Schweizer Radio DRS Hörspiel DRS 2 Postfach 4002 Basel Schweiz http://www.drs2.ch Leitung: Franziska Hirsbrunner Tel. 061 / 365 35 73 [email protected] Sekretariat: Barbara Bitterli Tel. 061 / 365 35 57 [email protected] Regie/Dramaturgie: Stephan Heilmann Tel. 061 / 365 35 65 [email protected] Claude Pierre Salmony Tel. 061 / 365 35 56 [email protected] Johannes Mayr Tel. 061 / 365 33 42 [email protected] Titelbild: Der Schauspieler Peter Freiburghaus (Foto: Charles Benoit) Basel, im April 2010 Liebe Hörerinnen und Hörer, anbei unser Spielplan Mai-Juni. «1. Motto: Sei mehr als du, sei nichts! Dann bist du alles.», schreibt Walter Serner in seinem «Handbrevier für Hochstapler und solche, die es werden wollen» von 1918 bzw. 1927 (ein Buch, das ich sehr zur Lektüre empfehle). «Hochstapeleien» in diversen Ausformungen präsentieren wir Ihnen in unserer aktuellen Reihe: Gottfried Kellers «Kleider machen Leute» (12. Mai), Nikolai Gogols «Der Revisor» (15. Mai), Walter Filz' «Spekulation Sommer» (19. Mai), Carl Zuckmayers «Der Hauptmann von Köpenick» (22. Mai), Robert Musils «Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer» (29. Mai), Thomas Manns «Bekenntnisse des Hochstapler Felix Krull» (5. Juni, 12. Juni und 19. Juni), Frank Wedekinds «Der Marquis von Keith» (9. Juni), Christoph Theilers «Reply Mozart» (16. Juni) und «Gras wachsen hören» des Liquid Penguin Ensemble (23. Juni). Auch eine Ursendung haben wir im Programm: «Möglichkeiten» von Mareike Maage über eine Gruppe von Menschen, die in der eigenen Bedeutungslosigkeit gefangen sind und in ihrer Sinnsuche von Bazon Brock, Dietmar Dath, Friederike Mayröcker und Jonathan Meese begleitet werden (5. Mai). In unserer Rubrik «Ein Fall für DRS 2» dann mit «Fuchsjagd» (Titel des Originals: «The Mousetrap») ein legendärer Krimi von Agatha Christie (1. Mai). In der Rubrik «Zeitgeschichten» die gespenstischen Aussagen von Adolf Eichmann alias Ricardo Klement vor einem israelischen Polizeioffizier im Mai 1960: «Der Fall Ricardo Klement – Verhör eines Massenmörders» von Jochen von Lang (8. Mai). In «ArtOrt Hörspiel» gerät Pierre Henry, zusammen mit Pierre Schaeffer und Jacques Poulin Begründer der Musique concrète und ein Pionier der elektronischen Musik, ins Tanzen («Utopia Hip-Hop», 26. Mai) und porträtieren Ingeborg Lüscher und Peter Moritz Pickshaus den Einsiedler Armand Schulthess («Auressio», 30. Juni). Und in unserer Rubrik «Hörspielklassiker» schliesslich hören Sie einen frühen Erfolg von Harold Pinter: «Der Streichholzverkäufer oder Ein leichter Schmerz» (26. Juni) Spannende Radiostunden wünscht Ihnen Franziska Hirsbrunner Redaktionsleiterin Hörspiel DRS 2 Spielplan Hörspiel DRS 2 Mai / Juni 2010 Datum Rubrik / Titel / AutorIn / Produktion Länge Samstag 1.5. 21.00 Ein Fall für DRS 2 Fuchsjagd von Agatha Christie Produktion DRS 1958 73'13" Mittwoch 5.5. 20.00 Uhr Ursendung Möglichkeiten von Mareike Maage Produktion DRS 2010 ca. 44' Samstag 8.5. 21.00 Zeitgeschichten Der Fall Ricardo Klement – Verhör eines Massenmörders von Jochen von Lang Produktion NDR 1988 89'26" Mittwoch 12.5. 20.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 1 Kleider machen Leute von Werner Buhss nach Gottfried Keller Produktion DDR 1989 Anschliessend: Anleitung zum Hochstapeln von Johannes Mayr Samstag 15.5. 21.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 2 Der Revisor von Nikolai Gogol Produktion HR 1954 76'36" Mittwoch 19.5. 20.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 3 Spekulation Sommer von Walter Filz Produktion SWR/NDR 2005 76'41" Samstag 22.5. 21.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 4 Der Hauptmann von Köpenick von Carl Zuckmayer Produktion BR 1954 83'22" Mittwoch 26.5. 20.00 Uhr ArtOrt Hörspiel / Das weisse Lauschen Utopia Hip Hop von Pierre Henry Produktion SWR/Studio Son/Ré Paris 2008/2009 52'05" Samstag 29.5. 21.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 5 Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer von Robert Musil Produktion RB/SDR 1958 43'45" Mittwoch 2.6. 20.00 Uhr Hörpunkt Samstag 5.6. 21.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 6 Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1/3) von Thomas Mann Produktion NDR 2008 50'15" Mittwoch 9.6. 20.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 7 Der Marquis von Keith von Frank Wedekind Produktion SDR 1960 79'48" Samstag 12.6. 21.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 8 Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (2/3) von Thomas Mann Produktion NDR 2008 53'10" Mittwoch 16.6. 