Abitur 2003 Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Lk (Lehrer) Seite 1 Hinweise für den Lehrer Lösungen/Erwartungsbild Teil I Absatz der Unternehmung und Markt und Preis Zu 1 Marktsituation bei Fensterhebern und Türsystemen für den Automobilbau: - Zweiseitiges Oligopol - Die Brose Fahrzeugtechnik GmbH & Co. KG hat sich einen monopolistischen Teilmarkt bei Fensterhebern und Türsystemen geschaffen. - Grundlage dafür ist eine Marketingstrategie, zu der neben der Qualität der Produktion auch der Kundenservice, die Spezialisierung der Produktion und innovative Lösungen gehören. - Trotz Preisdruck von der Abnehmerseite konnte das Unternehmen seine Preisvorstellungen durchsetzen. - Das Unternehmen kann aus den Gewinnen Investitionen in den Bereichen Forschung und Entwicklung, neue Märkte sowie in Qualifizierung der Mitarbeiter tätigen. 6 Punkte Zu 2.1 Marktforschung: systematische Sammlung, Aufbereitung und Interpretation von Informationen über den Absatzmarkt Sekundärforschung: Aufbereitung bereits vorhandener Daten mit wissenschaftlichen Methoden Betriebsinterne Quellen der Sekundärforschung: Buchhaltung, Kostenrechnung, Analyse des Kundenprofils, Absatzstatistik, Werbeerfolgskontrolle Betriebsexterne Quellen der Sekundärforschung: Branchenstatistik, Zeitungen und Fachzeitschriften, Kataloge, Messebesuche 3 Punkte Zu 2.2 Portfolio-Analyse: - Analyse der Sortimentsstruktur in Abhängigkeit vom Marktanteil und dem Umsatzwachstum der Produkte (Positionierung von Produkten als Starlets, Stars, Poor Dogs, Cash Cows) Produktlebenszyklus: - Analyse der Umsatz- und Gewinnentwicklung eines Erzeugnisses in Abhängigkeit von der Zeit (Phasen: Entwicklung, Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung, Degeneration) Break-even-point-Analyse: - Analyse der Umsatz- und Kostenentwicklung in Abhängigkeit von der Absatzmenge (Berechnung von Gewinnschwelle, Gewinnmaximum, Preisuntergrenzen) Deckungsbeitragsrechnung: - Analyse des Beitrags der Produkte zum Gewinn und zur Deckung der festen Kosten (Ermittlung von Produkten, die hohe variable Kosten verursachen und die Liquidität belasten) 6 Punkte Abitur 2003 Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Lk (Lehrer) Seite 2 Zu 3 Formen der Produkt- und Sortimentspolitik: - Entwicklung von Markenartikeln (Name oder Zeichen, gleichbleibende Qualität, überregionaler Vertrieb, intensive Werbung, hoher Bekanntheitsgrad) - Kundenservice (produktbezogene Zusatzleistungen, wie Entwicklung kundenspezifischer Lösungen, Montage, Schulung des Personals, Garantieleistungen) - Produktinnovation - Spezialisierung statt Diversifikation (Verringerung des Sortimentsumfangs durch Konzentration auf bestimmte Produktgruppen) - Produktdifferenzierung (Erweiterung von Produktgruppen durch Produkte für spezifische Anwendungsmöglichkeiten) - Produktvariation (Änderung von Eigenschaften - physikalische, funktionale, ästhetische - bereits am Markt eingeführter Produkte) 8 Punkte Zu 4 Faktoren der Preisbildung: Nachfrage, Kosten, Konkurrenz 3 Punkte Zu 5.1 E = 150 x – 0,25 x² E’ = K’ 150 – 0,50 x = 75 x = 75 : 0,50 x = 150 Stück p = 150 – 0,25 • 150 p = 112,50 € G = (150 • 150 – 0,25 • 22.500) – (4.000 + 75 • 150) G = 22.500 – 5.625 – 15.250 G = 1.625 € 6 Punkte Abitur 2003 Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Lk (Lehrer) Zu 5.2 Seite 3 Grafik 