8. Mai 1919 Heute ist der schwärzeste Tag des Krieges, die Friedensbedingungen von Versailles! Alle Lebenslust versagt, das Herz stockt. Das ”vae victis” in grausamster, brutalster Gestalt verkünden die siegreichen Feinde. Noch erscheint es unfaßbar, daß ein solcher Frieden Wirklichkeit werden soll. Unmöglich! Aber was dann? Nein, das kann noch nicht das Ende des militärisch im Felde unbesiegten Staates sein! Der Bogen ist überspannt, aber woher kommt die Rettung? Welche Wirkung würde die Ablehnung erzielen? Neue Revolution bei uns oder bei den Anderen. Nirgends scheint ein Lichtstrahl, nur schwarze Wolken! Wozu noch das Leben? Der Versailler Vertrag – eine Friedenslösung? - Intentionen der Siegermächte - Das System der Pariser Vorortverträge - Bestimmungen und Folgen für die junge deutsche Republik - Möglichkeiten des propagandistischen Missbrauchs David Llyod George (1863 – 1945; engl. Premeirminister) Georges Clemenceau (1841 – 1929) frz. Ministerpräsident Woodrow Wilson (1856 – 1924; amerik. Präsident) Clemenceau vor den deutschen Delegierten am 7.5.1919: Es ist hier weder der Ort noch die Stunde für überflüssige Worte. Sie haben vor sich die Bevollmächtigten der großen und kleinen Mächte, die sich vereinigt haben, um den fürchterlichsten Krieg auszufechten, der ihnen aufgezwungen worden ist. Die Stunde der Abrechnung ist da. Sie haben uns um Frieden gebeten. Wir sind geneigt, ihn ihnen zu gewähren. Wir übergeben ihnen das Buch des Friedens. Jede Muße zu einer Prüfung wird ihnen gegeben werden… Der zweite Versailler Frieden ist zu teuer von uns erkauft worden, als dass wir es auf uns nehmen könnten, die Folgen dieses Krieges allein zu tragen. (…) als dass wir nicht einmütig entschlossen sein sollten, sämtliche uns zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden, um jede uns geschuldete Genugtuung zu erlangen … • Aufgabenstellung: (Besprechungen der „Großen Drei“ Versailles 27./28.3.1919) 1. Vergleichen Sie die Interessen Frankreichs und der USA in den Verhandlungen zur Erarbeitung eines Friedensvertrages 1919. 2. Stellen Sie die Argumentationslinie von Clemenceau dar und erläutern Sie die historischen Bezüge, welcher er sich bedient. 3. Beurteilen Sie, welche Macht die schlagkräftigeren Argumente besitzt und die Verhandlungen dominieren wird. Vergleich amerikan. und franz. Interessen in den Verhandlungen zum Versailler Vertrag • Amerikanische Position • Französische Position • Gleichbehandlung aller Völker ohne Missbrauch des Sieges • • Maßvolles Verhalten gegenüber Deutschland • Kein Missbrauch des Sieges und rücksichtsvolle Behandlung der Völker Nicht für Deutschland zutreffend! • Verhindern eines Revachegedankens • Beachtung der Sicherheitsinteressen Fra. • Behebung der Ursachen eines Krieges: „Unzufriedenheit der breiten Masse“ • Behebung der Ursachen eines Krieges: Schutz vor erneutem deutschen Angriff • Artikel 231 Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber aller Verluste und aller Schäden verantwortlich sind, welche die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Angehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben. • Artikel 232 Die alliierten und assoziierten Regierungen erkennen an, daß die Hilfsmittel Deutschlands nicht ausreichen, um die vollständige Wiedergutmachung aller dieser Verluste und aller dieser Schäden sicherzustellen, indem sie der ständigen Verminderung dieser Hilfsmittel Rechnung tragen, die sich aus den übrigen Bestimmungen dieses Vertrages ergibt. Die alliierten und assoziierten Regierungen verlangen indessen und Deutschland übernimmt die Verpflichtung, daß alle Schäden wieder gutgemacht werden, die der Zivilbevölkerung jeder der alliierten und assoziierten Regierungen und ihrem Eigentum während der Zeit, da diese Macht sich im Kriegszustand mit Deutschland befand, durch den erwähnten Angriff zu Lande, zur See und aus der Luft zugefügt sind, und überhaupt alle Schäden, wie sie in der Anlage I näher bestimmt sind ... [Anlage I: Ausnahmslos alle von Zivilpersonen erlittenen Schäden, Kriegsgefangenen durch schlechte Behandlung zugefügte Schäden, Rentenzahlungen an überlebende militärische Kriegsopfer, Unterhaltszahlungen an die Familien von Militärangehörigen u.a.m.] Bestimmungen des Versailler Vertrages Artikel 231 Alleinschuld Deutschlands Artikel 232 Wiedergutmachung als Pflicht Aufgabe: Stellen Sie zusammenhängend die daraus resultierenden Bestimmungen des Versailler Vertrages dar. Was wir verlieren sollen! Plakat zu den Beschlüssen der Friedenskonferenz von Versailles Louis Oppenheim 1919, Berlin Flugblatt zur Unterstützung der Regierung in der Frage nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrags Druck: Hempel & Co Berlin, 1919 Protestflugblatt gegen die Bedingungen der Versailler Vertrags Neumünster, 1919 Germania am Marterpfahl Propagandapostkarte gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrags Verlag: Josef Winter Oberndorf bei Salzburg, um 1920 Weiter Bestimmungen der Pariser Vorortverträge: 1. Der Friedensvertrag von Saint- Germain- en –Laye mit Österreich - Trennung Ungarns von Österreich - Südtirol bis zum Brenner an Italien - Anerkennung der selbstständigen Staaten Tschechoslowakei, Polen, Ungarn, Jugoslawien - Rüstungsbeschränkungen und Reparationen - Verbot der Vereinigung mit Deutschland 2. Der Friedensvertrag von Severes mit der Türkei - Internationale Kontrolle und Verwaltung der Meerengen - Rüstungsbeschränkungen - Gebietsabtretungen Reichsausschuß für das Deutsche Volksbegehren Berlin, Oktober 1929 A.Hitler: „Mein Kampf“, Bd. 2, 1927 Was konnte man aus diesem Friedensvertrag von Versailles machen! Wie konnte dieses Instrument einer maßlosen Erpressung und schmachvollsten Erniedrigung in den Händen einer wollenden Regierung zum Mittel werden, die nationalen Leidenschaften bis zur Siedehitze aufzupeitschen! Wie konnte bei einer genialen propagandistischen Verwertung dieser sadistischen Grausamkeiten die Gleichgültigkeit eines Volkes zur Empörung und die Empörung zur hellsten Wut gesteigert werden! Wie konnte man jeden einzelnen dieser Punkte dem Gehirn und der Empfindung dieses Volkes so lange einbrennen, bis endlich in sechzig Millionen Köpfen, bei Männern und Weibern, die gemeinsam empfundene Scham und der gemeinsame Haß in jenem einzigen feurigen Flammenmeer geworden wäre, aus dessen Gluten dann stahlhart ein Wille emporsteigt und ein Schrei sich herauspreßt: Wir wollen wieder Waffen! Jawohl, dazu kann ein solcher Friedensvertrag dienen. In der Maßlosigkeit seiner Unterdrückung, in der Schamlosigkeit seiner Forderungen liegt die größte Propagandawaffe zur Wiederaufrüttlung der eingeschlafenen Lebensgeister einer Nation.