der Französischen Republik ein Garantieabkommen ab, das jeden erneuten deutschen Angriff auf Frankreich zum Casus belli erklärte. Dieses Garantieabkommen wurde aber wie der gesamte
Vertrag vom amerikanischen Kongress nicht ratifiziert, weshalb auch die Briten davon Abstand nahmen.
4.2.2
Staat. Das Deutsche Reich war für die Aufnahme dieser
Menschen schlecht vorbereitet. Die meisten wurden zunächst in einem Lager bei Schneidemühl aufgefangen.[20]
4.3 Militärische Bestimmungen
Wirkung der Gebietsverluste auf die Staatsangehörigkeit
Nach Artikel 91 des Versailler Vertrags erwarben grundsätzlich alle deutschen Reichsangehörigen, die ihren
Wohnsitz in den endgültig als Bestandteil des wiedererrichteten polnischen Staates anerkannten Gebieten hatten, von Rechts wegen die polnische Staatsangehörigkeit
unter Verlust der deutschen. Zwei Jahre lang nach Inkrafttreten des Vertrags waren die hier wohnhaften über
18 Jahre alten deutschen Reichsangehörigen berechtigt,
für die deutsche Staatsangehörigkeit zu optieren. Polen
deutscher Reichsangehörigkeit im Alter von über 18 Jahren, die in Deutschland ihren Wohnsitz hatten, waren berechtigt, für die polnische Staatsangehörigkeit zu optieren. Allen Personen, die von dem Optionsrecht Gebrauch
machten, stand es frei, innerhalb von zwölf Monaten ihren Wohnsitz in den Staat zu verlegen, für den sie optiert
hatten. Sie durften dabei ihr gesamtes bewegliches Gut
zollfrei mitnehmen. Es stand ihnen frei, das unbewegliche
Gut zu behalten, das sie im Gebiete des anderen Staates
besaßen, in dem sie vor der Option wohnten.[17][18]
Zerlegen eines schweren Geschützes (1919/20)
In der Präambel zum fünften Teil des Vertrages wurde
erklärt, dass sich Deutschland, „um den Anfang einer allgemeinen Beschränkung der Rüstungen aller Nationen zu
ermöglichen“, zur genauen Befolgung der nachstehenden
Bestimmungen über die Land- See- und Luftstreitkräfte
verpflichtet.
• Berufsarmee mit maximal 100.000 Mann einschließlich von höchstens 4.000 Offizieren
• keine allgemeine Wehrpflicht
• Auflösung des Großen Generalstabs
• Beschränkung auf eine einmalige Dienstzeit von
zwölf Jahren ohne Wiederverpflichtungsmöglichkeit, maximal 5 % der Mannschaften dürften vorzeitig jährlich ausscheiden (so sollte einer heimlichen
Wehrpflicht vorgebeugt werden)[21]
Diese Bestimmungen erzeugten in den ersten Jahren nach
der Transformation in innerstaatliches Recht eine nicht
unerhebliche Wanderungsbewegung zwischen dem Deutschen Reich und Polen. Viele Deutsche, die die deutsche
Reichs- und Staatsangehörigkeit nicht verlieren wollten
und entsprechend optiert hatten, sahen sich gezwungen,
ihre angestammte Heimat zu verlassen und auch ihren
Grundbesitz zu verkaufen, um sich im Reich wieder eine
Existenz aufzubauen. Polen sah die in den Nachkriegswirren vorübergehend Abgewanderten als stillschweigende Optanten an, auch wenn diese Deutschen sich noch
nicht für oder gegen die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden hatten. Das dadurch erhöhte Angebot auf dem
polnischen Grundstücksmarkt führte zu fallenden Preisen
und somit zur Wertminderung der Grundstücke.[19]
• Verbot von militärischen Vereinen, Militärmissionen und Mobilmachungsmaßnahmen
• Marine mit 15.000 Mann, sechs gepanzerten
Schiffen, sechs Kreuzern, 12 Zerstörern und 12
Torpedobooten[22]
• keine schweren Waffen wie U-Boote, Panzer,
Schlachtschiffe
• Verbot chemischer Kampfstoffe
• Beschränkung der Waffenvorräte (102.000 Gewehre, 40,8 Mio. Gewehrpatronen)
• Verbot des Wiederaufbaus von Luftstreitkräften
Als Folge des Wiener Abkommens emigrierten zwischen
1924 und dem Sommer 1926 etwa 26.000 Deutsche
teils freiwillig, teils erzwungen aus dem neuen polnischen
• Entmilitarisierung des Rheinlands und eines 50 Kilometer breiten Streifens östlich des Rheins[23]
9
4.6
Internationale Arbeitsorganisation
9
• Verbot des Festungsbaus entlang der deutschen
Grenze
• Verbot von Befestigung und Artillerie zwischen Ostund Nordsee
• Im Weiteren wurden jegliche Maßnahmen verboten, die als zur Vorbereitung eines Krieges geeignet
betrachtet wurden. Dies hatte unter anderem Auswirkungen auf das Deutsche Rote Kreuz, das in der
Folge seine Ursprungsaufgabe in den Hintergrund
stellen musste.
Artikel 177 des Vertrages verlangte die Entwaffnung Der Völkerbundpalast in Genf
auch im zivilen Bereich. Der Deutsche Reichstag beschloss in der Folge am 5. August 1920 (damals
regierte das Kabinett Fehrenbach) mehrheitlich das 4.6 Internationale Arbeitsorganisation
Entwaffnungsgesetz.[24][25][26]
Ebenso wurde durch den Versailler Vertrag (Kapitel XIII)
die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ins Leben
gerufen, welche bis heute besteht. Auch die Regelun4.4 Wirtschaftliche Bestimmungen und gen über diese Organisation sind in allen Pariser VorReparationen
orteverträgen enthalten und heben Problemstellungen der
Arbeitswelt erstmals auf die Stufe des internationalen
→ Hauptartikel: Deutsche Reparationen nach dem Ersten Rechtssystems. Der Versailler Vertrag geht somit über die
Regelungen klassischer Friedensverträge hinaus.
Weltkrieg
Das Deutsche Reich wurde zur Wiedergutmachung
durch Geld- und Sachleistungen in noch durch die
Reparationskommission festzulegender Höhe verpflichtet. Ebenso wurde eine Verkleinerung der reichsdeutschen Handelsflotte festgeschrieben. Die großen deutschen Schifffahrtswege, namentlich Elbe, Oder, Donau
und Memel, wurden für international erklärt.[27] Für fünf
Jahre musste das Deutsche Reich den Siegermächten einseitig die Meistbegünstigung gewähren. Im sogenannten
Champagnerparagraphen 274 wurde festgelegt, dass Produktbezeichnungen, die ursprünglich Herkunftsbezeichnungen aus den Ländern der Siegermächte waren, nur
noch verwendet werden durften, wenn die so bezeichneten Produkte auch tatsächlich aus der genannten Region stammten: Seitdem darf Branntwein in Deutschland nicht mehr als Cognac und Schaumwein nicht mehr
als Champagner verkauft werden, Bezeichnungen, die bis
dahin in den deutschen Ländern durchaus üblich waren.
Luxemburg musste die bislang bestehende Zollunion mit
dem Deutschen Reich aufgeben.
