KOSTENFREI NIKOLAIBOTE April 2011 · Ausgabe 39 Einkommende Zeitungen des Gasthauses »Alte Nikolaischule« Historisches · Kulturelles · Aktuelles vom Nikolaikirchhof Spickzettel EDITORIAL Voller Frühlingsgefühle, voller Musik, Poesie und Osterbrauch steckt diese Ausgabe des Nikolaiboten. Wir haben für Sie einen Besuch bei Familie Mendelssohn Bartholdy zwischen Frühlings- und Kinderliedern versteckt, stellen ein unaussprechliches osterfrühstückstaugliches Utensil vor und erfreuen uns an der Kunst der Aktfotografie in freier Natur. Dort treffen wir auch Spejbl und Hurvinek aus Prag. Daß unsere heimliche Liebe der Typographie gilt, zeigt das Programm des Museums für Druckkunst zur Leipziger Museumsnacht. Nach Japan richten auch wir den Blick und besuchen das Kirschblütenfest sowie einen Mann, der beide Atombombenabwürfe in nächster Nähe überlebte, ein Wunder der Hoffnung. Wir hoffen, daß Sie nicht allzu lange nach einem freien Platz im Gasthaus oder auf dem Freisitz suchen mußten, und wünschen viel Spaß beim Finden der Osternester. die Redaktion Vogelkonzert Seite 2 Eierköpper Seite 5 Rössings Akte Seite 6 Lämmermarkt Seite 7 Ostern rund ums Erdenrund Seite 12 Impressum Seite 9 Zum Runterladen: www.nikolaibote.de Wenn Sie uns finden, finden Sie uns gut! ER IST’S UND LÄSST SEIN LÄUTEND BAND SINGEN, SPRINGEN, SCHERZEN FRÜHLI NGSLI EDER UND FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY IN LEIPZIG W enn Leipzigs Brunnen wieder plätschern, die Stiefmütterchen einander an Leuchtkraft zu übertreffen versuchen und buntgestimmte Menschen die Passagen, Freitreppen und Freisitze flanierend bevölkern, dann ist er wirklich da, der Frühling. Dann explodiert er förmlich und ist fast schon vorbei, wenn der nächste Nikolaibote erscheint. Eduard Mörikes Gedicht »Er ist’s« (1832), das zu den meistzitierten der deutschen Lyrik gehört, hat wieder Konjunktur, ist aber, gemessen an der Leipziger Freiheit im April, nichts als ein vorfreudig jubelndes Ahnen: Frühling läßt sein blaues Band Wieder flattern durch die Lüfte Süße, wohlbekannte Düfte Streifen ahnungsvoll das Land Veilchen träumen schon, Wollen balde kommen Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist‘s! Dich hab ich vernommen! Eduard Mörike (1804-1875) Die Verse wurden wohl hundertmal vertont, allerdings nicht von Felix Mendelssohn Bartholdy. …weiter auf den nächsten Seiten Die Leipziger Parks strotzen vor Blütenpracht –Magnolien soweit das Auge reicht! Foto:Thomas Max Mü[email protected] Nikolaibote Seite 2 Musikunterricht Dessen Name verbindet sich im Frühling mit dem leise durchs Gemüt ziehenden lieblichen Geläute, so wie er Heinrich Heines Gedicht von 1830 im Jahr 1834 in Töne setzte: April 2011 Ausgabe 39 Foto: Uwe [email protected] Leise zieht durch mein Gemüt Liebliches Geläute; Klinge, kleines Frühlingslied, Kling hinaus ins Weite! Zieh hinaus bis an das Haus, Wo die Veilchen sprießen! Wenn du eine Rose schaust, Sag, ich laß sie grüßen! Für seine Vertonung der Frühlingsbotschaft lieh sich Mendelssohn noch eine weitere, mittlere Liedstrophe von Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874): Sprich zum Vöglein, das da singt Auf dem Blütenzweige; Sprich zum Bächlein, das da klingt, Daß mir keines schweige! Nicht ahnen konnte der Dichter Hoffmann von Fallersleben, daß sein »Lied der Deutschen« einst Berühmtheit und Verbreitung auch durch die Fans der Fußballnationalmannschaft finden würde. So bekommt die letzte Zeile vor der Stadionkulisse ihre eigene Bedeutung. Den allzu deutlich sichtbaren pädagogischen Zeigefinger können wir getrost belächeln, sind doch Hoffmann von Fallerslebens 550 Kinderlieder, von denen er 80 selbst vertonte, längst und immer noch in aller Munde, zum Beispiel Wer hat die schönsten Schäfchen – Ein Männlein steht im Walde – Summ summ summ, Bienchen summ herum – Winter adé – Der Frühling hat sich eingestellt – Kuckuck, Kuckuck, ruft’s aus dem Wald – Der Kuckuck und der Esel. Natürlich sind außer dem Kuckuck auch die anderen Vögel eingetroffen. Und weil bei den meisten heutigen Sängern die Strophen dieses bekannten Liedes bunt durcheinanderflattern, drucken wir es ab. Der Text wurde 1837 Foto: Büste von Felix Mendelssohn Bartholdy, im Hintergrund Blick ins Damenzimmer zum erstenmal in Leipzig veröffentlicht; die heute gebräuchliche Melodie läßt sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen! Alle Vögel sind schon da, Alle Vögel, alle. Welch ein Singen, Musiziern, Pfeifen, Zwitschern, Tiriliern! Frühling will nun einmarschiern, Kommt mit Sang und Schalle. Wie sie alle lustig sind, Flink und froh sich regen! Amsel, Drossel, Fink und Star Und die ganze Vogelschar Wünschen dir ein frohes Jahr, Lauter Heil und Segen. Was sie uns verkünden nun, Nehmen wir zu Herzen: Wir auch wollen lustig sein, Lustig wie die Vögelein, Hier und dort, feldaus, feldein, Singen, springen, scherzen. Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1835) NICHT FÜR ZARTE GEMÜTER Während dieses Lied wohl zu allen Zeiten rauf und runter geträllert wurde, ging es dem zarten »Leise zieht durch mein Gemüt« nicht so gut. Beider Person und Werk, des Dichters Heine und des Komponisten Mendelssohn, waren antijüdischer Verfolgung ausgesetzt. Heines Bücher wurden 1933 verbrannt, Mendelssohn Bartholdys Denkmal vor dem Leiziger Gewandhaus wurde 1936 »geschleift«. (Eine Kopie steht seit Oktober 2008 am Promenadenring unweit des von Mendelssohn gestifteten ersten Bachdenkmals.) Beide Künstler kannten einander aus Berliner Studentenzeiten. Heinrich Heine (1797–1856) umrahmt Mendelssohns Lebensdaten jeweils um etwa zehn Jahre. Außer der jüdischen Verwurzelung verbindet die beiden wachen, umtriebigen und furchtlosen Zeitgenossen noch manches bis heute Spannende. Felix stand selbst zeitlebens unter ungeheurer Spannung und war ständig gefordert, als Künstler, Pädagoge und Talenteförderer, Hochschulrektor, Programmdirektor, Manager, Musiker und Dirigent, Personalchef, Kommunalpolitiker, Herausgeber und Familienvater. Besonders in Leipzig lebte er »solch eine entsetzliche Hatz«. So ist sein früher Tod an Hirnschlag auch vom heutigen Standpunkt aus kein Wunder. Drei Jahre nach Mendelssohns Tod, 1850, veröffentlichte Richard Wagner, obwohl er von den Kompositionen Mendelssohn Bartholdys stark beeinflußt wurde, das Pamphlet »Das Judentum in der Musik«. Damit begann die Mißachtung des Werkes von Mendelssohn Bartholdy. Volker Hagedorn schreibt in der »Zeit« vom 22. Januar 2009 zum 200. Geburtstag des Komponisten in dem Beitrag »Auf dunklen Höhen«: Selten, vielleicht nie trafen sich Begabung und Umgebung auf so hohem Niveau wie bei Felix Mendelssohn Bartholdy. Er wuchs hinein in ein weit ge- Seite 3 Nikolaibote Musikunterricht spanntes und dichtes Netz von Künstlern, Intellektuellen, Wissenschaftlern. Ein geistiges Magnetfeld ohnegleichen, zwischen dessen polaren Kräften freilich auch enorme Spannung herrschte. Mendelssohn, dieser Glücksfall der jüdischen Emanzipation, der Verbindung zweier deutscher Kulturen, wurde gerade dieser Koordinaten wegen auch ein tragischer Fall. Die antisemitische Rezeption seiner Musik in Deutschland wirft immer noch Schatten auf die Diskussion über seinen Platz und