20.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 9 Reply Mozart von Christoph Theiler Produktion RBB/DLF 2006 49'57" Samstag 19.6. 21.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 10 Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (3/3) von Thomas Mann Produktion NDR 2008 43'00" Mittwoch 23.6. 20.00 Uhr HOCHSTAPELEIEN 11 Gras wachsen hören von Liquid Penguin Ensemble Produktion SR 2007 63'19" Samstag 26.6. 21.00 Uhr Hörspielklassiker Der Streichholzverkäufer oder Ein leichter Schmerz von Harold Pinter Produktion NDR 1959 61'05" Mittwoch 30.6. 20.00 Uhr ArtOrt Hörspiel / Das weisse Lauschen Auressio von Ingeborg Lüscher und Peter Moritz Pickshaus Produktion BR 2010 51'32" 45'34" ca. 20' Samstag, 1. Mai 2010, 21.00-22.10 Uhr, DRS 2 Ein Fall für DRS 2 Fuchsjagd von Agatha Christie Das wohl erfolgreichste Stück von Agatha Christie war ursprünglich ein Hörspiel. In der eingeschneiten und von der Umwelt abgeschlossenen Pension «Monkswell Manor» wird ein Gast ermordet. Im Haus verbleiben das Gastgeberehepaar, drei gebuchte Gäste, ein Fremder und ein Sergeant. Indizien weisen in unterschiedliche Richtungen, die meisten in die Vergangenheit. Es beginnt eine Fuchsjagd, bei der auch der Fuchs selbst jagt. Agatha Christie ist die unbestrittene Queen of Crime. Neben ihren zahlreichen Romanen mit und ohne Miss Marple oder Hercule Poirot hat sie auch zwanzig Stücke für die Bühne geschrieben. «Die Mausefalle» («The Mousetrap») wird seit 1952 ununterbrochen in London gespielt; kaum bekannt ist, dass dieses Stück auf dem Hörspiel «Three Blind Mice» basiert, das Christie 1947 für die BBC geschrieben hatte. In der Hörspielfassung von Radio DRS aus dem Jahr 1958 heisst es «Fuchsjagd». Jack Ralston: Fritz Haneke; Mollie, dessen Frau: Eva Maria Duhan; Christopher Wren: Klaus Höring; Mrs. Boyle: Ebba Johannsen; Captain Metcalf: Arnold Putz; Miss Leslie Casewell: Eileen Leibbrand; Mr. Arturo Paravicini: Marc Doswald; Detektiv Sergeant Trotter: Amido Hoffmann; Radiosprecher: Krikor Melikjan; Vortragender im Radio: Felix Klee Aus dem Englischen von Kurt Nachmann Musik: Hans Moeckel Hörspielfassung: Tilde Binder Regie: Felix Klee Produktion Schweizer Radio DRS, 1958 Dauer: 73'13" Die britische Schriftstellerin Dame Agatha Mary Clarissa Christie, Lady Mallowan (18901976), wurde durch ihre Kriminalromane und Kurzgeschichten bekannt, die auch mehrfach mit Erfolg verfilmt wurden. Ihre berühmtesten Schöpfungen sind der belgische Detektiv Hercule Poirot und die Amateurdetektivin Miss Marple. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit unterstützte sie - mit Begeisterung für die Sache - ihren zweiten Ehemann, den Archäologen Max Mallowan, auf seinen Ausgrabungen im Nordirak und in Syrien. Der Komponist und Dirigent Hans Moeckel (1921-1983) begann seine musikalische Laufbahn früh als Bandleader in St. Gallen, wo er Saxophon und Klarinette spielte. Nach einen Studium am Konservatorium Zürich arbeitete er als Dirigent am Stadttheater St. Gallen. Es folgte ein Engagement bei Schweizer Radio DRS in Basel. Bekannt wurde Moeckel mit der Komposition von erfolgreichen Musicals. Er schrieb aber auch Musik für unzählige Hörspiele, für Filme und er komponierte Orchesterwerke. Mittwoch, 5. Mai 2010, 20.00-20.45 Uhr, DRS 2 Ursendung Möglichkeiten von Mareike Maage Yago, Elfriede, Claas und Janina wissen nicht, wo sie sind. Jens-Peter und Caroline wissen, wo sie sind, aber nicht, wie sie von dort wegkommen. Das würden sie aber gern, denn Jens–Peter kann nur noch in Stahlbeton denken und unzufrieden ist er ohnehin. Wie alle anderen übrigens auch. Und deswegen suchen sie alle nach einem Ausweg, nach den passenden Frequenzen im Spektrum. Auf ihrer Suche finden sie Stimmen – und ein wenig auch einander. «Die Welt ist tief, und tiefer als der Tag gedacht», heisst es bei Nietzsche. In den (Un)Tiefen der kapitalistischen Verwertungslogik suchen die Figuren nach Dynamiken der Angst, nach Möglichkeiten, sich zu tarnen und sich zu verständigen. Vor allem aber halten sie Ausschau nach Gedanken, die etwas mehr sind, als das was sie scheinen. Unterstützt werden die Suchenden von Bazon Brock, Dietmar Dath, Friederike Mayröcker und Jonathan Meese. Mit Thomas Douglas, Hanna Eichel, Nicola Fritzen, Claudia Jahn, Jodoc Seidel, Nikola Weisse, Bazon Brock, Dietmar Dath, Friederike Mayröcker und Jonathan Meese Regie: Johannes Mayr Produktion Schweizer Radio DRS, 