4.5
4.7 Garantiebestimmungen
Als Garantie für die Durchführung der übrigen Bestimmungen des Vertrags wurde eine alliierte Besetzung des
linksrheinischen Gebietes und zusätzlicher Brückenköpfe bei Köln, Koblenz und Mainz vereinbart. Diese sollte
zeitlich gestaffelt fünf, zehn und 15 Jahre nach dem Ratifizierungsdatum aufgehoben werden (Artikel 428–430).
5 Folgen
Völkerbund
Außerdem sah der Vertrag die Gründung des
Völkerbunds vor, eines der erklärten Ziele von Präsident
Wilson. Der Völkerbund war Vorläuferorganisation der
heutigen Vereinten Nationen, die nach dem Zweiten
Weltkrieg gegründet wurden. Deutschland war bis 1926
kein Mitglied.
Massenkundgebung vor dem Reichstag gegen den Versailler Vertrag, 1919
Das Deutsche Reich wurde durch die territorialen Abtretungen in seiner Wirtschaftskraft erheblich geschwächt.
10
10
5 FOLGEN
Große Teile seiner Schwerindustrie wurden getroffen, die
Förderung von Steinkohle und Eisenerz, die Produktion
von Roheisen und Stahl. Der Verlust Posens und Westpreußens verringerte die Lebensmittelproduktion in starkem Maß, ein Verlust, den die deutsche Landwirtschaft
zunächst nicht ausgleichen konnte. Deutschlands Bevölkerung verringerte sich um sieben Millionen Menschen,
von denen in den Folgejahren etwa eine Million ins Reich
strömte, vor allem aus Elsass-Lothringen und aus den an
Polen abgetretenen Gebieten. Durch den Verlust von 90
% der Handelsflotte und des gesamten Auslandsvermögens wurde der deutsche Außenhandel stark beeinträchtigt.
Da das Deutsche Reich seine Armee nach Art. 159
ff. Versailler Vertrag auf eine Stärke von 115.000 Soldaten (100.000 Heer und 15.000 Marine) verkleinern
musste, war es nicht in der Lage, eine etwaige alliierte
Invasion militärisch zu verhindern. Bereits 1921 drohten die Siegerstaaten im Londoner Ultimatum mit einer Besetzung des Ruhrgebiets; 1923 wurde es dann von
französisch-belgischen Truppen tatsächlich besetzt (→
Ruhrbesetzung).
Insgesamt wurde von verschiedenen Historikern als ein
Grundproblem des Versailler Vertrages bezeichnet, dass
er zwei Ziele gleichzeitig zu erreichen versuchte: zum einen die von Wilson vertretenen Ideale der Selbstbestimmung der Völker und der territorialen Übereinstimmung
zwischen Volk und Staat, zum anderen die Absichten der
Siegermächte, insbesondere Frankreichs, das Deutsche
Reich entscheidend zu schwächen.
Wie Sebastian Haffner nach dem Zweiten Weltkrieg
schrieb, wurde das Deutsche Reich als immer noch
stärkste und geographisch in der Mitte beheimatete, also
für die Stabilität des Kontinents unentbehrliche europäische Macht „weder dauerhaft entmachtet noch dauerhaft
integriert“.
Durch die divergierenden Interessen der Siegermächte war der Vertrag von Versailles zwar einerseits für
Deutschland zu hart, als dass ein als politische Einheit und
wirtschaftliche Großmacht bestehen gebliebenes Deutsches Reich ihn dauerhaft akzeptieren würde. Andererseits ließ er es aber mächtig genug, dass eine deutsche Regierung weniger als 20 Jahre später Revanchegedanken in
Politik umsetzen konnte, womit sie Europa in die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs stürzte. Treffende Voraussicht zeigte eine Äußerung des Marschalls Foch zur
Zeit des Vertragsabschlusses: „Das ist kein Frieden. Das
ist ein zwanzigjähriger Waffenstillstand.“ – wobei Foch
für eine Zerschlagung des Deutschen Reiches eingetreten
war.
würden sowohl die internationalen Wirtschaftsbeziehungen destabilisieren als auch größeren sozialen Sprengstoff
für Deutschland mit sich führen.
Die Friedensbedingungen wurden in Deutschland als
überraschend und als extrem hart empfunden. Lange hatte die deutsche Öffentlichkeit geglaubt, auf der Grundlage
der wilsonschen Vierzehn Punkte einen milden Frieden
erreichen zu können, der im Wesentlichen den Status quo
ante wiederherstellen würde. Der Kulturphilosoph Ernst
Troeltsch schrieb, Deutschland habe sich im „Traumland
der Waffenstillstandsperiode“ befunden, aus dem es mit
der Veröffentlichung der Friedensbedingungen brutal geweckt worden sei.[28] Hinzu kam die Tatsache, dass die
Siegermächte das Deutsche Reich von den Verhandlungen ausschlossen und ihm nur am Schluss schriftliche
Eingaben gestattet hatten: das Schlagwort vom „Versailler
Diktat“ machte die Runde. Diese beiden Faktoren trugen
dazu bei, dass der Widerstand der Reichsregierung gegen den Vertrag, wie der Historiker Hans-Ulrich Wehler
schreibt, „von einem nahezu lückenlosen Konsens im ganzen Land“ getragen wurde.[29] In den folgenden Jahren
war der Revisionismus dieses Vertrages erklärtes Ziel der
deutschen Außenpolitik: Weder die Legitimität des Friedens[30] noch die Tatsache, dass Deutschland den Krieg
militärisch verloren hatte (→ Dolchstoßlegende), wurden
akzeptiert. Auf unterschiedlichen Wegen versuchten alle Regierungen der Weimarer Republik die „Fesseln von
Versailles abzuschütteln“, weshalb man von einem regelrechten „Weimarer Revisionssyndrom“ sprechen kann.
Neben der Art seines Zustandekommens und den Inhalten des Vertrages – insbesondere auch die Gebietsabtretungen mit deutschen Bevölkerungsgruppen – beschädigte dieses Revisionssyndrom nachhaltig das Ansehen
der demokratischen Westmächte und das Vertrauen in
die neue Demokratie in Deutschland.[31] Manche Historiker sehen in dem Vertrag eine wichtige Ursache für den
Aufstieg des Nationalsozialismus. So äußerte Theodor
Heuss, damals liberaler Reichstagsabgeordneter, 1932 in
seiner Schrift Hitlers Weg: „Der Ausgangspunkt der nationalsozialistischen Bewegung ist nicht München, sondern
Versailles.“[32][33]
John Maynard Keynes, der Vertreter des Schatzamts der
britischen Delegation bei den Vertragsverhandlungen trat
noch vor Abschluss der Verhandlungen unter Protest gegen die Vertragsbedingungen, die Deutschland auferlegt
werden sollten, von seinem Posten in der Delegation zu- Kundgebung gegen den Versailler Vertrag 1932 im Berliner
rück. Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages Lustgarten
11
11
Auf die hohen Reparationsforderungen und die Industriedemontagen im Ruhrgebiet versuchte die deutsche
Reichsregierung mit einem Generalstreik zu reagieren,
der mit ständig nachgedrucktem Geld unterstützt werden
sollte. Das heizte die Hyperinflation an, die große Teile
der Bevölkerung in Not und Elend stürzte. Sie war vor
allem dadurch zustande gekommen, dass den Kriegsanleihen, mit denen das Kaiserreich vorher den Krieg finanziert hatte, durch die militärische Niederlage keine Sachwerte gegenüberstanden. Während und nach der Inflation
geriet das Reich in eine zunehmende Abhängigkeit von
ausländischen Krediten, besonders US-amerikanischen.
