Ethisch orientierte Aktienanlage

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DEUTSCHES AKTIENINSTITUT
Ethisch orientierte Aktienanlage Nische oder Wachstumsmarkt?
Dokumentation des Seminars vom 14. März 2002
Studien des Deutschen Aktieninstituts, Heft 18
Herausgegeben von Prof. Dr. Rüdiger von Rosen
Frankfurt am Main, Juni 2002
Herausgeber:
Redaktion:
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen
Deutsches Aktieninstitut e.V.
Börsenplatz 5
60313 Frankfurt a. M.
Dipl.-Vw. Petra Kachel
1. Auflage, Juni 2002
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 3-934579-13-2
Tel. 0 69/9 29 15-0
Fax 0 69/9 29 15-12
Internet http://www.dai.de
Tel. 0 69/9 29 15-32
E-Mail [email protected]
Ethisch orientierte Aktienanlage –
Nische oder Wachstumsmarkt?
Studien des Deutschen Aktieninstituts, Heft 18
Inhalt
Seite
I.
Vorwort
7
II.
Programm der Veranstaltung
9
III.
Begrüßung
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen, Deutsches Aktieninstitut e.V.
11
Aktienanlage und Ethik – Spannungsfeld oder Ergänzung?
Augustinus Heinrich Graf Henckel von Donnersmarck, Unicorn
Consultants GmbH
14
Ethisches Investment in Deutschland – eine empirische Marktanalyse
Silke Stremlau, imug investment research
25
Sozialpolitische Optionen für die Gestaltung betrieblicher Pensionsfonds
Prof. Dr. Diether Döring, Akademie der Arbeit in der Universität
Frankfurt am Main
41
Ethische und ökologische Kriterien bei der Aktienauswahl:
Der Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden und seine Umsetzung im Corporate
Responsibility Rating
Prof. Dr. Johannes Hoffmann, J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main
50
Ethisch und ökologisch orientierte Investoren – Neue Anforderungen
an Investor-Relations
Magdalena Moll und Dr. Rainer Rauberger, Henkel KGaA
72
Ethisch-ökologische Fondsanlage am Beispiel des UBS (Lux) Equity
Fund – Eco Performance
Ingeborg Schumacher, UBS Global Asset Management
80
Benchmarking Sustainability Investments am Beispiel der Dow Jones
Sustainability Indexes
Alexander Barkawi, SAM Indexes GmbH
88
XI.
Diskussion
99
XII.
Kontaktadressen
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
106
-7-
I.
Vorwort
Ethische Aspekte gewinnen in der Aktienanlage zunehmend an Bedeutung. So richtet sich – nicht zuletzt aufgrund der Börsenentwicklung der
letzten zwei Jahre – der Blick der Öffentlichkeit derzeit verstärkt auf die
Corporate Governance der Unternehmen, die Grundsätze guter Unternehmensführung und -kontrolle.
Eine wachsende Zahl privater wie institutioneller Investoren lässt zudem
in ihre Entscheidungen über Geldanlage Aspekte einfließen, die man im
weitesten Sinne als ethische Verantwortlichkeit bezeichnen kann – mit
den verschiedensten Motiven und Schwerpunkten. Manche möchten ihr
Geld aus einem christlichen Weltbild heraus nicht solchen Firmen zur
Verfügung stellen, die beispielsweise Rüstungsgüter oder Verhütungsmittel produzieren. Andere nutzen die Möglichkeit, für ihre Geldanlage Unternehmen auszuwählen, die Vorreiter auf ökologischem oder sozialem
Gebiet sind, um eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Die gesetzliche Verpflichtung für Anbieter von zertifizierten Altersvorsorgeprodukten, künftig über die Einhaltung ethischer, ökologischer und sozialer Kriterien zu berichten, gibt dem jungen Markt weitere Impulse.
Ob die ethische Aktienanlage tatsächlich eine bessere Form der Geldanlage ist, sei dahingestellt. Diese Frage kann jeder Anleger nur für sich
selbst beantworten. Ethisch orientierte Anleger setzen sich jedenfalls intensiver mit ihrer Anlage auseinander. Das ist positiv zu werten. Denn
was wir dringender brauchen denn je, sind mündige Anleger. Deshalb
fordern wir auch seit langem die Einführung eines eigenständigen Schulfachs Ökonomie an allen allgemein bildenden Schulen.
Ziel des in dieser Studie dokumentierten Seminars war es, den Blick auf
einen ernst zu nehmenden neuen Trend zu richten, und den Marktakteuren – seien es Investmentgesellschaften, Indexanbietern, Rating-Agenturen oder Investor-Relations-Abteilungen – zu verdeutlichen, welches
Potenzial in ethischem Investment steckt. Die Veranstaltung hat uns gezeigt, dass beide Teile unserer Eingangsfrage stimmen: Ethisches Investment ist noch eine Nische, gleichzeitig haben wir es auch mit einem echten Wachstumsmarkt zu tun.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen
-9-
II.
Programm der Veranstaltung
10.00 Uhr Begrüßung und Moderation
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
Deutsches Aktieninstitut e.V.
10.15 Uhr Aktienanlage und Ethik –
Spannungsfeld oder Ergänzung?
Augustinus Heinrich
Graf Henckel von Donnersmarck
Unicorn Consultants GmbH,
Düsseldorf
10.45 Uhr Ethisches Investment in Deutschland –
eine empirische Marktanalyse
Silke Stremlau
Unternehmensanalystin
imug investment research, Hannover
11.45 Uhr Sozialpolitische Optionen für die
Gestaltung betrieblicher
Pensionsfonds
Prof. Dr. Diether Döring
Professor für Sozialpolitik und
Finanzwissenschaft
Akademie der Arbeit in der
Universität Frankfurt am Main
12.15 Uhr Ethische und ökologische Kriterien
bei der Aktienauswahl: Der
Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden
und seine Umsetzung im Corporate
Responsibility Rating
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Professor für Moraltheologie und
Sozialethik
J.W. Goethe-Universität Frankfurt
am Main
14.00 Uhr Ethisch und ökologisch orientierte
Investoren – Neue Anforderungen
an Investor-Relations
Magdalena Moll
Leiterin Investor Relations und
Kapitalmarkt
Dr. Rainer Rauberger
Leiter Nachhaltigkeitskommunikation
Henkel KGaA, Düsseldorf
14.30 Uhr Ethisch-ökologische Fondsanlage am
Beispiel des UBS (Lux) Equity Fund –
Eco Performance
Ingeborg Schumacher
Produktmanagerin UBS (Lux) Equity
Fund – Eco Performance
UBS Global Asset Management,
Zürich
15.00 Uhr Benchmarking Sustainability
Investments am Beispiel der Dow
Jones Sustainability Indexes
Alexander Barkawi
Managing Director
SAM Indexes GmbH, Zürich
15.30 Uhr Diskussion
– 11 –
III.
Begrüßung
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen, Deutsches Aktieninstitut e.V.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, herzlich willkommen zu unserem heutigen Seminar „Ethisch orientierte Aktienanlage – Nische oder
Wachstumsmarkt?"
Heute morgen wurde ich im Hessischen Rundfunk gefragt, warum sich
das Deutsche Aktieninstitut eigentlich mit diesen Fragen befasst, die mit
unseren Aufgaben und Zielen doch nicht so viel zu tun hätten. Hier wies
ich darauf hin, dass das Thema Ethik bei uns schon im Rahmen der Diskussion um Corporate Governance, die Prinzipien guter Unternehmensführung, eine wesentliche Rolle spielt. Der am 26. Februar diesen Jahres
veröffentlichte Kodex der Regierungskommission Corporate Governance
sieht Regeln vor, wie in deutschen börsennotierten Unternehmen eine
gute, transparente und verantwortungsbewusste Unternehmensführung
und -kontrolle durch Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat
durchgeführt werden kann.
Mit Ethik in der Aktienanlage haben wir uns in dieser Form in der Tat
noch nicht beschäftigt, das wollen wir heute tun. Wir sind uns darüber
im Klaren, dass wir hiermit Neuland betreten, das in den letzten Jahren
von einer wachsenden Zahl privater wie institutioneller Investoren betreten wurde: Über Geldanlage wird häufig nicht mehr allein anhand der
klassischen drei Kriterien Rentabilität, Sicherheit und Liquidität entschieden. Immer stärker fließt in die Anlageentscheidung eine vierte Dimension ein, die man im weitesten Sinne als ethische Verantwortlichkeit
bezeichnen kann, mit im Einzelnen sicherlich unterschiedlichen Motiven
und Schwerpunkten.
Manche möchten ihr Kapital aus ihrem persönlichen Weltbild heraus
nicht solchen Firmen zur Verfügung stellen, die beispielsweise Rüstungsgüter herstellen, so wichtig das im Verteidigungsfall auch sein mag –
oder gegebenenfalls aus persönlichen Motiven nicht in Firmen investieren, die Verhütungsmittel produzieren. Die Kirchen waren nicht durch
Zufall die Wegbereiter einer ethisch orientierten Geldanlage. Andere nutzen die Möglichkeit, mit ihrer Geldanlage Unternehmen auszuwählen
und zu belohnen, die Vorreiter unter ökologischen oder sozialen Gesichtspunkten sind. Sie tätigen Investitionen, um Firmen in bestimmte
Richtungen zu drängen und auf deren wirtschaftliche Entwicklung Einfluss zu nehmen. Wir nennen das auf Neudeutsch Sustainability.
Noch ist dieser Markt in Deutschland ausgesprochen klein. Weniger als
ein Prozent der Gelder werden nach ethischen Kriterien angelegt. Jedoch
wird von einem zukünftigen weltweiten Wachstum des Sektors von 30
bis 40 Prozent pro Jahr ausgegangen. Die USA sind hier, wie auf manchen anderen Gebieten – sicherlich nicht auf allen – Vorreiter. Dort investieren private und institutionelle Investoren zusammen bereits mehr
als 10 Prozent des Anlagevolumens gemäß ethischer Vorgaben.
– 12 –
Der deutsche Gesetzgeber hat im letzten Jahr dazu beigetragen, dass sich
dieser Trend noch verstärkt. Die Anbieter von betrieblichen Pensionsfonds wie auch von staatlich zertifizierten privaten Altersvorsorgeverträgen müssen künftig jährlich darlegen, inwieweit sie in ihren Anlageentscheidungen ethische, soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen.
Damit rücken diese Anlageaspekte stärker in das Blickfeld auch des klassischen Privatanlegers. Gleichzeitig werden betriebliche Pensionsfonds
Gegenstand des Gestaltungsinteresses der Arbeitnehmervertretungen. Das
neugegründete Versorgungswerk der Metallbranche beispielsweise hat
zur Auflage, eben diese ethischen, sozialen und ökologischen Belange
bei der Kapitalanlage im Grundsatz zu berücksichtigen, wie immer dieses
„im Grundsatz“ auch aussehen mag. Aber es ist zumindest ein Einstieg.
Der Ökonom mag ethisches Investment zunächst mit Zurückhaltung sehen: Alle, die zu bestimmten Zeiten die Universitätsbank gedrückt haben,
wissen, dass nach dem alten Lehrsatz von Adam Smith gerade das eigennützige Verhalten der Individuen, welches von einer unsichtbaren
Hand geleitet wird, zum Wohle aller führt. An der Börse, das wissen Sie,
wurde nie und wird auch künftig nicht nach den Motiven für den Einoder Ausstieg gefragt. Dass im Sinne von Adam Smith ihr Tun wohltätige Effekte hat, muss den Akteuren damit weder bewusst sein, noch müssen sie es gar ausdrücklich zum Ziel ihres Handelns machen. Die Orientierung am eigenen Nutzen ist völlig ausreichend und muss keineswegs
irgendein schlechtes Gewissen verursachen.
Ich bin der Meinung, dass wir es mit einem neuen, ernst zu nehmenden
Trend zu tun haben, über den wir uns heute intensiv unterhalten werden.
Wir haben eine Reihe sehr interessanter Vorträge. Ich finde es sehr spannend, dass unter den vielen Teilnehmern, die wir heute haben, die Medien besonders stark vertreten sind. Das Interesse der sonst sich hier
tummelnden beratenden Berufe ist weniger stark ausgeprägt. Sie haben
offensichtlich noch nicht richtig entdeckt, was diese Anlageentscheidungen für ihr berufliches Tätigkeitsfeld mit sich bringen könnten.
Die professionellen Akteure stehen dennoch vor neuen Aufgaben. Ethisches Investment ist in erster Linie Fondsinvestment. Wir werden darüber
informiert werden, wie viele Fonds sich schon europaweit tummeln, die
sich an sozialen und ökologischen Kriterien orientieren. Basis zahlreicher
dieser Fonds sind spezielle Indizes, die inzwischen auch von den traditionellen Indexanbietern zur Verfügung gestellt werden. Fondsgesellschaften, Indexanbieter wie auch Privatanleger benötigen für ethisch orientierte Anlageentscheidung noch mehr und vor allem spezieller aufbereitete Informationen als der klassische Investor. Entsprechend entstehen
spezialisierte Rating-Verfahren und -Agenturen, die für Transparenz sorgen sollen und die Orientierung erleichtern. Und auch die Unternehmen
selbst sehen sich nicht mehr allein mit Fragen zu bilanziellen Kennzahlen, sondern auch zur Berücksichtigung ethischer und ökologischer
Kriterien konfrontiert und müssen diese als festen Bestandteil nicht nur
in ihrer Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch in ihrer Finanzkommunikation und natürlich davorstehend in ihrer Produktion berücksichtigen.
– 13 –
Um noch einmal auf den Untertitel unserer Veranstaltung zurückzukommen: Ethisch orientierte Anlage ist sicherlich derzeit noch eine Nische, aber sie ist zweifelsohne ein interessanter und wichtiger Wachstumsmarkt.
Ob die ethische Aktienanlage tatsächlich eine bessere Form der Geldanlage ist, möchte ich dahingestellt sein lassen. Diese Frage kann und muss
jeder Anleger für sich selbst entscheiden. Letztlich wird es auch die
Nachfrage der Anleger sein, die bestimmt, welche Anlageprodukte am
Markt angeboten werden. Ethisch orientierte Anleger setzen sich jedenfalls intensiver mit ihrer Anlage auseinander. Und das ist natürlich ganz
besonders positiv zu bewerten, denn was wir dringender denn je brauchen, ist der mündige und natürlich auch kritische Anleger. Deshalb fordern wir seit langem – und ich komme mir hier vor wie ein tibetanischer
Mönch mit dem immer gleichen „om mani padme hum“ – die Einführung
eines eigenständigen Schulfachs Ökonomie, und ich weiß mich Ihrer Zustimmung sicher. Wir müssen eine stärkere Sensibilisierung für alle Anlagefragen haben, für Risikoklassen, für Risikobewusstsein, was wir letztlich in der Schule verankern müssen, um langfristig die gesamte Bevölkerung zu erreichen.
Ich will der Veranstaltung mit ihren interessanten Vorträgen nicht vorgreifen. Wir starten mit Augustinus Heinrich Graf Henckel von Donnersmarck. Es heißt, er sei ein Mann der Kirche, Kenner der Materie und
Kenner grundlegender Überlegungen über das Verhältnis von Geldanlage
und Moral. Das wird auch den Schwerpunkt seines Vortrages bilden. Er
ist, was ich für einen Kirchenmann sehr spannend finde, in das Unternehmerlager gewechselt. Seit 1996 ist er Gründer, Gesellschafter und Geschäftsführer einer Consultant-Firma namens Unicorn in Düsseldorf, und
insofern einer, der auf unternehmerisches Handeln Einfluss nehmen will
und es auch tut, was mit unserem Thema sehr eng verbunden ist.
Ihnen, Graf Henckel, herzlichen Dank für Ihr Kommen. Wir freuen uns
auf Ihren Vortrag.
– 14 –
IV.
Aktienanlage und Ethik – Spannungsfeld oder
Ergänzung?
Augustinus Heinrich Graf Henckel von Donnersmarck,
Unicorn Consultants GmbH
Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Vielen Dank für
die freundliche Begrüßung. Ich habe, aber das wussten wir schon, als wir
das Thema ausgeguckt haben, mit dem Thema gewisse Bauchschmerzen,
weil „Spannungsfeld“ nicht bedeutet, dass Ergänzungen nicht sinnvoll
oder notwendig sein können. Damit fängt das Problem eigentlich schon
an. Es gibt zweitens das Problem, dass ich mich selber nicht als
Anlagespezialist bezeichnen würde, weil ich eigentlich von einer ganz
anderen Seite herkomme. Doch das werden Sie hoffentlich gleich bei
meinen Ausführungen merken.
Ich verfolge seit langem auch die Entwicklung auf den Finanzmärkten
und im Anlagegeschäft mit Interesse. Weniger, weil ich selbst in diesem
Geschäft tätig wäre, als weil ich in meinen Ansätzen aus sechzehn Jahren angewandter Sozialforschung – Trendforschung im Auftrag der katholischen Kirche – herkomme, wo mich von 1970 bis 1986 ständig die
Frage umgetrieben hat: „Wo geht denn die Gesellschaft hin? Was sind
die nächsten Entwicklungen?“
Entstanden ist dieses Institut damals, weil die Bischöfe in den unruhigen
Jahren um 1970 den Eindruck hatten, sie wüssten nicht mehr so recht,
was in der Gesellschaft passiert, und dass ihnen das eigentlich jemand
sagen müsste. Und deswegen beauftragten sie mich und andere – mich
muss ich in diesem Fall sagen, weil ich der erste in diesem Institut war –,
ein Institut aufzubauen, das die Entwicklungen in der Gesellschaft für sie
transparent machen sollte.
Ich sage gleich vorweg: Natürlich wollen alle immer wissen: „Wie hoch
war die Trefferquote Ihrer Analysen?“ Darauf antworte ich aus Gründen
der Bescheidenheit nicht. Und auf die Frage, ob die kirchliche Obrigkeit
in ihre Entscheidungen hat einfließen lassen, was wir herausgefunden
haben, antworte ich aus Gründen der Loyalität nicht. Aber jeder von Ihnen, der mal ein hierarchisches System von innen kennen gelernt hat,
weiß, dass dort die Durchlässigkeit für gute Ideen von oben nach unten
anderen Gesetzmäßigkeiten unterliegt als die von unten nach oben. Und
das ist bei uns, weil wir Spezialisten im Hierarchischen sind, natürlich in
ganz besonderem Maße so.
Das ethische Investment verfolge ich mit Interesse. Ich bin nicht ganz sicher, ob es wirklich nur eine Nische ist. Wenigstens in anderen Himmelsstrichen als in der Bundesrepublik Deutschland macht es inzwischen einen anderen Eindruck. Für den durchschnittlichen Bundesbürger stehen
Aktien immer noch unter dem Verdikt, dass sie eigentlich etwas Unheimliches, weil nur schwer Verständliches sind, und auch wenn heute nicht
– 15 –
mehr nach Hunderten gezählt wird, wer an der Börse handelt, sondern
eher nach Hunderttausenden, so haben wir es eben immer noch mit einer
Minderheit zu tun. In anderen Ländern ist man weiter, und das ist für
mich ganz aufschlussreich. Es ist nicht zum ersten Mal, dass ich dem
Hause SAM aus Zürich begegne: Dass sogar Dow Jones gemeinsam mit
anderen einen Sustainability-Index erarbeitet hat, ist doch ein Zeichen
dafür, dass wir es möglicherweise schon mit mehr als einer Nische zu tun
haben.
Auf der anderen Seite ist das, was Herr von Rosen gerade sagte, ein
Schlüssel. Wenn ich es paradox sagen soll, fördert das Unverständnis
oder die Uninformiertheit vieler das Verständnis dafür, dass man sich an
dieser Stelle aus der Nische nicht richtig heraustraut. Deswegen ist es
ganz bestimmt eine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die notwendigen Informationen unter die Menschen kommen.
Lieber Herr von Rosen, Sie haben gerade gesagt, Sie fühlten sich selbst
manchmal an die Gebetsmühlen tibetanischer Mönche erinnert, die immer nur das Gleiche sagen. Ich habe dazu eine schöne Weisheit des
Schiffsbauers, aus der Zeit, als Schiffe noch mit einer anderen Technik
gebaut wurden als heute: „Bei Nieten geht's nur mit Hämmern“. Die Lateiner haben das etwas freundlicher gesagt: „Die Wiederholung ist die
Mutter der Studien“. Also, wer nicht darüber redet, soll sich nicht beschweren, wenn er in der Nische bleiben muss.
In der Sache selbst ist das erste und für mich eigentlich wichtigste Teilthema des Ganzen, dass nach meinem Eindruck ethisch vertretbare Anlagemöglichkeiten zum heutigen Zeitpunkt fast reflexhaft gleichgesetzt
werden mit ökologisch vertretbaren Anlagen.
Ich halte das für eine Engführung des Begriffes, die nicht zulässig ist,
und zwar aus drei Gründen: Der erste Grund ist, dass selbst wenn es viele
Gebiete gibt, in denen wir lernen sollten, noch sehr viel mehr ökologische Gesichtspunkte in unsere Überlegungen einzubeziehen, die Zahl der
Möglichkeiten, mit Geldbeträgen im ökologischen Anlagegeschäft zu arbeiten, doch begrenzt ist. Es gibt zwei ganz unterschiedliche Gesichtspunkte, die aber zum gleichen Ergebnis führen: Man kann nicht das Geld
der ganzen Welt anlegen und eine vernünftige Rendite erzielen, indem
man zum Beispiel etwas für die Erzeugung von Energie tut, ob das nun
Windräder oder Wasserkraftwerke oder was auch immer sind. Dem sind
von der Sache her Grenzen gesetzt. Auch wird es immer Zweige der
Wirtschaft geben, bei denen die Ökologie nicht die Rolle spielt, die sie
vielleicht in anderen Bereichen spielt, z.B. im ganzen Dienstleistungssektor. Das ist der eine Punkt.
Der andere Punkt ist: In einer solchen Fixierung auf das Ökologische
wird leicht übersehen, dass auch das Ökologische nicht einfach die letzte
Instanz sein kann, sondern Fragen gestellt werden müssen, die weit darüber hinausgehen.
– 16 –
Wenn Sie den jüngst in Indien stattgefundenen Streit um den Bau eines
Staudammes anschauen, der einer berühmten Schriftstellerin – in Indien
würden sie sagen, einer berüchtigten Schriftstellerin – einen Tag Gefängnis eingetragen hat, so ist es eben nicht die ganze Wahrheit, dass
Staudämme ein massiver Eingriff in Umweltbedingungen und in Lebensbedingungen von Menschen sind. Es ist ebenso wahr, dass ein Land wie
Indien, das in dieser Hinsicht wegen seiner geographischen Lage Probleme hat, für seine wachsende Bevölkerung Trinkwasserreservoirs braucht,
die anders überhaupt nicht zu bekommen sind als dadurch, dass man
Staudämme baut. Und die etwas Älteren unter Ihnen werden sich erinnern, dass der Streit um den Staudamm Cabora Bassa in Mosambik in
den 1960er Jahren instrumentalisiert wurde, um gegen das portugiesische Kolonialregime anzugehen. Aber die, die ein etwas besseres Gedächtnis haben, werden sich auch daran erinnern, dass nach dem gewünschten Umsturz und der Aufhebung des Kolonialregimes Cabora
Bassa nicht nur fertig gebaut wurde, sondern von der mosambikanischen
Regierung um zwei weitere Staudämme in einer Gesamtanlage erweitert
worden ist. Man muss hier ganz deutlich sehen: Die Ökologie allein kann
es nicht sein.
Und der dritte Grund, weswegen ich dem mit einer gewissen Skepsis gegenüberstehe – Herr von Rosen hat das in seiner Einleitung gerade schon
angerührt: Nicht jedes Lebensmittel, wo „Öko“ draufsteht, hat notwendigerweise auch „Öko“ zum Inhalt, wenn ich das mal auf ganz platte Weise
sagen darf. Wenn wir nicht die notwendigen Informationsstrukturen
schaffen, wird es für einen Anleger sehr schwierig zu entscheiden, ob
das, was ihm verheißen wird, wenn er sein Geld in solchen Bereichen anlegt – dass es nämlich ethisch vertretbar ist – auch tatsächlich erfüllt
wird. Wenn man mit einer gewissen Aufmerksamkeit in die Diskussionen
der ökonomischen Bereiche unserer Gesellschaft hineinhört, dann stellt
man fest, dass es eben immer wieder Gesichtspunkte gibt, die komplizierter sind als eine reine Reduzierung auf die Behauptung, dies sei alles ethisch vertretbar.
Ich würde gerne das Problem auch noch von einer anderen Seite her beleuchten, um es etwas besser in den Griff zu bekommen. Ich bin ein
Mann der Kirche, wie Sie schon an dem Gewerbeschein um meinen Hals
erkennen können. Und da ich das schon 49 Jahre bin, gedenke ich, es
auch für den Rest meines Lebens zu bleiben, auch wenn ich heute selbstständiger Unternehmer bin. Manchmal wünsche ich manchen meiner
Mitbrüder, dass sie diese Erfahrung einmal machen – weil es eine Sache
ist, auf seinem Amtsstuhl zu sitzen und als Selbstverständlichkeit hinzunehmen, dass die Salarierung durch die Bischöfliche Behörde am Ersten
jedes Monats pünktlich erfolgt, und eine ganz andere Sache, für sich und
andere die Dinge so zu steuern, dass das notwendige Geld da ist, um den
Familienvätern, die bei mir beschäftigt sind, ihre Gehälter zahlen zu
können. Und selbst habe ich natürlich auch ganz gern ein Salär. In der
praktischen Wirklichkeit sehen die Dinge dann manchmal etwas anders
aus als in der Theorie.
– 17 –
Aber ich bin ein Mann der Kirche und werde das auch bleiben. Einer der
Punkte, der mich seit langem sehr bewegt, ist dabei folgender: Wenn Sie
die Entwicklungspolitik nicht nach den Zielen derjenigen betrachten, die
Entwicklungspolitik für notwendig halten – ich gehöre zu ihnen –, sondern nach ihrer Wirksamkeit, dann kann man von den großen Kirchen
sagen: Kirchliche Entwicklungshilfe kostet weniger – weniger als staatliche oder als Entwicklungshilfe, die durch die Wirtschaft selber geleistet
wird – und hat bessere Erfolge. Mit wirklicher Autorität kann ich das
zwar nur für die katholische Kirche sagen, weil ich für die evangelische
Kirche die Zahlen nicht kenne, aber für die katholische Kirche ganz sicher und vom ersten Anblick her auch für die evangelischen Kirchen.
Wenn ich es einmal mit einem etwas platten Beispiel und sehr verkürzt
sagen darf: Kirchlichen Institutionen würde der Fehler, in Rourkela im
indischen Dschungel ein Stahlwerk wie in Rheinhausen oder in Duisburg
aufzustellen, nicht passieren. Das hat einen ganz einfachen Grund. Wir
sind, so behaupte ich immer, der einzige echte Global Player. Das heißt,
wir sind wirklich überall auf der Welt, es gibt auf unserer Landkarte keine weißen Flecken mehr. Und wir haben, was als modern gilt, eine sehr
flache Hierarchie: Den Pfarrer vor Ort, den Bischof in der Region, den
Papst für die Weltkirche. Alles andere ist schmückendes Beiwerk, das
mehr der Befriedigung der Eitelkeit geistlicher Herren dient als tatsächlichen hierarchischen Steuerungsnotwendigkeiten. Oder, wie der alte Bundespräsident Heuss mal einem jungen Geistlichen, der befürchtete, er
würde keine Karriere mehr machen, sagte: „Kommt Zeit, kommt rot“.
Wir haben überall in der Welt Leute, die uns sagen können, was kulturell
verträglich ist, und daher auch, was kulturell nicht verträglich ist. Wir
führen, durch Erfahrungen gewitzt, auch längst die materielle Seite unserer Projekte in einem Joint Venture mit den Menschen aus der Gegend
durch, in der das Projekt umgesetzt wird, steuern aber im Kern durch unsere eigenen Agenturen selbst. Wir wollen wissen, wo die Gelder hingehen und wie sie verwertet werden. Wir haben zum Teil auch wirklich
schlechte Erfahrungen gemacht, durch die wir, wie ich hoffe, klüger geworden sind. Wir würden jedoch nie ein Projekt anfangen, ohne es vorher mit den Menschen vor Ort abgesichert zu haben. Es mag ja sein, dass
es bei der heutigen kritischen Einstellung zur Kirche auch Menschen
gibt, die Bischöfe grundsätzlich für dumm halten. Unsere Auswahlsysteme verfügen aber im Allgemeinen doch über die Möglichkeit, nicht gerade die Deppen in dieses Amt zu bringen, und wenn sie in ihren eigenen
Ländern die Verhältnisse gut kennen, sind sie sehr gute Ratgeber für das,
was geht und für das, was nicht geht.
Weswegen ich es von dieser Seite her beleuchte, hat einen ganz einfachen Grund: Wenn man über ethische Anlagen spricht, muss man auch
darüber reden, ob die Unternehmen, die sich der Anleger aussucht, tatsächlich in einem Stil und in einer Art arbeiten, die keinen zerstörerischen Eingriff in fremde Kulturen bedeutet. Es ist schon ganz aufschlussreich für mich und ich erfahre das auch in meiner Beratungstätigkeit,
dass es sehr wenige global auftretende Unternehmen in Deutschland gibt,
– 18 –
in denen mit Selbstverständlichkeit Bürger der Dritten Welt zum Beispiel
als Vorstände tätig werden.
Ich habe kürzlich mit einem Chinesen gesprochen, der in der Volksrepublik China – in Shanghai, um genau zu sein – für ein großes deutsches
Unternehmen in einer führenden Position arbeitet. Der sagt: „Man tut
sehr viel, aber wir dürfen nur nach Deutschland und zurück nach China.
Dass wir in andere Länder geschickt werden, kommt überhaupt nicht in
Frage.“ Und obwohl diese Firma in China große Interessen hat, auch
Produktionsstätten, gibt es selbstverständlich keinen Chinesen im Vorstand. Und es kommt noch hinzu: „Wenn unsere deutschen Großbefehlshaber kommen,“ so sagt er, „dann reden sie mit den deutschen ‚Expatriates’, also mit den Deutschen, die dort sind, und nicht mit uns Chinesen.“
Das wird in vielen Fällen so sein. Den Japanern hat man mindestens für
den Düsseldorfer Raum, wo ich das beurteilen kann, auch immer nachgesagt, sie ließen keine Nicht-Japaner in eine Führungsposition. Das hat
sich inzwischen etwas geändert. Dahinter steht die Frage, ob man den
Begriff der ethischen Anlage auf Ökologie reduzieren kann oder ob man
nicht eben sehen muss, dass unter Umständen noch sehr viel mehr dahinter liegt.
Es kommt noch etwas hinzu, was Herr von Rosen gerade sehr vorsichtig
formuliert hat. Ich formuliere es etwas kritischer, obwohl ich weiß, dass
daran gar nichts zu ändern ist und wohl auch nicht geändert werden
darf: Die Börse ist grundsätzlich herzlos. Ich gehe noch ein Stückchen
weiter und sage: Sie muss es auch sein, sonst kann sie ihre Aufgabe
nicht erfüllen. Die Herzlosigkeit der Börse ist zum Beispiel die Ursache
dafür, dass der Aktienkurs eines Unternehmens, das seine Kosten senkt,
indem es einige zehntausend Leute de facto in die Arbeitslosigkeit entlässt, tendenziell nach oben geht und nicht nach unten. Es gibt zwar
auch Fälle, in denen es anders ist, aber in der Regel ist es so, weil die
Börse nach anderen Gesichtspunkten urteilt.
An dieser Stelle bekenne ich mich dazu, dass ich es für notwendig halte,
dass über die ethische Seite von Anlagen geredet wird, aber ich sage
auch: Das spielt sich im Börsengeschehen sozusagen auf einer Metaebene
ab. Mein Geld lege ich nach dem Gesichtspunkt an, dass es Rendite
bringt oder dass ich einen sinnvollen Wirtschaftszweig damit fördern
kann. Die Börse dient dazu, die Wirtschaft zu finanzieren. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob etwas ethisch ist oder nicht – eine Frage, die institutionell kaum zu beantworten ist. Ich bin, wie gesagt, ein
Mann der Kirche. Jeder von Ihnen, der sich mit mir auf einen Streit darauf einlassen möchte, ob die Kirchengeschichte nur voller Licht ist oder
ob es in ihr nicht auch eine Menge Schatten gibt, würde bei der Feststellung von Schatten den Kampf gegen mich verlieren – es sei denn, dass er
ausgewiesener Kirchenhistoriker ist – weil ich sehr viel mehr Pitfalls und
Verfehlungen der Kirche kenne als jeder, der keine Kirchengeschichte
studiert hat, und mich auch nicht scheue, sie auszusprechen, wenn das
notwendig ist. Aber man muss ganz deutlich sehen, dass dies keine Frage
der Institution, sondern der handelnden Menschen ist.
