Überlegungen zu einem möglichen Projekt

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Lebensmittelmikrobiologisches Praktikum SS 2016
(Master Lebensmittelchemie Uni Hohenheim/Uni Stuttgart)
Das Pflichtpraktikum wird in der Zeit vom 17.3. – 23.3.2016 ganztags durchgeführt.
Es gehört zum 2. Semester (SS2016) Masterstudium Lebensmittelchemie.
Kursbeginn ist täglich ab 8:30 mit einer Vorbesprechung im Seminarraum 0.106.
Ende in der Regel gegen 17:00. Gelegentlich kann eine Verlängerung, je nach
Experiment, erforderlich sein. Kursunterlagen wie z.B. Versuchsvorschriften können
Sie mit Ihrem ILIAS-Zugang zum Modul einsehen. Die Studierenden werden in
Zweiergruppen arbeiten. Es besteht Anwesenheitspflicht (tägliche Eintragung in
Anwesenheitslisten).
Der Kurs wird in diesem Rahmen erstmals mit Studierenden durchgeführt; es kann
daher gelegentlich zu Abweichungen vom geplanten Ablauf kommen. Wir bitten, dies
zu berücksichtigen.
Im Folgenden finden Sie die unsere Regeln für den Kurs und die Protokolle,
Regeln für sicheres Arbeiten und die theoretischen Grundlagen für die 4
Kursversuche. Die Übersicht über die Versuchsfolge an den einzelnen
Versuchstagen und die Durchführungsvorschriften finden Sie ab Fr. 13.3. im
ILIAS. Bitte bringen Sie die Versuchsvorschriften mit ins Praktikum und
vergessen Sie bitte Ihren Laborkittel nicht!
Unsere Regeln:
Die
erfolgreiche
Teilnahme
und
die
Vergabe
einer
entsprechenden
Bescheinigung über das Praktikum hängt auch von der Anerkennung der
Versuchsprotokolle durch die jeweiligen Betreuer statt.
Dafür gilt:
1. Die Protokolle sind für jeden Versuchsblock abzugeben (bis zum Freitag,
1.4.2016) im Sekretariat des Instituts für Mikrobiologie der Universität Stuttgart oder
elektronisch per e-mail an Prof. Sprenger). Protokolle, die später eingehen, gelten als
nicht abgegeben (kein Schein)!
2. Die Protokolle werden vom jeweiligen Betreuer innerhalb von 3 Wochen korrigiert
und sollen von den Autoren alsbald abgeholt werden. Nicht akzeptierte Protokolle
können innerhalb von 6 Wochen nach Praktikumsende maximal zweimal korrigiert
1
werden. Sollten die Protokolle auch dann nicht akzeptiert sein, so gilt das Praktikum
als nicht bestanden.
Es wird erwartet, dass aus den Protokollen eine angemessene, inhaltliche
Auseinandersetzung (Einleitung, Diskussion) mit dem Praktikum hervorgeht.
Vorbemerkungen
Vorbereitung: Durcharbeiten der Praktikumsvorschrift
(Theorie zu den einzelnen Versuchen; Praktikumsversuchsvorschriften werden in der
Woche vor dem Kurs im Ilias-System bekannt gegeben)
Alle Agarplatten, Röhrchen und Kolben ausreichend beschriften mit:
- Gruppennummer; - Versuchsnummer; - Art des Mediums; - Datum
Für die Beschriftung den schwarzen EDDING-Stift benutzen, nur diese Beschriftung
ist autoklavierfest. Enzymhaltige Zellextrakte, Enzyme und Coenzyme immer im
Eisbad (4°C) lagern.
Am Schluss eines jeden Arbeitstages Chemikalien zurückstellen und den Platz
säubern.
Hinweise zur Protokollführung und -gestaltung:
Die Protokolle sollen möglichst direkt am Tag der Versuchsdurchführung
geschrieben werden. Jeder soll sich vollständig die Messdaten notieren. Jede
Gruppe (in der Regel 2 Personen) gibt jeweils ein Protokoll zu einem Versuch ab.
Wird das Schreiben der Endfassung innerhalb der Gruppe aufgeteilt, soll der Name
desjenigen aufgeführt werden, der für die Endfassung verantwortlich ist.
Die Endfassung beinhaltet: - Kurze Erläuterung der Aufgabenstellung (mit Verweis
auf die Vorschrift, aber nicht durch Abschreiben von Teilen der Vorschrift !) und der
verwendeten Materialien und Methoden
- Aufführen der Messergebnisse und Auswertung. Um die Auswertung beurteilen zu
können, muss diese immer mit dem Aufführen der Originalmesswerte beginnen, nicht
mit bereits abgeleiteten, berechneten Daten.
- Diskussion der Ergebnisse. Evtl. Anhang mit Rohdaten.
