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2,50 E
Abo: Zeitinsel II – Portrait György Ligeti
Wir bitten um Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung nicht
gestattet sind.
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Dauer: ca. 2 Stunden 15 Minuten inklusive Pause
Abo: Solisten II – Höhepunkte der Kammermusik
Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
Aus »Kunst der Fuge« BWV 1080
Contrapunctus I
Contrapunctus IV
Canon per Augmentationem in Contrario Motu
Contrapunctus IX (a 4 alla Duodecima)
György Ligeti (1923 – 2006)
Aus »Musica Ricercata« (1951–53)
Nr. 3 Allegro con spirito
Nr. 5 Rubato. Lamentoso
Nr. 6 Allegro molto capriccioso
Nr. 8 Vivace. Energico
Nr. 9 Adagio. Mesto – Allegro maestoso
(Béla Bartok in memoriam)
Nr. 10 Vivace. Capriccioso
– Pause –
Béla Bartók (1881–1945)
5 Stücke aus »Mikrokosmos« (Heft 6)
Nr. 140 ›Freie Variationen‹
Nr. 142 ›Aus dem Tagebuch einer Fliege‹
Nr. 146 ›Ostinato‹
Nr. 144 ›Kleine Sekunden, große Septimen‹
Nr. 150–53: ›Vier Tänze im bulgarischen Rhythmus‹
Claude Debussy (1862–1918)
Etude. Pour les quartes
Prélude. Les tierces alternées
György Ligeti
Aus Études pour Piano (1985 – 2001)
Nr. 2 ›Cordes vides‹
Nr. 4 ›Fanfares‹
Nr. 5 ›Arc-en-ciel‹
Nr. 8 ›Fém‹
Nr. 10 ›Der Zauberlehrling‹
Nr. 11 ›En suspens‹
Nr. 13 ›L’escalier du diable‹
Johann Sebastian Bach
aus »Kunst der Fuge« BWV 1080
Fuga a 3 Soggetti
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Programm
Dauer: 2 Stunden 45 Minuten inklusive Pause
Abo: Orchesterzyklus II – Meisterkonzerte
Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie
Jonathan Nott Chefdirigent · Christian Tetzlaff Violine
György Ligeti (1923 – 2006)
»Poème symphonique« für 100 Metronome (1963)
Konzert für Violine und Orchester (1990/1992)
Praeludium: Vivacissimo luminoso
Aria, Hoquetus, Choral: Andante con motto
Intermezzo: Presto fluido
Passaglia: Lento intenso
Appassionato: Agitato molto
– Pause –
Gustav Mahler (1860 – 1911)
Sinfonie Nr. 9 D-Dur
Andante comodo
Im Tempo eines gemächlichen Ländlers – etwas täppisch
und sehr derb
Rondo-Burleske. Allegro Assai. Sehr protzig
Adagio. Sehr langsam und noch zurückhaltend
Einführung mit Intendant Benedikt Stampa um 19.15 Uhr
im Komponistenfoyer – Eintritt frei
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Programm
Dauer: ca. 2 Stunden inklusive Pause
Ma’alot Quintett
Stefanie Winker Flöte · Christian Wetzel Oboe · Ulf-Guido Schäfer
Klarinette · Volker Grewel Horn · Volker Tessmann Fagott
Darius Milhaud (1892 – 1974)
»La cheminée du roi René« Suite für Bläserquintett op. 205 (1939)
Cortège
Aubade
Jongleurs
La Maousinglade
Joutes Sur L’Arc
Chasse a Valabre
Madrigal-Nocturne
György Ligeti (1923 – 2006)
Sechs Bagatellen nach »Musica ricercata« für Bläserquintett
I Allegro con spirito
II Rubato. Lamentoso
III Allegro grazioso – attacca subito:
IV Presto ruvido
V Adagio. Mesto (Béla Bartók in memoriam)
VI Molto vivace. Capriccioso
György Ligeti
Zehn Stücke für Bläserquintett
I Molto sostenuto e calmo
II Prestissimo minaccioso e burlesco
III Lento
IV Prestissimo leggiero e virtuoso
V Presto stacatissimo e leggiero
VI Lo stesso tempo. Presto staccatissimo e leggiero
VII Vivo, energico
VIII Allegro con delicatessa
IX Sostenuto, stridente
X Presto bizzarro e rubato, so schnell wie möglich
Jean Françaix (1912 –1997)
Bläserquintett Nr. 1 E-Dur
Andante tranquillo – Allegro assai
Presto
Tema con variazioni
Tempo di marcia francese
– Pause –
10 I 11
Programm
Dauer: 2 Stunden inklusive Pause