– 19 –
Wenn man über ethische Anlagen spricht, dann muss man sehen, dass
die Bemessungsgrundlage dafür, was ein Anleger am Ende des Tages für
ethisch vertretbar hält, ausschließlich eine Frage seines Gewissens ist.
Der eine wird das möglicherweise ganz anders sehen als der andere. Er
wird vielleicht sehr pragmatisch an die Frage herangehen und sagen
„Das muss einfach gemacht werden“ oder „Es ist sinnvoll, das zu machen“ oder „Es bringt mir eine ordentliche Rendite“. Und der andere wird
vielleicht sagen „Ich will das nicht, weil ich glaube, dass es gewachsene
Kulturen zerstört oder dass es einen Eingriff bedeutet, der auch ökonomisch keinen Sinn macht, weil er langfristig mehr niederreißt als er aufbauen kann“. Man muss deutlich sehen, dass man die beiden Ebenen
nicht miteinander vermischen darf, wenn man sauber unterscheiden will:
Wer den Begriff der ethischen Anlage als feste Größe einführen will,
muss sich darüber im Klaren sein, dass er dazu Menschen braucht, die
bereit sind, mit ihm auf der gleichen Linie zu denken. Und dann können
die Ergebnisse immer noch sehr unterschiedlich sein.
Ich behaupte, die Börse als Institution und die Geldanlage als geübte ökonomische Praxis sind nicht auf eine Ebene zu bekommen, wo die Ethik
garantiert ist. Ich war vor vielen Jahren einmal auf einer Tagung in
Schloss Gracht beim Universitätsseminar der Wirtschaft. Ein sehr tüchtiger, relativ junger Deutscher, Chef des europäischen Marktes eines großen amerikanischen Unternehmens aus der Softwarebranche, sagte dort
in der Diskussion, in seinem Unternehmen gebe es 124 Regeln, wie man
miteinander umginge, und weil alle sich an diese Regeln halten würden,
hätten sie auch keinerlei Probleme. Ich konnte es mir nicht verkneifen,
ihn in der Diskussion zu fragen, wie sie das rein mnemotechnisch machten: Uns lehrt die Erfahrung, dass viele Christen bereits bei zehn Regeln
gewisse Probleme haben, sie zu beherrschen oder sich auch nur zu merken, und wir versuchen es immerhin seit dreitausend Jahren. Natürlich
konnte er auf die Frage nicht antworten.
Das Problem ist auch nicht in erster Linie ein Problem der Erinnerungstechnik. Wir wissen einfach, dass der Neuansatz im Ethischen eigentlich
jeden Tag vollzogen werden muss. Institutionen sind nicht durch Bestimmungen ethisch zu machen, und auch kein gesetzlicher Regelungsapparat bringt das zuwege. Sie können vielleicht Leitplanken aufstellen,
obwohl ich selbst da schon skeptisch bin. Man muss in aller Deutlichkeit
sagen: Wo auf lange Sicht der eigentliche Konflikt liegen wird, ist die
individuelle Entscheidung des Anlegers, der natürlich nach ethischen Gesichtspunkten entscheiden kann und auch entscheiden sollte.
Ich würde noch einen Schritt weiter gehen wollen und an diesem Punkt
sagen, dass auch ein Unternehmer mit einem relativ breiten Portefeuille
unter Umständen nach Gesichtspunkten entscheiden muss, die in sich
hoch ethisch sind, d.h. wie er sein Geld verwendet, um die notwendigen
Renditen zu erzielen, mit denen er zum Beispiel andere oder Stiftungen
oder sonst irgend etwas finanziert. Ein Stiftungsvorstand oder ein Stiftungsbeirat, der gar nicht über sein eigenes Geld verfügt, sondern über
Geld, das ihm anvertraut ist, wird möglicherweise gute ethische Gründe
dafür haben, bei der Anlage eine Entscheidung zu treffen, bei der andere
– 20 –
aus ethischen oder ökologischen Gründen sagen würden: „Das geht eigentlich nicht.“
In einer solchen Situation, die de facto eine Gratwanderung darstellt, in
die Funktionalität der individuellen Gewissensentscheidung einzugreifen,
hielte ich für außerordentlich bedenklich, weil ich glaube, dass Institutionen zwar mit Insistenz und einer gewissen Unnachgiebigkeit sagen
können, was sie für richtig halten. Überall dort aber, wo der Apparat
dem Individuum keine Freiheit mehr lässt, seine eigenen Entscheidungen
in solchen wie dem beschriebenen Konfliktfall zu treffen, ist die Freiheit
sehr schnell dahin. Es ist eine alte, historische Erfahrungstatsache, dass
es dort, wo es keine Freiheit mehr gibt, auch keine Ethik mehr gibt, weil
es keine frei entscheidenden Subjekte mehr geben kann, sondern alles in
einer Zwangsveranstaltung endet.
Ich bin Jesuitenschüler. Ich bin nicht Jesuit, ich bin Augustinerchorherr.
Ich war gerne bei den Jesuiten, ich verdanke den Vätern der Gesellschaft
Jesu unendlich viel – an erster Stelle die Einsicht, dass ich nicht hätte Jesuit werden wollen. Es gibt Jesuiten, die über die berühmten Jesuitenreduktionen – sozusagen selbstständige Staaten in Paraguay – voller Stolz
sind. Ich sehe das außerordentlich kritisch, weil diese nicht nur patriarchalisch-paternalistisch waren, sondern weil sie die Einhaltung sittlicher
Vorschriften de facto durch den Gesetzgeber und staatliche Zwangsmaßnahmen durchsetzen wollten. Funktioniert nicht! Davon kann man nur
abraten. Das gilt sicherlich auch für Märkte und für Anlagen.
Die Frage ist: Was kann man tun? Hier komme ich noch einmal auf Ihre
Gebetsmühle zurück. Man darf nicht aufhören, dieser Gesellschaft zu sagen: Die einzige Methode, diesen Problemen einen Rahmen zu verpassen,
in dem sie einigermaßen verantwortbar entschieden werden können, ist
Bildung, Bildung, Bildung – und zwar eine adäquate und angemessene
Bildung. Das Unwissen selbst allgemein gut gebildeter Leute über wirtschaftliche Zusammenhänge ist gelegentlich erschreckend. Die Industrieund Handelskammer in Koblenz, die viele Jahre Dokumentationen über
solche Art Torheiten herausgegeben hat, hat längst mit einem gewissen
Akt der Verzweiflung die Hände zum Himmel hebend „Es hat doch keinen Zweck!“ gesagt und das Projekt eingestellt, weil es natürlich auch
Geld gekostet hat.
Die Unbildung ist wirklich erschreckend und an dieser Stelle muss etwas
getan werden. Und es wird in dieser Gesellschaft wie in jeder anderen
vergleichbaren Gesellschaft nichts passieren, wenn die Gesellschaft selbst
nicht jene Unruhe stiftet, die letztlich zum Beispiel zu den Entscheidungen für ein Fach Ökonomie im Schulwesen führen würde.
Das sind alles keine durchaus tröstlichen Botschaften, aber sich auf Ethik
einzulassen, war immer schon ein „Tanz auf den Schwertern“. Denn
letztlich gehen ethische Entscheidungen immer mitten durchs eigene
Herz. Weil ich oft eingeladen wurde, zu diesem Thema zu reden, bin ich
oft gefragt worden: „Was mache ich denn als Unternehmer, wenn alle
unethisch handeln, und ich der einzige bin, der ethisch handelt?“ Die
– 21 –
Antwort darauf ist ganz einfach: Dann hast du schlechte Karten! Und du
wirst vorhersehbar untergehen, denn es gibt keine Garantie dafür, dass
der Gerechte am Leben bleibt, während die Ungerechten alle untergehen.
Selbst die großen Religionen legen den Ausgleich in den Raum des nicht
mehr Nachprüfbaren, das heißt in die Welt nach dem Tod und in die
Ewigkeit. Die Welt tickt nicht so. Das kann man theologisch begründen,
das kann man ganz pragmatisch begründen, das kann man historisch
begründen. Es ist einfach so. Man kann dem Unternehmer, der als einziger ethisch handelt, auf die Frage, was er denn macht, wenn alle anderen
unethisch handeln, nur sagen: „Du musst selber wissen, wie lange du dir
noch ins Gesicht schauen kannst und wann du dich selbst nicht mehr ertragen kannst.“
Als die Ethik in wirtschaftlichen Fragen in den 1970er Jahren zur Diskussion gestellt wurde – und ich habe diese Diskussion wirklich von Anfang an mitgemacht -, da konnte man in den Augen der Damen und
Herren Manager immer das begehrliche Glitzern sehen, das sie beim Begriff der Ethik bekamen, weil sie sich Verantwortungsentlastung erhofften. Ich kann Ihnen verraten, dass ich als Unternehmensberater schon
mehr als einmal in die etwas merkwürdige Situation gekommen bin, dass
Unternehmen mir angeboten haben, gutes Geld dafür zu bezahlen – mehr
als wenn ich mit meinen Partnern selbst gearbeitet hätte –, wenn ich nur
die Ergebnisse, die das Unternehmen für notwendig hält, dem Unternehmen verkünde und sie als meine Ergebnisse ausgebe. Verantwortungsentlastung, vollkommen klar!
Ich denke, wir müssen sehen, dass die Frage nach der Ethik letztlich eine
Frage danach ist, wie wir selbst uns entscheiden. Die Freiheit hat eben
auch ihren Preis. Und an dieser Stelle habe ich für Sie keinen weiteren
Trost. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Es heißt ja: „Nicht dadurch ist die Freiheit am meisten bedroht, dass sie
uns genommen werden könnte, sondern dadurch, dass man sie nicht
mehr versteht!“ Vielen Dank, Graf Henckel.
Wir haben es immer so gehalten, dass wir an den Referenten Fragen stellen können. Das will ich natürlich hier auch zum Auftakt unserer heutigen Veranstaltung so tun. Wer macht den Anfang? Alle sind beeindruckt
und denken nach – Herr Kochanski.
Peter Kochanski:
Graf Henckel, ich habe bei Ihren Ausführungen einen Widerspruch zwischen ethischer und ökologischer Geldanlage entdeckt. Habe ich da etwas falsch aufgenommen, oder haben Sie auf diesen Widerspruch, auf
diesen Gegensatz hinspielen wollen?
– 22 –
Augustinus Heinrich Graf Henckel von Donnersmarck:
Ich würde niemals wagen zu sagen, Sie haben etwas falsch verstanden.
Aber ich darf darauf aufmerksam machen: Ich habe nicht eigentlich einen Gegensatz konstruiert, sondern ich habe nur gesagt, dass in der
Wirklichkeit, in der wir leben, viele Leute glauben, der Ethik sei Genüge
getan mit der Ökologie. Ethik ist aber – ich habe das zu zeigen versucht
– sehr viel mehr als Ökologie. Dass Ökologie in aller Regel dazugehört,
ist für mich kein Diskussionsgegenstand.
N.N.:
Graf Henckel von Donnersmarck, Sie haben eben darauf hingewiesen,
dass sich Ethik nicht institutionalisieren lässt. Dem stimme ich vollkommen zu. Nur haben wir natürlich an der Börse ein ganz besonderes Problem, das sich daraus ergibt, dass wir eine Trennung zwischen Eigentum
und Kontrolle haben. Das hat Professor von Rosen auch in seiner Eingangsrede betont. Dann stellt sich natürlich die Frage, ob Leitlinien nicht
doch eine wichtige Rolle spielen können, indem sie nämlich die Manager
von Unternehmen – also diejenigen, die Kontrolle ausüben – dazu bringen, das zu tun, was die Eigentümer wünschen. Ich würde gerne Ihre
Meinung dazu hören, ob Institutionen – zum Beispiel Leitlinien, wie sie
im Bereich Corporate Governance erarbeitet werden – nicht doch eine
wichtige Rolle spielen können.
Augustinus Heinrich Graf Henckel von Donnersmarck
Wenn ich ganz ehrlich antworten soll, muss ich sagen: Ich weiß es nicht.
Es kommt auf den Versuch an. Ich würde aber gerne mit zwei, drei Sätzen begründen, wenn Sie gestatten, weswegen ich es nicht weiß.
Es hat bei dem Versuch, in Deutschland so etwas wie einen CorporateGovernance-Kodex aufzustellen, mehrere Versuche gegeben. An einem
der Versuche habe ich mitgewirkt. Schon bei diesem Versuch, der zunächst eine Privatinitiative war, haben wir – ich sage das bewusst in dieser Form, weil das gar nicht nur ich war – festgestellt, dass es eine Reihe
von Punkten gegeben hat, die nicht konsensfähig waren. Das hatte gar
nichts damit zu tun, dass die einen ethischer und die anderen weniger
ethisch waren. Ich habe erst gestern gehört, dass auch in der vom Bund
eingesetzten Kommission das eine oder andere Thema am Ende des Tages
ausgeklammert wurde, weil es keine Möglichkeit gab, einen Konsens
herzustellen.
Das ist das Vertrackte in einer pluralistischen Gesellschaft: Sie basiert
auf ethischen Systemen, die philosophisch begründet sind – also nicht
autoritätsbegründet, sondern argumentativ zu begründen. Und während
Autorität Gehorsam verlangt – das ist jetzt sehr eng geführt in der Formulierung, aber darauf läuft es de facto hinaus – sind argumentativ begründete sittliche Normen immer der Akzeptanz unterworfen, was etwas
anderes ist und mit der Vorgeschichte des Denkens der handelnden Personen zu tun hat und, und, und. Ob es wirklich gelingen kann, hier so
– 23 –
etwas wie einen öffentlichen Konsens herbeizuführen, daran habe ich
große Zweifel. Denn auf der einen Seite funktioniert ein CorporateGovernance-Kodex nur – und insofern habe ich überhaupt keine Probleme damit, dass diese Kommission letztlich vom Staat mit ins Licht
gehoben wurde – wenn es jemanden gibt, der wirklich dafür einsteht.
Aber vor einer gesetzlichen Regelung gibt es noch viele andere
Möglichkeiten.
Natürlich hat die Börse auch selbst Mechanismen, zum Beispiel: Wer
nicht unterschreibt, fliegt raus – oder verliert zumindest das Vertrauen,
weil er sich fragen lassen muss, warum er nicht unterschrieben hat. Das
sind alles Gegenstände, die an der Börse diskutiert werden. Aber daran,
ob sich im Endeffekt nicht nur die Akzeptanz eines solchen Kodex verändert, sondern auch die Umsetzung Wirklichkeit wird, erlaube ich mir,
vorsichtige Zweifel anzumelden.
Sie bringen mich deswegen in eine gewisse Verlegenheit, weil ich natürlich meinem ganzen Antritt nach – auch der Institution nach, der ich angehöre – davon überzeugt bin, dass das Gute durchsetzbar ist. De facto
zeigt die Geschichte, die ich auch studiert habe, schon bevor ich mich
mit angewandter Sozialforschung befasst habe, dass überall dort, wo es
sittlich einheitlich denkende Gesellschaften gibt und gegeben hat, die
sittliche Einheitlichkeit religiös begründet ist. Und das kriegen Sie in einer modernen, pluralistischen Gesellschaft mit Sicherheit nicht hin. Dass
es eine einheitliche Gesellschaft nicht gibt, ist der Preis, den wir für die
individuelle Freiheit auch in religiösen und ethischen Dingen bezahlen.
Ob es wirklich besser so ist, ist eine Frage der Wertmaßstäbe. Das muss
man, glaube ich, so nüchtern sehen und sagen.
Gestatten Sie mir einen allerletzten Satz. Die Skepsis, die Sie hören, wird
mich nicht dazu bewegen können, aufzuhören, darüber zu reden, dass es
eigentlich sein müsste – mit dem Wissen darum, dass man vielleicht gehört wird, es einem aber auch so ergehen kann wie dem Heiligen Paulus
auf dem Areopag: Dort haben die eleganten, sehr gebildeten Athener gesagt, als er anfing über die Auferstehung von den Toten zu reden: „Darüber wollen wir dich ein anderes Mal hören.“ Und damit war die Diskussion zu Ende.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Also, ich betrachte das als Zusage von Graf Henckel von Donnersmarck,
auch bei einem nächsten Seminar wieder dabei zu sein. Haben wir weitere Fragen?
Augustinus Heinrich Graf Henckel von Donnersmarck
Das sieht Ihnen ähnlich, aber ich sage: Ja.
– 24 –
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Weitere Fragen? Das ist nicht der Fall. Vielen Dank.
Unser nächstes Referat wird gehalten von Silke Stremlau, die kurzfristig
für ihren Kollegen Kirein Franck eingesprungen ist. Sie ist Diplomsozialwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Umweltpolitik, Mediatorin,
Moderatorin und seit zwei Jahren im Bereich Markt- und Unternehmensforschung beim imug Institut in Hannover tätig. Dort arbeitet sie vor allem als Unternehmensanalystin für ethisch-ökologische Geldanlagen. Sie
wird eine quantitative und qualitative Zustandsbeschreibung des noch
sehr jungen Marktes für ethisches Investment in Deutschland vornehmen. Ich freue mich auf Ihren Vortrag.
– 25 –
V.
Ethisches Investment in Deutschland – eine
empirische Marktanalyse
Silke Stremlau, imug investment research
Guten Tag, meine Damen und Herren, vielen Dank für die Einladung.
Mein Vortrag ist etwas anderer Art als der von Graf Henckel. Ich werde
die Metaebene und die sehr philosophisch-religiöse Ebene verlassen und
auf einzelne Zahlen eingehen sowie auf sehr konkrete Marktforschungsergebnisse. Wir haben im Rahmen eines Forschungsprojektes, das vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird,
im vergangenen Jahr Privatanleger befragt, wie sie das Thema Ethisches
Investment beurteilen – einige von Ihnen kennen die Zahlen sicherlich.
Im zweiten Schritt haben wir im zweiten Halbjahr 2001 auch institutionelle Anleger zu ihrer Einschätzung sozial-ökologischer Geldanlagen befragt. Die Ergebnisse für die institutionellen Anleger präsentieren wir
heute erstmals der Öffentlichkeit. Im Moment erstellen wir das ausführliche Arbeitspapier, aber ich kann Ihnen heute schon einige Trends und
Kernaussagen vorstellen.
Vielleicht zu Beginn ein paar kurze Worte dazu, wofür die vier Buchstaben imug stehen und womit wir uns beschäftigen. Danach gehen wir in
den Bereich hinein, wie die Privatanleger das Thema Ethisches Investment sehen. Was erhoffen sie sich davon? Und wie betrachten institutionelle Anleger das Thema?
Imug steht für Institut für Markt – Umwelt – Gesellschaft. Wir sind 1992
als Forschungsinstitut an der Universität Hannover gegründet worden,
und die drei Pfeiler in unserem Namen beschreiben das, womit wir uns
tagtäglich beschäftigen: Wir haben im Grunde immer mit dem Ausgleich
zwischen den drei Dimensionen Markt, Umwelt und Gesellschaft zu tun.
Das fängt mit dem Thema Ethisches Investment an und geht über Nachhaltigkeitsmanagement bis hinein in den Bereich der Beratung von Unternehmen hinsichtlich sozial-ökologischer Innovation. In diesem Jahr
feiern wir unser zehnjähriges Jubiläum. 1995 ist unter dem gleichen Namen eine Beratungsgesellschaft gegründet worden, die sich mit den
Themen Nachhaltigkeitsmanagement, Marketing und Kommunikation
beschäftigt.
Die Grundlage des imug und die Basis, auf die wir in unserer täglichen
Researcharbeit immer wieder zurückgreifen können, ist der Bereich der
Unternehmenstests. Angefangen haben wir mit Unternehmenstests für
Unternehmen aus verschiedenen Branchen der Konsumgüterindustrie wie
der Nahrungsmittelindustrie, Wasch- und Körperpflegeindustrie oder
Joggingschuhindustrie. Wir wissen, dass die Verbraucher Interesse an sozial-ökologischen Informationen über Unternehmen haben. Sie wollen
wissen, wie sich Unternehmen verhalten, und nicht nur etwas über die
Produktqualität, sondern auch über die Unternehmens- und Managementqualität erfahren.
– 26 –
Produktqualität, sondern auch über die Unternehmens- und Managementqualität erfahren.
Dann ist uns klar geworden, dass nicht nur Konsumenten an diesen Informationen interessiert sind, sondern auch Investoren. So ist vor etwa
dreieinhalb Jahren der Bereich des imug investment research entstanden.
Dort ist unsere tägliche Arbeit die klassische Unternehmensanalyse nach
sozial-ökologischen Kriterien. Wir recherchieren die DAX100-Werte, wir
machen das Research für den Naturaktienindex NAI und damit für den
Fonds Green Effects. Außerdem arbeiten wir mit dem Ethical Investment
Research Service EIRIS in London zusammen, einem der ältesten Institute
in Großbritannien in diesem Bereich und einigen von Ihnen sicherlich
ein Begriff. Durch die Partnerschaft mit EIRIS arbeiten wir mit vielen internationalen Investmentpartnern zusammen. In Kooperation mit EIRIS
sind wir alleiniger Vertriebspartner der Datenbank Ethical Portfolio Manager EPM in Deutschland, die über soziale, ökologische und ethische
Daten von mehr als 2.500 internationalen Unternehmen verfügt.
Wir führen aber auch Projekte auf der Basis anderer Kriteriensysteme
durch. Zum Beispiel möchte eine große europäische Konsumentenorganisation einen neuen Fonds auf den Markt bringen, der sich das Thema
Corporate Governance auf die Fahnen geschrieben hat. Im Moment ist
sie dabei, ein Fondsdesign zu entwickeln. Wir beraten sie, machen das
Research, entwickeln aber auch das Fondskonzept mit. In einem anderen
Projekt arbeiten wir für Unternehmen wie die Investmentgesellschaft Lupus alpha, die für einen Kunden beispielsweise ein Portfolio anhand zehn
klassischer Ausschlusskriterien analysieren ließ.
Sie sehen also, dass der Bereich des Investment Research im imug sehr
breit gestreut ist. Wir haben im Gegensatz zu anderen ResearchInstituten keinen Standardkriteriensatz, sondern analysieren verschiedene Portfolios sehr kundenorientiert nach unterschiedlichen Kriteriensystemen.
Im Bereich Market Research kann das imug ebenfalls auf eine lange Tradition zurückblicken. Heute soll es vor allem um das BMBF-Projekt gehen, dessen Ergebnisse ich Ihnen im folgenden vorstellen werde. Im
Rahmen dieses Projekts haben wir, gefördert vom BMBF, institutionelle
und Privatanleger befragt.
Zu Beginn ein erster Überblick über die Volumina ethischer Geldanlagen:
Wie viele ethische Publikumsfonds gibt es in Deutschland? Nach dem
aktuellen Stand – das schwankt immer sehr nach Quelle – waren es Ende
2001 in Deutschland mehr als 50 Fonds ethisch-ökologischer Art. Im Mai
2002 zählte das imug bereits 65 in Deutschland zugelassene Ethik- und
Umweltfonds. Der Marktanteil liegt etwa bei 0,7 Prozent bezogen auf das
gesamte Fondsvolumen. Wenn man sich die Entstehung im Laufe der
Jahre ansieht, ist das eine sehr eindeutige Entwicklung. Die Zahlen sind
von 306 Mio. Euro im Jahr 1988 auf 2,41 Mrd. Euro Ende 2001 sehr
stark angestiegen. Es handelt sich aber immer noch um einen Nischenmarkt. Immer noch ist weniger als ein Prozent des gesamten Fondsvolu-
– 27 –
mens nach ethischen Kriterien angelegt. Die USA zum Beispiel, Professor
von Rosen hat es vorhin schon erwähnt, sind hier deutlich weiter. Jeder
zehnte Dollar wird dort nach ethischen, sozialen oder ökologischen Kriterien angelegt. In Deutschland hinken wir noch hinterher.
Ethische Publikumsfonds in Deutschland
• Anzahl der ethisch-ökologischen Fonds, Ende 2001: > 50
• Marktanteil der ethisch-ökologischen Fonds: 0,7% (bezogen auf
das Fondsvolumen, 2001)
Volumen der ethisch-ökologischen Fonds:
1998:
306 Mio. €
1999:
560 Mio. €
2000:
1,45 Mrd. €
2001:
2,41 Mrd. €
Sources: Franck (1999), Weber (2002)
DAI: „Ethisch orientierte Aktienanlage“ - Nische oder Wachstumsmarkt?
14. März 2002
Seite 4
Ein kurzer Blick ins europäische Ausland zeigt, dass Schweden zum Beispiel im Jahr 2000 einen Marktanteil der SRI Fonds von 1,7 Prozent hatte. In den Niederlanden betragen die Volumina etwa ein bis 1,5 Milliarden Euro. Großbritannien als Vorreiter, von dem auch die Entwicklung
nach Deutschland übergeschwappt ist, besaß im Jahr 2000 bereits 55
ethisch-ökologische Fonds mit einem Volumen von vier Milliarden britischen Pfund. Auch dort hat sich das Fondsvolumen exponentiell entwickelt.
Von Europa nun nach Deutschland: Wie Sie es von einer Sozialwissenschaftlerin erwarten können, werde ich Ihnen viele, viele Zahlen präsentieren. Das eigentliche Forschungsprojekt hat noch eine viel detailliertere
Menge an Zahlen produziert. Was ich an dieser Stelle aber bereits betonen möchte: Wir müssen den Blick hinter die Zahlen richten. Wir müssen, wie es Graf Henckel gerade schon gesagt hat, das betrachten, was an
Aussagen und Botschaften dahinter steht, was wir daraus für die zukünftige Entwicklung ableiten können und wie wir sie beeinflussen können.
Die Zahlen sind Gerüst, sie sind letztendlich auch gute Argumentationsstrategien für Marketing- und Vertriebsleute und beleuchten das Ganze.
Worum es eigentlich geht, ist die Entwicklung des Marktes.
Kommen wir zu den Ergebnissen der Privatanlegerbefragung: Wir haben
im Januar letzten Jahres eine standardisierte Haushaltsbefragung mittels
Telefoninterviews gemacht, nachdem wir die Haushalte vorher angeschrieben hatten. 1.204 Interviews haben wir zusammen mit dem Lehrstuhl für Marketing und Konsum von Frau Prof. Dr. Hansen in Hannover
durchgeführt. In den etwa fünfzehnminütigen Interviews haben wir u.a.
– 28 –
folgende Fragen gestellt: Wie ist der Kenntnisstand in Bezug auf Geldanlagen allgemein und wie sieht es im Besonderen mit sozial-ökologischen
Anlagen aus?
Wir haben diejenigen in den Haushalten befragt, die für die Geldanlage
verantwortlich sind, was ein wichtiger Unterschied zum Haushaltsvorstand ist. Das ist in den meisten Fällen immer noch die Frau, das Geld
verwaltet aber meist der Mann. Auch haben wir versucht, einen
repräsentativen Querschnitt zu bilden. Dies ist ein wichtiger Punkt, um
die Ergebnisse unter Marketingaspekten einordnen zu können.
Einige ausgewählte Fragen habe ich Ihnen mitgebracht, von denen ich
glaube, dass sie für Sie von Interesse sein könnten.
Im ersten Fragenkomplex ging es um die Kenntnis sozial-ökologischer
Geldanlagen. Wir haben die Privatanleger gefragt: „Haben Sie überhaupt
schon mal von Geldanlagen gehört, die solchen Unternehmen oder Projekten zufließen, die besondere ökologische oder soziale Leistungen
erbringen?“ 34 Prozent antworteten: Ja, wir haben schon davon gehört.
66 Prozent kannten diese Anlageform bis dato nicht – also ein Verhältnis von ein Drittel zu zwei Drittel.
Kenntnis sozial-ökologischer Geldanlagen
Haben Sie schon mal von Geldanlagen gehört, die solchen Unternehmen oder Projekten zufließen, die
besondere ökologische oder soziale Leistungen erbringen?
100
80
Pro z en t
66
60
40
34
20
0
Ja
Nein
n=1204
DAI: „Ethisch orientierte Aktienanlage“ - Nische oder Wachstumsmarkt?
14. März 2002
Seite 8
Die nächste Frage thematisierte die Attraktivität sozial-ökologischer
Fonds: „Wie attraktiv schätzen Sie solche sozial-ökologischen Fonds
ein?" Die Antworten waren: 10,7 Prozent finden diese Geldanlagen sehr
attraktiv, 33,9 Prozent attraktiv, 46,3 Prozent weniger attraktiv und 9,1
Prozent nicht attraktiv.
– 29 –
Große Attraktivität sozial-ökologischer Fonds
Wie attraktiv schätzen Sie sozial-ökologische Fonds insgesamt ein?
50
4 6,3
40
Prozent
33,9
30
20
10 ,7
10
9,1
0
n=1204
S o zia l-ök olo gisc he G elda nlag en s eh r a ttrak tiv
S o zia l-ök olo gisc he G elda nlag en e he r a ttrak tiv
S o zia l-ök olo gisc he G elda nlag en w en ig er attra ktiv
S o zia l ök olo gisc he G elda nlag en n ich t a ttrak tiv
DAI: „Ethisch orientierte Aktienanlage“ - Nische oder Wachstumsmarkt?
14. März 2002
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Wenn man die ersten beiden Blöcke zusammen nimmt, zeigt sich ein hoher Attraktivitätsgrad: Etwa 44 Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik bzw. der repräsentativ befragten Privatanleger finden sozialökologische Anlagen attraktiv. In der Gruppe, die diese Anlagen sehr attraktiv finden, lag der Frauenanteil bei 64,6 Prozent, der Männeranteil lediglich bei 35,4 Prozent. Dieses Thema verfügt also bei Frauen über eine
weitaus größere Attraktivität. Gerade, wenn man über eine zielgruppenorientierte Kommunikation der Anleger nachdenkt, kann das ein interessanter Aspekt sein.
Nächster Aspekt: Der Markt für sozial-ökologische Fonds ist bisher klein!
Wir haben danach gefragt, ob den Befragten schon einmal sozial-ökologische Fonds angeboten worden sind, und wenn ja, ob sie schon selbst
einmal investiert haben. 3,1 Prozent der Befragten sind diese Fonds bereits angeboten worden, und 0,68 Prozent haben bisher bereits in solche
Fonds investiert. Wir haben hierbei auch nur wieder die gezählt, die überhaupt von solchen Fonds gehört hatten, es lag also ein Filter vor.
Auch hier zeigt sich wieder die große Diskrepanz, dass Attraktivität sehr
stark vorhanden ist, letztendlich aber sehr wenige investieren.
Die nächste Frage betraf das Thema, warum die Privatanleger bisher kein
Geld in sozial-ökologischen Fonds angelegt haben. Einige Ergebnisse zu
dieser Frage sind sehr interessant. Es sei schwierig für die Privatanleger,
zuverlässige Informationen zu solchen Fonds zu erhalten, sagen 42 Prozent der Befragten. 36 Prozent ist es unbekannt, wo man solche Fonds
überhaupt bekommt. Das Risiko halten noch 23,2 Prozent für zu groß.
Die Verzinsung wird von 17,1 Prozent für zu gering gehalten, 14,5 Prozent zweifeln einen Beitrag zur Verbesserung von Umwelt und Gesellschaft an, und von 7,5 Prozent werden die Fonds als unglaubwürdig eingeschätzt.
– 30 –
Kein Geld in sozial-ökologischen Fonds angelegt, weil ...
Warum haben Sie bisher kein Geld in sozial-ökologischen Fonds angelegt?
weil es schwierig ist, zuverlässige
Informationen zu solchen Fonds
zu erhalten
42
weil mir unbekannt war, wo man
solche Fonds bekommt
58
36,6
weil ich das Risiko solcher Fonds
für zu groß halte
63,4
23,2
weil ich die Verzinsung solcher
Fonds für zu gering halte
weil ich bezweifle, dass ich damit
zur Verbesserung der Umwelt und
der Gesellschaft beitragen kann
weil ich solche Fonds für
unglaubwürdig halte
76,8
17,1
82,9
14,5
85,5
7,5
0
92,5
20
40
ethischen Fonds gehört haben)
60
80
100
Prozent
n=230 (Filter: nur diejenigen, die bereits von
trifft zu
DAI: „Ethisch orientierte Aktienanlage“ - Nische oder Wachstumsmarkt?
trifft nicht zu
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Seite 11
Wir begegnen hier demnach einem großen Informations- und Kommunikationsproblem. Transparenz ist das Stichwort. Die Privatanleger wissen
nicht, wo es Informationen gibt, vor allem zuverlässige. Sie wissen noch
nicht einmal, wo man solche Fonds bekommt. Sie haben vielleicht schon
mal von Einrichtungen wie der Umweltbank, der ehemaligen Ökobank
oder der GLS-Bank gehört, aber die haben nun mal kein dichtes Filialnetz. Von ihrer Sparkasse erwarten sie so etwas nicht. Hier besteht ganz
klar ein Informations- und Kommunikationsdefizit.