160 p = 150-0,25x 140 Cournotscher Punkt (150;112,5) Preis, Stückkosten 120 100 80 K´= 75 60 E´= 150-0,5x 40 20 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Absatzmenge in 10 4 Punkte Zu 5.3 Modelle der Marktpreisbildung sind Aussagesysteme, die auf Prämissen aufbauen. Das Modell des unvollkommenen Angebotmonopols (Die Kunden haben Präferenzen auf Grund der Erzeugnisqualität.) veranschaulicht die Preisbildung anhand der Nachfrage und der Kosten in Abhängigkeit von der verkauften Menge und ermöglicht die Bestimmung des Gewinnmaximums (Cournotscher Punkt). Dabei werden störende Faktoren wie Innovationen, Veränderung von Gesetzen und Marktstrukturen nicht berücksichtigt (Ceterisparibus-Klausel). Trotz des begrenzten Erklärungswertes des Modells ist die Schlussfolgerung zulässig, dass ein Unternehmen in dieser Marktposition seinen Erfolg durch Marketing und Kostensenkung beeinflusst. 3 Punkte Zu 6 z. B. - Spezialisierung - Orientierung am Kunden - hohe Fertigungstiefe - Serienfertigung - Automatisierung von Fertigungsabschnitten - Arbeitsorganisation (flache Hierarchien, flexible Arbeitszeiten, Just-in-timeBelieferung) - leistungsorientierte Entlohnung - Beschaffungsmarketing 8 Punkte Abitur 2003 Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Lk (Lehrer) Zu 7.1 Seite 4 Einflussgrößen, z. B. - Verwendung, Erklärungsbedarf, Wert der Produkte - Kundenstamm, Erfahrungen, Image und Finanzkraft des Herstellers - Kosten des direkten bzw. indirekten Vertriebs - Absatzwege der Konkurrenz 3 Punkte Zu 7.2 Handelsvertreter: - Vollkaufmann - Agenturvertrag, Vertretung anderer Firmen - Anspruch auf Umsatz-, Inkasso-, Delkredereprovision Reisender: - Kaufmännischer Angestellter - Arbeitsvertrag, handelt weisungsgebunden - Anspruch auf Fixum, Provision und Spesen 4 Punkte Zu 7.3 Kritischer Umsatz: Kosten des Handelsvertreters (KHV) = Erlös (E) • 0,09 = E = E = bzw. Ab dieser Umsatzhöhe ist der Einsatz Unternehmen. Kosten des Reisenden (KR) 5.600,00 + E • 0,02 5.600,00 : 0,07 80.000,00 €/Monat 960.000,00 €/Jahr des Reisenden kostengünstiger für das 3 Punkte Zu 7.4 Gründe für Direktinvestitionen in Kundennähe: - bisherige Umsatzentwicklung - Sicherung der Lieferfähigkeit - Reaktion auf Kundenbedürfnisse - günstige Standortbedingungen - Umgehung des Wechselkursrisikos 3 Punkte Teil II Konjunkturpolitik Zu 1 Thesen: 1 Das Defizitkriterium ist zu starr. Konjunkturelle Schwankungen werden nicht berücksichtigt. 1.1 Die Drosselung der Staatausgaben im Konjunkturabschwung kann zu einer gefährlichen Abwärtsspirale aus Rezession, Deflation und lang anhaltender Stagnation führen. 1.2 Der Stabilitätspakt wird sehr stark mit der Stabilität des Euros verknüpft. 1.3 Das Kriterium ist wirtschaftstheoretisch nicht begründet. 2 Die europäische Wirtschaftspolitik folgt verblendet der Angebotstheorie. Abitur 2003 Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Lk (Lehrer) 3 4 5 Seite 5 Die Mitgliedsländer der europäischen Währungsunion brauchen ein Konjunkturprogramm. Der Stabilitätspakt hatte seine Berechtigung zur politischen Durchsetzung der europäischen Währungsunion. Selektiv nicht gewählte These aus 1.1 bis 1.3. Argumente zu These 2: - Die Angebotstheorie steht einer staatlichen Beschäftigungspolitik ablehnend gegenüber. Sie setzt allein auf Deregulierung und Wettbewerb. - Keynes hatte vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren staatliche Ausgabenprogramme befürwortet, um Impulse für private Investitionen zu setzen. - In Japan wird versucht, durch Zinssenkungen und steigende Staatsausgaben die Konjunktur anzukurbeln. Die Politik handelte hier mit Verspätung. - In den USA versucht die Regierung durch Investitionsprogramme und Steuererleichterungen, die Konjunktur zu beleben. Dafür wird ein steigendes Haushaltsdefizit in Kauf genommen. 