Übungen zur Theoretischen Physik 1

Werbung
Prof. C. Greiner, Dr. H. van Hees
Wintersemester 2013/2014
Übungen zur Theoretischen Physik 1 – Lösungen zu Blatt 12
Präsenzübungen
(P27) Viererimpuls und relativistisches Electron im Plattenkondensator
(a) Es gilt
dτ 2 = −
1
(d~
x · d~
x − c 2 dt 2 ) = dt 2 (1 − β~2 ) mit
c2
v~ =
d~
x
,
dt
v~
β~ = .
c
(1)
~ < c sein muß, ist dτ 2 > 0.
Da stets |v|
(b) Da dτ 2 = −dx · dx/c 2 ein Vierer-Skalarprodukt ist, ist es eine invariante Größe, d.h. sie ändert
sich nicht unter Lorentz-Transformationen. Da x ein Vierervektor ist und die Masse m des Teilchens sich nicht unter Lorentz-Transformationen ändert, ist demnach p ein Vierervektor.
Weiter gilt
dτ Æ
dt
1
= 1 − β2 ∈ [0, 1[ ⇒
=p
.
dt
dτ
1 − β2
Demnach ist
~p = m
d~
x dt
m
d~
x
~
=m
=p
v.
dτ
dt dτ
1 − β2
(2)
(3)
p
Zuweilen wird m/ 1 − β2 als „relativistische Masse“ bezeichnet. Es sei ausdrücklich betont,
daß in dieser Übung m stets die „Ruhemasse“ bezeichnet, also eine relativistische Invariante!
Für die vierte Komponente des Viererimpulses folgt
p4 = imc
mc
dt
= ip
.
dτ
1 − β2
(4)
Für |β| 1 finden wir durch Taylor-Entwicklung
β2
i
v~2
2
∼
p4 = imc 1 +
=
mc + m
.
2
c
2
β→0
(5)
Es liegt also nahe die relativistische Energie des Teilchens als
E = −ic p4 = p
mc 2
m
∼
= mc 2 + v~2 .
2
1 − β2 β→0
(6)
zu definieren. D.h. es ist sinnvoll, in der relativistischen Mechanik in die Gesamtenergie die Ruheenergie E0 = mc 2 einzubeziehen. Demnach ist die kinetische Energie
‚
Ekin = E − E0 = mc 2 p
1
1 − β2
Œ
−1 .
(7)
Nur wenn man in die relativistische Energie des Teilchens die Ruheenergie einbezieht, ist der
Viererimpuls
~p
p=
(8)
iE /c
ein Vierervektor.
(c) Wegen (3) und (4) gilt
p · p = ~p 2 + p42 =
m2
(v~2 − c 2 ) = −m 2 c 2 .
1 − β2
Bemerkung: Daraus folgt die relativistische Beziehung zwischen Energie und Impuls:
v
u
2
u
~p
2t 2
E =c
.
m +
c
(9)
(10)
Der nichtrelativistische Limes folgt für | ~p |/c m durch Taylor-Entwicklung der Wurzel:
v
u
u
~p 2
~p 2
1 ~p 2
2t
E = mc
1+
≈ mc 2 1 +
= mc 2 +
.
(11)
mc
2 m2 c 2
2m
(d) Leiten wir (9) nach der Zeit ab, ergibt sich 0, da m 2 c 2 = const, d.h. wir erhalten
p·
dp
dt
= 0.
(12)
In räumlichen und zeitlichen Komponenten getrennt geschrieben ergibt sich mit (8)
p4
d p4
d ~p
E dE
~
=−
= − ~p ·
= − ~p · q(E~ + v~ × B).
2
dt
c dt
dt
(13)
~ = 0 und damit
Wegen (3) ist ~p · (v~ × B)
c2
dE
~
= q ~p · E.
dt
E
(14)
Aus (3) und (6) folgt schließlich
dE
= q v~ · E~ = v~ · F~.
(15)
dt
Dies zeigt, daß auch in der relativistischen Physik die übliche Beziehung zwischen Leistung und
Energie gilt. Da die magnetischen Kraft F~mag = q v~ × B~ stets senkrecht zu v~ ist, verrichtet sie
keine Arbeit an dem Teilchen.
Wir schreiben schließlich mit Hilfe von (8) die Gl. (14) mit Hilfe von p4 :
d p4
q
= − E~ · ~p .
dt
p4
(16)
(e) Um alle Zeitableitungen in Ableitungen nach der Eigenzeit τ umzuschreiben, bemerken wir
zunächst, daß wegen (2), (6) und (8)
p
dt
E
1
=
=p
= −i 4
dτ
mc
1 − β2 mc 2
(17)
gilt. Damit folgt aus der Bewegungsgleichung für den Impuls
d ~p
q
dt d ~p
=
=
(−i p4 E~ − c B~ × ~p )
dτ dτ dt
mc
(18)
und wegen (16)
d p4 dt d p4
q E~
=
= +i
· ~p .
dτ
dτ dt
mc
Bemerkung 1: Für (18) haben wir bereits (35) verwendet.
(19)
Bemerkung 2: Die Gleichungen (18) und (19) kann man in vierdimensionaler Form als
dp
dτ
=
q
F̂ · p
mc
(20)
zusammenfassen. Dabei ist