Ein anderer beachtenswerter Aspekt: Die Fonds werden gemeinhin nicht
für unglaubwürdig gehalten. In einem Umkehrschluss wird den Fonds
sogar ein hohes Problemlösungspotential zugewiesen: Wenn nämlich nur
14,5 Prozent sagen, dass sie nicht daran glauben, dass mit derartigen
Fonds etwas verbessert werden kann, glauben 85 Prozent, dass ein
Problemlösungs- und Veränderungspotential durch solche Fonds vorhanden ist.
Bei der Frage nach gewünschten Ausschlusskriterien ist Kinderarbeit das
Kriterium schlechthin, das die meisten Anleger bei ihrer Geldanlage ausschließen möchten. Rüstungsunternehmen sollen nach den Wünschen
von 76,8 Prozent der Befragten ausgeschlossen werden. Unternehmen,
die Tierversuche durchführen, wollen nur 51,7 Prozent ächten, Gentechnik nur noch 42,7 Prozent aus ihren Anlagetiteln entfernen.
Es ist allerdings auch die gesellschaftliche Debatte zu diesen Themen zu
berücksichtigen. Ich könnte mir vorstellen, dass der Anteil derjenigen,
die Rüstung ausschließen wollen, wahrscheinlich geringer gewesen wäre,
wenn wir die Befragung im September oder Oktober letzten Jahres
durchgeführt hätten. Mittlerweile höre ich auch von Privatanlegern viele
Stimmen, die sagen, dass wir in Zeiten von Terror und Afghanistankrieg
Rüstungsunternehmen brauchen.
– 31 –
In der Diskussion um Gentechnik ist es so, dass sie in der Medizin häufig
als positiv angesehen wird, grüne Gentechnik hingegen als negativ. Dieser Unterschied spiegelt sich auch in unseren Zahlen wieder, denn die
Anleger sind sich uneins. Die einen wollen ganz klar keine Unternehmen
unterstützen, die Gentechnik betreiben. Andere wiederum sagen: Im medizinischen Bereich kann ich das vertreten und möchte solche Unternehmen nicht per se ausschließen. Und so kommen wir genau zu dem
Punkt, den Sie vorhin ansprachen: Ethik ist kein Allgemeinkonzept. Wir
haben nicht alle den gleichen Ethikanspruch, sondern von Person zu Person sehr individuelle und unterschiedliche Vorstellungen darüber, was
ein ethisches oder nachhaltiges Unternehmen ist.
Auf die Frage nach den Positivkriterien stehen an oberster Stelle besondere Leistungen im Umweltschutz. 87 Prozent halten unternehmerisches
Engagement im Umweltbereich für sehr wichtig und 7,3 Prozent für eher
wichtig. Das ist ein ganz hoher Zustimmungswert. Soziale Leistungen für
Mitarbeiter stehen mit 59 Prozent an zweiter Stelle, vor umfangreicher
Informationspolitik mit 59,6 Prozent, Rechten von Minderheiten mit 54,8
Prozent und dem Einsatz von Verbraucherinteressen mit 55,1 Prozent.
Fraueninteressen werden von 45,8 Prozent als sehr wichtig angesehen,
weitere 33,6 Prozent finden sie eher wichtig.
Die Positivkriterien
Wie wichtig finden sie es, dass ein sozial-ökologischer Fonds Anteile von Unternehmen enthält, die
folgende Kriterien erfüllen?
Besondere Leistungen
im Umweltschutz
87
Soziale Leistungen für
Mitarbeiter
Umfangreiche
Informationspolitik
Rechte von
Minderheiten
Einsatz für
Verbraucherinteressen
(Unterschiede wegen
Antwortmöglichkeit: k.A.)
59
33,3
59,6
31,1
54,8
35,2
55,1
33,9
45,8
Frauenförderung
n=883-887
7,3
0
20
33,6
40
60
80
100
Prozent
sehr wichtig
DAI: „Ethisch orientierte Aktienanlage“ - Nische oder Wachstumsmarkt?
eher wichtig
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Auch hier bildet sich wieder der gesellschaftliche Diskurs ab. Im Umweltbereich haben wir sehr klare Kriterien, was wir bei Unternehmen
messen können. Da das Umweltbewusstsein in Deutschland sehr stark
verankert ist, erwartet die Bevölkerung das auch von den Unternehmen.
Bei sozialen Leistungen für Mitarbeiter, Informationspolitik und bei
Rechten von Minderheiten wird es schon schwieriger. Wie kann man das
operationalisieren und messen?
Weil wir im imug aus dem Marketing kommen und uns mit Lebensstilkonzepten auseinandersetzen, haben wir uns auch gefragt, welche Nut-
– 32 –
zensegmente wir ableiten können und welche Typen von Anlegergruppen es gibt. Diejenigen Befragten, die sich in den nächsten fünf Jahren
vorstellen können, in Fonds zu investieren, haben wir mit einer Conjoint-Analyse noch einmal genauer unter die Lupe genommen.
Dabei haben wir folgende Typen bzw. Segmente zunächst größenordnungsmäßig separiert: Der mit 36 Prozent größte Bereich ist das Segment
1 der Renditefokussierten. Für die Renditefokussierten ist die Rendite der
wichtigste Faktor. Zweitwichtigster Faktor ist das Risiko, und erst an
dritter Stelle steht das sozial-ökologische Engagement, das vielleicht
auch ganz unwichtig ist. Die Renditefokussierten sind die klassischen
Anleger, wie wir sie auch bisher in der konventionellen Finanzbranche
kennen gelernt haben.
Nutzensegmente für sozial-ökologische Fonds
Segment 1
Die Renditefokussierten
n=150
36%
9%
Segment 5
Die Idealisten
n=73
Segment 2
Die Ertragsinteressierten
mit ethischer
Orientierung
n=36
18%
27%
10%
Segment 3
Die Risikoscheuen
n=110
Segment 4
Die Verantwortungsbewussten
mit Gewinnerwartung
n=41
n=410 (Filter: Investment in Wertpapierfonds in den nächsten 5 Jahren vorstellbar)
DAI: „Ethisch orientierte Aktienanlage“ - Nische oder Wachstumsmarkt?
14. März 2002
Seite 14
Mit neun Prozent folgt Segment 2, das wir die Ertragsorientierten mit ethischer Orientierung genannt haben. Das sind diejenigen, die sagen,
dass Rendite für sie zwar an wichtigster Stelle steht, gleich dahinter aber
– noch vor dem Risiko – das sozial-ökologische Engagement. Sie wollen
eine gute Rendite haben, aber auch ihre ethischen Kriterien in der Geldanlage wiederfinden. Beide Faktoren sind für sie sehr wichtig.
27 Prozent der Befragten rechnen wir dem Segment der Risikoscheuen
zu. Das sind diejenigen, für die Risikominimierung an erster Stelle steht,
dann kommt die Rendite und danach erst das sozial-ökologische Engagement. Auch dies ist eine große Gruppe von Anlegern, die letztendlich
vielleicht nicht einmal in Fonds investieren wird.
Segment 4 sind die Verantwortungsbewussten mit Gewinnerwartung. Sie
setzen sozial-ökologisches Engagement an erste Stelle, während Rendite
als zweitwichtigster und Risiko als drittwichtigster Faktor fungiert – sozusagen die Umkehrung von Segment 2.
– 33 –
Ein mit 18 Prozent für uns überraschend großes Segment sind die Idealisten – die Ökos und Fundis, bei denen sozial-ökologisches Engagement
absolute Priorität hat. Danach kommt das Risiko, während die Rendite
eher unwichtig ist. Die Idealisten oder Altruisten wollen durch ihre Geldanlage in erster Linie etwas Gutes bewirken.
Im darauffolgenden Schritt haben wir die einzelnen Segmente mit Hilfe
des Lebensstilkonzepts noch weiter analysiert. Ich denke jedoch, dass
hier nicht der richtige Ort ist, um weiter in die Tiefe zu gehen. Wer das
weiterführende Arbeitspapier haben möchte, kann es gerne bei uns
bestellen. 1
Kommen wir nun dazu, wie die institutionellen Akteure den Markt für
ethisch-ökologische Geldanlagen einschätzen. Ich beschränke mich heute
bewusst auf erste Ergebnisse und Kernaussagen unserer sehr umfangreichen, auf Experteninterviews basierenden Untersuchung. Das komplette
Arbeitspapier mit allen Aussagen wird Ende Mai vorliegen.
Wir haben Vertreter institutioneller Akteure am Markt für ethisches Investment interviewt und danach gefragt, wie sie die Marktentwicklung
beurteilen und welche Einschätzung sie bezüglich der zu erwartenden
Performance vornehmen. Wie beurteilen die institutionellen Anleger einerseits ihr eigenes Anlegerverhalten, aber auch das der Privatanleger?
Wie beurteilen Sie die Rentenreform, und was erhoffen sie sich oder was
erwarten sie für Auswirkungen? Was sehen sie für Hemmnisse bei der
Marktentwicklung und welche Förderungsmöglichkeiten sehen sie?
Die Erhebung wurde mit Hilfe von qualitativen Interviews durchgeführt
– die meisten persönlich, einige telefonisch. Insgesamt haben wir im
zweiten Halbjahr 2001 über vierzig Experteninterviews durchgeführt.
Interviewt wurden Finanzintermediäre wie Banken, Versicherungen,
Fondsgesellschaften und andere Finanzdienstleister. Auch Unternehmen
haben wir befragt, sowohl nach ihrer eigenen Geldanlage als auch im
Hinblick darauf, dass sie viele Fragebögen von Research-Organisationen
beantworten müssen, also eine Zwischenfunktion haben. Als eine weitere
Gruppe haben wir Anleger befragt, die schon in diesem Bereich aktiv
sind – Gewerkschaften, Stiftungen und Kirchen oder sonstige Akteure
wie Medienvertreter, Wissenschaftler, Verbraucherzentralen und Unternehmensberatungsgesellschaften.
Welche Trends und Kernaussagen treffen die Finanzintermediäre? Ein Zitat aus einem Interview mit einem Bankenvertreter lautet: „Ein anderer
Punkt ist sicherlich die Neutralität und eine unpolitische Haltung, die
von Banken erwartet wird. Es wäre sehr schwer für uns, eine öffentliche
Positionierung zu wagen, zum Beispiel indem wir vom Kauf eines be-
1
Imug e.V.: Der Markt für sozial-ökologische Geldanlagen in Deutschland, Ergebnisse
einer repräsentativen Privatanlegerbefragung, Hannover 2001
– 34 –
stimmten Unternehmens aus ethischen Gründen abraten. Eine derartige
Politik ist strengstens zu vermeiden.“
Insgesamt war die Tendenz, dass sich das Spezialfondsgeschäft stärker
entwickeln wird als der Publikumsfondsbereich. Wir können heute schon
sehen, dass es die institutionellen Akteure sind, die den Markt pushen.
Sie können es sich leisten, einen bestimmten Anteil ihres Anlagevolumens nach ethischen Kriterien zu investieren. Man kann im institutionellen Bereich auch weitaus intensiver beraten. Institutionelle Anleger sind
besser informiert und haben mehr Hintergrundinformationen. In zehn
Jahren könnte der Marktanteil hier bei fünf Prozent liegen. Langfristig
werden überdurchschnittliche Performancewerte erwartet. Aber die
Transparenz für den Anleger ist nicht gegeben. Es gibt keine einheitlichen Standards oder Labels, und Kundenberater und Makler wollen und
können über die Produkte noch nicht informieren. Dies ist ein ganz großes Manko.
Der Privatanlegerbereich ist zu beratungsintensiv, man hat durchschnittlich 30 Minuten für ein Gespräch und muss die Produkte an den Mann
oder an die Frau bringen. Standardprodukte sind einfacher zu vertreiben.
Es ist schwierig, das Projekt Sustainability oder Nachhaltigkeit überhaupt
zu erklären. Auch gibt es oftmals keine speziellen Schulungen für Vertriebsleute, und Privatkunden fragen ethisch-ökologische Produkte zur
Zeit kaum aktiv nach. Es war aber eine ganz eindeutige Aussage, dass
der Trend unumkehrbar ist und die Produkte fester Bestandteil im Angebotskanon sein werden.
Wie sehen es die Unternehmen? Eine Kernaussage war, dass das Risiko
von SRI-Produkten langfristig geringer werden wird, da die dahinter stehenden Unternehmen soziale und ökologische Geschäftsrisiken frühzeitig
erkennen und adäquat darauf reagieren können. Die Unternehmensvertreter gehen also davon aus, dass das Risiko sinken wird, weil gerade die
Unternehmen, die in den Nachhaltigkeits- und Ethikindizes gelistet sind,
sich zukunftsfähig ausrichten. Sie antizipieren das, was an Risiken auf
sie zukommt, und gehen frühzeitig damit um. Bei den eigenen Geldanlagen der Unternehmen spielen sozial-ökologische Kriterien aber bisher
keine Rolle. Auch bei den Pensionskassen wird hier sehr kontrovers diskutiert. Wir haben auch einige Unternehmen gehört, die sagten: „Bei uns
spielt das keine Rolle, wir haben das abgegeben an eine Versicherung.
Uns sind die Hände gebunden, wir können da nicht viel machen“. Das
Risiko wird nicht systematisch anders eingeschätzt als bei konventionellen Geldanlagen, also eher als gleichbleibendes Risiko. Natürlich gibt es
ein zunehmendes Interesse von Nicht-Regierungsorganisationen, politischen Vertretern, Fondsgesellschaften und Research-Instituten. Die Unternehmen sehen sich daher oft einer Flut von Fragebögen und Befragungen ausgesetzt.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass Kunden aus dem öffentlichen
Bereich immer häufiger bei der Auftragserteilung Kriterien sozialökologischer Art abfragen. Auch Lieferanten großer Unternehmen müssen mittlerweile im Umweltbereich ISO-14001 oder EMAS-Zertifizierun-
– 35 –
gen haben, um überhaupt Aufträge von Bayer, BMW oder Daimler zu
bekommen. Und auch hier gilt wieder: Es fehlt ein Gütesiegel. Es gibt zu
viele unterschiedliche Rating-Ansätze. Die Unternehmen können oft
nicht erkennen, welches Research-Institut welche Güte hat: „Müssen wir
uns den Aufwand machen, das zu beantworten oder landet das in einer
Schublade? Was hängt von uns als Unternehmen da überhaupt ab? Wo
gibt es lukrative Angebote?“ So oder ähnlich lauten die Fragen.
Nun kommen wir zu den institutionellen Anlegern. Zunächst einmal die
Aussage eines Kirchenvertreters: „Unser Anspruch beim ethischen Engagement war von Anfang an, dass diese Fonds nicht besser performen
müssen als die Benchmark, sondern gleich gut, und das tun sie zur Zeit.
Im Sinne der Nachhaltigkeit sollten diese Fonds nämlich erst im Laufe
von zwanzig oder mehr Jahren besser performen, nicht aber im kurzfristigen Vergleich.“ Dazu kann ich nur sagen: Die Kirchen haben das Konzept Sustainability verstanden. Es geht nicht um kurzfristige Gewinnerwartungen, sondern um langfristige Planung. Ein anderes Fazit aus dem
Kirchenbereich, dass ich sehr oft bei meinen Interviews gehört habe, war:
„Wir unterhalten zu mehreren Banken Geschäftsbeziehungen und alle
hatten noch nie etwas von Nachhaltigkeit gehört, reagierten sehr zögerlich, bisweilen sehr abratend.“ Das heißt, dass die Initiative eindeutig
von den Kirchenvertretern kommt. Sie diskutieren das Thema intern,
wollen etwas machen, gehen zu ihren Hausbanken und fragen: „Könnt
ihr uns ein Produkt anbieten?“ Dann heißt es: „Nein, davon haben wir
noch nie etwas gehört, wir raten euch eher ab, lasst da die Finger davon,
ist zu gefährlich. Nehmt unser Standardprodukt.“ Das produziert natürlich Frustration, aber birgt, so denke ich, auch ein großes
Entwicklungspotential.
Ein Stiftungsvertreter, der das Ganze noch mal etwas anders bewertet,
sagte: „Alle wissen zwar um die Existenz der Möglichkeit, aber es
herrscht eine große Wissenslücke im Hinblick auf konkrete Angebote,
auf Informationskanäle, konkrete Umsetzungsmöglichkeiten und neutrale
Information.“ Hier ist also ein sehr ähnlicher Tenor wie bei den
Privatanlegern zu hören.
Ein Zitat eines Gewerkschaftsvertreter bringt wieder einen anderen Aspekt hinein, zu dem uns Herr Döring bestimmt gleich noch mehr sagen
wird: „Aktien werden nicht berücksichtigt, da sich der Shareholder Ansatz nicht mit den politischen Zielen der Gewerkschaften vereinbaren
lässt. Es ist aber denkbar, dass im Rahmen der Diskussion um die betriebliche Altersvorsorge die starren Strukturen aufgebrochen werden
können. Eine Beimischung von Aktien könnte in Zukunft möglich werden.“ Hier herrscht noch der alte Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit
oder zwischen Shareholder- und Stakeholder-Value. Anders als die Kirchen befinden sich die Gewerkschaften noch in der Policy-Debatte, sie
wissen noch nicht, ob sie sich an der Börse beteiligen „dürfen“ und
möchten. Langsam brechen die Strukturen aber auch dort auf: Es gibt
einzelne Gewerkschaften, die internationale Sozialstandards diskutieren.
Auch das IG-Metall-Versorgungswerk geht andere Wege, aber insgesamt
ist es im Gewerkschaftsbereich noch sehr verhalten. Die interviewten
– 36 –
Gewerkschaftsvertreter gehen aber davon aus, dass Potential bei ähnlicher Performance vorhanden ist.
Trends und Kernaussagen sonstiger Akteure:
„Nuretwa
etwa2%
2%der
derKunden
Kundenfragen
fragenvon
vonsich
sichaus
ausnach
nachProdukten
Produktenaus
ausdem
dem
„Nur
ethischenBereich.
Bereich.Werden
Werdenihnen
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Produkteaus
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diesemSegment
Segment
ethischen
angeboten,sind
sindetwa
etwa50%
50%der
derAnleger
Anlegerbereit,
bereit,zumindest
zumindestTeilbeträge
Teilbeträgenach
nach
angeboten,
sozialenoder
oderökologischen
ökologischenKriterien
Kriterienanzulegen.“
anzulegen.“
sozialen
unabhängigerBerater
Berater
unabhängiger
Spezialfondsbereich wird deutlich stärker wachsen als der Publikumsbereich
Kirchen und Non-Profit-Organisationen wären grundsätzlich zur Anlage
bereit Mangel an geeigneten Produkten
für die meisten Kunden reichen wenige Kriterien aus, die gezielt und
individuell gewählt werden könnten (Produktvielfalt)
Qualitätssiegel nötig, das Vertrauen schaffen könnte
DAI: „Ethisch orientierte Aktienanlage“ - Nische oder Wachstumsmarkt?
14. März 2002
Seite 23
Ein wichtiger Punkt ist, dass die Anlageentscheidung häufig von einzelnen Personen abhängt. Wenn Einzelne in den Stiftungen oder vor allem
im Kirchenbereich dieses Thema verstanden haben, Leidenschaft dafür
entdeckt haben und daran arbeiten wollen, können sie die Hemmnisse
überwinden und auch meistens die für sie geeigneten Produkte finden.
Die Anlageentscheidung im kirchlichen Bereich wird oft von zwei, drei
Menschen pro Ordensgemeinschaft entschieden, nicht von einer breiten
Masse.
Wie beurteilen die sonstigen Akteure die Marktentwicklung? Ein unabhängiger Berater zum Beispiel machte eine sehr interessante Aussage:
„Nur etwa zwei Prozent der Kunden fragen von sich aus nach Produkten
aus dem ethischen Bereich. Werden ihnen aber Produkte aus diesem
Segment angeboten, sind etwa 50 Prozent der Anleger bereit, zumindest
Teilbeträge nach sozial-ökologischen Kriterien anzulegen.“
Diese Aussage deckt sich mit dem, was wir bei den Privatanlegern herausgefunden haben. Als Fazit war auch an dieser Stelle ganz eindeutig,
dass der Spezialfondsbereich das Druckmittel ist. Von hier aus wird die
Entwicklung gepusht, nicht aus dem Publikumsbereich heraus. Kirchen
und Non-Profit-Organisationen sind grundsätzlich zu einer Anlage bereit. Es mangelt nur an geeigneten Produkten, die die individuellen ethischen Vorstellungen der verschiedenen Kunden aufgreifen. Hierbei geht
es um sehr individuelles Fondsdesign und Anlageprodukte. Für die meisten Kunden reichen nach Meinung der unabhängigen, sonstigen Akteure
wenige Kriterien aus, die gezielt und individuell gewählt werden können.
Was notwendig ist, ist also eine Produktvielfalt. Hier hinken wir Deutschen mit unseren ideologischen Vorstellungen davon, welche Kriterien
– 37 –
erfüllt sein müssen, damit es ein wirklich grüner Fonds ist, weit hinterher. Gerade weil wir uns am Beginn der Marktentwicklung befinden,
würde ich mir oft mehr Flexibilität wünschen. Vielleicht sollten wir uns
mehr an den USA orientieren, bei denen eine viel größere Breite an Produkten vorhanden ist. Dort gibt es auch Fonds, die nur auf Tabakunternehmen oder nur auf Rüstungsunternehmen verzichten. Um mit Herrn
Professor Schäfer zu sprechen: „Hellgrün und dunkelgrün, dazwischen
sollte es sich bewegen“. Die Bandbreite macht es aus.
Damit komme ich zu den Schlussfolgerungen und den Entwicklungsmöglichkeiten. Ein Fazit, das wir aus den Untersuchungen gezogen haben, lautet, dass Banken und Versicherungen zunehmend ethische und
nachhaltige Kapitalanlagen entdecken. Es gibt mittlerweile viele Arbeitsgruppen auch in Großbanken, die anfangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Es pulsiert an den verschiedensten Stellen.
Auch Stakeholderorganisationen sind verstärkt an der Entwicklung neuer
Produkte beteiligt. Ich habe vorhin das Beispiel erwähnt, dass eine Konsumentenorganisation einen Fonds mit dem aktuellen Thema der Corporate Governance entwirft. Der World Wildlife Fund WWF ist im Moment
ebenfalls sehr stark engagiert, neue Produkte zu entwickeln und auf den
Markt zu bringen. Anhand solcher Beispiele lässt sich ein neuer Austausch ablesen. Es entstehen neue Arten der Produktentwicklung. Gewerkschaften sind mit ihren ethischen Vorstellungen von guten Unternehmen an solchen Anlageprodukten beteiligt. Es entstehen neue Kooperationen und Netzwerke.
Fest steht: Der Markt wird wachsen. Es wird sowohl im Retail- als auch
im institutionellen Bereich verschiedene nachhaltige Kapitalanlageprodukte mit sehr unterschiedliche Konzeptionen geben, die sich beispielsweise nach Regionen oder nach Branchenzugehörigkeit unterscheiden.
Im regionalen Bereich gibt es sehr spannende Ansätze. Ich weiß nicht, ob
einige von Ihnen die Volksbank Eisenberg verfolgen, über die gerade in
der letzten Zeit in der überregionalen Presse viel zu lesen war. Es gibt
verschiedene kleine Ansätze, die sehr interessant sind und insgesamt ein
großes Wachstum beinhalten.
Das eigentliche Fazit aus den Befragungen lautet für uns: Distribution
und Kommunikation sind die Schlüsselfaktoren für die weitere Marktentwicklung. Was wir brauchen, ist eine Produktvielfalt, nicht eine Produktbegrenzung. Es gilt, verschiedene Ansätze auszuprobieren und Erfahrungen damit zu machen. Wir müssen die Hürden für die breite Masse
sehr gering halten, damit der normale Privatanleger versteht, was er dort
kauft und sich in den Produkten wiederfindet. Diese müssen wir möglichst einfach kommunizieren. Und wir brauchen ein wirkliches Marketing, eine Imagekampagne. Dies war der Tenor von vielen Bankenvertretern, die gesagt haben: „Wir sind sicher, wenn man das Thema richtig
bewerben würde, könnte man es gut verkaufen und hohe Absatzzahlen
erwarten.“
– 38 –
Und so glaube ich, dass sich der Markt für ethisch-ökologische Geldanlagen positiv entwickeln wird, wenn wir diese Punkte nicht nur beachten, sondern auch aktiv umsetzen. Ich freue mich, diese Punkte mit Ihnen
in einer spannenden Diskussion näher zu erörtern. Vielen Dank.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Vielen Dank, Frau Stremlau. Wir sind froh, dass wir bei der Premiere der
Vorstellung dieser Daten anwesend waren. Das ist für das Deutsche Aktieninstitut und eine solche Veranstaltung natürlich sehr interessant. Herzlichen Dank, ich fand Ihren Vortrag sehr spannend.
Auch diesmal möchte ich das Angebot machen, noch eine möglichst
knappe Frage zu stellen.
N.N.:
Wie erklären Sie sich, dass ethisches Investment einerseits ein in den
Medien sehr breit gestreutes Thema ist – es gibt keine große Zeitung,
kein Fernsehmagazin, das nicht über den Markt für ethisch-ökologische
Kapitalanlagen berichtet – und gleichzeitig auch eine Bereitschaft bei
Verbraucherinnen und Verbrauchern oder bei Kapitalanlegerinnen oder
Kapitalanlegern besteht, sich zu engagieren, aber dennoch in der Mitte,
wo man diese Anlagen erhält, die Schnittstelle fehlt?
Silke Stremlau:
Ich glaube, dass es noch nicht viele Privatanleger gibt, die dieses Thema
wirklich verstanden haben und wissen, worum es geht – auch wenn die
Fachzeitschriften, da muss ich Ihnen Recht geben, wirklich in Breite darüber diskutieren. Das Problem liegt meiner Ansicht nach darin, dass die
Banken und Sparkassen, die vor Ort sitzen und den direkten Draht zum
Privatanleger haben, das Thema noch gar nicht auf der Tagesordnung
haben. Sie haben vielleicht irgendwo im Dunkeln einen Fonds zum Thema, aber die Berater wissen nicht einmal selbst darüber Bescheid und
haben keinen Zugang zum Thema. Daher werden sie solche Produkte
auch nicht vertreiben und nicht aktiv beraten, weil sie andere Produkte
besser loswerden. Ich glaube deshalb, dass im Privatanlegerbereich ein
sehr großes Manko darin besteht, dass die normalen Banken, die Hausbanken, dieses Thema einfach noch nicht aufgegriffen haben.
Im institutionellen Bereich sieht es wieder anders aus. Auch dort besteht
sicherlich ein Kommunikationsproblem sowie ein Problem bei Produktvielfalt und Flexibilität. Bei vielen Banken und Fondsgesellschaften fehlt
in den Köpfen einfach noch die Bereitschaft, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
– 39 –
N.N.:
Zum Stichwort Qualitätssiegel. Haben Sie schon Ideen entwickelt, wie
das implementiert werden und wer dafür verantwortlich sein soll?
Silke Stremlau:
Wir haben das Thema bei uns im Haus andiskutiert und stehen ihm teils
positiv, teils kritisch gegenüber. Mein Kollege, Herr Franck, arbeitet im
Moment in einer Gruppe der EU-Kommission in Brüssel mit, die ein unabhängiges Label für Research-Organisationen erarbeiten soll, um Rating-Standards zu sichern und zu gewährleisten. Die Entwicklung sieht
im Moment so aus, dass wir uns als Research-Organisationen selbst verpflichten und sagen, „Wir gehen nach diesen und jenen Standards vor,
kontaktieren Unternehmen in dieser und jener Art, wir veröffentlichen
unsere Informationen, jeder kann in unsere Bücher gucken“ und so weiter. Für diese Selbstverpflichtung der Research-Institute wird es ein Label
geben. Was die Labels für Fonds angeht, bin ich persönlich zweigeteilt:
Wenn ich eine Produktvielfalt haben will – und ich bin ganz eindeutig
dafür –, dann kann ich kein Label favorisieren. Ein Label wird entweder
den Maßstab so niedrig setzen, dass es keinen Zweck mehr erfüllt, oder
es wird ihn so hoch setzen, dass vielleicht nur zehn Fonds das Label bekommen und somit keine Transparenz und wirkliche Orientierung für
den einzelnen Anleger entsteht. Wir müssen aber eine klare Informationspolitik der Fondsanbieter haben. Es muss klar sein: Auf welche Kriterien bezieht sich der Fonds? Wie deckt er das Research ab? Hat er einen
Beirat? Wie oft erfolgt ein Update? Welche Unternehmen sind in dem
Fonds enthalten? Damit kann ich Kunden überzeugen. Aber ein Label,
glaube ich, ist in diesem Finanzbereich sehr, sehr schwierig umzusetzen.
Prof. Dr. Henry Schäfer:
Ich darf mich kurz vorstellen: Professor Schäfer, Universität Stuttgart.
Wir arbeiten seit etwa dreieinhalb bis vier Jahren ebenfalls am Thema
Kapitalanlage mit Nachhaltigkeitskriterien und haben in zwei Studien zu
institutionellen Investoren die Non-Profit-Organisationen und Stiftungen
untersucht. Insbesondere für die Non-Profit-Organisationen möchte ich
aussagen, dass es momentan nicht nur noch sehr stark an Produkten im
Bereich Fonds mangelt, sondern eine Anlage sehr häufig auch im Außerfondsbereich gewünscht wird. Nach unseren Erkenntnissen mangelt es
auch hier an Geldanlagen, die auf die individuellen Finanzbedürfnisse
von Kunden Rücksicht nehmen, welche sich zum Beispiel durch sehr hohe Liquiditätsorientierung auszeichnen und teilweise auch gar nicht direkt in Kapitalmarktprodukte gehen wollen. Dies vielleicht einfach mal
zum Nachdenken. Wir sind zwar hier unter dem Dach des Deutschen Aktieninstituts, aber ich muss kritisch anmerken – und das gilt zum Teil
auch für Stiftungen, wie wir momentan schon erkennen können –, dass
das Thema Aktienanlage gar nicht so eine herausragende Bedeutung hat,
wie es teilweise hier suggeriert wird.
– 40 –
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen
Vielen Dank, Herr Schäfer. Vielen herzlichen Dank an die beiden Referenten und auch für die Bereitschaft, hier mitzudiskutieren.
Herr Prof. Dr. Diether Döring von der Akademie der Arbeit an unserer
heimischen Alma Mater wird den nächsten Vortrag übernehmen. Wie Sie
gesehen haben, lautet sein Thema „Sozialpolitische Optionen für die Gestaltung betrieblicher Pensionsfonds“. Dieses ist nun nicht mit größter
Priorität ökologisch oder ethisch, hat aber natürlich viel mit dem gesamten Umfeld zu tun, in dem wir uns bewegen und in dem sich Herr Döring
als einer der entscheidenden Experten der Sozialpolitik sehr gut auskennt
und mit dem er sich intensiv befasst. Herr Döring ist, wenn ich das sagen
darf, Freund des Hauses. Wir haben schon einige Veranstaltungen zusammen gemacht, und Ihrem Vortrag vorgreifend sage ich einfach: Wir
werden das auch in Zukunft tun. Ich freue mich auf Ihren Vortrag, Professor Döring.
– 41 –
VI.
Sozialpolitische Optionen für die Gestaltung
betrieblicher Pensionsfonds
Prof. Dr. Diether Döring, Akademie der Arbeit in der
Universität Frankfurt am Main
Herr von Rosen, herzlichen Dank für die Einladung. Ich werde Ihnen demonstrieren, dass die eigentliche quantitative Dynamik im Vermögensaufbau und damit auch für das Thema ethische Vermögensanlage von
der zum Jahresbeginn in Kraft getretenen Rentenreform und vom Verhalten der betrieblichen, insbesondere der tarifpolitischen Akteure in der
Republik ausgehen wird.
