Demokratia und Res publica – antike Wurzeln von Demokratie und Republik? Reihe 15 S1 Verlauf Material Klausuren Glossar Literatur Demokratia und Res publica – antike Wurzeln von Demokratie und Republik? Dr. Sven Günther, Yokohama II/B U A S R Bild: akg-images H C Die Tyrannentöter: das Sinnbild für den Beginn der Demokratie. Entspricht das aber auch den historischen Fakten? D O V emokratie ist nicht gleich Demokratie, Freiheit nicht gleich Freiheit, Republik nicht gleich Republik! Oder? Wenn heute gemeinhin die Wurzeln eines demokratisch verfassten Europas in der Antike angenommen werden, ist man sich der Problematik solcher historischer Vergleiche und Analogien oft nicht bewusst. Zu unterschiedlich waren nämlich Voraussetzungen, Strukturen und Entwicklungen in Staat, Politik und Gesellschaft, um eine direkte Kontinuität von der Antike bis heute nachweisen zu können. Jedoch hat die Antike mit ihren Begrifflichkeiten und historischen Beispielen stets als Motor für theoretisch entwickelte wie praktisch durchgeführte Staatskonzeptionen in der Moderne gewirkt. Doch wie viel Antike steckt tatsächlich in unserem heutigen Verständnis einer „demokratischen Bundesrepublik Deutschland“? Klassenstufe: 10. (G 8) bzw. 11. Klasse (G 9) Dauer: 11 bzw. 12 Stunden Aus dem Inhalt: Entwicklung der athenischen Demokratie, Gesellschaft und Verfassung der Römischen Republik, Rezeption von „Demokratie“ und „Republik“ in den neuzeitlichen Staatsordnungen Kompetenzen: – die wesentlichen Etappen der Entwicklung hin zur Demokratie in Athen nachzeichnen können; – die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der antiken Demokratie bewerten können; – die Grundlagen der republikanischen Verfassung Roms vergleichend der athenischen Demokratie gegenüberstellen können. zur Vollversion 77 RAAbits Geschichte Februar 2012 Demokratia und Res publica – antike Wurzeln von Demokratie und Republik? Reihe 15 S3 Verlauf Material Klausuren Glossar Literatur Das Ende der Tyrannis: Kein Beginn der Demokratie! Die berühmte Tyrannenmördergruppe mit Harmodios und Aristogeiton bildete im Bewusstsein der athenischen Bevölkerung des 5. Jahrhunderts den in Stein gegossenen Beginn der Demokratie. Beide genossen schon kurze Zeit nach dem Ende der Tyrannis höchstes Ansehen, der Bildhauer Antenor errichtete eine erste Statuengruppe auf der Agora, ebenso genossen die beiden Heroen bald kultische Verehrung. Nach dem Raub dieser ersten Statuengruppe durch den Perserkönig Xerxes im Zuge der Plünderung Athens in den Perserkriegen 480 v. Chr. wurde daher auch unmittelbar eine zweite Gruppe geschaffen, die wiederum die beiden als Vorkämpfer der Demokratie zeigte. Diese bereits durch den Historiker Thukydides kritisierte Ansicht beruhte auf dem Ausblenden der Ereigniskette zwischen 514 und 508/7 v. Chr.: Zunächst war der Bruder des herrschenden Tyrannen Hippias, Hipparchos, im Jahre 514 v. Chr. einem Attentat seitens Harmodios und Aristogeiton zum Opfer gefallen. In der Folge erhöhte Hippias als übriggebliebener Tyrann den Herrschaftsdruck v. a. auf die führenden Oppositionsfamilien deutlich. Vier Jahre nach dem Attentat gelang es dann der einflussreichen Familie der Alkmeoniden, den Tyrannen ins Exil zu vertreiben. Dabei waren sie auch auf Hilfe von außen, beispielsweise der Spartaner, angewiesen. II/B U A Die kleisthenischen Reformen als Wegbereiter der Demokratie Die danach erneut ausbrechenden Machtkämpfe um die Führungsrolle in Athen zwischen Isagoras, einem Gastfreund der Spartaner, und dem Alkmeoniden Kleisthenes entschied letzterer durch eine geschickte Maßnahme für sich: Durch seine Demen-Trittyen-Phylen-Reform brach er die traditionellen politischen Abhängigkeits- und Hörigkeitsstrukturen auf. Durch Neuzuteilung der einzelnen Demen (Dörfer) zu kleineren regionalen Einheiten (Trittyen), die wiederum mit entfernt liegenden Trittyen anderer Regionen zu einer Phyle zusammengeschlossen wurden, erreichte er eine größtmögliche Durchmischung der drei einzelnen Regionen Attikas (Stadt, Land, Küste). Die Aristokraten konnten dadurch nicht mehr automatisch auf ihre regional angestammte Klientel bei politischen Entscheidungen und Wahlen zählen und mussten um ihren politischen Einfluss v. a. mithilfe der Rede kämpfen. Die mit dieser Reform einhergehende Gleichberechtigung der athenischen Bürger (Isonomie), die Schaffung neuer Institutionen (v. a. der Rat der 500 = Boule) und Verfahren (z. B. der Ostrakismos) sowie die Stärkung der Rechte der Volksversammlung (Ekklesia) bildeten letztlich die Voraussetzung für die Form der Demokratie, wie sie uns nach den siegreichen Perserkriegen begegnet. H C S R O V Die Vollendung der Demokratie Die Voraussetzungen hierfür schufen einige Veränderungen in dem von Kleisthenes etablierten System, u. a. die Einführung des Los- statt des Wahlverfahrens für die