G. Die Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland

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Wiss. Mitarbeiterin Dr. Angelika Günzel
Wintersemester 2012/2013
G. Die Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland
I. Der Bundestag, Art. 38 ff. GG
1. Überblick über die konstitutiven Rechtsgrundlagen
•
Art. 38 ff. GG Wahlen zum Bundestag, Zusammentritt, Auflösung, Wahlperiode
•
Art. 44 GG Recht der Untersuchungsausschüsse
•
Art. 46 GG Immunität und Indemnität der Abgeordneten
Beachte: Im Abschnitt über den Bundestag ist das Gesetzgebungsverfahren nicht geregelt.
Grund: Gesetzgebung ist nicht Sache des Bundestages alleine (Beteiligung des
Bundesrates, des Bundespräsidenten, der Bundesregierung etc...)
2. Bedeutung und wichtige Funktionen des Bundestages
a) Bedeutung, Art. 38 Abs. 1 GG
= das einzige unmittelbar demokratisch legitimierte Organ
Folge: Großteil der Kompetenzen der anderen Organe muss an dieses zurückgebunden
werden, um ununterbrochene Legitimationskette zu erhalten
 Mitwirkungsrechte
 „Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes.“ Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG: Der
Bundestag ist in der Demokratie zur politischen Willensbildung berufen (vgl. „Wesentlichkeitstheorie“).
b) Hauptfunktionen
aa) Gesetzgebung
• vgl. für Bundesgesetze, Art. 77 Abs. 1 GG
• Insbesondere: Budgetrecht des Parlaments, Art. 110 GG: „Der Haushaltsplan wird
durch das Haushaltsgesetz festgestellt.“
bb) Kontrolle der Exekutive, Art. 43 Abs. 1, Art. 44 GG
• Art. 43 Abs. 1 GG „Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit jedes Mitglieds der Bundesregierung verlangen“
• (aber: Art. 43 Abs. 2 GG: Zutrittsrecht der Regierung)
cc) Wahlfunktion
• Bundeskanzler/in, Art. 63 GG,
• 1/2 der Richter des BVerfG, Art. 94 Abs. 1 GG etc.
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dd) Selbstorganisation
 Satzung/Geschäftsordnung, Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG
3. Die Wahl des Bundestages – Auflösung und Neuwahlen
 Für die Wahlrechtsgrundsätze vgl. das Demokratieprinzip
a) Der Regelfall – Ablauf der Legislaturperiode, Art. 39 Abs. 1 GG
•
Wahltermin zwischen 46 – 48 Monaten (4 Jahre nach der letzten Wahl).
•
Wahltermin wird durch den Bundespräsidenten bestimmt (§ 16 S. 1 BWG).
b) Neuwahl in anderen Fällen
Zwei Fallgruppen:
• Fehlschlag der Wahl eines Bundeskanzlers (Art. 63 GG)
• Scheitern der Vertrauensfrage (Art. 68 GG)
aa) Fehlschlag der Wahl eines Bundeskanzlers
(1) Wie wird des Bundeskanzler überhaupt gewählt?, Art. 63 Abs. 1, 2 GG
• Vorschlag durch den Bundespräsidenten
• Wahl durch Bundestag
• Ernennung durch den Bundespräsidenten
(2) Wenn sich der vorgeschlagene Kandidat nicht durchsetzen kann: Art. 63
Abs. 3 GG
 „Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen
nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler
wählen.“
 Unterschied: Vorschlag durch den Bundespräsidenten ist entbehrlich.
(3) Wenn keine Wahl binnen 14 Tagen erfolgreich war: Art. 63 Abs. 4 GG
 „Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer
Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.“
Folge: In der Regel ist dann der Kanzler der Kanzler einer Minderheitsregierung
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(4) Pflichten des Bundespräsidenten nach der Wahl
• In den Fällen des Art. 63 Abs. 1-3 GG: Der Bundespräsident muss nach Art. 63 Abs. 2
S. 2 GG den Gewählten ernennen.
• Im Falle des Art. 63 Abs. 4 GG (Wahl nach Ablauf der Zweiwochenfrist): Der Bundespräsident muss den gewählten Kanzler nur ernennen, wenn dieser die „Mehrheit“
der Mitglieder des Bundestages erreicht, sonst kann er die Ernennung verweigern und
den Bundestag auflösen.