2010 Dauer: 44'04" Mareike Maage, 1979 in Hannover geboren, studierte Kunst und Experimentelles Radio in Weimar und Tokio. Sie ist künstlerische Mitarbeiterin an der Bauhaus-Universität Weimar und schreibt Hörspiele und Features. Samstag, 8. Mai 2010, 21.00-22.30 Uhr, DRS 2 Zeitgeschichten Der Fall Ricardo Klement von Jochen von Lang Am 11. Mai 1960 schnappte der israelische Geheimdienst Mossad in Argentinien Adolf Eichmann alias Ricardo Klement und brachte ihn nach Israel. Der Hauptorganisator der Shoa hatte ab 1941 im Reichssicherheitshauptamt RSHA, Sektion IV B 4 (Judenangelegenheiten, Räumungsangelegenheiten) die Deportation und Ermordung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden geplant und geleitet. Zur Vorbereitung seines Prozesses verhörte ihn der israelische Polizeioffizier Avner W. Less rund 35 Tage lang. Jochen von Lang hat aus den 3564 Seiten starken Protokollen dieser Verhöre entscheidende Passagen zusammengestellt. Der Wortlaut blieb unverändert. So werden Eichmanns Sprechweise erlebbar, die sich auf den Verwaltungsjargon und auf Sprachschablonen beschränkte, sein streng hierarchisch strukturierter Charakter, dessen Subalternität kein Gefühl für persönliche Verantwortung zuliess, und schliesslich sein Hang zum Grandiosen und zur Radikalität als Kompensation seines Nichtigkeitsgefühles. Adolf Eichmann: Siegfried W. Kernen; Avner W. Less: Rolf Becker; Adolf Hitler: Burghart Klaussner; Sprecher: Hans Kemner Radiofassung und Einführung: Jochen von Lang Regie: Hans Rosenhauer Produktion Norddeutscher Rundfunk, 1988 Dauer: 89'05" Jochen von Lang (eigentlich: Joachim von Lang-Piechocki), 1925 in Altlandsberg bei Berlin geboren, war seit Kriegsende als freier Journalist, Reporter, Redakteur und Autor tätig. Porträts von und Dokumentationen zu Nazigrössen in Buch-, Fernseh- und Funkform standen im Zentrum seiner Arbeiten. 1984 erhielt er den DAG-Fernsehpreis für «Das Verhör des Adolf Eichmann». Mittwoch, 12. Mai 2010, 20.00-20.45 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Kleider machen Leute von Werner Buhss nach Gottfried Keller Der Schneider Wenzel Strapinski aus Seldwyla macht sich auf die Wanderschaft, nachdem er seine Arbeitsstelle verloren hat. Unterwegs darf er Platz in einer vornehmen Kutsche nehmen, die mit ihm in das Städtchen Goldach einfährt. Dort wird er wegen seines feinen Mantels und der edlen Kutsche für einen polnischen Grafen gehalten. Man umschmeichelt und bewirtet ihn auf das üppigste, und bald verliebt Wenzel sich in Nettchen, die Tochter des Goldacher Amtsrats. Doch dann wendet sich das Blatt. Mit feinem Humor hat Gottfried Keller die Sehnsüchte braver Kleinstädter nach einem aussergewöhnlichen Leben beschrieben. Wenzel Strapinski mit seinem romantischen Aussehen und seiner edlen Garderobe dient ohne eigenes Zutun als Projektionsfläche für diese Sehnsüchte. In der Hörspielfassung von Werner Buhss spielt die Geschichte in Ostdeutschland. Dabei überspitzt Buhss die klischeehafte Vorstellung von den naiven Ossis und den arroganten Wessis. Mit Hermann Beyer, Jörg Michael Körbl, Herbert Olschok, Michael Kind, Klaus Manchen, Horst Lebinsky, Peter Mario Grau, Astrid Meyerfeldt u. a. Regie: Werner Buhss Produktion Rundfunk der DDR, 1989 Dauer: 44'48" Werner Buhss, 1949 geboren, arbeitet nach einem Studium an der Filmhochschule Babelsberg als Übersetzer, Autor und Regisseur für Theater und Hörspiel. 1996 erhielt er den Mülheimer Dramatiker-Preis. Hörspiele u. a. «Bandriss» (1995) und «Mann ausser Haus» (2002). Werner Buhss lebt in Berlin. Im Anschluss: 20.45 – 21.05 Anleitung zum Hochstapeln von Johannes Mayr Samstag, 15. Mai 2010, 21.00-22.15 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Der Revisor von Nikolai Gogol Ein russisches Provinzstädtchen Mitte des 19. Jahrhunderts: Es heisst, ein Revisor sei inkognito unterwegs, um die Beamten zu prüfen. Das löst eine allgemeine Unruhe aus, denn schliesslich hat hier jeder Dreck am Stecken. Gleichzeitig ist Chlestakov, ein junger Mann aus St. Petersburg, in einem Gasthaus abgestiegen, allerdings ohne seine Rechnungen zu bezahlen. Schnell geht das Gerücht um, der junge Mann sei der Revisor. «Hier haben alle etwas abgekriegt, und ich am meisten», soll der Zar nach der Erstaufführung von Gogols «Revisor» gesagt haben. Er bewies damit mehr Humor und Grosszügigkeit als die russischen Beamten, die Gogols Komödie als gemeine Verleumdung bezeichneten, den Dichter einen Feind Russlands nannten und seine Verbannung