Sinn der anzufertigenden Protokolle ist es, die Ergebnisse von experimentellen
Befunden in wissenschaftlicher Form so darzustellen und zu bewerten, dass sie von
anderen Personen nachvollzogen werden können. Ferner sollen die Protokolle in
2
einer äußeren Form vorgelegt werden, wie es in wissenschaftlichen Publikationen im
Life science Bereich üblich ist. Das bedeutet, dass gewisse formale Kriterien
eingehalten werden müssen:
-
Berichtsstil
-
Ergebnisse werden in der Vergangenheitsform dargestellt
-
Lehrbuchwissen wird im Präsens dargestellt
Gliederung des Protokolls in
o Einleitung (Allg. Thematik, Hintergrund der Versuche, Zielsetzung)
o Methoden (Methodik detailliert, so dass von jedem nachvollziehbar)
ggf. Abweichung von üblicher Vorgehensweise
o Ergebnisse (Ergebnisse im Berichtsstil, ggf. durch Abb. und Tabellen
belegen. Aber: die Abb./Tab. ergänzen den Text; sie ersetzen die
Nennung der Ergebnisse in eigenen Worten/Sätzen nicht!). Bitte keine
Phrasen wie: die Ergebnisse sind wie erwartet; oder, die Ergebnisse
sind in Abb.1 dargestellt.
o Diskussion (die erhaltenen Ergebnisse sind auf Plausibilität und
inhaltliche Bedeutung zu bewerten; hier dürfen – im Gegensatz zum
Ergebnisteil–auch Spekulationen gemacht werden; Vergleich mit den
Ergebnissen bei anderen Organismen bzw. bei vergleichbaren
Fragestellungen
o Literatur (vollständige Auflistung aller verwendeten Literatur oder
sonstiger Quellen, d. h. alle Autoren mit Initialen, Jahr, Titel des
Beitrages, Journal, Volume, Seitenzahl.
Dabei bitte beachten:
Abbildungen oder Tabellen haben immer (i) eine Überschrift und (ii) eine Legende.
Aus der Legende muss ersichtlich sein, was, wie gemessen wurde. Eine
Abb./Tabelle sollte immer für sich allein, d. h. auch ohne den begleitenden Text
verständlich sein.
Schlecht ist aber, wenn bestimmte Protokollteile ganz oder nahezu vollständig fehlen,
wenn die Abbildungen nicht für sich verständlich sind. Phrasen wie: „Der Versuch hat
gut geklappt“ oder „Die Ergebnisse sind in Abb. 1 zu sehen“ sind unbedingt zu
vermeiden. Richtig wäre hier z. B.: „Wie in Abb. 1 dargestellt, weisen 4 der 6
3
untersuchten Proben DNA-Fragmente einer Größe von 10 bis 20 kbp auf. In einer
Probe (#5) wurde ein Megaplasmid festgestellt (Größe außerhalb des Bereichs des
Standards) und Probe # 6 enthält offenbar keine DNA.“
Bei Abbildungen ist darauf zu achten, dass die Achsen beschriftet sind und die
jeweiligen Einheiten angeben sind. Bei Verwendung von verschiedenen Symbolen
müssen diese erklärt werden. Selbst Symbole wie „+“ und „-„ müssen erklärt werden.
Tabellen sollten immer den aufgenommenen Messwert enthalten (sowie die daraus
abgeleiteten Werte, z. B. OD-Werte nach geeigneter Verdünnung, theoretischer ODWert der unverdünnten Suspension)
Regeln für sicheres Arbeiten
- Die Türen der Arbeitsräume sollen während der Arbeiten geschlossen sein.
- In den Arbeitsräumen darf nicht getrunken, gegessen oder geraucht werden.
- Im Labor ist Schutzkleidung (Kittel) zu tragen, beim Umgang mit Säuren und
Laugen muss
eine Schutzbrille getragen werden.
- Mundpipettieren ist untersagt. Pipettieren darf nur mit Hilfe von mechanischen oder
automatischen Pipettierhilfen durchgeführt werden.
- Spritzen und Kanülen sollen nur wenn unbedingt nötig benutzt werden und müssen
in besonders gekennzeichneten Gefäßen gesammelt werden.
- Die offene Bunsenbrenner-Flamme ist eine sehr ernstzunehmende Quelle für
Verletzungen.
Die
Flamme
ist
mitunter
nur
sehr
schwer
zu
erkennen.
Verletzungsgefahr besteht z.B. beim Herunterbeugen während des Überimpfens,
oder beim Versuch, Kollegen beim Überimpfen zu helfen. Die Flamme soll daher nur
während der tatsächlich benötigten Zeit brennen!
- Bei allen Manipulationen muss darauf geachtet werden, dass keine vermeidbaren
Aerosole oder Stäube auftreten.
- Werden biologische Agenzien verschüttet, muss der betroffene Bereich umgehend
mit 80% Ethanol dekontaminiert werden.
- Nach Beendigung der Arbeit müssen die Hände sorgfältig mit Seife gewaschen
werden.
- Laborplätze sollen aufgeräumt und sauber gehalten werden. Auf den Arbeitstischen
sollen nur die tatsächlich benötigten Geräte und Materialien stehen.
4
- Nach Beendigung der Arbeiten sind die Organismen sachgerecht aufzubewahren
(deutliche Beschriftung mit Namen/Gruppennummer, Organismus, Datum) oder in
geeigneter Weise zu entsorgen. Mikroorganismen werden vor der Entsorgung durch
Autoklavieren abgetötet. Feste Abfälle (Petrischalen, benutzte Einmalhandtücher
usw.) werden in Säcke gegeben und autoklaviert, bevor sie in den Müll kommen.