Folge: Art. 39 Abs. 1 S. 4 GG: „Im Falle einer Auflösung des Bundestages findet die Neuwahl innerhalb von sechzig Tagen statt.“
bb) Scheitern der Vertrauensfrage, Art. 68 GG
(1) Formelle Voraussetzungen
• Vertrauensfrage auf Antrag des Bundeskanzlers, Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG
• Abstimmung über Vertrauensfrage mindestens 48 Stunden nach Stellung des Antrages, Art. 68 Abs. 2 GG
• Keine Mehrheit der Mitglieder des Bundestages für Vertrauen, Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG
• Vorschlag des Bundeskanzlers bzgl. Auflösung des Bundestages, Art. 68 Abs. 1
S. 1 GG
• Keine Kanzlerwahl durch den Bundestag, Art. 68 Abs. 1 S. 2 GG
(2) Materielle Voraussetzung
(a) Formen von Vertrauensfragen
• Echte Vertrauensfrage: Wenn der Bundeskanzler tatsächlich keine Mehrheit mehr
hinter sich hat und die Vertrauensfrage stellt, um das Vertrauen ausgesprochen zu bekommen.
Dadurch kann bewirkt werden, dass die Regierung sich zusammenreißt und sich bewusst wird, dass sie mit dem Bundeskanzler vertrauensvoll zusammenarbeiten muss,
um weiter regieren zu können.
•
Unechte Vertrauensfrage: Sie liegt vor, wenn der Bundeskanzler die Vertrauensfrage mit dem Wunsch nach der Auflösung des Bundestages und Neuwahlen verbindet
und es ihm im Prinzip gar nicht darum geht, das Vertrauen des Bundestages zu erlangen.
(b) Zulässigkeit
Ziel der Vertrauensfrage: Wiederherstellung einer ausreichend parlamentarisch verankerten
Bundesregierung (weiter Gestaltungsspielraum der beteiligten Organe)
Grundsatz: Erforderlichkeit einer echten Vertrauensfrage
Ausnahme: Zulässigkeit einer unechten Vertrauensfrage, wenn sie der Wiederherstellung einer ausrechend parlamentarisch verankerten Bundesregierung dient
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(3) Rechtsfolge: Ermessen des Bundespräsidenten bzgl. Auflösung des Bundestages
Recht zur Auflösung, wenn
• 21-Tage-Frist: Maximal 21 zwischen Vorschlag der Auflösung und tatsächlicher Auflösung durch Bundespräsidenten, Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG
• Gegenzeichnung, Art. 58 S. 1 GG durch Bundeskanzler bzw. zuständigen Minister
4. Geschäftsordnung des Bundestages, Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG
Welchen Inhalt kann die Geschäftsordnung haben?
h. M.: Gesetzgeber hat weites Ermessen hinsichtlich des Erlasses der Geschäftsordnung.
Grund: Die Verfassung selbst erlaubt den Erlass einer Geschäftsordnung, um die in Art. 38
ff. GG enthaltenen Grundsätze zu konkretisieren.
Aber: Grenzen der Befugnis zum Erlass einer Geschäftsordnung
•
Die Geschäftsordnung darf nicht gegen Normen des GG verstoßen
•
heute h. M.: Die Geschäftsordnung muss Regelungen zum Schutze der politischen
Minderheiten enthalten, sie dient gerade auch deren Interessen.
5. Rechtsstellung der Abgeordneten
a) Freies Mandat, Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG
aa) Freies Mandat
Nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG: „Die Abgeordneten sind frei und an Weisungen nicht gebunden
und nur ihrem Gewissen unterworfen.“
Das bedeutet:
•
Recht auf hinreichende Information durch den Bundestag und die Bundesregierung
über alle für die Arbeit relevanten Gegenstände der politischen Willensbildung.
•
Rede- und Stimmrecht innerhalb des Bundestages.
•
Recht auf parlamentarische Initiativen.
•
Recht, sich in einer Fraktion zu organisieren.
•
Recht auf Beteiligung in den Ausschüssen.
•
Fragerecht gegenüber der Regierung.
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bb) Fraktion(smitgliedschaft)
Ein Abgeordneter gehört in der Regel einer politischen Partei an, und die politischen Parteien
bilden im Bundestag Fraktionen.
(1) Begriff der Fraktion (vgl. § 10 GOBT)
= „Die Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens fünf vom Hundert der Mitglieder
des Bundestages, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die auf
Grund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb
stehen.“
(2) Gründe für Fraktionen
• Effektivere Interessendurchsetzung durch Fraktionsstruktur
• Stabilität des parlamentarischen Systems durch gemeinsame Willensbildung und einheitliche Abstimmungsverhalten.
