Arbeitsbericht NAB 13-31 Geologisches Baugrundmodell für das geologische Standortgebiet Jura Ost als Proxi für den Faziesraum West Dezember 2014 D. Biaggi, E. Wüthrich, A. Teuscher, J. Mayoraz Geotechnisches Institut, Bern Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Hardstrasse 73 CH-5430 Wettingen Telefon 056-437 11 11 www.nagra.ch Arbeitsbericht NAB 13-31 Geologisches Baugrundmodell für das geologische Standortgebiet Jura Ost als Proxi für den Faziesraum West Dezember 2014 D. Biaggi, E. Wüthrich, A. Teuscher, J. Mayoraz Geotechnisches Institut, Bern KEYWORDS Zugangsbauwerk geologisches Tiefenlager, Baugrundmodell, Erfassen des Gebirges nach SIA 199, Vorstudie, Tafeljura, Vorfaltenzone, Stratigraphie Jura Ost, SGT Etappe 2 Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Hardstrasse 73 CH-5430 Wettingen Telefon 056-437 11 11 www.nagra.ch Nagra Arbeitsberichte stellen Ergebnisse aus laufenden Forschungsaktivitäten dar, welche nicht zwingend einem vollumfänglichen Review unterzogen wurden. Diese Berichtsreihe dient dem Zweck der zügigen Verteilung aktueller Fachinformationen. Die Autoren haben ihre eigenen Ansichten und Schlussfolgerungen dargestellt. Diese müssen nicht zwingend mit denjenigen der Nagra übereinstimmen. "Copyright © 2014 by Nagra, Wettingen (Schweiz) / Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschliesslich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ausserhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Nagra unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen und Programmen, für Mikroverfilmungen, Vervielfältigungen usw." I NAGRA NAB 13-31 Zusammenfassung Beim Einengungsverfahren in Etappe 2 des Sachplans geologische Tiefenlager (SGT) wird unter anderem für die verschiedenen Standortgebiete die bautechnische Machbarkeit der Zugangsbauwerke nach Untertag für das HAA- und das SMA-Tiefenlager bewertet. Dazu werden Baugrundmodelle benötigt, aus welchen geotechnische Gefährdungsbilder abgeleitet werden können. Es handelt sich um Baugrundmodelle auf Stufe "Vorstudie" im Rahmen der Projektentwicklung, die sich formal an die Empfehlungen der SIA 199 "Erfassen des Gebirges im Untertagbau" (SIA 1998) anlehnen. Gegenstand des vorliegenden Berichts ist eine katalogartige, formationsspezifische, geotechnische und hydrogeologische Charakterisierung der Gesteinsschichten, die mit den Zugangsbauwerken (Rampe, Schächte) in den geologischen Standortgebieten westlich des unteren Aaretals (Jura Ost, Jura-Südfuss) durchfahren werden. Behandelt werden die Gesteins- und Gebirgseigenschaften der Festgesteine von der Oberfläche bis zum Opalinuston. Die Darstellung der Baugrundmodelle ist richtungsunabhängig und es werden die verschiedenen Tiefenbereiche diskutiert. Da in dieser Projektphase noch kein Datensatz von Feld- und Laboruntersuchungen vorliegt, der speziell für die Projektierung dieser Zugangsbauwerke erhoben worden wäre, stammen sämtliche Daten aus vorhandenen geologischen Unterlagen bzw. sind als Schätz- und Erfahrungswerte zu betrachten. Im Rahmen der weiteren Projektentwicklung wird dieser Datensatz aufgrund spezifischer Feld- und Laboruntersuchungen überarbeitet und ergänzt. Die Baugrundmodelle dienen als Grundlage für standortspezifische geologische Längsschnitte entlang der Zugangsbauwerke von der Oberflächenanlage bis zum Haupterschliessungspunkt des Lagers untertage, welche mit geotechnischen Datenbändern unterlegt werden. Dabei wird auch die jeweilige Tiefenlage der Zugangsbauwerke berücksichtigt (z.B. Wasserdrücke). Diese Längsschnitte sind nicht Gegenstand des vorliegenden Berichts. III NAGRA NAB 13-31 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung .......................................................................................................................... I Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................................ III Figurenverzeichnis ........................................................................................................................V Beilagenverzeichnis ......................................................................................................................V 1 1.1 1.2 1.3 Einleitung ................................................................................................................ 1 Aufgabenstellung ...................................................................................................... 1 Abgrenzung des Betrachtungsperimeters ................................................................. 4 Themenorientierte Abgrenzung ................................................................................ 5 2 Angaben zur Methodik........................................................................................... 7 3 Geologisch-tektonischer Überblick ....................................................................... 9 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 Beschreibung der Festgesteine............................................................................. 17 Molasse ................................................................................................................... 18 Bohnerz-Formation ................................................................................................. 20 Villigen-Formation ................................................................................................. 21 Wildegg-Formation................................................................................................. 23 Ifenthal-Formation .................................................................................................. 25 Hauptrogenstein- und Klingnau-Formation ............................................................ 26 Passwang-Formation............................................................................................... 28 Opalinuston ............................................................................................................. 29 5 5.1 5.2 5.3 Strukturgeologie ................................................................................................... 31 Schichtung .............................................................................................................. 31 Klüftung und Störungen ......................................................................................... 31 Störungszonen ........................................................................................................ 32 6 6.1 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 6.3.6 6.4 6.5 Hydrogeologische Verhältnisse............................................................................ 33 Grundsätzliche Bemerkungen ................................................................................. 33 Hydrogeologische Charakterisierung der Gesteine ................................................ 33 Karst........................................................................................................................ 35 Allgemeines ............................................................................................................ 35 Karst-Typen ............................................................................................................ 35 Karsthöhlendichte im Aargauer Jura ...................................................................... 36 Verkarstungspotenzial als Funktion des Vorfluterniveaus ..................................... 36 Verkarstungspotenzial der auftretenden Formationen ............................................ 37 Karstwasserspiegel ................................................................................................. 39 Betonaggressivität der anfallenden Wässer ............................................................ 40 Wasserandrang........................................................................................................ 41 NAGRA NAB 13-31 IV 6.6 6.7 Porenwasserdrücke ................................................................................................. 42 Quellende Gesteine ................................................................................................. 42 7 Gebirgstemperatur ............................................................................................... 43 8 Gasführung............................................................................................................ 45 9 Erläuterung zum Baugrundmodell (Beilage 1) und zur Prognosegenauigkeit ............................................................................................. 47 10 Vergleich der Standortgebiete Jura Ost und Jura-Südfuss .............................. 49 11 Referenzverzeichnis .............................................................................................. 51 V NAGRA NAB 13-31 Figurenverzeichnis Fig. 1: Lagerkonzepte und Zugangsbauwerke der geologischen Tiefenlager SMA (a) und HAA (b)........................................................................................................ 1 Fig. 2: Schematisches Sammelprofil, Gebiet Jura Ost. ........................................................ 3 Fig. 3: Reduktion des Planungsperimeters auf den Betrachtungsperimeter. ........................ 4 Fig. 4: Betrachtungsperimeter, Basis topographische Karte 1:200'000. .............................. 9 Fig. 5: Tektonisches Regime (Nagra 2008). ...................................................................... 10 Fig. 6: Betrachtungsperimeter, Basis tektonische Karte 1:200'000. .................................. 10 Fig. 7: Lithostratigraphische Bezeichnungen. .................................................................... 12 Fig. 8: Stratigraphisches Schema des Doggers nach Bläsi et al. (2013). ........................... 13 Fig. 9: Geologische Übersicht sowie bestehende Tunnelbauten im und um den Betrachtungsperimeter. ........................................................................................... 14 Fig. 10: Abdeckung des Betrachtungsperimeters durch geologische Atlasblätter. .............. 15 Fig. 11: OSM (bunte Mergel) im Aufschluss....................................................................... 19 Fig. 12: OSM (Juranagelfluh) im Aufschluss. ..................................................................... 19 Fig. 13: Bohnerz-Formation im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Weiach). ............. 21 Fig. 14: Villigen-Formation im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Weiach). ............. 22 Fig. 15: Effinger Schichten im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Oftringen). ........... 24 Fig. 16: Gerstenhübel-Schichten (Kalkbankabfolge innerhalb der Effinger Schichten) im Aufschluss. ........................................................................................................ 24 Fig. 17: Ifenthal-Formation im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Oftringen)............ 25 Fig. 18: Hauptrogenstein-Formation im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Oftringen). .............................................................................................................. 27 Fig. 19: Opalinuston im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Riniken). ........................ 30 Fig. 20: Höhlen und Stollen im Betrachtungsperimeter (Figur durch SISKA erstellt). ....... 36 Fig. 21: Auftreten von rezentem und Plio-Pleistozänem Karst in der Villigen- und Hauptrogenstein-Formation als Funktion der Vorfluterniveaus. ............................ 38 Fig. 22: Karstwasserspiegel im Blockmodell Villigen-Formation. ...................................... 39 Fig. 23: Karstwasserspiegel im Blockmodell Hauptrogenstein-Formation. ........................ 