Ich will die folgenden Schritte mit Ihnen unternehmen: Erstens will ich,
da wir heute ansonsten nicht über die Alterssicherung im engeren Sinne
sprechen, kurz einige Tatsachen ansprechen, die sich auf die heutige Situation und die Perspektiven der ersten Säule beziehen. Als Rahmen für
das Thema Pensionsfonds ist dies ausgesprochen wichtig. Im zweiten
Schritt will ich auf sozialpolitische Optionen in der Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung eingehen und in einem dritten Schritt darauf zurückkommen, welche Ratschläge wir Tarifpartnern und betrieblichen Akteuren für das Thema ethische Vermögensanlage geben wollen.
Nun zum ersten Schritt. Zunächst müssen wir uns fragen: Warum wird
das Thema ethisch orientierter Anlagen eine völlig andere quantitative
Bedeutung bekommen, als wir das zuvor in den von Frau Stremlau präsentierten Ziffern gesehen haben? Warum hatte dieses Thema bisher einen solch geringen Stellenwert bei uns? Warum waren die Tarifpartner –
das muss man kritisch an alle Seiten gerichtet sagen – in der Vergangenheit bei diesem Thema relativ vorsichtig? Es gab zwar in den großen
Industrieunternehmen traditionsreiche Betriebsrentensysteme. Dennoch
hatten sie im Gesamtbild der Volkswirtschaft einen eher geringen Stellenwert, weil das Staatssystem relativ stark war. Dieses musste in den
1950er und 1960er Jahren schon deshalb kräftig ausgebaut werden, weil
verschiedene Elemente der betrieblichen Vorsorge wie auch der Eigenvorsorge nach zwei Weltkriegen, Vertreibung, Inflation und Währungsreformen in einer katastrophalen Verfassung waren. Allerdings darf man
diese Erfahrungen nicht einfach auf die Zukunft übertragen. Wir haben
heute eine dezidiert andere Ausgangslage.
Tabelle 1 demonstriert die Bruttorentenniveaus für Durchschnittsverdiener in fünf europäischen Ländern. Sie zeigt, dass das deutsche wie auch
das französische System auf der Bruttoebene immer noch zu den
leistungsstärkeren in Europa gehören, während die Nachbarländer
Schweiz, Niederlande oder gar Großbritannien deutlich niedrigere
Niveaus der ersten Säule haben. Hierin sehen Sie den maßgeblichen
Grund dafür, weshalb kapitalgedeckte Systeme der zweiten und der
dritten Säule in diesen Ländern und auch entsprechende
Gestaltungsüberlegungen bereits früher eine stärkere Rolle gespielt
haben.
– 42 –
Tabelle 1:
Land
Modellberechnungen des Bruttorentenniveaus für fünf
europäische Kernsysteme auf Basis des landestypischen
Durchschnittslohns∗
Erwerbsjahre
20
40
50
D
23 %
45 %
54 %
GB
9%
18 %
19 %
F
16 %
47 %
47 %
NL
33 %
33 %
33 %
CH
25 %
33 %
34 %
Quelle: D. Döring, Zukunft der Alterssicherung. Europäische Strategien und der
deutsche Weg, Frankfurt am Main 2002, S. 49.
Die Riester-Reform 2001 wird nach meinen Berechnungen dazu führen,
dass die erste Säule in Deutschland bis 2030 auf etwa 41 Prozent Bruttorentenniveau auf Basis von 40 Erwerbsjahren zurückgehen wird. Das ist
die Perspektive der heute Jüngeren. Ich habe für die Modellberechnungen bewusst die Bruttoniveaus als eigentliche Systemleistung genommen, weil die kürzliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erneut deutlich gemacht hat, dass die Nettoebene weiteren, heute jedoch
nicht präzise absehbaren Veränderungen unterliegen wird.
Das Staatssystem in Deutschland ist also immer noch relativ stark. Unterstellt, dass die 2001 beschlossene Reform vierzig, fünfzig Jahre ohne
Korrekturen bleiben wird – was ganz unwahrscheinlich ist – wird es
auch künftig noch relativ stark sein. Aber es wird nicht mehr das leistungsstärkste System in Europa sein. Es wird – grob gesagt – irgendwo
in der Mitte zwischen der französischen und der schweizerischen Lösung
liegen. Das bisher Gesagte zeigt, dass kapitalgedeckte Systeme zwangsläufig einen höheren Stellenwert bekommen werden.
Ich will mit Ihnen jetzt drei Schritte zur Zusatzvorsorge unternehmen.
Der erste Blick gilt der Frage, die für das Anlagevolumen eine große Rolle spielt, nämlich wie wir sehr vielen Personen oder gar allen Beschäftigten betriebliche Zusatzansprüche garantieren. Ich bleibe auch hier dabei,
die Dinge durch die „europäische Brille“ zu betrachten. Wie viele Menschen in den fünf Ländern, die ich ausgewählt habe, erreichen eigentlich
Ansprüche auf Betriebsrenten? Tabelle 2 zeigt die Differenzen. In
Deutschland erwerben allenfalls ein Viertel aller beschäftigten Männer
und Frauen Ansprüche auf Betriebsrenten. Sie sehen, dass der britische
Fall schon deutlich besser aussieht. Das hat viel damit zu tun, dass es in
Großbritannien Ende der 1970er Jahre einen Konsens gegeben hat und
ein Obligatorium mit Wahlrechten für die Zusatzvorsorge eingeführt
wurde, das wie ein Treibsatz gewirkt hat. Noch eindrucksvoller sind
französische, niederländische und Schweizer Betriebsrentensysteme. Dass
∗
1,0 APW (= Lohn des „average production worker“) nach OECD-Kriterien.
– 43 –
dort hohe Reichweiten erreicht werden, hat mit der Erfahrung zu tun,
dass rein freiwillige Lösungen zuvor in aller Regel zu eher niedrigen Deckungsgraden geführt haben. Betriebliche Altersversorgungssysteme auf
freiwilliger Basis sind ein Instrument der Unternehmensstrategie, vor allem zur Gewinnung und Bindung von qualifiziertem Personal. Obligatorisch sind betriebliche Altersvorsorgelösungen heute in den Niederlanden, in der Schweiz seit 1985 und in Frankreich seit 1970, sei es gesetzlich oder über allgemeinverbindliche Tarifverträge. Das macht einen großen Unterschied zur deutschen Situation aus.
Tabelle 2:
Betriebliche Altersversorgung von fünf ausgewählten
europäischen Ländern im Vergleich
Land
Reichweite bei
Beschäftigten der
Privatwirtschaft
(Größenordnung
in Prozent)
Betrieblicher
Alterssicherungsanteil
(Größenordnung
in Prozent)
D
25
5
unterschiedlich
GB
50
30
nachgelagert
NL
95
32
nachgelagert
F
90
21
nachgelagert
(soweit nicht
steuerbefreit)
CH
90
32 (>50) *
nachgelagert
Besteuerung
vor-/nachgelagert
Quelle: D. Döring, Zukunft der Alterssicherung. Europäische Strategien und der
deutsche Weg, Frankfurt am Main 2002, S. 89.
Sie wissen als Experten, dass auch die rot-grüne Regierung ursprünglich
Sympathien für eine obligatorische Lösung hatte, dass man aber – nicht
zuletzt aus Angst vor weiteren Medienreaktionen unter dem Schlagwort
„Zwangsrente“ – sehr schnell davon abgerückt ist und letztlich auf der
betrieblichen Ebene ein Recht auf Zugang eingeführt hat. Auch das ist
ein Fortschritt. Der Zugang zu einem betrieblichen System ist an die Bereitschaft des Einzelnen oder der Einzelnen gebunden, den Eigenbeitrag
für ein System zu leisten. Allerdings wird der Beitrag der Beschäftigten
durch einkommensabhängige staatliche Zulagen bzw. durch steuerliche
Abzugsmöglichkeiten gestützt.
*
Die betriebliche Komponente als obligatorisches System ist seit 1985 im Aufbau;
deshalb spiegeln die heutigen Anteile noch eine anders geartete Situation der betrieblichen Altersversorgung in der Vergangenheit. Bei den Aufwendungen liegen
diejenigen für die betriebliche Ebene deutlich über den Beiträgen für die AHV (vgl.
Bundesamt für Statistik (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch der Schweiz, Zürich 2001,
Kap. 13). Nach dem Ausreifen der beruflichen Vorsorge um 2025 dürfte nach meiner
Schätzung der Anteil der zweiten Komponente höher als der Anteil von AHV und
Individualvorsorge zusammen liegen.
– 44 –
Nach meiner Prognose wird die zweite Säule im neuen deutschen Modell
des Altersvermögensgesetzes schrittweise etwa 60 bis 70 Prozent der Beschäftigten erfassen. Das ist eine Ziffer, die man positiv bewerten kann.
Wir werden damit nicht die Reichweite erzielen, die wir in den Nachbarländern feststellen. Im deutschen System werden wir vor allem bei Beschäftigten mit niedrigem Einkommen und Kindern Lücken bekommen.
Dies ist ein kritischer Punkt im System: Personen mit niedrigem ProKopf-Einkommen, zu denen Kindererziehende häufiger als andere gehören, werden zwar staatlich stark subventioniert. Oft wird jedoch bei niedrigen Einkommen der Eigenbeitrag umgangen werden. Wenn Sie allerdings das Altersvermögensgesetz aufmerksam lesen, stoßen Sie auf § 115
SGB VI, aus dem Sie herauslesen können, dass 2005 erneut die Frage einer verpflichtenden Lösung erörtert werden soll. Der Schritt zum Recht
auf Zugang ist insofern möglicherweise eher als wichtiger Zwischenschritt zu begreifen.
Die nächste Frage ist, welche Volumina von Leistungen und von Alterssicherungseinkommen diese Systeme produzieren. Der Zugang an sich
sagt noch nicht viel darüber aus. Und auch hier ein Vergleich: Welche
Volumina im Alterseinkommen stammen in verschiedenen europäischen
Ländern typischerweise aus betrieblichen Quellen? Sie sehen in Tabelle 2,
dass sich die betriebliche Altersvorsorgung in Deutschland in einer fast
randständigen Lage befindet. Ihr Leistungsanteil von fünf Prozent würde
im übrigen ohne Reform noch weiter sinken. Viele Unternehmen haben
unter einem stärkeren Wettbewerbsdruck ihre betrieblichen Systeme gerade für Jüngere geschlossen. In den meisten europäischen Ländern zeigt
sich dagegen, dass betriebliche Systeme entweder die zweitstärkste oder
gar die stärkste Stütze der Alterssicherung von Beschäftigten sind.
Nun zur Frage des Vermögens und der Vermögensanlage im engeren
Sinne. In Grafik 1 sehen sie, welchen Treibsatz die betriebliche Pensionsfondsstrategie auch für unser heutiges Thema bilden kann. Fragt man,
wie hoch die Vermögensbestände von betrieblichen Pensionsfonds und
Pensionskassen in den jeweiligen Ländern in Relation zum Bruttoinlandsprodukt sind, zeigen sich beeindruckende Differenzen. Der deutsche
Anteil ist heute vergleichsweise klein. Das gleiche gilt für den französischen Vermögensbestand – vor allem deshalb, weil Frankreich sich entschieden hat, auf eine umlagefinanzierte zweite Säule zu bauen, was
vermutlich eine eher unvernünftige Entscheidung war.
– 45 –
Grafik 1: Vermögensbestände von betrieblichen Pensionsfonds in fünf
ausgewählten europäischen Ländern (1999) in Prozent des BIP
137
140
120
100
95
90
80
60
40
20
6
6
0
D
GB
F
NL
CH
Quelle: D. Döring, Zukunft der Alterssicherung. Europäische Strategien und der
deutsche Weg, Frankfurt am Main 2002.
Ich erstelle derzeit eine Prognose zu der Frage, welche Entwicklung der
Vermögensvolumina die aktuelle Reform in den nächsten dreißig Jahren
vermutlich auslösen wird. Insgesamt schätze ich den Vermögensaufbau
in der geförderten beziehungsweise steuerbegünstigten Zusatzvorsorge
bis 2030 auf etwa 1,5 Billionen Euro. Unterstellen wir, die Beschäftigten
in Deutschland würden sich rational verhalten, sich also dort, wo sie die
Wahl zwischen betrieblichen Systemen und Individualvorsorge haben, in
aller Regel für das betriebliche System entscheiden. Dann komme ich zu
dem Schluss, dass 60 bis 70 Prozent des zusätzlichen Vermögensaufbaus
in betrieblichen Pensionsfonds stattfinden wird. Wenn man betriebliche
Komponenten und Individualvorsorge gegenüberstellt, dann liegt der
wesentliche Unterschied vor allem darin, dass man mit der betrieblichen
Anlage – abhängig von Größe und Standardisierung – Verwaltungs- und
Steuerungskostenersparnisse erzielen kann, die auf der Ebene der Individualvorsorge nicht möglich sind. Im Durchschnitt kann man davon ausgehen, dass betriebliche Lösungen gegenüber der reinen Individualvorsorge bezogen auf den Beitrag einen Kostenvorteil von etwa 15 Prozent
haben.
Was empfehlen wir nun tariflichen und betrieblichen Akteuren in der
Anlagestrategie? Betrachten wir einmal die tariflichen Lösungen, die in
den letzten Monaten gestrickt worden sind, so finden sich zumeist in den
begleitenden Papieren Erklärungen, die sich mit unserem Thema befassen. Eine nähere Präzisierung dieser Absichten gibt es zumeist noch
nicht.
Zunächst einmal bin ich überzeugt, dass Alterssicherung in erster Linie
dazu dienen muss, eine hohe Sicherheit und eine hohe Rendite für die
– 46 –
Betroffenen zu erzielen, und die ethische Haltung vor allem darin besteht, dieses Ziel klar im Auge zu haben. Deshalb glaube ich, dass sozialpolitische, ökologische oder allgemein ethische Zielsetzungen eine Art
von Zweitziel sein müssen, das idealerweise nicht zur ersten Zielsetzung
in Widerspruch geraten sollte. Wenn Sie die Regelung des § 115 SGB VI
im Altersvermögensgesetz studieren, finden Sie diese Rangordnung in
der Zielsetzung betrieblicher Pensionsfonds überdeutlich wieder.
Was sind in Frage kommende Ziele sozialpolitischer Natur bei der Anlagestrategie?2
•
•
•
Es sind unternehmensbezogene Kriterien:
-
Gestaltung der Arbeitsbeziehungen
-
Beschäftigungsstabilität
-
Beschäftigungsqualität
-
Beschäftigungsdifferenzierung (Wahlmöglichkeiten zwischen Arbeitszeitmodellen, Weiterbildungschancen, Beschäftigung von
Älteren, Aufstiegsmöglichkeiten)
Es sind Kriterien, die sich auf die Wirkungen eines Unternehmens auf
sein Umfeld beziehen:
-
Aktivität des Unternehmens für die soziale und kulturelle Infrastruktur der Region
-
Umweltwirkungen eines Unternehmens
Weiterhin sind allgemeine weltanschauliche und gesellschaftspolitische Kriterien zu nennen:
-
Ablehnung von Rüstungsproduktionen (bei pazifistischer Orientierung)
-
Ablehnung bestimmter Einzelproduktionen
-
Ablehnung eventuell korruptiver Verhaltensweisen von einzelnen
Unternehmen
•
Ein weiterer Ansatz, der eine gewisse Popularität erlangt hat, bezieht
sich auf den Boykott von Unternehmen oder ganzer Länder oder
Ländergruppen zu Unterstützung politischer Ziele, so von Demokratisierungs- oder Befreiungsbestrebungen.
•
Neben der Art der Selektion kann meines Erachtens jedoch auch die
zeitliche Orientierung der Anlagestrategie eine im weiteren Sinne sozialpolitische Bedeutung haben. Dahinter steht die Annahme, dass
eine sehr kurzfristige Erfolgsorientierung von Fonds auch Unternehmensleitungen in ein eher kurzfristiges Handeln hineinzwingt, zum
2
Vgl. zum Folgenden ausführlicher: D. Döring: Sozialpolitische Optionen für Pensionsfonds, Frankfurt a.M. 2003 (in Vorbereitung).
– 47 –
Beispiel in Entlassungen statt möglicherweise zeitraubender Umstellungsprozesse. So scheint der Übernahmeboom der 1980er Jahre
stark von kurzfristigen finanziellen Vorteilen und weniger von langfristigen Unternehmensstrategien angetrieben worden zu sein. Hinter
denen standen nicht selten Pensionsfonds. In Großbritannien zeigt
sich überdeutlich2, dass betriebliche Pensionsfonds auch in der Shareholder-Value-Orientierung zum Teil eine treibende Rolle gespielt
haben. Auch für die USA wird festgestellt3, dass angesichts der
schlechten Ergebnisse des so genannten „Bärenmarktes“ der 1960er
und 1970er Jahre gerade die starken öffentlichen Pensionsfonds versucht haben, kurzfristig bessere Ergebnisse zu erzielen. Die eher
kurzzeitige Orientierung des Investments mit ihren Folgen auch für
Belegschaften führte andererseits dazu, dass wir heute in den USA so
etwas wie einen Aktionärsaktivismus haben, welcher zu kompensieren versucht, was Pensionsfonds selbst ursprünglich angestiftet haben.
Bei allen diesen Gesichtspunkten muss nochmals unterschieden werden
zwischen einer Strategie, die sich auf den Ausschluss von bestimmten
Papieren, also die Negativauswahl, beschränkt, und der möglichen Positivauswahl des Anlagekorbes. Beides lässt sich in gewissem Umfang
kombinieren.
Ich habe trotz meiner grundsätzlichen Sympathien für die Aufnahme von
bestimmten Prinzipien in die Anlagestrategie von betrieblichen Pensionsfonds eine eher reservierte Haltung gegenüber einer allzu durchgreifenden Strategie:
-
Aus Gründen der Konsens- bzw. Entscheidungsfindung: Der Bereich
breiter Konsense bei betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfte sich auf wenige extreme Tatbestände beziehen, zum Beispiel die Ablehnung von Kinderarbeit, de facto Arbeitssklaverei und
von Umweltverbrechen. Je mehr wir die Kriterien aber verbreitern,
desto schmaler dürfte die Breite des Konsenses werden
-
Aus Gründen der Unklarheit vieler Wirkungszusammenhänge oder
der Notwendigkeit einer eher graduellen Kriteriensetzung: Ein gutes
Beispiel bieten hier umweltbezogene oder auch gesundheitliche Kriterien. Die Wirkung selbst ist – schon gar bei neuen Stoffen – wissenschaftlich schwer identifizierbar. Außerdem wird dies im Ergebnis
oft auf graduelle Entscheidungen hinauslaufen, die sich nicht auf
breite Konsense stützen können. Sie sind im Gegenteil Ausfluss eines
Expertenwissens und damit zugleich oft eines Expertenstreits.
2
Anthony Atkinson: The economic consequences of rolling back the Welfare State,
Cambridge/London 1999.
3
Vgl. Interview von D. Döring mit dem Pensionsfondsexperten Randy Barber in:
Mitbestimmung 11/2001, S. 49ff.
– 48 –
-
Aus Gründen der Erfassung beziehungsweise der Messung der jeweiligen Aktivität: Neben einigen relativ einfachen Punkten wie zum
Beispiel der Anwendung arbeitsrechtlicher Regelungen, die erfragt
werden können, gibt es überwiegend graduelle Punkte wie zum Beispiel die Arbeitsschutzqualität. Sie müssen gemessen werden, oder es
muss auf Messziffern von anderen, zum Beispiel Unfallmesszahlen
der Berufsgenossenschaften, zurückgegriffen werden. Auch diese
bleiben jedoch interpretationsbedürftig. Diese Gesichtspunkte mögen
etwas weniger relevant erscheinen, wenn man sie auf die inländische
Wirtschaft oder inländische Unternehmen bezieht. Probleme der Überprüfbarkeit nehmen jedoch zu, wenn es sich um ausländische,
schon gar außereuropäische Unternehmen handelt. Es ist das eine,
einen Fragebogen in die Welt zu schicken, und das andere, etwas
wirklich überprüfen zu können.
Bei der Problemstellung habe ich vor allem betriebliche oder von den Tarifpartnern für Branchen gemeinsam verwaltete Fonds im Auge. Hiervon
ist meines Erachtens klar die Bewertung des individuellen Anlageverhaltens zu unterscheiden. Dort geht es nicht um Entscheidungen von Gremien im Interesse Anderer. Hier entscheiden sich Einzelne mit ihren jeweiligen Auffassungen für eine bestimmte Linie der Investments. Es ist
in diesem Falle absolut wünschenswert, dass eine breite und differenzierte Angebotspalette entsteht, innerhalb derer Menschen ihre unter Umständen sehr spezifischen weltanschaulichen, religiösen, gesellschaftlichen oder ethischen Haltungen mit ihrem Anlageentscheidungen verbinden können. Man kann eine solche Entwicklung als Teil eines demokratischen Prozesses in einer offenen Gesellschaft betrachten. Aber hier geht
es um individuelle Entscheidungen über eine Anlage beziehungsweise
die Beitragszahlung. Die persönliche Entscheidungsmöglichkeit ist im
übrigen auch das Kriterium, das es erlauben würde, die oben geäußerte
reservierte Haltung im Falle großer betrieblicher oder tariflicher Branchenfonds zu lockern. Offener sollte man hier sein, wenn den Beitragszahlern persönliche Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt werden,
über die allerdings eine intensive Aufklärung erfolgen muss, wie dies
zum Beispiel in Bezug auf Risiken vorgeschrieben ist. Eine solche Vorgehensweise hat jedoch Grenzen. Die Vorteilhaftigkeit von großen betrieblichen oder Branchenpensionsfonds liegt ja gerade darin, dass standardisierte Lösungen für große Gruppen gefahren werden. Dieser Vorteil reduziert sich naturgemäß durch vermehrte Wahlmöglichkeiten.
Meine Folgerung aus dem Gesagten ist: Bei großen betrieblichen oder
Branchenfonds auf tarifvertraglicher Basis sollte es eher eine dezidierte
Negativauswahl geben, die relativ wenige, in der Gesellschaft kaum umstrittene Kriterien anwenden sollte. Dies dürfte die Rückwirkungen auf
Sicherheit und Rentabilität gering halten. Desgleichen dürfte eine solche
konsensorientierte Negativauswahl keine starken Wirkungen auf den
Steuerungsaufwand der Anlage haben. Innerhalb größerer Pensionsfonds
sollte es jedoch meines Erachtens grundsätzlich Wahlmöglichkeiten für
Betroffene geben, die auf einen stärker eingegrenzten Anlagekorb abstellen. Aber auch hier gibt es – wie erwähnt – Grenzen, wenn die Vorteilhaftigkeit des ganzen Projekts erhalten bleiben soll.
– 49 –
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen
Herzlichen Dank. Wir haben es bei den anderen Referenten so gehalten,
dass aktuell drängende Fragen auch aktuell beantwortet werden. Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Ich komme jetzt zu unserem nächsten Referenten, Prof. Dr. Johannes
Hoffmann. Er hat im klassischen Humboldtschen Sinne drei Studien –
Katholische Theologie, Volkswirtschaftslehre und Psychologie – absolviert, wie ich mit großem Respekt gelesen habe. Seit 1976 ist er Professor
für Moraltheologie und Sozialethik am Fachbereich katholische Theologie unserer Frankfurter Universität und ist bekannt geworden durch den
Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden, den er in seinem Vortrag zum Thema
„Ethische und ökologische Kriterien bei der Aktienauswahl“ nun selbst
erläutern wird. Ich freue mich auf Ihren Vortrag, Herr Professor.
– 50 –
VII.
Ethische und ökologische Kriterien bei der
Aktienauswahl: Der Frankfurt-Hohenheimer
Leitfaden und seine Umsetzung im Corporate
Responsibility Rating
Prof. Dr. Johannes Hoffmann, J.W. Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege von
Rosen, der Nestor der katholischen Sozialethik, Oswald von NellBreuning, hat 1929 eine Dissertation über die Moral der Börse geschrieben. Vielleicht kennt der eine oder andere von Ihnen diese Dissertation.
In dieser hat er herausgestellt – und daran wollte ich anknüpfen, um auf
Ihre Begrüßungsworte einzugehen –, dass die Börse, mag sie nach außen
möglicherweise nicht sonderlich moralisch aussehen, doch zum Funktionieren auf Moral angewiesen ist. Sie ist darauf angewiesen, dass sich die
Akteure, die sich an der Börse bewegen, moralisch verhalten und miteinander entsprechend umgehen. Von daher denke ich, dass das Thema
auch für das Deutsche Aktieninstitut wichtig ist, und ich freue mich sehr,
dass Sie diese Tagung hier organisiert haben, und möchte mich für die
Einladung bedanken.
Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass das quantitative Volumen bei
den Fonds, wie wir vom imug vorgestellt bekommen haben, noch nicht
so übermäßig groß ist, muss man zweierlei bedenken. Zum einen muss
man sehen, dass hinter den Dingen, die da vorgestellt worden sind, unglaubliche Wachstumsraten stehen, wie sie sich sonst nirgendwo in der
Wirtschaft finden. Zum anderen ist auf vielen Ebenen der Wirtschaft das
Interesse an ethischem Investment und ethischen Fragestellungen nicht
zu übersehen. Ich war, um nur zwei Beispiele zu nennen, in dieser Woche schon auf zwei anderen Veranstaltungen: Am Montag war ich zu
Gast bei der „Winners’ Conference“ der Deutschen Gesellschaft für Qualität. Das Interesse der Deutschen Gesellschaft für Qualität besteht darin,
neben den formalen Kriterien auch material-inhaltliche Kriterien des
Managements mit in die Qualitätsbeurteilung aufzunehmen, wie sie im
Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden niedergelegt sind. Gestern und vorgestern war ich auf Einladung von institutionellen kirchlichen Investoren in
Salzburg. Die Finanzdirektoren der österreichischen Diözesen und einiger
Orden wollten wissen, wie sie unser heutiges Thema im kirchlichen Bereich berücksichtigen können.
Ich möchte mit der Ausgangsthese beginnen, die wir im Projekt Ethischökologisches Rating gewählt haben. Sie stammt aus dem Bereich der
Technikfolgenforschung beziehungsweise der interdisziplinären Technikforschung an der Universität Frankfurt, die ich 1985 mit gegründet habe.
Dort kamen wir zu der Erkenntnis, dass es, wenn man technische Entwicklungen in ethischer Hinsicht begleiten will, viel wichtiger ist, die
Technikentwicklung im Entstehungsprozess zu beurteilen als die Folgen
– 51 –
abzuschätzen oder bei der Folgenabschätzung zu bleiben. So entstand
am Ende die These, dass Technikentwicklung, Wirtschaftssysteme und
monetäre Strukturen nicht vom Himmel fallen und wir vor ihnen nicht
wie das Kaninchen vor der Schlange stehen, sondern dass sie Ergebnisse
sozialer Prozesse in einer Kultur, in einer Gesellschaft sind. Daher besitzt
auch die Kultur mit ihrem Ordnungswissen die Kraft, den Ist-Stand zu
verändern, sofern dieser als zerstörerisch erfahren wird, das heißt die natürlichen und sozialen Lebensgrundlagen zu gefährden scheint. Diese
These hat im Grunde zwei Momente: Eine historisch rückwärts gewandte
Komponente und eine nach vorn gewandte, möglicherweise visionäre
Komponente.
Die rückwärts gewandte ist die, dass unser Wirtschaftssystem und unsere
monetären Strukturen seit Beginn der Industrialisierung mit einem kleinen Systemfehler behaftet sind. Zu Beginn der Industrialisierung mussten erstmals in größerem Rahmen Kreditmöglichkeiten geschaffen werden. Der kleine Systemfehler besteht darin, dass eine Konstruktion des
Kreditvertrages gewählt wurde, die ausschließlich die drei klassischen
ökonomischen Kriterien, die auch Herr von Rosen genannt hat, berücksichtigte. Es ist für uns heute unvorstellbar, welche Wirkung es gehabt
hätte, wenn zu dem damaligen Zeitpunkt nicht nur ökonomische Kriterien in die Kreditverträge aufgenommen worden wären, sondern zugleich
auch ethische, das heißt, wenn nicht nur der Verantwortung der Unternehmen oder der wirtschaftlichen Akteure gegenüber der Vermehrung
des Geldes, sondern auch der gegenüber der Gesellschaft und der Kultur
als ganzer Rechnung getragen worden wäre. Da dies nicht so ist, rennen
wir mit unserer Wirtschaftsethik ständig hinterher und versuchen, irgendwie den Fuß in die Tür zu bekommen, um ethische Momente gewissermaßen noch im Nachgang einzubringen. Goethe hat dies zu Beginn
der Industrialisierung erkannt, indem er im Faust II von der Alchemie
spricht. Mit Alchemie meinte er natürlich zunächst einmal den Versuch,
aus minderen Materialien Gold in unbegrenzter Menge zu schaffen, was
faktisch nicht geglückt ist. Was aber geglückt ist, sagt Goethe in Faust II,
ist die moderne Wirtschaft, und die ist vor dem Hintergrund des dargestellten Kreditvertrages die Fortsetzung der Alchemie mit anderen Mitteln.
Soweit das rückwärts gewandte Moment, das als Ergebnis sozialer Prozesse zu Beginn der Industrialisierung immer mit im Spiel ist. Es kann
durch entsprechende neue soziale Prozesse, das heißt durch Mobilisierung von Kultur, durch kulturellen Druck von bestimmten zivilgesellschaftlichen Gruppen wie den Investoren natürlich wieder verändert
werden. Wenn die Investoren oder die Unternehmen merken, dass Ethik
sehr wichtig ist und dass man ohne ihre Einbeziehung in der Gesellschaft
nicht zurechtkommt, dann ist ein zivilgesellschaftlicher Hebel gegeben,
der eine Veränderung bewerkstelligen und möglicherweise auch Wellen
bis in die Börse hinein schlagen wird, wie wir durch diese Tagung sehen.
Der vorwärts gewandte Blick hat mit der rückwärts gewandten Sicht zu
tun: Wir können nicht einfach nur über die technische Machbarkeit von
ethischem Investment sprechen, sondern wir brauchen eine Vision. Ich
– 52 –
kann mir vorstellen, dass diese Vision beim ethischen Investment lautet:
Wir müssen aus einem Kapitalismus, der in äußerste Bedrängnis geraten
ist, der von vielen auch als selbstzerstörerisch wahrgenommen wird,
durch ethische Perspektiven einen zukunftsfähigen Kapitalismus oder –
vielleicht etwas harmloser formuliert – eine zukunftsfähige Marktwirtschaft gestalten. Diesem Ziel eines zukunftsfähigen Kapitalismus oder einer zukunftsfähigen Marktwirtschaft ist das Projekt Ethisch-Ökologisches
Rating verbunden. Es war der Ausgangspunkt, an dem wir unsere Überlegungen angesetzt haben. Zukunftsfähiger Kapitalismus, das könnte die
Vision sein.
Die neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung bringt für die Kreditwürdigkeitsprüfung durch die Banken große Veränderungen mit sich. Mit dieser
Vereinbarung werden Ratings vorgeschrieben, von deren Ergebnis die
Höhe des Eigenkapitaleinsatzes und die sonstigen Konditionen der Kreditvergabe abhängig sind. Doch nicht nur die Banken müssen sich umstellen. Besonders gravierend sind die Folgen für die Kreditnehmer, vor
allem für mittlere und kleinere Unternehmen. Die Rede ist hier natürlich
von Finanzratings und nicht von ethisch-ökologischen Ratings. Dennoch
ist es sinnvoll, gerade angesichts der Veränderungen bei der Kreditwürdigkeitsprüfung das ethisch-ökologische Rating ins Gespräch zu bringen
und über die Frage der Kapitallenkung durch ethisch-ökologische Ratings nachzudenken.
Bei den Schritten, die wir jetzt ganz konkret gehen werden, sind ein paar
Klärungen wichtig. Es wird überall von Nachhaltigkeit geredet. Vorhin
wurde schon von Graf Henckel gesagt, dass nicht überall, wo „Öko“
draufsteht, auch „Öko“ drin ist. Das lässt sich analog auch vom Begriff
Nachhaltigkeit oder Sustainability sagen. Wenn man sich im Wald der
verschiedenen Angebote orientieren will, kann man sich vielleicht mit
der theoretischen Unterscheidung zwischen schwacher und starker Nachhaltigkeit helfen.