• Arbeitsteilung führt zu Arbeitserleichterung für den einzelnen Abgeordneten und zu
umfassenderer Information.
cc) Problem: Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG „Freies Mandat“  „Mitgliedschaft in einer Partei“
Es besteht ein Spannungsfeld: Einheitliche Willensbildung führt dazu, dass der einzelne Abgeordnete sich unter Umständen dem Willen der Fraktion beugen muss, obwohl er selbst eine
andere Meinung vertritt.
b) Gleichheit der Abgeordneten, Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG
 Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes.
 Jeder Abgeordnete ist gleichermaßen Vertreter des gesamten Volkes, d.h. die Abgeordneten sind grundsätzlich gleich zu behandeln.
aa) Statusfragen (Gleichstellung innerhalb des Bundestages)
Hierarchien innerhalb des Bundestages, die zur Besserstellung einzelner Abgeordneter auch in
finanzieller Hinsicht führen, sind nur in engen Grenzen möglich.
Beispiel:
Die CDU / CSU – Fraktion sieht vor, dass neben dem Amt des Fraktionsvorsitzenden auch
drei Stellvertreter zu wählen sind. Daneben soll es einen Fraktionsschatzmeister, Fraktionsschriftführer und weitere Ämter geben. Die Ausübung dieser Ämter ist mit gesonderten Aufwandsentschädigungen versehen. Ist dies zulässig?
BVerfGE 102, 224; Winkler, JA 2001, 288: Die Besser- oder Schlechterstellung eines Abgeordneten innerhalb des Parlaments darf nur aus Gründen der Funktionsfähigkeit des Parlaments erfolgen. Das heißt:
•
Die Benennung stellvertretender Fraktionsvorsitzender ist zulässig.
•
Problematisch sind darüber hinaus gehende Ämter.
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bb) Mitarbeit der Abgeordneten in Ausschüssen
Beispiel:
Abgeordneter P ist inzwischen fraktionsloses Mitglied des Bundestages. Bei der Verteilung
der Sitze in den Ausschüssen geht P dabei leer aus. Erst dank der Benennung durch den Bundestagspräsidenten (§ 57 II S. 2 GOBT) gelangt P in den „Sportausschuss“. P, der sich zu Höherem berufen fühlt, empfindet das Verfahren der Ausschussbesetzung als „Farce“, zumal er
im Sportausschuss nur als „nicht stimmberechtigtes Mitglied“ vertreten sein soll.
Muss jeder Abgeordnete in Ausschüssen mitwirken können?
Muss er dabei ein Stimmrecht haben, also aktiv mitwirken können?
Aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG folgt, dass den Abgeordneten die Möglichkeiten zu eröffnen sind,
die für die Ausübung eines freien Mandates erforderlich sind. Dies sieht auch § 57 I S. 2
GOBT vor: Jedes Mitglied des Bundestages soll einem Ausschuss angehören.
•
§ 57 II S. 1 GOBT – Benennung der Mitglieder erfolgt grundsätzlich durch die Fraktionen.
•
§ 57 II S. 2 GOBT – Abgeordnete, die nicht Fraktionsangehörige sind, werden durch
den Bundestagspräsidenten berufen.
cc) Problem: Stimmrecht im Ausschuss
BVerfG NJW 1990, 373 ff.:
Die Ausschüsse sind durch ihre Aufgabenstellung in die Repräsentation des Volkes durch das
Parlament einbezogen. Deshalb muß grundsätzlich jeder Ausschuß ein verkleinertes Abbild
des Plenums sein. Eine prinzipielle Mitwirkungsmöglichkeit hat für den einzelnen Abgeordneten angesichts des Umstandes, daß ein Großteil der eigentlichen Sacharbeit des Bundestages von den Ausschüssen bewältigt wird, eine der Mitwirkung im Plenum vergleichbare Bedeutung. Von daher darf ein Abgeordneter nicht ohne gewichtige, an der Funktionstüchtigkeit
des Parlaments orientierte Gründe von jeder Mitarbeit in den Ausschüssen ausgeschlossen
werden. Wenn – wie derzeit – der Zahl der Abgeordneten eine entsprechend große Zahl von
Ausschußsitzen gegenübersteht, hat jeder einzelne Abgeordnete Anspruch darauf, in einem
Ausschuß mit Rede- und Antragsrecht mitzuwirken; hingegen ist es verfassungsrechtlich
nicht geboten, dem fraktionslosen Abgeordneten im Ausschuß ein - notwendigerweise überproportional wirkendes - Stimmrecht zu geben.
•
•
Wie ersichtlich, entspringt aus dem freien Mandat das Recht des Abgeordneten zur
Beteiligung an den Ausschusssitzungen.