seine Wirkung in der Musikgeschichte, über seinen Klassizismus, seine kulturelle Gespaltenheit, seine Modernität. (Zitatende) Jedenfalls war Mendelssohns »Frühlingslied« unter Leipziger Studenten noch vor 50 Jahren als »kitschig« verpönt. Damals hatte man auch die Doppelbödigkeit der Romantik noch nicht wiederentdeckt. Mann Wilhelm Hensel zeichnete sich einmal selbst als Bremsklotz an einem Familienrad, in dessen Mitte Felix saß… In rasender Trauer um »Fenchel« schrieb Felix, kurz bevor er ihr im selben Jahr 1847 nachstarb, sein f-Moll-Streichquartett. Es zeigt einen so anderen, existenziellen, rücksichtslosen Komponisten, als hätte uns Mendelssohn bis dahin etwas verschwiegen. Und aus schwärzestem f-Moll gerät er im ersten Satz an eine Stelle, die seltsam vertraut klingt. Ein Fragment aus dem D-Dur-Präludium des Wohltemperierten Klaviers I wird da zitiert – aus den Klavierkindertagen der Geschwister. (Zitatende) Zeitgenössische Berichte bezeichnen Frau Mendelssohn Bartholdy aber weniger als »blaß«. Doch ob Folgendes tatsächlich als Kompliment gemeint war? »Sie war nicht hervorragend geistreich, nicht tief gelehrt, nicht sehr tatenvoll, aber ihr Umgang war so wohltuend ruhig, so erquickend wie die reine Himmelsluft oder das frische Quellwasser.« (Sebastian Hensel) Cécile Charlotte Sophie geborene Jeanrenaud (1817– 1853) stammte aus einer Hugenottenfamilie, in Leipzig gehörten die Eheleute der Reformierten Kirchgemeinde an. Gemeinsam hatte das Paar fünf Kinder, die allesamt in Leipzig zur Welt kamen:: Carl Wolfgang Paul (1838), Marie (1839), Paul (1841), Felix (1843) und Lili (1845). Die Familie wohnte in Reichels Garten, in Lurgensteins Garten und zuletzt im Haus in der Königstraße, heute Mendelssohnhaus Goldschmidtstraße 12. Nach dem Tod ihres Mannes erkrankte Cécile Mendelssohn Bartholdy. Sie kehrte mit ihren Töchtern zu ihrer Mutter nach Frankfurt zurück, während die Söhne im Haus ihres Onkels, des Bankiers Paul Mendelssohn Bartholdy, in Berlin erzogen wurden. FRAUEN UM FELIX Der hochsensible Felix hatte eine ebenso früh und genial begabte Partnerin: die Schwester Fanny. »Die Zeit« (s.o.) schreibt: Er hat seinen Weg auf Kosten einer Frau gemacht, die er vielleicht tiefer liebte als die Frau, mit der er fünf Kinder hatte: Fanny, seine Schwester, drei Jahre vor ihm geboren. Selten waren sich zwei Geschwister so nah, auch in der Begabung. Mit zwölf Jahren spielte Fanny alle 24 Präludien aus Bachs Wohltemperiertem Klavier auswendig, als Komponistin hatte sie kein geringeres Potenzial als ihr Bruder. Der fand wie sein Vater, die Musik dürfe für eine Frau »stets nur Zierde« sein, veröffentlichte aber Lieder von ihr unter seinem Namen und vertraute ihrem Urteil vollkommen. Beide blieben einander auch insofern treu, als sie relativ blasse Typen heirateten. Fannys KEIN VERKANNTER KANTOR MEHR Was wäre Leipzig ohne Bach! Und was wäre Bach in Leipzig ohne Felix Mendelssohn Bartholdy? Zumindest wäre er lange ein unentdeckter und verkannter Thomaskantor geblieben. Im Jahre 1789 hatte Mozart bei seinem Leipzig-Besuch das Grab des verehrten Bach vergebens gesucht. Erst mit Mendelssohn Bartholdy begann die Musikepoche, in der Bach wieder ins Bewußtsein der Öffentlichkeit geholt wurde. Robert Schumann nannte ihn den »Mozart des 19. Jahrhunderts«, aber kein Geringerer als Goethe hatte bereits den zwölfjährigen Mendelssohn diesem Vergleich unterzogen, immerhin hatte er das Wunderkind Mozart noch selbst erlebt. Bereits der junge Felix Mendelssohn fühlte sich von Bach fasziniert. April 2011 Ausgabe 39 Nach Leipzig kam er 1835, als mit 26 Jahren jüngster Kapellmeister in der Geschichte des Gewandhausorchesters. Er belebte und beförderte das Leipziger Musikleben wie kein anderer Gewandhauskapellmeister zuvor. Am 4. April 1841 führte Mendelssohn Bartholdy erstmalig Bachs Matthäuspassion in der Thomaskirche wieder auf, eine Pioniertat. Er stiftet das erste Bachdenkmal weltweit, Eduard Bendemann führt den Auftrag aus. Es steht bescheiden nahe der Thomaskirche, am 23. April 1843 wurde es enthüllt. Felix Mendelssohn Bartholdy initiierte die 1. Bach-Gesamtausgabe. Mendelssohns Einsatz für Bach ist jedoch nur ein Punkt seiner Leipziger Verdienste. 1843 wurde auf seine Initiative das erste Konservatorium Deutschlands gegründet, die heutige Hochschule für Musik und Theater, die nach ihm benannt ist. Nicht zuletzt setzte er höhere Gehälter für seine Musikerkollegen durch. Mit der FelixMendelssohn-Stiftung, deren Präsident Kurt Masur ist, hat die Stadt Leipzig endlich die Möglichkeit, ihre außergewöhnlichste Musikerpersönlichkeit lebendig und polyphon zu würdigen. Abb. oben: Felix Mendelssohn Bartholdy im Doktormantel, Foto unten: Blick in den Musiksalon im Mendelssohn-Haus (Museum) Heute sind alle drei, Bach, Mendelssohn wie auch Wagner, durch die »Leipziger Notenspur« verbunden. Die »Notenspur« ist ein reichlich fünf Kilometer langer Rundgang, der seit dem Frühjahr 2010 die 23 wichtigsten Wohn- und Schaffensstätten berühmter Leipziger Komponisten miteinander verbindet. Besonders im Frühling und Sommer empfiehlt der Nikolaibote einen Auslfug ins Mendelssohnhaus mit seinem stimmungsvollen Garten – Romantik pur mitten in der Stadt. Beate Bahnert Seite 4 Nikolaibote Musikunterricht April 2011 Ausgabe 39 MUSIK IM SALON In Leipzig, das sehr reich an Zeugnissen einer langen Musiktradition ist, sprechen nicht nur Institutionen wie das Gewandhaus oder die Thomaskirche von dieser intensiven Geschichte. Genauso illustrieren auch Häuser wie das Mendelssohn-Haus mit seinem Museum den musikalischen Reichtum der Stadt Leipzig. 1844/45 wurde das heute so genannte Mendelssohn-Haus an der Königstraße errichtet. Schon kurz nach der Fertigstellung nahm der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy hier mit seiner Familie Quartier. Nach dem Einzug der Mendelssohns entfaltete sich in deren Wohnung schnell ein reges gesellschaftliches und musikalisches Leben, das den intellektuellen Teil der Einwohnerschaft Leipzigs stark prägte. Berühmte Gäste verkehrten im Salon der Familie: Komponisten und Musiker wie Robert und Clara Schumann, Richard Wagner, Louis Spohr, Ferdinand Hiller, Joseph Joachim und Nils W. Gade, die Sängerinnen Jenny Lind und Livia Frege, die Leipziger Verleger Hermann und Raymund Härtel sowie Hermann Brockhaus, der Thomaskantor Moritz Hauptmann, aber auch der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen und der deutsche Dichter Emanuel Geibel sowie viele andere. Gern lud Felix Mendelssohn Bartholdy zu sonntäglichen Matinéekonzerten, die äußerst beliebt waren, oder zu abendlichen Runden, wenn Freunde im Hause weilten. In seiner Selbstbiographie von 1860/61 erzählt Louis Spohr, wie er eines der Konzerte bei Mendelssohns erlebte: «...Den Abend verlebten wir herrlich bei Mendelssohns... Er selbst spielte eine unerhört schwere und höchst eigentümliche Composition von sich, benannt: ›Siebzehn ernste Variationen‹, mit ungeheurer Bravour, dann folgten zwei Spohrsche Quartetten, bei welchen Mendelssohn und Wagner mit entzückten Mienen in der Partitur nachlasen. Außerdem sang Frau Doctor Frege einige Spohrsche Arien, die Mendelssohn prachtvoll begleitete, und so eilten die Stunden unter Musik und anregender Unterhaltung schnell und genußreich dahin...