Flüssige Abfälle oder Gerätschaften (Gefäße etc.) werden ebenfalls in geeigneten
Behältern autoklaviert.
Versuch 1: Isolierung von Mikroorganismen aus verschiedenen
Lebensmitteln
(Prof. Dr. Georg Sprenger, Marcel Wolfer, Emma Guitart Font)
Kursziele: Mikroorganismen spielen seit alters her eine wichtige Rolle in der
Gewinnung von Lebens- und Genußmitteln. Die Studierenden sollen anhand dreier
Beispiele (Hefe aus Weinferment, Edelschimmel aus Käse und Milchsäurebakterien
aus Joghurt) Methoden zur Anreicherung und Isolierung von Mikroorganismen
kennenlernen. Am Beispiel ausgewählter Versuche sollen danach die einzelnen
Mikroorganismen charakterisiert werden. Die pro- bzw. eukaryotischen
Mikroorganismen sollen abschließend durch Sequenzierung der ribosomalen rDNA
taxonomisch eingeordnet werden.
A) Reinzuchthefen aus Weinferment
Der eukaryotische Mikroorganismus Saccharomyces cerevisiae (auch Backoder Brauhefe genannt) ist einer der kommerziell bedeutendsten Mikroorganismen in
der Erzeugung alkoholischer Getränke und in der Lebensmittelindustrie. Dieser
Ascomycet vermehrt sich durch Knospung. Durch seine Eigenschaft Zucker zu CO2
und Ethanol abzubauen, wird S. cerevisiae zur Herstellung von Bier und Wein, sowie
als Backtriebmittel (hier ist vor allem die Kohlensäure von Bedeutung) in der
Herstellung von Teigwaren eingesetzt. Hefe ist als fakultativer Anaerobier in der Lage
Energie durch den Abbau von Kohlenhydraten mit Sauerstoff über die Zellatmung zu
gewinnen (aerober Stoffwechsel, hohe ATP-Ausbeute und Zellvermehrung, CO2 und
Wasser als Hauptprodukte). Unter Sauerstoffmangel (anaerober Stoffwechsel)
wachsen die Hefezellen wenig oder gar nicht und sie bilden durch die Glykolyse
Pyruvat, was zunächst zu Acetaldehyd decarboxyliert wird (Enzym: Pyruvat5
Decarboxylase, PDC) und anschließend zu Ethanol reduziert wird (Enzym: AlkoholDehydrogenase, ADH). ADH dient einerseits zur Entgiftung des sehr reaktiven
Acetaldehyds, vor allem aber zur Re-Oxidierung von NADH, welches in der
Glykolyse entstanden ist (1).
Heutzutage werden in der Lebensmittelindustrie hauptsächlich
Reinzuchthefen eingesetzt. Diese Stämme sind zumeist auf ihre spezifischen
Aufgaben optimiert. So können beispielsweise Brauhefen und die meisten anderen
Saccharomyces sp. (z.B. in der Weinherstellung) die Aminosäure L-Lysin nicht als
alleinige Stickstoffquelle nutzen (2).
In diesem Versuch sollen Reinzuchthefen der Gattung Saccharomyces aus einer
Wein-Fermentationsprobe isoliert und näher bestimmt werden. Konventionell können
Mikroorganismen unter dem Mikroskop in Kombination mit einfachen Wachstumsversuchen klassifiziert werden. So lassen sich beispielsweise metabolische und
physikalische Unterschiede durch das Wachstum auf Selektivmedien nachweisen.
Hierbei spielt die Verwertung einzelner Kohlenstoffquellen, die Wachstumstemperatur und der pH-Wert unter aeroben oder anaeroben Bedingungen eine
wichtige Rolle. Auch die potentielle Gasbildung ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal
(Detaillierte
Informationen
können
in
entsprechender
Fachliteratur
nachgelesen werden (z.B. Quelle 2).
Für die Isolate soll die Bildung von Ethanol anhand eines enzymatischen
Nachweistests (Enzym-Assay mit Alkoholdehydrogenase) überprüft werden. Des
Weiteren wird die Bildung von CO2 durch Gasbildung überprüft. Eine genauere
taxonomische Zuordnung ausgewählter Isolate erfolgt mittels der 26S-rDNA Analyse.
B) Isolierung von Edelschimmel (Penicillium sp.) aus Käse
Penicillium („Pinselschimmel“)- Arten gehören zu den Schlauchpilzen. Sie sind
für die Bildung zahlreicher antibiotischer Sekundärmetabolite (klassisch: Penicillin)
bekannt, sie werden aber auch zur Produktion von Enzymen (z.B. Lipasen,
Pektinasen, Amylasen) und wichtigen organischen Säuren (z.B. Zitronensäure)
eingesetzt. In der Lebensmittelindustrie werden sie des Weiteren zur Verbesserung
des Geschmacks verschiedener Käsesorten (Roquefort-, Camembert, Bayrischer
Blauschimmel, Gorgonzola-Käse usw.) sowie für die Schinken- und Wurstherstellung
verwendet.