Daher traf die von den USA ausgehende Weltwirtschaftskrise das Deutsche Reich extrem hart, da diese stärker als
irgendeine andere Industrie an die amerikanische Wirtschaft gekoppelt war.
• Bruce Kent: The Spoils of War. The Politics, Economics and Diplomacy of Reparations 1918–1932.
Clarendon, Oxford 1989, ISBN 0-19-822738-8.
Die durch den Versailler Vertrag begründeten bedeutsamen wirtschaftlichen Folgen und die außenpolitische Isolation des Deutschen Reichs versuchte Walther Rathenau
im Vertrag von Rapallo zu entschärfen. Darin wurde das
Verhältnis zur Sowjetunion normalisiert und auf gegenseitige Ansprüche verzichtet.
• Peter Krüger: Versailles – Deutsche Außenpolitik zwischen Revisionismus und Friedenssicherung.
Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1986,
ISBN 3-423-04513-2.
Hitler konnte in den ersten Jahren seiner Regierungszeit durch die Beseitigung der letzten Zwänge des Versailler Vertrags, unter anderem durch die militärische
Wiederaufrüstung und Wiederbesetzung des Rheinlandes, großes innenpolitisches Prestige ernten. Die USA
zogen sich alsbald von der europäischen Politik zurück,
Frankreich und Großbritannien entschieden sich für eine
Politik des Appeasement.
6
• Eberhard Kolb: Der Frieden von Versailles. Verlag
C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-50875-8
(knapper Überblick).
• Hans-Christof Kraus: Versailles und die Folgen.
Außenpolitik zwischen Revisionismus und Verständigung 1919–1933. be.bra Verlag, Berlin 2013,
ISBN 978-3-89809-404-7.
• Gerd Krumeich (Hrsg.): Versailles 1919. Ziele –
Wirkung – Wahrnehmung. Klartext Verlag, Essen
2001, ISBN 3-88474-945-5.
• Margaret MacMillan: Paris 1919. Peacemakers. six
months that changed the world. Random House,
New York 2003, ISBN 0-375-76052-0.
8 Weblinks
Commons: Friedensvertrag von Versailles –
Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Der kleine Vertrag von Versailles
Neben dem hier erläuterten Friedensvertrag von Versailles existiert noch ein weiterer weniger bekannter
Pariser Vorortvertrag mit gleichem Namen. So wird der
polnische Minderheitenvertrag vom 28. Juni 1919 als
“Der kleine Vertrag von Versailles” bezeichnet. Dabei
handelt es sich um den ersten völkerrechtlichen Vertrag
mit konkret ausgearbeiteten Schutzrechtbestimmungen
für nationale Minderheiten.
7
• Amtlicher Abdruck des Versailler Vertrages im
Reichsgesetzblatt
• Seite zum Vertrag von Versailles beim LeMO mit
vielen Grafiken
• Grafik: Die gemäß Versailler Friedensvertrag abgetretenen preußischen Ostgebiete
• Vollständiger Vertragstext
• Gekürzter Vertragstext
Literatur
• Manfred F. Boemeke, Gerald D. Feldman, Elisabeth Glaser (Hrsg.): The Treaty of Versailles. A Reassessment after 75 Years. Cambridge University
Press, New York 1998, ISBN 0-521-62132-1.
• Wolfgang Elz: Versailles und Weimar. In: APuZ. 5051/2008, S. 31–38.
• Sebastian Haffner, Gregory Bateson: Der Vertrag
von Versailles. Ullstein Verlag, Berlin 1988, ISBN
3-548-33090-8 (enthält den vollständigen Text des
Versailler Vertrages).
12
• Tagesspiegel österreichischer Zeitungen vom 29. Juni 1919
• Informationen zum Versailler Vertrag speziell für
Schulen auf dem Bildungsserver SwissEduc
• SPIEGEL special 1/2004: Der Unfriede von Versailles
• Ende und Anfang einer Katastrophe – Der Versailler Vertrag – Audiofeature auf Bayern2Radio, radioWissen
12
9
9
Einzelnachweise
[1] Martin Schramm: Das Deutschlandbild in der britischen
Presse 1912–1919. Berlin 2007, S. 509.
[2] Henning Köhler: Novemberrevolution und Frankreich. Die
französische Deutschland-Politik 1918–1919. Droste Verlag, Düsseldorf 1980, S. 310 f.
[3] Hagen Schulze: Der Oststaat-Plan 1919. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 18 (1970), S. 123–163.
[4] Christian Gellinek: Philipp Scheidemann. Gedächtnis und
Erinnerung. Waxmann, Münster 2006, ISBN 3-83091695-7, S. 44.
[5] Justus H. Ulbricht (Hrsg.): Weimar 1919. Chancen einer
Republik. Böhlau, Köln/ Weimar 2009, ISBN 978-3-41220359-7, S. 86.
[6] Stephan G. Bierling: Geschichte der amerikanischen
Außenpolitik. Von 1917 bis zur Gegenwart. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49428-5, S. 75.
[7] André Tardieu: La Paix. Paris 1921, S. 308.
[8] Henning Köhler: Novemberrevolution und Frankreich. Die
französische Deutschland-Politik 1918–1919. Droste Verlag, Düsseldorf 1980, S. 26–31.
[9] Klaus Schwabe (Hrsg.): Quellen zum Friedensschluß von
Versailles. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1997, ISBN 3-534-04822-9, S. 156 f.
[10] Bruce Kent: The Spoils of War. The Politics, Economics,
and Diplomacy of Reparations 1918–1932. Clarendon,
Oxford 1989, S. 36–40.
[11] Carola Stern, Thilo Vogelsang, Erhard Klöss, Albert Graff
(Hrsg.): dtv-Lexikon zur Geschichte und Politik im 20.
Jahrhundert. dtv-Verlag, München 1974, S. 647.
EINZELNACHWEISE
[18] Vgl. das Deutsch-polnische Abkommen über
Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen vom 30.
August 1924 – Wiener-Abkommen – (RGBl. 1925 II,
S. 33 f.) und den Minderheitenschutzvertrag zwischen
den alliierten und assoziierten Hauptmächten und Polen
vom 28. Juni 1919 (Text auf Clio-online / Themenportal
Europäische Geschichte, abgerufen am 8. September
2012).
[19] Helmut Lippelt: Zur deutschen Politik gegenüber Polen
1925/26. In: Hans Rothfeld, Theodor Eschenburg (Hrsg.):
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 19. Jahrgang 1971 /
4. Heft / Oktober, Institut für Zeitgeschichte, Deutsche
Verlags-Anstalt, Stuttgart, S. 326 (PDF; 6,1 MB).