« Diese Salons boten die Möglichkeit, nicht nur neueste Kammermusik sowie Klavierkompositionen oder auch Werke der Alten Musik kennenzulernen, sondern sie boten ebenso Raum für intensive Gespräche, was die Leipziger Gesellschaft und die Gäste der Mendelssohns stets mit Freuden nutzten. Heute folgen viele Gäste dem reichen Angebot des Museums, im letzten Wohnhaus des Komponisten, an dem Ort, an dem auch er seine Gäste empfing, wieder Musik zu hören, sich zu Unterhaltung und Austausch zu treffen. Jeden Sonntag um 11 Uhr erklingen Konzerte von etwa einer Stunde. Musik für Klavier solo, aber auch Kammermusik bis zur Klavierquintettbesetzung steht auf dem Programm. Im August dagegen wird jedes Jahr zur Erinnerung an den Komponisten der Lieder ohne Worte, Felix Mendelssohn Bartholdy, das Klavierfestival Leipziger Klaviersommer in die Matinéekonzerte eingebunden. Die Gattung der Lieder ohne Worte hat Mendelssohn als Vermächtnis in die Musikgeschichte eingebracht, kleine Vortragsstücke für Klavier, die in mehreren Bänden erschienen sind und mit ihrem unterschiedlichen Charakter zu vielen Anlässen passen. Doch nicht nur Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy werden im MendelssohnHaus gespielt: Der Tradition des Künstlers folgend erklingen zu den Sonntagskonzerten Werke aus vielen Epochen und Ländern. Seit 1997 werden die Mendelssohn-Festtage veranstaltet, die von Anfang bis Mitte September dauern und in ganz Leipzig zu einer Fülle von Orchester-, Chor- und Kammermusikkonzerten, aber auch zu Führungen und Vorträgen einladen. Wann auch immer – ein Konzertbesuch und ein Rundgang durch die authentischen Räumlichkeiten der Familie Mendelssohn sind ein Erlebnis für Einzelbesucher und die ganze Familie, die entdecken können, wie man vor etwa 150 Jahren wohnte und lebte. Jeden zweiten Dienstag im Monat bietet das Mendelssohn-Haus einen Besuchertag bei freiem Eintritt ins Museum an, 15.30 Uhr laden die Mitarbeiter zur Führung durch die originale Wohnung (gilt nicht für Gruppen). Christiane Schmidt Leiterin des Museums im Mendelssohn-Haus Museum im Mendelssohn-Haus Goldschmidtstraße 12 04103 Leipzig geöffnet täglich 10–18 Uhr sonntags 11 Uhr Konzerte im Musiksalon Auskunft und Kartenbestellungen für dortige Veranstaltungen: Telefon: 0341/ 1270 - 294 www.mendelssohn-haus.de [email protected] Foto oben: Arbeitszimmer,Teil des Museums Foto unten: Mendelssohn-Haus Leipzig Seite 5 Nikolaibote April 2011 Ausgabe 39 Hauswirtschaft DAS KOLUMBUS-EI WIRD ABGELÖST PRODUKTEMPFEHLUNG FÜRS OSTER FRÜHSTÜCK K üchenhelfer, die die Welt nicht braucht! So dachte ich bisher immer, wenn ich die Küchen meiner Freundinnen besuchte, angesichts diverser Knoblauchpressen, Ananasschneider, Brotbackautomaten, Elektromesser, Milchaufschäumer oder Eierkocher. Eine jede dieser Gerätschaften mag für spezifische Nutzer das Gelbe vom Ei sein, aber ihre Häufung in einer Küchenzeile von zwei Metern läßt mich schmunzeln: Ich brauche das alles nicht! Selbst im Hinblick auf Ostern nützt mir der Eierkocher wenig, da er meistens maximal für sechs Eier ausgelegt ist, sich aber an meinem Küchentisch mindestens zehn Leute tummeln, von denen jeder eine andere Konsistenz des Dotters bevorzugt. Nicht zu vergessen, daß die meisten Eier vor und zu Ostern als Rühreier verzehrt werden müssen, um die beim Ausblasen herausschlackernde Eierpampe zu verwerten. Ostern selbst stellt eine besondere Herausforderung dar. Ich erinnere mich an Omas gutgemeinte Osterbeutel, in denen stark rot und blau gefärbte weichgekochte Eier sich mit stark grün färbender Holzwolle, geschmolzener Nougatschokolade und Staniolpapier verpampt hatten. Ich erinnere mich auch an den abartigen Brauch des »Eierdrückens«, bei dem die ausgelassene Osterfrühstücksgesellschaft partnerweise weichgekochte Eier gegeneinander drückt oder wirft. Gewonnen hat das Paar, das am besten zielt. Ostern ist der Härtetest. Aber auch der gewöhnliche Sonntag hat es in sich. »Es gibt nichts Schöneres als ein Frühstücksei«, wird immer wieder behauptet. Ich halte das für eine Erfindung der Werbebranche im Bezug auf Eierkocher. Ist das Ei zu frisch, läßt es sich gar nicht schälen und verlangt einen Löffel. Frische Eier lassen sich nicht kochen, behauptete meine Oma, eine Bäuerin. Ich dachte immer, damit wolle sie uns manipulieren, denn bei uns gab es Eier in drei Kategorien: die ganz frischen, die frischen und die guten. Die frischen wurden gelagert, bis sie die Anforderungen an gute Eier erfüllten und keinen Widerstand mehr leisteten. Wenn sie geschält waren, prallte an ihnen jeder Löffel ab. An ungebetene Gäste gab meine Oma metallische Löffel aus. Die Gäste kamen nie wieder. Auch ohne alle diese Hintergründe bleibt die Frage, wie sich ein glücklich gekochtes Ei individuell und ohne allzu große Brutalität köpfen läßt. Und hier traf ich – drei- facher Tusch – auf ein nützliches Küchengerät: den »Eiersollbruchstellenverursacher«. Was sprachlich vielleicht einfach als »Eierköpfer« durchgehen würde, haben findige Eierköppe mit diesem Wortungetüm benannt. Das »Original« gibt’s mit oder ohne Zubehör, wobei ich noch nicht herausfinden konnte, worin das Zubehör bestehen könnte. Aus einem Ei hart- oder weichgekocht, der Legehenne aus Keramik oder naturell oder einem Salzkörnerzuteilungs-Set? Das Produkt jedenfalls hat im Internet schon 4370 Treffer und Anbieter. Die Bezeichnung wird an Präzision nur durch die Firma Take 2 übertroffen, die mit »Eierschalensollbruchstellenverursacher« noch eins drauf setzt, damit nicht etwa einer auf die Idee kommt, das Ei vor dem Clack zu schälen. Hier für alle Fälle die Gebrauchsanweisung von Take 2: »Was gibt es Schöneres als einen gemütlichen Sonntagsbrunch mit frischen Brötchen, Kaffee und einem leckeren gekochten Ei? Schade nur, wenn man an das Ei nicht herankommt, ohne bei dem Versuch, das Ei zu köpfen, die Tischdecke mit Schalenstückchen und Eiweißspritzern zu verkleckern. Ein mißlungener Eierschalenbruch ist zwar kein Beinbruch, es geht aber auch wesentlich eleganter und vor allem einfacher, mit einem Clack Eierschalensollbruchstellenverursacher von Take 2: den Eierschalensollbruchstellenverursacher auf das im Eierbecher fixierte Ei setzen, die Schlagkugel am Führungsstab bis zum Gummiaufsatz hinaufschieben und dann im freien Fall auf das Ei auftreffen lassen. Clack! Bis auf die ringförmige Sollbruchstelle bleibt die Eierschale beim Öffnen mit dem Eierschalensollbruchstellenverursacher ganz: der obere Teil des Eis kann problemlos mit dem Messer abgehoben werden. Dabei ist es ganz egal, ob das Ei weich oder hart gekocht ist. Der Eierschalensollbruchstellenverursacher ist aus rostfreiem Edelstahl gefertigt, der Aufsatz auf der Führungsstange besteht aus Gummi. Der kleine starke Helfer ist so besonders stabil und langlebig. Der Eierschalensollbruchstellenverursacher ist neben der klassisch dezenten Ausführung mit dem schwarzen Gummiaufsatz auch in verschiedenen anderen Designvarianten zu kriegen. Doch egal ob schlicht oder abgedreht, ein Clack Eierschalensollbruchstellenverursacher ist ein praktischer Helfer im Alltag oder auch ein ganz besonderes Gastgeschenk.