Das Ziel dieses Versuchs ist es aus Gorgonzola- und Roquefort-Käse den jeweiligen
Edelschimmel zu isolieren und morphologisch zu charakterisieren. Mittels der 26S6
rDNA Analyse sollen die Stämme eindeutig identifiziert werden. Des Weiteren soll
eine mögliche Antibiotikabildung der Isolate in einem Agar-Diffusionstest mit
geeigneten Bakterienkulturen als Nachweissystem untersucht werden.
C) Isolierung von Milchsäurebakterien aus Joghurt
Milchsäurebakterien sind Gram-positive kokken- oder stäbchenförmige
Bakterien; sie können als Einzelzellen oder z.B. in Ketten (Streptokokken)
vorkommen. Sie leben fakultativ anaerob bzw. mikroaerophil (aerotolerant). Sie
besiedeln
natürlicherweise neben Kohlenhydrat-reichen Substrate wie Pflanzen
(siehe auch Sauerkraut-Versuch), Mischfutter und Silage auch die tierischen und
menschlichen Schleimhäute sowie ihren Verdauungstrakt. Wie ihr Name besagt
bauen
sie
Kohlenhydrate
Hauptstoffwechselprodukt
auf
ist
dem
Weg
Milchsäure
der
bzw.
Milchsäuregärung
Lactat
ab.
Ihr
(homofermentative
Milchsäuregärung). Je nach Mikroorganismus werden dabei die D- bzw. die LMilchsäure gebildet; einige Arten bilden neben Milchsäure auch Essigsäure und/oder
Ethanol (heterofermentative Milchsäuregärung).
Der Mensch nutzt die Leistungen der Milchsäurebakterien (lange Zeit
unbewusst) für die Gewinnung „milchsaurer“ Produkte wie Sauerkraut/Kimchi,
Pickles, Sauermilch, Sauerteig, Joghurt, Kefir, Magerkäse und sogar von einigen
Biersorten (Berliner Weiße) u.v.a.m.
Industriell werden Milchsäurebakterien
insbesondere in der Herstellung von Milcherzeugnissen genutzt. Die beiden Vertreter
Streptococcus thermophilus und Lactobacillus delbrückii ssp. bulgaricus sind wichtige
Vertreter in der Herstellung von Joghurt. Hierbei führt die Milchsäureproduktion der
Organismen zum Absenken des pH-Wertes und in Folge zur Verdickung der Milch
und dem typischen Geschmack, Geruch und der Konsistent der Produkte. Um
einheitliche Erzeugnisse zu erhalten sind gleichbleibende Bakterienverhältnisse von
großer Bedeutung. Joghurt wird immer häufiger als Träger sogenannter probiotischer
Mikroorganismen (vom Griechischen „pro bios“ = fürs Leben), welchen eine positive
Bedeutung für die Gesundheit nachgesagt wird, verwendet (z.B. Bifidobacterium
sp.)(1). Für den „probiotischen Effekt“ welcher nach heutigem Stand bei 10 6
koloniebildenden Einheiten pro Gramm (KFU/g) Joghurt liegt, ist auch hier eine
kontinuierliche Kontrolle wichtig (2). Auch die Kontrolle auf Verunreinigungen durch
Pathogene (Staphylokokken, Listerien) ist von besonderer Bedeutung. Die hohe
7
Anzahl verschiedener Mikroorganismen welche in einer Probe vorkommen können,
erfordert spezielle Nachweisverfahren. Wie in Versuchsteil A und B werden auch hier
Selektivmedien für die Isolierung eingesetzt. Details zu den Selektionskriterien und
zur Isolierung einzelner Jogurt-Bakterien sind in Quelle 1 bzw. entsprechender
Literatur beschrieben.
Ziel dieses Versuchs ist es S. thermophilus und L. bulgaricus mit Hilfe selektiver
Medien aus einer Joghurt-Probe nachzuweisen und die Lebendkeimzahl zu
bestimmen. Die Isolate werden anschließend basierend auf ihren morphologischen
und biochemischen Eigenschaften bestimmt. Eine genauere Zuordnung einzelner
Isolate erfolgt mittels der 16S rDNA Analyse.
Für den Versuch bekommt jede Gruppe eine Joghurt-Probe gestellt. Zusätzlich kann
von jeder Gruppe eine zweite (mitgebrachte) Probe analysiert werden.
Versuch 2: Anreicherung von Milchsäurebakterien aus Sauerkraut
Isolierung von Leuconostoc mesenteroides subsp. dextranicum
(apl. Prof. Dr. Andreas Stolz, Sibylle Bürger, Erik Eppinger)
Ziel:
Ähnlich
wie
in
Versuch
1
sollen
an
einem
einfachen
Beispiel
Anreicherungsstrategien zur Isolierung von Bakterien aus Sauerkraut und das
Potential
biochemischer
und
molekularbiologischer
Techniken
in
der
Bakterientaxonomie demonstriert werden.
