Skript Algebra (Th. Heim)

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Brückenkurs Algebra
Herbstsemester 2011
Ausgearbeitet von Prof. Dr. Thomas Heim
i
Inhalt
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I
iii
Mengen und Rechenoperationen
1
1 Zahlenmengen und Grundrechenarten
3
1.1
Grundbegriffe der Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
1.2
Zahlenmengen und ihre Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
1.3
Punktmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
1.4
Grundrechenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
1.5
Bruchrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2 Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln
II
15
2.1
Potenzen und Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.2
Logarithmen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.3
Hierarchie der Rechenoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
2.4
Fakultäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
2.5
Binome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
Funktionen
3 Funktionen: Allgemeines
27
29
3.1
Der Funktionsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
3.2
Gleichheit zweier Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
3.3
Transformation von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
4 Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen
35
4.1
Grundtyp: Potenzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
4.2
Polynom 1. Grades: Lineare Funktion, Gerade . . . . . . . . . . . . . .
37
4.3
Polynom 2. Grades: Parabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
4.4
Charakteristische Eigenschaften von Funktionen . . . . . . . . . . . . .
41
5 Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion
45
5.1
Grundtyp: Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
5.2
Logarithmusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
5.3
Bijektivität und Umkehrfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
5.4
Logarithmische Achsenskalierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
ii
III
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Gleichungen
57
6 Gleichungen und Ungleichungen; Termumformungen
59
6.1
Terme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
6.2
Aussagen, Gleichungen und Termumformungen . . . . . . . . . . . . .
61
6.3
Betragsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
6.4
Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
7 Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme
67
7.1
Lineare Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
7.2
Systeme von linearen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
7.3
Lösungsverhalten linearer Gleichungssysteme . . . . . . . . . . . . . .
74
8 Quadratische Gleichungen und Wurzelgleichungen
77
8.1
Lösung der quadratischen Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
8.2
Wurzelgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
Anhang
85
A Kontrollfragen
87
A.1 Zahlenmengen und Grundrechenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
A.2 Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln . . . . . . .
87
A.3 Funktionen: Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
A.4 Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen . . . . . . . . . . . . . .
88
A.5 Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion . . . . . . . .
88
A.6 Gleichungen und Ungleichungen; Termumformungen . . . . . . . . . .
88
A.7 Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme . . . . . . . . . . . . . . .
89
A.8 Quadratische Gleichungen und Wurzelgleichungen
89
. . . . . . . . . . .
B Antworten zu den Kontrollfragen
91
B.1 Zahlenmengen und Grundrechenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
B.2 Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln . . . . . . .
91
B.3 Funktionen: Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
B.4 Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen . . . . . . . . . . . . . .
92
B.5 Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion . . . . . . . .
92
B.6 Gleichungen und Ungleichungen; Termumformungen . . . . . . . . . .
92
B.7 Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme . . . . . . . . . . . . . . .
93
B.8 Quadratische Gleichungen und Wurzelgleichungen
93
. . . . . . . . . . .
Liebe Studierende
Inhalt und Ziel
Der Brückenkurs in Mathematik hat zum Ziel, Ihre mathematische Fitness“ für die
”
spätere Anwendung mathematischer Methoden und Modelle zu aktualisieren und allenfalls zu aktivieren. Zudem soll auch Konvergenz“ sichergestellt sein: Nach Ab”
schluss des Kurses sollten alle Studierenden über eine einheitlich definierte Grundlage
an mathematischen Fertigkeiten verfügen.
Der primäre Zweck der Mathematik besteht nicht darin, mit Zahlen etwas auszurechnen. Die Mathematik bildet vielmehr einen äusserst leistungsfähigen Rahmen mit
seiner eigenen formalen Sprache, um Beziehungen und Zusammenhänge zwischen diversen Objekten und Grössen auszudrücken und daraus mittels korrekt angewandter
Umformungsregeln neue Beziehungen und Erkenntnisse zu gewinnen. Die in der Mathematik verwendete symbolische Schreibweise ist mindestens so komplex wie eine
Fremdsprache mit einem anderen Alphabet. Es ist schwierig genug, sich diese Spra”
che“ der Mathematik korrekt anzueignen — machen Sie es sich nicht noch schwerer,
indem Sie sich fehlerhafte Notationen angewöhnen oder durchgehen lassen. Wie bei
jeder anderen Fremdsprache auch geht das Lesen und Reden“ nur dank Übung im”
mer besser. Ich weiss aus eigener Erfahrung um die Versuchung, beim Lesen eines
mathematischen Textes zunächst einfach über die Formelausdrücke hinweg zu lesen.
Das Gehirn schaltet auf ignore mode“ und hofft, dass aus dem weiteren Text dann
”
schon klar wird, was die Formel ausgedrückt hätte. Erliegen Sie dieser Versuchung
nicht! Lassen Sie sich darauf ein, die Symbole und Formeln zu entschlüsseln. Mit einigem Training geht das immer leichter, und schliesslich werden Sie in der Lage sein,
selber einen in Gedanken und Worten erfassten Zusammenhang in symbolischer Form
als Gleichung ausdrücken zu können. Sie erreichen die aktive Sprachbeherrschung.
Gebrauchsanweisung dieser Unterlagen
Sie sollten sämtliche Gedankengänge und Herleitungen im Skript nachvollziehen können, mit ganz wenigen Ausnahmen. Versuchen Sie es! Ist ein Schritt beim besten
Willen nicht einzusehen, so kann das entweder auf einen Fehler im Skript hinweisen,
oder auf eine unverständliche Erklärung. Letztere zu verbessern ist mir persönlich
noch wichtiger, als Tippfehler zu eliminieren.
Das Skript sollte auch für das Selbststudium zumindest ein brauchbarer Ansatzpunkt
sein. Arbeiten Sie intensiv damit und nutzen Sie die Gelegenheit, mir Fragen zu stellen.
Wenn es keine Fragen gibt, gehe ich davon aus, dass alles klar ist!
Sie sollten grundsätzlich jede Übungsaufgabe lösen können. Das bedeutet aber im
Allgemeinen nicht, dass Sie tatsächlich jede Aufgabe lösen müssen. Meistens wird
Ihnen vorher klar, was gut klappt und wo es noch hapert.
Das Faktenwissen wird im Skript mit wenigen Ausnahmen hergeleitet oder zumindest
begründet. Diese Herleitungen und Begründungen sollen Sie verstehen und nachvollziehen können, denn dabei wird gerade demonstriert, wie aus dem bestehenden Wissen
durch Anwendung in einem anderen Zusammenhang neues Wissen generiert werden
iii
iv
T. Heim: Brückenkurs Algebra
kann. Ausserdem wünsche ich mir, dass Sie vom erworbenen Wissen und Können
aufgrund Ihrer eigenen Denkfähigkeit überzeugt sind. Was einem einleuchtet, ist viel
einfacher zu behalten.
Kontakt- und Selbststudium
Der Wechsel zwischen Input von meiner Seite und Verarbeitung desselben auf Ihrer
Seite soll den Unterricht möglichst in vernünftige Zeitabschnitte einteilen. Drei Stunden Frontalvorlesung halte ich zwar schon durch, aber davon kommt bestimmt nicht
viel bei Ihnen an. Sie werden deshalb auch während den Kontakteinheiten Gelegenheit
haben, selber Übungen zu lösen. Trotzdem sollten Sie sich auf einen vergleichsweise
grossen Bedarf an Selbststudium einstellen.
Im Mathematikzentrum bieten Dozierende Hilfe zur Selbsthilfe. Nutzen Sie dieses
Angebot wie ein Fitness Center, also zum regelmässigen Training, nicht erst als einmalige Rettungsaktion vor den Prüfungen! Arbeiten Sie auch mit Ihren Mitstudierenden
zusammen. Nichts fördert das Verständnis besser, als wenn Sie selber jemandem Ihre
Sicht der Dinge“ zu erklären versuchen.
”
Wie bereits gesagt, lässt sich Mathematik nach meiner Erfahrung nicht einfach so
beim Durchlesen absorbieren. Der ständige Wechsel zwischen Text und symbolischer
Notation ist anstrengend. Nehmen Sie sich deshalb mehrmals pro Woche Zeit für
das Studium.
Bemerkungen zu meiner Unterrichtsphilosophie
Damit Sie Ihre Intelligenz optimal zur Problemlösung einsetzen können, sind Sie
selbstverständlich auf einen Vorrat an Grundkenntnissen ( Wissen“) angewiesen. Die”
ses Wissen können Sie sich im Grunde selber beschaffen — es ist heutzutage fast im
Übermass zugänglich. In dieser Hinsicht besteht meine Aufgabe hauptsächlich darin,
Ihnen Hinweise darauf zu geben, wie Sie das benötigte Wissen schneller finden.
Der beste Wissensvorrat ist aber beinahe nutzlos, wenn wir unsere Faktenkenntnisse
nicht in Zusammenhang mit verschiedensten Situationen bringen können. Der Zweck
des Mathematikunterrichts ist für mich deshalb, mit Ihnen die Fähigkeit zu trainieren,
mathematische Konzepte und Methoden in diversen Problemen effizient anzuwenden.
Ich will Ihnen daher vor allem ein Können“ vermitteln, das weitaus wichtiger ist
”
als blosses Wissen“. Ich lege besonderes Gewicht darauf, dass Sie Zusammenhänge
”
und Ähnlichkeiten zwischen scheinbar verschiedenen Problemtypen erkennen können,
immer unter dem Blickwinkel einer optimalen Ausnutzung der bestehenden Vorkenntnisse. So sind Sie in der Lage, mit einem möglichst einfachen — aber natürlich ständig
wachsenden — Wissen zunehmend komplexe Probleme erfolgreich zu meistern.
c T. Heim, FHNW 2011
Teil I
Mengen und Rechenoperationen
Im ersten Teil werden Notationen für Mengen und ihre Beziehungen eingeführt, sowie
die wesentlichen Eigenschaften der Rechenoperationen rekapituliert.
Block 1: Mengen, Grundrechenarten
Block 2: Potenzen, Logarithmen, Binome
1
3
15
2
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Block 1
Zahlenmengen und Grundrechenarten
Ziel
• Sie kennen die Notationen, Eigenschaften und Verknüpfungen von Zahlen- und
Punktmengen und können diese anwenden.
• Sie beherrschen die Grundrechenarten und können insbesondere auch mit Brüchen rechnen.
Kontrollfragen
87
Antworten zu den Kontrollfragen
91
3
4
T. Heim: Brückenkurs Algebra
1.1
Grundbegriffe der Mengenlehre
Mengen
Als Menge bezeichnet man jede Zusammenfassung einer Anzahl wohlunterscheidbarer
einzelner Objekte mit gemeinsamem Merkmal zu einer Gesamtheit. Eine Menge A ist
definiert, wenn für ein beliebiges Objekt a aufgrund einer Eigenschaft oder Vorschrift
genau eine der beiden Aussagen wahr ist:
Das Objekt a ist Element der Menge A:
Das Objekt a ist nicht Element der Menge A:
a ∈ A.
a 6∈ A.
Mengen, die wir immer wieder antreffen werden, sind etwa
∅
N∗
N
Z
Q
R
C
die leere Menge,
Menge der natürlichen Zahlen ohne Null,
Menge der natürlichen Zahlen einschliesslich Null,
Menge der ganzen Zahlen,
Menge der rationalen Zahlen,
Menge der reellen Zahlen,
Menge der komplexen Zahlen.
Einige Eigenschaften dieser Mengen werden in Abschnitt 1.2 aufgelistet.
Mengen können auf zwei verschiedene Arten angegeben werden, wobei nicht immer
beide Arten möglich sind.
1. Aufzählende Form: Die Elemente werden explizit in einer Liste aufgezählt,
eingeschlossen zwischen geschweiften Klammern. Beispiele:
2
A = {−2, 4, 5, 6},
B = 2, , −8 .
3
Mengen wie R oder C können jedoch auf diese Weise nicht angegeben werden,
weil ihre Elemente nicht abzählbar sind.
2. Beschreibende Form: Die Elemente werden durch ihre Eigenschaften charakterisiert. Beispiele:
A = {x | |x| < 1, x ∈ R} = {x | |x| < 1 ∧ x ∈ R},
N = {x | x ∈ Z ∧ x ≥ 0},
B = {x | x ∈ Z ∧ x < 0},
usw.
Gewöhnen Sie sich von Beginn weg an, die Symbole korrekt in Text zu übersetzen. Die obige Beschreibung der Menge B lautet: B ist gleich der Menge aller
”
x, für die gilt: x ist eine ganze Zahl und x ist kleiner als Null.“ B ist somit die
Menge der negativen ganzen Zahlen, B = {−1, −2, −3, . . .}.
5
1. Zahlenmengen und Grundrechenarten
Mengenrelationen
Gleichheit: Zwei Mengen A und B heissen genau dann gleich, wenn beide Mengen
die gleichen Elemente haben.
x∈A⇒x∈B
A=B
⇐⇒
x∈B⇒x∈A
Die Reihenfolge der Elemente in A und B spielt dabei keine Rolle.
Inklusion: Eine Menge A heisst Teilmenge von B, wenn alle Elemente von A auch
Elemente von B sind.
A⊆B
⇐⇒
x∈A⇒x∈B
Enthält B Elemente, die nicht in A sind, so heisst A eine echte Teilmenge von B,
geschrieben A ⊂ B. Beispiele:
1. A = N,
2. A = {x | x > 0 ∧ x ∈ R},
A ⊂ B, da N ⊂ Z.
A ⊃ B.
B = Z:
B = {x | x > 3 ∧ x ∈ R}:
Solche Relationen lassen sich symbolisch in Venndiagrammen darstellen.
A⊂B
B
A
Mengenoperationen
Vereinigung: Die Menge der Elemente, die in A oder in B oder in beiden enthalten
sind, heisst Vereinigungsmenge von A und B.
A ∪ B = {x | x ∈ A ∨ x ∈ B}
Ein Element x liegt also genau dann in A ∪ B, wenn es in mindestens einer der beiden
Mengen A, B liegt.
A∪B
A
B
6
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Durchschnitt: Die Menge der Elemente, die sowohl in A als auch in B enthalten
sind, heisst Durchschnittsmenge von A und B.
A ∩ B = {x | x ∈ A ∧ x ∈ B}
A
A∩B
B
Differenzmenge: Die Menge der Elemente von A, die nicht in B enthalten sind,
heisst Differenzmenge von A und B. Schreibweise: A \ B, zu lesen als: A ohne B“.
”
A \ B = {x | x ∈ A ∧ x 6∈ B}
A\B
B
A
Es ist sicher (A \ B) ⊂ A. Daher gilt: A ⊆ B ⇒ A \ B = ∅.
1.2
Zahlenmengen und ihre Eigenschaften
Häufig auftretende Zahlenmengen sind
• die Menge der natürlichen Zahlen: N = {0, 1, 2, 3, . . .}
(manchmal auch N∗ = {1, 2, 3, . . .}, d.h. N ohne 0, geschrieben N∗ ≡ N \ {0})
• die Menge der ganzen Zahlen: Z = {. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .}
• die Menge der rationalen Zahlen (Brüche): Q = { m
n | m, n ∈ Z, n 6= 0}
• die Menge der reellen Zahlen: R; dazu gehören auch Zahlen x, die nicht als
Brüche geschrieben werden können, die aber mit sich selber multipliziert nicht
negativ sind, x · x ≥ 0
• die Menge der komplexen Zahlen: C; dazu gehören auch Zahlen, deren Quadrat
negativ ist
7
1. Zahlenmengen und Grundrechenarten
Es gilt die hierarchische Ordnung
N∗ ⊂ N ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R ⊂ C :
jede natürliche Zahl ist auch eine ganze Zahl, jede ganze Zahl ist auch eine rationale
Zahl, jede rationale Zahl ist auch eine reelle Zahl und jede reelle Zahl ist auch eine
komplexe Zahl.
Gelegentlich trifft man die Schreibweise N für die positiven natürlichen Zahlen an (was
wir jedoch mit N∗ bezeichnen) und N0 für die natürlichen Zahlen inklusive Null. Wenn
nicht anders vermerkt gehen wir im Folgenden von der Menge R der reellen Zahlen
aus. Komplexe Zahlen werden wir im Zusammenhang mit quadratischen Gleichungen
antreffen.
1.3
Punktmengen
Die Menge R der reellen Zahlen lässt sich geometrisch als Zahlengerade darstellen.
Indem man den Zahlen 0 und 1 zwei Punkte O und E einer Geraden g zuordnet, wird
eine Einheitslänge 1x = OE festgelegt und der Geraden g eine positive Orientierung
von O nach E gegeben. Einer Zahl x ∈ R wird dann der Punkt P auf g zugeordnet,
der von O den Abstand x · 1x hat. Dabei ist die Strecke OP in positiver (negativer)
Richtung abzutragen, wenn x positiv (negativ) ist.
O
E
0
1
P1
x1
P
x
−1
O
E
0
1
P2
x2
g
Auf diese Weise wird jeder reellen Zahl x eindeutig ein Punkt der Geraden g zugeordnet. Umgekehrt entspricht jedem Punkt der Geraden g genau eine reelle Zahl x.
Eine solche umkehrbar eindeutige Zuordnung bezeichnet man als eineindeutig oder
bijektiv.
Intervalle
Intervalle sind Teilmengen von R. Wir unterscheiden folgende Situationen:
1. Die Randpunkte a und b gehören dem Intervall I an, a ∈ I, b ∈ I. Ein solches
Intervall heisst abgeschlossen und wird durch [a, b] oder {x | a ≤ x ≤ b} bezeichnet.
a
b
2. Die Randpunkte a und b gehören nicht dem Intervall I an, a 6∈ I, b 6∈ I. Ein solches Intervall heisst offen und wird durch (a, b) oder {x | a < x < b} bezeichnet.
a
b
8
T. Heim: Brückenkurs Algebra
3. Nur einer der Randpunkte a und b gehört dem Intervall I an, also a ∈ I, b 6∈ I
oder a 6∈ I, b ∈ I. Ein solches Intervall heisst rechtsoffen bzw. linksoffen und
wird durch [a, b) oder {x | a ≤ x < b} respektive (a, b] oder {x | a < x ≤ b}
bezeichnet.
a
b
a
b
Das Intervall a ≤ x ≤ b ist durch die Zahlen a und b eingeschränkt und heisst deshalb
beschränkt. Neben den beschränkten Intervallen werden wir auch solche betrachten,
die rechts, links oder beidseitig keiner Beschränkung unterliegen. Solche unbeschränkte
Intervalle schreiben wir unter Verwendung des Zeichens ∞:
(a, ∞),
[a, ∞),
(−∞, a],
(−∞, a),
(−∞, ∞).
Liegt eine Grenze im Unendlichen, so ist das Intervall dort immer offen. (∞ ist keine
definite Zahl.)
Ebene und räumliche Punktmengen
Neben Punktmengen auf einer Geraden sind auch Punktmengen in der Ebene und
im Raum von Interesse. Um solche Punktmengen zahlenmässig zu erfassen, bedient
sich die analytische Geometrie geeigneter Koordinatensysteme. Beispielsweise ist eine
Ebene ein zweidimensionales Gebilde. Die Punkte einer Ebene sind daher durch zwei
unabhängige Grössen zu bestimmen, zum Beispiel durch zwei reelle Zahlen, die den
Punkten auf zwei voneinander unabhängigen Geraden entsprechen. Geometrisch entspricht diese Situation der Wahl von zwei sich schneidenden Geraden, die in der zu
beschreibenden Ebene liegen.
Besonders vorteilhaft (aber nicht notwendig) ist
y
es, die beiden Geraden senkrecht zueinander zu
wählen. So ergibt sich ein kartesisches Koordinatensystem. Die beiden Geraden haben den
P (x, y)
Punkt O gemeinsam. Die Einheitslängen 1x und
1y können voneinander verschieden sein. Mit
einem solchen Koordinatensystem wird jedem
Punkt P der Ebene ein geordnetes Zahlenpaar
x
O
(x, y), genannt Koordinaten, zugeordnet. Die
Zuordnung ist wiederum bijektiv und wird auch
durch die Schreibweise P (x, y) ausgedrückt.