Abo: Solisten IV – Zyklus Streichquartett
Keller Quartett
András Keller Violine · János Pilz Violine
Zoltán Gal Viola · Judit Szabó Violoncello
Béla Bartók (1881–1945)
Streichquartett Nr. 2 op. 17 [in einem Satz]
György Ligeti (1923 – 2006)
Streichquartett Nr. 1 (1953 /54)
»Métamorphoses nocturnes«
Allegro grazioso
Vivace, capriccioso
Adagio, mesto
Presto
Prestissimo
Andante tranquillo
Tempo di Valse, moderato, con eleganza, un poco capriccioso
Subito prestissimo
Allegretto, un poco gioviale
Prestissimo
Ad libitum, senza misura
Lento
György Kurtág
»Six moments musicaux« op. 44
I Invocatio (un fragment)
II Footfalls
III Capriccio
IV In memoriam György Sebök
V ... rappel des oiseaux ...
(Etude pour les harmoniques) à Tabea Zimmermann
VI Les Adieux (in Janac̆eks Manier)
György Ligeti
Streichquartett Nr. 2
Allegro nervoso
Sostenuto, molto calmo
Come un meccanismo di precisione
Presto furioso, brutale, tumultoso
Allegro con delicatezza
– Pause –
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Programm
Dauer: 2 Stunden 30 Minuten ohne Pause
Die Musik György Ligetis wurde der breiten Öffentlichkeit vor allem
durch Stanley Kubricks futuristischen Kultfilm »2001: Odyssee im
Weltraum« bekannt.
Auf ähnlich futuristische Weise, wie Kubricks Filmklassiker von
1968 die Welt des Jahres 2001 vorausbeschrieb, geben auch Ligetis
Kompositionen eine visionäre Klangvorstellung von der Musik einer
fernen Zukunft, unserer heutigen Gegenwart. Das ›Kyrie‹ aus seinem
»Requiem«, die Werke »Lux Aeterna« und »Atmosphères«, sind als
Filmmusik in Kubricks Filmklassiker berühmt geworden.
Der Film wird im Lichtspiel + Kunsttheater Schauburg, Brückstraße 66,
im Rahmen der Zeitinsel »Portrait György Ligeti« gezeigt.
Eintritt frei für Ligeti-Zeitinsel-Pass-Inhaber
Als Komponist in jungen Jahren
14 I 15
Programm
Dauer: 2 Stunden inklusive Pause
SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg
Peter Rundel Dirigent · Nicolas Hodges Klavier
Béla Bartók (1881–1945)
György Ligeti
»Két portré« (»Zwei Portraits«) op. 5
›Egy ideálís‹ (›Ideal‹)
›Egy torz‹ (›Groteske‹)
»Apparitions« für Orchester (1958 –1959)
György Ligeti (1923 – 2006)
Konzert für Klavier und Orchester (1985 /1988)
Vivace molto ritmico e preciso
Lento e deserto
Vivace cantabile
Allegro risoluto. Molto ritmico
Presto luminoso: fluido, costante, sempre molto ritmico
– Pause –
GUSTAV MAHLER (1860– 1911)
Aus der Sinfonie Nr. 10 Fis-Dur
Adagio
György Ligeti
»Lontano« für großes Orchester (1967)
Einführung mit Intendant Benedikt Stampa um 17.15 Uhr
im Komponistenfoyer – Eintritt frei
Als Komponist in jungen Jahren
16 I 17
Programm
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Zwischen Pathos und Dogma die Musik György Ligetis
Ligetis Musik in Stanley Kubricks Film »2001: Odysee im Weltraum«
Nicht selten konnte man in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren einen kleinen Mann
mit schlohweißem, wildem Haar, nicht unähnlich dem späten Klaus Kinski, durch die Hamburger Innenstadt radeln sehen. Seine Lippen waren fest aufeinander gepresst, der Blick kritisch
und prüfend, so, als hätten ihm ungenügend spielende Interpreten den Spaß an der Musik
verdorben. Im Inneren des damals bereits emiritierten Kompositionsprofessors der Hamburger
Musikhochschule und Idols zahlreicher junger Komponisten aus dem In- und Ausland geisterten möglicherweise Fetzen subsharischer Stammesmusik, Sätze aus den Streichquartetten
von Joseph Haydn und Tänze balkanischer Hochzeitsmusiken.