Bei der Anreicherung und Isolierung eines Bakteriums aus Mischkulturen, wie
sie z.B. in Boden- und Wasserproben vorliegen, versucht man, ein möglichst
selektives Minimalmedium zu finden, das nur dem gesuchten Organismus das
Wachstum erlaubt oder ihn zumindest gegenüber allen anderen Konkurrenten
bevorzugt. Spezifische Faktoren, die man bei der Anreicherung benutzen kann, sind
z.B. Energie-, Kohlenstoff- und Stickstoffquelle, H-Akzeptor, Licht, Temperatur und
pH. Je extremer die Ansprüche bzw. Verträglichkeiten eines Organismus gegen
einen dieser Faktoren sind, desto leichter fällt seine Anreicherung und Isolierung.
Milchsäurebakterien vergären Kohlenhydrate auch in Gegenwart von Sauerstoff und
bilden
hierbei
entweder
fast
ausschließlich
Milchsäure
(homofermentative
Milchsäuregärung) oder Milchsäure und andere Säuren und/oder Alkohole
(heterofermentative Milchsäuregärung). Es handelt sich um unbewegliche Grampositive Bakterien, die heutzutage (zusammen u.a. mit Bacillus-Stämmen) zu den
Firmicutes gestellt werden. Milchsäurebakterien sind in der Umwelt weit verbreitet
8
und
können
aus
Milch
und
Milchprodukten,
sich
zersetzenden
Pflanzen,
Schleimhäuten von Tieren und Menschen und aus dem Darm isoliert werden. Die
meisten Milchsäurebakterien können nicht auf reinen Mineralmedien kultiviert werden
und benötigen verschiedene Aminosäuren und Vitamine als Suppline im Medium.
Milchsäurebakterien besitzen eine große biotechnologische Bedeutung in der
Lebensmittel-Industrie, insbesondere bei der Herstellung von Milchprodukten (z.B.
Joghurt, Käse), Rohwürsten (z.B. Salami) und pflanzlichen Produkten (z.B.
Sauerkraut). In diesen Prozessen konservieren sie einerseits die Lebensmittel durch
die mit der Milchsäure-Bildung verbundene Ansäuerung, beeinflussen durch die
Ansäuerung (und die Bildung von extrazellulären Polymeren) aber auch die
Konsistenz der Produkte. Außerdem haben die von den Milchsäurebakterien
gebildeten Säuren und Alkohole einen großen Einfluss auf den Geschmack der
Nahrungsmittel. Neben der Anwendung in der Lebensmittel-Industrie werden
Milchsäurebakterien auch großtechnisch für die Produktion von Chemikalien, wie
Milchsäure (z.B. zur Synthese von Polylactid) oder Dextran (z.B. zur Synthese von
Sephadex) eingesetzt.
Die Gattung Leuconostoc umfasst heterofermentative Milchsäure-Bakterien, die
Glukose zu äquimolaren Mengen an D-Milchsäure, Ethanol und CO2 vergären.
Vertreter dieser Gattung können vielfach von Pflanzen-Materialien isoliert werden. Im
mikroskopischen Bild zeigen sie i.A. eher „ovoide“ Formen (keine „echten“ Kokken).
Der Gattungsname leitet sich vom griechischen „leukos“ (hell, klar) ab und bezieht
sich auf das Aussehen der Kolonien. Beim Wachstum auf dem Disaccharid
Saccharose (Rohrzucker) verwerten die meisten Leuconostoc-Arten zunächst primär
den Fructose-Anteil des Substrats und polymerisieren den verbleibenden GlucoseAnteil zu dem Polysaccharid Dextran, das primär aus -1,6-glykosidisch verknüpften
Glucose-Einheiten besteht, aber häufig auch -1,3-Verzweigungen enthält. Viele
Leuconostoc-Stämme
Agarplatten
bilden
beim
Wachstum
auf
Saccharose-enthaltenden
große Mengen an Dextran, das dann um die Bakterienkolonien als
schleimige Masse für das bloße Auge sichtbar wird.
In dem hier beschriebenen Versuchsteil soll der Dextran-bildende Stamm
Leuconostoc mesenteroides subsp. dextranicum von Pflanzenmaterial isoliert und
charakterisiert werden. Literatur: Steinbüchel, A., F.B. Oppermann-Sanio, C. Ewering & M.
Pötter. 2013, Mikrobiologisches Praktikum. Versuche und Theorie. 2. Auflage, Springer Spektrum.
9
Versuch 3: Bakteriophagen der Milchsäurebakterien
(apl. Prof. Dr. Dieter Jendrossek; Simone Reinhardt, Anna Schweter)
Bakteriophagen und ihre Bedeutung in der
Lebensmittelindustrie und Medizin
Biotechnologie,
Unter Bakteriophagen versteht man Viren, die (ausschließlich) Bakterien als Wirte
befallen.
Bakteriophagen
verfügen
wie
andere
Viren
auch
über
keinen
eigenständigen Stoffwechsel sondern sind auf den Stoffwechsel ihres Wirtes
angewiesen. Bakteriophagen bestehen im Wesentlichen aus nur zwei Komponenten,
nämlich ihrer Erbsubstanz (Nukleinsäure: DNA oder RNA!) im Inneren und einer die
Nukleinsäure umgebenden Proteinhülle. Die Proteinhülle besteht häufig nur aus
(zahlreichen) Kopien von nur einer einzigen (oder wenigen) Proteinsorten, die sich zu
einer Proteinhülle (Kapsid) zusammenlagern und zusammen mit der DNA das
sogenannte
Nukleokapsid
morphologische
bilden.