Das kartesische Koordinatensystem vermittelt also eine bijektive Zuordnung der Punkte P der Ebene zu den Zahlenpaaren (x, y).
b
9
1. Zahlenmengen und Grundrechenarten
Beispiele:
y
1. Für alle Punkte der linken Halbebene ist die Abszisse x ≤ 0. Die Menge dieser Punkte ist also durch die Menge der Zahlenpaare (x, y) mit
x ≤ 0 gegeben:
A
x
A = {(x, y) | x ∈ R ∧ y ∈ R ∧ x ≤ 0}
y
2. Die Menge
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
b
A = {(x, y) | x ∈ Z ∧ y ∈ Z}
b
stellt die Menge der Punkte mit ganzzahligen
Koordinaten dar. Man nennt sie Gitterpunkte
der Ebene.
x
Übungen
Stellen Sie folgende Mengen grafisch dar:
1. A = {(x, y) | x ∈ R ∧ y ∈ R ∧ x > 0}
]eshcA- y enho ene be blaH ethcer[
2. A = {(x, y) | x ∈ N ∧ y ∈ R} ]x nehcilr tüan ie b eshcA- y ruz lellarap nedareG[
3. A = {(x, y) | x ∈ [−2, 1] ∧ y ∈ R}
]eshcA- y ruz lellarap nefiertS[
4. A = {(x, y) | a ≤ x ≤ b ∧ c ≤ y ≤ d}
]kcethceR[
5. K1 = {(x, y) | x, y ∈ R ∧ x2 + y 2 = r 2 },
K2 = {(x, y) | x, y ∈ Z ∧ x2 + y 2 < r 2 }
] r suidaR ,tkplluN mu sierK[
] 1K nov nrennI mi etknuprettiG[
6. K1 ∪ K2 mit K1 , K2 aus Aufgabe 5.
]nrennI mi etknuprettiG dnu einilsierK[
7. K1 ∩ K2 mit K1 , K2 aus Aufgabe 5.
]egneM ereel[
8. A ∪ B und A ∩ B mit
A = {(x, y) | x ∈ N ∧ y ∈ R},
1.4
B = {(x, y) | x ∈ R ∧ y ∈ Z}.
]etknuprettiG .wzb rettignedareG[
Grundrechenarten
Es sind vier Grundrechenarten definiert:
Operation
Addition
Subtraktion
Multiplikation
Division
a+b = c
a−b = c
a·b=c
a : b = a/b = c
a
Summand
Minuend
Faktor
Dividend
Bezeichnung
b
Summand
Subtrahend
Faktor
Divisor
c
Summe
Differenz
Produkt
Quotient
10
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Ohne Klammerangabe haben Multiplikation und Division höhere Priorität als Addition und Subtraktion; es gilt Punkt vor Strich“. Beispiel:
”
3 − 2 · 5 + 8 = 3 − (2 · 5) + 8 = 3 − 10 + 8 = 1.
Der Multiplikationspunkt kann bei Variablen weggelassen werden.
Grundlegende Rechengesetze und Ordnungsrelationen
(1)
a+b
=
b+a
Kommutativgesetz
(2)
a·b
=
b·a
(3)
a + (b + c)
=
(a + b) + c
(4)
a · (b · c)
=
(a · b) · c
(5)
a · (b + c)
=
a·b+a·c
Distributivgesetz
(6)
a+0
=
a
neutrales Element der Addition ist 0
(7)
1·a
=
a
neutr. Elem. der Multiplikation ist 1
Assoziativgesetz
(8)
Zu a, b ∈ R gibt es genau ein x ∈ R mit a + x = b. Wir schreiben x = b − a.
(9)
Zu a, b ∈ R mit a 6= 0 gibt es genau ein x ∈ R mit a · x = b,
(10)
Aus a · b = 0 folgt a = 0 oder b = 0 oder a = b = 0.
(11)
R ist geordnet, d.h. je zwei Zahlen a, b ∈ R erfüllen genau eine der Relationen a < b oder a = b oder a > b.
(a = b) ∧ (b = c) ⇒ a = c
Ordnungsrelationen sind transitiv
(12)
= b/a.
⇒
a<c
a=b
⇔
a+c=b+c
a<b
⇔
a+c<b+c
a=b
⇒
a·c=b·c
Gleichheit und Multiplikation:
a=b
⇔
a·c=b·c
a<b
⇔
a·c<b·c
⇐“ nur wenn c 6= 0
”
Ordnung erhalten falls c > 0
a<b
⇔
a·c>b·c
(14)
(16)
b
a
(a < b) ∧ (b < c)
(13)
(15)
x=
Ordnung erhalten unter Addition
Ordnung umgekehrt falls c < 0
R ist vollständig (besitzt keine Lücken“)
”
Zu jeder beliebig kleinen Zahl ǫ > 0 gibt es eine natürliche Zahl n mit
n · ǫ > 1 (Archimedisches Axiom)
Bemerkungen
(8) Umkehraufgabe der Addition: Gegeben ist ein Summand a und die Summe b,
gesucht der zweite Summand x. Die Subtraktion ist unbeschränkt ausführbar und
eindeutig.
11
1. Zahlenmengen und Grundrechenarten
(9) Umkehraufgabe der Multiplikation: Gegeben ist ein Faktor a und das Produkt b,
gesucht der zweite Faktor x. Die Division durch alle von 0 verschiedenen Zahlen
ist möglich und eindeutig.
Für beliebiges x gilt 0 · x = 0. Zur Diskussion der Gleichung a · x = b mit a = 0
müssen wir daher zwei Fälle unterscheiden:
0·x=b =0
0 · x = b 6= 0
⇒
⇒
unendlich viele Lösungen, x beliebig
keine Lösung für x
Um die Durchführbarkeit und Eindeutigkeit der Division zu garantieren erklärt
man die Division durch 0 als verboten. Sie kann auch durch Erweiterung der
Zahlenmenge nicht sinnvoll definiert werden.
√
(15) Im Gegensatz zu R besitzt Q Lücken“. Zum Beispiel liegen 2 und π zwischen
”
rationalen Zahlen, ohne selbst als Brüche darstellbar zu sein. Allerdings gibt es
in beliebig kleiner Umgebung dieser irrationalen“ Zahlen auch rationale Zahlen.
”
N: 0 ist das erste Element von N (1 das erste von N∗ ). Jede natürliche Zahl n ∈ N
besitzt einen Nachfolger n + 1, der auch in N liegt. Diese Eigenschaften garantieren, dass die Folge der natürlichen Zahlen bei 0 anfängt und nie abbricht. Die
Menge enthält (abzählbar) unendlich viele Elemente.
Z: Diese Menge ist nach oben und nach unten unbeschränkt. Jedes Element n
besitzt einen Vorgänger n−1 und einen Nachfolger n+1, die auch in Z enthalten
sind. Es gibt kein erstes Element. Weil die Elemente von Z auf diejenigen von
N abgebildet (und somit abgezählt) werden können, enthalten beide Mengen
genau gleich viele Elemente! Die Mengen haben gleiche Mächtigkeit.
Q: Die Darstellung rationaler Zahlen ist nicht eindeutig. Zum Beispiel
5
1
10
=
=
= ...
100
50
10
Es gibt aber immer eine ausgekürzte Darstellung
ggt(|m|, n) = 1 (d.h. m und n sind teilerfremd).
m
n
mit m ∈ Z, n ∈ N∗ und
Sogar die rationalen Zahlen können auf die natürlichen Zahlen abgebildet (also
durchnummeriert“) werden. Daher ist auch Q eine abzählbare Menge und genau
”
gleich mächtig wie Z und N. Im Gegensatz dazu ist R überabzählbar, enthält also
eine wesentlich andere ( grössere“) Unendlichkeit von Elementen.
”
Übungen
1. Welche Eigenschaften der reellen Zahlen gelten
(a) in N∗ bzw. in N ?
])01( ,)6( hcua N ni ;)41–11( ,)7( ,)5–1([
(b) in Z ?
])8( hcon hcilzt ä suz[
(c) in Q ?
])61( dnu )6( hcon hcilzt ä suz[
12
T. Heim: Brückenkurs Algebra
2. Was bewirken die Erweiterungen
(a) N → Z ?
])noitkartbuS( rabrhekmu tkn ä rhcse bnu driw noitiddA[
(b) Z → Q ?
])noisiviD( rabrhekmu tkn ä rhcse bnu )tsaf( noitakilpitluM[
(c) Q → R ?
1.5
])rhem dnu( smetsysnelhaZ sed tiekgisolnekc ü L[
Bruchrechnung
Aus der Division von ganzen Zahlen ergeben sich Brüche.
Schreibweisen:
a : b = a/b =
a
b
für b 6= 0.
Bei der Division heisst a der Dividend und b der Divisor, in der Bruchschreibweise ab
heisst a der Zähler und b der Nenner. Ist der Zähler kleiner als der Nenner, a < b, so
spricht man von einem echten Bruch, andernfalls von einem unechten Bruch. Unechte
Brüche werden manchmal auch als gemischte Zahlen dargestellt, also als ganze Zahl
gefolgt von einem echten Bruch,
−
15
3
= −3 .
4
4
Die Darstellung als unechter Bruch ist aber vorzuziehen.
Jede ganze Zahl kann als Bruch mit dem Nenner 1 geschrieben werden. Den Kehrwert einer Zahl erhalten wir, indem wir in ihrer Bruchdarstellung Zähler und Nenner
vertauschen,
a=
a
b
a
1
→
→
1
a
b
Kehrwert .
a
Kehrwert
Wie jede andere Zahl ändert auch ein Bruch nicht, wenn er mit 1 multipliziert wird.
Darauf basiert das
a
a·k
Erweitern
=
für k 6= 0
b
b·k
und das
a/k
k·c
c
a
=
=
= .
Kürzen
b
b/k
k·d
d
Beim Erweitern werden sowohl Zähler wie auch Nenner mit der gleichen von Null
verschiedenen Zahl multipliziert. Beim Kürzen werden Zähler und Nenner durch die
gleiche Zahl k 6= 0 dividiert.
Für die Addition oder Subtraktion von zwei Brüchen müssen ihre Nenner gleich
sein. Die Brüche werden also zuerst gleichnamig (gleichnennerig) gemacht, d.h. auf
einen gemeinsamen Nenner, den so genannten Hauptnenner gebracht. Der Hauptnenner ist das kleinste gemeinsame Vielfache (kgV) der Einzelnenner.
a·d b·c
a·d±b·c
a c
± =
±
=
.
b d
b·d b·d
b·d
13
1. Zahlenmengen und Grundrechenarten
Beispiel:
3·5−2·4
15 − 8
7
3 2
− =
=
= .
4 5
4·5
20
20
Beim Multiplizieren zweier Brüche entsteht ein Bruch, dessen Zähler das Produkt
der Einzelzähler ist und dessen Nenner das Produkt der Einzelnenner ist,
a·c
a c
· =
.
b d
b·d
Das Ergebnis kann eventuell durch Kürzen vereinfacht werden.
Beispiel:
3 2
3·2
3·1
3
· =
=
=
gekürzt.
4 5
4·5
2·5
10
Die Division zweier Brüche führt auf einen Doppelbruch. Ein Bruch wird durch einen
zweiten Bruch dividiert, indem mit dem Kehrwert des zweiten Bruches multipliziert
wird:
a/b
a d
a·d
a c
: =
= · =
.
b d
c/d
b c
b·c
Beispiel:
4 16
4 25
4 · 25
1 · 25
25
:
= ·
=
=
= .
7 25
7 16
7 · 16
7·4
28
Doppelbrüche sollten Sie immer durch Multiplikation mit dem Kehrwert auflösen. Dabei ist genau darauf zu achten, welches der Hauptbruchstrich ist.
Übungen
Berechnen Sie die folgenden Brüche. Die Ergebnisse sind so weit als möglich zu kürzen.
1.
1/4 + 2/5
3/4 + 1/6
] 9535 [
2.
1/a − 1/b + 1/c
2/a + 2/b − 2/c
] cbc2b−+ccaa2−−bbaa2 −[
3.
1 3 + 4t/3
·
t 1/2 + t
] 2tt86++8t13 [
4.
1
2uv +
v − u+v
5.
a
a+1
a
a+2
−
−
a
a+2
2a
a+1
1
u−v
−
2
−u
2uv
− uv
2uv
u+v
]0[
u+v
] 3+1 a −[
14
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Block 2
Potenzen, Wurzeln und Logarithmen;
Binomische Formeln
Ziel
• Sie können mit Potenzen und Wurzeln rechnen.
• Sie kennen die Bedeutung und die Rechenregeln von Logarithmen und können
damit in verschiedenen Basen rechnen.
• Sie können alle Rechenoperationen mit der richtigen Priorität anwenden.
• Sie kennen die grundlegenden binomischen Formeln.
Weiterführende Informationen
• Systematik der Erweiterungen der Zahlenmengen als Spiegelbild der Hierarchie
der Rechenoperationen
• Fakultäten und Binomialkoeffizienten
Kontrollfragen
87
Antworten zu den Kontrollfragen
91
15
16
T. Heim: Brückenkurs Algebra
2.1
Potenzen und Wurzeln
Das Produkt a · a · . . . · a aus n gleichen reellen Faktoren a heisst Potenz. Wir schreiben
p = an = |a · a ·{z. . . · a}
n Faktoren
für die n-te Potenz von a. Dabei heisst a die Basis und n der Exponent. Dieser ist
gemäss obiger Beschreibung zunächst eine natürliche Zahl, n ∈ N. Wir werden aber
sofort sehen, dass der Potenzausdruck auch sinnvoll bleibt, wenn n eine negative ganze
Zahl (n ∈ Z) oder eine rationale Zahl (Bruchzahl, n ∈ Q) ist. Für ganzzahliges n darf
a ∈ R beliebig sein, und auch die Potenz ist dann reell, p ∈ R. Für echt gebrochen
rationale Zahlen n im Exponenten ist die Potenz jedoch nicht mehr reell sondern
komplex, p ∈ C, falls a < 0. Die Erweiterung auf nicht-rationale Exponenten ist nur
für nicht-negative Basis a ≥ 0 möglich, mit Hilfe der Exponentialfunktion.
Rechenregeln für Potenzen
In den folgenden Regeln seien m, n ∈ N und a, b ∈ R.
am · an
am
an
n
a · bn
an
bn
m n
(a )
= am+n
Multiplikation: gleiche Basis → Exponenten addieren
= am−n
Division: gleiche Basis → Exponenten subtrahieren
= (a · b)n
a n
=
b
m·n
=a
Multiplikation: gleicher Exponent → Basen multiplizieren
Division: gleicher Exponent → Basen dividieren
Potenz einer Potenz: Exponenten multiplizieren
Aus diesen Regeln ergibt sich wegen
an
= an−n = a0 ⇒ a0 = 1
für jedes a 6= 0.
an
Ebenso erkennen wir jetzt die Bedeutung von negativen ganzzahligen Exponenten:
a·a·a
1
a3
=
= 4 = a3−7 = a−4 .
a7
a·a·a·a·a·a·a
a
Es ist also allgemein
1
a−n = n .
a
Spezielle Werte von Basis oder Exponent
1n = 1
n
für jeden Exponent n
0 =0
für Exponent n > 0
a0 = 1
für a 6= 0, a ∈ R
1
a =a
für jedes a ∈ R
2. Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln
17
Der Ausdruck 00 bleibt unbestimmt, vergleiche Verbot der Division durch 0.
Für ganzzahlige Exponenten n ∈ Z und negative Basis a < 0 gilt zudem
n
a > 0 falls n gerade
a < 0, n ∈ Z
⇒
an < 0 falls n ungerade
Beispiele: (−2)3 = −8, aber (−2)4 = +16, analog (−2)−3 = − 18 .
Wurzeln
Die Bedeutung von gebrochenen Exponenten ergibt sich aus der Regel für Potenzen
von Potenzen. Es ist
n
a1/n = an/n = a1 = a.
Demnach ist a1/n eine Zahl, deren n-te Potenz gleich a ist.
Als n-te Wurzel von a ≥ 0 bezeichnet man die eindeutig bestimmte nicht-negative
Lösung x der Gleichung xn = a. Schreibweise:
√
n
a = a1/n ≥ 0
(nicht negativ!)
Ein Wurzelausdruck ist also ein spezieller Potenzausdruck mit gebrochenem Exponent.
Die Basis a heisst in diesem Zusammenhang Radikand. Für die Wurzeln gelten die
gleichen Rechenregeln wie für die Potenzen mit ganzzahligen Exponenten, ausser dass
hier a ≥ 0 und b ≥ 0 sein soll.
√
√
√
n
n
n
a· b= a·b
gleicher Wurzelexponent
r
√
n
a
a
√
gleicher Wurzelexponent
= n
n
b
b
√
√ m
n m
a = am/n = n a
q
√
m √
n
a = a1/(m·n) = m·n a
Bei Quadratwurzeln darf der Wurzelexponent 2 weggelassen werden,
√
√
a = 2 a.
√
Mit der Schreibweise n a müssen Sie zwar umgehen können, aber es ist im Allgemeinen sicherer, solche Ausdrücke als a1/n zu schreiben und das Wurzelzeichen nur für
Quadratwurzeln zu verwenden.
Beachten Sie, dass ein Wurzelausdruck aus einer nicht-negativen reellen Zahl selber
niemals negativ ist! Insbesondere ist
√
a2 = |a|,
also nicht gleich a, falls a negativ ist.
Im Allgemeinen gilt (a + b)n 6= an + bn für n 6= 1, also insbesondere
1
1 1
6= +
a+b
a b
und
√
√
√
a + b 6= a + b.
18
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Übungen
Vereinfachen Sie so weit als möglich:
22n /2−2n+4
1. n+4 2n+3
4
/2
r
2 3
−2
5 (a b ) · a
3.
a b−4
5.
6.
9.
10.
11.
] 2b[
2.
4.
s
√
3
3
√
7
3·
12
r
4
− 35
a
3
.
a
1
10
− 2
7
r 3 6
64x7 y 8
x y
4
4z
z6
s
s
5n+5 n+5
n x
2n x
y 2n+24
y 2n+2
r
r
2n+1 · b3n−2
n−1 · b2n−2
n a
n a
·
cn+3
c3n−3
!2
a2
p
√
√
4 3
a−4 · a−4
√
3
√
7
3
√ 3
]7[
√
]45 21 [
2
3
p
p
p
√
√
√ p
√
√
√
4
4
6
6
23 + 7 ·
23 − 7 + 5 · 2 + 7 · 5 · 2 − 7
7. an
r
8.
] 9−n42[
]3[
√
]a 5 [
3
] na[
] z y 2x4[
5+n9x
] 64+n2
]
y
s
n2
n/4−5b 3a
4c
[
[
] 3/62a[
12. Machen Sie den Nenner wurzelfrei:
17
√
√
2· 7+3· 5
p
√
3− 2
(b) p
√
3+ 2
(a)
√
√
]7 · 2 − 5 · 3[
])41
√
√ 1
− 7 3( [
7
13. (a) Merken Sie sich die doppelt eingerahmte Regel auf der vorigen Seite!
(b) Merken Sie sich die doppelt eingerahmte Regel auf der vorigen Seite noch
besser!
19
2. Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln
2.2
Logarithmen
Für Potenzen mit gleicher Basis besagen die Regeln der Potenzrechnung:
ar as = ar+s
ar
= ar−s
as
(ar )s = ar s
Nach diesen Potenzgesetzen ist es also gewissermassen einfacher, mit den Exponenten
zu rechnen als mit den Potenzen selbst, da die Stufe der Operationen niedriger wird.
Anstatt Potenzen zu multiplizieren muss man nur Exponenten addieren. Auf dieser
Grundlage beruht das Rechnen mit Logarithmen.
Folgendes Problem führt auf den Logarithmenbegriff:
Eine Zahl c > 0 soll als Potenz mit einer bestimmten Basis a > 0, a 6= 1, geschrieben
werden:
c = ab ,
a Basis,
b Exponent.