György Ligeti war ein lebhafter, geradezu quirliger Mensch, den Kopf voller Ideen und
Visionen, vergleichbar seiner Musik, die ständig im Fluss scheint: uferlos, skulptural und verwirrend assoziativ. Ligeti wird 1923 in Dicsöszentmárton geboren, das heute in Transsylvanien
liegt. Als junger Mann streift er durch seine Heimat und sammelt Volksmusik, ganz so wie sein
Landsmann Béla Bartók Jahrzehnte zuvor es tat.
Er lauscht Hochzeitsmusiken, Bauerntänzen – alltägliche Musik, die ihn sein ganzes Leben
lang begleiten wird. Anfang der 1950er Jahre formiert sich in der westlichen Welt die musikalische Avantgarde mit Exponenten wie Karlheinz Stockhausen, John Cage und Pierre Boulez.
Über ein verrauschtes und gestörtes Kurzwellenradio bekommt Ligeti eine Ahnung von den
Möglichkeiten serieller und elektronischer Musik, wie sie im besonderen Maße von Stock­
hausen und Boulez entwickelt wurden.
In dieser Zeit keimen erste Ideen einer statischen Musik, die sich außerhalb melodischer
und harmonischer Ordnungen bewegt, immer auf der Suche nach einem Klangbild, das
zwischen Schönklang und Geräusch changiert. Nach dem Ungarn-Aufstand 1956 flüchtet Ligeti in den Westen und sucht den Kontakt zu Karlheinz Stockhausen. An dessen Studio für Elektronische Musik Köln entstehen erste Arbeiten mit elektronischen Einflüssen (Glissandi, Artiku­
lation), die bereits im Kern den Charakter Ligetischer Musik tragen: Musik mit einem Hang
zu ab­surden Humor, bei gleichzeitigem Streben nach Klarheit und Präzision. Seine Vorstellung
einer unideologischen Musik scheint nirgendwo hinzupassen, weder in die neoromantische,
musikantische Welt eines Paul Hindemith, noch in die Strukturen einer streng seriellen Musik.
Ligetis Musik sucht einen eigenen Weg zwischen Pathos und Dogma. Schon in seinen ersten Orchesterarbeiten wie »Apparitions« und »Atmosphères« manifestieren sich Ansätze
einer Klangfarbenmusik, die sich in der Komposition »Lontano« berauschend schön Bahn
bricht. 1968 kommt ein für Avantgardemusik recht großes Publikum mit Ligetis Musik in Berührung:
Stanley Kubricks Science Fiction-Parabel »2001: Odysee im Weltraum« ist das Meisterwerk
eines Hyper-Perfektionisten, ein cineastisches Statement über die letzten Dinge der Menschheit. Zu schwarzer Leinwand, gleich zu Beginn des Filmes, hörte man Ligetis frühes, bahn­
brechendes Werk »Atmosphères«.