Im Modell schwacher Nachhaltigkeit ist die Natur nur eine der Ressourcen der Gesellschaft. Die Natur wird durch wirtschaftliche Aktivität ausgebeutet oder, wie Weber gesagt hat: „Wirtschaft ist schon immer Moralverzehrer“. Starke Nachhaltigkeit ist hingegen ein Konzept hoch strukturierter Hinterlassenschaft. Man macht sich sehr intensive Gedanken
über das, was man den anderen Generationen hinterlassen kann und
darf. Im Modell starker Nachhaltigkeit gilt Natur als nicht substituierbar.
Naturkapital und Materialkapital stehen komplementär zueinander. Zwischen starker und schwacher Nachhaltigkeit gibt es natürlich viele Nuancen, Zwischenstufen, Kompromisse und so weiter. Aber als Richtschnur
kann uns das ein wenig helfen.
Mit der zweiten Klärung vorab möchte ich auf ethisch-ökologisches Rating zusteuern. Ich beginne mit der generellsten Fassung des Begriffs von
Rating: Ratings sind ganz allgemein Beurteilungsverfahren, durch die
Bewertungsobjekte hinsichtlich einer bestimmten Zielsetzung, nämlich
der Qualität in Inhalt und Form, in eine Rangordnung zu anderen gebracht werden können. So könnten Sie auch ein Rating an meinen Vor-
– 53 –
trag anlegen. Sie wissen auch, dass das zum Beispiel bei Universitäten
geschieht. Finanzratings sind Beurteilungsverfahren, durch die Unternehmen hinsichtlich Rendite, Sicherheit, Laufzeit und so weiter in eine
Rangfolge gebracht werden.
Ethisch-ökologische Ratings sind Beurteilungsverfahren, mit denen Unternehmen hinsichtlich ethischer Kriterien bewertet und in einer Reihenfolge gesetzt werden. Bei der oekom research AG in München, mit der
zusammen wir unsere Kriteriologie, den Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden, in ein Ratingkonzept umgesetzt haben, gibt es hierzu eine Bewertungsskala von A+ bis D–:
−
A = Das Unternehmen zeigt außergewöhnliche Leistungen.
−
B = Das Unternehmen verhält sich weitgehend progressiv.
−
C = Das Unternehmen hat grundlegende Maßnahmen ergriffen.
−
D = Das Unternehmen zeigt wenig Engagement.
Ich gehe nachher an einem Beispiel noch darauf ein.
Was sind Ratings?
• EÖR nach Ausschlusskriterien:
•
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•
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•
•
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•
•
3/13/2002
Atomenergie
Militärengagement
Alkohol, Tabak
Pornografie, Glücksspiel
Grüne Gentechnik
OSPAR Substanzen
Biozide, Chlororganische Massenprodukte
Energieerzeugung durch fossile Brennstoffe
Ausbeutung nicht erneuerbarer Rohstoffe
Nicht nachhaltiges Forstmanagement
Tierversuche
Menschenrechtsverletzungen
Kinderarbeit
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Vor dem Hintergrund der Frage nach den Ratings muss man auch zu der
vorhin angeschnittenen Frage Stellung nehmen, was es mit den Ausschlusskriterien auf sich hat und in welchem Verhältnis die Ausschlusskriterien etwa zum Best-in-class-Ansatz stehen. Die Ausschlusskriterien
sind geschichtlich gesehen die weltweit erste Form des ethischökologischen Ratings. Die Amerikaner haben damit angefangen. Schon
in den 1920er Jahren hat es bei den Amerikanern den ersten ethischökologischen Fonds gegeben, und in den 1960er Jahren hat das Ganze
dann geboomt. Damals sind mit Ausschlusskriterien auch politisch au-
– 54 –
ßerordentlich bedeutsame Effekte erzielt worden, wie zum Beispiel bei
der Sabotage von Dow Chemical, die Napalm herstellten, das im Vietnamkrieg benutzt wurde. Oder denken Sie an den Wechsel des Apartheid-Regimes in Südafrika. Dieser wäre nicht so friedlich verlaufen,
wenn nicht amerikanische Investoren – kirchliche und andere Investoren
wie zum Beispiel Banken – ihr Geld mit dem Argument „In Apartheid
investieren wir nicht!“ abgezogen hätten. Neben der Tatsache, dass natürlich die Bewegung der Schwarzen die Entwicklung herbeigeführt hat,
war der Abzug der Gelder von Investoren ein wesentlicher Punkt, der das
Apartheid-Regime ökonomisch in die Knie gezwungen hat. Da hat man
also sehr erfolgreich mit Ausschlusskriterien gearbeitet.
Man mag sich darüber freuen, aber ich habe vor dem Hintergrund meiner
etwa zehnjährigen Erfahrung in diesem Bereich und vor allen Dingen
auch im Hinblick auf den deutschen und europäischen Bereich eine etwas andere Auffassung. Wenn ich bei jemandem eine ethische Wirkung
erzielen will, dann schaffe ich dies mit Sicherheit nicht, indem ich ihn
ausschließe. Einen ethischen Effekt zu erzielen, bedeutet für mich, auf
eine kleinschrittige Veränderung des gesamten wirtschaftlichen Geschehens hinzuarbeiten, nicht etwa auf einzelne spektakuläre wirtschaftliche
Aktionen wie etwa den Sturz des Apartheid-Regimes, was ich gar nicht
kritisieren möchte. Aber wenn ich als Ethiker an die Sache herangehe,
muss ich daran interessiert sein, denjenigen, mit dem ich zu tun habe,
nicht über sein Können hinaus sittlich zu beanspruchen. Ich muss schauen: Was kann er? Wo steht er? Welche Möglichkeiten hat er in dem gesamten Kontext des Systems? Wie kann ich mit ihm gemeinsam darüber
nachdenken, dass sein Können erweitert und er in die Lage versetzt wird,
den Normalbereich in kleinen Schritten langsam zu verändern, so dass
ein Effekt nicht nur in einer Nische, sondern in der Gesamtwirtschaft erzielt werden kann? Durch Ausschluss erreicht man das nicht. Dann ist er
draußen, und er sagt sich: Na gut, ich bin draußen – was soll's, ich kann
mich sowieso nicht mehr verbessern.
Ganz anders ist es, wenn ich den Best-in-Class-Ansatz als Prinzip nehme. Im Best-in-Class-Ansatz, wie ihn unter anderem auch die oekom research AG anwendet, werden ganze Branchen geratet. Es werden alle
Unternehmen einer Branche angeschrieben und gefragt, ob sie sich am
Rating beteiligen. Wenn ja, dann beginnt der Prozess. Wenn Unternehmen sagen, dass sie sich nicht beteiligen wollen, wird ihnen mitgeteilt,
dass sie sich verweigern können, aber unter dem Branchenreport vermerkt wird, welche Firmen sich nicht beteiligt haben. Das ist ein heilsamer Druck, der schon manche Wirkung erzielt hat, etwa bei der Deutschen Telekom. Die Deutsche Telekom wurde 1995 zum ersten Mal von
der oekom research AG geratet. Damals hat die oekom research AG die
Telekommunikationsbranche ausschließlich unter ökologischen Gesichtspunkten geratet. Bei der Anfrage an den Vorstandsvorsitzenden, Herrn
Sommer, bekam die oekom zunächst die Antwort: „Vor dem Gang an die
Börse nicht so gerne.“ Der Hinweis auf den Vermerk unter dem Industriereport hat dann aber dazu geführt, dass sich die Deutsche Telekom beteiligte.
– 55 –
Das Ergebnis war für die Deutsche Telekom zunächst nicht so schön. Sie
landete im letzten Drittel der Branche, und zwar im Wesentlichen aus
zwei Gründen: Einerseits, weil es zum damaligen Zeitpunkt bei der Deutschen Telekom noch kein differenziertes Umweltmanagement gab, und
andererseits, weil die gesamten Kabel, die die Deutsche Telekom verwandte, zum damaligen Zeitpunkt noch auf PVC basierten. Daraus hat
die Deutsche Telekom binnen Jahresfrist Konsequenzen gezogen. Nach
einem Jahr war ein differenziertes Umweltmanagement vorhanden und
für den gesamten Innenausbau ein PVC-freies Kabel. Durch dieses Rating
wurden also verschiedene Effekte erzielt bis hin zu ökologisch wichtigen
Produktinnovationen. Solche Dinge kann man bei Ratings viel stärker
verfolgen, während bei Ausschlusskriterien überhaupt nicht daran zu
denken ist.
Der besondere Punkt ist, dass innerhalb einer Branche ein ethischer
Wettbewerb entsteht. Wenn wir den Best-in-Class-Ansatz wählen, brauchen wir keine Änderungen der Rahmenbedingungen, die man bei
schwachen oder instabilen Regierungen ohnehin nicht erzielen kann. Die
wollen alle innerhalb kurzer Zeit wiedergewählt werden und werden sich
eine starke Veränderung von Rahmenbedingungen überhaupt nicht einfallen lassen. Aber mit einer kompetenten Institution wie einer ethischökologischen Ratingagentur bewirken zivilgesellschaftliche Organisationen wie ein Verein ethisch orientierter Investoren einen ethischen Wettbewerb. Um das noch abzuschließen, damit die Telekom nicht mit dem
Makel stehen bleibt: Sie ist inzwischen fünfmal von der oekom research
AG geratet worden, inzwischen auch nach dem Corporate Responsibility
Rating, und ist zur Zeit Branchenleader. Aber die Telekom kann nicht sicher sein, dass sie Branchenführer bleibt, weil es erhebliche Anstrengungen von Konkurrenten gibt, sich im Rahmen des ethisch-ökologischen
Ratings zu verbessern. Das heißt, dass der Wettbewerb innerhalb der
Branche funktioniert, und zwar als zivilgesellschaftliches Instrument unabhängig von der Veränderung von Rahmenbedingungen, was viel
schneller geht, viel wirksamer ist und nicht von einer ungeheuren Lobbyarbeit abhängt, die am Ende nicht immer erfolgreich ist.
Aber das ist nicht das Einzige. Es entsteht auch ein ethischer Wettbewerb
zwischen den Branchen. Immer wieder gibt es Investoren, die mit Ausschlusskriterien arbeiten und sagen „Autobranche kommt nicht in Frage“
oder „Chemiebranche wollen wir nicht“. Denen möchte ich zu bedenken
geben, dass dies für die Entwicklung von Ethik im Markt nicht sehr hilfreich ist. Sie sollten sich in der Autobranche diejenigen heraussuchen,
die von ihrer Entwicklung und von ihrer Produktstrategie her gesehen
interessant sind, weil sie zum Beispiel an der Umsetzung alternativer Energien arbeiten. Wenn man solche Firmen in der Anlageentscheidung
berücksichtigt, dann könnte das ein Signal für die ganze Branche sein,
sich auch in diese Richtung zu bewegen.
Und die Unternehmen sind ungeheuer lernfähig. Ich habe das konkret in
Zusammenarbeit mit einem Unternehmensvertreter erlebt, der an dem
Prozess der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls in Bonn beteiligt war, zu
dem ich auch einiges an ethischen Argumentationen geliefert habe. Die
– 56 –
Ratifizierung des Kyoto-Protokolls in Bonn können sich nicht die Regierungen auf ihr Konto schreiben. Es waren die lernfähigen Unternehmen,
die gesagt haben: „Wir können das, wir machen das!“ Und dann haben
die Regierungen ratifiziert. Es ist in der Öffentlichkeit viel zu wenig klar
geworden, welchen Anteil die weltweiten Unternehmen an der Ratifizierung gehabt haben, auch in den Vereinigten Staaten, selbst wenn sich
die amerikanische Regierung nicht beteiligt hat. Die Diskussion in den
Vereinigten Staaten geht dahin, dass man sich beteiligen muss, weil die
Unternehmen vor dem Hintergrund ihrer Lernfähigkeit wissen: Wenn wir
das machen, wird es im Zuge dieser Ratifizierung eine Welle von Innovationen geben, die auch unsere Wirtschaft im Wachstum und in anderen Bereichen weiterbringt.
Auch aus diesen Gründen ist es außerordentlich wichtig, nicht mit Ausschlusskriterien zu arbeiten, sondern mit dem Best-in-Class-Ansatz. Der
lässt sich beispielsweise auch hervorragend bei der Fondsbildung nutzen.
Der Asset Manager kann Ihnen sein Anlageuniversum und aus den Branchen die Branchenbesten zeigen. Dann legt man das Ergebnis des Ethisch-ökologischen Ratings darüber und schaut, wo es Schnittmengen
gibt. Auf der Basis solcher Schnittmengen kann man dann Fonds bilden
oder auch beliebige Anlageportfolios gestalten.
Wenn man bedenkt, dass die oekom research AG bereits 600 Big Caps
geratet hat und dazu 200 mittlere und kleinere Unternehmen, dann sind
das beachtliche Grundgesamtheiten, die zur Gestaltung zur Verfügung
stehen. Mit dem Best-in-Class-Ansatz können Anlageuniversen wesentlich flexibler gestaltet werden als mit Ausschlusskriterien. Wenn ich fünf
oder gar zehn Ausschlusskriterien berücksichtige, bin ich in meinem Anlageuniversum schon sehr eingeschränkt und kann unter Umständen gar
nicht mehr garantieren, dass sich vor dem Hintergrund dieser Auswahl
eine ökonomische Performance ergibt, die sich sehen lassen kann.
Performance
Performance-Vergleich CRR/Öko-Aktiv und CRR/Öko-Passiv:
161 Unternehmen aus elf Branchen seit 01.01.1997
300%
250%
Aktiv
200%
150%
100%
Passiv
50%
0%
Jan Mai Sep Jan Mai Sep Jan Mai Sep Jan Mai Sep
97 97 97 98 98 98 99 99 99 00 00 00
Aktiv: Unternehmen haben ein überdurchschnittliches Rating in ihrer Branche
Passiv: Unternehmen haben ein unterdurchschnittliches Rating in ihrer Branche
3/13/2002
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
– 57 –
Performance
Performance-Vergleich SEB Invest ÖkoLux mit Benchmark MSCI World seit
der Umstellung der Anlagepolitik auf den Best of Class-Ansatz am 09.10.1998
SEB Invest OekoLux (GA) 42.21
DEM 04/01/1999MSCI World
Grs USD ! (NX) 46.87
250,00
210,00
170,00
130,00
90,00
09.10.98
09.04.99
3/13/2002
09.10.99
09.04.00
09.10.00
09.04.01
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Performance
Mögliche Ursachen für positive Korrelation zwischen Finanz- und
Nachhaltigkeitsperformance
1. Hohe Nachhaltigkeitsperformance –> hohe Finanzperformance
Wertsteigerung durch Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Unternehmensstrategie, z.B. Kostensenkung durch höhere Energie- und Rohstoffeffizienz
2. Hohe Finanzperformance –> hohe Nachhaltigkeitsperformance
Unternehmen mit höherem Gewinn können sich mehr Umweltschutz und
soziale Standards leisten
3. Gutes Management –> hohe Finanz- und Nachhaltigkeitsperformance
Unternehmen mit höherer Nachhaltigkeitsperformance zeichnen sich durch
ein insgesamt besseres Management aus, stärkere Mitarbeiter Motivation, besseres Image
bei Kunden, Verbrauchern und Öffentlichkeit was auch zur einer höheren
Finanzperformance führt
Studien, u.a.
Indizes
Bank Sarasin (1999)
Domini Social Index 1990-2001
EBS / Öko-Institut (2001)
DJ Sustainability Index 1994-2001
Innovest Group (2000 und 2001)
Kohtes Klewes (2001)
Universität Stuttgart (2001)
oekom research AG (2000)
US Environmental Protection Agency (2000)
3/13/2002
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Die oekom research AG hat einen Vergleich bei 161 Unternehmen angestellt. Davon waren 80 Unternehmen in ihrer ethisch-ökologischen Performance unterdurchschnittlich, die anderen 81 waren überdurchschnittlich. Das Ergebnis: Letztere hatten auch eine bessere ökonomische Performance.
Die Idee zu unserem Projekt – das will ich vielleicht auch noch einmal
sagen – ist nicht in meinem Kopf geboren worden. Den Anfang bildete
im Jahr 1991 die Anfrage von drei Bankmanagern, die zum damaligen
Zeitpunkt bei der Deutschen Bank tätig waren. Ihr Anliegen war: „Wir
haben viel Geld von kirchlichen Investoren zu verwalten. Die Kirchen
wissen gar nicht, ob nicht durch die Art und Weise, wie mit diesem Geld
– 58 –
gearbeitet wird, der Schaden, den sie damit in Kauf nehmen, größer als
der Nutzen ist, den sie mit den Gewinnen verfolgen. Können wir mit Ihnen nicht mal über Kriterien reden?" Über mehrere Stationen ist es dann
dazu gekommen, dass ich die Projektgruppe Ethisch-Ökologisches Rating
gegründet habe und mir als erstes einen Ökonomen gesucht habe. Den
habe ich gefunden in Professor Gerhard Scherhorn, der viele Jahre einer
der Fünf Weisen und auch ebenso lange Mitglied im wissenschaftlichen
Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums war. Wir haben dann 1993
damit begonnen, einen theorie- und methodengestützten Leitfaden, also
eine differenzierte ethisch-ökologische Kriteriologie zu entwickeln, weil
die Banker sagten: „Im Land der Dichter und Denker und im Land der
Kant-Tradition kann man nicht mit Ausschlusskriterien arbeiten, sondern
wir brauchen Differenzierteres, aus dem wir ein entsprechendes
Ratingkonzept entwickeln können.“
Nun komme ich zum Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden: Der Wertbaum
des Leitfadens besteht aus drei Dimensionen. Zwei sind Ihnen geläufig:
Naturverträglichkeit und Sozialverträglichkeit. Über Naturverträglichkeit
gibt es im Rating seit 15 Jahren Daten. Die Sozialverträglichkeit kommt
erst langsam zum Zuge. Was an unserem Leitfaden weltweit einmalig ist,
ist, dass wir die Dimension Kulturverträglichkeit mit einbezogen haben.
Ich habe mich gefreut, dass ich zu Beginn von Graf Henckel gehört habe,
dass auch er Kulturverträglichkeit für wichtig hält. Und in der Tat fragen
wir bei Kulturverträglichkeit nicht nur danach, welche Verantwortung
ein Unternehmen gegenüber der eigenen Kultur wahrnimmt, sondern natürlich auch gegenüber der Kultur, in der es als Multi oder durch Zulieferer operiert. Hat es auch einen Respekt vor dem Ordnungswissen anderer
Kulturen?
Der Kulturverträglichkeit kommt vorrangige Bedeutung zu. Sozial- und
Naturverträglichkeit sind aus dem Kulturbegriff abgeleitet. Die Integrität
menschlicher Gesellschaften in der Natur, von der wir ein Teil sind, erfordert die Kultivierung des Mitseins in der sozialen und der natürlichen
Mitwelt. Die Fähigkeit einer Gesellschaft, die in ihr auftretenden sozialen
und ökologischen Probleme zu lösen, hängt entscheidend von dem Ordnungswissen ab, das in der jeweiligen Kultur zur Verfügung steht und
zur Problemlösung mobilisiert werden kann.
Der logische Aufbau des Wertbaumes für ethisch-ökologisches Rating ist
so geordnet, dass die ersten drei Ebenen die strukturierenden Ordnungsbegriffe enthalten, während die folgenden Ebenen zu den konkreten Bewertungen hinführen. Damit soll sichergestellt werden, dass kein Bewertungsobjekt übersehen wird, das für einen Ratsuchenden, das heißt für
einen Geldanleger oder einen Investor relevant sein könnte. Welche
Sachverhalte dann jeweils zum Gegenstand der Bewertung gemacht werden, hängt von dem Informationsbedarf dessen ab, der die Bewertung in
Auftrag gibt oder selbst vornimmt.
– 59 –
Die Hierarchie der Ebenen sieht wie folgt aus:
1. Ebene: Die grundlegenden Dimensionen der Bewertung – Kulturverträglichkeit, Sozialverträglichkeit, Naturverträglichkeit
2. Ebene: Die Handlungsbereiche innerhalb einer Dimension
3. Ebene: Die verschiedenen Bewertungsobjekte in einem Handlungsbereich
4. Ebene: Die konkreten Handlungen bezüglich des Objektes
5. Ebene: Die Bewertung einzelner Handlungen
Die dritte und vierte Ebene können bei sehr komplexen Objekten und
Handlungen in weitere Ebenen aufgeteilt sein. Die bewertenden Aussagen finden sich aber stets auf der jeweils letzten Ebene.
Es wurde gelegentlich gegen den Leitfaden eingewendet, mit dieser
Kriteriologie unternähmen die Verfasser den Versuch, in einer pluralistischen und individualisierten Gesellschaft eine Wertediktatur zu errichten.
Das ist keineswegs der Fall. Im Gegenteil, wenn sich Investoren oder
auch Unternehmen der Kriteriologie bedienen, dann bringen sie zwar ihre eigenen Wertvorstellungen ein, die sie bei ihren Anlageentscheidungen beachtet wissen wollen. Sobald sie sich jedoch in den Leitfaden einlesen, entdecken nicht wenige, dass ihre subjektiven Wertvorstellungen
nicht nur in ihm vorkommen, sondern sich in einer Systematik eingebettet finden, die sie schon lange gesucht haben. Und so entpuppt sich der
Leitfaden gerade nicht als Diktat, das sich irgendeine Gruppe willkürlich
hat einfallen lassen, sondern erweist sich als ein Mittel, durch das sie
selbst und andere in ähnlicher Weise zu einer Systematik der Werte finden. Der Leitfaden stellt sich nicht außerhalb unserer gesellschaftlichen
Wirklichkeit. Aber er repräsentiert diese so vollständig wie nur möglich
und vermag auf diese Weise viele Menschen bei ihren subjektiven Wahrheiten und Wertvorstellungen abzuholen und gleichzeitig im Strom eines
Wertkonzeptes zusammenzuführen.
Die verschiedenen Einzelbewertungen müssen schließlich zu einer Bewertung zusammengefasst werden. Das erfordert Entscheidungen über
die Gewichtung der jeweiligen Kriterien, die streng genommen stets der
treffen sollte, für den die Bewertung durchgeführt wird.
Es versteht sich, dass ethisch-ökologische Kriterien nicht der einzige Aspekt sind, unter dem der Geldanleger ein Unternehmen bewertet. Rendite
und Risiko werden für ihn ja nicht unbeachtlich, wenn er ethische Maßstäbe heranzieht. So ist in der Praxis des Ratings nicht nur das Problem
zu lösen, wie die verschiedenen Einzelbewertungen zu einem Gesamturteil über die ethisch-ökologische Qualität eines Unternehmens integriert
werden sollen. Man wird darüber hinaus auch nach Wegen suchen, dieses Gesamturteil dem Gesamtergebnis des ökonomischen Ratings gegenüberzustellen und es womöglich mit ihm zu einer einzigen Bewertungsziffer zu verschmelzen.
– 60 –
Um die Systematik der Kriteriologie und die damit transportierten material-inhaltlichen Überlegungen zu verstehen, ist es hilfreich, zwei Fragen
zu klären, nämlich:
1.
Gibt es einen zentralen inhaltlichen Wert oder ein letztes Ziel, das
erkenntnisleitend für die ganze Kriteriologie steht beziehungsweise
benannt werden könnte?
2.
Wie sehen die drei Wertdimensionen im Einzelnen aus?
Die erste Frage kann mit einem klaren Ja beantwortet werden. Es gibt einen letzten Wert, der sich in allen Einzelkriterien wiederfindet. Es geht
um Bioüberlebenssicherheit für alle Menschen oder – um es in einem
Satz zu formulieren – darum, Menschwerdung in Gemeinschaft im Mitsein mit der Mitwelt für alle Menschen in Gegenwart und Zukunft zu sichern. Das ist ein Ziel, über das über alle Kulturen hinweg Konsens bestehen dürfte.
Dennoch soll das nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei der Begründung und bei der konkreten Umsetzung kulturelle Differenzen bestehen,
die bei einem Bewertungskonzept, das international – also über verschiedene Kulturen hinweg – angewendet wird, beachtet werden müssen.
Die Projektgruppe hat sich dieser Frage gestellt und den FrankfurtHohenheimer Leitfaden und das Corporate Responsibility Rating in einem interkulturellen Symposium durch repräsentative Vertreter anderer
Kulturen aus allen Kontinenten zur Diskussion gestellt. Das Symposium
fand im November 2000 in der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt a.M. statt. Die Ergebnisse wurden im Auftrag der Projektgruppe veröffentlicht.4
Was heißt Kulturverträglichkeit? Bei der Frage nach der Kulturverträglichkeit gingen wir von zwei Prämissen aus:
Zunächst ist es unbestritten, dass Kultur beziehungsweise die jeweiligen
Kulturen die elementare Basis für die Entwicklung und Gestaltung von
Werten darstellt. Sodann gibt es eine weitere, allen Menschen in allen
Kulturen gemeinsame, sozusagen anthropologische Grundgegebenheit.
Der Mensch ist im Gegensatz zum Tier in seinen Antrieben nicht durch
Instinkte gesteuert, sondern er muss sich im Kontext widerstreitender,
polarer Antriebe mit Hilfe seiner Vernunft selbst in seinem Verhalten
steuern, damit Menschwerdung in Gemeinschaft glücken kann, zum Beispiel zwischen
−
Aggression und Fürsorge
−
Offenheit und Abschottung
−
Solidarität und Konkurrenz
4
Lucia A. Reisch, Ed., Ethical-ecological Investment: Towards Global Sustainable Development, Frankfurt/London (IKO-Verlag) 2001.
– 61 –
−
Selbstbescheidung und Selbstüberhöhung
In den Wirtschaftsalltag transportiert heißt das:
−
Rücksicht und Fairness trotz Konkurrenz
−
Diskursbereitschaft statt Bestehen auf dem eigenen Standpunkt
−
Selbstbegrenzung im Wachstum
−
Begrenzung partieller Interessen durch Respekt vor dem Gemeinwohl etc.
Dazu gehört die Beachtung von Grundnormen oder grundlegenden
Geboten wie:
−
Du sollst niemanden unfähig machen!
−
Du sollt niemandem seine Freiheit und seine Chancen entziehen!
−
Du sollt niemanden über sein Können hinaus sittlich beanspruchen!
Im Grunde sehen wir uns im Ordnungswissen unserer Kultur, das wir internalisiert haben, dazu herausgefordert, zuwendende Aufmerksamkeit
für andere und für die Mitwelt zu kultivieren.
Diese Erfahrung ruft eine Gegenbewegung hervor; sie bewirkt, dass das
Interesse an einem ethischen Rating immer größer wird, auch wenn es
bisher erst eine Minderheit der Geldanleger erfasst hat. So gibt es Hoffnung, dass die wirtschaftliche Entwicklung eines Tages mit dem Prinzip
Kultivierung vereinbar sein wird – dann nämlich, wenn die Unternehmen
zu verantwortlichem Mitsein mit ihrer natürlichen und sozialen Mitwelt
motiviert oder verpflichtet sind, verpflichtet auch durch staatliche Auflagen, vor allem aber durch die Entscheidungen der Geldanleger und der
Konsumenten. Bis es soweit ist, darf man die Augen nicht davor verschließen, dass die Wirtschaft trotz mancher Bemühung in einem Gegensatz zur Kultur steht. Dies kommt schon im Begriff Kommerzialisierung
zum Ausdruck. "Kommerzialisierung zielt" – nach Francis Schüssler Fiorenza – "auch auf die Umwandlung menschlicher Tätigkeit und menschlicher Kultur in Produkte, Objekte oder Waren, die für den Konsum bestimmt sind. (...) In einem solchen Prozess würden nicht nur kommerzielle Güter, sondern auch Gegenstände von rein ästhetischem Wert, kulturelle Werte und ethische Optionen als Objekte, die man wählen kann,
zum Markt in Beziehung gesetzt".5 Kultur soll damit marktfähig gemacht
werden, obwohl es genau umgekehrt sein müsste, dass nämlich der
Markt kulturverträglich gestaltet wird.
Diesen Gegensatz gilt es zu beseitigen. Es genügt deshalb nicht, dass das
ethische Rating die Unternehmen auf ihre Natur- und Sozialverträglichkeit überprüft. Zwar liefern diese beiden Kriterien die meisten Fragen, die
5
Schüssler Fiorenza, Francis, Pluralismus und Globalisierung: eine Herausforderung
für die ethische Reflexion, in: Concilium, 37. Jg., 4/2001, 450-465, hier: 453.
– 62 –
den Unternehmen gestellt werden müssen. Aber in der Kulturverträglichkeit liegt ihr Zusammenhang, ihre Begründung und ihre Rechtfertigung.
Dem Rating wird etwas Wesentliches hinzugefügt, wenn es auch Fragen
danach einschließt, ob das Unternehmen bereit ist, zur Integrität der Gesellschaft im Ganzen der Natur beizutragen. Kulturverträglichkeit fassen
wir auf als Verträglichkeit des Handelns bzw. der Institutionen mit einer
fortschreitenden Kultivierung des natürlichen und sozialen Mitseins.
Im gesellschaftlichen Gestaltungswillen schlägt sich der Grundkonsens
über die kultureigenen Lebensentwürfe nieder, in denen Gesellschaften,
Gruppen und Organisationen ihr kulturelles Ordnungswissen formen, ihren Umgang mit der Zeit symbolisieren, ihre Visionen erleben und Perspektiven für eine Menschwerdung in Gemeinschaft entwickeln. Das
Ordnungswissen enthält nicht nur die manifesten Vorstellungen, Institutionen und Regeln, sondern auch die Symbole, Rituale, Mythen, die in
einer Kultur als Orientierung dienen, um die Welt zu deuten und um das
Miteinander der Menschen im Ganzen der Natur zu gestalten.
Vom einzelnen Unternehmen verlangt Kulturverträglichkeit die in
Grundsätzen und Handlungen manifestierte Bereitschaft, den Zielen der
Natur- und Sozialverträglichkeit gleichen Rang wie der Gewinnerzielung
einzuräumen. Das beschneidet die Möglichkeiten kurzfristiger Gewinnmaximierung durch Abwälzung von Kosten auf die Mitwelt, und deshalb
steht es im Einklang mit langfristiger Gewinnerzielung und -sicherung,
denn die Grundlagen der Produktion bleiben erhalten. Die Frage nach
dem Verhältnis der ökonomischen und der ethischen Ziele führt daher zu
einem Compliance-Rating der Kulturverträglichkeit.
Der Begriff der Sozialverträglichkeit ist in der Diskussion um die Risiken
der Atomenergie entstanden. Er kann aber ebenso gut auf Systeme und
Organisationen bezogen werden. Man kann beispielsweise nach der Sozialverträglichkeit von Unternehmensorganisationen fragen. Dann meint
Sozialverträglichkeit eine Sozialverträglichkeit nach innen, eine Gestaltung der Strukturen und Abläufe nicht nur nach Effizienzkriterien, sondern zugleich nach Maßstäben des partizipativen Miteinanders; ein Beachten und Anerkennen der Mitentscheidung der Einzelnen und der Produktivität der teilautonomen Gruppe; ein Vertrauen in die Initiative und
Verantwortlichkeit der Mitarbeiter, die beide nur zustande kommen,
wenn sie als erwünscht und respektiert empfunden werden können; ein
Organisationsaufbau nach menschlichem Maß, in dem die Einzelnen ihre
Tätigkeiten als sinnvoll und befriedigend erleben können. Kurz: Es geht
um die Gestaltung der produktiven Abläufe.
Man kann nicht anders vorgehen, wenn man die Sozialverträglichkeit
der einzelnen Organisation untersuchen will. Doch braucht man sich nur
vorzustellen, viele Unternehmen steigerten nach den skizzierten Kriterien
ihre Sozialverträglichkeit nach innen. Dann wird schnell deutlich, dass
sie auch nach außen, in die Gesellschaft hinein, sozialverträglicher werden, oder anders ausgedrückt: dass die Wirtschaft als System sozialverträglicher wird. Ob das gelingt, hängt zwar nicht allein von den einzelnen Unternehmen ab, sondern auch von flankierenden oder vorangehen-
– 63 –
den staatlichen Regelungen. Aber das werden wieder Regelungen sein,
die die Sozialverträglichkeit der Unternehmen nach innen beeinflussen
und deshalb die Sozialverträglichkeit des Systems verbessern.
