Maximal flexibel mit der Multi-Cloud Data-ManagementPlattformen Von Business Case bis Datenqualität – wovon treffende Prognosen abhängen S. 80 Verschiedene Cloud-Formate und mehrere Anbieter in eine Cloud integrieren S. 42 Werbung optimal ausspielen mit Programmatic Advertising S. 74 PoS der Zukunft: Wie IT-Technik das Einkaufen zum Erlebnis macht S. 20 Smarte Chatbots statt dummer Apps Sprachgesteuerte Assistenten mit Künstlicher Intelligenz sind das nächste große Ding in der Kundenkommunikation S. 14 Ausgabe 12/16 com-professional.de Deutschland 6,90 EUR CH 12,90 CHF A 7,30 EUR L 7,50 EUR 88021 12/16 Data-Management-Plattformen ● Multi-Cloud ● Predictive Analytics ● PoS der Zukunft ● Chatbots Die größten Hürden für Predictive Analytics Data-Management-Plattformen Foto: Shutterstock / Hluboki Dzianis Big Data & IoT Data-Management-Plattformen (DMPs) Daten sind das Fundament für effizientere Werbung Für Programmatic Advertising müssen Unternehmen ihre Kunden besser kennenlernen. ata-Management-Plattformen (DMP) sind eine relativ neue Produktkategorie. Sie sind mit dem Siegeszug des sogenannten Programmatic Advertisings entstanden, auf Deutsch auch Programmatische Werbung genannt. Darunter versteht man das automatisierte Einkaufen beziehungsweise Ausspielen von Werbebannern auf Online-Seiten. Werbetreibende buchen auf einer Programmatic-Advertising-Plattform Inventar und definieren Zielgruppen und Reichweite. Die Plattform liefert dann automatisch die Banner auf den angeschlossenen Seiten aus, die den Vorgaben des Auftraggebers am besten entsprechen. Das Budget wird so optimal genutzt und die Gefahr von Streuverlusten verringert. Nach Angaben des „Programmatic Intelligence Report 2015“ von Magna Global, einer Tochter der Werbeholding IPG Mediabrands, sollen bis 2019 weltweit 50 Prozent der Ausgaben für Display- und Videowerbung in Programmatic Advertising fließen. D 74 Programmatic Advertising Damit programmatische Werbung funktioniert, benötigen Auftraggeber und Werbeplattformen so viel Wissen über Zielgruppen und Besucher wie möglich. „Im Zusammenspiel zwischen gesammelten Kundendaten und programmatischem Media-Einkauf erreicht man eine erheblich bessere Aussteu- Adobe-DMP: Mit dem Audience Manager sollen sich eindeutige Zielgruppen erstellen lassen. 12/2016 com! professional Data-Management-Plattformen DMP-Anwender 64 % 36 % Markenartikler/ Einzelhandel 43 % Media-Agenturen 57 % 69 % 31 % Publisher 76 % 24 % Handelsplattformen (inkl. Agenturplattformen) 76 % 24 % mit DMP ohne DMP DMPs in Europa: Vor allem bei Publishern und Handelsplattformen sind Data-Management-Plattformen heute schon weit verbreitet. com! professional 12/16 Quelle: „State of the European Data Management Platform Market“ ExchangeWire Research/Weborama, 2016 erung auf einzelne Marketingziele“, sagt Oliver Hülse, Geschäftsführer DACH beim DMP-Anbieter Rocket Fuel. Diese Informationen zu sammeln und zu verwalten, das sind die Aufgaben einer Data-Management-Plattform. „Mit Hilfe dieser Daten können Publisher, Agenturen und Werbetreibende später passgenaue Zielgruppen für ihre Marketingkampagnen bilden – indem sie ihre Zielgruppen aufgrund bestimmter Merkmale oder Profile segmentieren“, erklärt Ulrich Schober, CEO der Schober Information Group, das Prinzip. Die Informationen können laut Annette Dielmann, Chief Product Officer bei Goldbach Digital Services, aus so unterschiedlichen Quellen wie Webseiten, Apps, Video-Playern, E-Mail-Programmen, Social Media oder dem Customer Relationship Management (CRM) stammen: „In der DMP werden Inhalte einer DMP 100 % 75 % 87 % 57 % 50 % 59 % 64 % 54 % diese Daten verwaltet, organisiert, strukturiert und segmentiert, um anschließend als Auslieferplattformen zur werblichen Ansprache bereitgestellt zu werden.