40 Beilagenverzeichnis Beilage 1: Geologisches Längenprofil (abstrahiert auf der Basis des Sammelprofils Gebiet Jura Ost) Beilage 2: Foliensatz: Illustrationen zum Baugrundmodell Jura Ost 1 1 Einleitung 1.1 Aufgabenstellung NAGRA NAB 13-31 Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat im Oktober 2008 aufgrund sicherheitstechnischer Kriterien sechs potenzielle geologische Standortgebiete vorgeschlagen. Eines davon ist das im Kanton Aargau liegende Gebiet Jura Ost. Es erfüllt auf Stufe Etappe 1 des Sachplans geologische Tiefenlager (SGT) sowohl die Anforderungen für schwach bis mittelaktive Abfälle (SMA) als auch für hochaktive Abfälle (HAA). Das bevorzugte Wirtgestein ist der Opalinuston und die Tiefenlagen der optimierten Lagerperimeter sind für SMA 400 – 550 m unter Terrain und für HAA 450 – 600 m unter Terrain. Im Folgenden wird das Stanortgebiet Jura Ost ausführlich und als Proxi für den Faziesraum West diskutiert. Beim Einengungsverfahren der Etappe 2 des SGT soll unter anderem die bautechnische Machbarkeit eines HAA- und eines SMA-Tiefenlagers bewertet werden. Gegenstand des vorliegenden Berichts ist die geotechnische und hydrogeologische Charakterisierung der Gesteinsschichten, die durch das Zugangsbauwerk durchfahren werden. Der Lagerzugang kann mit einer Rampe und/oder Schächten erfolgen (Fig. 1). Da die Trasseeführung des Zugangsbauwerks noch nicht feststeht, soll kein bestimmter Verlauf des Bauwerks angenommen werden (die Beurteilung soll alle Richtungen abdecken). Die Vorgaben im Sachplanverfahren basieren darauf, dass beide Varianten (Rampe/Schacht) sicher umsetzbar sind. 400 – 550 m u.T. (a) (b) 450 – 600 m u.T. Fig. 1: Lagerkonzepte und Zugangsbauwerke der geologischen Tiefenlager SMA (a) und HAA (b). NAGRA NAB 13-31 2 Behandelt werden die Gesteins- und Gebirgseigenschaften von der Oberfläche (ohne Quartär) bis zum Opalinuston. Es handelt sich um ein Baugrundmodell auf Stufe "Vorstudie" 1, das sich formal an die Empfehlungen der SIA 199 "Erfassen des Gebirges im Untertagbau" (SIA 1998) anlehnt, das heisst, die Darstellung der Gebirgsverhältnisse erfolgt in einem abstrahierten Längenprofil (vgl. Beilage 1). Abstrahiert deshalb, weil wie oben erwähnt die Trasseeführung des Zugangsbauwerks noch nicht festgelegt ist. Da auch kein Datensatz über Feld- und Laboruntersuchungen vorliegt, der speziell für die Projektierung dieses Zugangsbauwerks erhoben worden wäre, stammen sämtliche Daten aus vorhandenen geologischen Unterlagen bzw. sind als Schätz- und Erfahrungswerte zu betrachten. Auch die generelle Schichtabfolge stützt sich einzig auf das in Nagra (2010) dargestellte Sammelprofil (in Etappe 1 wurde das Gebiet Jura Ost noch "Bözberg" genannt). 1 Vgl. auch SIA 197 "Projektierung Tunnel", Tabelle 4 (SIA 2004). 3 Fig. 2: Schematisches Sammelprofil, Gebiet Jura Ost. NAGRA NAB 13-31 NAGRA NAB 13-31 1.2 4 Abgrenzung des Betrachtungsperimeters Im Mai 2011 hat das Bundesamt für Energie BFE die sogenannten Planungsperimeter der einzelnen Standortgebiete festgelegt. Diese Perimeter grenzen das Gebiet ein, in dem dereinst oberirdische Bauten und Anlagen für geologische Tiefenlager gebaut werden könnten. Der Betrachtungsperimeter für das geologische Baugrundmodell der Zugangsbauwerke (Rampe und/oder Schacht) fokussiert sich hierbei nur auf ein Teilgebiet des Planungsperimeters. Fig. 3 visualisiert diese Abgrenzung bzw. Flächenreduktion. Planungsperimeter BFE Planungsperimeter Reduktion um den südlichsten Bereich (d.h. Aussparen des Faltenjuras, mit X gekennzeichnet) Reduktion um den nordwestlichen Bereich (d.h. Aussparen der aufgeschlossenen Trias), mit X gekennzeichnet. X X Resultierender Betrachtungsperimeter für das vorliegende Baugrundmodell Fig. 3: Reduktion des Planungsperimeters auf den Betrachtungsperimeter. 5 NAGRA NAB 13-31 Die beiden in Fig. 3 dargestellten Gebietsaussparungen erfolgen aus bautechnischen Überlegungen ("übergeordnete Gefährdungsanalyse"). Einerseits soll das Zugangsbauwerk nicht den tektonisch stärker beanspruchten Faltenjura bzw. die Jura-Hauptüberschiebung durchqueren, andererseits soll das Durchörtern der tunnelbautechnisch heikleren Triasgesteine (Gips-/Anhydrit-führende Formationen im Keuper und Muschelkalk) vermieden werden. Die geologischtektonischen Verhältnisse im Übersichtsprofil gehen aus Fig. 5 hervor. 1.3 Themenorientierte Abgrenzung Wie in der SIA 199 (SIA 1998) festgehalten, sind geologische Berichte zu Untertagebauwerken so zu gliedern, dass eine klare Trennung zwischen Beschreibung und Beurteilung des Gebirges erfolgt. Gegenstand dieses Berichts ist schwerpunktmässig der deskriptive Teil. Die Beurteilung, insbesondere in Bezug auf das Erkennen von Gefährdungen, welche sich beim Bau und bei der Nutzung eines Untertagebauwerks ergeben können, wird in einer späteren Phase bearbeitet. Gefährdungsbilder werden somit in der vorliegenden Untersuchung nicht behandelt. Ausgeklammert wird ferner das Quartär, d.h. ein allfälliger Trasseeabschnitt in den oberflächlichen Lockergesteinen. Die Quartärschichten werden in separaten Planungsstudien zu den Oberflächenanlagen erläutert (Nagra 2013/2014a). Ebenfalls werden Aspekte der Gebirgsspannung nicht erörtert (mit zunehmender Tiefe nehmen die Gebirgsspannungen zu, was Einfluss auf die Standfestigkeit und auf die Verformung der ausgebrochenen Hohlräume hat), denn diese werden gegenwärtig in einem separaten Projekt behandelt (Nagra 2014b). 7 2 NAGRA NAB 13-31 Angaben zur Methodik Das zentrale Ergebnis des vorliegenden Baugrundmodells, namentlich die Darstellung der Gebirgsverhältnisse im abstrahierten geologischen Längenprofil gemäss Anhang A4 der SIA 199 (SIA 1998), diktiert die methodische Vorgehensweise. Die Basisdarstellung des in Beilage 1 dargestellten Profils wurde an der Besprechung vom 22. Mai 2012 durch die Nagra für die Weiterbearbeitung freigegeben. Es galt somit, die erforderlichen Gesteinseigenschaften durch Konsultierung unterschiedlichster Unterlagen sukzessive parametrisieren zu können. Folgende Rahmenbedingungen standen von Anfang an fest: • Die in den Jahren 1983/84 abgeteufte Sondierbohrung Riniken liegt im Betrachtungsperimeter. Sie stellt eine wichtige Grundlage für die Festlegung des Schichtaufbaus dar. Zahlreiche Parameter, welche für die tunnelbautechnische Prognose erforderlich sind, wurden damals aber nicht erhoben (denn die Zielsetzung der Sondierbohrung war eine andere, nämlich die Beschaffung erdwissenschaftlicher Erkenntnisse, die notwendig sind, um die Eignung des Untergrunds zur Endlagerung radioaktiver Abfälle beurteilen zu können). • Ein geologischer Bericht eines vergleichbaren Bauwerks (bestehend oder geplant), das sowohl im Betrachtungsperimeter liegt als auch dieselbe Überlagerungshöhen aufweisen würde, existiert nicht. Eine Eins-zu-eins-Übernahme bestehenden Datenmaterials ist somit nicht möglich. • Für die vorliegende Bearbeitung kam deshalb ausschliesslich ein "Herantasten" in Frage. Es galt, aus unterschiedlichen Quellen die wesentlichen Informationen herauszufiltern, um die Gesteinsverhältnisse für den Untertagbau erfassen zu können. • Es versteht sich von selbst, dass das vorliegende Baugrundmodell nach Festlegung der definitiven Linienführung (bzw. entsprechender Varianten) sowie nach Vorliegen weiterer Felduntersuchungen überarbeitet werden muss. Die Prognosegenauigkeit ist dementsprechend noch gering bis mässig. Die Berichte, Karten und andere Dokumente, die für die Auswertungen beigezogen wurden, sind fortlaufend zitiert und im Literaturverzeichnis aufgeführt. Wir verweisen darauf, dass eigens für dieses Baugrundmodell keine Sondierungen durchgeführt wurden. Die vorhandenen Informationen flossen in die Abbildungen der Formationen auf Beilage 1 ein. Dargestellt wurden jeweils die beiden "Extremvarianten" eines Rampenverlaufs bezogen auf ein mittleres Schichteinfallen: • eine Rampe (mit max. Neigung von 10%) mit minimalem Winkel (ca. parallel) zum Schichteinfallen • eine Rampe (mit max. Neigung von 10%) mit maximalem Winkel zum Schichteinfallen Aus darstellerischen Gründen wurden die Schichtstärken in Beilage 1 gegenüber dem Rampendurchmesser (9 m) überhöht gezeichnet. Ferner berücksichtigt Beilage 1 die Unterscheidung in Gesteins- und Gebirgsbeschreibung. Die Tabelle ist so konzipiert, dass sie fortlaufend mit neuen Erkenntnissen ergänzt werden kann. Mangels konkreter Daten aus dem Betrachtungsperimeter sind bewusst Bandbreiten angegeben (keine Mittelwerte mit Standardabweichung) und auf eine Differenzierung bei richtungsabhängigen Parametern wurde verzichtet. NAGRA NAB 13-31 8 Beilage 2 fasst die wichtigsten Informationen und Kernaussagen als Foliensatz zusammen. Die in der Folie "Strukturen – Tektonische Trennflächen im Aufschluss" dargestellten Angaben basieren auf Untersuchungen an Aufschlüssen. Ein separater Bericht zu diesen Feldstudien ist gegenwärtig noch in Vorbereitung (Wüthrich & Biaggi 2014). 9 3 NAGRA NAB 13-31 Geologisch-tektonischer Überblick Der Betrachtungsperimeter für die Erarbeitung des Baugrundmodells Jura Ost liegt topographisch zwischen Brugg, Frick, Gansingen, Zurzach und Würenlingen (siehe Fig. 4). Fig. 4: Betrachtungsperimeter, Basis topographische Karte 1:200'000. Er umfasst ein Gebiet mit einer geringen tektonischen Beanspruchung. Dieser praktisch "Schollen-freie" Ausläufer des Tafeljuras wird deshalb in einigen Berichten als Vorfaltenzone 2 bezeichnet (im Unterschied zum Tafeljura s.str., vgl. Fig. 5 und 6). In dieser Vorfaltenzone fallen die Schichten in der Regel mit 5 – 10° nach SSE (vgl. Geologisches Atlasblatt FrickLaufenburg, Diebold et al. 2005). 2 In den Erläuterungen zum Kartenblatt Frick-Laufenburg wird allerdings die Vorfaltenzone auf den Nahbereich der Jura-Hauptüberschiebung begrenzt. NAGRA NAB 13-31 Fig. 5: 10 Molasse Opalinuston Mittl. Muschelkalk Malm (vorwiegend Kalk) Lias Unt. Muschelkalk (inkl. Buntsandstein) Malm (vorwiegend Mergel) Keuper Nordschweizer Permokarbontrog Ob. - Mittl. Dogger Ob. Muschelkalk Kristallin Tektonisches Regime (Nagra 2008). Lage Profil siehe Fig. 6. Fig. 6: Betrachtungsperimeter, Basis tektonische Karte 1:200'000. 11 NAGRA NAB 13-31 Die für das vorliegende Baugrundmodell untersuchten lithostratigraphischen Einheiten sind: • Molasse (Schwerpunkt Obere Süsswassermolasse inkl. Jura-Nagelfluh) • Bohnerz-Formation • Villigen-Formation • Wildegg-Formation • Ifenthal-Formation • Hauptrogenstein-Formation und lateraler Übergang zur bzw. Verzahnung mit KlingnauFormation • Passwang-Formation • Opalinuston Die Ifenthal-, Klingnau- und Passwang-Formationen zählen gemäss Bläsi et al. (2013) zum 'Braunen Dogger'. Mit diesem Begriff werden die Gesteinseinheiten zwischen Top Opalinuston und Basis Malm zusammengefasst, welche im Geologischen Atlas der Schweiz mit braunen Farbtönen dargestellt sind. Oben genannte Bezeichnungen sind konsistent mit der Berichterstattung der Nagra für Etappe 2 des SGT. Als Vergleich bzw. zur Abstimmung mit anderen Bezeichnungen dient Fig. 7. Sondierbohrung Riniken Sammelprofil Jura-Ost (ehemalig Bözberg) (NTB 86-02) Legende (zusammengefasst) Sondierbohrung Riniken (NTB) Kartenblatt Frick-Laufenburg Berichterstattung Aktuelle Stratigraphie für SGT Etappe 2 Molasse Molasse Molasse OSM Molasse OSM (inkl. Jura-Nagelfluh) Bohnerz-Formation Siderolithikum Siderolithikum Bohnerz-Formation Villigen-Formation in Profil nicht vorhanden Villigen-Formation Villigen-Formation Villigen-Formation Effinger Schichten Effinger Schichten Effinger Effingen-Member Schichten Effinger Schichten Wildegg-Formation Wildegg-Formation T E R T I Ä R 12 Wildegg-Formation NAGRA NAB 13-31 in Profil nicht vorhanden M A L M Gerstenhübel-Schichten Effinger Schichten Birmenstorfer Schichten Birmenstorf-Member Cordatumbis Oberer Dogger Varians-Schichten Herznach-Schichten, Cordatumbis Varians-Schichten Macrocephalus-Schichten und "Kronberg-Sandstein" "Oberer Dogger" Birmenstorfer Schichten Birmenstorfer Schichten D O G G E R Spatkalke Obere Parkinsoni-Schichten Obere Parkinsoni-Schichten Klingnau-Formation (östlich der Linie GansingenSchinznach) Untere Hauptrogenstein s.l. Murchisonae-Concava-Schichten Murchisonae-Concava-Schichten Opalinuston Opalinuston Opalinus-Ton Opalinuston Tonstein Nagelfluh Fig. 7: Passwang-Formation Passwang-Formation Humphriesi- bis Sowerbyi- Schichten siltig-sandiger Mergel Schinznach) Passwang-Formation Humphriesi- bis Sowerbyi-Schichten Erläuterungen: (östlich der Linie (östlich der Linie GensingenGansingenSchinznach) HauptrogensteinHauptrogenstein Formation Blagdeni-Schichten Mergel Klingnau-Formation Klingnau-Formation Hauptrogenstein Blagdeni-Schichten Passwang-Formation Kalk Birmenstorfer Schichten Ifenthal-Formation Ifenthal-Formation Varians-Schichten Spatkalke Hauptrogenstein-Formation Unterer Hauptrogenstein s.l. (inkl. Jura-Nagelfluh) Opalinuston Opalinus-Ton Mächtigkeiten der jeweiligen Formationen und Schichten sind Realitätsannäherungen respektive lokal unterschiedlich und wurden zugunsten der allgemeinen Übersicht teils stark überhöht. Des Weiteren ist die Lithostratigraphie vereinfacht dargestellt und soll nur als erste Orientierung gelten. Für genauere Angaben siehe Fig. A3-26 aus [2] oder Bohrprofile in [8]. Lithostratigraphische Bezeichnungen. [2] = Nagra (2010), [8] = Matter et al. (1987). 13 Fig. 8: NAGRA NAB 13-31 Stratigraphisches Schema des Doggers nach Bläsi et al. (2013). Mit rot hinterlegt sind die Gesteinsschichten, die im Betrachtungsperimeter auftreten. Fig. 8 fasst die lithostratigraphischen Einheiten des Doggers zusammen und veranschaulicht deren laterale Variationen. Der für den Betrachtungsperimeter relevante Bereich (Region Aargau) ist rot hinterlegt. Fig. 9 zeigt die geologischen Verhältnisse im Überblick. Auf dieser Darstellung sind zusätzlich die Trassees der wichtigsten bestehenden Tunnelbauwerke aufgeführt. Die Abdeckung des Betrachtungsperimeters durch detaillierte geologische Kartierungen (Geol. Atlas der Schweiz, 1:25'000) geht aus Fig. 10 hervor. NAGRA NAB 13-31 Fig. 9: 14 Geologische Übersicht sowie bestehende Tunnelbauten im und um den Betrachtungsperimeter. 