Dies ist für alle Zahlen c > 0 möglich. Das Auffinden des Exponenten b bei gegebener Basis a und Potenz c geschieht durch Logarithmieren. Der Exponent b heisst
Logarithmus von c zur Basis a. Die Basis wird als Index angeschrieben.
Definition:
b = loga c
ab = c,
⇐⇒
a, c > 0, a 6= 1.
Aus der Definition folgen sofort die beiden wichtigen Beziehungen
aloga c = c
und
loga (ab ) = b.
Die Zusammenhänge zwischen Basis a, Exponent b und Potenz c ergeben sich wie
folgt:
gegeben
Basis und Exponent, a, b
Potenz und Exponent, c, b
Basis und Potenz, a, c
gesucht
Potenz c
Basis a
Exponent b
Operation
Potenzieren, c = ab
√
Radizieren, a = b c = c1/b
Logarithmieren, b = loga c
Der Logarithmus liefert die Antwort auf die Frage: a hoch wieviel gibt c ?“
”
Logarithmen sind demnach Exponenten mit den entsprechenden Rechenregeln.
Für jede zulässige Basis a (also a > 0 und a 6= 1) gilt
loga (u · v) = loga u + loga v
u
= loga u − loga v
loga
v
loga (uw ) = w · loga u
Log von Produkt → Summe von Logs
Log von Quotient → Differenz von Logs
Log von Potenz → Exponent als Vorfaktor
Zum Nachweis setzen Sie einfach u = ar und v = as und verwenden die Regeln für
Potenzen von Seite 16.
20
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Logarithmensysteme
In den Anwendungen wählt man eine feste Basis a, typischerweise a = 10 oder a = e
oder a = 2. Dann stellt man alle reellen Zahlen > 0 als Potenzen mit dieser festen
Basis dar. Je nach Wahl von a erhält man so unterschiedliche Logarithmensysteme.
a = 10
dekadischer Logarithmus; Bezeichnung: log10 , lg
a = e ≈ 2.718281828
natürlicher Logarithmus: log, ln
a=2
dualer Logarithmus: log2
Beispiel: Dekadische Logarithmen (Zehnerlogarithmen), a = 10:
101 = 10
lg 10 = log10 10
2
lg 100 = log10 10 = 2 lg 10 = 2
1
= −1
lg
10
lg 20 = lg(2 · 10) = lg 2 + lg 10 = 1 + lg 2
⇒
lg 10 = 1
Da wir als Basis a jede positive reelle Zahl ausser 1 wählen können, gibt es unendlich
viele verschiedene Logarithmensysteme. Der Rechner verfügt im Allgemeinen über
eingebaute Funktionen für zwei davon, nämlich für die natürlichen und für die dekadischen Logarithmen. Für alle anderen Logarithmensysteme müssen wir die Basis
wechseln.
Seien also α und β zwei verschiedene Basen. Nach der Definition der Logarithmen gilt
αlogα c = β logβ c = c.
Jetzt nehmen wir den Logarithmus von c zur Basis α:
logα c = logα β logβ c = logβ c · logα β,
wobei wir im letzten Schritt das 3. Logarithmengesetz verwendet haben. Wenn wir
den Logarithmus zur Basis β brauchen, aber nur den zur Basis α direkt angeben
können, so rechnen wir deshalb
logβ c =
Beispiel:
log5 8 =
logα c
.
logα β
2.07944
ln 8
=
= 1.29203,
ln 5
1.60944
also 51.29203 = 8.
Wegen
a = eln a
für a > 0
kann man jede Potenz auf einen Exponentialausdruck mit der natürlichen Basis umschreiben:
b
ab = eln a = eb·ln a .
Darauf beruht die Erweiterung der Potenzausdrücke auf beliebige, auch nicht-rationale
Exponenten. Dabei muss aber die Basis a > 0.
Beispiel:
√
√
π 7 = e 7·ln π = e2.64575·1.14473 ≈ 20.66974
21
2. Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln
Übungen
Berechnen Sie von Hand (ohne Rechner):
1
1. log3 27
√
3. lg 6 1000
√
5. log3 3 3
2. log 1 81
]4−[
] 12 [
4. log2 2b
√
6. log4 5 64
]b[
8. lg lg lg 1010
]0[
3
] 13 [
1
16
7. log4
]3−[
]2−[
9. lg log2 1024
] 35 [
]1[
Zerlegen Sie in Summanden oder Faktoren:
ab − ac
ab + bc
p
11. lg n (a2 )m
])c + a(gl − b gl − )c − b(gl + a gl[
10. lg
]a gl
12. ln (a + b2 )5 · (a2 − b)3
r
a3
13. ln
b3
14. Vereinfachen Sie so weit als möglich:
lg(10a + 102a + 3)
m2
n [
])b − 2a(nl 3 + ) 2b + a(nl 5[
]b nl 23 − a nl 32 [
])3 + a201 + a01(gl[
Fassen Sie zu 1 Logarithmusausdruck zusammen:
1
15. (lg x + 5 lg y − 3 lg z)
n
ln b
16. m · ln a −
2n
]
5y x
3z
r
n
gl[
ma
nl[
] √
b n2
Berechnen Sie mit dem Taschenrechner über dekadische oder natürliche Logarithmen:
17. log2 3
]69485.1[
18. log7 33
]58697.1[
19. log3 100
]18191.4[
20. Lösen Sie nach x auf:
2 ln x + ln(3x) + 3 = 0
]70552.0[
Mit dem dekadischen Logarithmus kann die Anzahl Stellen vor dem Dezimalpunkt bestimmt werden. So beginnen z.B. die Zehnerlogarithmen aller Zahlen x mit 4 Stellen
vor dem Dezimalpunkt, also 1000 ≤ x < 10 000, mit der Ziffer 3. Die gefragte Stellenzahl ist demnach um 1 grösser als der ganzzahlige Teil von lg x. Wieviele Stellen vor
dem Dezimalpunkt haben die folgenden Zahlen:
21. e2000
15
23. 1515
]968[
22. 23000
] 7101 · 51.5 ≈[
24. 1010
10
]409[
]1 + 0101[
22
T. Heim: Brückenkurs Algebra
2.3
Hierarchie der Rechenoperationen
Die hierarchische Struktur der Zahlenmengen ist eng verknüpft mit einer analogen
Hierarchie der Rechenoperationen. Die Rechenoperationen erscheinen so auf drei Stufen.
Stufe
Operation
1 (a)
(b)
→
Addition c = a + b
Subtraktion b = c − a
Erweiterung:
2 (a)
(b)
→
3 (a)
(b)
→
→
(c)
Zahlenmenge input / output
a ∈ N, b ∈ N
a ∈ N, c ∈ N
a ∈ Z, c ∈ Z
Multiplikation c = a · b
Division b = c/a
Erweiterung:
ab
Potenzieren c =
√
Radizieren a = b c
Erweiterung:
√
Radizieren a = b c
Erweiterung:
Logarithmieren b = loga c
a ∈ Z, b ∈ Z
a ∈ Z, c ∈ Z
a ∈ Q, c ∈ Q, a 6= 0
a ∈ Q, b ∈ Z, a 6= 0
b ∈ Z, c ∈ Q, c > 0
b ∈ Z, c ∈ R, c > 0
b ∈ Z, c ∈ R, c < 0
b ∈ Z, c ∈ C
a ∈ R, c ∈ R, a > 0, c > 0
⇒c∈N
6⇒ b ∈ N
⇒b∈Z
⇒c∈Z
6⇒ b ∈ Z
⇒b∈Q
⇒c∈Q
6⇒ a ∈ Q
⇒a∈R
6⇒ a ∈ R
⇒a∈C
⇒b∈R
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
OK
Mit Hilfe der Logarithmen können Potenzausdrücke für beliebige reelle (ja sogar komplexe) Exponenten gebildet werden. Dafür darf aber die Basis nicht eine negative reelle
Zahl sein. Negative reelle Zahlen als Basis sind nur bei ganzzahligen oder rationalen
Exponenten möglich. Selbst in der Menge der komplexen Zahlen kann der Logarithmus nicht für negative reelle Zahlen definiert werden. Auch die Division durch 0 bleibt
verboten, weil jeder Versuch einer Definition auf Widersprüche führt.
Der Wechsel von einer Stufe zur nächsthöheren geschieht durch mehrfache Anwendung
der vorherigen Operation auf den gleichen Term:
• Wird mehrfach der gleiche Summand addiert, so gelangen wir ganz zwanglos
zur Rechenoperation der Multiplikation:
|a + a +
{z. . . + a} = a · b.
b-mal
• Wird mehrfach der gleiche Faktor multipliziert, so gelangen wir zur Rechenoperation des Potenzierens:
b
|a · a ·{z. . . · a} = a .
b-mal
• Die logische Fortsetzung auf der 4. Stufe wäre demnach b-faches Potenzieren
einer Zahl mit sich selber:
a
a·
aa
·
= ba,
wo a auf der linken Seite insgesamt b-mal auftritt. Diese Operation existiert unter dem Namen Tetrieren (aus dem Griechischen tetra, für 4). Die Schreibweise
auf der rechten Seite ist aber nicht allgemein verbreitet.
2. Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln
23
Die Hierarchie der Rechenoperationen spiegelt sich auch in ihrer jeweiligen Priorität:
Wenn keine Klammern gesetzt sind, so haben
• Potenzieren, Radizieren, Logarithmieren höchste Priorität, vor
• Multiplizieren und Dividieren mit zweiter Priorität, vor
• Addieren und Subtrahieren mit niedrigster Priorität.
Beispiele (Klammern geben die Reihenfolge der Operationen an):
g
g
a + b · cd+e·f = a + b · c(d+(e·(f )))
3 /4
3 · 21+2
+ 5 = 3 · 21+8/4 + 5 = 3 · 21+2 + 5 = 3 · 23 + 5 = 3 · 8 + 5 = 24 + 5 = 29.
Zuerst müssen die Exponenten ausgerechnet werden. Enthalten diese selber Potenzen,
so sind diese wiederum vor allfälligen Produkten und erst recht vor allfälligen Summen
auszuwerten.
Übungen
1. Für welche Zahl ergeben die Operationen der Kategorie (a) auf allen drei Stufen
das gleiche Ergebnis, wenn die Zahl mit sich selber kombiniert wird? Für welche
]2 = a[
Zahl gilt also
a + a = a · a = aa
2. Berechnen Sie
√
π
π
3. Berechnen Sie e 3
π
√
]26934.1[
163
]!gilhazznag ehanie b ,6000000000.023046 ≈[
2
]61 ;61[
3
]46 ;652[
2
]46 ;215[
7. Vergleichen Sie 32 und (32 )2
2
]18 ;18[
8. (a) Wieviele Nullen hat (1010 )10 ?
]001[
4. Vergleichen Sie 22 und (22 )2
5. Vergleichen Sie 22 und (22 )3
6. Vergleichen Sie 23 und (23 )2
(b) Wieviele Nullen hat
10
1010
?
])!( nedrailliM 01[
(c) Wie lange braucht ein Drucker, der pro Sekunde 1000 Nullen druckt, um
]etanoM 4 ppank redo egaT 611 .ac[
die Zahl in (b) auszugeben?
9. Was vermuten Sie: Welches ist die grösste Zahl, die Sie mit nur drei Ziffern
schreiben können? (Nicht ausrechnen. . . )
9
],nelletS nenoilliM 073 tsaf tim 99039696301 · 82.4 ≈ 99[
]999 redo 7101 · 531.9 ≈ 999 redo 4901 · 59.2 ≈ 999 sla ress ö rg leiv[
24
T. Heim: Brückenkurs Algebra
2.4
Fakultäten
Das Produkt aus den ersten n positiven ganzen
Zahlen bezeichnet man als n Fakultät“:
”
Definition:
1 · 2 · 3 · . . . · n = n!
0! = 1.
Man definiert zudem
Beispiele:
3! = 1 · 2 · 3 = 6,
6! = 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 = 720.
Die Fakultäten lassen sich rekursiv berechnen:
(n + 1)! = (n + 1) · n!
Für negative ganze Zahlen ist die Fakultät nicht definiert. Hingegen existiert eine
Verallgemeinerung auf nicht-ganze Zahlen.
Die Fakultäten wachsen sehr schnell an:
0!
1!
2!
3!
4!
5!
6!
7!
8!
9!
10!
11!
12!
13!
14!
15!
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
1
1
2
6
24
120
720
5 040
40 320
362 880
3 628 800
39 916 800
479 001 600
6 227 020 800
87 178 291 200
1 307 674 368 000
100! ist eine Zahl mit 158 Stellen, und 450! hat schon über 1000 Stellen.
Übungen
Berechnen Sie ohne Taschenrechner:
1.
7!
5!
]24[
2.
100!
98!
]009 9[
3.
m!
(m − 3)!
])2 − m()1 − m(m[
4.
(k + 2)!
(k − 1)!
]k)1 + k()2 + k([
25
2. Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln
2.5
Binome
Ein Binom ist eine Summe oder eine Differenz von zwei Termen, z.B. a + 2b oder
3x − 5y. Potenzen von Binomen können Sie zwar durch Ausmultiplizieren berechnen,
aber es lohnt sich, drei besonders wichtige Fälle zu kennen:
(a + b)2 = a2 + 2a b + b2
Binomische Formeln:
2
2
(a − b) = a − 2a b + b
(a + b)(a − b) = a2 − b2
2
(1)
(2)
(3)
Prüfen Sie die Formeln durch Ausmultiplizieren! Die dritte binomische Formel“ ver”
wendet man etwa, um Wurzeln aus einem Nenner zu entfernen.
Beim Ausmultiplizieren von Binompotenzen treten die Summanden mit den verschiedenen Potenzen mit ganz bestimmten Vorfaktoren auf, den so genannten Binomialkoeffizienten. Diese Faktoren können im Pascalschen Dreieck dargestellt werden:
(a + b)0
(a + b)1
(a + b)2
(a + b)3
(a + b)4
(a + b)5
=1
=a+b
= a2 + 2ab + b2
= a3 + 3a2 b + 3ab2 + b3
= a4 + 4a3 b + 6a2 b2 + 4ab3 + b4
= a5 + 5a4 b + 10a3 b2 + 10a2 b3 + 5ab4 + b5
n
0
1
2
3
4
5
Pascalsches Dreieck
1
1
1
1
2
1
1 3
3 1
1 4
6
4 1
1 5 10 10 5 1
In diesem Schema entspricht die Zeilennummer der Potenz n des Binoms, beginnend
mit 0. Die Potenzen von a laufen in einer Zeile von n bis 0, wobei in jedem Schritt
die zugehörige Potenz von b um 1 zunimmt, von 0 bis n. (Die Summe der Exponenten
ist immer gleich n.) Das Pascalsche Dreieck liefert die Koeffizienten, mit denen die
verschiedenen Potenzen von a und b multipliziert werden. Dabei ergibt sich jedes
Element als Summe der beiden unmittelbar links und rechts darüber stehenden Zahlen.
Aussen wird von Zeile zu Zeile auf beiden Seiten je eine 1 angefügt.
Die Binomialkoeffizienten können aber direkt mit Hilfe von Fakultäten berechnet werden. Man braucht also die Zahlen auf den vorhergehenden Zeilen des Pascalschen
Dreieck nicht zu kennen, um etwa die Faktoren von (a + b)8 zu bestimmen.
Nummeriert man die Potenzen mit einem Index k, der auf einer Zeile von 0 bis n
läuft, so schreibt man die Zahlen des Pascalschen Dreiecks als
n
n!
,
0 ≤ k ≤ n; n, k ∈ N.
Binomialkoeffizienten:
=
k! (n − k)!
k
Es ist
n
n!
n · (n − 1) · . . . · (n − k) · (n − k − 1) · . . . · 2 · 1
=
=
k
k! (n − k)!
k · (k − 1) · . . . · 2 · 1 · (n − k) · (n − k − 1) · . . . · 2 · 1
n · (n − 1) · . . . · (n − k + 1)
.
=
k · (k − 1) · . . . · 2 · 1
26
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Im Zähler steht also das Produkt aus den k grössten Zahlen von n abwärts, und im
Nenner stehen die k kleinsten Faktoren, von 1 aufwärts. Es gilt allgemein
n
n
n
= 1,
= n,
= 1.
0
1
n
Übungen
Berechnen Sie ohne Hilfsmittel (so weit als möglich kürzen!):
1.
3.
5.
10
4
31
2
4
4
]012[
2.
]564[
4.
]1[
6.
4
1
9
7
25
20
]4[
]63[
]03135[
n
7. Zeigen Sie: nk = n−k
. Was bedeutet das im Pascalschen Dreieck?
[Hinweis: Die Binomialkoeffizienten als Quotienten von Fakultäten schreiben
und diese Brüche umformen]
]nethcerkneslettiM red na gnulegeipS[
n−1
8. Zeigen Sie: nk = n−1
k−1 +
k . Was bedeutet das im Pascalschen Dreieck?
].nednehetS rhi re b ü kceierD mi nedie b red emmuS eid tsi lhaZ edeJ[
Auch die dritte binomische Formel a2 − b2 = (a + b)(a − b) lässt sich auf höhere
Potenzen verallgemeinern. an − bn lässt sich für jedes n ∈ N durch (a − b) dividieren:
an − bn = (a − b)(an−1 + an−2 b + an−3 b2 + . . . + a2 bn−3 + a bn−2 + bn−1 ).
Die zweite Klammer enthält alle Produkte von a- und b-Potenzen mit zusammen
jeweils n − 1 Faktoren. Jedes dieser Produkte hat den Vorfaktor 1.
Beispiel mit b = 2:
a5 − 32 = (a − 2)(a4 + a3 · 2 + a2 · 22 + a · 23 + 24 )
= (a − 2)(a4 + 2a3 + 4a2 + 8a + 16).
Der Ausdruck a5 − 32 ist somit sicher ohne Rest durch (a − 2) teilbar.
Teil II
Funktionen
Der zweite Teil enthält eine kurze Zusammenstellung der grundlegenden Eigenschaften
von Funktionen. Als besonders wichtige Klassen von Funktionen diskutieren wir die
Potenz- und die Exponentialfunktionen und mit ihnen verwandte Funktionen.
Block 3: Funktionen allgemein
29
Block 4: Potenzfunktionen, Polynome
35
Block 5: Exponential- und Logartihmusfunktion
45
27
28
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Block 3
Funktionen: Allgemeines
Ziel
• Sie kennen die zu Funktionen gehörenden Grundbegriffe.
• Sie können Definitions- und Wertebereiche von Funktionen bestimmen.
• Sie kennen verschiedene Transformationen von Funktionen.
Kontrollfragen
87
Antworten zu den Kontrollfragen
91
29
30
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Einführende Beispiele
Zeichnen Sie die Graphen der folgenden Funktionen in einem kartesischen Koordinatensystem.
1.
3.
3.1
y = 2x − 1,
y=
1
,
x
x ∈ [−2, 2];
x ∈ [−5, 5];
2.
4.
y = x2 − 4x + 1,
y=
x3
3
−
x2
2
x ∈ [−1, 5];
− 2x + 1,
x ∈ [−3, 4].
Der Funktionsbegriff
Definition:
Ordnet die Abbildung f jedem Element x einer
Menge Df genau ein Element y einer Menge Wf
zu, so heisst f eine Funktion.
Der entscheidende Punkt ist hier, dass die Zuordnung von Df nach Wf eindeutig
sein muss. Andernfalls handelt es sich nicht um eine Funktion, sondern nur um eine
allgemeine Abbildung (auch Korrespondenz). Verschiedene y-Werte müssen also zu
verschiedenen x gehören, jedoch nicht notwendigerweise umgekehrt.
f
bc
bc
Df
bc
bc
bc
bc
Wf
bc
bc
Die Menge Df heisst Definitionsbereich, und Wf heisst Wertebereich der Funktion f .
Wir schreiben
f:
Df
→
Wf
x
7→
f (x)
Diese zwei Zeilen sind so zu interpretieren: Die Funktion f bildet von Df nach Wf
”
ab. Dabei wird einem x ∈ Df der Wert f (x) ∈ Wf zugeordnet.“
Häufig lassen wir die Pfeile weg und verwenden statt der Funktion (als Abbildung)
ihre Zuordnungsvorschrift,
y = f (x).