Von der Fülle der Unterkriterien, die für die Sozialverträglichkeit der Unternehmensorganisation herangezogen werden können, mag folgendes
Schema eine Vorstellung geben:
Sozialverträglichkeit der Unternehmensorganisation
Unternehmensstruktur
vertikal
horizontal
Führungsgrundsätze
autoritär
Arbeitnehmervertretung
demo- Betriebs- Gewerkkratisch
rat
schaft
Mitentscheidung
der Arbeitnehmer
am
betriebArbeits- liche Vorplatz
schläge
3. Ebene: Objekte
4. Ebene: Handlungen (Beispiele)
Arbeitszeitregelungen
Berücksichtigung individueller, gesellschaftlicher,
kultureller Zeitplananforderungen bei der Gestaltung flexibler Zeitorganisation (Fahrpläne, Schul-,
Familienzeiten). Wählbarkeit von Teilzeitarbeit.
Kompensation von Mehrarbeitsstunden bzw. Leerläufen im Rahmen einer Jahresarbeitszeitregelung.
Arbeitsplatzsicherheit
Einstellung der Geschäftsführung zu einer "Hireand-fire“-Personalpolitik. Förderung gesellschaftlicher Aktivitäten von Mitarbeitern (z.B. Freistellung
für ein Soziales Jahr). Einstellung des Unternehmens zu einem Sabbatjahr. Gewährung von Erziehungszeiten für Eltern. Anpassungsweiterbildung
bei Wiederaufnahme der Arbeit
Betriebsklima
Offenheit und Ehrlichkeit als Grundlage für ein
Eingestehen und Korrigieren von Fehlern. Rechtzeitiges Informieren der Belegschaft über Änderungen der Unternehmensziele. Änderungen werden diskutiert. Rücksichtnahme auf individuelle
psychische und physische Disponiertheit von Mitarbeitern sowie auf familiäre Stresssituationen.
Humanisierung
der Arbeitsbedingungen
Volle Berücksichtigung der Menschenwürde, der
freien Entfaltung der Persönlichkeit, der Gleichheit
vor dem Gesetz bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Berücksichtigung arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse über die menschengerechte
Gestaltung der Arbeit. Job-Rotation, Job-Enlargement, Job-Enrichment.
– 64 –
3. Ebene: Objekte
4. Ebene: Handlungen (Beispiele)
Einstellungsund Entlassungsgrundsätze
Vorrangige betriebsinterne Ausschreibung offener
Stellen. Sorgfalt bei der Einführung neuer Mitarbeiter in das Unternehmen. Auswahlgrundsätze
und -kriterien für die Entlassung von Mitarbeitern.
Berücksichtigung sozialer Aspekte über das gesetzlich Notwendige hinaus (Alter, Betriebstreue, Familienstand, Nationalität, Religion).
Transparente Regelung der Einordnung in unterschiedliche Lohn- und Gehaltsstufen. Begrenzung
der Lohnspanne zwischen niedrigstem und höchsEntlohnung,
tem Entgelt. Akkordlohn: Möglichkeit der betrofPrämien,
Gewinnbeteiligung fenen Mitarbeiter zur Mitbestimmung bei der Festsetzung der Akkordrichtsätze und Vorgabezeiten.
Erfolgsbeteiligung der Mitarbeiter.
Sicherheit am Arbeitsplatz. Innerbetriebliche Gesundheitsbilanz. Sorgsamer Umgang mit gesundheitsgefährdenden Stoffen. Betriebsärztin, SanitäGesundheitsschutz ter, Erste-Hilfe-Station, Sport- und Fitnesskurse.
Abgetrennte Ruhezonen vorhanden, tatsächliche
Nutzung möglich. Zubereitung von Speisen in der
Betriebskantine nach gesundheitlichen Maßstäben.
Personalentwicklung
Assessment Center als Instrument qualifizierter
Personalfindung. Beteiligung der Fachabteilungen
des Betriebes an der Personalsuche. Angebot und
Förderung von Weiterbildung und Höherqualifizierung. Möglichkeit der Stellungnahme und des Einspruchs gegen negative Beurteilung. Kinderbetreuung.
Naturverträglichkeit ist das bewahrende und kultivierende Mitsein mit
der natürlichen Mitwelt. Man spricht heute lieber von Nachhaltigkeit und
meint damit – bei manchen Unterschieden und Unsicherheiten – die Erhaltung und Entwicklung des Potentials der naturgegebenen Produktionsmittel. Sicher können wir nicht alle Rohstoffe erhalten, sie müssen
zugunsten der Produktion verbraucht werden, aber wir können haushälterisch damit umgehen und sie mehrfach recyceln, bevor sie endgültig zu
unbrauchbarem Abfall werden; wir können manche Rohstoffe durch
Kunststoffe ersetzen, andere durch nachwachsende Rohstoffe und wieder
andere durch neue Technologien entbehrlich machen. Wir können die
naturgegebenen Grundlebensmittel Luft, Wasser und Boden vor Verunreinigung und Zerstörung schützen. Und wir können die fossilen Energiequellen nach und nach durch Energie aus Sonnenwärme und Sonnenlicht ersetzen. Alles das zusammen kann bewirken, dass die Menschheit
sich eines Tages tatsächlich mit der natürlich Mitwelt verträgt. Letzten
Endes bedeutet das ein Wirtschaften nach dem Vorbild der Natur, in der
jeder Abfall so produktiv wiederverarbeitet wird, dass kein Recycling,
– 65 –
sondern ein "Upcycling" stattfindet. Doch soweit sind wir noch lange
nicht. Fürs Erste muss Naturverträglichkeit daher bedeuten, dass man
Umweltschutzvorschriften befolgt, Umweltinformationen generiert und
vermittelt, verantwortlich mit Lebewesen, Energie und Stoffen umgeht,
Transportaufwand und Schadstoffemissionen vermindert und fortschrittliche, umweltschonende Technik anwendet. Dieses Bemühen muss auf allen Ebenen der Unternehmensstruktur seinen Ausdruck finden.
Ich stelle Ihnen noch ganz kurz die Umsetzung der Kriteriologie im Corporate Responsibility Rating der oekom research AG vor. Als wir 1997
unsere Kriteriologie mit den drei Dimensionen und 850 Einzelkriterien
vor der Fachwelt von Unternehmern, Bankern und so weiter präsentiert
haben, haben die uns gesagt: „Hervorragende theoretische Kriteriologie,
praktisch unbrauchbar.“ Daraufhin haben wir gesagt, dass wir – wenn
die Arbeit nicht umsonst gewesen sein soll – versuchen müssen, diese
Kriteriologie auch am Markt umzusetzen, und haben eine Ratingagentur
gesucht, die zwei Bedingungen erfüllte: Einmal die Bereitschaft, mit uns
die Umsetzung unserer Kriteriologie in ein Ratingkonzept zu vollbringen,
und zweitens die Bereitschaft, das entwickelte Ratingkonzept als entscheidendes Produkt für ihr Unternehmen zu übernehmen. Dazu war die
oekom research AG bereit. Die oekom research AG, die damals auf rein
ökologischer Ebene ratete, hatte im ökologischen Bereichs fast identische
Kriterien zu unserer Dimension Naturverträglichkeit. Die oekom research
AG hat dann mit uns gemeinsam die 850 Kriterien auf 200 Untersuchungskriterien im ökologischen, sozialen und kulturellen Bereich
heruntergebrochen. Das Ergebnis war das Corporate Responsibility Rating-Konzept.
Im Umweltmanagement werden Produkte, Dienstleistungen und Umweltdaten in Bezug auf die Umweltverträglichkeit geprüft, und in Bezug auf
Sozial- und Kulturverträglichkeit werden anhand von 100 Untersuchungskriterien Management, Mitarbeiter, externe Stakeholder und so
weiter untersucht. Das Ganze ist dann das Corporate Responsibility Rating.
Jeder Investor ist dann frei, zu sagen: „Ich will einen Spezialfonds bilden, in dem genau die und die ethischen Elemente drin sein sollen“. Dies
kann er machen. Er kann das sowohl auf Basis des Ratings machen, er
kann bestimmte Branchen immer noch ausschließen, was wir ihm aber
auszureden versuchen, und er kann natürlich auch sagen, „Ich will aber
auf jeden Fall Pornographie und Glücksspiel drin haben“, und dann soll
er es in Gottes Namen haben. Aber wir versuchen immer, ihn aus ethischen Motiven dazu zu überreden, sich möglichst am Best-in-classAnsatz zu orientieren.
– 66 –
100 Kriterien in 20 Untersuchungsfeldern
Untersuchungsfelder Umweltrating
Umweltmanagement
Ziele / Beauftragte / Programm
Öko–Bilanz / Controlling /Reporting
Standards im Ausland / Kooperationen
Ausbildung / Büroökologie / Beschaffung
Produkte / Dienstleistungen
Maßnahmen der Produkt– und Dienstleistungsentwicklung
z.B. Langlebigkeit / Verbrauchs– und Emissionsreduktion
Vermeidung umweltschädlicher Materialien
Environmental
Rating
Umweltdaten
Abfallaufkommen/ –zusammensetzung
Energie– und Wasserverbrauch
Schadstoffe im Abwasser
Emissionen in die Abluft
3/13/2002
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
100 Kriterien in 20 Untersuchungsfeldern
Untersuchungsfelder Sozial- und Kulturrating
Management
Unternehmensleitbild und –ziele
Beauftragte
Audits / Programm / Reporting
Mitarbeiter
Mitbestimmung / Personalentwicklung
Arbeitszeit / Entlohnung
Arbeitsplatzsicherheit / Gesundheit / Sozialeinrichtungen
Gesellschaftlich benachteiligte Gruppen
Social Cultural
Rating
Externe stakeholder
Zulieferer / Kunden / Produktverantwortung
Staat / Gemeinwesen
Ausland / Kulturelle Anpassung
Geschädigte Personen
Wirtschaftsbeziehungen
3/13/2002
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Gewichtung
3/13/2002
Cultural Rating
25%
Natural Rating
50%
Social Rating
25%
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Corporate
Responsibility
Rating
– 67 –
Um den Leitfaden umsetzen zu können, brauchten wir erstens Fleisch,
das heißt, wir benötigten Anlageportfolios, an denen wir uns abarbeiten
konnten, und zweitens brauchten wir natürlich Geld, um die oekom research AG in einem Werkvertrag an die Projektgruppe Ethisch-Ökologisches Rating zu binden. Die Portfolios bekamen wir von 13 Ordensgemeinschaften in Deutschland, einer evangelischen und zwölf katholischen. Das Geld gaben uns 37 Ordensgemeinschaften, die uns für die Untersuchung der Portfolios nach ethisch-ökologischen Gesichtspunkten
innerhalb von drei Monaten etwas mehr als 200.000 DM zur Verfügung
gestellt haben. Damit konnten wir unseren Leitfaden umsetzen. Dann
kam aber eine große Überraschung: Von den kirchlichen Anlegern waren
60 Prozent im festverzinslichen Bereich und nur ganz wenige im Aktienbereich engagiert, was – wie inzwischen überall bekannt – kirchenrechtliche Gründe hat. Wir waren aber dennoch überrascht. Was konnten wir
da machen? So trafen wir die Entscheidung: Wir müssen die Banken raten. Es wurden die 30 größten europäischen Banken geratet und die Landesbanken in Deutschland, weil die Ordensgemeinschaften in elf von
zwölf Landesbanken Engagements hatten. Und es wurden alle alternativen Banken geratet, die wir einfach als Vergleichsgröße haben wollten
und von denen es weltweit 13 gibt. Schließlich haben wir auch bei den
Kirchenbanken angefragt, derer es in Deutschland 15 gibt, aber die hatten nicht so ein gutes Verhältnis zum Rating. Die alternativen Banken
haben sich zu 85 Prozent beteiligt, die 40 Großbanken zu 65 Prozent, die
Landesbanken zu 42 Prozent und die Kirchenbanken zu 15 Prozent.
Beispiel: Banken-Rating
Beispiel
Banken
Anzahl
Ouote
Verweigerung der
Teilnahme
Alternative
Banken
13
85%
Bank für Sozialwirtschaft
Großbanken
40
65
Dresdner Bank, BNP
Paribas
Landesbanken
12
42%
LB Bremen, Helaba,
Nord LB, West LB
7%
Pax, Liga, DGM,
DKM, EKK, BKD
Kirchenbanken 15
3/13/2002
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
– 68 –
Banken: Ergebnisse
V. 2. 1. Alternative Banken
CRR
SCR
ER
Ökobank (DE)
A
AAAAA-
A
A
AB+
AB
A
AAB+
AA-
Triodos Bank
ABS (CH)
Co-operative Bank
BCL (CH)
GLS (DE)
V.2.2 Landesbanken
CRR SCR ER
Bayerische Landesbank
B-
B
C+
Landesbank Berlin
B-
B-
C+
Landesbank Saar
C
B-
C+
Landesbank Baden-Württemberg
C-
D+
C
Landesbank Sachsen
C-
/
C+
V.3.1 Europäische Großbanken
Rank
ER
1
2
3
4
5
:
8
:
9
:
11
:
26
C+
C+
C+
C
C
:
C:
C:
C:
D-
UBS (CH)
Credit Suisse (CH)
HypoVereinsbank (DE)
Commerzbank (DE)
NatWestBank (UK)
:
Deutsche Bank (DE)
:
ABN AMRO (NL)
:
Barclays (UK)
:
UniCredito Italiano (IT)
3/13/2002
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
– 69 –
Am Beispiel der Bayerischen Landesbank will ich Ihnen jetzt zeigen, wie
ein Bewertungschart aussieht. Die Bayerische Landesbank hatte damals
als beste der Landesbanken ein B, der Durchschnitt lag bei C+. Das Ergebnis bekommt die geratete Firma mit einem Text von etwa fünf bis
zehn Seiten mitgeteilt, wonach sie sich meistens auch für die Konkurrenten interessiert. Und dann sagen wir: Sie können den Industriereport über die ganze Branche haben, aber der kostet 5.000 DM, und das ist natürlich ein den Großbanken entsprechender Betrag, obwohl für diese
Peanuts. Damit wird einerseits die Unabhängigkeit für die Ratingagentur
gewahrt und andererseits eine der Finanzierungsmöglichkeiten aufgetan.
Bewertungsbeispiel
Social Cultural Rating
Bayerische Landesbank
D-
D
D+ C-
Social Rating
C
C+ B-
B
B 1
Rating:
Rank:
A
Cultural Rating
Grade Details Grade
A+ Management
Staff Relations
Cultural Rating
Management
D-D D+C-CC+B-B B+A-AA+ D-DD+ C-CC+B-B B+A-AA+ External Relations
3/13/2002
12
Industry: Banking/Regional Banks
Social Rating
B+ A-
out of
Weighting
B+
50.0 %
B
B+
20.0 %
80.0 %
C+
50.0 %
B
C+
20.0 %
80.0 %
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Im Rahmen dieses Konzeptes wurden von der oekom research AG bisher
rund 800 Unternehmen untersucht und bewertet. Dazu gehören 600 Leader oder Large Caps aus 25 Branchen. Damit werden der MSCI World zu
75 Prozent der Marktkapitalisierung abgedeckt und zirka 80 Prozent des
Dow Jones Stoxx 600. Die verbleibenden gerateten 200 Unternehmen
sind sogenannte Potentials oder Pioniere aus dem Bereich der Small und
Mid Caps
Schließlich hat die oekom research AG ein Länderrating entwickelt und
hier bereits die 30 OECD-Staaten zuzüglich Russland bewertet.
– 70 –
130 Untersuchungskriterien
im ökologischen, sozialen und kulturellen Bereich
Länderrating
Politik
Öko-System
Umweltbelastungen
Environmental
Rating
LänderRating
Politik
Soziales Kapital
Infrastruktur
3/13/2002
Social
Cultural Rating
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Länderrating: Umwelt
Politik (10%)
- Institutionen (50%)
- Politisches Programm (50%)
Ökosystem (30%)
- Boden (50%)
- Wasser (25%)
- Biodiversität (25%)
Umweltbelastungen (60%)
- Bodenbelastung (20%)
- Energie (20%)
- Wasserbelastung (20%)
- Abfall (20%)
- Luftemissionen (20%)
3/13/2002
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
Länderrating: Sozial und kulturell
Politik (40%)
- Polit. System & Grundrechte (50%)
- Politische Stabilität (12,5%)
- Staatshaushalt (12,5%)
- Korruption (12,5%)
- Gesellschaftliche Institutionen (12,5%)
Soziales Kapital (40%)
- Gleichberechtigung (16,6%)
- Arbeit & Einkommen (16,6%)
- Gesundheit (16,6%)
- Sicherheit (16,6%)
- Bildung (16,6%)
- Bevölkerungsentwicklung (16,6%)
Infrastruktur (20%)
5/23/2002
- Grundlegende Infrastruktur (25%)
- Bildungseinrichtungen (25%)
- Medizinische Einrichtungen (25%)
- Informationszugang (25%)
Prof. Dr. Johannes Hoffmann
– 71 –
Es wären noch einige andere Beispiele zu nennen, aber ich werde sie alle
weglassen und komme nur noch dahin, zu sagen: Auf dem Boden der
neuen Möglichkeit des ethisch-ökologisches Ratings hat sich innerhalb
von anderthalb Jahren der Investorenverein CRIC e.V. gebildet, der inzwischen 82 Mitglieder hat, von denen ein Drittel institutionelle Anleger
sind. Außerdem hat sich ein Industrieverband der Finanzdienstleister gebildet, das Forum für Nachhaltige Geldanlagen. Über beide habe ich
draußen einen Prospekt ausgelegt. Wenn Sie sich dafür interessieren,
können Sie auch auf die Homepages gehen, die Sie in meinen Unterlagen
vorfinden. 6
Herzlichen Dank und einen guten Appetit.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Ich danke Ihnen sehr, Professor Hoffmann. Wir haben ein bisschen überzogen, aber das macht fast gar nichts, denn über Verträglichkeit zu reden, ist etwas Wichtiges, auch im echten Leben wie jetzt beim Mittagessen. Bitte seien Sie pünktlich um zwei Uhr wieder hier. Vielen Dank.
6
http://www.cric-ev.de und http://www.forum-ng.de
– 72 –
VIII.
Ethisch und ökologisch orientierte Investoren –
Neue Anforderungen an Investor-Relations
Magdalena Moll und Dr. Rainer Rauberger, Henkel KGaA
Der Gedanke des nachhaltigen Wirtschaftens im Sinne einer ökologisch
und ethisch verantwortlichen Unternehmensführung hat sich bei Henkel
kontinuierlich entwickelt. Ausgangspunkt war die ökologische Absicherung unserer Produkte und der Produktion. Heute umfasst unsere Nachhaltigkeitsstrategie weltweit eingerichtete Managementsysteme für Sicherheit, Gesundheit, Umwelt und Qualität sowie eine für alle Mitarbeiter
verbindliche Unternehmensethik. Henkel übernimmt so aktiv gesellschaftliche Verantwortung. Für unsere Aktionäre macht sich die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit durch innovative Produkte, effiziente Prozesse
und ein umfassendes Risikomanagement bezahlt.
Zehn Jahre Nachhaltigkeit bei Henkel
Als sich Henkel 1991 als eines der ersten Unternehmen auf die Business
Charter for Sustainable Development verpflichtete, war die Ausgangssituation für deren Umsetzung in Unternehmen sehr unterschiedlich. Beispielsweise war Umweltschutz in Forschung und Entwicklung bereits in
den 1960er Jahren ein wichtiges Ziel. Daraus entwickelte sich Ende der
1970er Jahre eine Marketingstrategie, die sich bis heute bewährt: Mit
leistungsfähigen Produkten, die hohen Kundennutzen mit ökologischem
Fortschritt verbinden, will Henkel Wettbewerbsvorteile erzielen. Bis Mitte
der 1990er Jahre fehlte allerdings noch das Instrument, um auf konzernweiter Basis nachhaltiges Wirtschaften umzusetzen: das integrierte
Managementsystem. Es richtet die im Unternehmen ablaufenden Prozesse auf Nachhaltigkeit aus. Seine Struktur und Leistungsfähigkeit fand
mehrfach externe Anerkennung. Beim Umweltwettbewerb 1999/2000 des
Bundesverbands der deutschen Industrie errang Henkel den ersten Platz.
Als Grundlage seiner gesellschaftlichen Verantwortung führte Henkel im
Jahr 2000 einen für alle Mitarbeiter verbindlichen Verhaltenskodex ein.
Im Jahr 2001 wurde Henkel als führendes Konsumgüter-Unternehmen im
internationalen Nachhaltigkeitsindex von Dow Jones bestätigt.
Organisation für Nachhaltigkeit
Um den aktuellen Anforderungen für ein nachhaltiges Wirtschaften gerecht zu werden, hat Henkel eine weltweite Organisation für Nachhaltigkeit. Die Gesamtverantwortung für Nachhaltigkeitsfragen trägt die Henkel-Geschäftsführung. Sie richtet die Geschäftspolitik auf die Chancen
und Anforderungen des nachhaltigen Wirtschaftens aus. Der Sustainability Council entwickelt als globales Steuerungsgremium die erforderlichen Maßnahmen und überwacht deren Umsetzung. Die Leiter der Un-
– 73 –
ternehmensbereiche sorgen für die Umsetzung in den ihnen zugeordneten Henkel-Unternehmen. Die Konzernfunktionen Forschung/Technologie, Biologie/Produktsicherheit und Human Resources stehen den Unternehmensbereichen als Kompetenzzentren unterstützend zur Verfügung.
Daneben gibt es verschiedene Gremien, die gezielt den Erfahrungsaustausch der Beteiligten fördern und zur Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitspolitik beitragen.
Unternehmerische Bedeutung und Dialog mit Analysten
Die wirtschaftliche Bedeutung der Nachhaltigkeit spiegelt sich im steigenden Interesse der internationalen Kapitalmärkte wider. Henkel begegnet diesen Anforderungen mit einer zielgruppenorientierten Nachhaltigkeitskommunikation und einem umfassenden Dialog mit Investoren, Indexanbietern und Research-Institutionen. Unsere Fortschritte auf dem
Weg zur Nachhaltigkeit werden in dem jährlich erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht7 sowie im Internet8 veröffentlicht und fanden mehrfach
externe Anerkennung. Es ist Henkel gelungen, seit 1992 den Energiebzw. Wasserverbrauch pro Tonne Produkt um 30 Prozent bzw. 47 Prozent zu verringern. Gleichzeitig wuchs der Umsatz um 80 Prozent; der
operative Gewinn (EBIT) wurde um das 2½-fache gesteigert.
Bestätigung am Kapitalmarkt
Die erzielten Erfolge werden auch vom Kapitalmarkt bestätigt. Nach einer Studie des Bundesumweltministeriums ist Henkel eines der beiden
deutschen Unternehmen, das am häufigsten in Umwelt-/NachhaltigkeitsInvestmentfonds vertreten ist. Im August 2001 wurde Henkel als Sustainability Leader in der Konsumgüterbranche im Dow Jones Sustainability
Index eingestuft. Henkel ist damit Marktführer unter den Unternehmen,
die – gemessen an ihrer Nachhaltigkeitsleistung – zu den besten zehn
Prozent ihrer Branche zählen. Darüber hinaus ist Henkel auch im
internationalen Ethikindex FTSE4Good und im ASPI-Eurozone-Index für
Socially Responsible Investment seit deren Auflage vertreten.
7
Henkel Nachhaltigkeitsbericht 2001, Bezug (kostenlos): Investor Relations, Tel.
0211/797-2166, Fax: 0221/798-2863, Email: [email protected];
8
Nachhaltigkeitsportal von Henkel im Internet: http://www.henkel.de/nachhaltigkeit
– 74 –
Ethisch und ökologisch orientierte
Investoren – Neue Anforderungen an
Investor Relations
Magdalena Moll
Investor Relations
Dr. Rainer Rauberger
Nachhaltigkeitskommunikation
14. März 2002
Henkel auf einen Blick
Führend in Marken und Technologien
4 Unternehmensbereiche:
Wasch-/Reinigungsmittel
Kosmetik/Körpferpflege
Klebstoffe für Konsumenten und Handwerker
Technologies
Aktiv in mehr als 75 Ländern
60.000 Mitarbeiter (Jahresdurchschnitt)
Profitables Wachstum seit 1996
1996
2001
ø p.a. in %
Umsatz (Mrd €)
8,3
13,1
10
EBITDA (Mio €)
945
1.534
10
EBIT (Mio €)
517
885
11
EBIT Marge (%)
6,2
6,8
0,1 pp
Jahresüberschuss
(Mio €)
284
476
11
EPS Vorzüge (€)
1,74
3,05
12
– 75 –
Zehn Jahre Nachhaltigkeit
1991
Unterzeichnung der “Business Charter for Sustainable
Development”
1992
Veröffentlichung des ersten Umweltberichts
1994
Unternehmensleitbild: Wettbewerbsvorteile durch
Öko-Leadership
1997
Einführung integrierter Managementsysteme sowie Beginn
weltweiter Sicherheits-, Gesundheits- und Umwelt-Audits
1999
Branchenbester im weltweiten Umweltranking des
Manager Magazins
2000
Einführung von Verhaltenskodex und Unternehmensethik
2001
Führendes Konsumgüter-Unternehmen im internationalen
Nachhaltigkeitsindex von Dow Jones
Organisation für Nachhaltigkeit
Vorsitzender
Geschäftsführung der Henkel Gruppe
Leiter der Unternehmensbereiche
Sustainability-Council
Konzern-Funktionen
Corporate SHEQ
Forschung/Technologie
Biologie/
Produktsicherheit
Human Resources
Internationale HR/SHEQ Konferenzen
Unternehmensbereiche
Henkel-Unternehmen
Kommunikationsforum
Product Stewardship
und Standorte
Da weiß man, was man hat.
Persil Megaperls
50 % weniger Waschmittel und Verpackung
bei gleicher Leistung
geringere Abwasserbelastung
weniger Haushaltsabfall
Nachfüllbeutel statt Faltschachtel
80 % Verpackungsreduzierung
2.500 t weniger Haushaltsabfall
4 Mio Euro Rohstoffkosten Ersparnis
– 76 –
Liofol
Weltweiter Technologieführer bei lösemittelfreien
Kaschierklebstoffen
Vorteile für den Kunden:
- schnellere Fertigungszeiten
- weniger Ausschuss
- gute Verarbeitungsbedingungen
Seit 1998 Verdreifachung des Umsatzes mit
lösemittelfreiem Liofol
Lösemittelfreie Kaschierklebstoffe
Weltmarkt (in Tonnen)
15.000
30.000
+15%
p.a.
2000
2005e
Erfolgsbilanz 1992 bis 2001
Umweltkennzahlen pro Tonne Output
Wasser
-47%
Abfall
-6%
NOX
-69%
Energie
30%
Abwasserbelastung
-48%
EBIT + 154%
CO2
-24%
Umsatz +81%
Org. Kohlenwasserstoffe
Schwermetalle
-75%
-68%
Wichtige Zielgruppen der
Nachhaltigkeitskommunikation
Handel, Industriekunden
Politik, Behörden
Finanzwelt
Fachinstitutionen und Umweltverbände
Medien
Mitarbeiter
Verbraucher
– 77 –
Nachhaltigkeitskommunikation
im Überblick
Fachpublikationen
Detail
Nachhaltigkeitsbericht
CD-ROM
Information
Sustainability
Ratings
Direkter Dialog
Internet:
www.she.henkel.de
Standortberichte
Investorenkonferenzen
Tage der
offenen Tür
Pressemitteilungen
Nachhaltigkeitsthemen im Geschäftsbericht,
Mitarbeiterzeitung, Kundenkommunikation
Überblick
gering
Aktualität
Nachhaltigkeitsbericht
• Jährlicher Bericht seit 1992
• Konzerninformationen zu Management,
Mitarbeiter, Produkte, Produktion,
Dialog
• Internationaler Verteiler 40.000
Exemplare(deutsch und englisch)
• Ranking Umweltberichte (Capital / IÖW)
auf Platz 5 im Jahr 2000
www.henkel.de/nachhaltigkeit
hoch
– 78 –
Standortberichte
Henkel Nachbarschaftszeitung
Ethisch und ökologisch
orientierte Investoren
Investoren
Indexanbieter
Bank Sarasin, CH
UBS, CH
Care Invest, CH
Bank Vontobel, CH
Jupiter AM, UK
Kempen Capital/
SNS AM, NL
Storebrand Investment, N
DJ Sustainability
FTSE4Good
ASPI Eurozone
Research
oekom, München
Scoris/Siri-Group,
Hannover
Ethibel, Brüssel
Imug, Hannover
EPS Finanz, Zürich
– 79 –
Relevante Themen
Allgemeine Unternehmensinformationen
Gesellschaftliches Engagement
Corporate Governance
Kunden
Mitarbeiter
Umwelt
Lieferanten
Aktivitäten in kontroversen Geschäftsfeldern
Beurteilung am Beispiel des
DJ Sustainability Index
Ökonomie
Sustainability Bewertung
Gesamtwert
Weltweiter Industriedurchschnitt
Henkel KGaA
Bestes Unternehmen weltweit
Ökologie
Soziales
– 80 –
IX.
Ethisch-ökologische Fondsanlage am Beispiel des
UBS (Lux) Equity Fund – Eco Performance
Ingeborg Schumacher, UBS Global Asset Management
Zunächst möchte ich Ihnen kurz mein doppeltes Engagement für das
heutige Thema erklären. Ich arbeite seit 1996 im Bereich Asset Management der UBS, der größten Schweizer Bank. Als institutioneller Vermögensverwalter haben wir uns besonders dem Thema nachhaltige Investments gewidmet. In einer zweiten Rolle – neben meiner Tätigkeit im
Fondsmanagement – schreibe ich eine Dissertation zu einem Thema, das
auch bereits angesprochen wurde, nämlich zur Frage, wie weit Pensionskassen sich bereits im Sustainable Investment engagieren.
Ich möchte folgende Aspekte ansprechen: Wie sieht der Markt für Socially Responsible Investment aus? Warum haben wir dieses Thema mit unserem Fonds überhaupt aufgegriffen? Ich kann mit Stolz sagen, dass wir
mittlerweile der größte Fonds nachhaltiger Investments im deutschsprachigem Raum managen. Vielleicht werden wir deshalb als Schweizer
auch häufiger zu einschlägigen Präsentationen eingeladen.
Wie eine Strategie des nachhaltigen Investments umgesetzt werden kann,
wurde heute schon verschiedentlich angesprochen. Man kann zum Beispiel durch Ausschlusskriterien agieren, doch bedeutet dies Einschränkungen der Diversifikationsmöglichkeiten, so dass unter Umständen sehr
hohe Abweichungen von einer Benchmark zu befürchten sind. Gerade
für institutionelle Investoren kann dies ein Problem darstellen.
Im kontinentaleuropäischen Raum wird mittlerweile ein Positivverfahren
angewendet, indem man nach dem Best-in-Class-Prinzip in nachhaltige
Unternehmen investiert oder eine Über- oder Untergewichtung gegenüber einer Benchmark vornimmt, was eine breitere Diversifikation ermöglicht, aber auch für Fondsmanager ein Erklärungsproblem verursacht: Warum ist denn zum Beispiel ein Unternehmen wie Henkel als
Chemiekonzern in einem Ökofonds vertreten?
Der in England und in den USA vorherrschende Ansatz des Shareholder
Activism beziehungsweise Engagement wird vor allen Dingen von institutionellen Investoren genutzt. Er bedeutet, dass Pensionskassen, Fonds
oder andere institutionelle Investoren in einen aktiven Dialog mit den
Unternehmen eintreten. Hierbei werden auf Hauptversammlungen bestimmte Themen angesprochen, die aus ökologischer und sozialer Sicht
kontrovers sind. Dieser Ansatz gewährt sehr große Unabhängigkeit der
Investitionsentscheidungen. Allerdings lautet die entscheidende Frage
immer: Was bringt es? Und wie kann das Fondsmanagement den Mit-
– 81 –
gliedern der Pensionskasse erklären, was durch das aktive Engagement
wirklich erreicht worden ist?
In den meisten Ländern ist ein Wachstum des Marktes für nachhaltiges
Investment zu verzeichnen, allerdings in den einzelnen Ländern in sehr
unterschiedlichem Maße.
Anzahl der Fonds und Anlagevolumen pro Land (in Mio Euro) 1999
7000
Mio EUR
70
no funds
6000
60
Assets per Country 2001
Assets per Country 1999
Number of funds
5000
50
4000
40
3000
30
2000
20
1000
10
0
0
UK
France
Italy
NL
CH
Sweden
Belgium
Germany
Spain
Quelle: SIRI Group, 2001
Großbritannien hat die längste Tradition in Europa. Ein höheres Engagement von kirchlichen Investoren oder Pensionskassen bedeutet, dass
dort bereits relativ hohe Anlagesummen im nachhaltigen Bereich vorliegen. Auch in Deutschland ist das Wachstum relativ groß, allerdings ausgehend von niedrigem Niveau. In der Schweiz hat sich eine sehr interessante Dynamik entwickelt, denn man sieht an der Vielzahl der Anbieter,
dass es nicht nur ein oder zwei Nischenanbieter sind, die das Thema aufgegriffen haben, sondern dass sich mittlerweile die verschiedenen Großbanken, aber auch renommierte Privatbanken und Spezialanbieter mit
nachhaltigem Investment auseinandersetzen. Durch die Konkurrenz am
Markt wird das Thema auch bei konventionellen Investoren salonfähig,
was wiederum zu recht ansehnlichen Volumina führt.