“ Während klassische Datenbanken oder Data-WarehouseSysteme (DWH) für die langfristige Speicherung und Analyse verschiedenster Daten ausgelegt sind, hat eine DMP vor allem den Zweck, Kunden zu identifizieren und zu segmentieren: „In Data Warehouses wird Langzeitwissen strukturiert und gespeichert, während DMPs der Generierung und Nutzung von „In Data Warehouses Kurzzeitwissen im digitalen wird Langzeitwissen Kontext dienen“, sagt Rolf Anstrukturiert und weiler, Senior Vice President gespeichert, während DMPs der Generierung Marketing des Anbieters Mapp und Nutzung von Digital. Eine DMP funktioniere Kurzzeitwissen im allerdings dann am besten, digitalen Kontext dient.“ wenn sie auch auf die Informationen im DWH zugreifen könRolf Anweiler ne, so Anweiler weiter. „Hinzu Senior Vice President Markekommen aber Momentaufnahting, Mapp Digital www.mapp.com men, die im Normalfall nicht in Foto: Mapp Digital Werbenetzwerke einem Data Warehouse landen.“ Aline Zenses, Head of Sales DE/CH & Benelux Data Management Platforms bei Oracle Deutschland, sieht den Unterschied vornehmlich in der Aktivierung der Daten: „Im Zeitalter von Realtime Advertising müssen DMPs Daten in Millisekunden verarbeiten und in Echtzeit bereitstellen können. Das unterscheidet sie deutlich von klassischen Data Warehouses.“ Ein weiterer Unterschied liegt laut François Genon-Catalot, Senior Digital Strategist für die Adobe Marketing Cloud, in der Anonymisierung der Daten: „Anders als ein Data Warehouse sammelt eine DMP keine persönlichen Informationen wie Vorname, Nachname, Adresse oder Telefonnummer. Das ist ohne Einwilligung der betroffenen Person aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt, selbst wenn dies technisch möglich ist.“ 56 % 56 % 43 % 25 % 0 Internetnutzung Mobile Kampagnen(App-) interaktionen Nutzung CRM Daten von Medienpartnern Demografische Daten Verhaltensdaten Inhalte: In eine DMP gehen vor allem Webseiten-Daten und Informationen aus der Kundendatenbank ein. com! professional 12/16 Quelle: „State of the European Data Management Platform Market“ ExchangeWire Research/Weborama, 2016 com! professional 12/2016 Big Data & IoT Social Data DMP-Vorteile Eine DMP hilft dabei, Informationen über einen Kunden zu sammeln und dazu möglichst alle zur Verfügung stehenden Kanäle zu nutzen. „Viele Herausforderungen in der datengestützten Kommunikation sind ohne eine DMP gar nicht mehr handelbar“, sagt Annette Dielmann, die für das ▶ 75 Data-Management-Plattformen Auswahlkriterien Diese Punkte sollten Sie bei der Entscheidung für eine DMP berücksichtigen. ● Integration in die eigene IT-Architektur: Arbeitet die Lösung mit den vorhanden Systemen, etwa dem Customer Relationship Management, einem Ad-Server oder einem Webanalyse-Tool zusammen? ● Internationalität: Soll die Lösung an verteilten Standorten, womöglich weltweit betrieben werden? Dann ist es wichtig, dass auch der DMP-Anbieter international beziehungsweise weltweit Standorte betreibt und Support leisten kann. ● Rechtemanagement: DMPs werden von vielen verschiedenen Abteilungen, aber auch von Partnern und externen Dienstleistern genutzt. Eine DMP sollte deshalb in der Lage sein, Informationen rechtebasiert einzuschränken, sodass nicht jeder Zugriff auf alle Daten hat. ● Cross-Device-Fähigkeiten: Ist die DMP in der Lage, Daten verschiedenster Geräte wie Smartphone und Tablet mit den Daten aus Webbrowsern zu konsolidieren? ● Post-Sales-Support und Implementierungspartner: Bietet der Hersteller Unterstützung bei der Implementierung? Wie ist der Support geregelt? Gibt es lokale Ansprechpartner, die in der Landessprache kommunizieren, oder nur einen zentralen Support, etwa in Amerika oder Asien? ● Echtzeitimport: Kann die DMP Daten in Echtzeit aggregieren und auswerten? ● Preis/ROI: Sind die Kosten für Implementierung und Betrieb im Hinblick auf den zu erwartenden Umsatzzuwachs angemessen? Welche konkreten Vorteile wie effizientere Kundenansprache, höhere Kundenzufriedenheit oder geringere Kosten im Kundenmanagement soll die DMP darüber hinaus bringen? Wie lassen sich diese Vorteile in einer Kosten-Nutzen-Rechnung bepreisen? Quelle: Adobe (verändert/ergänzt) 76 Wire Research und Weborama unter 360 europäischen DigitalMarketing-Profis nutzen bereits über zwei Drittel der Befragten eine DMP. Bei Handelsplattformen und Publishern ist die Akzeptanz am weitesten vorangeschritten, bei Markenartiklern und im Einzelhandel ist dagegen erst knapp über die Hälfte „Im Zusammenspiel der teilnehmenden Unternehzwischen gesammelten Kundendaten und men mit einer DMP ausgestattet programmatischem (siehe Chart auf Seite 75). Media-Einkauf erreicht Die meisten Anwender (87 man eine erheblich Prozent) nutzen ihre DMP, um bessere Aussteuerung auf Websurfing-Daten zu verarbeieinzelne Marketingziele.“ ten. Fast zwei Drittel (64 Prozent) speisen außerdem InforOliver Hülse Geschäftsführer DACH bei mationen aus ihrem CRM in die Rocket Fuel DMP ein. Alle andere Anwenrocketfuel.com/de dungszwecke, etwa die Integration mobiler Nutzerdaten oder von Kampagnenergebnissen, liegen mit etwas über 50 Prozent gleichauf. Schlusslicht ist mit 43 Prozent Nennungen die Verwendung von Daten aus sozialen Medien. Etwas über die Hälfte der Befragten (56 Prozent) ist darüber hinaus davon überzeugt, dass der Nutzen einer DMP die Kosten übersteigt. Der genannte Return on Invest (ROI) liegt zwischen einem und 100 Prozent. Nur 2 Prozent ziehen eine negative Kosten-Nutzen-Bilanz. Foto: Rocket Fuel Data-Management der Goldbach-Gruppe im DACH-Raum verantwortlich ist. „DMPs sind heute zum Steuerpult für alle datengetriebenen Marketing-Maßnahmen entlang der Customer Journey geworden“, bestätigt Oracle-Managerin Zenses. „Das geht von der ersten Einblendung eines Banners an einen ‚Unbekannten‘ über die Begleitung der Kaufentscheidung durch Re-Targeting bis zum eigentlichen Kauf.“ Vor allem Unternehmen mit großen Datenbeständen profitieren nach Ansicht von Rocket-Fuel-Manager Hülse von einer DMP: „Verfügt ein Unternehmen über sehr viele Daten, die kaum noch zu überblicken sind, können die positiven Effekte entsprechend groß sein.“ Immer mehr Marketing-Verantwortliche und Werbetreibende sehen diese Vorteile und haben eine Data-Management-Plattform im Einsatz. Laut einer Umfrage von Exchange- Die richtige DMP finden Auch wenn der DMP-Markt noch jung ist, so gibt es doch bereits zahlreiche Anbieter (siehe nebenstehende Tabelle auf). Neben Standalone-Produkten findet man Digital-MarketingPlattformen als Teil von Marketing-Suiten, etwa von Adobe, Oracle oder SAP. Ulrich Schober rät, zunächst einmal die eigenen Erfordernisse im Unternehmen genau zu analysieren, bevor man sich an die Evaluation der Hersteller begibt: „Nur wer seine Ziele kennt, kann für sich konkrete Anbieter „Im Zeitalter von und passende Technologien aus Realtime Advertising müssen DMPs Daten der Fülle der Angebote herausin Millisekunden filtern.“ verarbeiten und in Unternehmen müssen sich Echtzeit bereitstellen außerdem einen Überblick über können.