15 Fig. 10: NAGRA NAB 13-31 Abdeckung des Betrachtungsperimeters durch geologische Atlasblätter. 17 4 NAGRA NAB 13-31 Beschreibung der Festgesteine Der nachfolgend dargelegte Schichtbeschrieb erfolgt von der Oberfläche bis zum Opalinuston, d.h. in Vortriebsrichtung. Die zusammenfassende Beschreibung der einzelnen lithostratigraphischen Einheiten und deren Parametrisierung gehen aus dem abstrahierten geologischen Längenprofil in Beilage 1 hervor. Die wichtigsten Informationsquellen sind: • Erläuterungen zum Geologischen Kartenblatt Frick-Laufenburg (Diebold et al. 2005) • Erläuterungen zum Geologischen Kartenblatt Baden (Bitterli-Dreher et al. 2007) • Stratigraphisches Lexikon der Schweiz (Geosciences 2012) • Bericht zur Sondierbohrung Riniken (Matter et al. 1987), Lage Bohrung siehe Fig. 9 • Bericht zur Sondierbohrung Weiach (Matter et al. 1988a) • Berichte zum N3 Bözbergtunnel (Hauber 1988 und Geologisch-paläontologisches Institut der Uni Basel 1991) • Sanierung Belchentunnel (Geologengemeinschaft Belchen 2012 und 2007) • Geologie und Hydrogeologie der Effinger Schichten (Laws & Deplazes 2007) • Bericht zur EWS-Bohrung Oftringen (Albert & Bläsi 2008) • Bericht zum Wisenbergtunnel (Ingenieurgemeinschaft Wisenbergtunnel 1989) Zu einzelnen Formationen sind Fotos von Aufschlüssen und von Bohrkernen dargestellt. Da die Sondierbohrung Riniken erst ab der untersten Einheit in der Passwang-Formation (ca. Top Murchisonae-Concava-Schichten) gekernt ist, sind mehrheitlich Aufnahmen von anderen Tiefbohrungen wiedergegeben (Fotodokumentation Nagra). Die Bandbreiten der Kenndaten zu Gesteins- und Gebirgsbeschreibung gehen aus Beilage 1 hervor. Sie werden im Textteil nicht nochmals wiederholt. Ferner verweisen wir auf den Foliensatz in Beilage 2, der folgende Themenbereiche zusammenfasst: • Lithostratigraphische Einheiten (dargestellt im Blockmodell) • Variabilität Fazies/Lithologie • Strukturen: Übersicht • Strukturen: Tektonische Trennflächen im Aufschluss und hypothetische Trennflächengefüge in grösserer Tiefe • Karstwasserzuflüsse – Verkarstungspotenzial (inkl. Hinweise zu Kluftwasser) • Hinweise auf besondere geotechnische Eigenschaften (Auswahl) NAGRA NAB 13-31 18 Auf zwei Kernaussagen, die in Beilage 2 enthalten sind und für das gesamte untersuchte Schichtpaket gelten, sei einleitend bereits hingewiesen: • Die gemäss Sammelprofil ausgeschiedenen lithostratigraphischen Einheiten (Formationen) lassen sich nicht a priori als Homogenbereiche im Sinne der SIA 199 bezeichnen. Hauptgrund dafür ist die Variabilität von Fazies/Lithologie innerhalb der einzelnen Formationen. • Genereller geotechnischer Hinweis: Niederbrüche und Überprofile sind bei allen Formationen zu beachten (Trennflächengefüge versus Vortriebsrichtung und Vortriebsart). 4.1 Molasse Befund in Kürze Dominierende Lithologie(n) Bunte Mergel und Nagelfluhbänke Mächtigkeit Bis 200 m Besondere geotechnische Eigenschaften Nagelfluhbänke: stark abrasiv, bei fehlender Verkittung lockergesteinsartig Bunte Mergel: eher weiches Gestein, bei Wasserzutritt quellfähig Die Molasse ist nur im südlichen Bereich des Betrachtungsperimeters aufgeschlossen. Die dominierende lithostratigraphische Einheit ist die Obere Süsswassermolasse (OSM). Das Vorkommen der Oberen Meeresmolasse (OMM) beschränkt sich gemäss Oberflächenkartierung (Bitterli-Dreher et al. 2007) auf das Gebiet westlich und östlich von Riniken (bei der Bohrung Riniken selbst stiess man allerdings nach Durchörterung des Quartärs direkt auf die WildeggFormation). Auch beim Bözbergtunnel der Autobahn A3 tritt die OMM nur am Südrand des Tafeljura-Abschnitts auf, nach Norden keilt sie aus (Hauber 1988). Gleiches gilt auch für die mergelige Untere Süsswassermolasse (USM), die geotechnisch betrachtet weitgehend mit den Mergeln der OSM vergleichbar ist. Auf dieser Bearbeitungsstufe fokussieren wir uns auf die beiden wichtigsten Lithologien, die der OSM zuzuschreiben sind: Am häufigsten ist die Obere Süsswassermolasse durch bunte Mergel geprägt (Fig. 11). Meist ist der tonige bis kalkige Mergel (Tongehalt ca. 20 – 60%) kaum geschichtet, oft knollig-knauerig. Untergeordnet treten Wechsellagerungen von bunten, z.T. stark tonigen Mergeln mit Siltsteinen und Sandsteinen auf. Es handelt sich somit um relativ weiche und witterungsanfällige Gesteine. Stark tonige Mergel sind quellfähig. Eingelagert in diese mergeligen Felsgesteine sind bis zu 5 m mächtige Nagelfluhbänke (z.T. auch mehrere amalgamierte, d.h. unmittelbar aneinander liegende Schüttungen). Die so genannte Juranagelfluh (Fig. 12) ist der vom Schwarzwald durch Flüsse herangeführte Anteil an der Füllung des Molassebeckens. Die Komponenten des fluvioterrestrischen Konglomerats entstammen vorwiegend der ehemaligen Sedimentbedeckung des Schwarzwalds. An der Basis der einzelnen Bänke können die Komponenten Gerölldurchmesser bis 20 cm aufweisen. Zu beachten ist, dass die Juranagelfluh sowohl stark verkittet als auch primär oder sekundär (durch Kalklösungsprozesse) unverkittet sein kann (Hauber 1988). 19 NAGRA NAB 13-31 644.124/255.120 644.124/255.120 Fig. 11: OSM (bunte Mergel) im Aufschluss. 654.671/258.643 Fig. 12: OSM (Juranagelfluh) im Aufschluss. NAGRA NAB 13-31 4.2 20 Bohnerz-Formation Befund in Kürze Dominierende Lithologie(n) Boluston, vereinzelt Quarzsande Mächtigkeit Keine diskrete Schicht (hauptsächlich in Karsttaschen vorkommend) Besondere geotechnische Eigenschaften Teilweise mit Lockergesteinseigenschaften, eher weiches Gestein, bei Wasserzutritt potenzielle Gleithorizonte, trotz hohem Tongehalt kaum quellfähig Als Bohnerz-Formation wird die ins Eozän eingestufte Verwitterungsperiode unter ariden Verhältnissen bezeichnet. Der als Verwitterungsprodukt entstandene gelbbraune bis rote Boluston bildet keine diskrete, bankartige Überlagerung der Malmkalke. Folgende Ausbildungen sind möglich: • die Malmkalke überlagernde Bereiche mit praktisch reinem, ungeschichtetem Boluston • Gemisch aus Boluston und Kalkbruchstücken bis in Blockgrössen • Karsttaschen bis hin zu grösseren Hohlräumen im Malmkalk, die mit Boluston verfüllt sind In seiner reinen Form besteht der Boluston aus dem Tonmineral Kaolinit. Bei der Bildung dieses eozänen Verwitterungsprodukts wurde das in Lösung gehende Eisen als Bohnerz ausgeschieden. Beim Bohnerz handelt es sich um meist konzentrisch-kugelige Aggregate aus vorwiegend Goethit. Der Eisengehalt der erbsen- bis nussgrossen Bohnerzkörner liegt bei rund 40%. In Karsttaschen findet sich nebst Boluston (mit Kalksplittern bis Kalkbrocken durchsetzt) auch Quarzsand. Gestützt auf die Geologischen Atlasblätter Frick-Laufenburg (Diebold et al. 2005) und Baden (Bitterli-Dreher et al. 2007) treten die siderolithischen Verwitterungsböden nur vereinzelt auf. Das heisst, vielerorts erodierten die Schüttungsprozesse des Tertiärs (Molasse) diese tonigen Ablagerungen bzw. die oberen Bereiche des Malms mit den mit Boluston verfüllten Karsttaschen wieder weg. Ebenfalls zu bemerken ist, dass offenbar einzelne mit Boluston verfüllte Karsttaschen bis weit in den Untergrund reichen können. In den Erläuterungen zum Altlasblatt Frick-Laufenburg (Diebold et al. 2005, p. 44) wird eine Spaltenfüllung erwähnt, die im Bereich des Nordportals des Bözbergtunnels sowohl an der Oberfläche in einem Bach aufgeschlossen ist und in 60 m Tiefe das Niveau des Tunnels erreicht. Die Spaltenfüllung reicht folglich an dieser Stelle bis zur Basis der Villigen-Formation. Bautechnische Hinweise: Beim Bau des Flurlingertunnels (Dr. von Moos AG 1994) verhielt sich der Boluston während des Ausbruchs – abgesehen von vereinzelten Ausbrüchen entlang ausgedehnter Gleitspiegelflächen – weitgehend unproblematisch (kein Wasserzutritt). Allerdings dürften die bei diesem Bauwerk durchgeführten Grundwasserabsenkungen einen Beitrag geleistet haben, dass der Boluston beim Ausbruch nicht aufgeweicht wurde. 21 NAGRA NAB 13-31 Fig. 13: Bohnerz-Formation im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Weiach). 4.3 Villigen-Formation Befund in Kürze Dominierende Lithologie(n) Mikritischer Kalk Mächtigkeit Ca. 60 m Besondere geotechnische Eigenschaften Kompakter und harter kalkiger Komplex, neben der Hauptrogenstein-Formation diejenige mit dem höchsten Verkarstungspotenzial (Details siehe Abschnitt 6.3) Die Villigen-Formation ist bis zu 60 m mächtig (Nagra 2008, Bitterli-Dreher et al. 2007, Geologisch-paläontologisches Institut der Uni Basel 1991) und umfasst die Abfolge Geissberg-, Crenularis-, Wangen- und Letzi-Member. Die Villigen-Formation bildet im Betrachtungsperimeter das Dach des Mesozoikums. Der Kontakt zur Molasse im Hangenden ist erosiv (wobei wie im vorderen Abschnitt erwähnt, dieser Kontaktbereich lokal durch das Vorkommen von Boluston geprägt ist, welcher die bis mehrere Meter/Dekameter tiefen Paläokarsttaschen der Villigen-Formation verfüllt). NAGRA NAB 13-31 22 Bei der Villigen-Formation handelt es sich vorwiegend um eine Abfolge harter Kalkbänke, die im unteren Bereich von dünnen Mergellagen voneinander getrennt sind. Die Bänke bestehen vorwiegend aus splittrig brechendem Mikrit. Untergeordnet treten knollige und glaukonitische Abfolgen auf. Die Villigen-Formation enthält zahlreiche Fossilien (Ammoniten, Bivalven, Schwämme) und ist oft bis in tiefere Lagen erodiert und verkarstet (paläogene Erosion). 651.257/258.124 Fig. 14: Villigen-Formation im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Weiach). 23 4.4 NAGRA NAB 13-31 Wildegg-Formation Befund in Kürze Dominierende Lithologie(n) Kalkmergel (im Aargauer Jura erhöhter Anteil an kalkreichen Zonen) Mächtigkeit Ca. 200 m Besondere geotechnische Eigenschaften Inhomogenität bedingt durch die Wechsellagerung von Mergeln und Kalken, mergelige Bereiche bei Wasserzutritten aufweichend ("verpappen"), vermutlich wenig quellfähig Die Wildegg-Formation ist unterteilt in die Effinger Schichten (Effingen-Member) und die Birmenstorfer Schichten (Birmenstorf-Member). Im gesamten zentralen Bereich des Betrachtungsperimeters prägen die Effinger Schichten die oberflächennahe Geologie (d.h. unter Ausklammerung der Quartärbedeckung). Die Effinger Schichten erreichen gut 200 m Mächtigkeit (Laws & Deplazes 2007) und bestehen aus einer Wechsellagerung von blaugrauen Ton- und Kalkmergeln (Fig. 15). Auffallend ist die regelmässige, relativ dünne Bankung. Darin eingelagert sind stellenweise Bänke aus dunkelgrauem, hellbeige angewittertem Kalk oder tonigem Kalk. Die Effinger Schichten gelten als fossilarm. Gemäss Laws & Deplazes (2007) beträgt der Karbonatgehalt im Mittel 65%, der Gehalt an Tonmineralen rund 30% (häufigstes Tonmineral ist Illit, daneben sind Kaolinit und Illit-Smektit enthalten). Der Quarzgehalt liegt in der Regel bei < 10%. Die Quellfähigkeit galt beim Bau des Bözberg-Autobahntunnels angesichts des hohen Kalkgehalts als vernachlässigbar (entspricht auch der Erfahrung beim Bau des Bözberg-Bahntunnels, in Hauber 1988 erwähnt). Für die Planung des SBB-Eppenbergtunnels ist vorgesehen, das Quellverhalten der Effinger Schichten noch detaillierter zu untersuchen. Vorläufig sei von einem Quelldruck von 0.4 -0.8 MPa auszugehen (Meyer 2012). Die Effinger Schichten gelten als kompakt und fest. Oberflächlich können die Schichten aber relativ tiefgründig verwittert sein. Die Druckfestigkeit – auch hier spielt der hohe Kalkgehalt wiederum eine wesentliche Rolle – kann hoch sein. Eine Verkleidung zum Schutz vor längerfristiger Durchfeuchtung und gegen Ausbrüche ist aber erforderlich. Eine der wichtigsten Kalkbankabfolgen innerhalb der Effinger Schichten wird als GerstenhübelSchichten bezeichnet (Fig. 16). Sie treten im Aargauer Jura im mittleren bis unteren Teil der Effinger Schichten auf und sind ca. 12 m mächtig. NAGRA NAB 13-31 24 655.280/253.400 (ausserhalb Betrachtungsperimeter) Fig. 15: Effinger Schichten im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Oftringen). 653.165/263.843 Fig. 16: Gerstenhübel-Schichten (Kalkbankabfolge innerhalb der Effinger Schichten) im Aufschluss. Die Basis der Wildegg-Formation bilden die fossilreichen Birmenstorfer Schichten. Es handelt sich um eine bis 7 m mächtige Abfolge von mikritischem Kalkstein und Mergel. Die Kalklagen sind oft unregelmässig. Unter den Fossilien dominieren Schwämme und Ammoniten. Da die Kalkbänke härter sind als die Gesteine des Hangenden und Liegenden, bilden sie im Aufschluss eine deutliche Geländestufe. 