Das ist aber eine Gleichung für Elemente von Wf , und somit klar von der Funktion
f selbst zu unterscheiden. Zur vollständigen Beschreibung der Funktion gehört neben
der Funktionsvorschrift auch die Angabe ihres Definitionsbereiches Df .
In den obigen Ausdrücken heisst x das Argument oder die unabhängige Variable und
f (x) ist der Funktionswert. Mit der Identifizierung y = f (x), also mit der Zuordnungsvorschrift, wird der Funktionswert als neue Variable y behandelt. Diese heisst dann
abhängige Variable, weil y von x (und von f ) abhängt. ( f (x)“ liest sich: f von x“).
”
”
31
3. Funktionen: Allgemeines
Übungen
Einschränkungen des Definitionsbereiches: Keine Division durch 0, keine Wurzeln aus
negativen Zahlen (sonst eventuell nicht reellwertig).
Bestimmen Sie maximale reelle Bereiche Df und Wf für
1. y = f (x) = −x,
]R ;R[
2. y = f (x) = 2x3 + 1,
√
3. y = f (x) = + 1 − x2 ,
√
4. y = f (x) = 3 x + 2,
√
5. y = f (x) = 1 + 9 + x2 ,
√
6. y = f (x) = −2 + x2 − 16,
√
7. y = f (x) = 4 − x + 5,
]R ;R[
8. y = f (x) = a
3.2
√
x,
]]1 ,0[ ;]1 ,1−[[
]R ;R redo )∞ ,0[ ;)∞ ,2−[[
])∞ ,4[ ;R[
])∞ ,2−[ ;)∞ ,4[ ∪ ]4− ,∞−([
]]4 ,∞−( ;)∞ ,5−[[
])∞ ,1[ ;)∞ ,0[[
a > 1,
Gleichheit zweier Funktionen
Zwei Funktionen f und g heissen genau dann
gleich, wenn die Definitionsbereiche Df und Dg
beider Funktionen übereinstimmen und für jedes
Element x des gemeinsamen Definitionsbereichs
f (x) = g(x) gilt.
Definition:
f ≡g
Beispiele:
⇐⇒
1.
f (x) = (x − 1)2 + 2x,
2.
f (x) =
x2 − 1
,
x+1
f (x) = g(x)
g(x) = x2 + 1,
g(x) = x − 1,
∀x ∈ Df = Dg
Df = Dg = R,
Df = R \ {−1}, Dg = R,
⇒f ≡ g.
⇒f 6≡ g.
Übungen
Untersuchen Sie, ob f ≡ g. Falls f 6≡ g, geben Sie an, worin sich f und g unterscheiden.
1. f (x) =
x2 +x
x ,
g(x) = x + 1,
]R = gD =6 }0{ \ R = fD liew g ≡6 f[
g(x) = 4x,
]}1 , 31 { ∈6 x∀ )x(g =6 )x( f liew g ≡6 f[
2. f (x) = 3x2 + 1,
3. f (x) =
x3 + 8
,
x+2
g(x) = x2 − 2x + 4,
]R = gD =6 }2−{ \ R = fD liew g ≡6 f[
4. f (x) =
x4 − 1
,
x2 + 1
g(x) = x2 − 1,
]nelleeR mi g ≡ f[
5. f (x) =
3 + sin2 x
,
2 + cos x
g(x) = 2 − cos x.
]nelleeR mi g ≡ f[
32
3.3
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Transformation von Funktionen
Wie bereits bemerkt sind die Funktion selbst und ihr Graph zu unterscheiden. Der
Letztere ist eine Punktmenge mit Elementen P (x, f (x)) ∈ (Df × Wf ) ⊆ R2 . Trotzdem bietet der Graph einer Funktion eine gute Methode, um sich einen Überblick
über die Charakteristiken der Funktion zu verschaffen. Ein grafikfähiger Taschenrechner ist hier sehr zu empfehlen. Auch Plot-Programme (z.B. gnuplot) oder mathematische Software (Matlab, MATHEMATICA) helfen dabei, ja sogar Tabellenkalkulationsprogramme wie EXCEL können dafür verwendet werden.
Anhand der grafischen Darstellung können die Effekte verschiedener Transformationen besonders leicht verdeutlicht werden:
y
f (x) + b
Verschiebung in x: f (x) → f (x + a)
Verschiebung in y: f (x) → f (x) + b
f (x)
f (x + a)
b>0
a>0
x
f (x) → f (x − a) mit a > 0 entspricht Verschiebung nach rechts,
f (x) → f (x) − b mit b > 0 entspricht Verschiebung nach unten
y
1.8 · f (x)
f (x)
f (0.7 · x)
x
speziell Spiegelung
Streckung in x: f (x) → f (a · x)
• an y-Achse: f (x) → f (−x)
Streckung in y: f (x) → b · f (x)
• an x-Achse: f (x) → −f (x)
f (x) → f (a x) mit |a| > 1 gibt Stauchung, mit |a| < 1 Streckung in x,
f (x) → b f (x) mit |b| > 1 gibt Streckung, mit |b| < 1 Stauchung in y
33
3. Funktionen: Allgemeines
Übungen
1. Die Graphen folgender Funktionen sind an der x-Achse zu spiegeln, die so entstandene Funktion anschliessend an der y-Achse zu spiegeln und die neue Funktion um 2 in der y-Richtung nach oben zu verschieben. Wie lauten die resultierenden Funktionsgleichungen?
(a) y = f (x) = −x5
√
(b) y = f (x) = x − 1
2
(c) y = f (x) =
1−x
(d) y = f (x) = (x + 2)2
]2 + 5x− = y[
√
]2 + 1 − x− − = y[
2
]2 +
− = y[
x+1
]2 + 2)2 − x(− = y[
2. Die Funktion y = x2 soll in y-Richtung gestreckt und die gestreckte Funktion
anschliessend in beiden Richtungen so verschoben werden, dass y = a x2 +b x+c
resultiert. Drücken Sie den Streckungsfaktor und die Verschiebungen durch a,
b, c aus.
])a4(/) 2b − c a4( gnubeihcsreV- y ; ab2 − gnubeihcsreV-x ;rotkafsgnukcertS= a[
3. Der Graph der Funktion
y = f (x) =
1
1 + x2
soll um den Faktor 2 zentrisch gestreckt werden, mit Streckungszentrum (0, 0).
8
Wie lautet die Funktionsgleichung der gestreckten Figur?
]2
= y[
x+4
34
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Block 4
Potenzfunktion; Symmetrien von
Funktionen
Ziel
• Sie kennen den qualitativen Kurvenverlauf und die grundlegenden Eigenschaften
von Potenzfunktionen.
• Sie können Geradengleichungen situationsgerecht anwenden.
• Sie können durch quadratische Ergänzung den Scheitelpunkt und die Lage einer
Parabel bestimmen.
• Sie kennen die charakteristischen Eigenschaften von Funktionen und können
diese bestimmen.
Kontrollfragen
88
Antworten zu den Kontrollfragen
92
35
36
4.1
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Grundtyp: Potenzfunktion
Potenzfunktionen sind Funktionen der Art
f (x) = xc ,
c = konstant.
Die folgenden Diagramme zeigen die Graphen einiger Potenzfunktionen,
y = xc .
y
y
1
−1
bc
1
1
x
bc
1
y=
c = 4, . . . , −4 ganzzahlig
x
xc
c = 4, 3, 2, 1, 12 , 13 , 14 , 0, − 14 , − 31 , − 12 , −1
Ordnen Sie die Exponenten zu!
Die unabhängige Variable x ist die Basis, und der Exponent c ist konstant. Für positiv ganzzahlige Exponenten c ∈ N∗ ist der Definitionsbereich Df = R, für negativ
ganzzahlige Exponenten und für c = 0 ist Df = R \ {0}. Nicht ganzzahlige rationale Exponenten entsprechen Wurzelausdrücken. Obwohl Wurzeln ungerader Ordnung
(c = 31 , 15 , . . .) auch für negative x reell sind, wird der Definitionsbereich für nicht
ganzzahlige Exponenten üblicherweise auf x ≥ 0 eingeschränkt. Dann darf c ∈ R
beliebig sein (auch irrational).
Alle Potenzfunktionen gehen durch den Punkt (1, 1).
Alle Potenzfunktionen mit positiven Exponenten c > 0 gehen
ausserdem durch den Punkt (0, 0).
Potenzfunktionen mit positivem Exponent c > 0 streben mit zunehmendem x gegen
∞, jene mit Exponent c < 0 streben gegen 0, wenn x immer grösser wird.
37
4. Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen
Übungen
Erstellen Sie in drei Schritten qualitative Skizzen der Graphen folgender Funktionen,
indem Sie von der jeweiligen Grundfunktion f (x) = xc ausgehen, dann den multiplikativen Faktor berücksichtigen und schliesslich die additive Konstante addieren.
Vermeiden Sie punktweises Berechnen!
1. y = f (x) = − 21 x3 − 2
3. y = f (x) =
2. y = f (x) = − 31 x3/2 − 2
2
−2
x5
5. y = f (x) = −
4. y = f (x) = −2x4 + 1
1
+1
4x2
c
+ b,
x2n
c
8. y = f (x) = 2n+1 + b,
x
7. y = f (x) =
6. y = f (x) = −
3
x2/3
+1
c < 0, b < 0, n ∈ N
c > 0, b < 0, n ∈ N
Eine Summe von Potenzfunktionen mit natürlichen Exponenten m ∈ N und beliebigen
Vorfaktoren a0 , a1 , . . . , an ∈ R heisst ein
f (x) = a0 + a1 x + a2 x2 + . . . + an xn .
Polynom
Die höchste vorkommende Potenz von x bestimmt den Grad des Polynoms (hier n).
4.2
Polynom 1. Grades: Lineare Funktion, Gerade
Der Graph des Polynoms ersten Grades, y = m x+b, ist eine Gerade. Wir untersuchen
die geometrische Bedeutung der verschiedenen Formen von Geradengleichungen.
Die Gleichung einer Geraden lautet in
Normalform
y = m x + b.
Dabei stellt m die Steigung und b den Achsenabschnitt auf der y-Achse dar. Eine
Gerade kann aber auch durch die Steigung und einen beliebigen anderen Punkt, der
nicht auf der y-Achse liegt, bestimmt werden, oder durch zwei Punkte.
P1 (x1 , y1 ) und P2 (x2 , y2 ) seien zwei
vorgegebene Punkte. Aus dem Diagramm lesen wir die Beziehung ab
tan α =
y
y2 − y1
=: m.
x2 − x1
bc
Das ist die Steigung der Geraden.
Der Steigungswinkel ist
P (x, y)
P2 (x2 , y2 )
bc
α
bc
P1 (x1 , y1 )
x
α = arctan(m).
38
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Für den allgemeinen Punkt P (x, y) auf der Geraden gilt
y2 − y1
y − y1
=m=
.
x2 − x1
x − x1
Daraus gewinnen wir zwei weitere Formen von Geradengleichungen:
Punktrichtungsgleichung
y − y1 = m (x − x1 )
Diese Gleichung findet Anwendung, wenn man einen Punkt und die Steigung der
Geraden kennt.
Zweipunktegleichung
y − y1 =
y2 − y1
(x − x1 )
x2 − x1
Diese Gleichung wählt man, wenn zwei Punkte der Geraden gegeben sind.
Beispiel: Die Gerade sei durch P1 (1, 2) und den Winkel von 30◦ zur x-Achse gegeben.
Mit der Punktrichtungsgleichung erhalten wir
1
y − 2 = √ (x − 1).
3
Lösen wir die Punktrichtungsgleichung nach y auf, so erhalten wir wieder die Normalform:
1
y − 2 = √ (x − 1)
3
√
1
1
1
2 3−1
y = √ x− √ +2= √ x+ √
,
3
3
3
3
bzw. allgemein b = y1 − m x1 .
Übungen
1. Bestimmen Sie die Gleichung einer Geraden, die im kartesischen Koordinatensystem den Anstiegswinkel α (zur positiven x-Achse) hat und auf der y-Achse
den Abschnitt b abschneidet für
(a) α = 45◦ , b = 5;
(b) α =
150◦ ,
b = −3;
(c) α = 0◦ , b = 0.
]5 + x = y[
]3 − x775.0− = y[
]0 = y[
2. Wie lautet die Gleichung einer Geraden durch den Nullpunkt, die die x-Achse
unter dem Winkel
(a) α = 135◦ ;
(b) α = 123◦
schneidet?
]x− = y[
]x045.1− = y[
39
4. Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen
3. Bestimmen Sie den Schnittwinkel α mit der x-Achse sowie den Achsenabschnitt
auf der Ordinate für folgende Geraden:
(a) y = 2x − 3;
]3− ; ◦4.36[
(c) x + y = 0.
]0 ; ◦531[
]4.2 ; ◦7.61[
(b) 3x − 10y + 24 = 0;
4. Berechnen Sie die Normalform der Gleichungen der Geraden mit
(a) α = 30◦ , P (−3, 1);
]137.2 + x775.0 = y[
(b) α = 145◦ , P (2, −5).
]6.3 − x7.0− = y[
5. Bestimmen Sie die Gleichung der Verbindungsgeraden der beiden Punkte P1
und P2 für
(a) P1 (−2, −3), P2 (3, 2);
]1 − x = y[
(c) P1 (−2, 0), P2 (0, −5).
]5 − x5.2− = y[
(b) P1 (3, −5), P2 (−1, 0);
]52.1 − x52.1− = y[
6. Wie lautet die Gleichung der Geraden, die
(a) die y-Achse in P (0, b) schneidet und parallel zur x-Achse verläuft? ]b = y[
(b) die x-Achse in P (a, 0) schneidet und parallel zur y-Achse verläuft? ]a = x[
4.3
Polynom 2. Grades: Parabel
Wir beginnen mit der Potenzfunktion
y
2
y = f (x) = a x .
Für festes a erhält man eine Parabel, die im Fall
a > 0 nach oben und im Fall a < 0 nach unten
geöffnet ist.
Die Veränderung der Konstanten a bewirkt eine Streckung oder Stauchung der Parabel in yRichtung.
Nun betrachten wir die Funktion
x
y = f (x) = a x2 + b.
Die additive Konstante b bewirkt eine Verschiebung in Richtung der y-Achse.
Allgemeine Polynome 2. Grades
Ein allgemeines Polynom 2. Grades hat die Form
f (x) = a x2 + b x + c,
a 6= 0,
a, b, c ∈ R.
40
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Der Graph dieser Funktion soll in aller Allgemeinheit diskutiert werden. Das erreichen wir, indem wir das Polynom 2. Grades auf einen bereits untersuchten Fall
zurückführen. Die Methode dazu heisst quadratisches Ergänzen.
b
Ausklammern
f (x) = a x2 + b x + c = a x2 + x + c
a
2 2 !
b
b
b
= a x2 + 2
−
+c
quadratisches Ergänzen
x+
2a
2a
2a
2
2 !
b
b
b
2
+c
−a
x+
=a x +2
2a
2a
2a
b 2
b2
b 2 4ac − b2
=a x+
+c−
=a x+
+
mit binomischer Formel.
2a
4a
2a
4a
Setzen wir
u=x+
so erhalten wir
b
,
2a
C=
4ac − b2
,
4a
v = f˜(u) = a u2 = y − C = f (x) − C,
eine Parabel im (u, v)-Koordinatensystem, die um C in y-Richtung verschoben und
um den Faktor a gegenüber der Normalparabel v = f˜(u) = u2 gestreckt ist.
y
v
u
bc
C
u=0
b
x = − 2a
bc
bc
x=0
b
u = 2a
x
Aus der Beziehung zwischen u und x ergibt sich die Lage der y-Achse im (u v)Koordinatensystem. Der Parabelscheitel liegt bei (0, 0) im (u, v)-System, das ist
b 4ac − b2
S − ,
2a
4a
im (x, y)-System. Damit lässt sich der Graph sofort zeichnen.
Beispiel:
y = f (x) = −2x2 + 3x − 1
3
2
= −2 x − x − 1
2
3 2
9
= −2 x −
−1
+2·
4
16
3 1
3 2 1
→S
,
+ ,
= −2 x −
4
8
4 8
y
bc
S
x
41
4. Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen
Übungen
Skizzieren Sie die Graphen der folgenden Parabeln, nachdem Sie deren Scheitel bestimmt haben:
1. y = f (x) = 3x2 − 3x −
])2− , 21 ([
5
4
2. y = f (x) = −x2 − 6x − 5
])4 ,3−([
3. z = f (u) = 13 u2 − 34 u + 1
]) 31 − ,2([
4. y = f (x) = 21 x2 − c x + 12 (c2 − 2c),
4.4
])c− ,c([
c∈R
Charakteristische Eigenschaften von Funktionen
Symmetrie
Hier betrachten wir nicht Symmetrien der Kurven an sich, sondern Symmetrien der
Kurven bezüglich dem Koordinatensystem.
Gerade Funktion: Die Funktion ist
spiegelsymmetrisch zur y-Achse.
Ungerade Funktion: Die Funktion
ist punktsymmetrisch zum Nullpunkt.
f (x) = f (−x) ∀x ∈ Df .
f (x) = −f (−x) ∀x ∈ Df .
Diese Symmetrie haben insbesondere
die Polynome mit ausschliesslich geraden Potenzen, aber auch der Cosinus.
Diese Symmetrie haben z.B. die Polynome mit ausschliesslich ungeraden Potenzen, aber auch sin x, tan x, cot x.
Beispiel: y = f (x) = a x2 + b
Beispiel: y = f (x) = a x3
y
y
bc
bc
bc
−x0
bc
−x0
x0
x
x
x0
42
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Periodizität
Eine Funktion f heisst periodisch mit Periode p, wenn
y
f (x + p) = f (x) ∀x ∈ Df .
x
Diese Eigenschaft haben insbesondere die trigonometrischen Funktionen. Bei sin x und
cos x beträgt die Periode p = 2π, für tan x und cot x ist sie p = π.
Monotonie
Eine Funktion f heisst in einem Intervall I monoton wachsend, wenn die Funktionswerte f (x) mit zunehmendem Argument x nicht abnehmen:
⇐⇒
f monoton wachsend
x1 < x2
⇒
f (x1 ) ≤ f (x2 ) ∀x1 , x2 ∈ I.
Eine Funktion f heisst in einem Intervall I monoton fallend, wenn die Funktionswerte
f (x) mit zunehmendem Argument x nicht grösser werden:
⇐⇒
f monoton fallend
y
x1 < x2
⇒
f (x1 ) ≥ f (x2 ) ∀x1 , x2 ∈ I.
y
f (x1 )
f (x1 )
bc
f (x2 )
bc
bc
f (x2 )
bc
x1
x2
monoton wachsend
x
x1
x2
x
monoton fallend
Man spricht von strenger Monotonie, wenn die Funktionswerte echt grösser bzw. echt
kleiner werden, wenn also das Gleichheitszeichen nicht gilt.
Stetigkeit
Wir führen hier eine erste anschauliche Fassung des Begriffs der Stetigkeit ein, ohne
uns zu sehr um die Feinheiten zu kümmern. Eine Funktion heisst demnach stetig, wenn
43
4. Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen
ihr Graph ohne Unterbrechung zeichenbar ist. Die Kurve hat also keine Sprünge“
”
über ihrem Definitionsbereich. (Wo die Funktion nicht definiert ist, also bei eventuellen
Lücken ihres Definitionsbereiches, macht die Frage nach ihrer Stetigkeit natürlich
keinen Sinn.)
y
y
x
x
stetig
unstetig
Beschränktheit
Eine Funktion heisst beschränkt, wenn ihre Funktionswerte nicht über einen gewissen
endlichen Betrag hinausgehen:
f beschränkt
⇐⇒
|f (x)| < C
∀x ∈ Df .