Das BVerfG hat aber auch klargestellt, dass daraus ein Stimmrecht des Abgeordneten in dem Ausschuss nicht zwingend folgt.
Begründet wird dies damit, der Abgeordnete sei dann im Ausschuss „überrepräsentiert“, ein Vertreter der Fraktion vertrete regelmäßig die anderen Fraktionsmitglieder und damit eine Gruppe von Personen. Der einzelne Abgeordnete im Ausschuss vertrete aber nur sich selbst und seine eigene Auffassung.
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Kritik:
• Soweit man die Beteiligung des Abgeordneten im Ausschuss nur als Teil des „Informationsrechtes“ des Abgeordneten betrachtet, wäre ein Stimmrecht nicht zwingend erforderlich. Information kann auch ohne Stimmrecht erlangt werden.
• Das BVerfG sieht die Arbeit im Ausschuss aber explizit nicht als Teil des Informationsrechtes, sondern stuft sie ausdrücklich als „Repräsentation des Volkes“ und Teil
der „Sacharbeit“ ein. Zur Sacharbeit würde aber auch gehören, dass der Abgeordnete
dann mit seiner Stimme zum Verfahren beiträgt und somit auch die Verantwortung für
die gefundenen Beschlüsse mit trägt. Sacharbeit ohne Stimmrecht ist als Beteiligung
an der Entscheidungsfindung nämlich kaum möglich.
• Ein Rederecht alleine eröffnet kaum die Möglichkeit effektiver Entscheidungsfindung.
c) Indemnität und Immunität der Abgeordneten, Art. 46 GG
aa) Indemnität, Art. 46 Abs. 1 GG
= materieller Strafausschließungsgrund bzgl. parlamentsbezogenen Handlungen (z.B.: insbesondere Beleidigung innerhalb einer Rede im Bundestag)
 Ziel: Freiheit der Arbeit im Parlament, der Abgeordnete soll keine Angst vor den Folgen
seiner Aussagen haben müssen.
Beispiel:
Der Abgeordnete P rügt in einer Bundestagsdebatte den Verlust seines Platzes innerhalb der
Fraktion. Er betont, dass der Fraktionsvorsitzende M ihn schon immer aus der Fraktion habe
„herauswerfen“ wollen, da er stets gegen die „dubiosen“ Finanzpraktiken eines von M betriebenen Unternehmens vorgegangen sei. Aus gegebenem Anlass wolle er nun publik machen,
mit welchen Methoden die Firma von M arbeite. Nach der Rede des Abgeordneten P sinkt der
Umsatz der Firma von M um 25 %. M möchte von P Schadensersatz hierfür erlangen. Zu
Recht?
Lösung: Art. 46 Abs. 1 GG verbietet eine Verfolgung des Abgeordneten wegen der im Parlament vorgetragenen Äußerungen. P ist daher zur Zahlung von Schadensersatz nicht verpflichtet.
Abwandlung:
P äußert sich während des Wahlkampfes in einer Rede vor den Wählern seines Wahlkreises
abfällig über die Firma des M. Kann M jetzt Schadensersatz verlangen?
Lösung: Die Äußerung im Wahlkampf ist keine Äußerung im Bundestag oder in einem seiner
Ausschüsse. Daher greift Art. 46 Abs. 1 GG nicht ein. M kann daher gegen P vorgehen.
bb) Immunität, Art. 46 Abs. 2, 3 GG
= Prozesshindernis für alle Straftaten; kann aufgehoben werden
 Prozesshinderungsgrund für die Dauer des Mandats. Nach Ablauf des Mandates kann der
Abgeordnete für die Tat zur Verantwortung gezogen werden.
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d) Sonstige Rechte
aa) Sonstige Rechte, Art. 48 GG
 Urlaub, freie Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel
bb) Sonstige Rechte aus Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT)
z.B. Rederecht im Bundestag
6. Die Fraktionen und ihre Rechte
a) Verankerung in der Verfassung
Grundregel: Die Ausübung des freien Mandates (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) durch den Abgeordneten erfolgt in der Regel innerhalb der Fraktion.
aa) Begriff der Fraktion (s.o.), § 10 Abs. 1 GOBT
bb) Regelungen, die die Fraktionen betreffen
(1) Wortlaut von Art. 53a Abs. 1 S. 2 GG
„Der Gemeinsame Ausschuss (von Bundestag und Bundesrat) besteht zu zwei Dritteln aus
Abgeordneten des Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Die Abgeordneten werden vom Bundestage entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen bestimmt; sie dürfen nicht der Bundesregierung angehören.“
(2) Art. 21 GG und Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG
• Art. 21 GG: Politische Willensbildung des Volkes erfolgt durch Parteien  Parteien
bilden auch im Parlament „Interessengruppen“, d.h. Fraktionen!
• Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG: „Freies Mandat“  Der einzelne Abgeordnete kann seine
Rechte im Bundestag in der Gruppe, d.h. in der Fraktion besser ausüben. Dies wird
durch die „Arbeitsteilung“ innerhalb der Fraktion möglich.
b) Tatsächliche Rolle der Fraktionen im Verfassungsleben
Fraktionen sind Verfassungsorgane, d.h. im GG und in der GOBT mit besonderen Rechten
ausgestattet. Sie nehmen in besonderem Maße an der demokratischen Willensbildung teil,
daher:
aa) Anspruch auf streng formale Gleichbehandlung (Art. 21 GG; 38 Abs. 1 S. 2 GG) im Parlament, d.h.
•
Ausschüsse des Bundestages oder sonstige Kommissionen dürfen nicht durch Mehrheitsentscheidung besetzt werden, sondern müssen die einzelnen Fraktionen im Bundestag widerspiegeln.
•
Grund: Würden Ausschüsse nur durch Mehrheitsentscheidung besetzt, hätte die Opposition kaum eine Möglichkeit, in die Arbeit der Regierungsparteien Einblick zu gewinnen. Im Zweifel würden dann immer ausschließlich Mitglieder der Regierungsparteien in der parlamentarischen Arbeit aktiv sein.
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bb) Parteifähigkeit im Organstreitverfahren:
Die Fraktionen sind im GG und in der GOBT mit eigenen Rechten ausgestattet.  Sie sind
Verfassungsorgane, Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG ist anwendbar.
7. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse, Art. 44 GG
(Sog. „Enquêterecht“ des Bundestages)
Seit 2001 existiert das sog. PUAG (Gesetz zur Regelung des Rechts der Parlamentarischen
Untersuchungsausschüsse).
a) Arten von Untersuchungsausschüssen
Nach Art. 44 Abs. 1 GG bestehen zwei Varianten von Untersuchungsausschüssen:
(1) Mehrheitsenquête auf Beschluss der Mehrheit des Bundestages hin.
(2) Minderheitsenquête auf Beschluss einer Minderheit von ¼ der Mitglieder des Bundestages hin.
 Die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ist vor allem ein Recht der Minderheit (Opposition) im Parlament, um die Regierung und den Bundestag zu kontrollieren.
 Daher darf der Untersuchungsgegenstand, der durch die Minderheit bestimmt wurde,
nicht durch Beschluss der Mehrheit verändert werden.
b) Zulässige Untersuchungsgegenstände
Merke: Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages kann nur Gegenstände untersuchen,
die auch zur Zuständigkeit des Bundestages gehören (§ 1 III PUAG)
Bsp.: Ein Untersuchungsausschuss betreffend das Thema „Bildungsnotstand in Deutschland – die Pisa-Studie und das Fehlverhalten der Landesregierungen“ wäre unzulässig.
Problem: Minderheitsenquête mit unzulässigem Inhalt - § 2 III PUAG
Immer wieder wird es – vor allem bei Minderheitsenquêten – zu Diskussionen darüber kommen, ob der Untersuchungsgegenstand zulässig ist. § 2 III PUAG regelt daher ein Verfahren
bei Zweifeln an der Zulässigkeit des Untersuchungsgegenstandes:
„Hält der Bundestag den Einsetzungsantrag für teilweise verfassungswidrig, so ist der Untersuchungsausschuss mit der Maßgabe einzusetzen, dass dessen Untersuchungen auf diejenigen
Teile des Untersuchungsgegenstandes zu beschränken sind, die der Bundestag für nicht verfassungswidrig hält.“
Damit dadurch nicht der Minderheitenschutz völlig vernachlässigt wird, regelt § 2 III S. 2 die
Rechte der Minderheit in diesem Falle:
„Das Recht der Antragstellenden, wegen der teilweisen Ablehnung des Einsetzungsantrages
das Bundesverfassungsgericht anzurufen, bleibt unberührt.“
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c) Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses (§ 3 PUAG)
Die Zusammensetzung spiegelt die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag wieder (daher keine
Mehrheit der Minderheit). Jede Fraktion muss vertreten sein.
 WICHTIG: Anträge im Untersuchungsausschuss bedürfen regelmäßig nur der Zustimmung von 25 % der Mitglieder des Ausschusses, sonst wäre das Kontrollrecht
weitgehend wirkungslos.
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