[20] Jens Boysen: Die polnischen Optanten. Ein Beispiel für
den Zusammenhang von Krieg und völkerrechtlicher Neuordnung. In: Bruno Thoß, Hans-Erich Volkmann (Hrsg.):
Erster Weltkrieg – Zweiter Weltkrieg. Ein Vergleich. Krieg,
Kriegserlebnis, Kriegserfahrung in Deutschland. Schöningh, Paderborn/ Wien 2002, ISBN 3-506-79161-3, S.
593–614, hier: S. 593, 604–607.
[21] Friedensvertrag von Versailles Teil V Bestimmungen über
Landheer, Seemacht und Luftfahrt Kapitel III Heeresergänzung und militärische Ausbildung Artikel 173 und 174
[22] Dan van der Vat: Schlachtfeld Atlantik. ISBN 3-45304230-1, S. 82.
[23] Artikel 42 bis 42
[24] Deutsches Historisches Museum: 1920, abgerufen am 4.
August 2009.
[25] Reichs-Entwaffnungsgesetz vom 7. August 1920.
[26] bundesarchiv.de
[27] Friedensvertrag von Versailles. 28. Juni 1919. Kapitel III.
Artikel 331.
[12] Richard Blanke: Orphans of Versailles. The Germans in
Western Poland 1918–1939. University Press of Kentucky
1998, S. 18 und 244
[28] Zitiert nach Henning Köhler: Deutschland auf dem Weg
zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte. HohenheimVerlag, Stuttgart 2002, S. 161.
[13] Frank-Lothar Kroll, Matthias Niedobitek: Vertreibung
und Minderheitenschutz in Europa. Duncker & Humblot,
Berlin 2005, S. 305.
[29] Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte.
Band 4, C.H. Beck, München 2003, S. 408.
[14] Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte.
Band 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. 2., durchges. Auflage. C.H. Beck, München 2003, S. 223.
[15] Werner Conze: Die Weimarer Republik. In: Peter Rassow
(Hrsg.): Deutsche Geschichte im Überblick. Stuttgart 1973,
ISBN 3-476-00258-6, S. 645.
[16] Peter Krüger: Die Außenpolitik der Republik von Weimar.
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1985, S.
134 f.
[17] Helmut Lippelt: Zur deutschen Politik gegenüber Polen
1925/26. In: Hans Rothfeld, Theodor Eschenburg (Hrsg.):
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 19. Jahrgang 1971 /
4. Heft / Oktober, Institut für Zeitgeschichte, Deutsche
Verlags-Anstalt, Stuttgart, S. 331 (PDF; 6,1 MB).
[30] Oskar Stillich: Der Friedensvertrag von Versailles im Spiegel deutscher Kriegsziele. Verlag O. Wachsen, Berlin 1921.
(Eine soziologische Betrachtung über: Methoden seiner
Bekämpfung, seine Gegner, seinen rechtlichen Charakter,
seine materielle Erfüllbarkeit, seinen Einfluss auf die Neugestaltung der Welt)
[31] Michael Salewski: Das Weimarer Revisionssyndrom. In:
Aus Politik und Zeitgeschichte. 2 (1980), S. 14–25.
[32] Vater ist schuld. In: Der Spiegel. Nr. 21/1959 (online, abgerufen am 23. Juni 2014).
[33] Ein typisches Beispiel für die Stimmung in der Professorenschaft liefert der Alttestamentler Otto Procksch an
der Universität Greifswald 1924 in einer Rede „König und
Prophet in Israel“, in der er, nicht gerade zum Thema
gehörend, ausführt: Der Name Versailles, über dem einst
eine Kaiserkrone schwebte, lässt heute das Blut gerinnen.
13
13
Denn aus Versailles haben wir nur die Narrenkappe heimgebracht; und wir sind heerlos, wehrlos, ehrlos. Wohl hat
Frankreich vor einem Jahr selbst den Vertrag gebrochen,
aber wir erfüllen, erfüllen, erfüllen. Wenn deutsche Art
und christlicher Glaube sich verbinden, dann sind wir gerettet, dann wollen wir arbeiten mit unseren Händen und
des Tages warten, bis der deutsche Held komme, er komme als Prophet oder König. So überliefert von Eschenburg,
auch als Universitätsrede gedruckt.
Pariser Vorortverträge
Friedensvertrag von Versailles | Vertrag von SaintGermain | Vertrag von Neuilly-sur-Seine | Vertrag von
Trianon | Vertrag von Sèvres
Normdaten (Werk):
216082262
GND:
4063141-2
|
VIAF:
14
14
10 TEXT- UND BILDQUELLEN, AUTOREN UND LIZENZEN
10
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Text
• Friedensvertrag von Versailles Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Friedensvertrag_von_Versailles?oldid=144054419 Autoren: Riptor, Elian, Schewek, Tarquin~dewiki, Andre Engels, Opa~dewiki, Benedikt~dewiki, Aka, Stefan Kühn, Ulrich.fuchs, Hafenbar, Magnus,
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Autoren:
http://www.europeana.eu/portal/full-doc.html?query=versailles+treaty+1919&start=27&startPage=25&uri=http:
//www.europeana.eu/resolve/record/03903/8AD81207A26E4805D890FEF626DBA6991696CF10&view=table&pageId=bd Ursprünglicher Schöpfer: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz
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3.0 Autoren: Eigenes Werk, redrawn from http://www.gemeindeverzeichnis.de/gem1900/gem1900.htm?gem1900_2.htm , where it is no
more available Ursprünglicher Schöpfer: Ulamm
• Datei:Palais_des_nations.jpg Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/73/Palais_des_nations.jpg Lizenz: CC-BYSA-3.0 Autoren: Uploaded by Yann (Diskussion · Beiträge) with text "© Yann Forget" Ursprünglicher Schöpfer: Yann Forget
• Datei:The_signing_of_the_peace_treaty_of_Versailles.webm Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/29/The_
signing_of_the_peace_treaty_of_Versailles.webm Lizenz: Public domain Autoren: This media is available in the holdings of the National
Archives and Records Administration, cataloged under the ARC Identifier (National Archives Identifier) 24746. Ursprünglicher Schöpfer:
Produced by the Department of Defense
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remains%2C_then%2C_only_the_fifteenth_point.jpg Lizenz: Public domain Autoren: Dieses Bild ist unter der digitalen ID cai.2a14570
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Siehe Commons:Lizenzen für weitere Informationen. Ursprünglicher Schöpfer: William Allen Rogers, 1854-1931, artist.
• Datei:Treaty_of_Versailles_in_the_Hall_of_Mirrors.jpg Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f9/Treaty_of_
Versailles_in_the_Hall_of_Mirrors.jpg Lizenz: Public domain Autoren: The Library od Congress Prints & Photographs Online Catalog;
http://hdl.loc.gov/loc.pnp/ppmsca.07634 Ursprünglicher Schöpfer: Photographs by Helen Johns Kirtland (1890-1979) and Lucian Swift
Kirtland (died 1965)
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16
Deutsche Reparationen nach dem Ersten
Weltkrieg
Auf Grund des Kriegsschuldartikels 231 des Versailler
Vertrages musste Deutschland nach dem Ersten
Weltkrieg Reparationen zahlen. Die endgültige Höhe und Dauer der Reparationen war im Versailler
Vertrag nicht festgelegt, sondern sollte von einer mit
weitreichenden
Kontrollfunktionen
ausgestatteten
Reparationskommission ohne deutsche Beteiligung festgesetzt werden, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Deutschlands überwachen sollte.
land, Frankreich, Italien) gewährt hatten, interessiert. In
den USA wurde der Vertrag von Versailles kritisiert.