“ sämtliche Systeme, Abteilungen und Dienstleister verschafAline Zenses fen, die an die Data-ManageHead of Sales DE/CH & ment-Plattform angeschlossen Benelux DMPs bei Oracle Deutschland werden sollen. „Letztlich ist eiwww.oracle.com/de ne DMP ein Baustein im MarFoto: Oracle Big Data & IoT 12/2016 com! professional Data-Management-Plattformen keting-Ökosystem und muss mit vielen anderen Bausteinen im Austausch stehen“, erläutert Rolf Anweiler von Mapp Digital. Weitere wichtige Punkte sind Datenschutz und Rechtssicherheit: „Grundsätzlich sollte man von Anfang an Wert auf die Einhaltung von Data-Privacy-Vorgaben legen“, sagt Christian Rakowski, Data Analyst bei Goldbach Digital Services. Bei der Auswahl der geeigneten Data-ManagementPlattform sollte man sich Zeit lassen, denn in der Regel bindet man sich relativ lange an den Hersteller „Der Durchschnitt der Lizenzdauer liegt bei etwa drei Jahren“, warnt Oracle-Managerin Zenses. Big Data & IoT Eine Frage der Kommunikation Die zentrale Funktion der DMP als Quelle und Ziel unterschiedlichster Datenströme macht es notwendig, dass viele verschiedene Abteilungen miteinander sprechen und zu einer gemeinsamen Lösung kommen müssen. „Ich muss sicherstellen, dass alle Teams, die damit arbeiten, verstehen, was die DMP bezweckt, und sich aktiv beteiligen“, sagt Adobe-Stratege Genon-Catalot. Das ist bereits in der Angebotsphase eine große Herausforderung, so Genon-Catalot weiter: „Für die Einführung einer DMP benötige ich eine strategische Entscheidung aus dem Top-Management, das wird oft vergessen.“ Interne Kom- ▶ Anbieter von Data-Management-Plattformen (Auswahl) Anbieter Produkt Internet Besonderheiten Adex Adex DMP http://de.theadex.com/ products/dmp/ ePrivacySeal-zertifiziert (Datenschutz-Gütesiegel), automatische Sammlung, Analyse, Bewertung, Segmentierung von Daten; Management und Aktivierung großer Datenvolumen und Strukturen Adobe Adobe Audience Manager www.adobe.com/de/marketingcloud/data-management-plat form.html weltweites Partner-Ökosystem, Integration in Adobe Marketing Cloud, Cross-Device-Erkennung Goldbach Digital Services Data Management Plattform www.goldbachdigitalservices.com/ de-ch/services/data-services/ data-management-plattform Selfservice-Lösung basierend auf Lotame, kombiniert mit Machine Learning; differenzierte Qualitätsstufen bei der Segmentbildung; mandantenfähig IgnitionOne IgnitionOne DMP www.ignitionone.com/ data-management Konsolidierung von Kundeninformationen über Kanäle, Geräte und Kontaktpunkte hinweg; automatische Anreicherung von Nutzerprofilen Krux1) Intelligent Marketing Hub www.krux.com/platform/ intelligent-marketing-hub-dmp Echtzeitzugang zu allen Daten eines Nutzers; ständige Verbesserung der Ergebnisse durch iteratives Lernen Lotame Lotame Data Man- www.lotame.com/dataagement Platform management-platform Mapp Digital Data Management Platform (FLXone)2) https://mapp.com/de/#funktionen Einfache Integration in bestehende Kundenkommunikation, hohe Flexibilität, leistungsfähige API; offene Datenhaltung; Beratung für Strategie und Umsetzung Mediamath TerminalOne OS www.mediamath.com/terminal one-os/#Data-Management Integrierte Plattform für Datenaktivierung und automatisierte Kampagnensteuerung; alternatives Targeting (Full Audience View), EchtzeitSegmentierung Neustar PlatformOne www.neustar.biz/ marketing-solutions Anreicherung von Nutzerprofilen, Privacy by Design nugg.ad Smart Data Management Platform & Exchange www.nugg.ad/de/data-management- Kombination verschiedener Datentypen (factual, predictive); Zielgruppenplatform-data-exchange.html Segmentierung im Selfservice, Managed Service mit Consulting und Business Development