« Während der Kochzeit empfehlen wir produktbezogenes »Galgenraten«. Der buchtsabengenau programmierbare Eierkocher verhindert dabei, daß die Eier zu hart werden. Heather-Eike Huhn …und es gibt ihn doch! Foto: Sigrid [email protected] Seite 6 Nikolaibote April 2011 Ausgabe 39 Kunstunterricht ROGER RÖSSING UND GÜNTER RÖSSLER EIN AKT UNVERHÜLLTER KÜNSTLERISCHER VERBUNDENHEIT drich (Geschäftsführer der Denkmalschmiede Höfgen) zu seinem großen Erstaunen den umfangreichen Negativbestand Roger Rössings zum Thema Akt. Die Rössing-Stiftung und die Deutsche Fotothek konnten gewonnen werden, die Aufarbeitung dieses Konvoluts für eine Wanderausstellung mit Katalog zu unterstützen. Fotos: Roger und Renate Rössing, Deutsche [email protected] A us Anlaß des 5. Todestages von Roger Rössing am 7. 4. 2011 (von der Rössing-Stiftung verbrieftes Datum) veröffentlicht die Denkmalschmiede Höfgen einen Bildband in der Edition Waechterpappel mit etwa 50 bisher unveröffentlichten Aktfotografien. Er enthält »Gedankensplitter« Roger Rössings über Aktfotografie sowie einen Essay von Claus Baumann in deutscher wie in englischer Sprache. Das Sujet Akt, das bei Roger Rössing ein kurzes, wenn auch erstaunliches Intermezzo blieb, hat Günter Rösslers Lebenswerk fast ausschließlich geprägt. Seit 6. März zeigt die Denkmalschmiede Höfgen in der Studiogalerie 22 der bislang unveröffentlichten Arbeiten Rössings aus den Jahren 1979 bis 1983 als großformatige Lambda-Prints in Korrespondenz mit Werken seines Freundes Günter Rössler aus den letzten 50 Jahren. Die auf Kontrasten basierende Hängung der Werke offenbart die unterschiedlichen fotografischen Ansätze beider Künstler und macht zugleich den großen künstlerischen und technischen Spielraum des Mediums Fotografie deutlich. Die Idee für diese Ausstellung entstand vor zwei Jahren, als die Denkmalschmiede Höfgen dem 30 Jahre zurückliegenden Höfgener Akt-Pleinair von 1979 eine Ausstellung widmete. Bei Recherchen in der Deutschen Fotothek (SLUB Dresden) entdeckte Uwe An- Renate und Roger Rössing gehören zu den renommiertesten Fotografen Deutschlands. Ihre Themen waren vor allem Landschaften, Architektur und Menschen. Ab 1979 dokumentierten sie die von Günter Rössler und Claus Baumann initiierten AktPleinairs in und um Höfgen an der Mulde, die als Meilensteine der ostdeutschen Fotografiegeschichte gelten. Roger Rössing verfaßte zudem mehrere Standardwerke der Fotografie. Rössings Aktofots wurden mit einem speziellen Filter und langer Belichtungszeit aufgenommen. Die Modelle scheinen so mit der Landschaft zu verschmelzen oder aus dem Muldennebel aufzutauchen. Roger Rössing »Aktfotografie“ Ausstellung vom 6. März – 8. Mai 2011 Günter Rössler (*1926) zum 85. Geburtstag Roger Rössing (1929–2006) in memoriam Roger Rössing Aktfotografie Mit Texten von Claus Baumann und Roger Rössing Grußwort: Jens Bove, Leiter der Deutschen Fotothek (SLUB Dresden) Vorwort: Dr. Kurt Uwe Andrich Denkmalschmiede Höfgen, Edition Wæchterpappel 2011 92 Seiten, Pappband deutsch/englisch über 50 Abbildungen, Duplex ISBN: 978-3-933629-31-9 Preis: 19,80 Euro Denkmalschmiede Höfgen GmbH – gemeinnützige Kulturbetriebgesellschaft Teichstraße 11/12 04668 Grimma-Kaditzsch Telefon: 03437-98 77-0 Fax: 03437-98 77-10 [email protected] www.hoefgen.de Öffnungszeiten Galerie: Di bis Fr 10–17 Uhr Sonntage und Feiertage 11–17 Uhr »Ist ein Akt mißlungen, liegt es meist am Kopf. Am Kopf des Modells, oder am Kopf des Fotografen.« Rössing »Natürlichkeit gehört zu den leichten Dingen, die schwer zu machen sind.« Rössing Seite 7 Nikolaibote April 2011 Ausgabe 39 Exkursion »ABERR VATTI, TRÖDEL NICHT, WIR MÜSSEN NACH KADITZSCH!« LÄMMERMARKT UND MOR R ISTANZFEST WIE JEDES JAHR AM 1. MAI und Günter Rössler zu sehen, letzterer wird persönlich zugegen sein und Bücher signieren. Frühlingsspektakel im historischenVierseithof, unter blühenden Apfelbäumen und auf dem weitläufigem Festgelände. Gute Laune zwischen Raps und Klee, heiße Rhythmen von Folk bis Jazz, Leckereien aus Faß und Scheune – und schließlich die romantischen Lieder am Lagerfeuer, in diesem Jahr mit Podka. In bewährter Weise ist alles vorbereitet. Gebraucht wird nur noch eins: schönes Wetter. Fotos: Denkmalschmiede Höfgen A m Sonntag 1. Mai, von 11 bis 19 Uhr lädt die Denkmalschmiede Höfgen in Kaditzsch bei Grimma wieder zu »Lämmermarkt und Morristanzfest« ein, dem einzigartigen Frühlingsspektakel »zwischen Folk und Lämmern«. Der traditionsreiche englische Morristanz wird dieses Jahr von Leipzig Morris gemeinsam mit der 30-Mannstarken englischen Tanzformation Wicket Brood aufgeführt. Die MSL BigBand, ebenfalls mit 30 Personen am Start, wird die Wiesen in Schwingungen versetzen. Daß die Jungs der Losen Skiffle Gemeinschaft ihre Fans wieder aus dem Häuschen geraten lassen, ist ebenso zu erwarten, wie die Begeisterung, die »Spejbl & Hurvinek« aus Prag bei Jung und Alt auszulösen verstehen. KlezzKavice bringt Klezmer- und Balkan-Traditionals auf die Bühne, die sie gänzlich unorthodox und partytauglich aufmotzen. Außerdem haben sie ein herrliches Video dabei. Clown Paolo zaubert und gaukelt zwischen Birnenund Apfelbäumen, wo sich ein Ehrengast des Festes klingend vorwärts bewegt: Mike Marriott, die legendäre Einmannband. In der Galerie ist Aktfotografie von Roger Rössing Denkmalschmiede Höfgen GmbH – gemeinnützige Kulturbetriebgesellschaft Teichstraße 11/12 04668 Grimma-Kaditzsch Telefon: 03437-98 77-0 Fax: 03437-98 77-10 [email protected] / www.hoefgen.de Uta Bettzieche »Lämmermarkt« Seite 8 Nikolaibote April 2011 Ausgabe 39 Produktive Arbeit (PA) HEIMLICHE LIEBE DRUCKKUNST ZUR MUSEUMSNACHT Z ur Leipziger Museumsnacht am Samstag, 7. Mai 2011, erwartet alle Nachtschwärmer wieder ein vielfältiges Programm im Museum für Druckkunst Leipzig: DRUCKVORFÜHRUNG AN DER LITHOGRAFIEPRESSE Äußerst selten ist die größte Druckmaschine des Museums in Aktion zusehen. Thomas Franke (stein.werk Leipzig) druckt zur Museumsnacht an der Lithografieschnellpresse (Baujahr 1896) eine Lithografie der Künstlerin Anya Triestram. Dauer: je 20 min. Großer Drucksaal (EG) 18, 19, 20, 21, 22 und 23 Uhr Holzstecher Rudolf Rieß bei der Arbeit, © Museum für Druckkunst LIVE-VORFÜHRUNG: XYLOGRAFIE (HOLZSTICH) UND SCHRIFTGUSS Andreas Wengler (Schriftgießer) und Rudolf Rieß (Xylograf) sind zwei der letzten ihres Berufsstandes. Zur Museumsnacht erzählen sie von der »heimlichen« Liebe zu ihrem jeweiligen Beruf und führen die historische Herstellung von Druckvorlagen für Schrift bzw. Bild vor. Schriftgießerei (1. Etage) 18.30, 19.30, 20.30, 21.30 und 22.30 FÜHRUNG – SONDERAUSSTELLUNG »SCHRIFT UND TYPOGRAFIE IN DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST« Die Ausstellung zeigt rund 40 Positionen internationaler Künstler, die sich in ihrem Werk mit Schrift auseinandersetzen. Die Museumsnacht bietet einen exklusiven Einblick in die Schau, die einen Tag zuvor eröffnet wurde. Kurzführung: ca. 30 min. 3. Etage /19, 20, 21, 22 und 23 Uhr BESICHTIGUNG DER LICHTDRUCKWERKSTATT Als Königin der Drucktechniken gilt der Lichtdruck, der heute europaweit nur noch in Leipzig ausgeübt wird. Seine Qualität gilt bis heute als unerreicht. Die Lichtdruckwerkstatt bietet einen einzigartigen Einblick in dieses seltene Druckverfahren. 