nach Sibirien forderten. Mit Claus Biederstaedt, Dorothea Denzel, Else Knott, Hans Korte, Fritz Saalfeld, Heinz Schimmelpfennig, Joachim Teege u. v. a. Aus dem Russischen von Ulrich Lauterbach Musik: Winfried Zillig Hörspielfassung und Regie: Ulrich Lauterbach Produktion Hessischer Rundfunk, 1954 Dauer: 74'04" Nikolai Wassiljewitsch Gogol, 1809 geboren, Sohn eines ukrainischen Gutsbesitzers, hatte nach gescheiterten Versuchen als Schauspieler und Hauslehrer schliesslich raschen Erfolg mit seinen Erzählungen. Gogol starb 1852 im Alter von 42 Jahren, vermutlich an den Folgen strengen Fastens. Winfried Zillig, 1905 in Würzburg geboren, deutscher Komponist, Musiktheoretiker und Dirigent. Er lernte u. a. bei Arnold Schönberg und schrieb später atonale Opern, gleichzeitig komponierte er Film- und Hörspielmusiken. Zillig starb 1963 in Hamburg. Mittwoch, 19. Mai 2010, 20.00-21.15 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Spekulation Sommer von Walter Filz Ron Sommer galt als Visionär des Neuen Marktes und Verkörperung eines neuen Managertyps: smart, cool, charmant - ein lächelnder Logiker des Erfolgs. Doch die Rechnung ging nicht auf. Ron Sommer brachte die Deutsche Telekom an die Börse – und Tausende von Kleinanlegern um ihr Erspartes. Sommers Abstieg erfolgte auf Raten, aber der endgültige Sturz dauerte keine drei Monate. Am 15. Juli 2002 trat er zurück. Das Hörspiel zeichnet die letzten Wochen des Telekom-Chefs nach - mit dokumentarischem Material, fiktiven Szenen und Elementen der klassischen Tragödie. Wirklichkeitsgetreu in den Fakten, spekulativ, wenn keine Fakten vorliegen. Wurde Ron Sommer gestürzt? Oder stürzte er über sich selbst? War vielleicht die Annahme, ein Volk von traditionellen Kleinsparern würde seine Visionen mittragen, die grösste Fehlspekulation? Mit Karlheinz Hackl, Rüdiger Vogler, Udo Schenk, Thomas Anzenhofer, Berthold Toetzke, Hans Michael Rehberg, Hedi Kriegeskotte u. a. Regie: Walter Filz Produktion Südwestrundfunk/Norddeutscher Rundfunk, 2005 Dauer: 76'09" Walter Filz, 1959 geboren, hat sich als Kulturjournalist in Hörfunk und Fernsehen einen Namen gemacht. 1988 Promotion. Seit 2005 ist er Leiter der Redaktion Literatur und Feature beim SWR in Baden-Baden. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Hörspielpreis der Kriegsblinden für «Pitcher» (2002). Samstag, 22. Mai 2010, 21.00-22.20 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Der Hauptmann von Köpenick von Carl Zuckmayer Der mehrfach vorbestrafte Schuster Wilhelm Voigt steht vor einem Dilemma: Er braucht eine Aufenthaltserlaubnis, damit er arbeiten darf, aber gleichzeitig braucht er zuerst Arbeit, damit er eine Aufenthaltserlaubnis erhält. Voigt besorgt sich beim Trödler eine Hauptmannsuniform. Auf der Strasse unterstellt er sich willkürlich ein Wachkommando, fährt mit den Soldaten nach Köpenick, besetzt dort das Rathaus, verhaftet den Bürgermeister und beschlagnahmt die Gemeindekasse. Die «Berliner Illustrierte Zeitung» kommentierte 1906 den authentischen Fall mit hämischen Worten: «Wer die Uniform trägt, der siegt, nicht weil er besser oder klüger oder weitsichtiger wäre als die andern, sondern weil er uniformiert ist.» Diesen Militarismus der wilhelminischen Gesellschaft nimmt Carl Zuckmayer in seiner bekanntesten Komödie ordentlich aufs Korn. Mit Paul Bildt, Friedrich Domin, Erika Riemann, Ursula Kube, Werner Hinz, Charlotte Witthauer, Hans Drahn, Hans Reinhard Müller u. v. a. Hörspielfassung: Hellmut von Cube Regie: Heinz-Günter Stamm Produktion Bayerischer Rundfunk, 1954 Dauer: 83'22" Carl Zuckmayer, 1896 in Hessen geboren, war nach seinem Einsatz im ersten Weltkrieg als Dramaturg in München und Berlin tätig. Ab Mitte der zwanziger Jahre freier Schriftsteller. Ab 1933 wurden seine Werke verboten. Carl Zuckmayer floh über die Schweiz in die USA, wo er bis 1951 lebte. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz verfasste er weiterhin Theaterstücke, Gedichte und Drehbücher. Er starb 1977 in Visp. Mittwoch, 26. Mai 2010, 20.00-20.50 Uhr, DRS 2 ArtOrt Hörspiel Utopia Hip Hop von Pierre Henry 2007 brachte der französische Komponist Pierre Henry seine Klangkomposition «Utopia» in der Saline Royale d'Arc-et-Senans zur Uraufführung und ging danach mit ihr auf Tournee. In einem Dorf des Département Lot bei Cahors stiess er auf knarrende Küchenkredenzen und Bauernschränke und bezog sie in «Utopia» ein. So entstand die Neufassung, die auf den Begriff «Hip Hop» aus den 80er Jahren mit den Bedeutungen letzter Schrei, Spitze («hip») und hüpfen, tanzen («to hop») anspielte. Henry erklärt seine Produktion folgendermassen: «Mit meinem Neumann-USM69Mikrophon, letzter Schrei für Hip-Hop, vor einer wurmstichigen Kredenz hin und her springend, habe ich alles aufgezeichnet. Meine akrobatischen Tonaufnahmen sind die Klang-Attitüden meiner Hip-Zeit und ich stürze mich auf das Objekt des Hop. Die Haupttendenzen dieser neuen ‹Utopia›-Fassung sind die Geste, der Mikro-Klang und die ultra-polyphonen Mischungen.» Regie: Pierre Henry Produktion Eigenproduktion/Südwestrundfunk, 2009 Dauer: 52'05" Pierre Henry, 1927 in Paris geboren, studierte seit seinem zehnten Lebensjahr im Pariser Konservatorium, unter anderem bei Nadja Boulanger und Olivier Messiaen. Ab 1949 wirkte Henry am Club d'Essai-Studio der damaligen Radiodiffusion-Télévision Française, das von Pierre Schaeffer begründet worden war. Die Uraufführung der «Symphonie pour un homme seul» 1950 gilt als Geburtsstunde der musique concrète. Henry beeinflusste entscheidend die moderne Klassik und gilt auch als einer der Väter der Techno-Musik. Samstag, 29. Mai 2010, 21.00-21.45 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer von Robert Musil Zu ihrem Namenstag hat die attraktive Alpha eine stattliche Zahl von Männern eingeladen. Viele sind schon da, z. B. «Bärli», ein Mann der Tat, der gewohnt ist, sich zu nehmen, was er braucht. Auch Alphas Jugendfreund Vinzenz kommt, ein Spieler und Hochstapler, der mit einer neuen Formel die nächste Spielbank sprengen will. Alpha glaubt, mit den Männern zu spielen, doch sie wird selbst Teil des Spiels. Musil zeigt eine verlogene und gierige Gesellschaft, in der das Geld sämtliche Verhältnisse zu bestimmen scheint. «Welt voll abgebrühter Lumpen. Sexualtrottel. Hochstapler. Gründer. Zuhälter. Feiglinge. Cocain. Entgötterung. Heiraten, die keine Ehen sind. Verhältnisse, die keine Liebschaften sind. Schüsse, die fauler Zauber sind. Selbstmorde, die Komödien sind. Freundinnen, die Raubtiere sind. Liebe ist Quatsch. Die Möglichkeit des Zusammenstimmens zweier Leute beginnt erst, wenn sie erotisch einander satt haben.» (Alfred Kerr) Mit Charlotte Weninger, Klaus Schwarzkopf, Hermann Schomberg, Paul Hoffmann, Hans Günter von Klöden, Giselher Schweitzer u. a. Hörspielfassung: Ingeborg Bachmann Regie: Oswald Döpke Produktion Radio Bremen/Süddeutscher Rundfunk, 1958 Dauer: 43'45" Robert Musil, 1880 in Klagenfurt geboren, studierte Maschinenbau, Psychologie und Philosophie in Berlin. Während des ersten Weltkrieges war Musil Offizier, ab 1922 arbeitete er als freier Schriftsteller. 1938 emigrierte er in die Schweiz. In den Jahren von 1925 bis zu seinem Tod 1942 arbeitete Robert Musil an seinem Hauptwerk, dem Roman «Der Mann ohne Eigenschaften». Samstag, 5. Juni 2010, 21.00-21.50 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1/3) von Thomas Mann Bereits in seiner Kindheit simuliert Felix Krull erfolgreich Krankheiten, um dem Schulbesuch zu entgehen. Kleine Diebstähle, frühe erotische Abenteuer und seine schauspielerische Meisterleistung, um dem Militärdienst zu entkommen, sind erst der Auftakt seiner kriminellen Karriere. Sie erhält in einem Grand Hotel in Paris ihren Feinschliff und wird schliesslich durch den Rollentausch mit einem echten Marquis gekrönt. Mit dessen Namen, Papieren und seinem Vermögen ausgestattet, begibt sich Krull auf Weltreise. An seinem unterhaltsamen Schelmenroman, der 1954 erschien und unvollendet blieb, hatte Thomas Mann seit 1910 mit Unterbrechungen gearbeitet. Anregung zu diesem Plan boten ihm die 1905 erschienenen Memoiren George Manolescus, eines damals prominenten Hochstaplers. Beim eigenen Vorhaben handelte es sich laut Mann «natürlich um eine neue Wendung des Kunst- und Künstlermotivs, um die Psychologie der unwirklich-illusionären Existenzform.» Felix Krull: Barnaby Metschurat; Stabsarzt: Klaus Herm; Stanko: Wladimir Pavitsch; Diane Houpflé: Sandra Brockmann; Schimmelpreester: Gert Baltus; Engelbert Krull: Michael Prelle; Zuzanna «Zouzou» Kuckuck: Friederike Kempter; Professor Antonio José Kuckuck: Peter Fricke; Madame Maria Pia Kuckuck: Theresa Harder; Marquis Louis de Venosta: Hans Löw; Miguel Hurtado: Konstantin Graudus; u. v. a. Musik: Jan-Peter Pflug Hörspielfassung und Regie: Sven Stricker Produktion Norddeutscher Rundfunk, 2008 Dauer: 50'15" Thomas Mann, 1875 in Lübeck geboren, erhielt 1929 den Nobelpreis für Literatur. 