Oracle Oracle DMP (BlueKai) www.oracle.com/marketingcloud /products/data-management-plat form Bereits seit 2010 auf dem Markt (BlueKai), 2014 von Oracle übernommen; über 400 Integrationsmöglichkeiten, agnostisches ID-Management; Zugriff auf über drei Milliarden IDs; Integration in Oracle Marketing Cloud Rocket Fuel Rocket Fuel DMP http://rocketfuel.com/de/program matic-marketing-platform/dmp Integrierte Marketing-Plattform, keine separaten Lizenzkosten für die Nutzung der DMP-Funktion bei entsprechendem Umsatz SAP Hybris Marketing Data Management www.hybris.com/de/marketing /marketing-data-management Konsolidierung strukturierter und unstrukturierter Daten, Auswertung in Echtzeit, Kundenwert-Vorhersage, Integration in SAP-HANA-Plattform Schober capaneo DataDriver http://schober.de/automation/ capaneo-datadriver Gezielte und hoch individualisierbare Bildung von werberelevanten Zielgruppen durch flexible Gestaltungsmöglichkeiten der Datensegmente, Kombination von Online-Daten mit Schober-Offline-Daten und Daten anderer Partner Semasio User Intelligence Platform www.semasio.com/de/userintelligence-platform Semantisches, verhaltensbasiertes Targeting, mehr als 60 Millionen Nutzerprofile Regelbasierte Datensammlung, automatisierte Segmentierung, direkte Integration in DSPs, SSPs und Ad-Server möglich 1) Steht vor der Übernahme durch Salesforce 2) FLXone wurde 2015 von Teradata übernommen und 2016 in Mapp Digital überführt, ein Zusammenschluss von BlueHornet Networks und der von Marlin übernommenen Online-Marketingsparte von Teradata com! professional 12/2016 77 Big Data & IoT Data-Management-Plattformen munikationsprobleme könnten zudem die Implementierung erheblich verschleppen: „Die beteiligten Teams sprechen oft nicht miteinander, sind womöglich gar nicht am selben Ort. Es braucht unbedingt jemanden, der das Projekt führt und der mit allen Beteiligten spricht.“ „Probleme treten erst auf, wenn das genaue Ziel für den Einsatz einer DMP nicht vorab definiert wird“, findet dagegen Rocket-Fuel-Geschäftsführer Hülse, „hat man sich dies klargemacht, sollten die Auswahl einer DMP-Lösung und die damit verbundenen Kosten keine böse Überraschung darstellen.“ Zielsetzung und Strategie sieht auch Annette Dielmann von Goldbach Digital Services als entscheidend für das Gelingen einer DMP-Einführung an: „Wichtig sind eine klare eigene Roadmap und das Aufsetzen einer Task Force.“ Was will ich mit dem Data Management erzielen? Wie geht man mit nicht eindeutig zuzuordnenden Daten um? Welche Third- Party-Daten sollen integriert werden? Wie sieht die Qualitätssicherung aus? Wie ist das Zusammenspiel meiner Segmente in der DMP mit den Auslieferplattformen? Verliere ich Daten, überschreibe ich Daten? Das seien nur einige der Fragen, die man sich vor der Einführung unbedingt stellen sollte. Kunden hätten zwar den allgemeinen Nutzen einer DMP verstanden, täten sich aber schwer, konkrete Einsatzszenarien zu definieren, so die Erfahrung von Mapp-Digital-Manager Anweiler: „Der Schlüssel ist, echte Mehrwerte für seine Kunden zu entwickeln und die Customer Journey mit den passenden, individuellen Kommunikationselementen zu einer echten Kundeninteraktion weiterzuentwickeln.