Da der Großteil der Reparationen als Rückzahlung von
Kriegskrediten letztendlich in die USA floss, hatten sie
den größten Einfluss auf die Entwicklung der Zahlungen.
Die USA zogen sich aus Europa zurück und traten auch
nicht dem von Wilson initiierten Völkerbund bei. 1923
beendeten die Vereinigten Staaten ihre freiwillige Isolation und gaben im Rahmen des Dawes-Plans, an dem
sie maßgeblich beteiligt waren, Kredite an Deutschland.
1931 ging vom amerikanischen Präsidenten Herbert C.
Hoover das Hoover-Moratorium aus. Die Position der
USA und der Versailler Vertrag wurden (zum Beispiel
von John Maynard Keynes) kritisiert, da es keine Regelungen zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas gab.
Großbritannien unter Premierminister David Lloyd George hatte eine ähnliche Position. Es wollte Deutschland
als Schutz gegen den Kommunismus, ein europäisches
Mächtegleichgewicht und brauchte die Reparationen, um
die Kredite an die USA zurückzahlen zu können. Der
Versailler Vertrag wurde in Großbritannien abgelehnt. Es
beteiligte sich nicht an der Ruhrbesetzung, sondern verurteilte sie als Vertragsbruch.
Die Verringerung, Verschiebung und endgültige Beendigung der Reparationszahlungen war das vorrangige Ziel
der deutschen Außenpolitik. Vor allem Gustav Stresemann und Heinrich Brüning brachten Deutschland dem
Ziel näher. Als aber die deutsche Regierung 1932 auf der
Konferenz von Lausanne das Ende der Reparationsfrage
erreichte, war Stresemann bereits tot, und Brüning war
kurz zuvor entlassen worden.
In der modernen Geschichtsschreibung dominiert die
Auffassung, dass die tatsächlichen deutschen Reparationsleistungen selbst in den schwersten Jahren der
Weimarer Republik kein wirkliches Hindernis für einen wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem verlorenen
Ersten Weltkrieg dargestellt hätten.[1][2] Da die Reparationen jedoch im Zusammenhang mit der deutschen
Kriegsschulddebatte standen und gleichzeitig die deutsche Wirtschaft von Krediten der USA abhängig machten, versuchten die Regierungen der Weimarer Republik
die Forderungen zu mindern beziehungsweise zu beseitigen. Aus politischen Erwägungen heraus wurde von den
deutschen Reichsregierungen nie ernsthaft in Erwägung
gezogen, die gesamten Reparationszahlungen auch tatsächlich zu leisten.[3] So wurden sie zu einer fortwährenden politischen Belastung, weil sowohl die Parteien und
Verbände der extremen politischen Rechten als auch die
KPD sie zur Agitation gegen die Weimarer Republik einsetzten. Dies legt den Schluss nahe, dass die Reparationen
eher politisch als ökonomisch zur Instabilität der ersten
deutschen Demokratie beigetragen haben.
1
Frankreich unter Ministerpräsident Raymond Poincaré
war primär an einer Schwächung Deutschlands und einer Stärkung der eigenen Position in Europa interessiert; es erhob hohe Forderungen und plädierte für hartes Durchgreifen. Frankreich wollte auch die Kontrolle
über die Industriegebiete im Westen Deutschlands. Seit
dem Deutsch-Französischen Krieg herrschte in Frankreich – aus Frustration über die (schnelle) Niederlage –
ein Revanchismus; auch die gezahlten fünf Milliarden
Francs (= 1.450 Tonnen Feingold) waren nicht vergessen.
In Frankreich standen sich Poincaré mit einer kompromisslosen Haltung und Aristide Briand, der sich für eine Verständigung mit Deutschland einsetzte, gegenüber.
Bei der Ruhrbesetzung war Frankreich unter Poincaré die
treibende Kraft.
Von 1925 bis 1929 arbeitete Briand als Außenminister
eng mit Gustav Stresemann zusammen und es entstand
der Vertrag von Locarno. Die Bevölkerung war für einen harten Kurs gegenüber Deutschland, so dass Briand
keine großen Zugeständnisse machen konnte, die Stresemann den Rücken gegenüber den radikalen Parteien gestärkt hätten. 1931 war Frankreich als einziges Land gegen das Hoover-Moratorium (20. Juni 1931). Frankreich
fühlte sich dagegen von den USA übergangen, da es vor-
Positionen der Siegermächte
Die USA unter Präsident Thomas Woodrow Wilson wollten Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus, und eine stabile Situation in Europa (siehe: 14Punkte-Programm). Sie waren aber auch an einer Rückzahlung der Kriegskredite, die sie den Europäern (Eng1
17
2
3 EINIGUNG MIT DER SOWJETUNION
her nicht konsultiert worden war; erst nach wochenlangen
Verhandlungen stimmte die französische Regierung unter
Ministerpräsident Pierre Laval zu. Am 13. Juli brach das
deutsche Bankensystem zusammen.
2
Erste Forderungen
Bereits im Versailler Vertrag wurde festgelegt, dass
Deutschland 20 Milliarden Goldmark – dies entsprach
zum damaligen Zeitpunkt über 7.000 Tonnen Gold – bis
April 1921 zahlen musste, außerdem musste auch der
größte Teil der Handelsflotte übergeben werden. Der Verlust der Handelsflotte führte zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Exportgeschäfte, einer wichtigen Grundlage seiner Wirtschaftskraft. Im April 1920 stellte der
Oberste Alliierte Rat fest, dass Deutschland mit den Kohlelieferungen und mit den Zahlungen in Rückstand war.
Im Juni 1920 forderten die Alliierten auf der Konferenz
von Boulogne 269 Milliarden Goldmark in 42 Jahresraten.
Sachlieferungen auf Reparationskonto an Frankreich (1920)
1920 kam es zu mehreren Konferenzen (San Remo im
April, Hythe und Boulogne-sur-Mer im Juni), bei denen auch die Reparationsfrage besprochen wurde. Auf
der Konferenz von Spa im Juli 1920 durften erstmals
Vertreter aus Deutschland teilnehmen. Auf dieser Konferenz wurde ein Verteilerschlüssel festgelegt, um zu klären, welchen Anteil die verschiedenen Länder von den
Reparationszahlungen erhalten sollten. Demnach sollte
Frankreich 52 %, England 22 %, Italien 10 % und Belgien
8 % bekommen. Die Alliierten drohten weiterhin mit der
Besetzung des Ruhrgebiets, falls die Forderungen nicht
erfüllt würden. Im Dezember trafen sich Sachverständige zur Diskussion über die Reparationen in Brüssel.
1921 verlangten die Siegermächte auch, dass die beiden
neuen DELAG-Verkehrsluftschiffe LZ 120 und LZ 121
ausgeliefert werden. Teils auf ausdrückliches Verbot der
Alliierten hin kam so die deutsche Zeppelin-Luftfahrt
vorübergehend zum Stillstand. 1924 lieferte Deutschland
das Amerikaluftschiff an die USA – ebenfalls als Reparation.