2. Etage / 18 bis 24 Uhr Stiftung Werkstattmuseum für Druckkunst Nonnenstraße 38 . 04229 Leipzig Telefon 0341-23 162-0 . Fax -10 www.druckkunst-museum.de Ku.jpg = Eric Ku, Chair, 2008, Exponat der Ausstellung „Schrift und Typografie in der zeitgenössischen Kunst«, © Eric Ku Nikolaibote Seite 9 April 2011 Ausgabe 39 Hofpause Glashaus im Clarapark Glashaus im Clarapark – täglich geöffnet ab 9.00 Uhr samstags Frühstücksbuffet 9,90 € pro Person sonntags Brunchbuffet 14,90 € pro Person Reservieren Sie jetzt und einfach Ihren Tisch oder Ihre Tafel zu all Ihren Feierlichkeiten: Nicht nur Ostern, Pfingsten, der Adventsbrunch, die Jugendweihe oder die Taufe – all diese Feste wollen stilvoll und unvergesslich vollzogen werden. Und das bei uns. Ihre ängnisse, Hochzeits- und Familienfeiern, Omas Neunzigster, die erste Million, Firmenbegängnisse, Mitarbeiterehrungen - wir stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite. OSTERGEDICHT Wenn die Schokolade keimt, Wenn nach langem Druck bei Dichterlingen »Glockenklingen« sich auf »Lenzesschwingen« Endlich reimt Und der Osterhase hinten auch schon preßt, Dann kommt bald das Osterfest. Joachim Ringelnatz Glashaus im Clarapark Karl-Tauchnitz-Straße 26 · 04107 Leipzig Telefon 0341.14 99 00 04 · Telefax 0341.14 99 00 05 Mail: [email protected] familienfreundlich · idyllische Lage mitten im Clarapark · Frühstück · Brunch · Mittagessen · Kuchen · Abendessen · Veranstaltungen und Feierlichkeiten aller Art… w w w . g l a s h a u s i m c l a r a p a r k . d e »HEIMLICHE LIEBE« IN HALLE UND LEIPZIG GEMEINSAME MUSEUMSNACHT AM 7. MAI A m 7. Mai ist es wieder soweit: Halle und Leipzig verabreden sich zur nunmehr dritten gemeinsamen Museumsnacht. Mit einem »Gemischten Doppel« hat die Kooperation der benachbarten Städte und Museen 2009 begonnen, 2010 wurde die »Schöne Nachbarin« entdeckt, 2011 lautet nun das Motto »Heimliche Liebe«. Sie wird bisher verborgene und unentdeckte Objekte und Details aus 82 Häusern und Sammlungen ans Licht bringen. Ein besonderes Programm aus Führungen, Workshops, Spielen und Aktionen lädt zum Verlieben in neue Schätze, Kennenlernen und Mitmachen ein. Die »Schönen Nachbarinnen« der letzten Museumsnacht haben dafür wieder neue Orte zur Teilnahme verführt: das KulturGut Ermlitz sowie in Leipzig das Unikatum Kindermuseum, das Kriminalmuseum, das Clownmuseum, die Inspirata und die Halle 14. Nach einer Pause beteiligen sich in Halle auch wieder das historische Straßenbahnde- pot, das Stadtarchiv, die Handwerkskammer und das Schokoladenmuseum. In Leipzig öffnet dieses Jahr das Deutsche Buch- und Schriftmuseum nach seinem Umzug in den Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek erneut seine Pforten für die nächtlichen Besucher. Die Eintrittskarte für die Museumsnacht ist auch in diesem Jahr zugleich das Ticket für die Sonderlinien am 7. Mai zur Museumsnacht in Halle und Leipzig, für die regulären Verkehrsmittel in beiden Städten und für den Regionalverkehr zwischen ihnen. Karten sind für acht Euro, ermäßigt für sechs Euro bzw. für vier Euro erhältlich. Kinder bis 16 Jahre haben freien Eintritt. www.halzigundleiple.de IMPRESSUM ViSdPG: Falk Johne, Nikolaikirchhof 2, 04109 Leipzig Herausgeber: Gasthaus Alte Nikolaischule, Inhaber Falk Johne Nikolaikirchhof 2, 04109 Leipzig E-Mail: [email protected] www.nikolaibote.de Telefon: 0341-2 11 85 40 Fax: 0341-225 22 97 Auflagenstärke dieser Ausgabe: 200 Der Nikolaibote erscheint monatlich auf www.nikolaibote.de Redaktion: Beate Bahnert, Annegret John-Kunz Leserservice: [email protected] Korrektorat: Beate Bahnert, Annegret John-Kunz Satz, Layout: Annegret John-Kunz Druck: Merkurdruck, Hauptmannstr. 4, 04109 Leipzig Wir danken dem Mendelssohn-Haus Leipzig, der Denkmalschmiede Höfgen, dem Museum für Druckkunst, allen fleißigen Wikipedisten und Osterhasen. Die Texte in dieser Ausgabe wurden nach den Regeln der alten deutschen Rechtschreibung korrigiert. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht zwingend die Meinung des Herausgebers und / oder anderer an der Zeitung beteiligter Personen wieder. Keine Gewähr bezüglich unverlangt eingesandter Materialien. Die Redaktion behält sich vor, bei Veröffentlichung von Zuschriften sinnwahrend zu kürzen. Die im Nikolaiboten enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwendung / Verwertung ohne ausdrückliche Genehmigung des Verfassers strafbar. Alle Anbieter von Beiträgen, Fotos und Illustrationen stimmen der Nutzung in den Printausgaben zu. Die Einspeicherung oder Verbreitung von Zeitungsinhalten in Datenbanksystemen, Archiven u. Ä. ist ohne die Zustimmung des Herausgebers unzulässig. Alle Rechte vorbehalten. Die Maiausgabe 40 erscheint vorraussichtlich Mitte Mai 2011 unter www.nikolaibote.de und als Leseexemplar im Gasthaus »Alte Nikolaischule«. Redaktionsschluß dieser Ausgabe: 14.04.11 Seite 10 Nikolaibote April 2011 Ausgabe 39 Wandzeitung TSUTOMU YAMAGUCHI Seit nunmehr einem Monat bangen wir um die zahllosen Japaner, die Opfer von Erdbeben und Tsunami sind. Täglich informieren wir uns über die Lage im Atomkraftwerk Fukushima, wohl wissend, daß wir alle auf einem Pulverfaß sitzen. Trotz der großen Entfernung zwischen Japan und Deutschland und der mittlerweile geringer werdenden Nachrichten ist uns das Schicksal des Landes und seiner Menschen nicht gleichgültig. Im Zuge unserer Internetrecherchen stießen wir auf eine nahezu unglaubliche Geschichte und haben beschlossen, sie Ihnen nicht vorzuenthalten. D er Japaner Tsutomu Yamaguchi (geboren am 16. März 1916) war einer von weniger als 200 bekannten Menschen, die beide Atombombenabwürfe auf Japan während des Zweiten Weltkrieges sowohl erlebt als auch überlebt haben. Er war zugleich einer von neun bekannten Überlebenden, die bei beiden Explosionen jeweils in der Nähe des Bodennullpunktes waren. Weiterhin war er der einzige von den japanischen Behörden offiziell anerkannte »doppelte Hibakusha« (Atombombenopfer). Am 6. August 1945 schloss Yamaguchi, der damals als Ingenieur für die Konstruktion von Öltankern bei Mitsubishi Heavy Industries in Nagasaki arbeitete, zusammen mit seinen Kollegen Akira Iwanaga und Kuniyoshi Sato einen dreimonatigen geschäftlichen Aufenthalt in Hiroshima ab. Er war früh aufgestanden, um sich auf die Heimreise am folgenden Tag vorzubereiten, und hatte sich von seinen Kollegen getrennt, um sein im Büro vergessenes persönliches Siegel zu holen. Als die Atombombe um 8.15 Uhr in 580 Meter Höhe zündete, stieg er gerade etwa 3 km vom Hypozentrum entfernt aus einer Straßenbahn aus. Zuvor hatte er sogar noch den Bomber Enola Gay gehört. Yamaguchi erlitt starke Verbrennungen am linken Oberkörper und wurde lebenslang auf einem Ohr schwerhörig, begriff aber aufgrund starker Schmerzen zunächst die Tragweite des Geschehens und das Ausmaß seiner Verletzungen nicht. Die folgende Nacht verbrachte er in einem Luftschutzraum. Am nächsten Tag begab sich Yamaguchi von Kopf bis Fuß verbunden erneut zum Bahnhof, wobei sein Weg in nur zwei Kilometern Entfernung am Hypozentrum vorbeiführte und er starker radioaktiver Strahlung ausgesetzt wurde. Er