“ Fazit DMPs bilden die Basis moderner datengetriebener Marketing- und Werbestrategien. Sie sind ein Umschlagplatz für Interview „DMP hat sehr viel mit Kontrolle zu tun“ Tobias Wegmann, Lableiter im Ressort Data Economy beim BVDW, erklärt im Interview mit com! professional, wie Data-Management-Plattformen funktionieren und warum sie vielleicht bald wieder vom Markt verschwunden sind. Tobias Wegmann: Eine DMP hält ganz gezielt Daten für die Online-Nutzung vor. Der entscheidende Unterschied ist, dass diese Informationen an ein Cookie geknüpft sind, das ich bei der Aussteuerung von Online-Kampagnen nutzen kann. com! professional: Ist nicht die Anonymisierung personenbezogener Daten auch ein wichtiges Merkmal einer DMP? Foto: BDVW com! professional: Was unterscheidet eine Data-Management-Plattform (DMP) von anderen Systemen der Datenhaltung? Tobias Wegmann Lableiter im Ressort Data Economy beim Bundesverband Digitale Wirtschaft www.bvdw.org Wegmann: Aus Sicht des Kunden sicherlich, wobei ein Cookie die Informationen genau genommen nicht anonymisiert, sondern nur pseudonymisiert, was aber datenschutzrechtlich genügt, um diese Daten ohne Einwilligung des Kunden weiter nutzen zu dürfen. Aus Sicht der Werbetreibenden ist eine DMP dagegen vor allem eine Lösung, um Daten strukturiert von der Quelle zum Einsatzziel zu übertragen und ein Cookie-Matching durchzuführen. com! professional: DMPs sind ja relativ neu auf dem AdvertisingMarkt. Warum ist diese Produktgattung überhaupt entstanden? Wegmann: Das hat vor allem zwei Gründe. Der erste liegt in einem verstärkten Bedürfnis nach Standardisierung. Bevor es 78 DMPs gab, haben andere Elemente in der Prozesskette deren Aufgaben mit übernommen, beispielsweise der Ad-Server oder das Targeting-System. Die Lösungen waren oft handgestrickt und individuell. Eine DMP vereinheitlicht und konsolidiert diese Prozesse. Der zweite Grund hat vor allem aus Kundensicht sehr viel mit Kontrolle zu tun. Wer eine DMP nutzt oder sogar selbst betreibt, kontrolliert auch alle Online-Daten, die an ein Cookie gebunden sind. com! professional: Benötigt jedes Unternehmen, das Online-Werbung machen will, eine DMP? Wegmann: Für einen E-Commerce-Shop mittlerer Größe, der Kampagnen auf seinen eigenen Daten fahren will, seien sie personenbezogen oder nicht, ist es sicher völlig überdimensioniert, eine DMP zwischen sich und alle Dienstleister zu schalten, nur um die Daten gefühlt stärker kontrollieren zu können. „Bei den Leistungsmerkmalen sind die Unterschiede (…) nicht sehr groß.“ Für ein großes Unternehmen, das vornehmlich in der OfflineWelt agiert und das gerade anfängt, seine Daten zu organisieren, kann eine DMP hilfreich sein, um überhaupt erst einmal strukturiert Online-Daten zu verwalten. Es hängt also sehr vom Geschäftsmodell und vom digitalen Reifegrad eines Unternehmens ab, ob der Einsatz einer DMP sinnvoll ist oder nicht. 12/2016 com! professional Foto: Adobe Foto Data-Management-Plattformen „Für die Einführung einer DMP benötige ich eine strategische Entscheidung aus dem Top-Management, das wird oft vergessen.“ Francois Geno-Catalot Senior Digital Strategist Adobe Marketing Cloud www.adobe.com/de Daten im Programmatic Advertising und damit eine wichtige Schnittstelle zwischen Werbetreibendem und den Betreibern von Webseiten, Online-Portalen oder Magazinen. Neben den unbestreitbaren Vorteilen sollten Kunden vor der Entscheidung für eine DMP auch mögliche Nachteile bedenken. com! professional: Die DMP-Hersteller sehen das aber anders, oder? Wegmann: Das ist in der Tat der Fall. Jeder erzählt dem Kunden „Du musst die Herrschaft über deine Daten zurückgewinnen und deine Cookies selbst verwalten!