Am 29. Januar 1921 forderten die Alliierten in Paris 269
Mrd. Goldmark in 42 Jahresraten, davon 226 Mrd. als unveränderliche Hauptsumme, außerdem musste Deutschland 12 % des Wertes seiner jährlichen Ausfuhren abgeben. Am 27. April 1921 folgte der Londoner Zahlungsplan. Der Reichstag lehnte diese Forderungen ab und die
Alliierten besetzten, nachdem sie in London einen Vorschlag Deutschlands von 50 Mrd. abgelehnt hatten, am 8.
März Ruhrort, Duisburg und Düsseldorf.
Es kam zu einer schweren Regierungskrise, die am 4. Mai
im Rücktritt der Regierung Fehrenbach gipfelte. Fehrenbach hatte den Londoner Zahlungsplan als inakzeptabel
abgelehnt und machte den Weg für eine Nachfolgeregierung frei, welche das Abkommen unterzeichnen konnte. David Lloyd George übergab am 5. Mai 1921 dem
deutschen Botschafter in London die neuen Forderungen
der Alliierten von 132 Mrd. Goldmark (ungefähr 47.000
Tonnen Gold mit einem derzeitigen Wert von grob 700
Milliarden Euro) in 66 Jahresraten. Die Raten dazu betrugen 2 Mrd. Goldmark. Deutschland musste außerdem 26
% des Wertes seiner Ausfuhr an die Alliierten abgeben.
Die Forderungen waren begleitet vom Londoner Ultimatum der Alliierten. Bei Nichtannahme der Forderungen
innerhalb von sechs Tagen drohten die Alliierten darin,
das Ruhrgebiet zu besetzen. Im Ultimatum wurde außerdem die im Versailler Vertrag festgeschriebene Auslieferung von Kriegsverbrechern und Demilitarisierung gefordert.
Die Regierung unter Reichskanzler Joseph Wirth sah
sich gezwungen die Forderungen einen Tag nach
Amtsübernahme am 11. Mai zu akzeptieren. Diese
„Erfüllungspolitik“ wurde von den Rechten heftig kritisiert. Wirth knüpfte damit an die Bemühungen Matthias
Erzbergers an, der als Finanzminister Ende 1919/Anfang
1920 eine Finanzreform zur Bewältigung der antizipierten Zahllast durchgeführt und durch die damit einhergehende Unitarisierung die fiskalische Stellung des Reiches gegenüber den Ländern maßgeblich gestärkt hatte.
Erzberger wurde 1921 von Mitgliedern der Organisation
Consul als Erfüllungspolitiker ermordet, 1922 wurde der
Außenminister Walther Rathenau getötet.
Die USA ratifizierten den Versailler Vertrag nicht und
erhoben keinen einseitigen Anspruch auf Reparationen.
Aufgrund des Berliner Vertrages von 1921 wurde eine
German American Mixed Claims Commission bestehend
aus je einem Schiedsrichter benannt von den USA und
einem vom Deutschen Reich eingesetzt, die Schadenersatzansprüche feststellten.
3 Einigung mit der Sowjetunion
Die Grundsatzentscheidung unter Reichskanzler Joseph
Wirth, den Forderungen nachzukommen, um dadurch ihre Unerfüllbarkeit zu zeigen, löste aber nicht die Reparationsfrage. Ende 1921 konnte Rathenau ein Abkommen
18
3
mit Frankreich erreichen, dass Frankreich mehr Sachlieferungen statt finanzieller Leistungen erhielt. 1922 erreichte Deutschland mit britischer Unterstützung einen
Zahlungsaufschub. Großbritannien wollte die deutsche
Kaufkraft und industrielle Produktion schützen, damit
Deutschland weiterhin britische Waren kaufen und Reparationen zahlen könnte. Dies war ein erster Erfolg bei
dem Bemühen, dem Ausland die Grenzen der deutschen
Zahlungsfähigkeit zu zeigen. Die Briten wollten ihr Ziel
eines Ausgleichs in Europa durch die Konferenz von Genua (1922) über Finanz- und Weltwirtschaftsfragen voranbringen; die 34 teilnehmenden Staaten erreichten aber
keine nennenswerten Ergebnisse.
Am Rande der Konferenz von Genua schlossen Deutschland und die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik am 16. April 1922 den Vertrag von Rapallo. In
ihm verzichteten Deutschland und die Sowjetunion darauf, von der anderen Seite Entschädigungen zu fordern,
und er brachte eine Annäherung der beiden ansonsten isolierten Staaten. Der Vertrag verärgerte die Westmächte.
4
Ruhrbesetzung
Die Reparationsfrage war weiterhin ungelöst, und während nach der Meinung der deutschen Regierung die starke Inflation die rechtzeitige Zahlung verhinderte, warfen
die Westmächte nicht unbegründet Deutschland vor, es
lasse die Inflation bewusst auf hohem Niveau. Die Westmächte waren nur zu einzelnen, kurzen Zahlungsaufschüben bereit, eine längere Aussetzung lehnten sie ab. Da die
Erfüllungspolitik keine nennenswerten Erfolge vorweisen
konnte, wurde sie in Deutschland zunehmend abgelehnt,
die Regierung unter Wilhelm Cuno beendete sie im November 1922.
französische und belgische Truppen Anfang 1923 das
Ruhrgebiet. Die deutsche Regierung und Bevölkerung reagierte mit passivem Widerstand, das heißt, Befehle der
Besatzungstruppen wurden ignoriert, ein Generalstreik
wurde ausgerufen, und vor allem die Transportzüge mit
der Kohle, die Franzosen und Belgier als Reparationen abtransportieren wollten, wurden umgelenkt und blockiert. Daraufhin entließen die Besatzer alle deutschen
Bahnarbeiter, die wie die Streikenden von der Reichsregierung finanziell unterstützt wurden.
5 Inflation und Ende des Ruhrkampfs
Die Reparationen trugen zur Inflation in Deutschland insofern bei, als mehr Geld gedruckt wurde, um zum Beispiel den Ruhrkampf zu unterstützen: Von Januar bis
Oktober 1923 hatten sich die Ausgaben des Reichs im
Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres verdoppelt, während die Einnahmen stark zurückgingen: Während des Ruhrkampfes waren nur 19,62 % der Ausgaben des Reichs durch Einnahmen gedeckt, der Rest wurde über die Notenpresse finanziert. Hinzu kam die trotz
Verbot um sich greifende Ausgabe von Notgeld, die die
Hyperinflation weiter anheizte.[4] Nach Ende des Ruhrkampfs war die Währungsstabilisierung durch Bindung
der Reichsmark an den Golddevisenstandard eine Vorbedingung für die Neuverhandlung der Reparationsforderungen.
Das Ende des Kampfes gegen die Besetzung des Ruhrgebiets und der Beginn des Kampfes gegen die Inflation
kamen mit dem neuen Reichskanzler Gustav Stresemann
im Sommer 1923, der den Widerstand anfangs mitgetragen hatte, aber jetzt Wege zur Beseitigung der Krise
vermisste. Deutschland hatte mehrere Kompromissvorschläge gemacht, Großbritannien war aber nur nach Abbruch des passiven Widerstandes zu einer Neuregelung
bereit. Stresemann hoffte auf einen Abzug der ausländischen Truppen nach dem Ende des Widerstands, Frankreich war aber zu keinen Kompromissen bereit, da es um
die Ausweglosigkeit Deutschlands wusste. Das Ende des
Widerstands am 26. September brachte anfangs keine
Besserung der Lage, es kam zu separatistischen Bewegungen, die von Frankreich unterstützt wurden. Am 28.