kam am 8. August in Nagasaki an. Als am 9. August um 11.02 Uhr die zweite Atombombe über Nagasaki zündete, befand sich Yamaguchi wieder etwa 3 km vom Hypozentrum entfernt im Büro seines Chefs und berichtete diesem gerade von den Ereignissen in Hiroshima. Er erlitt erneut Verletzungen. Auf der Suche nach Angehörigen kam Yamaguchi am 13. August in die Nähe des Hypozentrums und wurde ein weiteres Mal starker radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Yamaguchi zwar bereits ab 1957 von der Stadtverwaltung von Nagasaki als zweifacher Hibakusha (Atombombenopfer) geführt worden. Bei einer Überarbeitung der Unterlagen, vermutlich im Jahr 1960, wurde jedoch der Hinweis auf seine Strahlenbelastung in Hiroshima entfernt. Als Yamaguchi mehrfach versuchte, die Eintragungen berichtigen zu lassen, wurde dies stets mit der Begründung abgelehnt, daß es für die Bewertung seines Falles nicht von Bedeutung sei. Am 19. Januar 2009 beantragte Yamaguchi erneut die Korrektur seiner Hibakusha-Dokumente. Wohl u. a. aufgrund neuer Zeu- genaussagen von weiteren Überlebenden gab die Stadtverwaltung von Nagasaki am 23. März 2009 seinem Antrag statt. Damit ist Tsutomu Yamaguchi der einzige jemals behördlich anerkannte »doppelte Hibakusha« (obwohl es nach aktuellem Wissensstand insgesamt 165 Überlebende beider Atombombenexplosionen gegeben hat, von denen sich neun in beiden Fällen in der Nähe des Bodennullpunktes aufgehalten hatten). Auch Tsutomus Frau wurde zu einer Hibakusha, da sie durch »schwarzen Regen« (Fallout) radioaktiv belastet wurde. Das Ehepaar hatte drei Kinder, von denen ein Sohn, der zum Zeitpunkt der Explosion in Nagasaki noch ein Säugling war, mit 59 Jahren an einer Krebserkrankung starb. Nach dem Krieg arbeitete Yamaguchi zunächst für die US-amerikanischen Besatzungsstreitkräfte und als Lehrer und kehrte später wieder zu Mitsubishi Heavy Industries zurück. Er war Friedensaktivist und setzte sich auch weiterhin für die Beseitigung aller Atomwaffen ein. Mit mehr als 80 Jahren schrieb er ein Buch über seine Erlebnisse. Im Alter von 90 Jahren reiste er in die USA und beteiligte sich Anfang August 2006 anlässlich einer Vorführung des Dokumentarfilms »Nijūhibaku« von Hideo Nakamura (englischer Titel: Twice Bombed, Twice Survived), der über sein Schicksal und das weiterer »doppelter Hibakusha« berichtet, an einer Podiumsdiskussion im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York. Yamaguchi erlag am 4. Januar 2010 einem Magenkrebsleiden. Quelle: wikipedia.de oben:Yamaguchi (Mitte), Foto: [email protected] unten: Ein Hibakusha erzählt Jugendlichen vom Abwurf der Atombombe auf Nagasaki. Gebäude der Vereinten Nationen in Wien, während der NPT PrepCom 2007. [email protected] Seite 11 Nikolaibote Wandzeitung 花見-HANAMI anami (jap. 花見, »Blüten betrachten«) ist die japanische Tradition, in jedem Frühjahr mit sogenannten »Kirschblütenfesten« die Schönheit der in Blüte stehenden Kirschbäume zu feiern. Die japanische Kirschblüte (sakura) blüht je nach Gegend in Japan Ende März bis Anfang Mai. Über den zeitlichen und geografischen Verlauf (Kirschblütenfront) der lokal etwa zehn Tage dauernden Blüte wird in den Medien berichtet. Die japanische Kirsche trägt keine eßbaren Früchte, hat besonders viele Blüten und lädt sehr zu einem Spaziergang ein. Der Februar ist in Japan der kälteste Monat. Zusammen mit den Kirschblüten erfreut man sich angenehmerer Temperaturen und fühlt die Kräfte der Natur erwachen. Vor der Kirsche im April blühen im Februar die Pflaumenbäume (Ume, 梅, lat. prunus mume) und die Pfirsichbäume (桃 momo) im März. Doch bezieht sich Hanami hauptsächlich auf die japanische Kirsche, die in Parks und Gärten ungleich zahlreicher angepflanzt wird. Die Tradition des Hanami und die dazugehörigen Feste gibt es wahrscheinlich seit der Nara-Zeit (710–784). Schriftliche Aufzeichnungen darüber gibt es aus der Heian-Zeit (794–1185). Die Aspekte der Schönheit und der Vergänglichkeit sprechen Japaner dabei besonders an: Ohne Früchte zu tragen, lebt die japanische Kirsche gewissermaßen einzig für das wenige Tage im Jahr andauernde Erblühen in dann überragender Schönheit. Nach längerem Reifen und nur kurzer Zeit des Erblühens fällt die Blüte im Moment vollendeter Schönheit. Die Sakura gibt damit Sa- H murai und der Literatur ein Beispiel für einen würdigen, jungen Tod. In den etwa zehn Tagen, in denen die Kirschen in der eigenen Gegend in Blüte stehen, feiern fast alle Bewohner Japans ein Hanami mit Freunden, Kollegen oder Familie in einem Park oder einem anderen dafür ausgezeichneten Ort. O-Bentō und oft reichlich Bier oder Sake sowie eine Unterlage, um auf dem Boden zu sitzen, zählen zu den Utensilien, mit denen man sich bei und unter Kirschbäumen in der Stadt und auf dem Land versammelt. Um am Wochenende die besten Plätze bereitzuhalten, begeben sich manche »Platzhalter« schon Stunden vorher mit einer großen Plane ausgestattet vor Ort, denn pro Jahr sind auch bei gutem Wetter oft nur ein bis zwei Wochenenden zu diesem Zweck geeignet. April 2011 Ausgabe 39 Vor allem unter Kollegen und Studenten ist das abendliche Hanami nach Feierabend beliebt: In manchen Parks werden dafür die nächtlichen Kirschbäume (Yozakura, 夜桜) angestrahlt, die weißen und hellrosa Blüten bilden einen wunderschönen Kontrast zur Schwärze der Nacht. In Deutschland gibt es in vielen Städten unterschiedlich große Hanami-Feste, oft organisiert von den örtlichen Deutsch-Japanischen-Gesellschaften (DJG). Das größte Hanami-Fest in Deutschland dürfte das Kirschblütenfest in Hamburg sein, zu dem sich jedes Jahr im Frühling zehntausende Menschen an der Alster versammeln und das mit einem großen Feuerwerk abgeschlossen wird. Weitere Hanami-Feste gibt es z. B. in Passau, Wolfsburg und Ludwigshafen am Rhein. Quelle: wikipedia.de Wir wünschen allen Menschen, die durch die Katastrophe im März Familie und Heim verloren haben und durch das atomare Unglück Leid erfahren müssen, daß sie einen neuen Platz in ihrem Leben finden können. Seit Ende März erleben sie trotz allen Leids die Sakura – die Zeit der Kirschblüte. Sie gilt den Japanern als Symbol für Schönheit, Vergänglichkeit und Neuanfang. Möge sie ihnen Kraft und Hoffnung bringen! Foto oben: [email protected], mitte: Kirschblüte in Higashinada-ku, Kobe, Japan. [email protected] unten: Hanami in Ueno Park,Tokyo, Japan [email protected] Nikolaibote Seite 12 Sachkunde April 2011 Ausgabe 39 Jan Kamenič[email protected] ACH, DU DICKES EI! OSTERBRÄUCHE RUND UM DAS ERDENRUND V iele vor- und außerchristliche Religionen verehren die Sonne als Licht- und Lebensspenderin wie einen Gott und feiern deshalb Frühlingsfeste wie das iranische Nouruz. Deren Termin ist oft an das Äquinoktium am 20. oder 21. März angelehnt. Auch einige heutige Osterbräuche werden auf germanische und keltische Sonnenkulte zurückgeführt: etwa die Osterfeuer und das Osterrad. Neuheiden feiern Ostern als Ostara-Fest nach einer angeblich altgermanischen Göttin Ostara, als deren Symbole sie Osterei und Osterhase angeben. Diese Fruchtbarkeitssymbole sind als Osterbräuche im deutschen Sprachraum jedoch erst seit dem 17. Jahrhundert belegt. Ein Hase als Ostersymbol ist in christlichen