Die UBS hat sich verpflichtet, ökologisch und sozial aktiv zu werden, indem sie die UNEP-Erklärung der Banken zum Sustainable Development
unterzeichnet hat und indem sie Mitglied im World Business Council for
Sustainability Development ist. Aufgrund der konsequenten Umsetzung
dieser Verpflichtungen hat sie eine positive Resonanz in Ratings, zum
Beispiel von SAM oder der oekom research AG, erhalten.
– 82 –
Gleichzeitig hat sich die UBS seit einigen Jahren einer ISO 14001-Zertifizierung unterzogen. Das ist ein Standard für internationale Umweltmanagementsysteme. Es wird regelmäßig überprüft, ob eine kontinuierliche
Verbesserung der Umweltleistung erzielt wird, wozu bei einer Bank auch
die Vermögensanlage gehört. Konkreter Ausgangspunkt waren verschiedene Kundenanfragen von privater wie auch von institutioneller Seite.
1996 wurden zusätzlich überzeugende Konzepte entdeckt, mit denen sich
ökologische Nachhaltigkeit für Investoren attraktiv umsetzen lässt. Da es
Prinzipien der ökologischen Effizienz gibt, die nicht nur ökologische,
sondern auch klare ökonomische Vorteile erzielen, war die Entscheidung
der UBS, entsprechende Fonds aufzulegen und anzubieten, eindeutig.
Als strategische Grundlage dieser Entscheidung fungiert die Umweltpolitik der UBS, die nicht nur eine „nette Image-Geschichte“ sein darf, sondern durch das Umweltengagement auch gleichzeitig einen Beitrag zum
Shareholder Value leisten muss. Wichtig sind hierfür die Beherrschung
der Risiken, vor allem im Bereich Kreditvergabe und Investmentbanking,
aber auch die Erschließung neuer Marktchancen.
Eine These der UNO lautet, dass Wasser in unserem Jahrhundert wichtiger sein wird als Öl. Dabei spielen folgende Gründe eine Rolle: Einerseits
wird der Bedarf an Wasser steigen, andererseits wird Wasser durch Umweltverschmutzung und durch Mängel in der Infrastruktur knapp. Zum
Beispiel gehen 30 Prozent des Wassers durch lecke Wasserleitungen verloren. Dies resultiert in steigenden Preisen und führt dazu, dass Firmen
wie zum Beispiel Nestlé dort Chancen sehen und in das Wassergeschäft
einsteigen. Ein hoher Finanzierungsbedarf wird durch die Privatisierung
von Wasserversorgern gedeckt werden. Hier existieren Investmentchancen in Firmen, die günstige Wasseraufbereitungstechnologien anbieten,
Wasser effizient einsetzen und Technologien anbieten, die Wassersysteme sanieren. Verschiedene Fondsprodukte investieren daher ausschließlich in das Thema Wasser.
Ökoeffizienz ist die Konzeption, auf der UBS seit 1996 aufgebaut hat.
Grundlage ist die Erkenntnis, dass Unternehmen durch den ökonomischen Einsatz von Ressourcen ganz klar finanzielle Vorteile erzielen
können. Henkel hat ein Beispiel geliefert, dass man damit Kosten einsparen, die Betriebssicherheit erhöhen und durch neue Produkte Wettbewerbsvorteile am Markt erzielen kann.
Von der Philosophie der Ökoeffizienz her ist der Name unsers Fonds EcoPerformance gleichzeitig Programm. Er steht für ökonomische, ökologische und soziale Performance, beruhend auf einer breiten Diversifikation
über alle relevanten Branchen und Länder. Ziel war es, eine mindestens
marktgerechte Rendite zu erzielen. Dieses Ziel haben wir eindeutig erreicht, denn seit der Auflegung 1997 wurde der MSCI World Index geschlagen. Dies führt dazu, dass der Fonds im eigenen Unternehmen positiv wahrgenommen wird und dass Kundenberater unseren Fonds aktiv
– 83 –
verkaufen. Insgesamt haben wir mittlerweile ein Fondsvolumen von
knapp 500 Millionen Schweizer Franken erreicht.
Im Rahmen einer Doppelstrategie wird der größte Teil des Fondsvolumens in Branchenleader investiert. Das sind – wie die Firma Henkel – die
Unternehmen, die als ökologisch und sozial führend in ihrer Branche
gelten. Das Rating der oekom research AG hat ein ähnliches Prinzip. Mit
den Branchenleadern wird eine hohe Anlagesicherheit für die Investoren
erreicht, was vor allem für die Pensionskassen, die in diesen Fonds investieren, wichtig ist. Gleichzeitig werden durch das Auftreten von Analysten wie uns, von SAM oder von imug Signale an Unternehmen gegeben, dass auch Ökologie und soziale Performance zählen.
Ein weiteres Segment sind die Innovatoren. Das sind eher kleinere Firmen, die vor allen Dingen aufgrund ihres Umweltnutzens auffallen. Firmen im Bereich erneuerbarer Energien wie Windturbinenhersteller und
Solarenergie, aber auch Firmen, die im Bereich Biofood tätig sind, gehören hierzu. Hier profitiert der Fonds von den hohen, häufig zweistelligen,
Wachstumsraten bei Windturbinen. Im Bereich Biofood nimmt das Bewusstsein in der Bevölkerung zu. Dieses Investitionspotential drückt sich
allerdings häufig in mitunter auch negativen Kurssprüngen aus. Die Volatilität dieser Titel ist relativ hoch. Deswegen haben wir bewusst eine
breite Mischung innerhalb dieser beiden Unternehmensgruppen gewählt
wie auch eine breite Streuung über alle Branchen und Länder.
Titelauswahl des Eco Performance Fonds
Plausibilit ät sprüf ung
UBS-Finanzanalyse
Ökologische und
soziale Analyse
Aggregat ion
Erst es Screening
Unt ernehmensanalyse
Fragebogen
Tit elausw ahl
Der Anlageprozess des Fonds basiert auf der UBS-Finanzanalyse. Als
weltweit größter Vermögensverwalter besitzt UBS eine fundierte Research-Plattform, die mit Analysten in Sydney, in Tokio, in Chicago die
Unternehmen beobachtet und dem Fondsmanagement diese Informatio-
– 84 –
nen zur Verfügung stellt. Mein Team ist für die ökologische und soziale
Analyse verantwortlich. Mit unserem Verfahren überprüfen wir zunächst
die Unternehmen, die sich proaktiv in der Öffentlichkeit darstellen, indem sie Umweltberichte veröffentlichen, entsprechende Chartas unterschreiben oder indem sie sich nach ISO 14001 oder EMAS zertifizieren.
Anschließend werden die Veröffentlichungen im Internet, gedruckte
Umwelt- und Sozialberichte, Jahresberichte et cetera ausgewertet. Weiterhin werden Fragebögen versandt, weil nicht alle Information veröffentlicht werden und weil geprüft werden muss, inwieweit die deklarierte
Politik und die Strategien vor Ort tatsächlich umgesetzt werden, das
heißt, ob es eine Grundorientierung auf der Unternehmensebene gibt oder ob vielleicht nur ein Pilotprojekt an einem Standort umgesetzt wird.
Bei der Plausibilitätsprüfung geht es schließlich um eine unabhängige
Analyse der Unternehmen mit Hilfe von Datenbanken, Medienrecherchen
und so weiter, die ein unabhängiges Bild der Unternehmen ergeben.
Die Analyse besteht also aus drei Bereichen: Die finanzwirtschaftliche
Analyse muss ergeben, dass die Firma Potential hat und ausreichend liquide ist. Die ökologische und soziale Analyse muss ein proaktives Verhalten ergeben, und bei der Plausibilitätsprüfung dürfen keine größeren
Probleme auftreten. Wenn alle Bedingungen erfüllt sind, kann der Eco
Performance Fonds investieren.
Bei der Ökologie wird ein siebenteiliges Raster verwendet. Es wurde bewusst eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Kriterien gewählt, weil die qualitativen Kriterien eine Aussage über die Strategie des
Unternehmens geben und durch die quantitativen Daten überprüft werden kann, wie sich die konkrete Umweltleistung des Unternehmens verbessert hat.
Auf der sozialen Ebene geht es um die Beziehung des Unternehmens zu
seinen relevanten Anspruchsgruppen. Hier wird ermittelt, ob es eine betriebliche Sozialpolitik gibt, ob Verantwortungen delegiert wurden, ob
ein Code of Conduct verabschiedet wurde, inwieweit Lieferanten auf die
Einhaltung von sozialen und ethischen Standards überprüft werden etc.
Einen sehr wichtiger Faktor stellt die Beziehung des Unternehmens zu
den Mitarbeitern dar, denn diese sind seine wertvollsten Assets. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter motivieren und im Unternehmen halten,
können deutliche Vorteile erzielen.
Durch die Plausibilitätsprüfung kommen andere Komponenten hinzu, die
auch zum Ausschluss bestimmter Aktivitäten führen können, zum Beispiel der Investition in Unternehmen, die Gentechnik in der Freisetzung
einsetzen. Es wird bewusst vermieden, nur mit Negativkriterien zu agieren und zu stark in eine Schwarzweißmalerei zu verfallen, was für eine
Großbank sehr schwierig sein kann, die sehr viele verschiedene Geschäftsbeziehungen hat. Alle Kriterien sind auch von einer ökonomi-
– 85 –
schen Seite zu betrachten, da auch die Frage der Versicherbarkeit von Risiken ökonomische Konsequenzen für die Unternehmen haben kann.
Im Researchteam der UBS arbeiten sechs Kollegen, die sowohl über eine
naturwissenschaftliche wie auch eine wirtschaftliche Ausbildung verfügen. Mit externen Partnern wird eng zusammengearbeitet, beispielsweise
mit dem Institut ecos.ch in Basel, seit 1999 auch mit einem Institut in
Tokio, da wir auch einen japanischen Fonds aufgelegt haben, der nach
einer ökologischen Analyse ausschließlich in japanische Unternehmen
investiert. Ein Expertenrat begleitet den Investmentprozess auf einer
strategischen Ebene und berät uns bei der Weiterentwicklung der Anlagekriterien sowie zu bestimmten Themen, aktuell zum Beispiel zur ethischen Diskussion in der Pharmabranche.
Der Eco Performance orientiert sich relativ eng am MSCI World Index,
dem klassischen Weltaktienindex, der zu über 50 Prozent aus US-Titeln
besteht. Der Fonds soll den Anlegern die Gelegenheit geben, jeden klassischen weltweit investierten Aktienfonds zu ersetzen, und deswegen
sollen sich auch die Risikoeigenschaften des Fonds daran orientieren. Eine leichte Übergewichtung weisen die Anlagen in westeuropäischen Industrieländern auf, zum Beispiel in Deutschland, der Schweiz, aber auch
in skandinavischen Ländern. Mit einem aktiven Risikomanagement wird
versucht, diese Abweichungen möglichst gering zu halten.
Zu den größten zehn Positionen gehören vor allem amerikanische Unternehmen, die eine sehr hohe Marktkapitalisierung haben. Auch in die
Henkel-Aktie haben wir investiert, wobei Henkel natürlich eine kleinere
Position hat, da wir nur rund vier Prozent unseres Kapitals in Deutschland investieren können.
Die Analyse erfolgt nach Branchen. Der Analyst sucht die kritischen
Punkte in der Branche und prüft, welche ökologischen Herausforderungen bestehen. Auf diese spezifischen Anforderungen werden die einzelnen Unternehmen überprüft. Dies bedeutet zum Beispiel für die Automobilkonzerne, dass sie durch Reduktion des Flottenverbrauchs oder die
Arbeit an neuen Antriebstechnologien überzeugen müssen. Bei den Banken oder Versicherungen wird die Integration ökologischer und sozialer
Faktoren in die Kreditanalyse und in das Anlagegeschäft geprüft.
Warum ist auch eine Firma wie Toyota in einem solchen Fonds vertreten? Toyota hat das weltweit erste serienreife Hybrid-Fahrzeug auf den
Markt gebracht, hat den Standard ISO 14001 umgesetzt und spielt in
verschiedenen Technologien, sei es bei der Katalysatortechnik oder bei
der Brennstofftechnologie, eine führende Rolle, was letztendlich auch
wieder zu einer Emissionsminderung führt.
Andere Unternehmen vermutet man wahrscheinlich eher in einem ökologisch orientierten Fonds, zum Beispiel Innovatoren im Bereich erneuer-
– 86 –
barer Energien oder biologischer Nahrungsmittel. Die Software von
Aspen Technology wird von Öl- und Chemiefirmen eingesetzt, was zu
einer größeren Effizienz in diesen Unternehmen führt und damit einen
direkten Beitrag zur Ressourceneinsparung leistet. Diese Unternehmen
haben nur selten einen höheren Anteil am Fondsvermögen.
Die Aktie von Ballard Power System war 2000 über einige Monate unter
den ersten zehn Aktien. Die geringere Marktkapitalisierung dieser Unternehmen mahnt jedoch zur Vorsicht, und die höhere Volatilität ihrer Kurse muss genau beobachtet muss. Deshalb werden in diese Firmen eher
kleinere Summen investiert. Allerdings hat das Auftreten ökologisch orientierter Fonds auch dazu beitragen, dass bestimmte Börsengänge im Bereich erneuerbarer Energien beschleunigt wurden. Hier tritt ein deutlicher
Förderungseffekt auf.
Performance des UBS (Lux) Equity Fund-Eco Performance
200
190
180
UBS Eco
M SCI World
170
160
150
140
130
120
Jun-97
Aug-97
Okt-97
Dez-97
Jan-98
M rz-98
M ai-98
Jul-98
Sep-98
Nov-98
Jan-99
M rz-99
M ai-99
Jul-99
Sep-99
Nov-99
Dez-99
Feb-00
Apr-00
Jun-00
Aug-00
Okt-00
Dez-00
Feb-01
Apr-01
M ai-01
Jul-01
Sep-01
Nov-01
Jan-02
110
100
90
80
Eine sehr wichtige Referenz für die Beurteilung eines Fonds ist natürlich
seine wirtschaftliche Performance. Der Eco Performance hat den MSCI
World Index geschlagen, wobei es Phasen gab, in denen er sich eindeutig
besser als der MSCI entwickelte, und andere Phasen, in denen er schlechter lief. 1998 hat er speziell im vierten Quartal in Folge der Asien- und
Russlandkrise verloren, weil zum Beispiel gerade die Aktienkurse der Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung stark sanken und eine
Flucht in die sicheren Werte stattfand. Im Jahr 2000 haben sich dagegen
gerade die Innovatoren sehr gut entwickelt. Im letzten Jahr hat der Bereich erneuerbarer Energien unter anderem durch die Energiepolitik von
Bush, aber auch durch den Konkurs von Enron wieder an Investorengunst verloren. Und damit ergeben sich Schwankungen, die bewusst
durch die Mischung mit den großkapitalisierten Aktien in Grenzen zu
halten sind.
– 87 –
Die Vorteile des Konzeptes des Eco Performance bestehen in der Möglichkeit für die Anleger, in die Lösung globaler Umweltprobleme zu investieren, gleichzeitig aber davon zu profitieren, dass ökoeffiziente Unternehmen auch finanziell attraktiv sind. Durch die Kombination in der
Anlagestrategie kann der Investor sowohl von der Anlagesicherheit wie
auch vom Potential kleiner Firmen profitieren.
Eine Frage, die immer wieder sehr kontrovers diskutiert wird, ist die Frage nach der Performance. Sie ist vor allen Dingen für die Gewinnung institutioneller Investoren wichtig. Analysen mit Fondsvergleichen über
längere Zeiträume hinweg kommen zum Ergebnis, dass die Fonds, die
nach nachhaltigen Kriterien gemanagt werden, langfristig und unter Berücksichtigung ihres Risikos keine schlechtere Performance als konventionelle Fonds erzielen. Das ist besonders bei der Frage der Altersvorsorge
eine wichtige Aussage.
Hinsichtlich der Kriterien ist der klare Trend weg von Negativ- hin zu
Positivkriterien, wobei neben ökologischen auch soziale Kriterien an Bedeutung gewinnen. Die institutionellen Investoren beginnen, sich für das
Thema des ökologischen Investments zu interessieren. Die Deklarationspflicht zum Beispiel für Pensionskassen wird dafür sorgen, dass das
Thema intensiver diskutiert wird. Seit 2000 gibt es in Großbritannien die
Verpflichtung für Pensionskassen, darüber Auskunft zu geben, ob sie soziale und ökologische Kriterien in ihrer Anlagepolitik berücksichtigen
oder nicht. Dies hat zu einer deutlichen Bewusstseinsbildung geführt.
Es werden sich nicht zuletzt auch deshalb immer mehr Akteure mit ökologischen Investments befassen, weil viele Arbeitnehmer explizit das Bedürfnis ausdrücken, dass auch ihr Geld so angelegt werden soll. Die Lancierung von Indizes führt dazu, dass ökologisches Investment unter konventionellen Investoren salonfähig wird und eine höhere Breitenwirkung
gewinnt. Zunehmend wird eine Diversifikation auch innerhalb des Bereichs ökologischer Produkte möglich, indem es neben Weltaktienfonds
auch Spezialfonds einzelner Sektoren, aber zum Beispiel auch Bondfonds
gibt. Hier sind hohe Wachstumsraten zu verzeichnen, wenn auch im
Vergleich zum Gesamtmarkt noch auf einem relativ niedrigem Niveau.
Für weitere Informationen kann ich Ihnen unsere Homepage empfehlen.9
Außerdem können wir Ihnen einen Quartalsnewsletter anbieten, mit dem
wir regelmäßig Informationen verschicken, auch über die Firmen, in die
wir investieren. Damit möchte ich weitergeben. Vielen Dank.
9
http://www.ubs.com/g/investmentfunds/ecoperformance.html
– 88 –
X.
Benchmarking Sustainability Investments am
Beispiel der Dow Jones Sustainability Indexes
Alexander Barkawi, SAM Indexes GmbH
Besten Dank für die Einführung, Herr Professor von Rosen, und herzlichen Dank für die Einladung nach Frankfurt. Es ist sowohl für mich als
auch für meine Kolleginnen und Kollegen bei SAM außerordentlich motivierend zu sehen, wie sehr das Thema Sustainability mittlerweile aufgegriffen wird, nicht nur hier in Frankfurt, sondern auch in anderen europäischen Orten und mittlerweile auch immer stärker in Amerika.
Sie haben im Verlauf des heutigen Tages schon einiges über die Abgrenzung zwischen ethischem Investment und Sustainability Investment gehört. Lassen Sie mich im Rahmen dieser Einführung lediglich ein paar
Beispiele herausgreifen, welche Ihnen ein Gefühl für die Dynamik geben,
die wir gegenwärtig im Markt der Sustainability Investments erleben. In
Bezug auf diese Dynamik vertrete ich übrigens eine etwas andere Meinung als Herr Professor Döring heute morgen. Ich glaube, dass wir durch
Pensionsfonds – und zwar nicht nur im Rahmen individueller Vorsorge,
sondern auch im Kontext der betrieblichen Vorsorge – im Hinblick auf
Sustainability ein beachtliches Wachstum erleben werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich als erstes Beispiel über einen Meilenstein berichten, der Ihnen vielleicht schon bekannt ist: Wir haben im
vergangen Mai die Alters- und Hinterbliebenenversicherung AHV, die
erste Säule der Schweizer Sozialvorsorge, für das Thema Sustainability
Investments gewinnen können. Die AHV hat damals ein Mandat von 500
Millionen Schweizer Franken an State Street Global Advisors vergeben,
mit dem Auftrag, den Dow Jones Sustainability World Index passiv zu
verfolgen. Dieser Betrag machte damals ein Drittel des gesamten internationalen Aktienportfolios der AHV aus.
Ein weiteres Beispiel ist Barclays Global Investors, einer der anderen
zentralen Akteure im Bereich passiver Investments. Barclays hat vor vier
Wochen erklärt, dass sie sich das Thema Sustainability genau anschauen,
und wenn sie feststellen, dass es einen positiven Link zur finanziellen
Performance gibt, was unsere Überzeugung ist, integrieren sie es in den
gesamten Investmentprozess. Damit kommen natürlich vollkommen neue
Dimensionen auf uns zu.
Ein letztes Beispiel in diesem Zusammenhang ist HSBC. Das Unternehmen hat vor sechs Wochen eine Publikation herausgegeben, die den
Startschuss dafür gab, Sustainability in das gesamte MainstreamResearch von HSBC zu integrieren. Das heißt, jeder Analyst bei HSBC,
– 89 –
der bisher traditionelle Finanzanalyse gemacht hat, wird in Zukunft verstärkt ökologische und soziale Kriterien mit einbeziehen.
Die erwähnten Beispiele geben Ihnen einen Eindruck davon, in welchem
Rahmen wir uns mittlerweile auf dem Markt bewegen. Sustainability ist
kein Nischenthema mehr. Mittlerweile steigen die Mainstream Player ein,
der Markt wird zunehmend professioneller und damit wächst natürlich
auch die Nachfrage nach objektiven Sustainability Benchmarks.
Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen einen detaillierten Einblick in
die Welt der Dow Jones Sustainability Indexes geben. In einem ersten
Teil werde ich Ihnen vorstellen, wofür diese Indizes genutzt werden und
wer sie bereits verwendet. In einem zweiten Schritt werde ich dann näher
auf die Methode eingehen: Welche Kriterien wenden wir an? Wie ist das
Sustainability Assessment, das den Indizes zugrunde liegt, strukturiert?
Dann werde ich in einem dritten und letzten Schritt auf unseren Weltindex im Sustainability-Bereich eingehen.
Wir sind drei Partner im Verbund der Dow Jones Sustainability Indizes.
1999 entstand die Partnerschaft von SAM und Dow Jones, und seit vergangenem Oktober ist mit STOXX Limited noch ein dritter Partner im
Bunde. STOXX werden Sie vielleicht als einen der führenden IndexProvider für europäische Aktienindizes kennen. Der EuroSTOXX 50, der
STOXX 50 oder der STOXX 600 sind im Bereich Futures, aber auch im
Bereich der Exchange Traded Funds die am meisten genutzten Indizes.
Mit STOXX zusammen haben wir einen europäischen SustainabilityIndex lanciert. STOXX ist verantwortlich für die Kalkulation dieses Indexes, Dow Jones ist verantwortlich für die Kalkulation des Weltindexes,
und SAM zeichnet verantwortlich für das gesamte Sustainability Research, das in diese Indizes einfließt. Wir tragen außerdem die Verantwortung für die Vermarktung dieser Indexfamilie.
Der DJSI war der erste globale Sustainability-Index. Er verfolgt einen
Best-in-Class-Ansatz. Das bedeutet, dass die führenden Unternehmen jeder Industriegruppe selektiert werden und zwar – was an dieser Stelle
ganz wichtig zu betonen ist – auf der Basis aller drei Dimensionen von
Sustainability: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Sie werden im Rahmen
der Sustainability-Debatte immer wieder bemerken, dass man am Anfang
durchaus von allen drei Dimensionen spricht, dass aber nach zehn Minuten das Ganze umschwenkt und dann vor allem wieder ökologische Aspekte diskutiert werden. Das ist bei uns nicht der Fall. Wir bewerten alle
drei Dimensionen gleichgewichtig. Die Familie der Sustainability-Indizes
ist vollständig in die Dow-Jones-Indexfamilie integriert. Sie beruht auf
den selben Klassifikationen und wird auf den selben Systemen kalkuliert.
Damit ist sie natürlich für traditionelle Investoren, die bereits gewohnt
sind, mit den Dow-Jones-Indizes zu arbeiten, sehr einfach verwendbar.
Dasselbe gilt für die STOXX-Indizes, die eine Partnerschaft sind, an der
– 90 –
Dow Jones ebenfalls beteiligt ist, und die wiederum auf genau der selben
Systematik beruhen wie sämtliche Dow-Jones-Indizes.
Als letzter wichtiger Punkt ist zu erwähnen, dass unsere Indizes sowohl
in Hinblick auf regionale als auch auf sektorielle Kriterien diversifiziert
sind. Vielleicht können wir nachher noch darüber diskutieren, inwiefern
Tilts im Hinblick auf Währungen, Sektoren und Länder Einfluss auf die
Performance haben und was man als Indexanbieter tun kann, um dem
entgegenzuwirken.
Im Indexgeschäft geht es letztlich darum, Vermögensverwalter dafür zu
gewinnen, dass sie diesen Index als Basis für eigene Finanzprodukte
verwenden. Wir haben seit der Lancierung im Jahr 1999 bis heute 37 Lizenzen an Vermögensverwalter in 14 Ländern verkauft, die zum größten
Teil Publikumsfonds aufgelegt haben und sich dabei auf unseren Index
beziehen. Sie haben darüber hinaus Zertifikate in den Markt gebracht –
konkret vier Stück an der Zahl – und reagieren im Rahmen des Spezialfondsgeschäfts immer mehr auf die Nachfrage seitens institutioneller Investoren. Letzteres ist insbesondere eine Entwicklung der letzten zwölf
Monate. Die eingangs erwähnte AHV ist ein Beispiel für einen institutionellen Investor, der im Rahmen eines Spezialmandates eine gewisse
Summe auf Basis des Dow Jones Sustainability Index anlegt. Insgesamt
schätzen wir, dass zur Zeit um die 2,2 Milliarden Euro auf Basis unserer
Indexfamilie verwaltet werden. Das ist recht wenig im Hinblick auf das
traditionelle Indexgeschäft, aber durchaus signifikant, wenn es um
Sustainability geht. Es motiviert uns bei SAM, dass dies auch einen Effekt bei den Firmen hat und jene Personen innerhalb der Unternehmen
stärkt, die sich dort für das Thema Nachhaltigkeit einsetzen.
DJSI – Assets & Anzahl Lizenzen
September 1999 - Februar 2002
2500
40
35
2000
Number of sold DJSI Licenses
25
1500
20
1000
15
10
Assets based on DJSI (in mio EUR)
30
500
5
0
0
09/99
12/99
03/00
06/00
09/00
Number of sold DJSI Licenses
12/00
03/01
06/01
09/01
12/01
Assets based on DJSI (in mio EUR)
1
– 91 –
Wer sind unsere aktuellen Lizenznehmer? Als eines der ersten Produkte
hier in Deutschland hat die DZ Bank ein strukturiertes Produkt auf den
Markt gebracht. Gerling Investment KAG hat im vergangenen Jahr einen
Publikumsfond lanciert, und die HypoVereinsbank ist mit einem Zertifikat im Markt. Auch Invesco gehört zu unseren Lizenznehmern. Union
Investment hat zusammen mit elf Kirchenbanken einen Publikumsfond
lanciert. Ebenso zählen DWS und Oppenheim zu unseren Lizenznehmern.
SAM selbst hat auch einen Asset Management Bereich und einen eigenen Fonds auf Basis des DJSI, der in Deutschland vertrieben wird.
DJSI Lizenznehmer
per 28. Februar 2002
Aegon
Baloise Insurance
Banca Advantage
Banque Générale du Luxembourg
BNL Gestioni
CIC Asset Management
Credit Suisse Asset Management
Credit Union Central of Ontario
Dexia Asset Management
Deutsche Postbank
DWS
DZ Bank
Folksam Sak
Fürst Fugger Privatbank
Gerling Investment KAG
HypoVereinsbank
Invesco
Kepler Fonds KAG
Nikko Asset Management
Oppenheim KAG
Rabo Bank
Robeco Groep
Rothschild & Cie Gestion
SAM Sustainable Asset Management
Skandinaviska Enskilda Bank
Sparinvest
SPP
State Street Global Advisors
Sustainable Performance Group
Swiss Life Asset Management
Synchrony Asset Management
Union Investment
VZ Vermögenszentrum
Westpac Investment Management
2
Die Indizes beruhen auf einer integrierten Analyse, die alle drei Sustainability-Dimensionen erfasst. Der Fokus liegt für uns dabei ganz klar auf
langfristiger Wertschaffung. Die Konsistenz der Methodologie ist nicht
zuletzt aufgrund der Tatsache gewährleistet, dass wir das gesamte Research selbst betreiben. Dadurch haben wir einheitliche Informationen
über alle Unternehmen, die wir analysieren. Wir decken weltweit 64 Industriegruppen ab und arbeiten dabei immer mit einem Mix von allgemeinen und industriespezifischen Kriterien. Das Thema Corporate Governance, das im Zusammenhang mit dem Enron-Fall wieder sehr viel Interesse und Medienecho erfahren hat, ist ein Beispiel für ein allgemeines
Kriterium, das unseres Erachtens für die Firmen aller Branchen relevant
ist. Gleichzeitig haben wir natürlich auch industriespezifische Kriterien.
Hierzu gehört zum Beispiel bei einem Ölkonzern die Frage, inwiefern das
Unternehmen bereits in erneuerbare Energien investiert, oder bei einem
Automobilkonzern die Frage, was im Hinblick auf den Flottenverbrauch
getan wird.
– 92 –
Die Indizes werden jährlich überprüft, das heißt die gesamte Analyse erfolgt alle zwölf Monate. Nachdem die Jahresanalyse abgeschlossen ist,
werden alle Firmen, die in den Index aufgenommen worden sind, fortlaufend überwacht. Sowohl wir als auch unsere Lizenznehmer sind
natürlich darauf angewiesen, dass wir, sobald ein Indexmitglied in eine
Krisensituation und damit in die Schlagzeilen gerät, darüber informiert
sind, die Entwicklung detailliert verfolgen und im Notfall auch entsprechend reagieren – möglicherweise sogar mit einem Ausschluss aus dem
Index.
Die laufende Überwachung sämtlicher Firmen, die als Mitglieder der Indexfamilie aufgenommen werden, fokussiert auf vier Kriterien. Für uns
ist es unter anderem wichtig, das Thema illegale Handelspraktiken abzudecken. Darunter fallen beispielsweise Kartellabsprachen. Weitere relevante Themen sind Menschenrechtsverletzungen, Massenentlassungen
beziehungsweise Arbeitskonflikte und schließlich Großunfälle. Dabei überprüfen wir in einem ersten Schritt die Auswirkungen dieser Krisensituation. Handelt es sich um eine lokale Krise, oder ist das Kerngeschäft
des Unternehmens betroffen? Erfolgt eine Berichterstattung in den internationalen Medien? Sollte es sich um einen gravierenden Fall handeln,
untersuchen wir in einem zweiten Schritt, wie das Unternehmen darauf
reagiert. Wir überprüfen, ob das Krisenmanagement des Unternehmen
dem entspricht, was wir von einem Sustainability-Leader erwarten. Dabei
geht es vor allem um Transparenz und ein proaktives Verhalten seitens
der involvierten Firma. Um ein Beispiel zu nennen: Gesetzt den Fall, bei
einem Ölkonzern kommt es zu einer Umweltkatastrophe oder zu einem
Unfall, führt das alleine noch nicht zum Ausschluss. Aber wenn der Ölkonzern im nächsten Schritt nicht proaktiv und transparent damit umgeht, kann unser Index Design Committee entscheiden, diese Firma auch
während des Jahresturnus auszuschließen.
Die Kriterien für unsere Analyse entwickeln wir ausgehend von Trends.
Daher besteht unser erster Schritt in der Identifikation jener ökonomischen, ökologischen und sozialen Entwicklungen, die unseres Erachtens
in den kommenden fünf Jahren die Unternehmenslandschaft maßgeblich
beeinflussen werden.
Im Bereich der ökonomischen Trends sehen wir zum Beispiel eine wachsende Bedeutung des Themas Wissen. Entsprechend leiten wir Kriterien
dafür ab, was Unternehmen unseres Erachtens im Hinblick auf Wissensmanagement unternehmen müssen. Wenn ich hier vom ökonomischen
Teil rede, dann spreche ich übrigens nicht von der Finanzanalyse, sondern von langfristigen ökonomischen Aspekten, die für den Erfolg eines
Unternehmens relevant sind.