Besonderheiten
Manche
(aus
Bakteriophagen
weiteren
Proteinen),
enthalten
z.B.
noch
Schwanz-
strukturen/Tentakeln, mit deren Hilfe die Bakteriophagen ihre Wirte erkennen und
z.B. an spezielle Rezeptorproteine der Zelloberfläche des Wirtes "andocken".
Nach der Bindung an den Wirt, erfolgt die Injektion der Bakteriophagen-Nukleinsäure
(Phagen-Gene) in die Wirtszelle. Die Phagen-Gene bewirken danach die Umstellung
des Stoffwechsels der Wirtszelle auf die Synthese von neuen Phagenpartikeln (d. h.
Replikation der Nukleinsäure, Synthese von Hüllproteinen mithilfe der wirtseigenen
"Infrastruktur", d.h. mit Hilfe von wirtseigenen Enzymen und Ribosomen). Nach der
Synthese der Phagen-Bestandteile erfolgt die Assemblierung dieser Teile zu
infektiösen Phagenpartikeln spontan. Durch Zelllyse des Wirtsbakteriums erfolgt
dann die Freisetzung der neuen Phagenpartikel und ein neuer Zyklus kann mit der
Infektion von weiteren Wirtszellen erfolgen. Die Zeit zwischen der Infektion einer
Wirtszelle und der Freisetzung der Tochter-Bakteriophagen beträgt je nach
Wirt/Phagenspezies und den Umweltbedingungen (z.B. Temperatur) zwischen ca. 20
min bis wenige Stunden. Nach wenigen Stunden und Bakteriophagen-Zyklen ist die
gesamte Bakterienkultur zusammengebrochen und nahezu vollständig lysiert (=
lytischer Lebenszyklus).
Viele Bakteriophagen haben die Möglichkeit, neben dem oben beschriebenen
lytischen Zyklus, also der wiederholten Infektion von Wirtszellen und anschließender
Freisetzung der Tochtergeneration von Bakteriophagen, einen sogenannten
10
lysogenen Lebenszyklus einzuschlagen. Dabei erfolgt nach der Infektion der
Wirtszelle mit der Einschleusung der Bakteriophagen-Nukleinsäure eine Integration
der Phagen-DNA (u.U. nach Überschreibung aus RNA) in das Chromosom der
Wirtszelle. Unter diesen Bedingungen erfolgt keine unmittelbare Produktion neuer
Phagenpartikel, sondern nur die DNA des Bakteriophagen vermehrt sich im Zuge der
Replikation der Bakterien-DNA, d. h. jede Bakterien-Tochterzelle enthält ebenfalls
eine Kopie der Phagen-DNA. Der Bakteriophage "schläft" gewissermaßen. Durch
plötzliche
Veränderung
der
Umweltbedingungen
(z.B.
durch
Temperaturveränderung) kann der "schlafende Bakteriophage" den lysogenen
Zustand verlassen und wieder in den lytischen Zyklus wechseln, d. h. mit der
Produktion neuer Phagenpartikel beginnen und die Wirtszelle wenig später unter
Freilassung der Tochterphagen durch Zelllyse abtöten.
Bakteriophagen sind in der Natur weit verbreitet und können fast alle Arten
von Prokaryoten (Bacteria, Archaea) befallen. Sie weisen meist eine recht hohe
Wirtsspezifität auf. Bakteriophagen kontrollieren die Zelldichte von Bakterien in vielen
Ökosystemen (z.B. in Teichen, Boden). Bakteriophagen stellen auch ein ernstes
Problem
in
der
Biotechnologie
und
Nahrungsmittelindustrie
dar,
z.B.
in
biotechnologischen Verfahren, bei denen das gewünschte Produkt durch eine
vorangehende exponentielle Vermehrung der beteiligten Mikroorganismen erfolgt
(z.B. bei der Herstellung von Glutaminsäure durch Corynebakterium glutamicum, bei
der Essigsäureherstellung durch Essigsäurebakterien oder bei der Herstellung von
Starterkulturen
für
die
Milchindustrie
(Joghurtbakterien)).
In
solchen
biotechnologischen Verfahren kann der Befall der Kultur mit Bakteriophagen rasch
zum Totalausfall der Produktion führen. Es kann z.B. bereits ausreichen, wenn die
mit (lysogenen) Bakteriophagen befallen Bakterien von nur einer Kuh
in
die
Joghurtproduktion bzw. in die Produktion von Starterkulturen gelangen. Darüber
hinaus ist es extrem
schwierig,
einmal mit Bakteriophagen
kontaminierte
Industrieanlagen wieder völlig frei von Bakteriophagen zu bekommen. Aus den oben
genannten Gründen ist es für die Biotechnologie wichtig, Bakterienkulturen zu
entwickeln, die eine hohe Resistenz gegenüber ihren spezifischen Phagen
ausweisen (z.B. durch Mutation von Genen für Rezeptorproteine an der
Zelloberfläche) und die frei von lysogenen, also im Genom "schlafend" vorhandener,
Bakteriophagen sind.