1933 wurde er zur Emigration gezwungen. Zu seinen wichtigsten Werken zählen «Buddenbrooks» (1901) und «Der Zauberberg» (1924). Er starb 1955 in Zürich. Jan-Peter Pflug, 1968 geboren, arbeitet nach langjähriger Anstellung in einer Produktionsfirma für Werbemusik seit 1997 selbstständig als Auftragskomponist, Arrangeur und Toningenieur in Hamburg. Er schreibt und produziert Musik für Hörspiele, Kurzfilme und Werbung. Mittwoch, 9. Juni 2010, 20.00-21.20 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Der Marquis von Keith von Frank Wedekind Der Hochstapler und Glücksritter Keith gewinnt etliche reiche Münchner Bürger für die Finanzierung seines Feenpalast-Projektes, das als eine der luxuriösesten und modernsten Kunststätten gedacht ist. Er manipuliert so geschickt, dass es ihm bald gelingt, sich die führende Rolle und die freie Verfügung über die eingebrachten Gelder zu sichern. Sein Glücksstern sinkt aber ebenso rasch wieder, als bekannt wird, dass Keith das Aktienkapital hemmungslos für seinen aufwendigen Lebensstil verbraucht und sogar vor Unterschriftenfälschung nicht zurückschreckt. Mit blühender Phantasie und polemischem Witz zeichnet Wedekind die Figuren dieser Täuschungskomödie. So erscheint die Bereitschaft und Fähigkeit zur Täuschung als eine wichtige Voraussetzung für die Selbstbehauptung im modernen ‹Lebenskampf›. Zudem thematisiert Wedekind den Kontrast zwischen Bürger und Aussenseiter, der letzten Endes auch eine Reflektion der inneren Gegensätze seiner selbst war. Mit Kurt Meisel, Ursula Lingen, Peter Lühr, Hans Mahnke, Tim Elstner, Charles Wirths u. a. Hörspielfassung: Hellmut von Cube Regie: Hans Schweikart Produktion Süddeutscher Rundfunk/Bayerischer Rundfunk, 1960 Dauer: 79'00" Frank Wedekind, 1864 in Hannover geboren, Schriftsteller und Schauspieler. Er arbeitete zunächst als Werbetexter, 1896 begründete er die Satirezeitschrift Simplicissimus mit. Die Verbreitung eines satirischen Gedichts über Kaiser Wilhelm II. kostete ihn sechs Monate Haft. Nach der Uraufführung von «Frühlings Erwachen» 1906 feierte Wedekind Erfolge als Dramatiker, obschon er stets ein provokativer Aussenseiter im Literaturbetrieb war, dessen Stücke als anrüchig galten. Wedekind starb 1918 in München. Samstag, 12. Juni 2010, 21.00-21.50 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (2/3) von Thomas Mann Felix Krull reist nach Paris, wo ihm sein Pate Schimmelpreester eine Anstellung in einem vornehmen Hotel verschafft hat. Bereits an seinem dritten Arbeitstag als Liftboy fädelt Krull ein abendliches Rendezvous mit einer Industriellengattin ein. Und bald darauf lernt er den heillos verliebten Marquis de Venosta kennen. Die beiden Herren tauschen Namen und Vermögen, damit sich der junge Aristokrat weiterhin in Paris vergnügen kann. Krull hingegen schliesst als falscher Marquis schon die nächste folgenreiche Bekanntschaft. An seinem unterhaltsamen Schelmenroman, der 1954 erschien und unvollendet blieb, hatte Thomas Mann seit 1910 mit Unterbrechungen gearbeitet. Anregung zu diesem Plan boten ihm die 1905 erschienenen Memoiren George Manolescus, eines damals prominenten Hochstaplers. Beim eigenen Vorhaben handelte es sich laut Mann «natürlich um eine neue Wendung des Kunst- und Künstlermotivs, um die Psychologie der unwirklich-illusionären Existenzform.» Felix Krull: Barnaby Metschurat; Stabsarzt: Klaus Herm; Stanko: Wladimir Pavitsch; Diane Houpflé: Sandra Brockmann; Schimmelpreester: Gert Baltus; Engelbert Krull: Michael Prelle; Zuzanna «Zouzou» Kuckuck: Friederike Kempter; Professor Antonio José Kuckuck: Peter Fricke; Madame Maria Pia Kuckuck: Theresa Harder; Marquis Louis de Venosta: Hans Löw; Miguel Hurtado: Konstantin Graudus; u. v. a. Musik: Jan-Peter Pflug Hörspielfassung und Regie: Sven Stricker Produktion Norddeutscher Rundfunk, 2008 Dauer: 53'10" Thomas Mann, 1875 in Lübeck geboren, erhielt 1929 den Nobelpreis für Literatur. 