25 4.5 NAGRA NAB 13-31 Ifenthal-Formation Befund in Kürze Dominierende Lithologie(n) Eisenoolithe und Kalkarenite Mächtigkeit 0.5 m – 40 m (!!) Besondere geotechnische Eigenschaften Eigenschaften stark vom Standort abhängig, wo Formation durchstossen wird: Mächtigkeit variiert im Betrachtungsperimeter zwischen 0.5 m (stark kondensiert) und 40 m, kaum wasserempfindlich Dieser relativ junge Formationsnamen steht für die früher dem "Oberen Dogger" zugeordnete Schichtabfolge, auf dem Kartenblatt Frick-Laufenburg (Diebold et al. 2005) mit Macrocephalus-Schichten, "Kornberg-Sandstein", Herznach- und Varians-Schichten, auf dem Kartenblatt Baden (Bitterli-Dreher et al. 2007) mit Spatkalk- und Varians-Schichten bezeichnet. Zusammengefasst zeigt die Ifenthal-Formation bezüglich Mächtigkeit und Lithologie starke Wechsel. Im Osten des Kartenblatts Frick-Laufenburg ist sie auf weniger als 0.5 m kondensiert, im Raum Herznach mit 30 – 40 m am mächtigsten. Es dominieren spätige Kalke (oft eisenoolithisch), sandige Mergel und knauerige Lagen von Sandkalk sowie spätige, eisenschüssige Kalkarenite. In der Bohrung Riniken ist die Ifenthal-Formation (hier als Cordatum- bis Varians-Schichten bezeichnet) lediglich 9.5 m mächtig. Es handelt sich im Wesentlichen um rotbraune Eisenoolithe und Kalkarenite. 643.825/258.575 Fig. 17: Ifenthal-Formation im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Oftringen). NAGRA NAB 13-31 4.6 26 Hauptrogenstein- und Klingnau-Formation Befund in Kürze (Hauptrogenstein-Formation) Dominierende Lithologie(n) Bioklastische Kalke, Kalkarenite Mächtigkeit 80 – 110 m Besondere geotechnische Eigenschaften Kompakter und harter kalkiger Komplex, neben der VilligenFormation diejenige mit dem höchsten Verkarstungspotenzial (Details siehe Abschnitt 6.3), Mergelbänder bilden generell bei Wasserzutritten Schwachstellen (z.B. Entlastungsdeformationen und Aufblättern), kaum bis nicht wasserempfindlich Ganz im Osten in die Klingnau-Formation übergehend, welche einen deutlich erhöhten Mergelanteil aufweist, weicht bei Wasserzutritten auf und bildet potenzielle Gleithorizonte Die Hauptrogenstein- und Klingnau-Formation treten im Betrachtungsperimeter mit entsprechender Verzahnung und Übergangsfazies nebeneinander auf. Westlich der Linie Gansingen – Schinznach dominieren Karbonatplattformablagerungen der Hauptrogenstein-Formation: Es handelt sich vorwiegend um oolithische Kalke. Östlich dieser Linie kam es zeitgleich zur Sedimentation einer überwiegend mergeligen Schichtabfolge, die als Klingnau-Formation zusammengefasst wird. In den Erläuterungen zum Kartenblatt Frick-Laufenburg (Diebold et al. 2005) wird die Mächtigkeit der Hauptrogenstein-Formation mit ca. 80 – 110 m angegeben. Für das Kartenblatt Baden (Bitterli-Dreher et al. 2007) geben die Autoren für die Klingnau-Formation bis zu 60 m Mächtigkeit an. Das Dach der Hauptrogenstein-Formation bildet ein Spatkalk, der bis in den Faziesbereich der Klingnau-Formation reicht. Es handelt sich um graue spätige Kalke bzw. um spätige eisenschüssige Kalkarenite. Ansonsten besteht die Formation aus harten beigebraunen bis braunen (oxidiert) und graublauen (frisch) oolithischen, z.T. auch eisenoolithischen Kalkbänken. Die Schichtung ist dünn- bis grobbankig. Die ganze Abfolge wird durch dünne (cm-Bereich) Lagen von grauen bis gelblichen Mergelbändern durchzogen. Je weiter nach Westen, desto häufiger wird vermutlich die Hauptrogenstein-Formation durch immer mächtiger werdende Mergelbänder durchzogen (Verzahnung mit der Klingnau-Formation). So lassen sich auch die in der Bohrung Riniken die zwischen 237.00 – 253.60 m (d.h. zwischen überliegenden Spatkalken und unterliegenden bioklastischen Kalken) angetroffenen spätigen Kalkmergel als Indiz für eine Verzahnung mit der Klingnau-Formation betrachten. Die Druckfestigkeit der Hautprogenstein-Formation kann hoch sein. Der Kalk wird aber nicht bzw. nicht mehr für den Bau von Gebäuden, sondern praktisch nur noch als Brechschotter bei der Betonherstellung und beim Strassenbau verwendet. Bei tektonischer Beanspruchung neigt das Gestein zu starker Zerklüftung. 27 NAGRA NAB 13-31 Die Klingnau-Formation ist geprägt durch Mergel mit Einschaltungen von oolitischen und bioklastischen Kalkbänken. In den Erläuterungen zum Kartenblatt Baden (Bitterli-Dreher et al. 2007) sind für mehrere Aufschlüsse die angetroffenen Lithologien beschrieben. Hier eine Zusammenfassung der beobachteten Abfolgen: • grauer Mergel mit einzelnen Bänken aus mergeligem Kalk • grauer Mergel und mergeliger Kalk, Bänke aus feinspätigem Kalk • Kalkmergel 654.500/260.040 Fig. 18: 644.670/260.700 Hauptrogenstein-Formation im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Oftringen). NAGRA NAB 13-31 4.7 28 Passwang-Formation Befund in Kürze Dominierende Lithologie(n) Eisenoolithe, Mergel Mächtigkeit 40 – 85 m (!) Besondere geotechnische Eigenschaften Sehr heterogen aufgebaut, unterschiedliches Verhalten der Materialien bei Entspannung und Schichtübergängen (plattige Ausbrüche, "Crèmeschnitte") Die Schichtfolge von den Blagdeni- bis zu den Murchisonae-Schichten wurde 2004 durch das Stratigraphische Komitee der Schweiz (SKS) zur Passwang-Formation zusammengefasst. Die lithologische Entwicklung der Passwang-Formation ist ausserordentlich wechselhaft. Es ist kaum möglich, Aufschlüsse und Bohrungen, die wenige Kilometer voneinander liegen, zu korrelieren. Diese Variabilität gilt auch für die Mächtigkeit: In der Bohrung Riniken besitzt die Passwang-Formation eine Mächtigkeit von rund 40 m, während ein westlich von Frick gelegenes Depotzentrum 85 m aufweist. Der laterale Wechsel von Becken- und Schwellenfazies sowie die Prägung des Sedimentationsgeschehens durch zyklische Meeresspiegelschwankungen gelten als Ursache dieser starken lateralen Variationen von Fazies und Mächtigkeit. Die zu erwartenden Gesteinstypen innerhalb der zyklischen Folge von Parasequenzen fassen wir wie folgt zusammen (vgl. Bläsi et al. 2013 und Burkhalter 1996): • Kondensationshorizonte mit eisenoolithischem, spätigem Kalk und Kalkknollen • Eisenoolithischer Kalk (bis zu 24% Eisengehalt) • Kalk und Sandkalk • Kalk-Mergel-Wechsellagerungen • Glimmerführender, sandiger Mergel • Feingeschichteter Mergel bis toniger Mergel • Mergel und Tonstein Für einen bestimmten Standort kann nicht prognostiziert werden, wie viele solcher "idealisierter" Zyklen vorliegen und ob Teile dieser Abfolge komplett fehlen. Der lithologischen Vielfalt entsprechend variieren auch die geotechnischen Eigenschaften wie Druckfestigkeit, Quellfähigkeit und Wasserzuflusspotenzial. Die im abstrahierten geologischen Längenprofil gemachten Angaben stammen einerseits von spezifischen, teilweise nicht innerhalb des Betrachtungsperimeters gelegenen Projekten oder sind Schätzwerte. Sie geben lediglich einen Hinweise auf die möglichen Grössenordnungen. 29 4.8 NAGRA NAB 13-31 Opalinuston Befund in Kürze Dominierende Lithologie(n) Tonstein Mächtigkeit 80 – 140 m Besondere geotechn. Eigenschaften Wasserempfindlich und quellfähig, potenzielle Gleithorizonte Der Opalinuston ist in der zentralen und östlichen Nordschweiz als rund 80 – 140 m mächtige Ton-Serie ausgebildet (Nagra 2008). Gegenüber der Bohrung Weiach weist er im Bohrprofil von Riniken einen grösseren Sandgehalt und häufigere knollige Karbonatbänke auf. Es handelt sich um einen dunkelgrauen bis schwarzen, feingeschichteten, siltigen, selten feinsandigen Tonstein mit cm-dicken Lagen aus grauem Kalk. Im Mittel setzt sich der Opalinuston aus 12% Karbonat, 10 – 15% Quarz und zum überwiegenden Teil aus Tonmineralen zusammen (in den Mengenverhältnissen Illit > Kaolinit > Chlorit > Illit/Smectit). Die quellfähigen Tonminerale sind im vorliegenden Fall die Illit-Smectit-Wechsellagerungsminerale ("Mixed-layer"-Minerale). Deren Anteil am Gestein (Gew.-%) beträgt im Mittel 8.1% in der Bohrung Riniken und 14.3% in der Bohrung Weiach (Mazurek 2011). Beim Opalinuston handelt es sich um ein relativ stark quellfähiges Gestein 3. Im frischen Zustand zeigt der Opalinuston mit zeitlicher Beschränkung eine gute Standfestigkeit, aber geringe Druckfestigkeit. An der Geländeoberfläche zerfällt der Opalinuston zu fettem, sehr rutschanfälligem Ton. Bei tektonischer Beanspruchung reagieren die Tone mit der Ausbildung von ausgeprägten Gleitspiegeln sowie Klüften und wurden beim Bau des Belchentunnels oftmals als stark nachbrüchig angetroffen (wobei wir darauf verweisen, dass der Belchentunnel im tektonisch stark beanspruchten Gebiet des Faltenjuras liegt). 3 Das Quellpotenzial eines Gesteins ist nicht allein vom Anteil der quellfähigen Tonminerale, sondern auch vom Wassergehalt abhängig. NAGRA NAB 13-31 30 643.831/260.912 Fig. 19: Opalinuston im Aufschluss und im Bohrkern (Bohrung Riniken). 31 5 NAGRA NAB 13-31 Strukturgeologie Wie in Kapitel 3 erläutert, umfasst der Betrachtungsperimeter ein Gebiet mit einer geringen tektonischen Beanspruchung. Durch die Anpassung des Planungsperimeters BFE auf den Betrachtungsperimeter können zwei tektonisch deutlich stärker beanspruchte Zonen ausgeklammert werden. Nämlich die Mandach-Überschiebung (Rampenfalte), die von Frick Richtung Nordosten nach Mandach verläuft, sowie der Faltenjura im Süden. 5.1 Schichtung Am östlichen Rand des Betrachtungsperimeters (Frick, Ittenthal) ist mit zunehmender Nähe zur Mandach-Überschiebung mit einem allmählichen Aufbiegen der Schichtung bis 50° zu rechnen. Ähnlich verhält es sich im südlichen Bereich: Unmittelbar vor der Jura-Hauptüberschiebung liegen Aufbiegungsscharniere mit steileren Schichtungen vor (vgl. Fig 5 und 6). Ansonsten stellt man im Betrachungsperimeter ein relativ homogenes SSE-Einfallen der Schichten mit 5 – 10° fest. Auch in der Sondierbohrung Riniken hat man bis in den mittleren Bereich des Opalinustons praktisch durchgehend eine flach liegende Schichtung mit einem Fallwinkel von 2 – 10° beobachtet. 5.2 Klüftung und Störungen Eine ausführliche Definition der Begriffe Kluft und Störung findet sich in Laws & Deplazes (2007), Anhang 4, Abschnitt 1.3. Eine Unterscheidung von Klüften (ohne Versatz) und spröden Störungen (mit Versatz) ist in alten Bohrungen schlecht bis nicht möglich (vgl. Matter et al. 1987). Lediglich Störungen mit einem offensichtlichen Versatz können ausgeschieden werden. Aufgrund dessen fassen wir im Folgenden Klüfte und spröde Störungen ohne klaren Versatz unter dem Begriff Trennfläche 4 zusammen. Generell ist im Tafeljura in kalkigen Gesteinen ein starkes oder ausgeprägtes Trennflächengefüge vorhanden. Die Trennflächen stehen in der Regel steil und weisen bevorzugt eine NNWSSW-Richtung sowie eine WNW-ESW-Richtung auf (Hauber 1988, Madritsch & Hammer 2012 und Wüthrich & Biaggi 2014). Die generell steil stehenden Trennflächen gehen überdies aus den in den vorangehenden Kapiteln dargestellten Aufschlussfotos hervor. Die Sondierbohrung Riniken ist erst ab der untersten Einheit der Passwang-Formation (Top Murchisonae-Concava-Schichten) gekernt und liefert somit lediglich für den Opalinuston Informationen zum Trennflächengefüge. Für den Opalinuston ergibt sich eine mittlere TrennflächenHäufigkeit von 0.18 Trennflächen pro Meter. Allerdings findet sich zwischen 420 m und 450 m Tiefe eine Zone mit stark erhöhter Anzahl an Trennflächen (vgl. auch nachfolgendes Kapitel). Für diese Zone wurde eine Häufigkeit von 1.7 – 2.4 Trennflächen pro Meter ermittelt. Es wird aber bemerkt, dass in der stark zerbrochenen Kernstrecke die Anzahl Trennflächen schlecht bestimmt werden konnte, und deren Anzahl mit bis gegen 20 Trennflächen pro Meter deutlich höher liegen dürfte (Matter et al. 1987). 4 Durch mechanische Beanspruchung/Tektonik entstanden. NAGRA NAB 13-31 32 Eine sich in Bearbeitung befindende Trennflächenstudie an Aufschlüssen der Villigen- und Hauptrogenstein-Formation (Wüthrich & Biaggi 2014) zeigt eine mässige bis starke Zerlegung der Kalke an der Oberfläche. Zur Tiefe hin ist generell davon auszugehen, dass die Häufigkeit von tektonischen Trennflächen abnimmt und deren Anteil an Störungen zunimmt (oberflächliche Entlastungsklüfte weisen keinen Versatz auf). Ferner dürften die Trennflächen mit der Tiefe zunehmend verheilt sein (Adern). 5.3 Störungszonen An der Oberfläche sind im Betrachtungsperimeter keine nennenswerten grösseren tektonischen Störungszonen zu beobachten. Im Bereich zwischen Ueken und Ittenthal sind nur etwa 5 teils nachgewiesene, teils vermutete Verwerfungen/Blattverschiebungen kartiert. Kleinere Abschiebungen wurden beim Bau des Bözbergtunnels lokalisiert (Diebold et al. 2005). Wie bereits erwähnt, liegen für die Sondierbohrung Riniken bis wenig über Top Opalinuston keine Informationen vor. Im unteren Teil des Opalinustons wurden bei 429 m und 436 m Tiefe je eine 2 m mächtige Störungszone durchbohrt. Diese Störungszonen führten zu einer Aufschuppung des Opalinustons. Die Störungen in den beiden Zonen streichen parallel zur JuraHauptüberschiebung, fallen allerdings mit 25 – 45° (obere Störungszone) und 40 – 60° (untere Störungszone) gegen NNW ein (Matter et al. 1987). 