11
Andererseits können Bakteriophagen auch helfen, unerwünschte Keime zu
unterdrücken. Es gibt in der Lebensmittelindustrie bereits kommerziell erhältliche
Phagenkulturen (z.B. ListShild, Listex P100), die Bakteriophagen gegen in
Lebensmitteln häufig vorkommenden Problemkeime verwenden (Listerien [Listeria
monocytogenes], z.B. in Rohmilchprodukten). Des Weiteren sind eine Reihe von
Bakteriophagen mit Spezifität gegen human-pathogene Bakterien bekannt und
wurden bereits zur Behandlung von bakteriellen Infektionen, insbesondere bei
Hautinfektionen, erfolgreich eingesetzt. Die Bedeutung von Bakteriophagen zur
Infektionsbehandlung wird bei fortschreitender Verbreitung von multi-resistenten
Keimen (Bakterien, die gegen viele/alle bekannten Antibiotika resistent sind) in der
Zukunft vermutlich zunehmen.
Versuch 4: Tryptophanbildung durch Biotransformation mit
rekombinanten Escherichia coli -Zellen
(Dr. Jung-Won Youn; Erik Eppinger, Emma Guitart Font)
Ziel des Versuches
Im Rahmen dieses Versuches soll die Bildung einer wirtschaftlich relevanten
aromatischen Aminosäure, L-Tryptophan, durch die Biotransformation mit ruhenden,
rekombinanten Escherichia coli Zellen beobachtet und untersucht werden.
Einleitung: Aminosäureproduktion mit Hilfe von Mikroorganismen
Proteinogene Aminosäuren sind Bausteine von Proteinen und bestehen aus
mindestens einer Aminogruppe (-NH2) und einer Carboxylgruppe (-COOH). Jedoch
werden und können nicht alle Aminosäuren im Menschen (oder Nutztier) selbst
hergestellt werden. Diese sogenannten essentiellen Aminosäuren müssen zusätzlich
über die Nahrung aufgenommen werden. Die Anwendungsbereiche verschiedener
Aminosäuren sind groß. Diese werden sowohl in der Tierfutterindustrie, wie auch in
der Lebensmittel- und pharmazeutischen Industrie eingesetzt (Abb. 1, Tab.1). Die
industrielle
Herstellung
von
L-Aminosäuren
mit
Mikroorganismen
hat
den
entscheidenden Vorteil, dass im Gegensatz zur chemischen Synthese keine
Racemate von D-/L- Aminosäuren entstehen. Somit entfällt mit der mikrobiologischen
und
biotechnologischen
Herstellung
die
komplizierte
Aufbereitung
der
L-
Aminosäuren. Diese 20 üblichen Aminosäuren werden aus verschiedenen
Zentralstoffwechselwegen
abgeleitet.
Die
Biosynthese
der
Aminosäuren
ist
12
normalerweise streng und auf verschiedenen Ebenen reguliert, so dass von den
Zellen keine überschüssigen Aminosäuren gebildet und ausgeschieden werden.
Abb1. Anwendungsbereiche von verschiedenen Aminosäuren. (Quelle: (1) Appl Microbiol
Biotechnol. 69: 1-8)
Tab. 1 Übersicht durch biotechnologischen Verfahren gewonnene Aminosäuren (aus
Positionspapier der DECHEMA e.V., 2004, Industrielle Mikrobiologie, 2013 Springer Spektrum R.
Takors (Hrsg.)und (2) ), aktualisiert für 2015: G.S.
Aminosäuren
Mengen [t/a]
Anwendung
L-Glutamat
ca. 2.800.000
Geschmacksverstärker
L-Lysin
ca. 2.000.000
Futtermittel
L-Threonin
430.000
Futtermittel
L-Aspartat
13.000
Aspartam Herstellung
L-Phenylalanin
ca. 30.000
Aspartam, Medizin
L-Tryptophan
ca. 20.000
Ernährung, Futtermittel
L-Arginin
2000
Medizin, Kosmetik
L-Cystein
4.000
Pharma, Lebensmittel
L-Alanin
1500
Infusionslösungen
L-Methionin
Biologisch: 400
Infusionslösungen,
Chemisch: ca. 600.000
Futtermittel
13
Zu den Regulationsmechanismen in der Aminosäurebiosynthese gehören die
Transkriptionsregulation durch Repression (z.B. TrpR-Repressor bei Escherichia
coli, Corepressor ist dabei L-Tryptophan), die Regulation auf Translationsebene
durch Attenuation (z.B. bei Tryptophan, Histidin, Isoleucin u.a. ) sowie die
feedback-Inhibition
durch
Endprodukte
an
Schrittmacherenzymen
(Eingangsreaktionen) von Biosynthesestrecken (z.B. Aspartat-Familie, aromatische
Aminosäuren).