Übungen
Bestimmen Sie die Symmetrie (gerade, ungerade, weder noch) der folgenden Funktionen:
1. y = f (x) = 3x4 + 2x2 − 1
]g[
7. y = f (x) = |x| + 2
]g[
2. y = f (x) = 2x3 − sin x
]u[
1
8. y = f (x) = (x2 + 2|x| − 3)
2
]g[
]w[
9. w = f (z) = |z| + z
]w[
u
3. v = f (u) = 3
u − 2u + 5
4. y = f (x) = cos x sin2 x
]g[
5. y = f (x) = x2 − sin(2x)
]w[
6. η = f (ξ) = tan ξ + cos ξ
]w[
10. y = f (x) = sin |x|
√
11. y = f (x) = x 3 − x
p
12. y = f (x) = x 3 |x + x3 |
]g[
]w[
]u[
Untersuchen Sie das Monotonieverhalten folgender Funktionen über ihrem maximalen
Definitionsbereich (monoton wachsend=w, streng monoton wachsend=ww, monoton
fallend=f, streng monoton fallend=ff, keine Monotonie=k):
3
13. y = f (x) = x 8
]ww[
14. y = f (x) = x5 + x3 + 1
]ww[
44
T. Heim: Brückenkurs Algebra
15. y = f (x) = − 12 x6 + 4
]k[
16. y = f (x) = −4x3
] ff[
17. y = f (x) = x − |x|
]w[
Beurteilen Sie, ob die folgenden Funktionen in ihrem ganzen Definitionsbereich stetig
sind:
18. y = f (x) = −x2 + 2x − 1
]gitets llare b [ü
19. y = f (x) = |x|
]gitets llare b [ü
20. y = f (x) = x + sgn(x)
]gitets llare b ü thcin[
Block 5
Exponential- und Logarithmusfunktion;
Umkehrfunktion
Ziel
• Sie kennen den qualitativen Kurvenverlauf und die grundlegenden Eigenschaften
von Exponential- und Logarithmusfunktionen.
• Sie kennen die Bedeutung exponentieller funktionaler Abhängigkeiten und können entsprechende Gleichungen auflösen.
• Sie kennen die Voraussetzung für die Umkehrbarkeit von Funktionen und können
die Umkehrfunktionen für Potenz-, Exponential- und Logarithmusfunktionen
bestimmen.
Weiterführende Informationen
• Logarithmische Achsenskalierung bei der Datendarstellung
Kontrollfragen
88
Antworten zu den Kontrollfragen
92
45
46
5.1
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Grundtyp: Exponentialfunktion
Die Exponentialfunktionen
f (x) = ax
sind von den Potenzfunktionen f (x) = xc klar zu unterscheiden. Potenzfunktionen
haben die Variable x als Basis und konstante Exponenten, Exponentialfunktionen
haben dagegen die Variable x als Exponenten bei konstanter Basis. Damit x möglichst
nicht eingeschränkt werden muss, setzen wir positive Basis a > 0 voraus.
Die folgenden Diagramme zeigen die Graphen einiger Exponentialfunktionen,
y = ax .
y
1
−1
x
1
y = ax mit a = 10, 3, 2, 23 , 43 ,
11
10 ,
1,
9 3 1 1
10 , 4 , 2 , 10
Ordnen Sie die Basen zu!
Alle Exponentialfunktionen gehen durch den Punkt (0, 1).
Weil die Basis positiv ist, a > 0, ist ax immer positiv für alle x. Ist a > 1, so steigt
die Kurve an mit wachsenden x, ist 0 < a < 1, so fällt sie.
Vergleich mit den Potenzfunktionen: Eine mit zunehmendem x wachsende Exponentialfunktion f (x) = ax mit a > 1 wächst viel schneller als jede Potenzfunktion g(x) = xc
mit beliebig grossem konstantem Exponent c. Umgekehrt fällt eine Exponentialfunktion mit Basis a < 1 viel schneller ab als jede Potenzfunktion mit beliebig kleinem (also
negativem) Exponent c. Die Exponentialfunktion dominiert über jede Potenzfunktion.
47
5. Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion
Bedeutung
Die Exponentialfunktionen haben die Eigenschaft, dass die Änderung (Zuwachs oder
Abnahme) des Funktionswertes an der Stelle x proportional zum dortigen Funktionswert ist. Diese Situation ist typisch für Wachstums- oder Zerfallsprozesse. So folgt
etwa die Entwicklung eines Kapitals bei Verzinsung mit Zinseszins einer Exponentialfunktion, aber auch das Bevölkerungswachstum wie z.B. die Algenvermehrung in
einem Gewässer. Ein weiteres typisches Beispiel ist das exponentielle Abklingen der
Strahlungsintensität einer radioaktiven Quelle.
5.2
Logarithmusfunktion
Um eine Vorstellung der Logarithmusfunktion zu erhalten, zeichnen
wir uns die Graphen von
y
y = loga x
1
3
2
a=2
a=e
a = 10
1 2 3 4 5 6 7 8 9 x
für a = 12 , a = 2, a = e und a = 10.
−1
Die Logarithmusfunktion wächst für
−2
x → ∞ ins Unendliche, aber sie tut
a = 12
c
−3
dies langsamer als jede Potenz x
mit positivem Exponenten.
Der Definitionsbereich aller Logarithmusfunktionen ist auf x > 0 beschränkt.
Alle Logarithmusfunktionen gehen durch den Punkt (1, 0).
Beim Auflösen von Exponential- und Logarithmusgleichungen ist auf den Definitionsbereich der Logarithmusfunktion zu achten. Das Argument eines Logarithmus muss
positiv sein.
Beispiele
1. Welche Lösungen x hat die Gleichung ln(3x − 2) = 5 ?
Wir entfernen“ den Logarithmus durch Exponentieren mit der natürlichen Ba”
sis e,
e5 + 2
≈ 50.14
eln(3x−2) = 3x − 2 = e5
→
x=
3
Die für die Lösungen zulässige Grundmenge ergibt sich aus der Forderung, dass
3x − 2 > 0 sein muss, also x > 32 . Die gefundene Lösung x = (e5 + 2)/3 liegt
offensichtlich in dieser Grundmenge.
2. Wie lautet die Lösung von 16x+2 = 4x+3 ?
Beachten wir, dass 16 = 42 , so lässt sich die linke Seite direkt als Potenz mit
Basis 4 schreiben,
16x+2 = 42(x+2) .
48
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Nehmen wir hier und auf der rechten Seite der Ausgangsgleichung den Logarithmus zur Basis 4, ergibt sich 2x + 4 = x + 3 mit der Lösung x = −1.
3. Wir suchen die Lösungen der Gleichung
log10 (6x + 10) − log10 (x − 3) = 1.
Die Logarithmen auf der linken Seite fassen wir zu 1 Logarithmusausdruck zusammen:
log10 (6x + 10) − log10 (x − 3) = 1
6x + 10
=1
log10
x−3
6x + 10
= 101 = 10
x−3
6x + 10 = 10x − 30
2. Logarithmengesetz
Exponenziert, Basis 10
4x = 40
x = 10.
Wir prüfen noch, ob diese Lösung im erlaubten Grundbereich liegt. Es muss
sowohl 6x + 10 > 0, also x > − 35 , als auch x − 3 > 0, also x > 3 sein. Die Lösung
x = 10 erfüllt beide Forderungen.
4. Ein superelastischer Ball fällt aus 3 m Höhe auf den Boden und springt dann
mehrmals wieder auf. Nach jedem Aufprall erreicht er 95% der vorangehenden
Höhe. Wie hoch springt der Ball nach dem k-ten Aufprall, und wie oft prallt er
auf, bis seine Höhe unter 1 cm fällt?
Für k = 0 beträgt die Höhe h(0) = 300 cm. Danach nimmt die erreichte Höhe
nach dem Muster
h(1) = h(0) · 0.95
h(2) = h(1) · 0.95 = h(0) · 0.952
h(3) = h(2) · 0.95 = h(0) · 0.953
..
.
h(k) = h(0) · 0.95k = 300 cm · 0.95k
ab. Wir bestimmen nun, für welchen Wert von k diese Höhe h(k) = 1 cm wird.
Dazu müssen wir die Gleichung
300 · 0.95k = 1
nach k auflösen, mit dem Logarithmus:
k = log0.95 (1/300) =
ln(1/300)
= 111.2.
ln(0.95)
Nach dem 111. Aufprall (ab dem 112. Aufprall) springt der Ball also weniger
als 1 cm hoch.
49
5. Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion
5. Radioaktive Kerne zerfallen gemäss N (t) = N0 e−k t . Beginnend mit N0 Kernen
zur Zeit t = 0 existieren zur späteren Zeit t noch N (t) Kerne, eine abnehmende,
durch die Zerfallskonstante k > 0 bestimmte Zahl. Weil der Exponent eine reine
Zahl sein muss, hat die Zerfallskonstante die Dimension 1/Zeit“, [k] = 1/s. In
”
der Praxis verwendet man oft die Halbwertszeit T1/2 , nach der sich die Zahl
der Kerne auf die Hälfte reduziert hat. Wie hängen die Halbwertszeit und die
Zerfallskonstante miteinander zusammen?
Für t = T1/2 muss gelten
1
N (T1/2 ) = N0 = N0 · e−k T1/2
2
→
1
e−k T1/2 = .
2
Mit dem Logarithmus finden wir
−k T1/2 = ln
1
= − ln 2
2
→
k=
ln 2
.
T1/2
Übungen
1. Wie hängen die Graphen der folgenden Funktionen miteinander zusammen?
(a) y = ax und y = ( a1 )x
]eshcA- y na nlegeipS[
(b) y = loga x und y = log1/a x
]eshcA-x na nlegeipS[
2. Warum muss 1 als Logarithmenbasis ausgeschlossen werden?
]b ella r ü f 1 = b1 lieW[
3. Ein Anfangskapital von Fr. 2 000.– wird jährlich zu 4.25% verzinst. Wie gross
]96.264 2 .rF[
ist das Kapital nach fünf Jahren?
4. Beim Borkenkäferbefall verdoppelt sich die befallene Waldfläche alle 3 Monate.
Zur Zeit t = 0 wurden in einem Waldstück 200 m2 befallene Fläche entdeckt.
Bestimmen Sie die Wachstumsfunktion des Käferbefalls. Nach wie vielen Monaten ist der gesamte Wald von 1.5 ha befallen?
]netanoM 7.81 hcan ;netanoM ni t tim 3/t2 · 2m 002 = )t( B[
Bestimmen Sie x aus den folgenden Gleichungen:
5. 7x+3 = 21x+2
6. log x =
3
4
2
log a + log b − log c
3
4
5
2
7. log x = − log a
3
1
8. log x = − log(a + b)
2
√
1
9. log x = log a + b
n
]922.0− ≈ 3 nl /)3 nl 2 − 7 nl([
] 5/4−c 4/3b 3/2a[
] 3/2−a[
√
]b + a /1[
√
]b + a n2 [
50
T. Heim: Brückenkurs Algebra
q
1
1
1
a
[
] )a+bc+
log(a + b) − log(b + c) − log(c + a)
()c+b(
2
2
2
1
1
2
2
log a + log a
] a/)1+a+ a(a[
11. log x = log a +
a
a
10. log x =
5.3
Bijektivität und Umkehrfunktion
Wir haben die Funktion f über eine eindeutige Zuordnung von der Definitionsmenge
Df nach der Wertemenge Wf eingeführt:
f
bc
bc
Df
bc
bc
bc
bc
Wf
bc
bc
Nun wollen wir die Umkehrabbildung betrachten: Gegeben sei ein y ∈ Wf ; welches
x ∈ Df gehört dazu?
Diese Frage kann nur dann eindeutig beantwortet werden, wenn jedem y ∈ Wf genau
ein x ∈ Df entspricht. Eine Funktion f mit dieser Eigenschaft nennt man bijektiv
oder eineindeutig. Beide Abbildungen, sowohl von Df nach Wf wie auch von Wf
nach Df , sind dann eindeutig.
f
bc
bc
Df
bc
bc
bc
bc
Wf
bc
bc
f −1
Die Umkehrfunktion zu f bezeichnen wir mit f −1 (x). Sie ordnet jedem y ∈ Wf
ein x ∈ Df zu. Der Definitionsbereich von f −1 ist also der Wertebereich von f und
umgekehrt:
Df −1 = Wf ,
Wf −1 = Df .
Dies läuft darauf hinaus, dass einfach x und y vertauscht werden. Zur Bestimmung
der Umkehrfunktion gehen wir in zwei Schritten vor:
1. Die Gleichung y = f (x) auflösen nach x :
2. Die Bezeichnungen x ↔ y vertauschen:
x = f −1 (y).
y = f −1 (x).
51
5. Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion
Geometrisch entspricht dies der Spiegelung des Graphen y = f (x) an der Geraden
y = x:
y
f (x)
y=x
f −1 (x)
x
Klarerweise ist die Umkehrfunktion der Umkehrfunktion wieder die ursprüngliche
Funktion,
(f −1 )−1 (x) = f (x).
Beispiel
Wir betrachten die Funktion
y = f (x) = 2x + 1.
Auflösen nach x ergibt
x=
y−1
,
2
und mit x ↔ y vertauscht finden wir
y = f −1 (x) =
y
f (x)
1
−1
y=x
f −1 (x)
1
−1
x−1
.
2
x
52
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Wann ist die Zuordnung zwischen x und y auf beide Seiten eindeutig, sodass also zu
einer gegebenen Funktion f eine Umkehrfunktion bestimmt werden kann? Darüber
gibt der folgende Satz Auskunft:
Zu jeder streng monoton verlaufenden stetigen
Funktion existiert die Umkehrfunktion.
Satz:
Die strenge Monotonie garantiert die Bijektivität.
Weitere Beispiele
1. y = f (x) = x2 .
Die Parabel ist streng monoton fallend für x < 0 und streng monoton wachsend
für x > 0. Für die beiden Monotoniebereiche müssen wir separate Umkehrfunktionen bestimmen. Beschränken wir uns zunächst auf Df = [0, ∞). Dann
gilt
√
√
→
y = f −1 (x) = x.
x = y,
Im anderen Monotoniebereich Df = (−∞, 0] finden wir analog
√
√
x = − y,
→
y = f −1 (x) = − x.
Wir erhalten also zwei verschiedene Umkehrfunktionen, je nach dem gewählten
Monotoniebereich der ursprünglichen Funktion f . Die Umkehrfunktion ist in
beiden Fällen nur für x ≥ 0 definiert.
y
y
f1 (x)
f2 (x)
y=x
y=x
f1−1 (x)
1
−1
−1
1
1
x
−1
−1
1
x
f2−1 (x)
2. Potenzfunktion mit geradem Exponenten
y = f (x) = x2n ,
n ∈ N∗ .
Die Situation ist völlig analog zum vorigen Beispiel. Wegen Wf = [0, ∞) ist die
Umkehrfunktion wieder nur für x ≥ 0 definiert, Df −1 = [0, ∞). Für die beiden
Monotoniebereiche ergeben sich zwei separate Umkehrfunktionen,
√
zu Df = [0, ∞),
y = f1−1 (x) = 2n x
√
−1
2n
zu Df = (−∞, 0].
y = f2 (x) = − x
53
5. Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion
3. Potenzfunktion mit ungeradem Exponenten
y = f (x) = x2n+1 ,
n ∈ N.
Die Funktion f verläuft im gesamten Definitionsbereich streng monoton und
kann daher als Ganzes eindeutig umgekehrt werden. Aus Gründen der Systematik ziehen wir jedoch auch ungerade Wurzeln nur aus nicht-negativen Zahlen.
Wir fügen dann das im Bereich x < 0 auftretende Minuszeichen von Hand“
”
hinzu:
2n+1
√
x
für x ≥ 0,
√
y = f −1 (x) =
− 2n+1 −x für x < 0.
Es ist Df = Wf −1 = R und Wf = Df −1 = R.
y
f (x)
y=x
f −1 (x)
1
−1
1
x
−1
4. Hyperbel
1
1
→
y = f −1 (x) = .
x
x
Die Funktion und ihre Umkehrung fallen zusammen!
y
y = f (x) =
y=x
1
f (x) = f −1 (x)
−1
f (x) = f −1 (x)
1
−1
x
54
T. Heim: Brückenkurs Algebra
5. y = f (x) = loga x,
x ∈ (0, ∞).
Um dies nach x aufzulösen verwenden wir die Eigenschaft
x = aloga x
des Logarithmus. Damit erhalten wir
x = aloga x = ay
mit Df = (0, ∞),
Wf = (−∞, ∞),
und nach dem Vertauschen von x und y schliesslich
y = f −1 (x) = ax
mit Df −1 = (−∞, ∞),
Wf −1 = (0, ∞).
Die Logarithmusfunktion ist die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion und
umgekehrt. Insbesondere ist y = ln x die Umkehrfunktion zu y = ex .
g(x) =
1 x
2
y
f (x) = 2x
y=x
f −1 (x) = log2 x
1
−1
−1
x
1
g −1 (x) = log1/2 x
Übungen
Bilden Sie die Umkehrfunktion und geben Sie Definitions- und Wertebereich an:
1. f (x) = 3x − 2
2u − 3
2
√
3. f (u) = 4 − u
2. f (u) =
4. f (x) =
x+1
x−1
]R ;R ;3/)2 + x([
]R ;R ;
3 + u2
[
2
])∞ ,0[ ;]4 ,∞−( ; 2)u − 4([
]}1{ \ R ;}1{ \ R ;
1+x
[
1−x
5. f (x) = 2x + 1
]R ;)∞ ,1( ;)1 − x( 2gol[
6. f (x) = 1 + ln x
])∞ ,0( ;R ; 1−xe[
55
5. Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion
5.4
Logarithmische Achsenskalierung
Bei der grafischen Darstellung von Daten kann es nützlich sein, eine oder beide Achsen
logarithmisch zu skalieren. Insbesondere kann dies helfen, die ungefähre Abhängigkeit
der y- von den x-Werten ersichtlich zu machen. Allerdings müssen zum Logarithmieren
alle Werte positiv sein.
(vermutete) Abhängigkeit
exponentiell:
y = a bx
logarithmisch: y = loga x + c
Potenz:
y = a · xb
y
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
y = 0.6 ·
√
2
Skalierung
ỹ = ln y
x̃ = ln x
x̃ = ln x, ỹ = ln y
Ergebnis: Gerade!
ỹ = ln a + ln b · x
y = ln1a · x̃ + c
ỹ = ln a + b · x̃
y
x
10
5
2
1
0.5
0.2
0.1
0.05
y = 8 · 3−0.6x
0
2
4
6
8
x
0
2
4
6
8
x
Beispiel 1, Exponentialfunktionen: y-Achse logarithmisch zeichnen
y
100
50
y
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
y = 2 · x1.6
20
10
5
2
1
0.5
y = 12 · x−0.9
0
2
4
6
8
10
x
0.2
0.1
0.1 0.2
0.5
1
2
5
10 x
Beispiel 2, Potenzfunktionen: beide Achsen logarithmisch zeichnen
Ob eine Punktmenge (ungefähr) entlang einer geraden Linie liegt ist viel einfacher zu
beurteilen, als ob die Punkte beispielsweise entlang einer Parabel liegen. Achsenskalierungen lassen sich bei den meisten Grafikprogrammen ohne explizite Umrechnung
einfach im Diagramm anwenden.
56
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Teil III
Gleichungen
Allgemeine Lösungsmethoden für lineare und quadratische Gleichungen und Ungleichungen bilden den Gegenstand des dritten Teils.
Block 6: Gleichungen und Ungleichungen
59
Block 7: Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme
67
Block 8: Quadratische und Wurzelgleichungen
77
57
58
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Block 6
Gleichungen und Ungleichungen;
Termumformungen
Ziel
• Sie kennen die Regeln und Techniken der Termumformung und können diese auf
komplexere Terme anwenden.
• Sie können Gleichungen formulieren und durch Termumformung nach einer Variablen auflösen.
• Sie können Betragsgleichungen und Ungleichungen durch entsprechende Fallunterscheidungen lösen.