September wurde gemäß MICUM-Abkommen die Ableistung der Reparationen wieder aufgenommen.
Szene aus dem Ruhrkampf 1923
Nach der Konferenz von Genua hatte Frankreich wieder
die Initiative in der Deutschlandpolitik der Westmächte
ergriffen und forderte „produktive Pfänder“. 1922 wurde die Übergabe deutscher Industrieanteile an die Reparationskommission durch Großbritannien verhindert. Als
Deutschland mit den Reparationszahlungen wieder in einen vergleichsweise kleinen Rückstand kam, besetzten
6 Dawes-Plan
Erst auf Druck Großbritanniens, das auch durch die französische Unterstützung der Separatisten seine Position
geändert hatte, und der USA lenkte Frankreich im Herbst
1923 nach der Währungsreform und Beendung der Inflation ein und es entstand 1924 der Dawes-Plan. In ihm
19
4
8
wurde unter anderem die Höhe der Forderungen (anfangs 1 Mrd. pro Jahr, später 2,5 Mrd. pro Jahr) gesenkt,
die wirtschaftlichen Faktoren traten gegenüber den politischen mehr in den Vordergrund. Ein Ende der Zahlungen wurde noch nicht festgesetzt. Zur Regelung der
Reparationen wurde ein „Reparationsagent“ mit Sitz in
Berlin eingesetzt. Es flossen Kredite aus den USA nach
Deutschland. Bereits im Brief von Stresemann an Kronprinz Wilhelm vom 7. September 1925 schreibt er, dass
Deutschland ab 1927 nicht mehr in der Lage sein wird,
die Reparationsforderungen zu erfüllen.
7
ENDE DER REPARATIONSZAHLUNGEN
Der Volksentscheid half Adolf Hitler in die Politik zurückzukehren und in der Bevölkerung an Popularität zu
gewinnen, ohne dass der Volksentscheid selbst letztendlich von Erfolg gekrönt war. Bei der Feier zur Räumung
des Rheinlandes (die vorzeitige Räumung war Teil des
Young-Plans) wurde Gustav Stresemann nicht erwähnt.
8 Ende der Reparationszahlungen
Young-Plan
Heinrich Brüning, Reichskanzler 1930–1932
Der Namensgeber des Young-Plans Owen D. Young (rechts)
1924 in Berlin
1926 diskutierten der französische Außenminister
Aristide Briand und sein deutscher Kollege Gustav
Stresemann in Thoiry unter anderem über die Räumung
des Rheinlandes und eine vorzeitige Zahlung von Reparationen, die Frankreich die Möglichkeit gab, seine
Finanzkrise zu bekämpfen. Vor allem Briand konnte
seine Vorstellungen zu Hause nicht durchsetzen.
1929 wurde im Young-Plan die Dauer der Reparationszahlungen auf 59 Jahre (also bis 1988) festgesetzt. Insgesamt sollte Deutschland nach diesem Plan 112 Mrd.
Goldmark bis 1988 zahlen. Die Rechte versuchte den
Young-Plan mit einem Volksentscheid zu verhindern.
Nach Verabschiedung des Young-Plans versuchte das
erste Präsidialkabinett unter Heinrich Brüning, den deutschen Export anzukurbeln, um genug Devisen zur Zahlung der Reparationen zu bekommen. Kredite, wie man
sie in den Jahren 1924 bis 1929 zu diesem Zweck hereingenommen hatte, waren nach dem New Yorker Börsenkrach nicht mehr zu erhalten. Brüning hoffte, dass diese
Ausweitung des deutschen Exports den Gläubigerländern
so unangenehm werden würde, dass sie innerhalb einiger
Jahre von sich aus eine Revision des Young-Plans vorschlagen würden. Die deutsche Exportoffensive schlug
aber fehl, weil in der beginnenden Weltwirtschaftskrise
alle Länder ähnliche Maßnahmen ergriffen und die Zölle
erhöhten.
Das Ende der Reparationen kam von einer ganz anderen Seite, mit der Brüning gar nicht gerechnet hatte. Der
Versuch einer Zollunion mit Österreich und Brünings
nationalistische Propaganda, mit der er versuchte, den
20
5
lung von drei Milliarden Goldmark (in Devisen) aufhob.
Das Deutsche Reich übergab der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel Schuldverschreibungen in
dieser Höhe, die innerhalb von 15 Jahren als Anleihe auf
den Markt gebracht werden oder, falls das nicht gelinge,
vernichtet werden sollten.
Kanzler Brüning, der auf die vollständige Streichung der
Reparationen gesetzt hatte, um damit seine innenpolitische Stellung zu verbessern, war zu diesem Zeitpunkt
schon durch Franz von Papen abgelöst worden. Der Vertrag von Lausanne wurde von den beteiligten Staaten nie
ratifiziert, weswegen die deutschen Schuldverschreibungen 1948 in Basel feierlich verbrannt wurden.[5]
Herbert Hoover, US-amerikanischer Präsident 1928–1932
Nationalsozialisten innenpolitisch das Wasser abzugraben, verunsicherten die ausländischen Gläubiger, bei denen sich die deutsche Wirtschaft und der deutsche Staat
in den zwanziger Jahren verschuldet hatten. Im Frühjahr
1931 wurden immer mehr noch verbliebene kurzfristige Kredite abgezogen, sodass Deutschland am Rande
der Zahlungsunfähigkeit stand. In dieser Situation machte US-Präsident Herbert C. Hoover den Vorschlag, alle
zwischenstaatlichen Schulden für ein Jahr ruhen zu lassen, um das Vertrauen der Kreditmärkte in die deutsche
Wirtschaft zu beruhigen. Dies misslang, weil die Franzosen das Inkrafttreten dieses Hoover-Moratoriums durch
wochenlange Verhandlungen verzögerten. Am 13. Juli
1931 mussten alle deutschen Banken für mehrere Tage
schließen, Devisentransfer ins Ausland wurde verboten,
Deutschland war zahlungsunfähig.
In dieser Situation erkannten die ausländischen Privatgläubiger, allen voran die Amerikaner und die Briten,
dass die einzige Chance, ihre nach Deutschland geliehenen Milliarden je wiederzusehen, die Streichung der
Reparationen war. Denn selbst wenn die deutsche Wirtschaft sich wieder erholte, würden nach Ablauf des
Hoover-Moratoriums nicht genug Devisen vorhanden
sein, um Reparationen und private Schulden zahlen zu
können.
In zwei Gutachten vom Herbst 1931, dem LaytonBericht und dem Beneduce-Bericht, wurde die Zahlungsunfähigkeit Deutschlands nach dem Ende des HooverMoratoriums von internationalen Finanzexperten bescheinigt. Diese Berichte waren die Grundlage für die
Konferenz von Lausanne im Sommer 1932, die die deutschen Reparationsverpflichtungen gegen eine Restzah-
In der älteren Literatur findet man oft die These, dass das
Ende der Reparationen auf Brünings Deflationspolitik zurückzuführen, ja deren eigentlicher Zweck gewesen sei.