meisten Ämter, die Stimmberechtigung im Ostrakismosverfahren (Entscheid über die Ausweisung eines politisch exponierten, jedoch in der konkreten Situation unterlegenen Bürgers) für alle Bürger. Auch die außenpolitischen Rahmenbedingungen, v. a. die herrschende Stellung Athens im delisch-attischen Seebund und die damit verbundene wirtschaftliche und kulturelle Prosperität, dürfen nicht unterschätzt werden. Zur vollendeten athenische Demokratie führten dann zwei weitere Schritte: Zum einen die nach dem Erstarken der niedrigsten der vier Vermögensklassen im Perserkrieg, den Theten, erfolgte Übertragung von Kontrollrechten des stark aristokratisch geprägten Areopag auf die alle Bürger umfassenden Institutionen Athens (Ekklesia, Boule, Gerichte); zum anderen die Einführung von Diätenzahlungen für die Teilnahme an Gerichtsverfahren seitens des lange Jahre führenden Politikers Perikles. Die athenische Demokratie in der zeitgenössischen Bewertung Indem diese demokratische Ordnung auch schwierige Phasen – den Peloponnesischen Krieg (431–404 v. Chr.) und die damit verbundenen oligarchischen Umstürze (411/0; 404/3 v. Chr.) – überstand und mit einigen Modifikationen ins 4. Jahrhundert gerettet wurde, geriet die Staatsform auch vermehrt ins Blickfeld des philosophischen Diskurses. Die Vereini- zur Vollversion 77 RAAbits Geschichte Februar 2012 Demokratia und Res publica – antike Wurzeln von Demokratie und Republik? Reihe 15 S6 Verlauf Material Klausuren Glossar Literatur Materialübersicht II/B Stunde 1/2 Krise und Reform – Solon als Begründer der Demokratie? M M M Krisenstimmung in Griechenland: kein neues Phänomen Die vorsolonische Krise und Solons Lösungsansatz Die politischen Reformen Solons – eine neue Verfassung für Athen 1 2 3 (Bd) (Ab) (Ab) Stunde 3/4 (K)ein direkter Weg zur Demokratie? – Von Solon über die Tyrannis zur Isonomie des Kleisthenes M M M Ein Tyrann wird getötet – der Beginn der Demokratie? Die sogenannten Tyrannentöter Die Gebietsreform des Kleisthenes – ein neuer Schritt Richtung Demokratie 4 5 6 (Bd) (Ab) (Ab) U A Stunde 5 Eine demokratische Entscheidung? Das Ostrakismosverfahren M M 7 8 (Bd) (Ab) M 9 (Sp) Ostraka als Ausdruck der politischen Stimmung im klassischen Athen Auch die Verbannung kennt Regeln – Der Ostrakismos als rechtliches Verfahren Durchführung eines Ostrakismosverfahrens innerhalb der Klasse H C S R Stunde 6/7 Ephialtes und Perikles: Herrschaft des Volkes oder der Demagogen? M 10 M 11 M 12 Perikles als Staatsmann und Politiker – Demokratie eines Mannes? Ephialtes und der sogenannte Sturz des Areopag Die juristische Praxis der Demokratie (Bd) (Ab) (Ab) O V Stunde 8/9 Demokratie in Rom? Der Charakter der Römischen Republik in antiker wie moderner Diskussion M 13 M 14 Gesellschaft und Verfassung der Römischen Republik Antike und moderne Diskussionen um den Charakter der Römischen Republik (Ab) (Ab) Stunde 10/11 Athen oder Rom als Vorbild unserer modernen Staaten? M 15 (Ab) M 16 (Ab) Kollektive oder individuelle Freiheit in den modernen Staaten des 19. Jahrhunderts? Demokratie und Republik ja, aber wie? Die Verfassungsdebatte bei der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika Lernerfolgskontrolle M 17 (LEK) Die Wurzeln der Demokratie 77 RAAbits Geschichte Februar 2012 zur Vollversion Demokratia und Res publica – antike Wurzeln von Demokratie und Republik? Reihe 15 Verlauf Material S1 Klausuren Glossar Literatur M 1 Krisenstimmung in Griechenland: kein neues Phänomen Karikaturen bringen politische Sachverhalte überspitzt und eindrücklich auf den Punkt. Auch in dieser Karikatur aus dem Jahr 2011 wird mit einfachen Mitteln viel ausgesagt. U A H C S R Bild: The European II/B Wie im Märchen? Es fallen Sterne als Münzen vom Himmel. O V Aufgaben 1. Beschreiben Sie die Abbildung. 2. Deuten Sie das Bild im Kontext der Wirtschafts- und Geldkrise des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts. zur Vollversion 77 RAAbits Geschichte Februar 2012 Demokratia und Res publica – antike Wurzeln von Demokratie und Republik? Reihe 15 Verlauf Material S 12 Klausuren Glossar Literatur M 7 Ostraka als Ausdruck der politischen Stimmung im klassischen Athen Es wurden immer wieder zahlreiche Tonscherben mit eingeritzten Namen gefunden. Sollten die Scherben Glück bringen? Oder hatten sie vielleicht doch eine andere Funktion? II/B U A H C Bild: picture-alliance/AKG S R O V Nichts als alte Scherben? Für Historiker sind auch diese aufschlussreich. Aufgaben 1. Beschreiben Sie die Ostraka (= Tonscherben). 2. Spekulieren Sie, welchen Zweck die Ostraka gehabt haben könnten. 77 RAAbits Geschichte Februar 2012 zur Vollversion Demokratia und Res publica – antike Wurzeln von Demokratie und Republik? Reihe 15 Verlauf Material S 19 Klausuren Glossar Literatur II/B U A H C S R O V zur Vollversion 77 RAAbits Geschichte Februar 2012