33 6 Hydrogeologische Verhältnisse 6.1 Grundsätzliche Bemerkungen NAGRA NAB 13-31 Insbesondere aufgrund des Verkarstungspotenzials ist damit zu rechnen, dass einzelne Formationen oder Schichtpakete innerhalb einer Formation Grundwasser führen 5. Eine kurze Übersicht dazu gibt die rechte Spalte der Fig. 2. Die hydraulische Durchlässigkeit einer Formation wird somit in erster Linie vom Verkarstungspotenzial bestimmt (Details siehe Abschnitt 6.3). Die Durchlässigkeit ist aber auch von kommunizierenden Trennflächensystemen (Kluft- und Schichtgrundwasserleiter) abhängig. Da gerade die Klüftung in Bezug auf Häufigkeit, Öffnungsweite und Verheilunggrad mit zunehmender Tiefe bzw. Überlagerungshöhe Veränderungen unterworfen ist, kann die Durchlässigkeit tiefenabhängig sein. In oberflächennahen Bereichen ist die Durchlässigkeit aufgrund von Dekompaktion und Verwitterungseffekten erhöht. 6.2 Hydrogeologische Charakterisierung der Gesteine Molasse: Die bunten Mergel der OSM werden als Wasserstauer betrachtet. Wasserführend kann demgegenüber die Juranagelfluh sein (Kluftgrundwasserleiter). Aus Nagra (2008) ist ersichtlich, dass die hydraulische Durchlässigkeit der OSM in Oberflächennähe sehr stark streut. Mit zunehmender Tiefe nimmt die Schwankungsbreite generell ab. Grob liegen die K-Werte in den oberen 80 m zwischen 1E-12 m/s und 3E-5 m/s, und darunter zwischen 1E-10 m/s und 2E-7 m/s. Bohnerz-Formation: Der Boluston bzw. die vollständig mit Boluston verfüllten Paläokarsttaschen der Top Malm sind als praktisch dicht zu bezeichnen. Villigen-Formation: Die verkarstungsanfälligen Kalkabfolgen gelten als regionaler Grundwasserleiter. Wasser zirkuliert in Karsthöhlen (sofern nicht mit Boluston verfüllt) wie auch entlang von tektonischen und sedimentären Trennflächen. Wildegg-Formation: In den Birmenstorfer Schichten und in den weniger kalkigen Effinger Schichten besteht nur eine begrenzte Wasserwegsamkeit, welche auf lokale, diskrete Fliesswege beschränkt ist (offene Schichtflächen, Klüfte und Störungen, Karsthohlräume, Laws & Deplazes 2007). In den obersten rund 200 m können aufgrund von Verwitterungserscheinungen erhöhte hydraulische Durchlässigkeiten auftreten (Nagra 2008). Die Effinger Schichten zeigen bis ca. 200 m unter Terrain K-Werte bis in den Bereich von 1E-4 m/s. Unter 200 m liegen die Durchlässigkeiten zwischen ca. 1E-14 m/s und 1E-11 m/s (Nagra 2008). 5 In der Sondierbohrung Riniken wurden ab Unterkante Quartär bis und mit Opalinuston keine wasserführenden Zonen beobachtet (vgl. Kapitel 11 in Geosciences 2012). Die Bohrung wurde allerdings ab UK Quartär bis praktisch zum Top Opalinuston (bis 325.4 m Tiefe) als Rollenmeisselbohrung unter Verwendung einer Ton-Süsswasserspülung abgeteuft. Bei dieser Bohrtechnik sind lediglich starke Wasserzutritte durch Vergleich der zugeführten und der zurückfliessenden Flüssigkeitsmenge feststellbar. NAGRA NAB 13-31 Ifenthal-Formation: HauptrogensteinFormation: Klingnau-Formation: 34 Beim Belchentunnel wurde in der Ifenthal-Formation eine gewisse Wasserführung beobachtet. So wurden auf Schichtflächen verschiedene Tropfstellen und Wasserzutritte angetroffen. Generell ist der Hauptrogenstein eine Formation mit vielen bekannten Karst-Höhlensystemen (vgl. Kapitel "Verkarstung"). Wasser zirkuliert zudem entlang von tektonischen und sedimentären Trennflächen. Die mergelige Fazies, d.h. die Klingnau-Formation weist nur eine begrenzte Wasserwegsamkeit auf. Es wird vermutet, dass die Mächtigkeit der oberflächennahen Zone mit erhöhten hydraulischen Durchlässigkeiten im 'Baunen Dogger', zu dem die Klingnau-Formation gezählt wird, etwa derjenigen der Effinger Schichten (ca. 200 m) entspricht (Nagra 2008). Die in der Sondierbohrung Benken, in Tiefen grösser als 400 m, ermittelten horizontalen, hydraulischen Durchlässigkeiten für den 'Braunen Dogger' ergaben Werte < 1E-11 m/s und geben einen Hinweis auf die möglichen K-Werte in der Klingnau-Formation. Aufgrund der Stauwirkung von tonreichen Zwischenlagen werden in der Vertikalen geringere K-Werte erwartet (Nagra 2008). Passwang-Formation: Wie eingangs dargelegt, ist diese Formation sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung bezüglich Fazies und Mächtigkeit sehr heterogen aufgebaut. In den kompetenteren Abschnitten sind Bruchsysteme und damit präferenzielle Fliesswege zu erwarten. Je nach lithologischer Prägung, Überhöhung und allfälligen Karsterscheinungen in den kompakteren Kalken ist von einer massgebenden Variation der Durchlässigkeit auszugehen. Opalinuston: Der Opalinuston ist ein Wasserstauer. Die hydraulische Durchlässigkeit ist allerdings auch hier aufgrund von Dekompaktion und Verwitterungsprozessen in Oberflächennähe erhöht. Gemäss Nagra (2008) beträgt bei oberflächlich aufgeschlossenem Opalinuston die hydraulische Durchlässigkeit in den obersten 10 – 30 m 1E-7 m/s bis 1E-4 m/s und nimmt zur Tiefe hin um mehrere Grössenordnungen ab. In der Sondierbohrung Benken wurden Durchlässigkeiten von 2E-14 m/s bis 1E-13 m/s, im Felslabor Mont Terri Werte bis 6E-12 m/s gemessen. Der Vollständigkeit halber verweisen wir darauf, dass die im Kanton Aargau vorkommenden Mineral- und Thermalwässer 6 aus tiefer liegenden Formationen wie der Trias, dem Perm oder dem kristallinen Grundgebirge stammen (Burger 2011). Insbesondere Thermalwässer mit Austrittstemperaturen von mehr als 30 °C stammen zumindest in Anteilen aus grossen Tiefen und häufig aus dem kristallinen Grundgebirge. Treten Mineral- und Thermalwässer natürlicherweise an die Oberfläche, dann entlang von Störungen oder steilgestellten Aquiferen. So liegen die Quellen Baden, Ennetbaden und Schinznach Bad im Bereich der Jura-Hauptüberschiebung. 6 Mineralwasser: Grundwasser, welches in der Regel mehr als 1 g/l an gelösten Stoffen enthält. Thermalwasser: Grundwasser, welches eine natürliche Temperatur von mind. 20 °C aufweist (Burger 2011). 35 6.3 Karst 6.3.1 Allgemeines NAGRA NAB 13-31 Auf Stufe "Vorstudie" gilt es zu bestimmen, ob das geplante Bauwerk (Rampe, Schacht) karstbedingte Risiken aufweist oder nicht. Bezüglich Methodik verweisen wir auf die jüngst erschienene Wegleitung des ASTRA, KarstALEA, zur Prognose von karstspezifischen Gefahren im Untertagbau (Filipponi et al. 2012). Verkarstetes Gebirge führt im Untertagbau zu drei Arten von Problemen: 1. Der Hohlraum an sich (also auch der lufterfüllte Hohlraum) 2. Wasser, das in grossen Mengen anfallen kann 3. Schlammstromartige Entleerungen (Sediment-Wasser-Gemisch) Die Karstbildung wird in erster Linie durch den vorhandenen hydraulischen Gradienten gesteuert (hydrogeologische Rahmenbedingungen). Weiter bestimmt das Vorhandensein von Trennflächen (Initialfugen) oder die Kommunikation und Raumfüllung von Poren die Entwicklung eines Karstsystems. Für die Verkarstungsfähigkeit sind die Wasserlöslichkeit des Gesteins und die Lösungskinetik relevant. Der absolute Kalkgehalt der einzelnen Schichten ist weniger wichtig. Entscheidend ist vor allem der relative Kalkgehalt zwischen zwei Schichten oder zwischen unterschiedlichen Lagen innerhalb einer Schicht. Diese lokalen Unterschiede im Kalkgehalt begünstigen die Entwicklung von Karstphänomenen. 6.3.2 Karst-Typen Es werden gemäss Jeannin (2014) vier Karst-Typen unterschieden: • Aktiver (rezenter) Karst: Dazu zählen Karst-Erscheinungen, die unter den heutige Randbedingungen immer noch von Wasser geprägt sind. Dazu gehört auch Karst, der sich während den weiter unten beschriebenen Phasen gebildet hat und der heute immer noch aktiv ist. • Plio-Pleistozäner Karst: Dabei handelt es sich um Karst, der sich nach der Ablagerung der OMM, durch Erosion und der damit verbundenen Eintiefung von Tälern entwickelt hat. Solche Karststrukturen setzten ein zu den heutigen hydrogeologischen Rahmenbedingungen verschiedenes Vorfluterniveau voraus. • Eozäner Karst: Hierzu zählen Karst-Erscheinungen, die sich zwischen Malm und Oligozän (USM) entwickelt haben. Diese Zeit war geprägt von Erosion (Paläolandfläche). Die dabei gebildeten Karströhren, Mulden und Höhlen wurden im Eozän mit Sedimenten (Boluston, Bohnerz) verfüllt. Im Gebiet Jura Ost bildete vor der Überschüttung durch tertiäre Molassesedimente die Villigen-Formation ein kontinentales Oberflächenrelief. Eozäner Karst tritt deshalb in der Villigen-Formation gemeinsam mit den jüngeren Karst-Typen auf. • Hypogener Karst: Hypogener Karst wird durch aufsteigende Tiefenwässer (hohen Temperaturen, tiefer CO2- oder H2S-Konzentratioen etc.) gebildet. Die Bildung solcher KarstErscheinungen ist in der Schweiz im Prinzip seit dem Malm möglich. Bedeutende KarstErscheinungen dieser Art sind aber keine belegt. NAGRA NAB 13-31 6.3.3 36 Karsthöhlendichte im Aargauer Jura Die allgemeine strukturgeologische Situation des Tafeljuras, sowie dessen Entstehungsgeschichte hat zur Folge, dass heute eher geringe hydraulische Druckunterschiede vorherrschen. Dementsprechend entwickeln sich Karstphänomene nur langsam. Im Weiteren führt die subhorizontale Lage der Schichtung zu einer geringeren Verkarstungsanfälligkeit im Vergleich zu anderen Regionen der Schweiz. Fig. 20 zeigt die Verteilung der in der Datenbank des Schweizerischen Instituts für Speläologie und Karstforschung (SISKA) vermerkten Höhleneingänge (rote Punkte). Auch hier zeigt sich, dass im Vergleich zu anderen Regionen des Schweizer Juras eine geringere Karsthöhlendichte vorliegt. Elfingen Riniken Fig. 20: Höhlen und Stollen im Betrachtungsperimeter (Figur durch SISKA erstellt). 6.3.4 Verkarstungspotenzial als Funktion des Vorfluterniveaus Eine allfällige Verkarstung reicht häufig bis auf das Vorfluterniveau, kann aber auch bis mehrere dutzend/hundert Meter darunter ausgebildet sein (Burger 2011). Für die nachfolgenden Überlegungen gehen wir aufgrund des flachen Schichteinfallens und der topographischen Exposition davon aus, dass das Vorkommen von Karströhren deutlich unter dem Vorfluterniveau eher unwahrscheinlich ist (Arbeitshypothese auf Stufe "Vorstudie"). 37 NAGRA NAB 13-31 Heute liegt dieses Niveau (Aare, Rhein) bei etwa 310 m ü.M. – relevant für aktiven Karst. Eine Änderung der hydrologischen Rahmenbedingungen kann zu entsprechenden Anpassungen des Karströhrensystems führen. Aufgrund der Tiefenerorsion konnte im Plio-Pleistozän ein tieferes Niveau vorgeherrscht haben. Gemäss Nagra (2008; Figur 5.2-17) beträgt die Füllung der ausserhalb des Betrachtungsperimeters liegenden Quartärbecken maximal rund 50 m, weshalb wir für die nachfolgenden Überlegungen von einem verkarstungsrelevanten Vorfluterniveau für Plio-Pleistozänen Karst von etwa 260 m ü.M. ausgehen. 6.3.5 Verkarstungspotenzial der auftretenden Formationen Die beiden Formationen, die das höchste Verkarstungspotenzial aufweisen, sind die VillgenFormation und die Hauptrogenstein-Formation. Die Wildegg-Formation kann, bei mächtigeren Kalkabfolgen, ebenfalls Verkarstungen aufweisen (Laws & Deplazes 2007), während bei den übrigen Formationen Karst kaum möglich bis nicht vorhanden ist. Auftreten der verschiedenen Karst-Typen Wie eingangs erwähnt, wird Eozäner, mit Sediment verfüllter Karst ausschliesslich in der Villigen-Formation angetroffen. Die Villigen-Formation bildete zischen Malm und Oligozän im Gebiet ein kontinentales Oberflächenrelief. Das Auftreten von Hypogenem Karst ist kaum abschätzbar, zumal bis anhin keine bedeutenden Erscheinungen dieser Art in der Schweiz festgestellt werden konnten. Es wird im Weiteren nicht darauf eingegangen. Für den aktiven und Plio-Pleistozänen Karst wird im Folgenden anhand der Villigen- und Hauptrogenstein-Formationen erläutert, wie die ± maximal auftretende Tiefenlage von Karströhren anhand des Niveaus der Vorfluter bestimmt werden kann. Fig. 21 zeigt die Konsequenzen, die daraus abzuleiten sind. NAGRA NAB 13-31 38 Nördlich Elfingen m ü.M. Westlich Riniken 600 500 400 Hauptrogenstein Eozäner Karst (mit Boluston verfüllt) Epikarstbereich Schachtbereich Horizontalhöhlenbereich Villigen-Fm Opalinuston Vorfluter heute ≈ 310 m ü.M. 300 Niveau tiefste Felsrinnen ≈ 260 m ü.M. (≈ Plio-Pleistozäner Vorfluter) 200 Hauptrogenstein 100 Opalinuston Fig. 21: Auftreten von rezentem und Plio-Pleistozänem Karst in der Villigen- und Hauptrogenstein-Formation als Funktion der Vorfluterniveaus. Lage Elfingen und Riniken siehe Fig. 20. Bei der Villigen-Formation ist davon auszugehen, dass sie (sofern anstehend) im gesamten Betrachtungsperimeter über dem heutigen und dem Plio-Pleistozänen Vorfluterniveau liegt. Rezente Karströhrenbildungen und Plio-Pleistozäner Karst sind somit überall möglich. Daneben weist die Villigen-Formation, wie eingangs erwähnt Eozänen Karst auf. Die Hauptrogenstein-Formation ist im nordwestlichen Bereich des Betrachtungsperimeters an der Oberfläche aufgeschlossen. Aufgrund des Höhenunterschieds zu den Vorfluterniveaus ist auch hier von aktivem und Plio-Pleistozänem Karst auszugehen. Durch das Schichteinfallen nach SSE taucht der im Prinzip verkarstungsfähige Hauptrogenstein im SSE-Bereich des Betrachtungsperimeters unter die Vorfluterniveaus. Karströhren sind hier somit mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht vorhanden. In der Sondierbohrung Riniken wurde der Top der Haupt- 39 NAGRA NAB 13-31 rogenstein-Formation auf einer Tiefe von 166 m ü.M. angetroffen, also deutlich unter den Vorfluterniveaus. In Analogie gelten diese Überlegungen auch für die übrigen, weniger bzw. kaum verkarstungsanfälligen Formationen. Unterhalb der Vorfluterniveaus sind Röhrensysteme jeglicher Art mit grosser Wahrscheinlichkeit auszuschliessen. Obige Erläuterungen beziehen sich ausschliesslich auf das Verkarstungspotenzial. Je nach Eigenschaften fungiert das Gebirge auch als Kluftgrundwasserleiter. D.h. auch unterhalb des regionalen Vorfluterniveaus ist freisetzbares Grundwasser vorhanden, sofern ein Netz an wasserwegsamen Strukturen (Schichtgrenzen, Klüfte, Störungen) vorliegt. Eine Zusammenfassung des Verkarstungspotenzials der untersuchten lithostratigraphischen Einheiten in Abhängigkeit der regionalen Vorfluterniveaus findet sich in Beilage 2. 