Quellen aus Südosteuropa seit der Spätantike belegt; seine Herkunft aus einem germanischen Frühlingskult ist unbelegt. In deutschsprachigen Ländern und den Niederlanden suchen die Kinder bunt bemalte versteckte Eier und Süßigkeiten, die von einem »Osterhasen« versteckt wurden. Es gibt auch den Brauch, Zweige in Vasen oder auf Bäumen im Garten mit bunt bemal- ten Ostereiern zu schmücken. Als Ostergebäck gibt es einen Kuchen in Hasen- oder Lammform. Bräuche zum Osterei sind das Ostereiertitschen, Ostereierschieben und Eierschibbeln. In katholischen Gemeinden werden die Kirchenglocken zwischen Karfreitag und der Osternacht nicht geläutet. In einigen Gemeinden, vorwiegend im süddeutschen Raum, aber auch in Luxemburg, ziehen stattdessen Kinder und Jugendliche mit speziellen Ratschen oder Klappern durch das Dorf, um zu den Gottesdiensten und zum Angelusgebet zu rufen. In Frankreich, Österreich, aber auch in überwiegend katholischen Regionen Deutschlands erzählt man den Kindern, daß die Glocken am Karfreitag nach Rom fliegen und am Ostersonntag zurückkommen, um zu erklären, wieso sie nicht läuten. Die Glocken würden auf dem Rückweg aus Rom Süßigkeiten für die Kinder verstecken. Die Suche nach den versteckten Süßigkeiten findet in Frankreich, im Gegensatz zu den deutschsprachigen Ländern, erst am Ostermontag statt. In einigen Gegenden ist auch die Speisensegnung am Gründonnerstag oder am Karsamstag gebräuchlich, wobei traditionelle Osterspeisen (Osterschinken, Würste, Zunge, Meerrettich, Eier) gesegnet werden. Bei den Kindern ist das »Eierpecken« sehr beliebt: Jeder Teilnehmer erhält ein Ei und stößt es mit jenem von einem anderen Teilnehmer zusammen. Derjenige, dessen Ei bis zum Schluß ganz bleibt, hat gewonnen. In Polen werden am Karsamstag Speisen für das Frühstück am Ostersonntag gesegnet. Am Ostermontag besprengt man sich gegenseitig mit Wasser. In Griechenland, Russland, Serbien und Schweden werden hartgekochte Eier rot bemalt als Symbol für das neue Leben, das durch das Opfer Christi erworben wurde. In Rußland ist es außerdem üblich, neben Ostereiern traditionelle Osterspeisen (Kulitsch, Pascha) am Karsamstag weihen zu lassen. In Griechenland wird nach der Auferstehungsliturgie die Majiritsa, eine Suppe aus den Lamminnereien gegessen, das dann im Laufe des Ostersonntags am Spieß gegrillt wird. Während der Ostertage begrüßt man Seite 13 Nikolaibote Sachkunde sich – wie auch in allen anderen orthodoxen Ländern – mit dem Ostergruß: Χριστός ἀνέστη! (»Christus ist auferstanden!«) Der so Gegrüßte antwortet: Ἀληθῶς ἀνέστη! (»Er ist wahrhaftig auferstanden!«). April 2011 Ausgabe 39 [email protected] In Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Rumänien wird am Ostermontag ein Brauch ausgeübt, bei dem die Männer Frauen mit Wasser, in Ungarn mit Parfüm, besprengen und mit einer Art handgemachter Rute – pomlázka (Tschechien) – korbáč (Slowakei) – die mit bunten Bändern geschmückt ist, »symbolisch« (d. h. ohne weh zu tun) schlagen (oft werden die Mädchen jedoch so stark auf die Beine geschlagen, dass sie es nicht wagen aus dem Haus zu gehen). Der Überlieferung nach soll dies die Gesundheit und Schönheit der betroffenen Frauen im kommenden Jahr erhalten. Frauen, die dabei übersehen werden, können sich unter Umständen beleidigt fühlen. Im Gegenzug schenkt die Frau dem Mann ein bunt bemaltes Ei oder auch einen geringen Geldbetrag. In manchen Gegenden kann sich die Frau dann am Nachmittag oder am darauf folgenden Tag revanchieren, indem sie Männer mit einem Eimer kalten Wassers übergießt. Die Ukraine, Tschechien, die Slowakei und Polen sowie die sorbischsprachigen Gebiete in Deutschland (Brandenburg, Sachsen) sind wohl die Länder mit der kunstvollsten Eierbemal-Tradition. Auf den Pisanki (pl.) bzw. Писанки (ukr.) und velikonoční kraslice (cz.) (Bemalungen auf den Eiern) werden mit flüssigem Wachs Ornamente aufgetragen, die Eier in einer Farbstofflösung gekocht und in einem mit Gras oder ähnlichem Material ausgelegten Korb verschenkt. In Italien gibt es die »Torta di Pasquetta«: eine Art Gugelhupf mit gekochten Eiern, Spinat und der sogenannten »Ostertaube«. Am Karfreitag findet in vielen Orten eine Prozession statt, bei der das Kreuz schweigend durch die Straßen getragen wird. Die Auferstehung wird traditionell am zweiten Feiertag mit der Familie und Freunden mit Picknick gefeiert. In Finnland schlagen Freunde und Bekannte einander leicht mit einer Birkenrute, um an die Palmzweige, mit denen Jesus in Jerusalem empfangen wurde, zu erinnern. Am Ostersonntag ziehen Kinder mit Trommeln und Tröten durch die Straßen zur Beendigung der Trauerzeit. In Finnland ist Ostern auch das Fest der Kerzen. In Mexiko feiert man für etwa zwei Wochen eine Art Volksfest mit Musik und Tanz. Die Straßen sind mit Girlanden geschmückt. Am Karfreitag ist es ruhig, und es finden Prozessionen statt. In Schweden (und auch an geheimen Orten Thüringens – Anm.d.Red.) gehen Frauen nachts heimlich und schweigend an eine Quelle, um das Osterwasser zu holen. Schaffen sie es, dabei nicht gesehen zu werden und mit dem Wasser ihren Liebsten zu benetzen, dann erobern sie damit seine Liebe. Ostern wird mit Feuerwerk und Lärm gefeiert. Die »Osterhexen« werden symbolisch am Osterfeuer verjagt. Am Gründonnerstag verkleiden sich die schwedischen Kinder als »Osterweiber« (Påskkärring). Sie laufen mit langen Röcken und Kopftüchern durch die Straßen und betteln an den Türen um Süßigkeiten, als »Bezahlung« überreichen sie selbstgemalte Osterbilder. In England läßt man die bunten Eier an abschüssigen Straßen etc. hinunterrollen, bis die Schale ganz kaputt ist. In den USA gibt es die traditionelle »Easter Parade« auf der 5th Avenue in New York City. Man verkleidet sich und fährt mit bunt geschmückten Wagen durch die Straßen. Am Weißen Haus in Washington findet das Eierrollen (»The White House Easter Eggs Roll«) statt, wobei jeder Teilnehmer ein vom Präsidenten und seiner Gattin signiertes Holzei erhält. Auf den Philippinen pflegt man auch den Brauch mit Hasen und bunten Ostereiern. Wenn die Osterglocken läuten, fassen die Eltern die kleinen Kinder beim Kopf und heben sie hoch. Sie glauben, daß die Kinder so größer werden. In Australien schöpfen verlobte Paare Ostern fließendes Wasser aus einem Bach und bewahren es bis zu ihrem Hochzeitstag auf. Bevor sie zur Kirche gehen, besprengen sie sich gegenseitig damit. Dies soll Glück bringen. In Kroatien wird eine Art Kasseler Rippenspeer in der Kirche gesegnet und anschließend mit Meerrettich und hart gekochten Eiern als Osteressen serviert. Aus der Fränkischen Schweiz stammt der Brauch, Osterbrunnen zu schmücken. Am Karsamstag werden zur Vorbereitung auf Ostern öffentliche Dorfbrunnen mit bemalten Seite 14 Nikolaibote Sachkunde Ostereiern und anderem Verzierungen zu Osterbrunnen geschmückt. Von einem zum österlichen Brauchtum des deutschsprachigen Raumes gehörigen Osterfuchs berichtete die ältere volkskundliche Literatur bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Der Fuchs nahm nach diesen Berichten die Stelle des Hasen als ostereierlegendem oder -bringendem Tier ein. Die Osterkerze ist eine große Kerze aus gebleichtem Bienenwachs, die in der