Dasselbe gilt im ökologischen und sozialen Bereich. Nehmen Sie das
Thema globale Erwärmung. Hier erkennen Sie sehr schnell die Notwen-
– 93 –
digkeit für einen Ölkonzern, sich mit dem Thema erneuerbare Energien
auseinander zu setzen.
DJSI – Sustainability Trends
Ökonomische Trends
Technologische
Veränderungen &
Innovationen
Kürzere
Produktlebenszyklen
Ökologische Trends
Ökologisches Risikobewusstsein
Globale Erwärmung
Soziale Trends
Transparenz
Gesundes Leben
Globalisierung und
Liberalisierung
Umweltverschmutzung
und Abfall
Lebenslanges Lernen
Bevölkerungswachstum
Ethische Lebensstile
Verlust an Biodiversität
Armutsschere
Wissen
Leben in Megastädten
Fair Trade
3
Ausgehend von diesen Trends leiten wir dann Kriterien für alle drei
Sustainability-Dimensionen ab, wobei wir sowohl die Chancen als auch
die Risiken betrachten. Ich bin Frau Moll sehr dankbar, dass sie vorhin
ganz explizit auf den Chancenaspekt von Sustainability zu sprechen
kam. Nachhaltigkeit bedeutet für uns nicht nur eine Orientierung am
Management der Risiken, die mit den Sustainability-Trends zusammenhängen, sondern natürlich auch die Nutzung von Marktpotentialen und
von Entwicklungen, die Innovationen erfordern und damit neue Geschäftsgebiete eröffnen. Erneuerbare Energien sind auch hier ein gutes
Beispiel, das Thema gesunde Ernährung ist ein anderes. Wir definieren
und untersuchen die Kriterien, die unseres Erachtens für den langfristigen Unternehmenserfolg relevant sind, sowohl im Hinblick auf Chancen
als auch auf Risiken.
Besonders wichtig im Rahmen solcher Kriterien ist Transparenz. Sie als
Anleger müssen überprüfen können, wie offen ein Anbieter beispielsweise in der Darstellung seiner Analysemethode ist und wie gut Sie nachvollziehen können, wie er zu seinen Ergebnissen kommt. Für uns bedeutet das beispielsweise, dass sämtliche allgemeine Kriterien, die wir anwenden, im Internet verfügbar sind, und dass auch die Gewichte, die wir
diesen Kriterien beimessen, dort eingesehen werden können.
– 94 –
DJSI – Beispiele der Analysekriterien
(vollständige Liste auf www.sustainability-indexes.com/assessment.html)
Chancen
Risiken
Ökonomisch
• Strategische Planung
• Qualitätsmanagement
• Wissensmanagement
• Corporate Governance
• Risiko- und
Krisenmanagement
• Supply Chain Management
Ökologisch
• Umweltreporting
• Öko-Design
• Umweltdienstleistungen
• Verantwortung auf
Vorstandsebene
• Umweltmanagement
• Umweltperformance
Sozial
• Entlohnung
• Mitarbeiterentwicklung
• Stakeholderdialog
• Menschenrechtspolitik
• Anti-Diskriminierungs- und
Anti-Korruptions-Prozesse
4
Betrachten wir nun den Weltindex. Hier kontaktieren wir zuerst die
2.500 größten Unternehmen, unterteilt in 64 Industriegruppen, und laden
sie ein, am Assessment teilzunehmen. Für uns ist die Entscheidung eines
Unternehmens, am Analyseprozess teilzunehmen oder nicht, bereits ein
erster Indikator dafür, wo es im Hinblick auf Sustainability steht. Unternehmen werden sich zunächst immer überlegen, ob sie überhaupt eine
Chance haben, zu den besten zehn Prozent zu gehören, und ob sich für
sie der Aufwand lohnt, unsere Fragen zu beantworten. Von den 2.500
eingeladenen Unternehmen analysieren wir 1.000, die anschließend in
jeder Industriegruppe in eine Rangliste eingefügt werden.
Dann wählen wir die führenden zehn Prozent aus. Wenn wir zum Beispiel einen Automobilsektor mit 40 Firmen in unserem Universum haben, selektieren wir die besten vier. Anschließend schauen wir uns die
Abdeckung der Marktkapitalisierung an. Dies ist eine ganz wichtige Regel, um eine Sektorallokation zu erreichen, die der Allokation von traditionellen Indizes entspricht. Das Ziel ist, einen in Bezug auf die Sektoren
ausbalancierten Index zu erhalten. Wenn ein Dow Jones Global Index
mit 13 Prozent in Pharma investiert ist, dann muss es unser Ziel sein, mit
dem Dow Jones Sustainability Index möglichst nahe an diese 13 Prozent
heranzukommen. Sektoren-Wetten im Rahmen eines Investments auf Basis der DJSI Familie werden somit minimiert.
– 95 –
DJSI World – Selektionsprozess
Dow Jones Global Index
2,500 grösste Unternehmen
64 Industriegruppen
34 Länder
Component Selection
Top 10% in bezug auf
Anzahl Firmen
in jeder Industriegruppe
20% Zielabdeckung in bezug auf
Marktkapitalisierung
in jeder Industriegruppe
DJSI World
310 Unternehmen
62 Industriegruppen
26 Länder
5
Was das Thema Ausschlusskriterien betrifft, ist es für uns als Indexanbieter zentral, ein möglichst breites Universum anzubieten. Wir haben
sehr verschiedene Kunden mit sehr unterschiedlichen Ansprüchen. Es
sind letztlich die Vermögensverwalter, welche unseren Index nutzen, die
gegebenenfalls eine ethische Entscheidung treffen müssen, ob Industriegruppen ausgeschlossen werden sollen. Deswegen bieten wir sowohl
einen Index an, der ohne Ausschlusskriterien arbeitet – mit der einzigen
Ausnahme von Unternehmen, die über 50 Prozent ihres Umsatzes im
Waffenbereich erzielen – als auch verschiedene Subsets, die einzelne Industriegruppen ausschließen. Diese Flexibilität ermöglicht es unseren Lizenznehmern, die Entscheidung in Bezug auf Ausschlusskriterien selbst
zu treffen und ihren Bedürfnissen und Überzeugungen anzupassen.
Als wir die Indizes 1999 lanciert haben, wollten wir natürlich wissen,
wie sich der Index hypothetisch in der Vergangenheit entwickelt hätte.
Wir haben deshalb ein sogenanntes Backtracking durchgeführt. Dabei
rechnet man das definierte Portfolio zurück und überlegt, was passiert
wäre, wenn man beispielsweise vor fünf Jahren in diesen Index investiert hätte. Im Rahmen einer solchen Kalkulation haben Sie immer den
Vorteil, dass das heute definierte Portfolio keine Unternehmen enthält,
die zwischenzeitlich pleite gegangen sind. Deshalb ist diese Methode
auch mit Vorsicht zu genießen. Nichtsdestrotrotz waren die Ergebnisse
insbesondere bei der Lancierung des Index von hoher Relevanz. Damals
waren viele traditionelle Investoren überzeugt, dass wir mit dem Sustainability-Ansatz eine schlechtere Performance erzeugen würden als der
Markt. Es wurde behauptet: „Ihr schränkt euer Universum ein. Ihr wendet
Kriterien an, die auf finanzielle Performance überhaupt keine Auswirkung haben. Das führt garantiert zu einer schlechteren Performance.“
– 96 –
Diese Annahme konnte man jetzt mit den Ergebnissen der Rückrechnung
entkräften.
DJSI World – Performance
(Dezember 1993 - Februar 2002, Euro, Preisindex)
DJSI World / DJGI World:
Korrelation:
0.9643
Tracking Error: 4.54%
DJSI Volatilität:
17.15%
DJGI Volatilität: 16.64%
330.00
280.00
141%
230.00
95%
180.00
130.00
80.00
12/93 6/94 12/94 6/95 12/95 6/96 12/96 6/97 12/97 6/98 12/98 6/99 12/99 6/00 12/00 6/01 12/01
DJSI World (in EUR)
DJGI World (in EUR)
6
Dieser Chart ist aufgrund der eben erwähnten Charakteristika von
Backtracking-Daten kein akademischer Beweis für eine bessere Performance von Sustainability Investments. Dennoch hat die Tatsache, dass er
eine Outperformance des Sustainability Index gegenüber dem Gesamtmarkt aufzeigt, eine ganze Reihe von Personen veranlasst, sich das Thema genauer anzuschauen. Auch für uns waren diese Ergebnisse seit 1993
außerordentlich motivierend.
Seit dem Tag, an dem wir im September 1999 den Index vorgestellt haben, haben wir im Vergleich zum Dow Jones Global Index hingegen eine
Underperformance von über vier Prozent. Auch im Vergleich zum MSCI
World haben wir eine Underperformance, die aber sehr viel geringer ausfällt. Die letzten zwölf Monate wiederum sahen bei uns recht gut aus. Im
Zeitraum von Februar 2000 bis Februar 2001 lagen wir vorne.
Wichtig erscheint mir hier, die Essenz des Sustainability-Konzepts hervorzuheben. Nachhaltigkeit ist sicherlich kein Konzept, das Ihnen in jedem Jahr eine Outperformance beschert. Solche Konzepte gibt es nicht.
Wir sind aber davon überzeugt, dass sich Nachhaltigkeit langfristig auszahlt. Es gibt zu diesem Thema verschiedene Studien auf dem Markt. Die
letzte, welche ich in diesem Zusammenhang gesehen habe, war eine Untersuchung von ABN Amro Asset Management, die zu der Aussage kam:
„Risikobereinigt gleiche Performance, allenfalls ein bisschen besser“.
– 97 –
DJSI World – Risk / Return Vergleich
Risk
(Annualized Standard Deviation)
Annualized
Return
Since
Return
5 Year 3 Year 1 Year Launch
5 Year 3 Year
02/97 - 02/99 - 02/01 02/02
02/02 02/02
09/99 02/02
02/97 02/02
02/99 02/02
Since
Launch
09/99 02/02
1 Year
YTD
1 Month
02/01 02/02
12/01 02/02
01/02
02/02
DJSI World
19.71% 18.63% 18.06%
19.55%
10.69%
2.49%
-7.97%
-8.41%
-2.32%
-1.82%
DJGI World
19.07% 18.28% 18.79%
19.07%
8.45%
4.10%
-3.27%
-8.78%
-1.38%
-1.92%
MSCI World
18.58% 17.43% 17.56%
18.18%
8.69%
2.22%
-6.51%
-10.08% -1.83%
-2.17%
7
DJSI World – Regionale Allokation
per 28. Februar 2002
100%
7%
90%
14%
80%
41%
70%
60%
60%
50%
40%
30%
52%
20%
26%
10%
0%
DJSI World
Europe
Americas
DJGI World
Asia/Pacific
8
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen auch erklären, was einen
großen Teil der Underperformance seit der Lancierung im Jahr 1999 ausgemacht hat. Wenn Sie die regionale Allokation unseres Indexes
betrachten, sehen Sie, dass wir in Europa deutlich übergewichtet sind. 50
Prozent unserer Marktkapitalisierung stammen aus Europa – im Vergleich zu lediglich 25 Prozent im Dow Jones Global Index. Jetzt stellen
Sie sich vor, was passiert, wenn der Euro heruntergeht. Von so einer
Abwertung wird unser Index natürlich sehr viel stärker beeinflusst als
– 98 –
ein Dow Jones Global Index. Wie bereits vorhin angesprochen, gibt es
zahlreiche Faktoren wie Währungseffekte, Sektoreneffekte und so weiter,
die mit Sustainability direkt gar nichts zu tun haben, aber Auswirkungen
auf die Performance haben.
DJSI World – Sektorielle Allokation
per 28. Februar 2002
Utilities
Telecommunications
Technology
Consumer, Non-Cyclical
Industrial
Healthcare
Financial
Energy
Consumer, Cyclical
Basic Materials
0%
5%
DJSI World
10%
DJGI World
15%
20%
25%
9
Vor diesem Hintergrund spielt insbesondere auch die Sektoren-Allokation eine bedeutende Rolle. Sektoren werden im Rahmen von Investitionsentscheidungen immer wichtiger, Regionen treten bei der Allokation
von Vermögen zunehmend in den Hintergrund. Deshalb müssen auch wir
als Index-Provider vor allem im Hinblick auf Sektoren optimieren. Wie
vorhin erwähnt, richten wir die sektorielle Allokation des DJSI World
eng an der entsprechenden Aufteilung des Dow Jones Global Index aus.
Mit Ausnahme von wenigen Sektoren – Industrial, Healthcare und Consumer Cyclicals – liegen wir dabei sehr nah an den Vorgaben. Diese
Ausbalancierung in Bezug auf Sektoren ist sicherlich ein wichtiger Faktor dafür, dass immer mehr Investoren unseren Index als Grundlage nutzen, um auch passiv sehr signifikante Beträge anzulegen.
Damit beende ich den Vortrag und freue mich auf die Diskussion. Dankeschön.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Herzlichen Dank, dem schließe ich mich an, ich freue mich auch auf die
Diskussion, Ich würde Sie bitten, sehr aktiv bei der Diskussion mitzuwirken. Wer bricht das Eis?
– 99 –
XI.
Diskussion
N.N.:
Herr Barkawi, mit Ihrer triadischen Definition habe ich gewisse Probleme. Können Sie vielleicht noch einmal erklären, wie man diese ökonomische Komponente motivieren kann? Für mich deckt das Thema wie in
der ursprünglichen angelsächsischen Definition „Corporate Social
Responsibility“ zwei Bereiche ab, und die ökonomischen Wirkungen sind
eine Folge der Beachtung von sozialen und ökologischen Trends.
Schließlich ist auch so etwas wie Globalisierung grundsätzlich ein gesellschaftlicher oder sozialer Trend. Sie könnten es also genau so gut unter
der Überschrift soziale Trends fassen.
Alexander Barkawi:
Ich denke, dass in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen
finanziellen und ökonomischen Aspekten sehr relevant ist. Wenn Sie sagen, dass es die ökologischen und sozialen Kriterien zu untersuchen gilt
und wir als Ergebnis eine bestimmte finanzielle Performance haben, bin
ich vollkommen d’accord. Auf der ökonomischen Seite gibt es jedoch
noch eine ganze Reihe von Kriterien, die durch das ökologische und soziale Raster nicht erfasst werden, aber für die langfristige Performance
eines Unternehmens extrem relevant sind. Man kann sich jetzt natürlich
streiten, ob der eine oder andere Aspekt in der richtigen Kategorie steckt.
Nehmen Sie die Beispiele Wissensmanagement oder Corporate Governance: Das sind Themen, die wir wahrscheinlich nicht durch die soziale
Dimension abdecken, die aber – was wir in den vergangenen Monaten
sehr hautnah vor Augen geführt bekommen haben – extrem relevant für
den langfristigen Erfolg sind. Letztlich ist für uns Nachhaltigkeit ein sehr
guter Indikator für die Güte des Managements. Und da sind ökonomische
Kriterien natürlich ein wichtiger Bestandteil.
N.N.:
Wenn ich noch einmal nachfragen darf, geht es Ihnen beim ökonomischen Teil also um die ethische Komponente, um Corporate Governance
und die Frage, ob sich Manager im Interesse ihrer Shareholder verhalten
– was, wie man am Beispiel von Enron sieht, nicht immer der Fall sein
muss.
– 100 –
Alexander Barkawi:
Ja, wobei Sie die Ethik dafür gar nicht heranziehen müssen. Selbst wenn
Sie ein langfristig orientierter Aktionär sind, der nur ein Performanceinteresse hat – wie zum Beispiel bei Pensionfonds, die per Definition langfristig orientiert sein müssen –, dann interessieren Sie sich unabhängig
von Ethik dafür, ob Corporate-Governance-Strukturen sauber aufgestellt
sind oder nicht.
Prof. Dr. Johannes Hoffmann:
Wenn ich mir die Rating-Pyramide von Moody’s anschaue, gebe ich Ihnen Recht. Die Pyramide von Moody’s geht von quantitativen Ebenen
aus, angefangen vom Land über das Umfeld und die Situierung am
Markt bis in der Spitze hin zum Management. Genau da wird es dann
ethisch. Da wird nämlich zum Beispiel nach der Glaubwürdigkeit des
Managements und der Managementstrategien gefragt, was Elemente
sind, die hochgradig mit Ethik koalieren. Von daher gibt es von der ethischen Seite her ein Interesse, dass die großen Rating-Agenturen wie
Moody’s oder Standard & Poor’s aufgrund der ethischen Komponente,
die im Finanzrating schon enthalten ist, die ethisch-ökologischen Komponenten mit einbeziehen. Dann wären wir im Grunde weltweit in der
allerbesten Situation.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Was mich in Bezug auf die Indexfrage interessiert, ist die Tatsache, dass
die Unternehmen relativ wenig Mitspracherecht haben. Der Demokratisierungsprozess ist nur in Teilen ausgeprägt. Man kann kaum Einfluss
nehmen, ob man in einen solchen Index hineinkommt, in welcher Form
man gewichtet wird oder ob man aus dem Index gegebenenfalls später
wieder herausfällt. Wir haben diese Diskussionen im Zusammenhang mit
DAX, MDAX und anderen gehabt. Den Emittenten muss meiner Meinung
nach die Möglichkeit gegeben werden, sich hier zu artikulieren und zu
sagen, mit welchen Kriterien sie einverstanden oder gerade nicht einverstanden sind. Diese Diskussion muss geführt werden. Bislang sind die Indexanbieter hier ein bisschen diktatorisch. Zumindest ist das mein Eindruck.
Dr. Rainer Rauberger:
Es gibt ganz unterschiedliche Vorgehensweisen von Research-Instituten
und Indexanbietern. Bei den Dow Jones Sustainability Indexes beispielsweise stehen wir sehr wohl im Dialog mit unserem Analysten. Wir
sind auch eingeladen, an der Überarbeitung der industriespezifischen
Kriterien im Bereich Household Products mitzuwirken und dazu Stellung
– 101 –
zu beziehen, ob die Chancen und Risiken aus unserer Sicht richtig dargestellt sind.
Von den anderen Ratern wie zum Beispiel imug oder UBS bekommen wir
ebenfalls die Ergebnisse zur Durchsicht zurück, ob alles richtig aufgenommen wurde und wie wir dazu Stellung beziehen. Da sind wir nicht
immer einverstanden mit der Bewertung. Wir sind auch nicht immer einverstanden mit den an uns angelegten Kriterien. Aber wir führen einen
intensiven Dialog mit den Rating- und Research-Agenturen und finden
es gut, wenn die Ergebnisse auch veröffentlicht werden.
Wir wären noch viel weiter in der Diskussion, wenn sich alle Fondsanbieter und Researchhäuser dies zum Beispiel nehmen und alle Ergebnisse
offen legen würden. Dann hätten wir mehr Wettbewerb im Markt und
auch mehr Wettbewerb zwischen den einzelnen Ansätzen.
Prof. Dr. Johannes Hoffmann:
Ich möchte zwei Ergänzungen dazu machen. Einmal zu dem, was Herr
von Rosen gesagt hat: Es ist auch unsere Erfahrung, dass der Dialog mit
den Unternehmen im Research eine ganz wichtige Rolle spielt. Wir sind
vor dem Hintergrund unserer Dialoge dazu gekommen, dass wir nicht
mit einem einzigen Fragebogen über alle Branchen weg operieren. Denn
viele ethische oder ökologische Fragen oder auch Fragen in Bezug auf
Kultur- oder Sozialverträglichkeit sind für die verschiedenen Branchen
unterschiedlich relevant. Es gibt eine Branchenspezifität, die in einem
solchen Bewertungssystem durchgehalten werden muss. Insofern ist eine
sehr starke Offenheit für individuelle Problemlagen in den Unternehmen
– bei aller Kriteriologie und Strenge der Handbücher – ungeheuer wichtig. Vor allen Dingen muss sehr deutlich zwischen großen und kleinen
und mittleren Unternehmen unterschieden werden.
Bei den Indizes kommen die mittleren und kleineren Unternehmen, die in
der Wirtschaft die meisten Arbeitsplätze schaffen, viel zu wenig zum Zuge. Mit einem Pionier-Rating, wie wir es für die mittleren und kleineren
Unternehmen machen, wird ein wenig dagegen gesteuert, auch wenn das
noch nicht genug ist.
Ein zweiter Punkt betrifft die andere Seite. Nicht nur die Unternehmen,
sondern auch die Investoren wollen nicht auf einen Index festgelegt sein.
Der Index legt sie über ein Jahr hinweg fest und ist außerdem ein straffes
Korsett, das der Investor, wenn er sich darauf einlässt, nicht ohne weiteres umgehen kann, obwohl er in bestimmten Fällen vielleicht ganz anders entscheiden würde. Insofern streben wir mit unserem Konzept im
Interesse der Investoren und auch im Interesse der Flexibilität eine möglichst große Vielfalt von individuellen Zugangsweisen durch Investoren
und Fondsmanagement an. Große Investoren sagen einem Advisor natürlich gerne: „Hier ist die Benchmark, da ist der Index, und nun mach’
– 102 –
mal“, da sie dann ein Minimum an Arbeitsaufwand haben. Aber es gibt
viele andere Investoren, die mehr selbst mitentscheiden möchten, um auf
der Basis solcher Kriterien mehr Einfluss auf die Veränderung in der
Wirtschaft zu haben.
Alexander Barkawi:
Die Einbeziehung der Anspruchsgruppen, die Sie vorhin ansprachen, ist
natürlich immens wichtig. Eine Gruppe sind die Unternehmen, aber eben
nur eine von vielen. Ein Unternehmen, das im Hinblick auf Sustainability Analysen anstellt, muss mit einer ganze Reihe von Anspruchsgruppen
sprechen. Dazu gehören Greenpeace und andere Nicht-Regierungsorganisationen natürlich genauso wie das Unternehmen selbst oder Unternehmensvereinigungen.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Für mich bleibt festzuhalten, dass wir noch nie gefragt worden sind, was
wir zu dem einen oder anderen Index sagen. Die Emittenten kamen aber
zu uns und haben uns gefragt, was sie in ihrer Situation machen sollen.
Eine gewisse Fürsorgepflicht für Emittenten ist im Rahmen der Lobbytätigkeit des Deutschen Aktieninstituts durchaus gegeben.
Dieter Balkhausen:
Mir kommen immer wieder große Zweifel, wenn es um solche Indizes
geht. Wir wissen alle, dass zwischen Ethik und „Monetik“ ein sehr, sehr
weites Feld liegt. Ich frage mich beispielsweise, Herr Professor Hoffmann,
wie viele Mitarbeiter Ihr Institut hat, um richtig prüfen zu können, was
Sie abfragen? Dasselbe frage ich natürlich auch Herrn Barkawi. Sie kennen das böse Wort von den „Rate-Agenturen“, was sich mehr auf andere
Themen bezieht. Aber jetzt wird es ethisch, ökologisch, bio-dynamisch,
nachhaltig – kurzum immer komplizierter. Ich habe große Zweifel, dass
sich die Ansprüche, die man stellt und die man verkaufen möchte, realisieren lassen – weil die Zahl der Mitarbeiter nie so groß sein kann, um
gründlich recherchieren zu können.
Zweiter Punkt: Herr Professor Hoffmann war sehr froh, dass Ron Sommer ökologisch jetzt besser da steht. Leider hat dieser Märchenonkel aber
dazu beigetragen, dass bei der zweiten und dritten Tranche der TelekomEmission die Leute unglaublich reingelegt wurden – auch wenn die jetzt
ökologisch ganz zufrieden sind. Und zu UBS kann ich nur sagen: In einer Großbank mit so vielen Skandalen wie bei UBS reden sie jetzt über
Ethik! Damit habe ich meine Probleme, und ich glaube, dass ich es jetzt
klar genug gemacht habe.
– 103 –
N.N.:
Ich würde das gerne noch etwas verstärken. Herr Dr. Rauberger hat von
75 Standorten weltweit gesprochen und mit welchem Aufwand es verbunden ist, die einzelnen Zahlen zu besorgen. Das kann ich nachvollziehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Rahmen eines Ratings alle 75
Standorte wirklich untersucht werden können. Damit stellt sich insbesondere beim ethischen Rating die Gefahr eines „FlowTex–Effektes“
nicht vorhandener Schrägbohrmaschinen noch viel schneller und gefährlicher ein als bei den normalen Indizes.
Prof. Dr. Johannes Hoffmann:
Sicher ist die Qualität eines solchen Ratings ein ganz entscheidender
Punkt. Sie hängt zunächst einmal von der Kriteriologie ab und von dem
Instrumentarium, das man auf der Grundlage der Kriteriologie entwickelt
hat. Natürlich auch von Mitarbeitern, das ist klar: Das ethischökologische Rating verkauft sich zur Zeit noch nicht so gut, dass man
wie Moody’s allein in New York 1.700 Beschäftige haben kann.
Aber mit zehn Analysten in einer Ratingagentur kann man schon Vergleiche ziehen und eine gute Ecke weiterkommen. Man operiert mit sehr
vielen Expertensystemen und sammelt auf Dauer einen außerordentlich
guten Pool von Informationen an, der bei Updates immer wieder abgerufen werden kann. Dazu gehören nicht nur Greenpeace oder Amnesty International, sondern auch wichtige andere Informationspools, die etwa
von den Vereinten Nationen oder der OECD angeboten werden. Es gibt
sehr viele Möglichkeiten, den Pool ordentlich zu gestalten.
Ein weiteres Problem, das ich nicht verhehlen will, gilt im Grunde für alle Rating-Agenturen und Ratings überhaupt: Als Moody’s 1900 mit Ratings angefangen hat, haben auch sie mit einem Instrumentarium begonnen, das noch nicht ausgereift war. Auch in der heutigen Situation ist
eine Anpassung des Ratings von Moody’s und Standard & Poor’s an die
Marktsituation immer wieder erforderlich.
Im ethisch-ökologischen Rating tritt das Problem auf, dass wir zwar an
gute Daten im ökologischen Bereich herankommen, wo die Unternehmen
über eine Erfahrung von etwa 15 Jahren verfügen und entsprechende
Daten vorliegen haben, auf die man bei einer Recherche zurückgreifen
kann. Wenn es in den Bereich Sozialverträglichkeit und erst recht Kulturverträglichkeit hineingeht, dann stellt sich in einem Unternehmen die
große Frage: Wer ist überhaupt zuständig? Ist es die Personalabteilung,
oder gibt es einen Menschen im Unternehmen, der mit Sozialfragen befasst ist und auf solche Fragen vielleicht im Dialog antworten könnte?
Im Bereich Sozialverträglichkeit muss der Ansprechpartner im Unternehmen häufig erst noch gefunden werden. Dann muss der Vorstand
– 104 –
bemüht werden, und es sind Prozesse in Gang zu bringen, die man sich
gar nicht kompliziert genug vorstellen kann.
Um auf Ihre Frage zurückzukommen, welche Qualität das Ganze hat: Wir
sind etwa seit 1997 mit diesen neuen Kriterien im Geschäft und haben
durch die Anpassung des Instrumentariums in Richtung Branchenspezifität wichtige Schritte geschafft. Unsere Erfahrung ist, dass die Unternehmen sehr bereitwillig und außerordentlich lernfähig sind.
Silke Stremlau:
Ich möchte dazu gerne noch zwei ganz kurze Sätze sagen: Der eine
Punkt war, wie wir mit ausländischen Standorten umgehen und ob wir
dafür genug Mitarbeiter haben. Wir haben das so gelöst, dass wir im
Verbund mit EIRIS und anderen Research-Organisationen in den USA, in
Japan, Spanien, Frankreich und Norwegen arbeiten. Als deutsches Research-Institut können wir schlecht Informationen von spanischen oder
italienischen, geschweige denn brasilianischen oder amerikanischen Unternehmen erheben. Besser nutzen wir Leute vor Ort, die die gleiche
Sprache sprechen, die kulturellen Differenzen kennen und auch zu den
Unternehmen hinfahren können. Es ist sehr wichtig, im internationalen
Verbund zu arbeiten, um an glaubwürdige Informationen zu kommen.
Ich stimme außerdem Herrn Hoffmann zu, dass wir uns noch weiter entwickeln müssen. Wir fragen bei jedem Kriterium, wie viel Prozent der
Unternehmensaktivitäten es abdeckt. Wenn also eine Umweltpolitik vorhanden ist oder Weiterbildung für Mitarbeiter erfolgt, wird gefragt, ob
diese Kriterien für Deutschland, für Europa oder für 100 Prozent der Unternehmensaktivitäten gelten. Die Datenlage ist jedoch ziemlich schlecht.
Herr Dr. Rauberger hatte bereits angesprochen, dass es sehr schwierig ist,
Daten aus anderen Ländern zu erhalten. Noch schwieriger ist es bei Holdingstrukturen mit Tochtergesellschaften. Wenn ein Unternehmen 500
Beteiligungen hat, tun Sie sich schon schwer, Finanzdaten zu bekommen, und mit sozial-ökologischen Daten sieht es noch schlechter aus.
Natürlich bewerten wir das, und ein bestimmtes Rating fällt schlechter
aus, wenn es nur für Deutschland gilt, als wenn Unternehmen auch
weltweite Zahlen offerieren können. Ich glaube, dass wir noch einen
langen Weg zurücklegen müssen, um dort eine bessere und aussagefähigere Datenbasis zu bekommen.
Prof. Dr. Rüdiger von Rosen:
Transparenz ist also das Gebot. Unsere Eingangsfrage war, ob es sich
beim ethischen Investment um eine Nische oder einen Wachstumsmarkt
handelt. Die Veranstaltung hat uns gezeigt, dass beides stimmt: Ja, ethisches Investment ist noch eine Nische, genauso haben wir es aber auch
mit einem Wachstumsmarkt zu tun, mit steigender Tendenz.
– 105 –
Wir haben heute Neuland betreten, und ich fühle mich auf diesem Neuland wohl. Wir werden das Thema weiter verfolgen.
Dank der besonderen Qualität aller unserer Referenten und Ihrer großen
Diskussionsbereitschaft hat mir der Gesamttag großen Spaß gemacht. Ich
danke Ihnen allen sehr und wünsche Ihnen einen guten Heimweg.
– 106 –
XII.
Kontaktadressen
Alexander Barkawi, Managing Director, SAM Indexes GmbH,
Zollikerstr. 60, CH-8702 Zürich, Tel. 00 41-1/3 95 28 28,
Fax 00 41-1/3 95 28 50, E-Mail [email protected],
http://www.sustainability-indexes.com
Prof. Dr. Diether Döring, Akademie der Arbeit in der Universität
Frankfurt am Main, Mertonstraße 30, 60325 Frankfurt am Main,
Tel. 0 69/77 20 21, Fax 0 69/7 07 34 69,
E-Mail [email protected]
Augustinus Heinrich Graf Henckel von Donnersmarck, Geschäftsführer,
Unicorn Consultants GmbH, Mannesmannufer 6, 40213 Düsseldorf,
Tel. 02 11/86 71 90, Fax 02 11/13 47 05,
E-Mail [email protected]
Prof. Dr. Johannes Hoffmann, Professor für Moraltheologie und
Sozialethik, Johann Wolfgang Goethe-Universität, FB 07:
Katholische Theologie, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt,
Tel. 0 69/7 98-3 33 22, Fax 0 69/7 98-3 33 54,
E-Mail [email protected]
Magdalena Moll, Leiterin Investor Relations und Kapitalmarkt, Henkel
KGaA, Henkelstr. 67, 40589 Düsseldorf, Tel. 02 11/7 97-16 31,
Fax 02 21/7 98-28 63, E-Mail [email protected],
http://www.henkel.de/nachhaltigkeit
Dr. Rainer Rauberger, Leiter Nachhaltigkeitskommunikation, Henkel
KGaA, Henkelstr. 67, 40589 Düsseldorf, Tel. 02 11/7 97-18 29,
Fax 02 21/7 98-93 93, E-Mail [email protected],
http://www.henkel.de/nachhaltigkeit
Ingeborg Schumacher, Produktmanagerin UBS (Lux) Equity Fund – Eco
Performance, UBS Global Asset Management, Socially Responsible
Investments, Gessnerallee 3, CH-8001 Zürich, Tel. 00 41-1/2 35 55 45,
Fax 00 41-1/2 35 55 30, E-Mail [email protected],
http://www.ubs.com/g/investmentfunds/ecoperformance.html
Silke Stremlau, Unternehmensanalystin, imug investment research,
Brühlstr. 11, 30169 Hannover, Tel. 05 11/1 21 96-0,
Fax 05 11/1 21 96-95, E-Mail [email protected],
http://www.ethisches-investment.de
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Tel. 0 69/9 29 15-0 Fax 0 69/9 29 15-12
E-Mail [email protected] Internet http://www.dai.de
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