Kontrollfragen
88
Antworten zu den Kontrollfragen
92
59
60
T. Heim: Brückenkurs Algebra
6.1
Terme
Ein Term ist eine aus Zahlen, Buchstaben (Variablen) und mathematischen Operatoren sinnvoll (d.h. syntaktisch korrekt) gebildete Folge, die einen bestimmten Zahlenwert annimmt, wenn die Buchstaben durch erlaubte Zahlen ersetzt werden. Grundterme können nicht weiter vereinfacht werden, z.B. 88 oder x. Die Verknüpfung von
Grundtermen oder allgemeinen Termen mittels Rechenoperationen ergibt als Ergebnis
wieder einen Term.
Klammerregeln
Terme enthalten in der Regel auch Klammern.
1. Die Klammern sind unerlässlich um die sonst geltende Priorität ( Punkt vor
”
Strich“, Exponenzieren vor Multiplizieren oder Dividieren) spezifisch aufzuheben. Beispiel:
2 − 4 · (a − b) = 2 − 4 · a + 4 · b.
Ohne die Klammer würde nur a mit −4 multipliziert, nicht aber −b. Ein Minus
vor einer Klammer kehrt alle Vorzeichen in der Klammer einzeln um.
2. Zur besseren Lesbarkeit dürfen Klammern ausserdem verwendet werden um
Terme zu gruppieren. Bei (a+3)2 +(a+3) ist die Zerlegung in Faktoren einfacher
zu sehen, auch wenn die Klammern beim zweiten Summanden nicht nötig sind.
3. Mehrere Klammern oder Verschachtelungen von Klammerausdrücken werden
von innen nach aussen aufgelöst.
Produkte von Klammerausdrücken sollten Sie nicht grundlos ausmultiplizieren! Das
ist nur sinnvoll, wenn dadurch das Ergebnis vereinfacht werden kann. Beispiel:
4a b + (a − b)2
1
1
=
+
(a − b)2 4a b
4a b (a − b)2
4a b + a2 − 2a b + b2
=
4a b (a − b)2
a2 + 2a b + b2
=
4a b (a − b)2
(a + b)2
=
4a b (a − b)2
gleichnamige Brüche addiert
Zähler ausquadrieren
Summe im Zähler auswerten
im Zähler faktorisieren
Den zweiten Summanden des Zählers auszuquadrieren lohnt sich hier, weil dadurch
im Zähler ein reines Binom entsteht. Den Nenner auszumultiplizieren macht aber
keinen Sinn. Das Endergebnis hat seine einfachste Form, wenn der Zähler als Quadrat
erkannt wird, sodass seine Zerlegung in Faktoren (Faktorisierung) abgelesen werden
kann.
6. Gleichungen und Ungleichungen; Termumformungen
61
Übungen
1. Vereinfachen Sie den Ausdruck (m − 2n)(4m + 7n) − (3m + n)(m − 5n)
] 2n9 − n m31 + 2m[
2. Klammern Sie geeignete Terme aus in (4a − 2b)(x + y) − (3a + 3b)(x + y)
])b5 − a() y + x([
3. Zerlegen Sie in Faktoren:
(a) p2 − 3p q + 2q 2
(b)
6.2
m2
+ 2m − 3
]) q2 − p() q − p([
])3 + m()1 − m([
Aussagen, Gleichungen und Termumformungen
Eine Aussage ist ein Satz, der entweder wahr oder falsch ist. Eine Aussageform ist
ein Satz, der eine oder mehrere Variablen enthält. Werden für die Variablen Werte
eingesetzt, geht die Aussageform in eine Aussage über, das heisst sie ist dann entweder
wahr oder falsch.
Werden Terme mit einem Gleichheits- oder Ungleichheitszeichen zueinander in Beziehung gesetzt, so erhalten wir demnach eine Aussage oder eine Aussageform. Eine
Gleichung drückt die Gleichheit zweier Terme T1 und T2 aus: T1 = T2 .
In einer Bestimmungsgleichung tritt (mindestens) eine unbekannte Grösse auf. Die
Aufgabe besteht darin festzustellen, für welche Werte der Unbekannten die Gleichung
eine wahre Aussage liefert. Die Menge aller dieser Werte bezeichnet man als Lösungsmenge L der Gleichung. Diese Lösungsmenge kann endlich viele Elemente enthalten,
aber sie kann auch leer sein (dann heisst die Gleichung unerfüllbar, z.B. x+ 1 = x+ 2),
oder sie fällt mit der Grundmenge aller erlaubten Variablenwerte zusammen (eine solche Gleichung heisst Identität, z.B. x+1 = x+1). Zwei Gleichungen heissen äquivalent,
wenn sie bei gleicher Grundmenge die gleiche Lösungsmenge besitzen.
Die Lösung einer Gleichung geschieht durch äquivalente Termumformungen. Das sind
alle Operationen, welche die Lösungsmenge der Gleichung nicht verändern. Das Ziel
der Termumformungen besteht darin, die gesuchte Unbekannte auf einer Seite der
Gleichung zu isolieren.
Aus den grundlegenden Rechenregeln von Seite 10 wird ersichtlich, welche Termumformungen erlaubt sind:
1. Auf beiden Seiten einer Gleichung oder Ungleichung darf der gleiche Term addiert oder subtrahiert werden.
2. Beide Seiten einer Gleichung dürfen mit dem gleichen von 0 verschiedenen
Term multipliziert werden. Wird hingegen mit 0 multipliziert, so ändert möglicherweise die Lösungsmenge, weil die Gleichung dadurch zur Identität 0 = 0
wird. Deshalb ist grosse Vorsicht geboten, wenn beide Seiten einer Gleichung
mit einem noch unbestimmten Term multipliziert werden. Der Fall, dass der
unbestimmte Term gleich 0 ist, muss separat untersucht werden.
62
T. Heim: Brückenkurs Algebra
3. Beide Seiten einer Gleichung dürfen durch den gleichen von 0 verschiedenen
Term dividiert werden.
4. Bei Ungleichungen ändert das Relationssymbol, wenn beide Seiten mit einem
negativen Term multipliziert werden. Ist der Term vorerst noch unbekannt, so
muss wiederum eine Fallunterscheidung vorgenommen werden.
Übungen
1. Lösen Sie die Gleichungen nach x auf:
(a) 3x/4 + 2/3 = 25 − x/5 + 3/2
]75/0551[
(b) 7a x − 4a b = 5b x + 2a b
]b 75 =6 a
(d) (x + 20)(x − 7) = (x + 5)(x − 4)
]01[
(c) 1/x + 1/p = 1/q
] q =6 p
,)b5 − a7(/b a6[
,) q − p(/ q p[
2. Eine Uhr zeigt genau zwei Uhr. Nach wie vielen Minuten werden ihre beiden
Zeiger zum ersten Mal
6.3
(a) zur Deckung kommen?
].niM 0111 01[
(b) einen Winkel von 90◦ bilden?
].niM 131 72[
Betragsgleichungen
Definition Betrag:
Beispiele:

für a > 0
 a,
|a| =
0,
für a = 0

−a, für a < 0
|5| = 5 und | − 5| = −(−5) = 5.
Geometrisch bedeutet |a| die Länge der Strecke (den Abstand) zwischen dem Nullpunkt und dem Punkt a auf der Zahlengeraden.
Rechenregeln:
|a · b| = |a| · |b|
a |a|
=
b
|b|
−|a| ≤ a ≤ |a|
|x| ≤ c
⇔
−c ≤ x ≤ c
|a + b| ≤ |a| + |b|
Dreiecksungleichung
im Allg. ist |a + b| =
6 |a| + |b|
Zur Umformung von Gleichungen mit Beträgen führen wir Fallunterscheidungen
durch. Falls der Term zwischen den Betragsstrichen nicht negativ (also positiv oder 0)
ist, können wir die Betragsstriche ebensogut durch Klammern ersetzen und mit diesem
Klammerausdruck weiterrechnen. Ist aber der Term zwischen den Betragsstrichen
63
6. Gleichungen und Ungleichungen; Termumformungen
negativ, so ersetzen wir ihn durch den gleichen Klammerausdruck mit einem Minus
davor, was dann automatisch positiv wird.
Beispiele:
1. Für welche x ist |x + 2| = 9 ?
⇒
falls x + 2 < 0
falls x + 2 ≥ 0
⇒
x < −2
|x + 2| = −(x + 2) = −x − 2 = 9
x = −11
x ≥ −2
|x + 2| = x + 2 = 9
x=7
In beiden Fällen muss das Ergebnis noch mit der jeweiligen Voraussetzung der
Fallunterscheidung verglichen werden:
−11 < −2 ist erfüllt,
7 ≥ −2 ist erfüllt.
Somit besitzt die Gleichung |x + 2| = 9 die zwei Lösungen x = −11 und x = 7.
2. Hat |2x − 3| = 4x − 7 Lösungen und wenn ja, welche?
falls 2x − 3 ≥ 0
falls 2x − 3 < 0
⇒
x≥
3
2
|2x − 3| = 2x − 3 = 4x − 7
⇒
x=2≥
x<
3
2
3
2
|2x − 3| = −(2x − 3) = −2x + 3 = 4x − 7
x=
5
3
Aber die zweite Lösung erfüllt die an sie gestellte Bedingung nicht, weil
Somit hat die Gleichung |2x − 3| = 4x − 7 als einzige Lösung x = 2.
5
3
> 32 .
3. Treten ausser der gesuchten Unbekannten noch Parameter auf, so ergeben sich
für diese einschränkende Bedingungen.
Beispiel: |x − 2| = a + 1 mit a ∈ R
falls x − 2 ≥ 0
falls x − 2 < 0
⇒
⇒
x≥2
|x − 2| = x − 2 = a + 1
x=a+3≥2
x<2
→ a ≥ −1
|x − 2| = −(x − 2) = −x + 2 = a + 1
x= 1−a < 2
→ a > −1
Als Lösungsmenge ergibt sich also {a + 3, 1 − a} unter der Bedingung, dass
a ≥ −1 ist.
64
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Bei mehreren Betragsausdrücken muss für jeden eine entsprechende Fallunterscheidung vorgenommen werden.
Übungen
1. | − 17|
]71[
2. −12 + |33.5| − 2 · | − 5.5|
]5.01[
3. |3x + 1| = |7x − 4|
] 031 dnu 54 [
4. |2x + 4| = x − a mit a ∈ R
]2− ≤ a r ü f )4 − a( 31 dnu 4 − a−[
√
√
5. Vergleichen Sie x2 mit ( x)2 !
√
√
]treinfied lleer 0 ≥ x r ü f run tsi x = 2)x ( ;R ∈ x ella r ü f |x| = 2x [
6. Für zwei beliebige reelle Zahlen a und b sei d = |a − b|. Welche Punkte auf der
Zahlengeraden bezeichnen
a+b d
± ?
2
2
])b ,a(nim dnu )b ,a(xam[
6.4
Ungleichungen
Beim Umformen von Ungleichungen gilt: Vorsicht bei Multiplikation einer Ungleichung
mit einem Ausdruck, dessen Vorzeichen nicht bekannt ist!
Beispiel: Welche x erfüllen
4
> −2 ?
x
Das Vorzeichen der gesuchten x ist vorerst unbekannt. Bei Multiplikation der Ungleichung mit x kehrt aber das Relationszeichen > um, falls x negativ ist. Wir müssen
also eine Fallunterscheidung vornehmen:
falls x < 0
falls x > 0
⇒
4 < −2x
Relation umgekehrt
4 > −2x
Relation bleibt
−2 > x
⇒
nach Division durch − 2
−2 < x
nach Division durch − 2
Wir kombinieren die beiden Teilresultate mit den jeweiligen Voraussetzungen:
x<0
x>0
∧
∧
x < −2
x > −2
⇒
⇒
x < −2
x>0
Die gesamte Lösungsmenge ist also
L = {x|x < −2 ∨ x > 0} = (−∞, −2) ∪ (0, ∞) = R \ [−2, 0]
6. Gleichungen und Ungleichungen; Termumformungen
Übungen
Bestimmen Sie die Lösungsmengen der folgenden Ungleichungen:
1. 9x + 6 < 17x − 4
])∞ , 54 ([
2. (x − 1)(x − 6) > 0
]
3. (x − 3)(2x + 4) > 0
] ]3 ,2−[ \ R[
4. (x − 3)(2x + 4)(x + 1) > 0
])∞ ,3( ∪ )1− ,2−([
]6 ,1[ \ R[
5.
1
>4
x
]) 14 ,0([
6.
1
<4
x−2
] ] 94 ,2[ \ R[
7.
2
+ 10 > 25
x
]) 521 ,0([
8.
1−x
<0
x+2
] ]1 ,2−[ \ R[
Komplementär zum Betrag einer reellen Zahl hat diese auch ein Vorzeichen.

 +1, für a > 0
Definition Signum:
sgn(a) =
0,
für a = 0

−1, für a < 0
sgn steht für Signum“, das Vorzeichen. Es ist
”
a
|a| , für a 6= 0
sgn(a) =
0, für a = 0
Rechenregeln:
sgn(a · b) = sgn(a) · sgn(b)
a sgn(a)
=
sgn
b
sgn(b)
a = sgn(a) · |a|
65
66
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Block 7
Lineare Gleichungen und
Gleichungssysteme
Ziel
• Sie kennen die Bedeutung der Linearität und können die Linearität einer Gleichung beurteilen.
• Sie kennen das Lösungsverhalten linearer Gleichungen.
• Sie können Systeme von linearen Gleichungen mit zwei oder drei Variablen auflösen.
• Sie kennen das Lösungsverhalten linearer Gleichungssysteme.
Weiterführende Informationen
• Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen
Kontrollfragen
89
Antworten zu den Kontrollfragen
93
67
68
T. Heim: Brückenkurs Algebra
7.1
Lineare Gleichungen
Linearität
Ein Term heisst linear in einer Variablen, wenn er diese Variable ausschliesslich in
nullter oder in erster Potenz enthält. Als Funktion dieser Variablen betrachtet ist der
Term ein Polynom vom Grad 1.
Ein Term ist linear in mehreren Variablen, wenn er jede dieser Variablen nur in nullter
oder in erster Potenz enthält, und ausserdem keine gemischten Produkte von verschiedenen dieser Variablen.
Beispiele:
T1 = 4x − 5
linear in x
T2 = a x + b
linear in x
T3 = A x + B y + C
linear in x und y
T4 = A x + B y + C z + D
linear in x, y und z
T5 = 2x2 − x + 4
2x
T6 =
x−3
T7 = 3x + 5x y − 8y + 6
nicht linear in x, wegen 2. Potenz
nicht linear in x
nicht linear in x und y, wegen gem. Produkt
Setzen wir zwei lineare Terme einander gleich, so bilden wir eine lineare Gleichung.
Eine Gleichung mit den Unbekannten x1 , x2 , . . . , xn heisst linear,
wenn jeder Term (Summand) der Gleichung höchstens eine der
Unbekannten enthält, und diese in erster Potenz.
Betrachten wir im obigen Term T2 nicht a und b als gegebene Parameter, sondern
x, so ist der Ausdruck T2 linear in a und b. Als Funktion aller drei Variablen a, b
und x hingegen ist der Term T2 nicht linear, wegen dem gemischten Produkt a x.
Ob eine Gleichung linear ist oder nicht hängt somit auch davon ab, welche Variablen
wir als gesuchte Grössen betrachten und welche wir allenfalls als gegebene Parameter
behandeln.
Übung
In den folgenden Gleichungen sind die gesuchten Grössen als indizierte x gekennzeichnet, x1 , x2 , . . . usw. Welche Gleichungen sind linear in den gesuchten Unbekannten
xi , welche sind nicht linear?
1. 2x1 − x2 = 3x1 + x3
]raenil[
2. a x21 + b x1 + c = m x2 + q
]raenil thcin[
3. a2 x1 + b x2 = c
]raenil[
69
7. Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme
4. 8x1 + 3 (x1 − 2 x3 ) x2 = 6x4
]raenil thcin[
5. 4x1 + 3x2 − 5 cos x1 = 0
]raenil thcin[
6. x1 − 3y x2 − 5 cos z = 0
]raenil[
Lösungsverhalten einer linearen Gleichung
Das Lösungsverhalten der allgemeinen linearen Gleichung für x
a · x = b,
mit vorgegebenen a, b ∈ R
ergibt sich aus der Fallunterscheidung
a 6= 0
a=0
a=0
∧
∧
b=0
b 6= 0
⇒
genau eine Lösung
⇒
unendlich viele Lösungen
⇒
keine Lösung
b
a
x∈R
x=
Eine lineare Gleichung hat demnach entweder gar keine oder genau eine oder unendlich viele Lösungen. Es ist jedoch unmöglich, dass eine lineare Gleichung genau zwei
Lösungen haben kann. Wenn es mehr als eine Lösung gibt, sind das sofort unendlich
viele.
Eine Gleichung heisst unlösbar, wenn sie keine Lösung hat. Andernfalls ist sie offensichtlich lösbar. Die lösbaren“ Gleichungen werden weiter unterteilt in eindeutig
”
lösbare mit genau einer Lösung, und in die übrigen, nicht eindeutig lösbaren Gleichungen. Im Fall linearer Gleichungen haben diese Letzteren dann unendlich viele
Lösungen.
7.2
Systeme von linearen Gleichungen
In vielen Problemen treten mehrere gesuchte Unbekannte auf. Bestehen zwischen den
gesuchten Grössen zudem mehrere Beziehungen (Gleichungen), so gilt es, ein System
von Gleichungen nach gewissen gesuchten Unbekannten aufzulösen.
Wir wollen hier speziell Systeme von linearen Gleichungen mit zwei oder drei Unbekannten betrachten.
Ein Gleichungssystem heisst linear, wenn jede einzelne Komponentengleichung linear ist.
Für lineare Gleichungssysteme gibt es äusserst effiziente Lösungsverfahren, die heute auch in praktisch allen mathematischen Tools implementiert sind. Lineare Gleichungssysteme mit zwei Unbekannten sollen Sie aber auch ohne diese Hilfsmittel lösen
können.
70
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Lösungsverfahren
Es gibt diverse Lösungsverfahren für lineare Gleichungssysteme. Einige Methoden sind
jedoch nicht in allen Fällen anwendbar. Wir wollen uns deshalb hier auf Verfahren
konzentrieren, die garantiert in allen Fällen funktionieren. Ein solches Verfahren ist
das Gauss’sche Eliminationsverfahren, bzw. in leichter Modifikation die Additions”
und Subtraktionsmethode“.
Wir illustrieren diese beiden Methoden an einem Beispiel.
1. Es lohnt sich, von Anfang weg Ordnung ins Gleichungssystem zu bringen und
die gleichen Variablen in allen Gleichungen übereinander anzuordnen.
4x − 3y = 7 (1)
6x + 5y = 1 (2)
Ein vertikaler Strich und allenfalls eine Nummerierung der Gleichungen hilft
dabei, den Überblick zu wahren.
Zur Auflösung des Gleichungssystems könnten wir z.B. die erste Gleichung nach
y auflösen,
1
aus (1).
y = (4x − 7)
3
Dies setzen wir in der zweiten Gleichung ein,
6x +
5
· (4x − 7) = 1.
3
Damit haben wir nur noch 1 lineare Gleichung, die wir nach x auflösen können:
6x +
20
38
35
38
x=
x=1+
=
3
3
3
3
x = 1.
Durch Einsetzen in die Beziehung für y finden wir auch die zweite Unbekannte,
1
1
−3
y = (4x − 7) = (4 − 7) =
= −1.
3
3
3
Das Gleichungssystem hat also die eindeutige Lösung x = 1 und y = −1.
Die hier demonstrierte Lösungsmethode ist das Eliminationsverfahren. Eine der
Gleichungen wird nach einer Variablen aufgelöst und diese Lösung dann in die
übrigen Gleichungen eingesetzt. Das Verfahren wird sukzessive wiederholt, bis
sich entweder eine der Variablen eindeutig bestimmen lässt, oder bis einem die
Gleichungen ausgegangen sind. Durch Zurückeinsetzen werden die eliminierten
Variablen gefunden.
2. Für die praktische Berechnung ist die folgende modifizierte Methode etwas effizienter. Anstatt eine Gleichung nach einer der Variablen aufzulösen und in die
andere einzusetzen, multiplizieren wir die Gleichungen so, dass eine der Variablen in beiden gleich vorkommt.