1933 wurde er zur Emigration gezwungen. Zu seinen wichtigsten Werken zählen «Buddenbrooks» (1901) und «Der Zauberberg» (1924). Er starb 1955 in Zürich. Jan-Peter Pflug, 1968 geboren, arbeitet nach langjähriger Anstellung in einer Produktionsfirma für Werbemusik seit 1997 selbstständig als Auftragskomponist, Arrangeur und Toningenieur in Hamburg. Er schreibt und produziert Musik für Hörspiele, Kurzfilme und Werbung. Mittwoch, 16. Juni 2010, 20.00-20.50 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Reply Mozart von Christoph Theiler Der Wiener Komponist Christoph Theiler hat zweihundertsiebzig begüterte Einzelpersonen und zahlungskräftige Institutionen um finanzielle Unterstützung für sein künstlerisches Schaffen gebeten. Als Vorlage dienten ihm Mozarts «Bettelbriefe». «Verehrungswürdiger, liebster, bester Freund, ich will ohne alle Ziererei nach meiner angeborenen Aufrichtigkeit zur Sache selbst schreiten. Wenn Sie die Liebe und Freundschaft für mich haben wollten, mich auf ein oder zwei Jahre mit 50.000 oder 100.000 Euro gegen die gebührenden Interessen zu unterstützen.» Die zeitgemässe Umrechnung von Gulden in Euro ergab bei diesem Vorhaben erhebliche Summen. Und die Reaktionen auf dieses mit penetranter Geduld vorgebrachte Ansinnen waren dementsprechend: Sie reichten von einfühlsamen Absagen bis zu deutlicher Gewaltandrohung. Die besten davon wurden für das Hörspiel akustisch in Szene gesetzt. Mit Christoph von Friedl, Falk Rockstroh, Stefan Kaminski, Ursula Werner, Helmut Gauss Hörspielbearbeitung und Regie: Götz Fritsch Produktion Rundfunk Berlin Brandenburg/Deutschlandfunk, 2006 Dauer: 49'57" Christoph Theiler, 1959 in Ebermannstadt (Deutschland) geboren, studierte Klavier und Komposition in Nürnberg und Stuttgart. Er komponierte Musik für Theater- und Hörspielproduktionen und für experimentelle Radiokunst. 2001 gründete er, zusammen mit Erik Janson, die «initiative zeitgenössische musik». Theiler lebt freischaffend in Wien. Samstag, 19. Juni 2010, 21.00-21.40 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (3/3) von Thomas Mann Auf seiner Reise nach Lissabon lernt Felix Krull als falscher Marquis den Museumsdirektor Professor Kuckuck kennen. Dessen paläontologische Sammlung fasziniert ihn ebenso wie bald darauf Kuckucks Tochter Zouzou. Doch deren Mutter Maria macht dem jungen Liebesglück einen gehörigen Strich durch die Rechnung, denn auch sie ist dem Charme des galanten Hochstaplers erlegen. An seinem unterhaltsamen Schelmenroman, der 1954 erschien und unvollendet blieb, hatte Thomas Mann seit 1910 mit Unterbrechungen gearbeitet. Anregung zu diesem Plan boten ihm die 1905 erschienenen Memoiren George Manolescus, eines damals prominenten Hochstaplers. Beim eigenen Vorhaben handelte es sich laut Mann «natürlich um eine neue Wendung des Kunst- und Künstlermotivs, um die Psychologie der unwirklich-illusionären Existenzform.» Felix Krull: Barnaby Metschurat; Stabsarzt: Klaus Herm; Stanko: Wladimir Pavitsch; Diane Houpflé: Sandra Brockmann; Schimmelpreester: Gert Baltus; Engelbert Krull: Michael Prelle; Zuzanna «Zouzou» Kuckuck: Friederike Kempter; Professor Antonio José Kuckuck: Peter Fricke; Madame Maria Pia Kuckuck: Theresa Harder; Marquis Louis de Venosta: Hans Löw; Miguel Hurtado: Konstantin Graudus; u. v. a. Musik: Jan-Peter Pflug Hörspielfassung und Regie: Sven Stricker Produktion Norddeutscher Rundfunk, 2008 Dauer: 43'00" Thomas Mann, 1875 in Lübeck geboren, erhielt 1929 den Nobelpreis für Literatur. 1933 wurde er zur Emigration gezwungen. Zu seinen wichtigsten Werken zählen «Buddenbrooks» (1901) und «Der Zauberberg» (1924). Er starb 1955 in Zürich. Jan-Peter Pflug, 1968 geboren, arbeitet nach langjähriger Anstellung in einer Produktionsfirma für Werbemusik seit 1997 selbstständig als Auftragskomponist, Arrangeur und Toningenieur in Hamburg. Er schreibt und produziert Musik für Hörspiele, Kurzfilme und Werbung. Mittwoch, 23. Juni 2010, 20.00-21.00 Uhr, DRS 2 Hochstapeleien Gras wachsen hören von Liquid Penguin Ensemble Pflanzen wachsen erst, dann welken sie - mehr nicht, dachte man. Von wegen! Nicht nur das von Madame Asch 1907 gegründete biolingua Institut glaubt, mit seinen Forschungen Belege für Kommunikationsstrukturen in der Pflanzenwelt gefunden zu haben. Das Liquid Penguin Ensemble hat sich im weitverzweigten Forschungsarchiv des biolingua Instituts umgesehen, eigene Experimente unternommen und ist zu interessanten Ergebnissen gekommen. «Gras wachsen hören» handelt nur bedingt von Hochstaplern – vielmehr ist dieses Hörspiel an sich eine Hochstapelei. Denn was daherkommt wie eine hochseriöse Wissenschaftssendung im Radio ist in Wahrheit die amüsante Erfindung zweier Hörspielmacher. Selten wurde das Radio und seine allseits bekannten Sendeformate besser auf die Schippe genommen als in diesem Hörspiel. Mit Katharina Bihler, Jan-Aiko zur Eck, Gunter Cremer, Gabriel Schlenstedt, Johanna Dudek, Susanne Freyler und Prof. Dr. Dieter Volkmann Musik: Stefan Scheib Regie: Katharina Bihler und Stefan Scheib Produktion Saarländischer Rundfunk, 2007 Dauer: 62'07" Das Liquid Penguin Ensemble wurde 1997 von der