Das Interesse an der Aminosäuregewinnung entstand 1908 in Japan mit der
Entdeckung, dass Glutaminsäure (bzw. das Salz Mono-Natrium-Glutamat, MSG) als
Geschmacksverstärker in Suppen und Speisen wirkt („umami“). Bereits 1909 brachte
die Firma Ajinomoto Co. Mono-Natrium-Glutamat (aus Proteinhydrolysaten) auf den
japanischen Markt. [Erst vor einigen Jahren wurde entdeckt, dass „umami“ (auf
deutsch in etwa „würzig“) die fünfte Geschmacksempfindung der menschlichen
Zunge darstellt, neben den lange bekannten süß, sauer, salzig und bitter]. Bereits
1957 wurde bei der Suche nach einem natürlich vorkommenden GlutamatProduzenten
bei
Screening-Versuchen
durch
Kinoshita
das
gram-positive
keulenförmige Bakterium Corynebacterium glutamicum isoliert. Heute ist C.
glutamicum
ein
herausragender
Organismus
für
die
industrielle
Amino-
säureproduktion, mit je mehr als 2 Mio Tonnen L-Glutamat bzw. L-Lysin pro Jahr bei
steigendem Bedarf. Seit 1958 produziert die Firma Kyowa Hakko Co. mit C.
glutamicum (heutiger Name) Glutaminsäure; weitere Firmen wie Ajinomoto, BASF,
ADM, CJ Cheiljedang oder Evonik folgten nach.
Der große wirtschaftliche Erfolg des Einsatzes von C. glutamicum führte seit ca. 1985
in verstärktem Maße dazu, dass auch andere L-Aminosäuren wie L-Lysin oder LThreonin mit Hilfe genetisch veränderter Bakterienstämme in großem Maße
produziert werden. Durch gezielte Stammverbesserungen sind inzwischen auch
Escherichia coli-Stämme für die aromatische Aminosäureproduktion, wie LPhenylalanin und L-Tryptophan, entwickelt worden. Das Ziel der Stammoptimierung
ist mit Hilfe von gentechnischen Methoden gezielt die Ausbeute zu erhöhen und
Nebenprodukte zu minimieren.
Tryptophanbildung durch Biotransformation mit E. coli-Zellen
L-Tryptophan ((S)-1-Amino-2-Indolylpropionsäure) ist eine proteinogene Aminosäure
mit einem aromatischen Strukturanteil (Abb. 2) und ist ein essentieller Bestandteil der
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Ernährung. Menschen und viele Tiere sind nicht in der Lage Tryptophan selbst zu
synthetisieren und müssen es über die Nahrung aus Pflanzen und mikrobiellen
Quellen aufnehmen, um neben Proteinen auch andere Verbindungen wie z.B. den
Neurotransmitter Serotonin bilden zu können. Daher ist Tryptophan vom großen
Interesse als Nahrungsmittelergänzungsmittel.
Die industrielle Produktion erfolgt z.B. durch Biotransformation mit ruhenden E. coliZellen aus L-Serin und Indol; dazu wird ein Mutantenstamm mit erhöhter
Tryptophansynthase-Aktivität
verwendet.
Tryptophansynthase
ist
ein
hetero-
tetrameres Enzym (zwei α- und zwei β- Untereinheiten, Gene trpA und trpB). Die βUntereinheit der Tryptophansynthase katalysiert den letzten Schritt zum LTryptophan. Tryptophansynthase verbindet in der Biotransformation L-Serin und
Indol zu L- Tryptophan (Teilreaktion des Enzyms!); seine Funktion in der Biosynthese
ist in Abb. 2 dargestellt.
Abb. 2: Reaktion der durch die Tryptophan-Synthase katalysierten Synthese von L-Tryptophan.
Indol-3-glycerin-phosphat wird zunächst unter Abspaltung von Glycerinaldehyd-3-phosphat (GAP) zu
Indol umgesetzt. Die ß-Untereinheit (TrpB) katalysiert anschließend die Kondensation von Indol und LSerin zu L-Tryptophan.
Praktischer Teil Tryptophan-Synthese:
Ziel des Praktikumsteils ist mit Hilfe eines rekombinanten E. coli-Stammes
Tryptophan durch eine Biotransformation mit Indol und Serin zu produzieren. Die
Tryptophansynthase soll für die Umsetzung zunächst überproduziert werden
(Überproduktion von Proteinen (TrpAB)). Die ruhenden E. coli-Zellen sollen dann in
einer Ganzzell-Biotransformation Indol und Serin zu Tryptophan umsetzen. Die
qualitative und quantitative Bestimmung von Indol wird photometrisch mit Kovac´s
Reagenz (4-(N,N-Dimethylamino)-benzaldehyd) während der Biotransformation
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durchgeführt, um den Verbrauch an Indol zu verfolgen. Die quantitative Bestimmung
von Tryptophan und ebenfalls Indol erfolgt mit Hilfe der Flüssigkeitschromatographie
(HPLC).
Weiter führende Literatur:
1.
Leuchtenberger W, Huthmacher K, Drauz K. 2005. Biotechnological production of
amino acids and derivatives: current status and prospects. Appl Microbiol Biot 69:1-8.
2.
Rodriguez A, Martinez JA, Flores N, Escalante A, Gosset G, Bolivar F. 2014.
Engineering Escherichia coli to overproduce aromatic amino acids and derived compounds.
Microbial cell factories 13:126.
3.
Takors R (Hrsg.), 2013 Industrielle Mikrobiologie, Springer Spektrum
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