Ligetis Verhältnis zu Kubricks Film war allerdings stark getrübt durch ungeklärte Urheberrechtsfragen, auf ästhetischem Gebiet war man durchaus auf Augenhöhe: »Die Anwendung
meiner Musik ist hervorragend. Als ich die im Film verwendeten Stücke komponierte, habe
ich nicht an kosmische Dinge gedacht. Mein Stück Atmosphères zum Beispiel hat den Titel
im Sinne von Luft, im übertragenen Sinne wie Atmosphäre. Als ich den Film gesehen habe, war
ich begeistert. Ich meine sogar, dass meine Musik durch die Auswahl von Kubrick, ideal passt
zu diesen Weltraum- und Geschwindigkeitsphantasien, die im Film vorkommen. Ich verehre
seine Kunst, ich verehre nicht die Art des totalen Egoismus und totaler Missachtung von
Menschen, in diesem Fall des Komponisten, dessen Musik verwendet wurde.«
Stanley Kubrick hat Ligetis Musik zu Demonstrationszwecken auf eine provisorische,
da vorläufige Tonspur (temptrack) gelegt, da ihm die von Alex North komponierte Orchester­
musik nicht zusagte. Kubrick hielt an Ligetis Musik (neben »Atmophères« noch Auszüge aus
dem Chorstück »Lux Aeterna«) fest, handelte aber mit Ligeti keinen besonderen Vertrag über
die filmische Nutzung seiner Musik aus.
Ligeti erzählte darüber verbittert im Januar 2001: »Ich habe damals eine kleine Ent­
schädigung bekommen. Es sollte zu einem Prozess kommen und der Streitwert betrug
30.000 $. MGM (Metro-Goldwyn-Mayer) hat geantwortet – den Brief habe ich noch in Kopie:
›Bitte, Sie haben Recht, machen Sie diesen Prozeß, Sie werden ihn gewinnen, in Frankfurt
(C.F. Peters Verlag), Wien (Universal Edition), auch in London (Filmproduktionsfirma) und
dann kommt er nach Los Angeles (Sitz von MGM). Aber wir können es so einrichten, daß es
20 Jahre dauern wird. Wollen Sie jetzt 1000 $?‹ Schließlich haben sie 3000 $ bezahlt.«
20 I 21
MAKABRE SCHERZE UND SCHÖNE SCHAUDER
Immer wieder vergleicht Ligeti seine Arbeit mit der eines bildenden Künstlers. Er würde
wie Francis Bacon malen, sagte einmal Ligeti über sich selbst, und bezog sich damit auf
Werke
die bizarren, oft monströsen Figuren seiner expressiven Bilder, deren Charakter er aufnahm:
»Eher den Schrei ausdrückend als den konkreten Horror.« Mit dieser Idee im Hinterkopf entstehen Anfang der 1960er Jahre musikdramatische Werke, in denen Konstruktion und außer­
musikalischer Impuls in einem fruchtbaren Spannungsverhältnis stehen. Zwischen 1962 und
1965 entstehen »Aventures« und »Nouvelles Aventures«, szenische Stücke in 14 Aufzügen,
die phonetisches Material (u.a. Schreie, Laute) und Collagetechnik nutzen, um nichts anderes
als absurdes Theater zu veranstalten. Jegliche Bedeutung im semantischen Sinn scheint hier
aufgehoben zugunsten einer Nonsens-Konstruktion, in der die unbändige Kraft und Widersprüchlichkeit des Lebens einzufließen scheint, wenn Hass, Liebe, Verachtung und Aggression
in grotesker Deutlichkeit hinausgeschrieen werden. Der Weg zu seiner einzigen Oper »Le
5743 Anz_12_Tenoere_sw 01.09.2005 12:34 Uhr Seite 1
Grand Macabre« (über Jahrzehnte geht Ligeti mit zwei weiteren Opernprojekten schwanger:
Die 12 Tenöre
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»Alice«, nach dem Roman »Alice im Wunderland« von Lewis Carroll und »Der Sturm« nach
William Shakespeare) führt über das »Requiem« (1963–1965), das der Komponist einmal als
»Comic-Strip mit seinen kleinen Schmutzigkeiten« bezeichnet hat, eine Sakralkomposition, die
den Rahmen der Liturgie bei Weitem sprengt und durchaus komische Züge trägt. Es entsteht
eine ganze Reihe kammermusikalischer und sinfonischer Stücke, die technisch (Mikrotonalität,
Polyrhythmik) und ästhetisch (Chaos-Theorie, Klangfarbenmusik) immer raffinierter und präziser gearbeitet sind. Seine Oper »Le Grand Macabre« behandelt den Tod als Farce.