Dieser Meinung wird in der neueren Forschung widersprochen: Demnach glaubten Brüning und seine Mitarbeiter, dass die Deflationspolitik ein geeignetes Mittel
wäre, Deutschland aus der Weltwirtschaftskrise herauszuhelfen. Zwar spielte Brünings Deflationspolitik beim
Ende der Reparationen insofern eine Rolle, als sie in den
erwähnten Expertenberichten ausdrücklich gelobt wurde
(die privaten Gläubiger hofften nämlich, dass Deutschland dadurch wieder genug Devisen verdienen würde, um
die Privatschulden zurückzahlen zu können); tiefere Ursache für das Ende der Reparationen war aber der Zusammenbruch der deutschen Banken, der durch Brünings
ungeschickte Außenpolitik und die französische Weigerung ausgelöst wurde, dem zahlungsunfähigen Deutschland rasche und vertrauensstabilisierende Finanzhilfe zu
gewähren.[6]
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Londoner Schuldenabkommen die Rückzahlung der privaten deutschen
Auslandsverschuldung geregelt. Dazu gehörte auch ein
Teil der Reparationen, die 1930 auf Anleihenbasis vorfinanziert und damit in Privatschulden umgewandelt worden waren. Ihre Höhe wurde halbiert. Bis etwa 1983 zahlte die Bundesrepublik 14 Mrd. DM Schulden zurück. Allerdings wurden Zinsen in Höhe von 251 Millionen Mark
aus den Jahren 1945 bis 1952 bis zur Wiedervereinigung Deutschlands ausgesetzt und schließlich ab 3. Oktober 1990 wieder fällig. Die Bundesregierung gab darauf Fundierungsanleihen aus, die aus dem Bundeshaushalt getilgt wurden, die letzten am 3. Oktober 2010. Tilgung und Zinsen betrugen für 2010 etwa 56 Millionen
Euro.[7][8][9]
9 Reparationsleistung des Deutschen Reichs
Die Gesamtsumme der durch das Deutsche Reich erfolgten Zahlungen beträgt nach deutschen Angaben 67,7 Milliarden Goldmark, nach den alliierten Berechnungen aber
nur 21,8 Milliarden Goldmark. Die Differenz erklärt sich
21
6
12
durch eine unterschiedliche Bewertung zahlreicher Leistungspositionen. Selbst wenn die Gesamthöhe der erfolgten Zahlungen unklar bleibt, steht fest, dass das Deutsche Reich erhebliche Sachleistungen und Geldbeträge
erbracht hat.[10]
10
[2] Albrecht Ritschl, Deutschlands Krise und Konjunktur, 1924-1934: Binnenkonjunktur, Auslandsverschuldung
und Reparationsproblem zwischen Dawes-Plan und Transfersperre. Berlin: Akademie Verlag, 2002.
[3] vgl. John Singleton: „Destruction… and Misery“. The First
World War. in: Michael J. Oliver/Derek H. Aldcroft (Hg.):
Economic Disasters of the twentieth Century. Edmund Elgar, Cheltenham 2008 ISBN 978-1-84844-158-3 S. 9-50,
hier S. 34.
Literatur
• Robert E. Bunselmeyer: The cost of the war 1914–
1919. British economic war aims and the origins
of reparations. Archon Books, Hamden CT 1975,
ISBN 0-208-01551-5.
[4] Bruce Kent: The Spoils of War. The Politics, Economics,
and Diplomacy of Reparations 1918–1932. Clarendon,
Oxford 1989, S. 220–223.
[5] Harold James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise
1924–1936, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1988, S.
382.
• Philipp Heyde: Das Ende der Reparationen.
Deutschland, Frankreich und der Youngplan
1929–1932. Schöningh, Paderborn 1998, ISBN
3-506-77507-3.
[6] Philipp Heyde, Das Ende der Reparationen, Paderborn:
Schöningh 1998, 463–469.
• Bruce Kent: The Spoils of War. The Politics, Economics, and Diplomacy of Reparations 1918–1932.
Clarendon, Oxford 1989, ISBN 0-19-822738-8.
[7] Bundeswertpapierverwaltung: 27. Februar 2003 – 50
Jahre Londoner Schuldenabkommen. In: Monatsbericht
02.2003 Bundesministerium der Finanzen. Bundesministerium der Finanzen, Februar 2003, S. 91, 94, 95, abgerufen am 25. Juli 2008 (PDF).
• John Maynard Keynes: Krieg und Frieden. Die wirtschaftlichen Folgen des Vertrages von Versailles.
Herausgegeben und mit einer Einleitung von Dorothea Hauser. Berenberg-Verlag, Berlin 2006, ISBN
3-937834-12-5.
• Peter Krüger: Deutschland und die Reparationen
1918/19. Die Genesis des Reparationsproblems in
Deutschland zwischen Waffenstillstand und Versailler Friedensschluß. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1973, ISBN 3-421-01620-8.
[8] Deutschland zahlt noch immer Kriegsschulden.
[9] Der lange Schatten von Versailles.
[10] Eberhard Kolb, Der Frieden von Versailles, München:
C.H.Beck Wissen, 2005, S. 100.
• Werner Link: “Die amerikanische Stabilisierungspolitik in Deutschland 1921-32.” Droste Verlag,
Düsseldorf 1970.
• Albrecht Ritschl: Deutschlands Krise und Konjunktur 1924–1934. Binnenkonjunktur, Auslandsverschuldung und Reparationsproblem zwischen
Dawes-Plan und Transfersperre. Akademie-Verlag,
Berlin 2002, ISBN 3-050-03650-8.
11
Weblinks
• Artikel der Berliner Zeitung über die Reparationen
• Helmut Braun: Reparationen (Weimarer Republik).
In: Historisches Lexikon Bayerns. 20. August 2010,
abgerufen am 9. März 2012.
12
EINZELNACHWEISE
Einzelnachweise
[1] Stephen Schuker, American „Reparations“ to Germany,
1919-33: Implications for the Third-World Debt Crisis.
Princeton Studies in International Finance, 1988.
22
7
13
13.1
Text- und Bildquellen, Autoren und Lizenzen
Text
• Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Reparationen_nach_dem_Ersten_
Weltkrieg?oldid=147031701 Autoren: Schewek, Jed, Aka, IGEL, Langec, Markobr, Crux, Seewolf, Sansculotte, Muijz, Zwobot, Hadhuey, Intertorsten, Svencb, Hytrion, Hokuzai, Galaxy07, G, ChristianGlaeser, Res-berlin, Ot, ALE!, K v n e, Cornischong, Pischdi, Karima~dewiki, Teiresias, HenrikM, Michail, Cepheiden, Mogelzahn, Onkelkoeln, S.K., Leipnizkeks, Phi, ElRaki, Tlatosmd~dewiki, Zahnstein, He3nry, Batrox, Laza, Florian.Keßler, Philipp Claßen, Cor, Achim Raschka, Mandavi, Leser, -dw-, AF666, Scooter, Itti, Ist nicht
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