“ Es geht gar nicht mehr darum, ob eine DMP überhaupt sinnvoll ist, sondern nur noch um die Frage, welche angeschafft werden soll. Auf den zweiten Blick ist Datenhoheit aber gar nicht zwingend an eine DMP gebunden. Man kann seine Cookies auch durch einen Dritten verwalten lassen, das ist nur eine Frage der Vertragsgestaltung. com! professional: Falls sich die Anschaffung einer DMP doch lohnt: Nach welchen Kriterien sollte eine Unternehmen eine Lösung auswählen? Wegmann: Bei den Leistungsmerkmalen sind die Unterschiede in meiner Wahrnehmung nicht sehr groß. Es ist eher die Frage, welche Unterstützung der Hersteller bei der Implementierung und im Betrieb bietet, wie schnell er bei Problemen reagiert und wie gut der Service ist. Der Kunde hat außerdem die Wahl zwischen Standalone-Produkten, etwa von Adex oder Krux, und den DMPs, die Teil einer umfassenderen Suite sind, wie sie Adobe oder Oracle bieten, und aus denen im Unternehmen vielleicht schon andere Produkte im Einsatz sind. Für Kunden in Deutschland beziehungsweise Europa ist es aus Datenschutzgründen außerdem ganz wichtig, dass die Daten in Europa bleiben. Big Data & IoT So besteht immer auch die Gefahr von Datenverlust, wenn man eine zusätzliche Ebene der Datenverarbeitung einzieht. Die Kosten und die Komplexität einer DMP sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Bei der Auswahl sollte man nicht nur auf den Leistungsumfang, sondern auch auf die Solidität und Historie des Anbieters achten. In diesem volatilen Markt tauchen Hersteller genau so schnell auf, wie sie wieder verschwinden, aufgekauft oder outgesourct werden. Wer hier auf die falsche Plattform setzt, muss unter Umständen mit erheblichen Migrationskosten rechnen, denn die Entscheidung für ein bestimmtes Produkt Thomas Hafen/js lässt sich im Nachhinein [email protected] nur mit großem Auf◾ wand revidieren. Wegmann: Ich bin mir nicht sicher, ob es langfristig überhaupt DMPs als eigenständige Lösungen geben wird. Vielleicht wird das DatenHandling auch wieder in andere Systeme integriert. Seit es Programmatic Advertising gibt, hat sich die Prozesskette vom Datenpunkt bis hin zur Aussteuerung einer Kampagne unglaublich verlängert. Früher gab es einen Ad-Server auf Agentur- oder Kundenseite und einen auf der Supply-Seite, also beim Publisher oder Vermarkter. Heute sind mehrere Stufen dazwischengeschaltet, etwa die SellSide-Plattform (SSP) und die Demand-Side-Plattform (DSP), welche die programmatische Kampagnenauslieferung miteinander aushandeln. Dazu kommt noch der DMP-Layer, der die Daten bereitstellt, auf deren Basis dann die Kampagnensteuerung stattfindet. Es ist „Ich bin nicht sicher, ob es langfristig DMPs als eigenständige Lösungen geben wird.“ ganz klar, dass es mittelfristig in dieser Kette einen Konzentrationsprozess geben wird. Nachdem sich alles auf verschiedene Dienstleistungsklassen ausdifferenziert hat, werden wieder relativ viele dieser Leistungen in andere System re-integriert werden. com! professional: Warum erwarten Sie diesen Konzentrationsprozess? Wegmann: Weil die aktuelle Konstellation übermäßig komplex ist und die Kosten in die Höhe treibt. com! professional: Spielt der Preis nicht auch eine Rolle? Wegmann: Auf jeden Fall. Der Einstieg in eine Standalone-Lösung ist deutlich günstiger als der in eine Suite. Hier muss ich von Anfang an mit sechsstelligen Summen rechnen. Dafür bekomme ich natürlich auch die nahtlose Integration in eine umfassendere Lösung. com! professional: Der Markt hat sich rasant entwickelt. Wird es in Zukunft noch mehr Anbieter von DMPs geben? com! professional 12/2016 com! professional: Wird das auch eine Konsolidierung der Anbieter bedeuten? Wegmann: Wahrscheinlich schon. Wenn man sich die Programmatic-Advertising-Landschaft einmal ansieht, dann findet man allein im Bereich DMP 15 Logos oder noch mehr. Schon heute werden davon in Deutschland höchstens drei bis vier wirklich genutzt, alle anderen sind im hiesigen Markt kaum präsent. 79