Nach dem Text »La Balade du Grand Macabre« von Michel de Ghelderode, komponierte
Ligeti zwischen 1974 und 1977 ein Musiktheater von besonderer Drastik. Kasperletheater,
Moritatengedudel und diverse Spielarten mittelalterlicher Totentänze und Mysterienspiele
vermischen sich zu einem Potpourri, das bühnenwirksam zwischen Groteske und dämo­
nischem Spektakel hin und her pendelt. Ligetis Musik wird hier zu einem Transportmittel für
einen kulturpessimistischen Rundumschlag und ist gleichzeitig eine Hommage an Literaten
wie Alfred Jarry, Franz Kafka und Boris Vian.
Nach diesem Paukenschlag begeistert sich Ligeti für das Klavier, einem »objektiven«
Instrument, das sich ideal für die Lösung rhythmischer und virtuoser Aufgaben eignet.
Zwischen 1985 und 1988 entsteht sein »Konzert für Klavier und Orchester«, ein Werk von
beeindruckender rhythmischer Komplexität, das sich aus zahlreichen Quellen nährt: sub­
saharische Musik, Musik des Balkans, Tanzmusik aus Brasilien und der Karibik fließen hier
zusammen und geben dem Interpreten knifflige Aufgaben an die Hand.
Daneben stehen noch die Werke des mexikanisch-amerikanischen Komponisten Conlon
Nancarrow Pate für Ligetis vertrackte Klaviermusik: Nancarrow schrieb seine unspielbaren
»Studies« für mechanisches Klavier.
Ligeti war ein Künstler, der Ideologien und Dogmen verabscheute, die Tradition dafür
hochhielt. Ihm fehlte der Nimbus des Bilderstürmers oder Revolutionärs, der die abend­­län­dische Musikkultur auf den Kopf stellen will. Mit wachen, kritischen Augen und offenen
Ohren studierte er afrikanische Musikkulturen und die Polyphonie des Mittelalters. Sein Berufsethos war das eines Wissenschaftlers, der seine durch Faktenwissen erlangten Erkenntnisse
jederzeit widerrufen kann, wenn neue Fakten das alte Gedankengebäude zum Einsturz
bringen. Er war immer ein Gegner mystischer und irrationaler Haltungen, auch wenn seine
Musik gelegentlich mystische Stimmungen halluziniert und irre schönen Schauder verbreitet.
Immer zu makabren Scherzen aufgelegt, befand Ligeti über die Bedeutung seiner Person:
»Wenn ich sterbe und ihr unbedingt irgendetwas nach mir benennen wollt, nennt es ›GyörgyLigeti-Irrweg‹. So fühle ich mich.«
Freude am Fahren
Werke
Partitur von György Ligetis Konzert für Klavier und Orchester
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Werke
ZU DEN EINZELNEN WERKEN DER LIGETI-ZEITINSEL
KLAVIERABEND EVGENI KOROLIOV Donnerstag, 03.04.2008
Johann Sebastian Bach »Kunst der Fuge«
»Wenn ich nur ein Werk mit auf die einsame Insel mitnehmen darf, so wähle ich Koroliovs Bach,
denn diese Platte würde ich, einsam verhungernd und verdurstend, bis zum letzten Atemzug
immer wieder hören«, schwärmte György Ligeti über Koroliovs Interpretation von Bachs »Kunst
der Fuge«, einem Zyklus von vierzehn Fugen und vier Kanons, der neben den »Goldberg-Varia­
tionen« und dem »Wohltemperierten Klavier« zu den zentralen Werken der Klaviermusik überhaupt gehört.