15 Punkte zu 2 Der Autor vertritt die Position des Keynesianismus. - Volkswirtschaften können in eine Rezession rutschen, wenn pessimistische Konsumenten und Investoren zu wenig Geld ausgeben und der Staat untätig bleibt. - Eine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik kann jederzeit für Vollbeschäftigung sorgen - sofern vorübergehend Budgetdefizite (deficit spending) und auch ein gewisses Maß an Inflation in Kauf genommen werden. Gründe für den Misserfolg der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik der sozialliberalen Koalition (1967 - 1982): - Zeitverzögerungen und die zu hohe Dosierung der Maßnahmen verstärkten die konjunkturellen Schwankungen. - Ein großer Teil der staatlich angekurbelten Nachfrage verpuffte im Import. - Haushaltsüberschüsse wurden im Aufschwung nicht zur Kredittilgung, sondern zum Ausbau des Sozialstaates genutzt. - Die Explosion der Staatsverschuldung und steigende Zinsausgaben begrenzten den Handlungsspielraum der Regierung. - Die Politik des billigen Geldes begünstigte die Inflation und wurde mit höheren Lohnforderungen von den Gewerkschaften beantwortet. 10 Punkte zu 3 Geldpolitik - Die Unabhängigkeit der EZB ist die Grundlage für die Preisniveaustabilität und den steigenden Wechselkurs des Euro. - Eine Senkung des Zinssatzes des Hauptrefinanzierungsgeschäfts (Zinstender) kann nur einen Impuls für die Binnennachfrage geben. - Die Nichteinhaltung des Defizitkriteriums würde das Vertrauen in den Euro schwächen, da es im Unterschied zu Japan und den USA keine gemeinsame europäische Regierung gibt und nationale Interessen Vorrang erhielten. Fiskalpolitik - Kurzfristig kann der Staat die Einnahmeausfälle nur mit Steuererhöhungen, Kürzung der Ausgaben und steigender Neuverschuldung lösen. Das hat einen Abitur 2003 Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Lk (Lehrer) - Seite 6 Vertrauensverlust bei der Bevölkerung (steigende Grenzabgabenbelastung) als auch bei den Partnern in Europa verursacht. Lang- und mittelfristig kann der Staat nur durch die Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung (Abbau von Subventionen, Bildung von Rücklagen für schlechte Zeiten), die Weiterführung der Steuerreform und die Reform der Sozialversicherungssysteme (Berücksichtigung der Überalterung, Neudefinition der sozialen Risiken) Handlungsspielraum zurückgewinnen. Eine logisch stringente Befürwortung des Textes aus Sicht der Nachfragetheorie ist als Antwort ebenfalls möglich. 15 Punkte Anforderungsniveau nach EPA: Teil 1: 2 Teil 2: 2, teilweise 3 Teil 3: 2, teilweise 3 Teil 1: 30 Pkt., Teil 2: 30 Pkt., Teil 3: 40 Pkt.: insgesamt: 100 Pkt. Bewertungsmaßstab: Note 6 55 5+ 44 4+ 33 3+ 22 2+ 11 1+ Punkte 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Prozentzahl ab 0 % ab 31 % ab 36 % ab 40 % ab 45 % ab 50 % ab 54 % ab 59 % ab 63 % ab 68 % ab 73 % ab 77 % ab 82 % ab 86 % ab 91 % ab 95 %