Schauspielerin/Autorin/Regisseurin Katharina Bihler und dem Komponisten/Bassisten Stefan Scheib in Saarbrücken gegründet, wo beide auch leben. Seitdem entstanden diverse Projekte als Zusammenspiel aus Neuer Musik, Theater, neuen Medien und Hörspiel. Ihre letzte Produktion «Bout du Monde» wurde von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste als Hörspiel des Jahres 2009 ausgezeichnet. Samstag, 26. Juni 2010, 21.00-22.00 Uhr, DRS 2 Hörspielklassiker Der Streichholzverkäufer oder Ein leichter Schmerz von Harold Pinter 21. Juni, der längste Tag im Jahr. Die Eheleute Flora und Edward beobachten einen alten Mann, der seit Tagen hinter ihrem Haus bei der Gartentüre steht. Wer ist er? Was will er? Sie können sich nicht vorstellen, warum er sich dort aufhält, denn der Regen hat die Streichhölzer, die er offenbar verkaufen will, längst aufgeweicht. Ausserdem kommt nur ganz selten jemand vorbei. Sie bitten ihn schliesslich, in ihr Haus zu kommen, um mit ihm zu sprechen - doch der Mann bleibt stumm... Pinters erstes abendfüllendes Theaterstück «Die Geburtstagsparty» war anfänglich kein Erfolg. Aber die Hörspielleute der BBC glaubten an ihn und gaben ihm 1958 den Auftrag für ein Hörspiel. «A Slight Ache» - so der Originaltitel – trug massgeblich zur Entstehung der legendären «Pinterschen Pause» bei, ein häufig eingeflochtenes Schweigen zwischen den Figuren, das oft mehr als viele Worte das Aneinander-Vorbeireden, das NichtVerstehen, die Neigung auch, andere beherrschen zu wollen, verdeutlicht. Edward: Fritz Schröder-Jahn; Flora: Gisela von Collande Aus dem Englischen von Willy H. Thiem Regie: Fritz Schröder-Jahn Produktion Norddeutscher Rundfunk, 1959 Dauer: 61'05" Sir Harold Pinter (1930 - 2008), britischer Schriftsteller, Regisseur und Schauspieler, schrieb Theaterstücke, Hörspiele, Fernsehspiele und Filmdrehbücher (u. a. für Regisseure wie Joseph Losey, Elia Kazan, Robert Altman, Volker Schlöndorff und Paul Schrader). In den 80er Jahren begann ausserdem sein anhaltendes politisches Engagement gegen Menschenrechtsverletzungen. Pinter wurde für sein Werk vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Literaturnobelpreis 2005. Mittwoch, 30. Juni 2010, 20.00-20.50 Uhr, DRS 2 ArtOrt Hörspiel Auressio von Ingeborg Lüscher/Peter Moritz Pickshaus Bei Auressio im Tessin lebt von 1951 bis 1972 völlig zurückgezogen und menschenscheu der Einsiedler Armand Schulthess. Auf dem Steilgelände seines Kastanienwalds verknotet er Zweige zu Geländern und baut aus Sperrmüll, Baumstämmen und Altreifen abenteuerliche Stege und Aussichtspunkte. Dazwischen hängt er Hunderte von Schrifttafeln und Gegenstände in die Bäume und dokumentiert so sein Wissen, genauer, ein einzigartiges Ordnungssystem des Weltwissens in einer Art Freiluft-Enzyklopädie. Die junge Künstlerin Ingeborg Lüscher lernte Schulthess 1969 kennen. Es brauchte Zeit, bis er bereit war, mit ihr zu sprechen. Die Dokumentation, die sie über ihn und sein eigenwilliges Projekt erstellte, zeigte sie Harald Szeemann, dem Macher der documenta 5; dort wurde Schulthess' Werk dann 1972 als ein Aspekt Individueller Mythologie vorgestellt. Mit Peter Moritz Pickshaus kehrte Lüscher 2007 an den Ort zurück, wo sich einst der Wunderwald des Armand Schulthess befand. Das war der Ausgangspunkt für das Hörspiel «Auressio». Mit Franz Rueb, Katja Bürkle und Ingeborg Lüscher Musik: Dirk Leyers Bearbeitung und Regie: Nikolai von Koslowski Produktion Bayerischer Rundfunk, 2010 Dauer: 51'32" Ingeborg Lüscher, 1936 in Freiberg/Sachsen geboren, Malerin, Fotografin, Schauspielerin, Konzept-, Video- und Installationskünstlerin. Lebt seit 1967 in Tegna im Tessin. Einzelausstellungen u. a. im MART Trento e Rovereto (2004), Museum Wiesbaden (2006), Museum für angewandte Kunst, Wien (2009). Peter Moritz Pickshaus, 1955 geboren, Psychologe, Kunstwissenschaftler, Autor. Publikationen u. a. «Kunstzerstörer» (1988), «Nam June Paik» (2009). 1990 Auszeichnung mit dem Carl-Einstein-Preis für Kunstkritik. Radioarbeiten u. a. über Andy Warhol, Nam June Paik, Marcel Duchamp, Christian Boltanski. Dirk Leyers tourte bereits im Alter von 23 Jahren mit dem Projekt «Closer Musik» (Dirk Leyers & Matias Aguayo) durch Nordamerika, Südamerika und Europa. Er arbeitet seit einigen Jahren als Komponist für Hörspiele und Featureproduktionen des Westdeutschen und des Bayerischen Rundfunks. Veröffentlichtungen unter seinem eigenen Namen, projektbezogen mit anderen Musikern, oder als Remixer für diverse Künstler.