György Ligeti »Musica Ricercata« (1951–53)
Im Ungarn der frühen 1950er Jahren galten, gemäß sowjetischer Kunstdoktrin, kleine Sekunden
als dekadentes Ausdrucksmittel. In den elf Stücken für Klavier solo, »Musica Ricercata«, tauchen
hin und wieder Dissonanzen auf und veranlassten damals den zuständigen Kulturfunktionär, willkürlich das Stück Nummer 10 aus dem Programm zu nehmen. »Musica Ricercata« gibt Zeugnis
von Ligetis Experimentierlust, die sich von Bartóks Rhythmen und Dissonanzen inspirieren ließ
und zeigt auch, wie klug sich Ligeti darauf verstand, traditionelle Formmodelle wie das Ricercar
in eine eigene, moderne Klangsprache zu überführen.
Béla Bartók »Mikrokosmos«
Bartóks »Mikrokosmos« ist eine Klavierschule mit insgesamt 153 Stücken. Die ersten vier Hefte
dieser Sammlung von Klavierstücken geben dem Anfänger – ob jung oder alt – ein Werkzeug
an die Hand, das es ihm ermöglicht, alle Probleme, denen der zukünftige Pianist begegnen wird,
zu lösen.
Claude Debussy »Etüden«
Claude Debussys »Douze Études« gehören zu den am meisten unterschätzten Werken des 20. Jahr­
hunderts. Die einzelnen Nummern des ersten Heftes sind noch repräsentativen fingertechnischen
Pro­blemen gewidmet (u.a. ›Fünf Finger‹, ›Terzen‹, ›Quarten‹, u.a), die des zweiten Heftes stellen
hingegen mehr die kompositorische Idee vor den technisch-pädagogischen Aspekt. Gerade diese
letzten Stücke sind von suggestiver Bildwirkung. 26 I 27
György Ligeti Études pour Piano (1985–2001)
Ligeti wäre so gern ein brillanter Pianist gewesen; hätte er nur früher angefangen zu üben.
Mit diesem augenzwinkernden »Lamento« erzählt Ligeti die für die Klaviermusik des 20. Jahrhun­
derts so fruchtbare Geschichte einer nicht zustande gekommenen Pianistenkarriere und gleichzeitig die eines Meisterwerkes. Im elterlichen Haushalt gab es kein Klavier, dafür aber eines
bei Bekannten. Darauf spielte der junge Ligeti leidenschaftlich, lernte viel über Phrasierung und
Anschlagstechnik, wusste am Ende praktisch alles über das Klavierspiel.
Seine ab 1985 entstandenen Klavieretüden sind das Ergebnis dieses »Unvermögens«, wie es
Ligeti einmal formulierte. Wie er sich dann Jahrzehnte später an die Klaviermusik herangetastet
hat, beschreibt Ligeti in seinen Anmerkungen zu den Etüden: »Ich lege meine zehn Finger auf
die Tastatur und stelle mir Musik vor. Meine Finger zeichnen dieses mentale Bild nach, indem
ich Tasten drücke, doch die Nachzeichnung ist sehr ungenau: Es entsteht eine Rückkopplung
zwischen Vorstellung und taktil-motorischer Ausführung. So eine Rückkopplungsschleife wird
– angereichert durch provisorische Skizzen – sehr oft durchlaufen: Ein Mühlrad dreht sich
zwischen meinem inneren Gehör, meinen Fingern, und den Zeichen auf dem Papier.«
In ihrer Gesamtheit kann man die Etüden als hochvirtuose Klaviermusik bezeichnen, die
prototypisch ist für das Gesamtwerk von György Ligeti. Sie tragen in sich die Essenz einer
lebenslangen Beschäftigung mit anderen Kulturen, anderen Epochen, diversen Stilistiken und
Ästhetiken. Die Liste der Musiker, die Ligetis Etüden inspiriert haben, ist beeindruckend:
Bill Evans, Thelonius Monk, Claude Debussy und Frédéric Chopin stehen gleichberechtigt neben
der Automatenmusik eines Conlon Nancarrow und der Polyrhythmik afrikanischer Stammes­
musik. Es sind Einflüsse teils ideeller, teils auch technischer, aber keineswegs postmoderner
Natur. Ligetis Etüden sind eben nicht mit Zitaten gespickt, die dem gescheiten Zuhörer entgegen- springen. Sie scheinen wie aus einem Guss. Sie sind hochkomplex, ohne so zu klingen, und
bei aller Emotionalität unsentimental und radikal unpathetisch.