0
cB3 −cB2 −iE1
−cB3
0
cB1 −iE2 

F̂ = 
 cB

−cB
0
−iE
2
1
3
iE1
iE2
iE3
0
(21)
der sogenannte Faraday-Tensor der elektromagnetischen Feldstärke. Da sowohl die Ladung q als
auch die (invariante) Masse m relativistische Invarianten sind, p ein Vierervektor ist, und auch
d p/dτ ein Vierervektor ist, können wir auf das Transformationsverhalten dieses Vierertensors
schließen. Es sei Λ̂ eine beliebige orthogonale Lorentz-Transformationsmatrix. Dann gilt
d p0
dτ
= Λ̂
dp
dτ
=
q
q
Λ̂F̂ p =
Λ̂F̂ Λ̂−1 p 0 .
mc
mc
(22)
Es ist also der Faraday-Tensor im neuen Inertialsystem
F̂ 0 = ΛF̂ Λ̂−1 = ΛF̂ Λ̂T .
(23)
(f) Für den Fall B~ = 0 und E~ = E ~e3 lauten die Bewegungsgleichungen (18) und (19) für die Komponenten des Viererimpulses
d p1
dτ
d p2
dτ
d p3
dτ
d p4
dτ
= 0,
(24)
= 0,
(25)
q p4
E,
mc
qp
= i 3 E.
mc
= −i
(26)
(27)
Leiten wir (26) nach τ ab und verwenden (27) auf der rechten Seite, erhalten wir
‹

d2 p3
qE 2
p3 .
=
dτ 2
mc
(28)
Diese lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten, läßt sich mit
dem Standardansatz p3 (τ) = Aexp(λτ) lösen. Dabei ergibt sich
p3 (τ) = Aexp(λτ) + B exp(−λτ) mit λ =
qE
.
mc
(29)
Aus der Anfangsbedingung p3 (0) = 0 folgt B = −A und damit
p3 (τ) = 2Asinh(λτ).
(30)
p4 = 2iAcosh(λτ).
(31)
Mit (26) finden wir
Für (24) und (25) erhalten wir unter Berücksichtigung der Anfangsbedingungen p1 (0) = p0 und
p2 (0) = 0
p1 (τ) = p0 , p2 (τ) = 0.
(32)
Um A zu bestimmen, verwenden wir (9). Dies ergibt
A=
wobei wir die Identität
1Æ 2 2
m c + p02 ,
2
cosh2 (λτ) − sinh2 (λτ) = 1
(33)
(34)
der Hyperbelfunktionen benutzt haben.
(g) Aus (3) und (4) folgt sofort, daß
v~ =
i ~p c c 2
= ~p .
p4
E
(35)
Mit der Lösung (30-33) für den Viererimpuls ergibt sich

p0

.
0
v~ = Æ
Æ
2
m 2 c 2 + p02 cosh(λτ)
2
2
m c + p0 sinh(λτ)

c
(36)
Quadrieren ergibt
v~2 =
c2
(m 2 c 2 + p02 ) cosh2 (λt )
=c
2
[ p02 (1 + sinh2 (λt )) + m 2 c 2 sinh2 (λt )]
p02 + m 2 c 2 tanh2 (λτ)
m 2 c 2 + p02
(37)
.
~ < c, d.h. das Teilchen erreicht die Lichtgeschwindigkeit
Wegen | tanh(λτ)| < 1 ist auch stets |v|
nur asymptotisch für τ → ∞.
(h) Um auch die Ortskoordinaten des Teilchens zu erhalten, müssen wir nur (30) und (32) hochintegrieren:


p0 τ/m
Zτ
1


0
x~(τ) =
dτ 0 ~p (τ 0 ) =  p
(38)
.
m 0
c m 2 c 2 + p02
[cosh(λτ) − 1]
qE
Der Zusammenhang zur Zeit im Laborsystem ergibt sich durch Integration von p4 :
Æ
Zτ
m 2 c 2 + p02
1
0
0
dτ p4 (τ ) =
sinh(λτ).
t = −i
mc 0
qE
(39)
Für | p0 | mc und λτ 1 erhalten wir den nichtrelativistischen Limes. Dabei stellt die erste
Bedingung sicher, daß die Geschwindigkeit des Teilchens zu Beginn der Bewegung bei τ = 0
noch sehr klein gegen die Lichtgeschwindigkeit ist und die zweite, daß τ so klein ist, daß die
Geschwindigkeit noch nicht zu groß geworden ist.
Dann können wir die einzelnen Größen in (38) und (39) wie folgt entwickeln:
Æ
m2 c 2 +
p02
≈ mc +
p02
2mc
,
cosh(λτ) − 1 ≈
λ2 τ 2
,
2
sinh(λτ) ≈ λτ.
(40)
Damit wird zunächst aus (39)
t ≈τ
und damit
(41)
p0
1 qE 2
t , x3 ≈
t .
(42)
m
2 m
Dies entspricht genau der Lösung des Problems in der Newtonschen Mechanik: Das Elektron
erfährt im elektrischen Feld in nichtrelativistischer Näherung die konstante Beschleunigung a~ =
~
q E/m,
und die Lösung (42) der Bewegungsgleichung entspricht genau der eines waagrechten
Wurfes, also (42).
x1 ≈
Herunterladen