Liturgie der Westkirchen (römisch-katholische, altkatholische, anglikanische und Lutherische Kirche), zu Beginn der Osternachtfeier am Osterfeuer bereitet, geweiht und entzündet wird. Die Ostkirchen verwenden ein sogenanntes Trikirion (τρικηριον), drei Kerzen aus ungebleichtem Wachs, die mit einem Stoffband überkreuzt zusammengebunden werden. Dieses Trikirion wird ausschließlich in der Osternacht verwendet. Das Osterlicht wird im Altarraum durch eine Ölkerze bis zum nächsten Osterfest erhalten. Osterlachen (lateinisch risus paschalis), auch Ostergelächter, bezeichnet den Brauch, in der Predigt zu Ostern die Gottesdienstgemeinde zum Lachen zu bringen. In einigen Regionen, vor allem in Bayern, war es vom 14. bis 19. Jahrhundert fester Bestandteil des christlichen Brauchtums. Zu diesem Brauch gehörte es (insbesondere im Spätmittelalter), in der Osterpredigt eine Geschichte zu erzählen, die die Gemeinde zum Lachen brachte.Diese Geschichten wurden als Ostermärchen oder Ostermärlein bezeichnet. Der Grundgedanke des Osterlachens war, die Osterfreude zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig symbolisiert das Osterlachen die Überlegenheit und den Sieg über den Tod, der sich an Christus »verschluckt« hat und der Lächerlichkeit preisgegeben ist. Das Osterlachen war auch eine lustige Art, ein wenig Kritik an der weltlichen oder kirchlichen Obrigkeit zu üben. Als exemplarisch dürfte der Predigtstil des Wiener Hofpredigers Abraham a Sancta Clara gelten. Heutzutage erinnern an diesen Brauch manche Faschingspredigten am Sonntag vor Aschermittwoch. Da im Spätmittelalter auch mit obszönen Handlungen und Worten versucht wurde, die April 2011 Ausgabe 39 Gemeinde zum Lachen zu bringen, stieß das Osterlachen im Protestantismus auf scharfe Kritik. So geht der Begriff risus paschalis zurück auf den Reformator Johannes Ökolampad, der einen Brief gegen diesen Brauch geschrieben hatte, welcher 1518 von Wolfgang Capito veröffentlicht wurde. Im 18. Jahrhundert wurde das Osterlachen immer seltener, irgendwann hielten sich nur noch die Ostermärlein. Die Regensburger Diözesankonstitutionen von 1835 verbannten »Fabeln, gereimte Dichtungen und Obskures« aus den Predigten. Die Diözese Regensburg ist dabei wohl nur ein Beispiel, ähnliche Anordnungen ließen sich wahrscheinlich auch in den Konstitutionen anderer Diözesen zu finden. Der Brauch, Osterpostkarten an Verwandte, Freunde und Bekannte zu versenden, scheint um 1900 üblich geworden zu sein. Während im Jahre 1898 nur vereinzelt Osterpostkarten versandt worden waren, nahm die Zahl in den darauffolgenden Jahren weltweit stark zu. Die Postordnung ließ auf der Rückseite neben der Briefmarke zunächst nur die Adresse zu, was zu einer Beschriftung und damit einer »Verunzierung« der Bildseite führte. Die Pause! Foto: [email protected] Seite 15 Nikolaibote Sachkunde Ei, ei, ei! Foto: [email protected] Post in Deutschland und Österreich ließ darum ab 1905 eine Aufteilung der Rückseite auf das Adressfeld und eine Freifläche für persönliche Mitteilungen zu. 1906 wurde diese Aufteilung beim Weltpostkongress in Rom international beschlossen. Ostern wird auf den Postkarten in der Regel als Aufbruch der Natur aus dem »Winterschlaf« gefeiert. Als Motiv dienen Kinder, Lämmer, Küken und Eier, Frühlingslandschaft und Frühlingsblumen, besonders auch Palmkätzchen. Der Osterhase als personifiziertes Fruchtbarkeitssymbol wurde gerne im Zusammenhang mit Eiern dargestellt. Junge Mädchen und Kinder galten als Träger des Glücks und der Hoffnung. Während der Zeit des Ersten Weltkrieges wurden die Kinder von uniformierten Soldaten als Symbol abgelöst, auch ein militärisches Auftreten des Osterhasens war üblich. Auf den religiösen Osterpostkarten finden sich an Motiven: die Auferstehung Jesu Christi aus dem Grab, Christus als Hirte und das Lamm Gottes (Agnus Dei). Die Karten wurden im chromolithographischen Verfahren oder im Rasterdruck hergestellt bzw. waren Fototypien. Zur Veredelung dienten vor allem Prägungen, zuweilen in Gold- und Silberfarbe. Die »echten« Fotografien, also Fotoabzüge, wurden teilweise (schablonen-) koloriert. Die Fotopostkarten arbeiteten mit gestellten Szenen, meist vor gemaltem Hintergrund, und Montagen. Deutsche Verlage und Kunstdruckereien bzw. Artistische Anstalten waren vor dem Ersten Weltkrieg bei der Herstellung von Osterpostkarten führend. Als Blütezeit der aufwendig gestalteten Motivkarten gelten die Jahre zwischen 1898 und 1918. Eine starke Reduzierung des Osterkartenversendens erfolgte durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges. Während danach die Anzahl der Karten langsam stieg, nimmt sie in den letzten zehn Jahren infolge der Konkurrenz durch Telefonie und E-Mail stark ab. Schmackostern, in Norddeutschland auch Stiepern genannt, ist ein Element von Frühlingsfeiern, in diesem Fall besonders zu Ostern. Dieser Brauch, insbesondere junge April 2011 Ausgabe 39 Frauen im Zuge von Frühlingsfeiern mit der Lebensrute zu schlagen, ist speziell in Mittel- und Ostdeutschland sowie Schlesien ein Ritual des Osterfests. Er stammt vielleicht aus vorchristlicher Zeit. Zumindest ist es analog zu Fruchtbarkeitsritualen zu verstehen, mit denen das Wiedererwachen der Natur nach dem Winter gefeiert wird. Üblicherweise wurde das Schmackostern am 2. Ostertag praktiziert. Zur Vorbereitung hatte man lange vor Ostern in der warmen Stube lange dünne Wacholderzweige (»Kaddickhusch«, beim Schmackostern) oder Birkenreiser (beim Stiepern) zum Grünen gebracht. Mit diesen Ruten zog man frühmorgens von Haus zu Haus und teilte an die einzelnen Hausgenossen leichte Streiche aus. Nach Möglichkeit schlich man sich zu den noch Schlafenden, hob die Bettdecke hoch und teilte die Hiebe auf den nackten Po. So suchten die Kinder speziell ihre Eltern heim und die jungen Männer die jungen Mädchen. Quelle: wikipedia.de Wir danken an dieser Stelle den fleißigen Schreiberlingen, die ihr Wissen bei wikipedia veröffentlichen, und entschuldigen uns bei unseren Lesern, daß wir in dieser Ausgabe häufiger unsere Beiträge aus der Internetkiste speisten als gewöhnlich, aber wir sind schrecklich beschäftigt mit EI-nem sorbischen Brauch – dem Ostereierbemalen! Worauf warten? Foto: [email protected] Nikolaibote Seite 16 April 2011 Reklame SONNTAGS ZUM BRUNCH IN DIE INNENSTADT ab 17. April 2011 Jeden Sonntag von 9 bis 14 Uhr Sonntagsbrunch im Gasthaus »Alte Nikolaischule“ Preis pro Person 14,90 €, Kinder von 5 bis 12 Jahren zahlen die Hälfte Große Auswahl an Frühstückskomponenten, warme und kalte Buffetkomponenten, Dessert, Kaffee, Tee, Saft, Wasser SPEZIALBRUNCH Unseren Spezialbrunch für 19,90 € inkl. einem Glas Sekt sowie Kaffee- und Schokoladenspezialitäten gibt es an folgenden Tagen: Ostern Maifeiertag Muttertag Pfingsten Erntedankfest Adventssonntage Weihnachten Neujahr 24. und 25. April 2011 01. Mai 2011 08. Mai 2011 12. und 13. Juni 2011 02. Oktober 2011 27. Nov., 04.,11., 18. Dezember 2011 25. und 26. Dezember 2011 01. Januar 2012 Um Reservierung wird gebeten. Gasthaus »Alte Nikolaischule« Nikolaikirchhof 2 04109 Leipzig Tel. 0341.211 85 11 / Fax 0341.211 85 12 Mobil 0174.342 54 98 [email protected] breakfast BRUNCH lunch Ausgabe 39