4x − 3y = 7 (1)
6x + 5y = 1 (2)
71
7. Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme
Multiplizieren wir (1) mit 3 und (2) mit 2, so kommt in beiden Gleichungen x
mit Vorfaktor 12 vor,
12x − 9y = 21 (1′ )
12x + 10y = 2 (2′ )
Subtrahieren wir die zweite von der ersten Gleichung, so finden wir
−19y = 19
→
y = −1.
Das setzen wir in eine der ursprünglichen Gleichungen ein, z.B. in (1), und finden
4x − 3 · (−1) = 4x + 3 = 7
→
4x = 4
→
x = 1.
Diese Additions- und Subtraktionsmethode erspart einem häufig das Rechnen
mit Brüchen.
Die zweite Methode ist das effizienteste Lösungsverfahren für lineare Gleichungssysteme. Dieses Verfahren funktioniert für beliebig viele Gleichungen mit beliebig vielen
Unbekannten, also auch, wenn mehr oder weniger Gleichungen als Unbekannte gegeben sind.
Typische Beispiele
1. Im Gleichungssystem
2u + 3v = 14
u = 2v
(1)
(2)
bietet sich zwar die Eliminationsmethode besonders an. Mit der Subtratktionsmethode funktioniert es aber auch. Zuerst wird Ordnung geschaffen, indem
alle gesuchten Unbekannten nach links und die übrigen Konstanten nach rechts
gebracht werden.
2u + 3v = 14 (1)
u − 2v = 0 (2′ )
Zweite Gleichung mit 2 multiplizieren und von der ersten subtrahieren eliminiert
u:
2u + 3v = 14 (1)
2u − 4v = 0 (2′′ )
(1) − (2′′ ) führt zu 7v = 14, also v = 2 und aus (2) sofort u = 4.
2. Das Gleichungssystem
x + ay = b
bx + y = a
(1)
(2)
enthält ausser den gesuchten x und y noch die Parameter a und b. Die Lösbarkeit
und die Lösungen des Gleichungssystems hängen natürlich von diesen Parametern ab. Wir multiplizieren die Gleichung (2) mit a
x + a y = b (1)
ab x + a y = a2 (2′ )
72
T. Heim: Brückenkurs Algebra
und subtrahieren (2′ ) von (1):
(1 − ab) x = b − a2 .
Ist der Koeffizient 1−ab von Null verschieden, so können wir daraus x berechnen:
x=
b − a2
a2 − b
=
1 − ab
ab − 1
falls ab 6= 1.
Um y zu bestimmen bietet sich dann die ursprüngliche Gleichung (2) an,
y = a − bx = a −
b(a2 − b)
a2 b − a − a2 b + b2
b2 − a
=
=
ab − 1
ab − 1
ab − 1
falls ab 6= 1.
Was passiert aber, wenn ab − 1 = 0 ist? Dann hat die Gleichung
(1 − ab) x = 0 · x = b − a2
entweder unendliche viele Lösungen, wenn nämlich rechts auch 0 steht und somit
b = a2 ist, oder sie hat gar keine Lösung, wenn rechts nicht 0 steht, also b 6= a2 .
Der erste Fall mit b = a2 und ab = 1 tritt ein, wenn
ab = a3 = 1
→
a = 1,
b = 1.
Das ist klar, denn dann haben wir zweimal die gleiche Gleichung für zwei Unbekannte. Das ist nicht genügend Information, um x und y eindeutig zu bestimmen.
Der andere Fall mit ab = 1 aber b 6= a2 tritt ein, wenn b = 1/a und a 6= 1 ist.
Schliesslich wollen wir noch überlegen, ob wir beim Multiplizieren von (2) mit
a allenfalls unvorsichtig waren. Wir dürfen nämlich nicht unbedacht eine Gleichung mit 0 multiplizieren, da dies ihre Lösungsmenge verändern kann. Was
geschieht aber mit dem Gleichungssystem, wenn a = 0 ist? Dann haben wir
x
= b (3)
falls a = 0.
b x + y = 0 (4)
Offensichtlich ist also x = b und y = −b x = −b2 . Diese Lösung ergibt sich aber
bereits aus der allgemeinen Lösung für ab − 1 6= 0.
3. Wir suchen die Lösungen des Systems von 3 Gleichungen für 3 Unbekannte
(1)
x + 2y − 2z =
7
(2)
2x + 3y
=
0
2x + y + 8z = −28 (3)
Subtrahieren wir das Doppelte der ersten Zeile von den Zeilen (2) und (3), so
verschwindet dort x,
(1)
x + 2y − 2z =
7
− y + 4z = −14 (2′ )
− 3y + 12z = −42 (3′ )
7. Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme
73
Wir subtrahieren das Dreifache der Zeile (2′ ) von der Zeile (3′ ), um in (3′ ) auch
y zu eliminieren,
(1)
x + 2y − 2z =
7
− y + 4z = −14 (2′ )
(3′′ )
0·z =
0
Bei diesem Schritt wurde aber auch gerade z aus der Gleichung (3′ ) eliminiert.
Die Gleichung 0 · z = 0 ist jedoch für jeden beliebigen Wert von z ∈ R (und
eigentlich auch von x und y) erfüllt. Wir können z aus diesem Gleichungssystem
nicht bestimmen. Aber x und y hängen von z ab. Wir setzen also z = λ als freien
Parameter. Aus den anderen Gleichungen erhalten wir jetzt von unten nach oben
x + 2y − 2z = 7
x = −6λ − 21
−y + 4z = −14 y = 4λ + 14 ր
0·z = 0
→ z=λ ր
Das Gleichungssystem hat also unendlich viele Lösungen, mit einem freien Parameter. Die Lösungen für x, y und z sind untereinander verknüpft.
Übungen
1. Lösen Sie — sofern möglich — die folgenden Gleichungssysteme nach x und y:
11x + 12y = 100
]1 = y ;8 = x[
(a)
x = 8 (10 − y)/9 a (x + y) = c (b)
]0 =6 a ,b− =6 a r ü f )b + a(/c = y ;)ba + 2a(/cb = x[
ax = by 3x − 4y = 2 (c) 5x + 2y = 12 ]rabs lönu[
−x + 5y = 4 2x − 3y = 11 (d) −5x + y = −8 ]3− = y ;1 = x[
x − 5y = 16 2. Durch Einführung einer neuen Variable z lässt sich das Gleichungssystem
x + 1/y = 5 3x + 4/y = −6 in ein lineares Gleichungssystem überführen. Benutzen Sie diese Methode, um
]12/1− = y ;62 = x driw y/1 = z tiM[
das Gleichungssystem zu lösen.
3. Der Graph der Parabel mit der Gleichung y = a x2 + b x + c soll durch die drei
Punkte A(1, 2), B(3, 7) und C(−1, 1) verlaufen. Bestimmen Sie a, b und c.
]1 + x 21 + 2x 21 = y[
4. Die Quersumme einer zweistelligen Zahl ist 6. Wird die Zahl um 18 vergrössert,
so ergibt sich eine Zahl mit den gleichen zwei Ziffern in umgekehrter Reihenfolge.
Wie lautet die ursprüngliche Zahl?
]42[
74
T. Heim: Brückenkurs Algebra
7.3
Lösungsverhalten linearer Gleichungssysteme
Wie schon bei einer einzigen linearen Gleichung gibt es auch für jedes System von
linearen Gleichungen nur drei Möglichkeiten:
Ein System von m linearen Gleichungen in n Unbekannten
hat entweder gar keine Lösung oder genau eine eindeutige
Lösung oder unendlich viele Lösungen.
Damit alle n Unbekannten eindeutig bestimmt werden können, müssen mindestens
gleich viele Gleichungen wie Unbekannte gegeben sein, also m ≥ n.
Hat ein Gleichungssystem unendlich viele Lösungen, so bedeutet das, dass nicht alle
der gesuchten Unbekannten bestimmt werden können. Die Unbekannten hängen dann
gegenseitig voneinander ab, wie wir das bereits im letzten Abschnitt gesehen haben.
In der Standardform nehmen wir alle Terme mit gesuchten Unbekannten auf die linke
Seite und alle übrigen Terme auf die rechte Seite. Steht dann bei jeder Gleichung auf
der rechten Seite 0, so nennt man das Gleichungssystem homogen. Ein homogenes
Gleichungssystem hat immer mindestens eine Lösung. Es ist nämlich sicher erfüllt,
wenn alle Unbekannten gleich 0 sind. Falls das homogene Gleichungssystem eindeutig
lösbar ist, ist dies gerade die einzige Lösung. Ist ein homogenes Gleichungssystem
nicht eindeutig lösbar, hat es automatisch unendlich viele Lösungen, darunter jene
mit allen Unbekannten gleich 0.
Geometrische Interpretation bei zwei Unbekannten
Die allgemeine lineare Gleichung
Ax + B y + C = 0
in den zwei Unbekannten x und y beschreibt eine Gerade in der xy-Ebene. Bei einem
Gleichungssystem mit zwei Unbekannten x und y können wir demnach jede Gleichung
als Gleichung einer Geraden auffassen. Die gesuchten x und y sind dann die Koordinaten derjenigen Punkte, die allen Geraden gemeinsam sind. Geometrisch können
drei Fälle auftreten:
1. Die Geraden schneiden sich in genau einem Punkt. Das Gleichungssystem besitzt
dann genau eine eindeutige Lösung.
2. Die Geraden haben keinen gemeinsamen Punkt, sie schneiden sich also nicht.
Das Gleichungssystem ist unlösbar.
3. Die Geraden fallen zusammen. Das Gleichungssystem hat dann unendlich viele Lösungen. x und y sind gegenseitig miteinander über die Geradengleichung
verknüpft.
Wir illustrieren diese Situationen an drei Beispielen von je zwei Gleichungen mit zwei
Unbekannten.
75
7. Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme
1. Das System
4x − 3y = 7
6x + 5y = 1
hat die eindeutige Lösung x = 1 und y = −1.
Wir können die beiden Gleichungen
als Geradengleichungen in Normalform schreiben:
g1 :
g2 :
4
7
x− ,
3
3
1
6
y =− x+ .
5
5
(1)
(2)
g1
y
1
y=
−1
1
−1
Ein Diagramm der beiden Geraden zeigt, dass sie sich im Punkt
S(1, −1) schneiden.
bc
2
x
S
g2
2. Jetzt ersetzen wir die Gleichung (2):
4x − 3y = 7 4x − 3y = −2 (1)
(3)
Wir Interpretieren die Gleichungen
wieder als Geraden
g1 :
g3 :
4
y = x−
3
4
y = x+
3
Wir erkennen sofort, dass diese parallel verlaufen. Es gibt keinen gemeinsamen Punkt. Das Gleichungssystem ist unlösbar. Die beiden
Gleichungen (1) und (3) widersprechen sich.
3. Den dritten Fall demonstrieren wir mit
4x − 3y = 7 (1)
8x − 6y = 14 (4)
Gleichung (4) ist das Doppelte von
Gleichung (1). Offensichtlich beschreiben beide Gleichungen dieselbe Gerade:
g1 :
g4 :
4
y = x−
3
4
y = x−
3
y
7
,
3
2
.
3
7
,
3
7
.
3
g3
g1
1
−1
1
2
x
−1
g1 = g4
y
1
1
−1
2
x
76
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Die Geraden g1 und g4 fallen zusammen und haben somit unendlich viele gemeinsame Punkte. Das Gleichungssystem hat unendlich viele Lösungen, wobei
zwischen x und y der Zusammenhang y = (4x − 7)/3 besteht.
Bei mehr als zwei Geraden besteht die Möglichkeit, dass sich zwar alle Geraden paarweise schneiden, aber nicht im gleichen Punkt.
Jede lineare Gleichung in drei Unbekannten x, y und z beschreibt eine Ebene im Raum.
Die geometrische Situation ist analog zu derjenigen der Geraden in der xy-Ebene. Zwei
Ebenen des Raumes können sich in einer Geraden schneiden oder parallel zueinander
liegen oder zusammenfallen. Sie können aber nicht genau einen einzigen Schnittpunkt
gemeinsam haben. Ein System von zwei Gleichungen für drei Unbekannte kann somit
sicher noch nicht eindeutig aufgelöst werden. Erst drei und mehr Ebenen können einen
einzigen Punkt gemeinsam haben, den Schnittpunkt aller paarweisen Schnittgeraden.
In dem Fall ist das Gleichungssystem eindeutig lösbar. Gibt es keinen allen Ebenen
gemeinsamen Punkt, so ist das Gleichungssystem unlösbar. Haben alle Ebenen eine
Gerade gemeinsam, oder fallen sogar alle Ebenen zusammen, so gibt es unendlich
viele Lösungen. Bei einer gemeinsamen Gerade ist nur eine der drei Koordinaten
nicht bestimmt; die anderen beiden hängen dann von dieser ab. Wenn alle Ebenen
zusammenfallen, so sind zwei der Koordinaten beliebig und die dritte ist dann durch
die Ebenengleichung aus diesen beiden Koordinaten bestimmt.
Übungen
1. Für welche Werte von a besitzt das Gleichungssystem
3 x + a y = 2 −x + 4 y = −2 (a) keine;
(b) genau eine;
(c) unendlich viele
]21− = a[
]21− =6 a[
]hcilg ö mnu[
Lösungen?
2. Für welche Werte von a und b besitzt das Gleichungssystem
−5 x + 5 y = a −x − b y = 10 (a) keine;
(b) genau eine;
(c) unendlich viele
Lösungen?
]05 =6 a ∧ 1− = b[
]1− =6 b[
]05 = a ∧ 1− = b[
Block 8
Quadratische Gleichungen und
Wurzelgleichungen
Ziel
• Sie kennen das Lösungsverhalten allgemeiner quadratischer Gleichungen und
können deren Lösungen bestimmen.
• Sie können quadratische Gleichungen durch quadratisches Ergänzen in Linearfaktoren zerlegen.
• Sie können Wurzelgleichungen, die auf quadratische oder lineare Gleichungen
führen, lösen und die zulässigen Lösungen bestimmen.
Kontrollfragen
89
Antworten zu den Kontrollfragen
93
77
78
8.1
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Lösung der quadratischen Gleichung
Zur Bestimmung der Koordinaten des Scheitels der allgemeinen Parabel
y = a x2 + b x + c
haben wir bereits im Abschnitt 4.3 die Methode der quadratischen Ergänzung eingeführt. Mit dem gleichen Verfahren finden wir auch die Lösungen x der allgemeinen
quadratischen Gleichung
a x2 + b x + c = 0
mit vorgegebenen a, b, c ∈ R.
Diese Lösungen entsprechen gerade den Schnittpunkten der Parabel mit der x-Achse,
also den Stellen, wo y = 0 ist ( Nullstellen“). Wir illustrieren dies am Beispiel von
”
Seite 40.
Bestimmung des Scheitels der Parabel:
y
y = f (x) = −2x2 + 3x − 1
3
2
= −2 x − x − 1
2
9
3 2
−1
+2·
= −2 x −
4
16
3 2 1
3 1
= −2 x −
+ ,
→S
,
4
8
4 8
x1
bc
S
bc
x2
bc
x
Klammern wir den Vorfaktor des quadratischen Terms ganz aus, erhalten wir einen
Ausdruck, den wir als Binom vom dritten Typ erkennen:
!
1
3 2
= −2 (A2 − B 2 ) = −2 (A + B) (A − B)
−
y = −2
x−
4
16
3 1
3 1
= −2 x − +
x− −
4 4
4 4
1
= −2 (x − 2 ) (x − 1).
An den Nullstellen der Parabel ist y = 0, also
−2 (x − 12 ) (x − 1) = 0.
Der Ausdruck links wird aber genau dann 0, wenn einer der beiden Klammerterme verschwindet. Somit ergeben sich die zwei Lösungen der quadratischen Gleichung
−2x2 + 3x − 1 = 0 zu
1
x1 =
und
x2 = 1.
2
Bei diesem Vorgehen haben wir die quadratische Gleichung in Linearfaktoren zerlegt,
also in Faktoren, welche linear in der Variablen x sind. Die Zerlegung in Linearfaktoren
79
8. Quadratische Gleichungen und Wurzelgleichungen
liefert die Lösungsformel für die allgemeine quadratische Gleichung a x2 + b x + c = 0:
!
!
2
2 2
2
b
b
−
4ac
4ac
−
b
b
a x2 + b x + c = a
x+
+
−
=a
x+
2a
4a2
2a
4a2
!
!
r
r
b2 − 4ac
b2 − 4ac
b
b
=a
x+
+
−
x+
2a
4a2
2a
4a2
!
!
√
√
b − b2 − 4ac
b + b2 − 4ac
x+
.
=a x+
2a
2a
Damit dieser Ausdruck Null wird, muss einer der Faktoren auf der rechten Seite
gleich 0 sein. Wenn a = 0 ist, haben wir gar keine echte quadratische Gleichung,
sondern bestenfalls noch eine lineare Gleichung. Also kommen für die Lösung der
echten quadratischen Gleichung nur die Nullstellen der beiden Klammerausdrücke in
Frage,
√
√
b + b2 − 4ac
b − b2 − 4ac
x1 = −
und
x2 = −
.
2a
2a
Der Ausdruck unter der Wurzel kann positiv oder gleich 0 oder negativ sein. Im
ersten Fall erhalten wir zwei voneinander verschiedene reelle Lösungen x1 und x2 .
Ist die Wurzel gerade gleich 0, so fallen die beiden Lösungen zusammen und es gibt
nur eine einzige (Doppel-)Lösung. Im dritten Fall gibt es keine reelle Lösung. Diesen
Sachverhalt können wir sehr gut geometrisch illustrieren.
Der Term unter der Wurzel ist offenbar mit der yy
Koordinate des Scheitelpunkts verknüpft,
ys =
4ac − b2
.
4a
Ist die Parabel nach oben geöffnet (a > 0) und der
Scheitelpunkt unterhalb der x-Achse (ys < 0 und somit 4ac − b2 < 0, bzw. b2 − 4ac > 0), so muss die Parabel die x-Achse in zwei Punkten schneiden. Das gleiche Szenario ergibt sich für eine nach unten geöffnete
Parabel (a < 0) mit Scheitel oberhalb der x-Achse:
ys > 0 bei a < 0 impliziert 4ac − b2 < 0, also wieder
b2 − 4ac > 0.
Ist 4ac − b2 = 0, so fällt der Scheitelpunkt gerade
auf die x-Achse, ys = 0, und die quadratische Gleichung hat nur eine Lösung. Allerdings wird die xAchse dabei von der Parabel nicht geschnitten, sondern nur berührt. Das entspricht einem doppelten“
”
Schnittpunkt.
Schliesslich wird eine nach oben geöffnete Parabel mit
Scheitel bei positivem ys die x-Achse gar nie schneiden, ebenso eine nach unten geöffnete Parabel mit negativem ys .
bc
x
bc
y
bc
bc
x
y
bc
bc
x
80
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Lösungsverhalten der quadratischen Gleichung
Das Lösungsverhalten der allgemeinen quadratischen Gleichung
a x2 + b x + c = 0,
mit vorgegebenen a, b, c ∈ R
und a 6= 0 ergibt sich mit Hilfe der Diskriminante
D := b2 − 4a c
aus der Fallunterscheidung
D>0
⇒
zwei reelle Lösungen
D=0
⇒
eine reelle (Doppel)-Lösung
D<0
⇒
keine reellen Lösungen
√
−b ± D
x1,2 =
2a
−b
x1 =
2a
In der Menge der komplexen Zahlen hat eine quadratische Gleichung immer zwei
Lösungen, welche allenfalls zu einer Doppellösung zusammenfallen können.
Die Lösungsformel für quadratische Gleichungen wird oft auch in der so genannten
pq-Form angegeben:
r
p2
p
a x2 + b x + c = a (x2 + p x + q) = 0
⇒
x1,2 = − ±
−q
2
4
mit den Substitutionen p = b/a und q = c/a.