6.3.6 Karstwasserspiegel Die Ausprägung des Karstwasserspiegels sei wiederum an den beiden am meisten verkarstungsfähigen Formationen, der Villigen-Formation und der Hauptrogenstein-Formation erläutert. Die Villigen-Formation (Blockmodell in Fig. 22) liegt im gesamten Betrachtungsperimeter über dem rezenten und dem Plio-Pleistozänen Vorfluterniveau. Die Karströhren, die nicht mit Material verfüllt sind, sind je nach Exposition, Überdeckung bzw. Tiefenlage: • praktisch nie mit Wasser gesättigt (vadose Zone) • nur periodisch, d.h. bei hohem Wasserstand wassergesättigt (epiphreatische Zone) • permanent wassergesättigt (phreatische Zone → unter dem Tiefststand des Karstwasserspiegels liegend) Vadose Zone Plio-Pleistozänes Vorfluterniveau Fig. 22: Karstwasserspiegel im Blockmodell Villigen-Formation. NAGRA NAB 13-31 40 Analog Villigen-Fm. Plio-Pleistoz. Vorfl. Niveau Fig. 23: Karstwasserspiegel im Blockmodell Hauptrogenstein-Formation. Die Hauptrogenstein-Formation (Blockmodell Fig. 23) liegt im SSE Teil des Betrachtungsperimeters unter den beiden Vorfluterniveaus. Somit zierkuliert hier, unterhalb des tiefer liegenden Plio-Pleistozänen Vorfluterniveaus, Wasser nur noch entlang wasserwegsamen Trennflächen. Das Auftreten wassergesättigter Karströhren ist eher unwahrscheinlich. Die beiden Blockbilder (Fig. 22 und 23) illustrieren, dass der Verlauf des Karstwasserspiegels bzw. des Druckwasserspiegels für Kluft-Grundwasservorkommen von zahlreichen Faktoren abhängig ist (Exposition, Topographie, Art der Überdeckung, Einzugsgebiet). Solange kein konkreter Trasseeverlauf (Rampe) bzw. Schachtstandort definiert ist, empfehlen wir für die weiterführende Planung vorläufig davon auszugehen, dass die Druckhöhe des in kommunizierenden Karst- und Kluftsystemen zirkulierenden Grundwassers der Überlagerungshöhe entspricht. Ferner empfiehlt sich, für die weiteren Bearbeitungsphasen nach der Wegleitung zur Prognose von karstspezifischen Gefahren im Untertagbau (KarstALEA, Filipponi et al. 2012) vorzugehen. 6.4 Betonaggressivität der anfallenden Wässer Grundwasser kann niedrige pH-Werte besitzen oder gelöste Substanzen enthalten, die Baustoffe (vor allem Beton) angreifen. Beim Vortrieb der Weströhre des Bözbergtunnels wurden in der Villigen-Formation und den Effinger-Schichten sehr sulfat- und chloridreiche und somit betonaggressive Bergwässer angetroffen. Es wurden umfassende hydrogeologische Untersuchungen durchgeführt, die in Geologisch-paläontologisches Institut der Uni Basel (1991) zusammengefasst sind. Die Datengrundlage wurde durch die Nagra erneut überprüft. Der Ergebnisbericht liegt im Moment als Entwurf vor (Hartmann et al. in Vorb.). Darin halten die Autoren fest, dass sich die überwiegende Anzahl der Austrittsstellen stark mineralisierter Bergwässer auf den Bereich der JuraHauptüberschiebung konzentriert. Es handelt sich hierbei um Bergwässer, die aus der Trias (Hauptmuschelkalk, Keuper) stammen und entlang tektonischer Störungen zufliessen. Von Interesse sind aber für das Baugrundmodell Jura Ost die Informationen über Wasserzutritte im Tafeljura. Aus dem Tafeljura-Abschnitt des Bözbergtunnels liegen die Analysen von 2 Proben vor. Über die Herkunft des beprobten Wassers kann keine abschliessende Aussage gemacht 41 NAGRA NAB 13-31 werden. Als Hypothese wird die Beimischung von altem (reliktischem) Porenwasser zu einem jüngeren meteorischen Wasser aufgeführt. Die Wahrscheinlichkeit, auf betonaggressive Bergwässer zu treffen, erachten wir aber im Betrachtungsperimeter als eher gering. Vorbehalten bleibt der Einflussbereich von markanten Störungszonen, womit ein weiteres Argument gegeben ist, das Zugangsbauwerk möglichst fern von den bekannten tektonischen Störungszonen, namentlich der Mandach-Überschiebung und der Jura-Hauptüberschiebung, zu halten. Ob die Formationswässer 7 (also nicht von der Tiefe aufsteigende Bergwässer) betonaggressiv sein können, bedarf sicher noch einer eingehenden Klärung. Grundsätzlich kann das Auftreten von betonaggressiven Formationswässern zwischen Molasse und Top Opalinuston nicht ausgeschlossen werden. Da die Gesteine der auftretenden Formationen aber folgende zwei Punkte erfüllen, ist die Wahrscheinlichkeit eher gering: 1. Die Gesteine enthalten genügend Kalk, so dass eine Calciumkarbonat-Untersättigung auszuschliessen ist. Sehr weiches Wasser wäre, vor allem wenn es noch sauer ist (pH < 7), kalklösend und deshalb betonaggressiv. 2. Es treten in den diversen Abfolgen keine Sulfatgesteine auf, womit sich keine Sulfatwässer bilden können. Sulfate können mit dem Kalk und den Tonanteilen des Betons unter Bildung des Minerals Ettringit reagieren, eines wasserhaltigen Calcium-Aluminium-Sulfats. Dieser chemische Vorgang ist mit einer Volumenvergrößerung verbunden, die zum Zerfall des betroffenen Betons führt. Eine gewisse Betonaggressivität ist durch sulfidische Wässer denkbar. Eine Voraussetzung dafür sind geringe Fliessgeschwindigkeiten in Kombination mit dem Vorhandensein von Pyrit und organischem Material, was für den Opalinuston zutreffen würde (Corg 0.7 – 1.5 Gew.-%, vgl. Beilage 14 in Matter et al. 1987). Die Erfahrungen beim Mont-Terri Projekt haben aber gezeigt, dass der Pyrit in den bis ca. 1 m tiefen Auflockerungszonen der Kavernen oxidiert wird, bzw. sich um den Pyrit eine Eisenhydroxid-Ummantelung bildet. Dieser Prozess verhindert die Bildung sulfidischer und damit betonaggressiver Bergwässer (Waber 2012). Aufgrund des oben erwähnten hohen Kalkgehalts der Wässer (sehr hartes Wasser) ist in Ableitungen mit entsprechenden Versinterungen zu rechnen. Die Instandhaltung der Systeme muss diesbezüglich gewährleistet werden können. 6.5 Wasserandrang Ohne Berücksichtigung baulicher Gegenmassnahmen (z.B. Injektionen) rechnen wir in mergeligen Bereichen mit einem Wasserandrang von < 5 l/min pro 100 m, in kalkigen Bereichen mit 30 – 50 l/min pro 100 m. Bei "Teilentleerungen" oder Entleerungen von Karsthohlräumen sind initial auch grössere Zuflüsse möglich. Diese Angaben beziehen sich allerdings auf einen offenen Hohlraum (also auf ein nicht abgedichtetes Untertagebauwerk). Da das Zugangsbauwerk, d.h. eine Rampe und/oder ein Schacht ausschlich bergab aufgefahren wird, muss ein Bergwasseranfall ohnehin verhindert werden. Ziel sollte es sein, wenn möglich überhaupt kein Bergwasser drainieren und abpumpen zu müssen. 7 Hier verwendet im Sinne von ± rezent gebildetem Grundwasser, das von der Oberfläche in den Untergrund infiltriert. NAGRA NAB 13-31 6.6 42 Porenwasserdrücke Bis zum Vorliegen orts- und formationsspezifischer Daten ist für die weitere Planung von Wasserdrücken bis auf ± OK Terrain auszugehen, d.h. von einer Wassersäule, die mehr oder weniger der Überlagerungshöhe entspricht. 6.7 Quellende Gesteine Der Quellvorgang von Gesteinen hat folgende Ursachen: • Quellen von tonhaltigen Gesteinen: Bei den Tonmineralen der Smektitgruppe (zu denen der Montmorillonit gehört), Vermikulit und Mixed-Layers (Illit-Smektit) erfolgt der Quellvorgang durch Wassereinbau in die Zwischenräume und -schichten der Kristallgitter. Bei den Tonmineralen Kaolinit, Chlorit und Illit tritt dieser Prozess nicht auf, doch aufgrund der Anlagerung von Wasser an den Oberflächen der Tonplättchen (Adsorption) kann auch hier ein – allerding geringfügigeres – Quellen beobachtet werden. Da zahlreiche Formationen zwischen Molasse und Opalinuston Tonminerale enthalten, ist dieser Prozess für das Baugrundmodell relevant. • Umwandlung von Anhydrit in Gips: Die Umwandlung hat theoretisch eine Volumenzunahme von etwa 60% zur Folge. Die Gesteine zwischen Molasse und Top Opalinuston enthalten kein Anhydrit (vgl. dazu auch Beilage 13 in Matter et al. 1987), womit dieser Prozess für das Baugrundmodell nicht relevant ist. • Umwandlung von Pyrit zu Gips: Kommt Pyrit mit sauerstoffführendem Wasser in Kontakt, können wasserlösliche Sulfate entstehen, die bei Verdunstung an der Oberfläche zu Gips auskristallisieren. Diese Sulfatkristalle bilden sich bevorzugt in Schichtfugen, womit der Schichtverband aufblättert. Bekannt sind v.a. Schadensfälle im Posidonienschiefer (Trias → für das vorliegende Baugrundmodell nicht relevant). Die für das Baugrundmodell relevanten Formationen enthalten teilweise etwas Pyrit. Auf der vorliegenden Bearbeitungsstufe gehen wir aber davon aus, dass wir uns auf das Quellverhalten von Tonen beschränken können, d.h. die Umwandlung von Pyrit zu Gips wird als nicht relevant angesehen. Das Quellpotenzial bzw. der Quelldruck ist für die diversen Formationen im Längenprofil (Beilage 1) angegeben. Als wichtigste Datengrundlage dienten die geologisch-geotechnischen Berichterstattungen im Hinblick auf die Sanierung des Belchentunnels (Geologengemeinschaft Belchen 2012). 43 7 NAGRA NAB 13-31 Gebirgstemperatur Nahe der Geländeoberfläche ist mit einer Durchschnittstemperatur von 8 °C zu rechnen. Unter Annahme einer mittleren Überlagerung des Top Opalinuston von rund 400 m ergibt sich für diese Tiefe folgende Gebirgstemperatur: 400 m: 27 °C, basierend auf Angaben Sondierbohrung Riniken 400 m: 24 °C, basierend auf den Messungen in der Sondierbohrung Benken 400 m: 31 °C, basierend auf den Messungen in der EWS-Bohrung Oftringen (lokale Wärmeanomalie) Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass mit zunehmendem Einfluss grosser Störungszonen (Mandach-Überschiebung, Jura-Hauptüberschiebung) der geothermische Gradient grösser wird. In solchen Fällen sind bei 400 m Tiefe Temperaturen bis gut 30 °C möglich. In tektonisch ruhigen Gebieten rechnen wir mit Temperaturen um die 25 °C. Weiterführende Angaben zum Temperaturfeld und zu Wärmeflussanomalien finden sich in Signorelli et al. (2004). 45 8 NAGRA NAB 13-31 Gasführung Die Erfahrungen beim Bau des bestehenden Belchentunnels (in Geologengemeinschaft Belchen 2012 zusammengefasst) haben gezeigt, dass Anzeichen von Gasaustritten ausschliesslich in Trias-Gesteinen angetroffen worden sind (Hauptmuschelkalk, Trigonodus-Dolomit, Bunter Mergel 8), wobei die Effinger Schichten bei diesem Bauwerk das jüngste Schichtglied darstellen. Auch beim Bau des Bözbergtunnels sind keine Probleme mit Gas aufgetreten. Spuren von Methangas hat man in der Sondierbohrung Riniken im Bereich des unteren Hauptrogensteins registriert (Nagra 1990). Erwähnt sei auch die in den Jahren 1956/1957 abgeteufte Mineralquellenbohrung Eglisau II: Hier stiess man im Malmkalk auf Schwefelwasserstoff und Methangas (Cadisch 1959). Angesichts dieser unterschiedlichen Befunde tendieren wir auf Stufe "Vorstudie" zu einer eher konservativen Bewertung möglicher Gasvorkommen. Bestätigt wird diese Haltung auch durch die an der EWS-Tagung 2012 von Dr. Roland Wyss ausgehändigten Unterlagen (Wyss 2012). Aus ihnen geht deutlich hervor, dass gasführende Gesteine eigentlich überall vorkommen können. Für die Einstufung der Erdgasgefährdung gemäss Technischem Merkblatt "Verhütung von Unfällen durch Brände und Explosionen bei der Erstellung von Untertagebauten in Erdgas führenden Gesteinsschichten" SUVA (2002) wird grundsätzlich die Möglichkeit eines Gasvorkommens beurteilt 9 (die Beurteilung der Gefahr der Gasüberflutung und das Ausgasverhalten erfolgt auf Stufe Gefahrenbilder). Innerhalb der untersuchten Schichtabfolge dürften die Molasse (Tertiär) und der Malm (Villigen- und Wildegg-Formation) die Gesteine mit dem höchsten Gasführungspotenzial sein. Daraus leiten wir ab: Molasse (Tertiär): Gasvorkommen möglich oder sicher Malm (Kalke): Gasvorkommen möglich oder sicher Übrige Gesteine: Gasvorkommen möglich oder sicher Aussagen über die Möglichkeit eines Gasvorkommens allein erlauben jedoch noch keine Einschätzung der eigentlichen Gefährdung. Die Überflutungsgefahr (ja/nein) wie auch das Ausgasverhalten (während kurzer oder langer Zeit) sind für entsprechende Beurteilungen ebenfalls zu berücksichtigen. 8 Member innerhalb des Keupers, nicht mit den bunten Mergeln der OSM zu verwechseln. 9 In den vergangenen Jahren hat sich für Tunnelbauprognosen eine konservative Beurteilung eingebürgert. 47 9 NAGRA NAB 13-31 Erläuterung zum Baugrundmodell (Beilage 1) und zur Prognosegenauigkeit Die Parametrisierung der Felsgesteine fürs abstrahierte geologische Längenprofil (Beilage 1) zeichnete sich als relativ heikler Bearbeitungsprozess ab. Die Hauptgründe waren die Folgenden: • Gemäss Auftrag galt es, die wichtigsten Formationen als je eine Einheit zusammenzufassen. Sicher gibt es Formationen wie der Opalinuston, die innerhalb des Betrachtungsperimeters als ± homogener Schichtkomplex gelten. Ähnlich präsentieren sich die Effinger Schichten mit dem Vorbehalt der eingelagerten Kalkbankabfolgen (z.B. Gerstenhübel-Schichten). Andere Formationen weisen aber ein grosses Spektrum an unterschiedlichen Lithologien auf, die im Extremfall von grobbankigen, harten Kalken bis zu tonigen Mergeln reichen können (z.B. Passwang-Formation). In solchen Fällen galt es bei der Parametrisierung der Vielfalt an unterschiedlichen Schichten gerecht zu werden. So geben wir beispielsweise für die Ifenthal-Formation Druckfestigkeiten von 1 bis 105 MPa an. Diese breite Streuung rührt daher, dass wir mehrere Schichten zusammengefasst haben und eine davon eine sehr geringe Druckfestigkeit aufweist. • Es wurde versucht, die Parametrisierung anhand der im Abschnitt 4 angegebenen Datenquellen vorzunehmen. Die ursprünglich ins Auge gefasste Idee, statistische Auswertungen mehrerer Datenquellen durchzuführen, musste aufgrund mangelnder Datendichte oder Diskrepanzen zwischen den Datengrundlagen wieder fallen gelassen werden. Bei den bürointernen Besprechungen hat sich ergeben, dass Erkenntnisse aus weiteren Projekten mit einfliessen und auch einige Parameter gemäss bestehenden Unterlagen "korrigiert" werden müssen. • Einzelne Angaben zur Hauptklüftung haben wir aus der Nagra-Datenbank zur Sondierbohrung Benken entnommen. Dies wohl wissend, dass sich die Faziesausbildung der einzelnen Formationen zum Teil von derjenigen im Betrachtungsperimeter unterscheidet. Was das Vorgehen in einem gewissen Grade rechtfertigt, ist die Tatsache, dass die Bohrung Benken ebenfalls in einem tektonisch relativ ruhigen Gebiet abgeteuft worden ist (Benken liegt im Grenzgebiet zwischen dem nördlichen Rand des mittelländischen Molassebeckens und dem Tafeljura). Aus oben genannten Gründen ist die Zuverlässigkeit der Prognose als durchgehend gering bis mässig zu betrachten (mit Ausnahme des Opalinustons, für den auch aus tunnelbautechnischer Sicht genügend und untereinander konsistente Daten vorliegen). Für das weitere Vorgehen wird empfohlen, Beilage 1 laufend auf dem neusten Stand zu halten. Eine kontinuierliche Aktualisierung der Beilage mit Resultaten von Sondierungen etc. erlaubt zu einem späteren Zeitpunkt direkt anhand der Einträge ein konkretes Projekt für ein Zugangsbauwerk auszuarbeiten und zu planen. 49 10 NAGRA NAB 13-31 Vergleich der Standortgebiete Jura Ost und Jura-Südfuss Die vorangehenden Kapitel fokussieren sich auf das Standortgebiet Jura Ost. Ein weiteres Standortgebiet, das den Faziesraum West abdeckt, ist das Gebiet Jura-Südfuss, welches als mögliches SMA-Lager zur Diskussion steht (Tiefenlage des optimierten Lagerperimeters = 425 – 600 m u. T.). Die Kenntnisse der tiefengeologischen Verhältnisse für das Gebiet Jura-Südfuss basieren im Wesentlichen auf den beiden Bohrungen Schafisheim und Oftringen. Die beiden Standortgebiete Jura Ost und Jura-Südfuss haben gemeinsam, dass sie sich in einem tektonisch ruhigen Gebiet befinden. Vergleichbar sind auch die Mächtigkeiten und Lithologien zwischen dem Dach des Mesozoikums (Villigen-Formation) und dem Opalinuston. Zu vermerken ist innerhalb dieses mesozoischen Schichtpakets einzig, dass beim Standortgebiet Jura Ost die Hauptrogenstein- und die Klingnau-Formation nebeneinander auftreten, wogegen im Gebiet Jura-Südfuss ausschliesslich die Hauptrogenstein-Formation vorkommt. Deutlich unterscheiden sich die beiden Gebiete in der Zusammensetzung und Verbreitung des Tertiärs. Im Gebiet Jura Ost bilden bunte Mergel und Nagelfluhbänke der OSM die dominierenden Lithologien des Tertiärs. Im Gebiet Jura-Südfuss sind es Sandsteine und Mergel der USM. Die Gesamtmächtigkeit der USM beläuft sich auf rund 330 m. Im Gegensatz zu Jura Ost, wo Gasvorkommen nur selten detektiert wurden (Kapitel 8), werden im Gebiet Jura-Südfuss regelmässig Erdöl oder Erdgas bei der Erstellung von Untertagebauten oder Bohrungen gefunden (Sachs & Schneider 2012). Kohlenwasserstoffe (KW) sind dabei am häufigsten in Schichten der USM (Sachs & Schneider 2012) anzutreffen (typischer Tiefenbereich für EWS-Bohrungen), treten aber auch in den Geissberg-Schichten des Malms (EWSBohrung Oftringen; Albert & Bläsi 2008)) und in karbonatischen Formationen des Muschelkalks auf (Matter et al. 1988b). Analog zum Standortgebiet Jura Ost dürften somit für den JuraSüdfuss die Molasse- und Malm-Gesteine das höchste Potenzial für Gasvorkommen aufweisen. Zur Genese der Gasvorkommen in der USM des Jura-Südfusses finden sich ausführliche Erläuterungen in Sachs & Schneider (2012). 51 11 NAGRA NAB 13-31 Referenzverzeichnis Albert, W. & Bläsi, H.R. (2008): NOK EWS-Bohrung Oftringen: Geologische, mineralogische und bohrlochgeophysikalische Untersuchungen (Rohdatenbericht). Mit Beiträgen von J. Croisé, M. Koroleva, R. Schwarz, P. Steffen, U. Zerbe. Nagra Arbeitsbericht NAB 08-02. Nagra, Wettingen. Bitterli-Dreher, P., Graf, H.R., Naef, H., Diebold, P., Matousek, F., Burger, H. & Pauli-Gabi, T. (2007): Geologischer Atlas der Schweiz 1:25'000, Blatt 1070 Baden. Erläuterungen. Bundesamt für Landestopografie swisstopo, Wabern (Bern). Bläsi, H.R., Deplazes, G., Schnellmann, M. & Traber, D. (2013): Sedimentologie und Stratigraphie des 'Braunen Doggers' und seiner westlichen Äquivalente. Nagra Arbeitsbericht NAB 12-51. Nagra, Wettingen. Burger, H. (2011): Die Thermalwässer und Mineralwässer im Kanton Aargau und seiner näheren Umgebung. 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Nagra, Wettingen. 53 NAGRA NAB 13-31 Nagra (2010): Beurteilung der geologischen Unterlagen für die provisorischen Sicherheitsanalysen in SGT Etappe 2. Nagra Tech. Ber. NTB 10-01. Nagra, Wettingen. Nagra (2013/2014a): Planungsstudien 2013/2014 zu den Standortarealen, Nagra Arbeitsberichte, Nagra, Wettingen: Standortareal WLB-1-SMA (NAB 13-61) Standortareal JS-1-SMA (NAB 13-64) Standortareal JO-3+-SMA, JO-3+-HAA, JO-3+-Kombi (NAB 13-66, 13-67, 13-68) Standortareal SR-4-SMA (NAB 13-81) Standortareal NL-2-SMA, NL-2-HAA, NL-2-Kombi (NAB 14-03, 14-04, 14-05) Standortareal NL-6-SMA, NL-6-HAA, NL-6-Kombi (NAB 14-06, 14-07, 14-08) Standortareal ZNO-6b-SMA, ZNO-6b-HAA, ZNO-6b-Kombi (NAB 14-27, 14-28, 14-29) Nagra (2014b): Bautechnische Risikoanalyse zur Realisierung der Zugangsbauwerke. Nagra Arbeitsbericht NAB 14-50. Nagra, Wettingen. Sachs, O. & Schneider, N. (2012): Auftreten von Kohlenwasserstoffen in der Region des JuraSüdfusses (Abschnitt Aarwangen – Baden). Nagra Arbeitsbericht NAB 12-32. Nagra, Wettingen. SIA (1998): Erfassen des Gebirges im Untertagbau – Beschreibung des Gebirges, Beurteilung des Gebirges, Geologische, hydrogeologische und geotechnische Berichte. SIA Empfehlung 199. Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich. SIA (2004): Projektierung Tunnel – Grundlagen. SIA Empfehlung 197. Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich. SUVA (2002): Verhütung von Unfällen durch Brände und Explosionen bei der Erstellung von Untertagebauten in Erdgas führenden Gesteinsschichten. Technisches Merkblatt. 66102.d. SUVA. Luzern. Signorelli, S., Andenmatten Berthoud, N. & Kohl, T. (2004): 1. Geothermischer Ressourcenatlas der Schweiz, Jahresbericht 2004. Schweizerische Geophysikalische Kommission SGPK. Waber, N. (2012): Persönliche Mitteilung. Geologisches Institut, Universität Bern. Wüthrich, E. & Biaggi, D. (2014): Trennflächen-Studie an Oberflächenaufschlüssen in der Villigen- und Hauptrogenstein-Formation des Standortgebiets Jura Ost als Proxi für den Faziesraum West. Nagra Arbeitsbericht NAB 14-84. Nagra, Wettingen. Wyss, R. (2012): Erdwärmesonden – Gas. Tagungsunterlagen geothermie.ch. Geologenworkshop 2012, Frauenfeld. 9m 9m NAB 13-31 BEILAGE 1 Kilometrierung, Metrierung GEOMETRIE GEOLOGIE [m] Azimut Bauwerksachse °(360°) Überlagerungshöhe (gemäss Sammelprofil) [m] Periode / Epoche [-] Lithostratigraphische Einheit / Formation [-] Member [-] Raumlage der Formationen und Formationsgrenzen (fallazimut, Fallwinkel) Abschnittlänge A Quarzgehalt B CAI (Cerchar-Abrasivitäts-Index) ungünstige Bestandteile 4. Wildegg-Formation 5. Ifenthal-Formation 6. Hauptrogenstein / Klingnau-Formation MALM Juranagelfluh 425 - 460 460 - 565 7. Passwang-Formation 8. Opalinuston DOGGER Effinger Schichten Birmenstorfer Schichten Hauptrogenstein Klingnau-Formatioin Tonige bis kalkige Mergel kaum geschichtet, oft knollig-knauerig. Untergeordnet Wechsellagerungen von Mergeln, Siltsteinen und Sandsteinen. Boluston (mit Bohnerz), Gemisch aus Boluston und Kalkbruchstücken, mit Boluston verfüllte Karsttaschen. In Karsttaschen auch Quarzsand. Konglomerat Harte Kalkbänke aus vorwiegend splittrig brechendem Mikrit, im unteren Bereich von dünnen Mergellagen voneinander getrennt. Wechsellagerung von grauem Tonmergel und Kalkmergel mit stellenweise eingelagerten Kalkbänken. Mikritische Kalksteine und Mergel. Spätige Kalke (oft eisenoolithisch), sandige Mergel und knauerige Lagen von Sandkalk sowie spätige, eisenschüssige Kalkarenite. Oben Spatkalk ansonsten oolithische z.T. auch eisenoolithische Kalkbänke. Durch dünne Lagen von Mergelbändern durchzogen. Nach Osten in die Klingnau-Formation übergehend. Grauer Mergel und mergeliger Kalk mit Einschaltungen von oolitischen und bioklastischen Kalkbänken. Nach Westen in den Hauptrogenstein übergehend. [%] 6 - 37 (Wisenbergtunnel), 10 - 27 (Bözberg) ist zu bestimmen 10 - 13 (Quarzsand nahezu 100) (Bohrung Weiach) 2 - 5 (Bohrung Weiach) 3 - 14 (NAB 07-28) 5 - 10 (Belchen, NAB 08-02) 2 - 15 (Belchen, Varians-Schichten) 1 - 2 (Belchen) ~ 2 (Belchen) [-] < 1 (Schätzung / Annahme) stark abrasiv < 1 (Quarzsand > 2) (Schätzung / Annahme) < 2 (Schätzung / Annahme) 1 - 2 (Belchen) < 2 (Belchen) < 2 (Schätzung / Annahme) 1 - 2 (Belchen) < 1 (Belchen) Sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung bezüglich Fazies und Mächtigkeit sehr heterogen aufgebaut. Schwellenfazies: Dunkelgrauer bis schwarzer, feingeschichteter, siltiger, selten eisenoolithischer Kalk, Kalk und Sandkalk. Beckenfazies: feinsandiger Tonstein mit cm-dicken Lagen aus grauem Kalk. glimmerführender sandiger Mergel, feingeschichteter Mergel und Tonstein. 2 - 32 (Belchen, Wisenbergtunnel) bis 50, im Mittel ~ 30 (Belchen) < 1 (Belchen) < 1 (Belchen) Riniken, NTB 00-01: 3 - 21 Wisenbergtunnel: 2 - 6 [%] 15 - 35 (Schätzung / Annahme) < 5 (Wisenbergtunnel) 5 - 15 (Bohrung Weiach) nicht relevant 1 - 8 (NAB 07-28) 1 - 8 (?, Schätzung analog Effinger Schichten) 3 - 5 (Schätzung / Annahme) nicht relevant 1 - 4 (?, Schätzung) 1 - 7 (Wisenbergtunnel) [-] Tonminerale hohe Festigkeit des Gerölls, bei mangelhafter Verkittung lockergesteinsartig Tonminerale (gösstenteils Kaolinit) - Tonminerale Tonminerale Tonminerale - Tonminerale starke lithologische Wechsel Tonminerale nicht relevant nicht relevant (kaum quellfähige Tonminerale) nicht relevant 0.4 - 0.8 / 1 - 2 (Schätzung / Annahme, Belchen) mergelige Bereiche: ca. 0.1 - 0.8 / ca. 1 - 2 (Schätzung analog Effinger Schichten) 0 - 0.6 / 0 - 7 (Wisenbergtunnel, Varians-Schichten) - / - (Schätzung / Annahme) k. A. < 0.5 / 0.4 - 5 (Belchen, Wisenbergtunnel) [-] Verminderung der Ferstigkeit, aufweichend, quellfähig kaum wasserempfindlich Verminderung der Festigkeit, aufweichend, potenzielle Gleithorizonte Verminderung der Festigkeit entlang dünner Mergellagen Verminderung der Festigkeit, aufweichend, potentielle Gleithorizonte mergelige Bereiche: Verminderung der Festigkeit, aufweichend, potentielle Gleithorizonte kaum wasserempfindlich nicht bis kaum wasserempfindlich (Mergelbänder können bei Wasserzutritt Schwachstellen bilden, z.B. Gleithorizonte etc.) Verminderung der Festigkeit, aufweichend, potentielle Gleithorizonte Mergel und Tone: Verminderung der Festigkeit, quellfähig, potentielle Gleithorizonte σd [MPa] 7 - 31 (Wisenbergtunnel) 2 - 26 (Schätzung / Annahme) nicht bestimmbar (Lockergestein) bis 180 (Bözberg) 10 - 70 (Belchen) 10 - 60 (Belchen) 1 - 105 (Belchen, Schätzung / Annahme) 30 - 110 (Belchen) 14 - 50 (Belchen) 6 - 90 (Belchen, Wisenbergtunnel) 2 - 9 (Belchen) Spaltzugfestigkeit σt [MPa] 0.6 - 1.3 (Wisenbergtunnel) 0.1 - 10 (Schätzung / Annahme) 0.2 - 2 (Schätzung / Annahme) nicht bestimmbar (Lockergestein) 1 - 10 (Schätzung / Annahme) 1 - 10 (Belchen) 1 - 7 (Belchen) 0.5 - 7 (Belchen, Schätzung / Annahme) 5 - 12 (Belchen) 4 - 5 (Belchen) 2 - 5 (Belchen, Wisenbergtunnel) 0.5 - 1.5 (Belchen, Schätzung / Annahme) F Strukturanisotropie [-] mittel anisotrop gering anisotrop keine diskrete Schichtung mittel anisotrop mittel bis