Übungen
√
± 1( 12 [
1. Lösen Sie nach x auf: x2 − x − 1 = 0
])5
2. Lösen Sie nach x auf: 4x2 − 4a x = b2 − a2
]2/)b − a( ;2/)b + a([
3. Lösen Sie nach x auf: x2 − 2a x + a2 = a − b
√
√
])b < a r ü f xelpmok( b − a − a ;b − a + a[
4. Lösen Sie nach x auf:
a 2 + b2
(a − x)2 + (x − b)2
=
(a − x)2 − (x − b)2
a 2 − b2
])b + a(/b a 2 ;0[
5. Zerlegen Sie in Linearfaktoren: 4x2 + 8x − 5
])5 + x2()1 − x2([
6. Zerlegen Sie in Linearfaktoren: x2 − a x − b x + a b
])b − x()a − x([
7. Welche quadratischen Gleichungen besitzen die Lösungen a und −a ?
]0 =6 c ,0 = 2a c − 2x c[
8. Welche quadratischen Gleichungen besitzen die Lösungen 3 und −2 ?
]0 =6 c ,0 = )6 − x − 2x( c[
81
8. Quadratische Gleichungen und Wurzelgleichungen
Nr. 9–12: Führen Sie geeignete neue Unbekannte ein, um quadratische Gleichungen
zu erhalten.
9. Lösen Sie nach z auf: z 4 − 13z 2 + 36 = 0
]2− ;2 ;3− ;3[
√
√
]5 ± ;2 ±[
√
]2 nl ±[
10. Lösen Sie nach x auf: x4 − 7x2 + 10 = 0
2
11. Lösen Sie nach t auf: e−t = 0.5
√
] 1−25 nl[
12. Lösen Sie nach x auf: e2x + ex − 1 = 0
8.2
Wurzelgleichungen
Die Auflösung einer Wurzelgleichung, d.h. einer Gleichung, in der Quadratwurzeln
von Termen mit der gesuchten Unbekannten vorkommen, führt auf eine quadratische
Gleichung. Bei den entsprechenden Umformungen, insbesondere beim Quadrieren,
können sich Fremdlösungen einschleichen. Es gilt, solche Fremdlösungen zu erkennen
und auszuscheiden. Je nach Zusammenhang ergeben Fremdlösungen mathematisch
einen Widerspruch in der ursprünglichen Gleichung oder sie sind im Kontext der
ursprünglichen Problemstellung unsinnig (z.B. negative Zeiten oder Längen).
Lösungsmethode
Die Wurzeln, die die Unbekannte enthalten, müssen meistens durch Quadrieren beseitigt werden. Idealerweise wird die Wurzel vor dem Quadrieren auf einer Seite der
Gleichung isoliert. Ist dies nicht möglich, weil mehrere Wurzelausdrücke mit der Unbekannten auftreten, so muss eventuell mehrfach quadriert werden.
Bei der Auswertung der Gleichungen nach Entfernung der Quadratwurzeln ist darauf
zu achten, dass die ursprünglichen Wurzelausdrücke immer grösser oder gleich 0 sind.
Ausserdem darf der Term unter einer Wurzel nicht negativ sein.
Beispiele:
1. In der Gleichung
x−
√
5 + 2x = 1
isolieren wir zunächst die Wurzel auf einer Seite.
√
x − 1 = 5 + 2x
(1)
x2 − 2x + 1 = 5 + 2x
2
x − 4x − 4 = 0
x1,2
√
=2±2 2
durch Quadrieren
quadratische Gleichung
mit Lösungsformel
Diese beiden Lösungskandidaten“ müssen wir nun noch auf ihre Verträglichkeit
”
mit der ursprünglichen Gleichung hin untersuchen. Einerseits muss der Term
unter der Wurzel grösser oder gleich 0 sein, 2x + 5 ≥ 0 und somit x ≥ −5/2.
Ausserdem ist aber auch die Wurzel an sich nicht negativ, also gilt mit der
82
T. Heim: Brückenkurs Algebra
√
Gleichung (1) 5 + 2x = x − 1 ≥ 0 oder x ≥ 1. Wegen dieser letzten Bedingung
kommt nur die Lösung
√
x=2+2 2
in Frage. Die zweite Lösung der quadratischen Gleichung ist keine Lösung der ursprünglichen Wurzelgleichung, was wir auch durch Einsetzen bestätigen können.
2. Die Wurzelgleichung
√
x+1 =1+
√
2x − 1
enthält auf beiden Seiten einen Wurzelausdruck mit der Unbekannten x. Die
Wurzeln lassen sich nicht gleichzeitig je auf einer Seite der Gleichung isolieren.
√
√
x + 1 = 1 + 2x − 1
(2)
√
x + 1 = 1 + 2 2x − 1 + 2x − 1
durch Quadrieren
Wegen dem gemischten Term in den binomischen Formeln tritt auch nach dem
Quadrieren immer noch eine Wurzel auf. Wir isolieren diese verbleibende Wurzel
und quadrieren ein zweites Mal.
√
(3)
−x + 1 = 2 2x − 1
x2 − 2x + 1 = 4 (2x − 1) = 8x − 4
durch Quadrieren
√
=5±2 5
mit Lösungsformel
2
x − 10x + 5 = 0
x1,2
quadratische Gleichung
Die Terme in den beiden Wurzeln der ursprünglichen Gleichung (2) müssen
grösser oder gleich 0 sein, x + 1 ≥ 0 und 2x − 1 ≥ 0. Ausserdem muss wegen
(3) auch −x + 1 ≥ 0, weil die Wurzel selber nicht negativ ist. Die Bedingungen
kombinieren sich zu
1
1
x ≥ −1 ∧ x ≥
∧ x≤1
→
≤ x ≤ 1.
2
2
Es kommen also nur Lösungen im Bereich zwischen 12 und 1 in Frage. Von den
beiden Lösungen der quadratischen Gleichung genügt nur die mit dem Minus
diesen Bedingnungen. Die ursprüngliche Wurzelgleichung hat als einzige Lösung
√
x = 5 − 2 5.
3. Bei der Gleichung
√
−x +
√
√
x+3 = 2
lesen wir zunächst die Bedingungen x ≤ 0 (wegen der ersten Wurzel) und x ≥ −3
(zweite Wurzel) ab, also −3 ≤ x ≤ 0 als erlaubten Bereich für Kandidatenlösungen. Nach dem Quadrieren haben wir immer noch einen Wurzelterm, den wir
isolieren müssen:
√
√
√
−x + x + 3 = 2
p
−x + 2 −x (x + 3) + x + 3 = 2
durch Quadrieren
p
2 −x (x + 3) = −1
Wurzel isoliert
Dies ist aber ein Widerspruch, denn die Wurzel auf der linken Seite ist im
Gegesatz zur rechten Seite nicht negativ. Die Gleichung hat also keine Lösung.
83
8. Quadratische Gleichungen und Wurzelgleichungen
Übungen
Lösen Sie nach x auf:
√
1. x − −x + 2 = 0
√
√
2. −x + x + 3 = 2
√
√
3. ( x + 7)( x − 1) = 105
4
√
√
4. 4x + 21 = 1 + 2 x
√
5. x + 2 − 2x2 − 2x + 12 = 0
√
6. x − a x = a b + b2 , a, b > 0
√
√
√
7. a + x + a − x = 2a
√
8. (a + a2 − x2 )2 = a
]1−[
√
]2 ± 23 −[
] 944 [
]52[
]4 ;2[
] 2)b + a([
]0 > a r ü f a = x[
] 14 ≥ a r ü f a − 2/3a2
p
±[
84
T. Heim: Brückenkurs Algebra
Anhang
Kontrollfragen und Antworten
85
86
T. Heim: Brückenkurs Algebra
87
A. Kontrollfragen
A
Kontrollfragen
A.1
Zahlenmengen und Grundrechenarten
1. Auf welche Arten können Mengen definiert bzw. dargestellt werden.
2. Was ist der Unterschied zwischen A ⊂ B und A ⊆ B ? Was ist der Unterschied
zwischen A ⊂ B und B ⊃ A ?
3. Was bedeutet kommutativ“, was assoziativ“? Welche der Grundrechenarten
”
”
sind kommutativ?
4. Welche Umformungen ändern den Wert eines Bruches nicht?
5. Wie lauten die Regeln für die Addition und Division zweier Brüche?
A.2
Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln
1. Welche Einschränkungen gelten für Potenzen ab mit beliebigem Exponent b ?
2. Wie verhalten sich radizieren“ und potenzieren“ zueinander?
”
”
√
√
3. Was ist der Unterschied zwischen a2 und ( a)2 und a ?
4. Wozu wird der Logarithmus benötigt?
5. Ordnen Sie die Operationen Addieren“, Dividieren“, Multiplizieren“, Loga”
”
”
”
rithmieren“, Potenzieren“, Quadrieren“, Radizieren“, Subtrahieren“, Wur”
”
”
”
”
zelziehen“ nach abnehmender Priorität.
A.3
Funktionen: Allgemeines
1. Ist jede Abbildung von einer Definitionsmenge D auf eine Wertemenge W eine
Funktion?
2. Wodurch kann der Definitionsbereich einer Funktion eingeschränkt werden?
3. Durch welche Transformation wird der Graph einer Funktion an der x-Achse
bzw. an der y-Achse gespiegelt?
4. Wie unterscheiden sich die Graphen von y = f (x) und y =
1
2
· f (2x) ?
5. Durch welche Transformation kann der Graph von y = f (x) um 2 Einheiten
nach links und um 3 Einheiten nach unten verschoben werden?
88
T. Heim: Brückenkurs Algebra
A.4
Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen
1. Wie kommt die unabhängige Variable x in einer Potenzfunktion vor?
2. Durch welche Punkte gehen die Graphen sämtlicher Potenzfunktionen mit positiven Exponenten?
3. Wie findet man den Scheitel einer Parabel?
4. Wann hat eine Funktion gerade Symmetrie, wann ungerade? Wie lässt sich die
Symmetrie einer Funktion überprüfen?
5. Welches sind typische Beispiele für periodische Funktionen?
A.5
Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion
1. Warum muss die Basis a der Exponentialfunktion f (x) = ax eine positive Zahl
sein?
2. Welches ist der Wertebereich der allgemeinen Exponentialfunktion f (x) = ax ?
3. Wo schneidet der Graph von y = loga (x) die x-Achse?
4. Wie hängen die Graphen einer Funktion und ihrer Umkehrfunktion geometrisch
miteinander zusammen?
5. Was bedeutet die Ausdrücke f −1 (x), (f (x))−1 und 1/f (x) ?
A.6
Gleichungen und Ungleichungen; Termumformungen
1. Was ist der Unterschied zwischen einer Identität und einer Bestimmungsgleichung?
2. Was ist eine äquivalente Umformung einer Gleichung? Welche Umformungen
sind erlaubt?
3. Was ist bei der Multiplikation einer Gleichung mit einem unbekannten Term zu
beachten?
4. Warum müssen bei der Lösung von Betragsgleichungen Fallunterscheidungen
vorgenommen werden? Wie viele Fälle sind bei einer Gleichung mit zwei verschiedenen Betragstermen zu untersuchen?
5. Was ist bei der Umformung von Ungleichungen speziell zu beachten?
A. Kontrollfragen
A.7
89
Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme
1. Was bedeutet Linearität?
2. Besitzt ein lineares Gleichungssystem immer Lösungen?
3. Wie viele Lösungen hat ein lineares Gleichungssystem mit mehr Gleichungen als
Unbekannten?
4. Kann ein Gleichungssystem mit zwei linearen Gleichungen für zwei Unbekannte
mehr als eine Lösung haben? Wenn ja, geben Sie ein Beispiel.
5. Was ist ein homogenes Gleichungssystem? Was gilt für sein Lösungsverhalten?
A.8
Quadratische Gleichungen und Wurzelgleichungen
1. Wie lässt sich eine quadratische Gleichung in Linearfaktoren zerlegen? Wozu
dient diese Zerlegung?
2. Wann hat eine quadratische Gleichung verschiedene Lösungen, wann hat sie nur
eine Lösung? Was bedeutet das geometrisch?
3. Kann eine quadratische Gleichung gar keine reelle Lösung haben? Was bedeutet
dies geometrisch?
4. Was ist beim Auflösen von Wurzelgleichungen speziell zu beachten?
5. Wie viele Lösungen können Wurzelgleichungen haben?
90
T. Heim: Brückenkurs Algebra
B. Antworten zu den Kontrollfragen
B
91
Antworten zu den Kontrollfragen
B.1
Zahlenmengen und Grundrechenarten
1. Mengen können durch Aufzählung ihrer Elemente oder durch formale Bedingungen für ihre Elemente beschrieben werden.
2. Bei A ⊂ B ist A eine echte Teilmenge von B, das heisst B enthält Elemente, die
nicht in A enthalten sind. Bei A ⊆ B können A und B auch gleich sein. B ⊃ A
bedeutet: B enthält A. Das ist gleichbedeutend mit A ⊂ B.
3. Kommutativität: die Reihenfolge der Operanden spielt keine Rolle. Assoziativität: Werden mehr als zwei Terme mit der gleichen Rechenoperationen verbunden, so dürfen Terme durch Klammern in beliebige Gruppen zusammengefasst
werden. Addition und Multiplikation sind kommutativ.
4. Erweitern und Kürzen ändern den Wert eines Bruches nicht.
5. Für Addition zuerst beide Brüche durch Erweitern gleichnamig machen, dann
über dem gemeinsamen Nenner die Zähler addieren. Für Division den Dividend
(Zählerbruch) mit dem Kehrbruch des Divisors (Nennerbruch) multiplizieren.
B.2
Potenzen, Wurzeln und Logarithmen; Binomische Formeln
1. a ∈ R und a > 0.
2. Radizieren“ ist Potenzieren mit gebrochenzahligem Exponent.
”√
√
3. a2 = |a| für jedes a ∈ R, aber ( a)2 = a ist nur für a > 0 reell definiert.
4. Der Logarithmus beantwortet die Frage: a hoch wie viel gibt c ?“ Logarithmie”
ren löst einen Potenzausdruck nach dem Exponent auf.
5. Mit Klammern zur Andeutung gleicher Priorität (gleicher Stufe): (Potenzieren,
Quadrieren, Radizieren/Wurzelziehen, Logarithmieren) haben höchste Priorität,
(Multiplizieren, Dividieren) haben zweite Priorität, (Addieren, Subtrahieren)
haben niedrigste Priorität.
B.3
Funktionen: Allgemeines
1. Nein, die Abbildung muss eindeutig sein. Jedem Element des Definitionsbereichs
darf nur ein Element des Wertebereichs zugeordnet werden.
2. Keine Division durch 0, Logarithmen nur von strikt positiven Zahlen, für reellwertige Funktionen keine Wurzeln aus negativen Zahlen.
3. Spiegelung an x-Achse mit y = −f (x), Spiegelung an y-Achse mit y = f (−x).
4. Der Graph ist sowohl in x- wie in y-Richtung um den Faktor 2 gestaucht.
5. y = f (x + 2) − 3
92
T. Heim: Brückenkurs Algebra
B.4
Potenzfunktion; Symmetrien von Funktionen
1. Als Basis, mit konstantem Exponent.
2. Durch die Punkte (0, 0) und (1, 1).
3. Durch quadratisches Ergänzen, mit den binomischen Formeln.
4. Gerade Symmetrie: f (−x) = f (x); der Graph ist achsensymmetrisch zur yAchse. Ungerade Symmetrie: f (−x) = −f (x); der Graph ist punktsymmetrisch
zum Nullpunkt.
5. Alle Funktionen mit f (x + p) = f (x) für alle x und für festes p (Periode).
Prominente Beispiele sind die trigonometrischen Funktionen sin x, cos x, tan x.
B.5
Exponential- und Logarithmusfunktion; Umkehrfunktion
1. Bei negativer Basis und ganzzahligem x würde die Exponentialfunktion unstetig
zwischen positiven und negativen Werten springen. Bei gebrochenzahligen x
wären die Werte nicht reell. Für x 6∈ Q ist ein Basiswechsel zur natürlichen
Basis erforderlich, der den Logarithmus der ursprünglichen Basis erfordert. Für
a ≤ 0 ist dieser jedoch nicht eindeutig zu definieren.
2. Es ist f (x) > 0, also Wf = (0 ∞).
3. Im Punkt (1, 0) für jedes a > 0.
4. Durch Spiegelung an der winkelhalbierenden Geraden y = x.
5. f −1 (x) bezeichnet die Umkehrfunktion von f (x), wohingegen sowohl (f (x))−1
als auch 1/f (x) den Kehrwert der Funktion f (x) darstellen.
B.6
Gleichungen und Ungleichungen; Termumformungen
1. Eine Identität ist eine Aussage, die immer wahr ist, unabhängig von den Werten allfällig darin vorkommender Variablen. Eine Bestimmungsgleichung ist eine
Aussageform, die nur für bestimmte Werte von einer oder mehreren Unbekannten eine wahre Aussage ergibt (sofern die Gleichung lösbar ist).
2. Eine Umformung, die die Lösungsmenge der Gleichung nicht verändert. Erlaubt ist die Addition oder Subtraktion des gleichen Terms auf beiden Seiten
der Gleichung, die Multiplikation oder Division beider Seiten mit einer von 0
verschiedenen Zahl.
3. Der Fall, dass der unbekannte Term gerade gleich 0 ist, muss separat untersucht
werden.
4. Der Ausdruck zwischen den Betragsstrichen kann positives (nicht-negatives)
oder negatives Vorzeichen haben. Diese beiden Fälle müssen separat untersucht
werden. Bei zwei Betragstermen ergeben sich somit vier Fälle.
B. Antworten zu den Kontrollfragen
93
5. Bei der Multiplikation mit einer negativen Zahl wird das Relationszeichen umgekehrt. Beim Multiplizieren mit einem unbekannten Term muss deshalb zusätzlich
eine Fallunterscheidung vorgenommen werden.
B.7
Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme
1. Die relevanten Grössen kommen nur in erster Potenz vor.
2. Nein, die Gleichungen können einander widersprechen.
3. Das Gleichungssystem kann immer noch eindeutig lösbar sein, oder unendlich
viele Lösungen haben, oder gar keine.
4. Ja, wenn eine Gleichung ein Vielfaches der anderen ist. Zum Beispiel x + y = 1
und 2x + 2y = 2.
5. Bei einem homogenen Gleichungssystem stehen in der Standardform alle Terme
mit den gesuchten Unbekannten auf der linken Seite und auf der rechten Seite
bei jeder Gleichung 0. Ein homogenes Gleichungssystem hat immer entweder
eine eindeutige Lösung oder unendlich viele Lösungen. Dass alle Unbekannten
gleich 0 sind, ist immer eine Lösung.
B.8
Quadratische Gleichungen und Wurzelgleichungen
1. Eine quadratische Gleichung wird durch quadratische Ergänzung unter Anwendung der dritten binomischen Formel in Linearfaktoren zerlegt. An dieser Produktdarstellung lassen sich die Lösungen der quadratischen Gleichung besonders
leicht ablesen: Das Produkt wird 0, wenn einer der Faktoren 0 ist.
2. Wenn die Diskriminante positiv ist, hat die Gleichung zwei verschiedene reelle
Lösungen. Ist die Diskriminante 0, so fallen die beiden Lösungen zusammen. Im
ersten Fall schneidet die Parabel die x-Achse in zwei Punkten, im zweiten Fall
liegt der Scheitelpunkt der Parabel auf der x-Achse.
3. Ja, wenn die Diskriminante negativ ist. Die Parabel schneidet die x-Achse nicht
und berührt sie auch nicht.
4. Die Terme unter den Wurzeln (die Radikanden) dürfen nicht negativ sein. Das
Quadrieren kann die Lösungsmenge verändern. Nach der Auflösung der linearen
oder quadratischen Gleichung nach Entfernen der Wurzeln (durch Quadrieren)
müssen alle Lösungen überprüft und allfällige Scheinlösungen verworfen werden.
5. Die Anzahl Lösungen von Wurzelgleichungen hängt davon ab, wie oft bei der
Lösung quadriert werden musste. Sie kann nicht allgemein angegeben werden.
Eine Wurzelgleichung kann keine, eine endliche Anzahl, oder unendlich viele
Lösungen haben.
94
T. Heim: Brückenkurs Algebra
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