stark anisotrop mittel bis stark anisotrop mittel anisotrop mittel anisotrop mittel bis stark anisotrop stark anisotrop gering anisotrop geschichtet (0.2 - 0.6) geschichtet (0.2 - 0.6) geschichtet bis grob geschichtet (0.2 - 2) geschichtet (0.2 - 0.6) oberflächennah: ~ 0.01 - 0.6 m geschichtet (0.2 - 0.6) stark variabel (geschichtet bis grob geschichtet, 0.2 - 2) dünn geschichtet bis blättrig (< 0.2) 5 - 10° SSE 5 - 10° SSE 5 - 10° SSE 5 - 10° SSE 5 - 10° SSE 5 - 10° SSE 5 - 10° SSE E einaxiale Zylinderdruckfestigkeit H Schichtung Abstand der effektiven Trennflächen [-] [m] geschichtet (0.2 - 0.6) massig (> 2) keine diskrete Schichtung geschichtet bis grob geschichtet (0.2 - 2), oberflächennah: ~ 0.1 - 0.8 m Einfallen der Schichtung °(360°) 5 - 10° SSE 5 - 10° SSE keine diskrete Schichtung 5 - 10° SSE Raumlage bezüglich Bauwerksachse °(360°) I Reibungswinkel ϕ in Schichtfugen ϕ °(360°) < 20 - 30 (Schätzung / Annahme) > 40 (Schätzung / Annahme) k. A. da keine diskrete Schichtung 30 - > 40 (Schätzung / Annahme) 25 - 30 (Schätzung / Annahme) 25 - 30 (Schätzung / Annahme) 20 - 40 (Schätzung / Annahme) 30 - > 40 (Schätzung / Annahme) 20 - 30 (Schätzung / Annahme) 15 - 25 (Belchen) 18 (< 20) (Belchen, Schätzung / Annahme) J Kohäsion c in Schichtfugen c [MPa] < 0.02 - 0.2 (Schätzung / Annahme) 0.2 - > 2 (Schätzung / Annahme) k. A. da keine diskrete Schichtung 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) < 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 0.2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 0.2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) < 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) < 0.02 - 0.2 (Schätzung / Annahme) ist zu bestimmen oberflächennah: Mittelwert Haupttrennflächensystem = 0.15 (Trennflächenstudie 2013) ist zu bestimmen Mittelwert Hauptklüftung: 0.47 (Bohrung Benken) Mittelwert Hauptklüftung: 0.16 (Bohrung Benken) K Abstand der effektiven Trennflächen [m] L Raumlage bezüglich Bauwerksachse °(360°) M Klüfte und Störungen N Lineare Erstreckung der Trennflächen Öffnungsweite und Füllung der Trennflächen ist zu bestimmen ist zu bestimmen [m] ist zu bestimmen ist zu bestimmen [mm] ist zu bestimmen ist zu bestimmen oberflächennah: Mittelwert Haupttrennflächensystem = 0.23 (Trennflächenstudie 2013) mittlere Tiefe: 0.5 - 1 (Schätzung anhand Bohrung Weiach) k. A.: Klüfte kaum möglich, potentielle Gleitflächen beachten Mittelwert Hauptklüftung: 0.35 (Bohrung Benken) oberflächennah: meist gering bis mittel (Trennflächenstudie 2013) ist zu bestimmen ist zu bestimmen ist zu bestimmen oberflächennah: meist gering bis mittel (Trennflächenstudie 2013) ist zu bestimmen ist zu bestimmen ist zu bestimmen oberflächennah: meist 0.5 - 10 mm (57 %), bei 12 % mit Tonfüllung (Trennflächenstudie 2013) ist zu bestimmen ist zu bestimmen ist zu bestimmen oberflächennah: meist 0.5 - 10 mm (64 %), 6 % mit Tonfüllung, 2 % mit Calcitausfällungen (Trennflächenstudie 2013) ist zu bestimmen ist zu bestimmen ist zu bestimmen O Reibungswinkel ϕ in Trennflächen ϕ °(360°) < 20 - 30 (Schätzung / Annahme) 30 - 40 (Schätzung / Annahme) 30 - 40 (Schätzung / Annahme) 20 - 30 (Schätzung / Annahme) 20 - 30 (Schätzung / Annahme) 20 - 40 (Schätzung / Annahme) 30 - 40 (Schätzung / Annahme) 20 - 30 (Schätzung / Annahme) 15 - 25 (Belchen) < 20 (Schätzung / Annahme) P Kohäsion c in Trennflächen c [MPa] < 0.02 (Schätzung / Annahme) 0.2 - > 2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 0.2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 0.2 (Schätzung / Annahme) 0.02 - 0.2 (Schätzung / Annahme) < 0.02 (Schätzung / Annahme) Grundform der Trennflächenkörper c / a [%] plattig kubisch a [m] ist zu bestimmen ist zu bestimmen [-] Trennflächen Poren Keine [m] ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe ist zu bestimmen Q R Trennflächenkörper grösste Abmessung der Trennflächenkörper a S Art der Zirkulation T Druckhöhe (Höhe über Bauwerksohle) U Durchlässigkeit K-Wert V Bergwasseranfall im Hohlraum Wasserqualität E-Modul Gasführung Felstemperatur PROGNOSEGENAUIGKEIT Bunte Mergel 345 - 425 0.4 - 1.8 / 5 - 7 (Schätzung / Annahme) G FESTGESTEIN (FELS) 3. Villigen-Formation 325 - 345 Pmax [MPa] / εmax [%] D Verhalten bei Wasserzutritt HYDROGEOLOGIE 2. Bohnerzformation TERTIÄR 1. Obere Süsswassermolasse 100 - 325 NTB 02-03: 0.1 - 1.4 / 1.0 - 7.5 Belchen: 0.5 - 2.5 (2.8) / bis 21 Wisenbergtunnel: 0.05 - 0.15 (max. 8) / 0.5 - 4 Verminderung der Festigkeit, aufweichend, quellfähig, potentielle Gleithorizonte C Quellpotential (Quelldruck, Quellmass) TRENNFLÄCHEN 50 - 100 °(360°) [-] Gehalt an quellfähigen Mineralien GESTEIN 35 -50 [m] Gesteinstyp GESTEINSBESCHREIBUNG 0 - 35 Bemerkungen zum Geologischen Kenntnisstand bis 80 m Überlagerung: 1E-12 bis 3E-5 ab 80 m Überlagerung: 1E-10 bis 2E-7 [m/s] [-] siehe oben (Schichtung/Klüfte und Störungen) kubisch plattig plattig kubisch kubisch (z.T. plattig) plattig plattig bis kubisch plattig oberflächennah: 1.65 (Mittelwert, Trennflächenstudie 2013) ist zu bestimmen ist zu bestimmen ist zu bestimmen oberflächennah: 0.9 (Mittelwert, Trennflächenstudie 2013) ist zu bestimmen ist zu bestimmen ist zu bestimmen Karst, Trennflächen Trennflächen Trennflächen, evt. Karst Trennflächen, evt. Karst Karst und Trennflächen Trennflächen Trennflächen keine ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe ≈ Überlagerungshöhe 1E-9 bis 1E-7 (oberflächennah erhöht) bis 200 m Überlagerung: bis 1E-4 ab 200 m Überlagerung: 1E-14 bis 1E-11 ist zu bestimmen ist zu bestimmen oberflächennah: bis 1E-3 mit hoher Überlagerung: < 1E-11 bis 200 m Überlagerung: bis 1E-4 m/s ab 200 m Überlagerung: 1E-14 bis 1E-11 m/s ist zu bestimmen bis 30 m Überlagerung: 1E-7 bis 1E-4 ab 30 m Überlagerung: 1E-13 bis 6E-12 Tropfstellen, einzelne kleine Quellen Tropfstellen, einzelne kleine Quellen häufig kleine Quellen, vereinzelt grosse Quellen Tropfstellen, einzelne kleine Quellen Tropfstellen, einzelne kleine Quellen trocken 1 - 20 (Wisenbergtunnel, Varians-Schichten) 10 - 40 (Belchen, Wisenbergtunnel) 5 - 15 (Belchen) 2 - 15 (Belchen) Belchen: 3 - 10, Wisenbergtunnel: 0.5 - 1 Feuchtstellen Häufige kleine Quellen, vereinzelt grosse Quellen Trocken, Feuchtstellen Kluft- und Karstwasser (in Bereichen ohne Bolustonfülllung) Oben geringer Wasserzufluss, ansonsten trocken, Feuchtstellen 0.3 - 2 (Schätzung / Annahme) 0.5 - 3 (Schätzung / Annahme) nicht relevant 20 - 40 (Schätzung / Annahme) 2 - 8 (Belchen) Beurteilung der Betonaggressivität siehe Kapitel 6.4 [-] [GPa] [-] [°C] [-] möglich bis sicher nicht relevant 5 - 10 (Belchen) möglich bis sicher möglich bis sicher 15 - 20 bei 200 m gering bis mässig (Stufe Vorstudie gemäss SIA 197) 27 - 31 bei 400 m Beilage 2 Illustrationen zum Baugrundmodell Jura Ost NAB 13-31 Lithostratigraphische Einheiten (Molasse bis Opalinuston) Formation Dominierende Lithologie(n) Molasse Bunte Mergel und Nagelfluhbänke Bohnerz-Fm. Boluston Villigen-Fm. Mikritischer Kalk Wildegg-Fm. Kalkmergel Ifenthal-Fm. Eisenoolithe und Kalkarenite Hauptrogenstein-Fm. Bioklastische Kalke, Oolithe 80 – 110 m Passwang-Fm. Eisenoolithe, Mergel 40 – 85 m (!) Opalinuston Tonstein NAB 13-31 Mächtigkeit bis 200 m --ca. 60 m ca. 200 m 0.5 – 40 m (!!) 80 – 140 m Variabilität Fazies/Lithologie (Auswahl) Wildegg-Formation ca. 70% ca. 30% monotone Mergelabfolge Kalke mit Mergelzwischenlagen (erhöhter Anteil kalkreicher Zonen im Aargauer Jura) Effinger Schichten Gerstenhübel Sch. Birmenstorfer Sch. Fazit: Die gemäss Sammelprofil ausgeschiedenen lithostratigraphischen Einheiten (Formationen) lassen sich nicht a priori als Homogenbereiche im Sinne der SIA 199 bezeichnen. Hauptrogenstein-Fm. Riniken Frickberg Hauptrogenstein-/Klingnau-Formation Westlich der Linie GansingenSchinznach: Karbonatplattformablagerungen (Hauptrogenstein) Klingnau-Fm. Östlich dieser Linie: Mergelige Ablagerungen (Klingnau-Formation) aus NAB 12-51 Passwang-Formation Beckenfazies: feingeschichtete Mergel, tonige Mergel, Tonsteine Schwellenfazies: Eisenoolithische Kalke, Kalke, Sandkalke NAB 13-31 Strukturen Übersicht Klüfte und Störungen Schichtung 5 – 10° SSE Grossräumige Blattverschiebungen Beispiel Hauptrogenstein: offene Trennflächen im Aufschluss, verheilte Klüfte in grösserer Tiefe (Bohrung Oftringen) σ1 oberflächlich nur sehr vereinzelt nachweisbar σ1 Überschiebungen NW-Begrenzung des Betrachtungsperimeters: Mandach-Überschiebung SE-Begrenzung: Jura-Hauptüberschiebung Der dazwischen gelagerte eigentliche Betrachtungsperimeter umfasst ein Gebiet mit geringer tektonischer Beanspruchung (auch in den untersuchten Aufschlüssen wurden keine grossräumigen Überschiebungen beobachtet) NAB 13-31 Fazit zu Klüfte und Störungen Das an mehreren Aufschlüssen in der Villigenund Hauptrogenstein-Formation untersuchte Trennflächengefüge weicht von Standort zu Standort nicht wesentlich voneinander ab. Das von Blattverschiebungen geprägte Gefüge entstand während der alpinen Kollision und der damit verbundenen Jura-Faltung. Dabei wurden vermutlich bereits bestehende Trennflächen als Blattverschiebungen reaktiviert. Aufschiebungen scheinen beschränkt zu sein auf die stärker deformierten Zonen der Mandach-Hauptüberschiebung (Madritsch und Hammer, 2012). Strukturen Tektonische Trennflächen im Aufschluss Hypothetisches Trennflächengefüge in grösserer Tiefe (> 100 m) Beispiel Hauptrogenstein: Beobachtungen in zwei Aufschlüssen Trennfl. Typ Hauptrogenstein an der Oberfläche Räumliche Orientierung (Flächenpole) t1 mit Lineation bzw. Versatz [Anteil %] 5.2 - 8.5 t1 t2 t2 1.9 - 3.4 mit Tonfüllung [Anteil %] 12 - 68 8 - 50 0.0 Verheilt [Anteil %] 0 - 10 0-8 0-8 0 - 1.5 Öffnungsweiten [x = mm, y = Anz.] 80 60 40 20 0 Beispiel Hauptrogenstein: Hypothese Trennflächengefüge in grösserer Tiefe Trennfl. Typ Hauptrogenstein in grösserer Tiefe Häufigkeit (entlang Normalen) [Anz. / m] Räumliche Orientierung t1 t2 ? Häufigkeit [Anz. / m] mit Lineation bzw. Versatz [Anteil %] Verfüllt bzw. verheilt [Anteil %] (?) >60 (?) >80 (?) 1 t1 t2 (?) <1 (?) <<1 Fazit: Kalke (z.B. Villigen-Formation und Hauptrogenstein-Formation) sind an der Oberfläche mässig bis stark zerlegt. Zur Tiefe hin ist davon auszugehen, dass: - die Häufigkeit von tektonischen Trennflächen (Klüfte, Störungen) abnimmt - der Anteil an Störungen (mit Versatz) zunimmt, denn an der Oberfläche weisen Entlastungsklüfte keinen Versatz auf - der Anteil verheilter Trennflächen (Adern) zunimmt NAB 13-31 Karstwasserzuflüsse - Verkarstungspotenzial inkl. Hinweise zu Kluftwasser Verkarstungspotenzial Formation Karströhren Villigen-Fm. Karströhren Hauptrogenstein-Fm. Rezenter / Plio-Pleistozäner Karst Eozäner Karst (verfüllt) Hypogener Karst Oberhalb ca. 260 m ü.M. Unterhalb ca. 260 m ü.M. Molasse unwahrscheinlich nicht vorkommend keiner unwahrscheinlich Villigen-Fm. vorhanden nicht vorkommend vorhanden theoretisch möglich keiner theoretisch möglich keiner theoretisch möglich keiner theoretisch möglich unwahrscheinlich Wildegg-Fm. bei mächtigen Kalkabfolgen möglich Ifenthal-Fm. unwahrscheinlich bis möglich Hauptrogen- vorhanden stein-Fm. PasswangFm. Opalinuston Tiefstes regionales Vorfluterniveau (= Plio-Pleistozäner Vorfluter) ca. 260 m ü.M. Kluftwasser unwahrscheinlich bis möglich Kluftwasser unwahrscheinlich keiner keiner unwahrscheinlich keiner keiner keiner keiner Fazit: Unterhalb des tiefsten regionalen Vorfluterniveaus (= Plio-Pleistozänes Vorfluterniveau) sind Wasserzutritte aus Karströhren eher unwahrscheinlich. Aber Wasserzutritte aus kommunizierenden Kluftsystemen treten bei zerklüfteten Gesteinen auch unterhalb dieses Niveaus auf. NAB 13-31 Hinweise auf relevante geotechnische Eigenschaften Auswahl (Karst und tektonisches Trennflächengefüge Generell: Niederbrüche und Überprofile sind bei allen Formationen zu beachten (Trennflächengefüge versus Vortriebsrichtung bzw. Vortriebsart) > vgl. vorangehende Folien) Formation Molasse Juranagelfluh-Bänke: stark abrasiv, bei fehlender Verkittung lockergesteinsartig Bunte Mergel: eher weiches Gestein, Bohnerz-Fm. Teilweise Formation mit «Lockergesteinseigenschaften», eher weiches Gestein, potenzielle Gleithorizonte Villigen-Fm. vordere Folie). . Karst (siehe Wildegg-Fm. Inhomogenität bedingt durch die Wechsellagerung von Mergeln und Kalken (erhöhter Kalkanteil im Aargauer Jura); mergelige Zonen bei Wasserzutritten aufweichend. Ifenthal-Fm. Eigenschaften stark vom Standort abhängig, wo Formation durchstossen wird: Mächtigkeit variiert im Betrachtungsperimeter zwischen 0.5 m (stark kondensiert) und 40 m. Hauptrogenstein-Fm. . Karst (siehe vordere Folie) Mergelbänder bilden generell bei Wasserzutritten Schwachstellen (z.B. Entlastungdeformationen und Aufblättern) Passwang-Fm. Sehr heterogen aufgebaut. Unterschiedliches Verhalten der Materialien bei Entspannung und Schichtübergängen (plattige Ausbrüche, «Crèmeschnitte») Opalinuston Wasserempfindlich und Gleithorizonte NAB 13-31 , potenzielle