Nr. 2 ›Cordes vides‹
Zart, filigran, durchmisst ›Cordes vides‹ den Klangraum, andantinohaft. Das Stück entwickelt
sich auf verschiedenen Pfaden, mal metrisch verdichtet, mal dynamisch geballt in einen Zustand
schwebender Desorientierung. Am Ende verebbt das Stück im Bassbereich.
Nr. 4 ›Fanfares‹
Rastlose Mobilität kennzeichnet diese Etüde, die von einem Ostinato mit perlender Geschwindigkeit »durchlaufen« wird.
Werke
Nr. 5 ›Arc-en-ciel‹
Fast ein nostalgisches Stück mit romantischem Flair. Schwärmerisch, bisweilen liedhaft,
gespickt mit Assoziationen an Schumann, Chopin und Scriabin.
Nr. 8 ›Fém‹
Der ungarische Titel ›Fém‹ heißt übersetzt Metall und lässt das Wort fény (Licht) anklingen.
Metallisch-leuchtender Quintenklang bestimmt das Stück, das mit seinen Staccato-Sequenzen
mittelalterliche Hoquetus-Technik und Ragtime-Rhythmik illusioniert.
Nr. 10 ›Der Zauberlehrling‹
Ein vibrierendes Stück, beherrscht durch den Repetions-Charakter. Eine einzelne Note wird in
unterschiedlichen Phrasen obsessiv wiederholt. Es ist eine entfernte Hommage an Goethes
gleichnamige Ballade.
Nr. 11 ›En suspens‹
Eine Hommage an Alexander Scriabin. Entgegen dem Charakter der meisten Etüden ist
›En suspens‹ eine Studie über Akkord-Fortschreitungen.
Nr. 13 ›L’escalier du diable‹
Auf der ›Teufelstreppe‹ geht es auf und ab durch chromatische Tonleitern. Von Ferne hört man
satanisch verhöhntes Kirchengeläut.
BAMBERGER SYMPHONIKER Freitag, 04.04.2008
György Ligeti »Poème symphonique« für 100 Metronome (1963)
Ligetis symbolträchtiges Konzertsaal-Happening gehört in die Kategorie hintersinniger
Pub­likumsbeschimpfung. Vergleichbar mit dem Stück 4’33 von John Cage, nimmt das Stück
die Reaktion des Publikums ins Visier, macht sich also einen Jux aus Konzertritualen und
bürger­lichen Kunstidealen. 1963 wurde das Stück im holländischen Hilversum anstatt einer
konven­tionellen und aus Zeitnot oder Absicht nicht zustande gekommenen Auftragskomposition
der »Gaudeamus-Musikwoche« uraufgeführt.
Ligetis Spielanweisung beschreibt den Ablauf der Aktion folgendermaßen: »Die Metronome
müssen von den zehn Spielern, die jeweils zehn Metronome betätigen, unter Anleitung des
28 I 29
Dirigenten mit vollständig abgelaufenem Uhrwerk aufs Podium gebracht werden. Auf ein
Zeichen des Dirigenten ziehen die Spieler die Metronome auf. (Version 1: gleich stark. Version 2:
verschieden stark). Anschließend stellen sie die Pendelgeschwindigkeit ein; diese muss
innerhalb jeder Gruppe für jedes Instrument verschieden sein. Und nach einer zäsurierenden
Pause von 2 bis 6 Minuten werden wiederum auf ein Zeichen des Dirigenten sämtliche
Metro­nome von den Spielern in Bewegung gesetzt. Sobald dies geschehen ist, entfernen sich
die Spieler, geführt vom Dirigenten, möglichst leise, vom Podium, die Taktmesser sich selbst
über­lassend.«
György Ligeti Konzert für Violine und Orchester (1990/1992)
Mit seinem 1990 in Köln durch Saschko Gawriloff uraufgeführten Violinkonzert knüpft Ligeti
an sein fünfsätziges zweites Streichquartett (1968) an und ist in der »rhapsodischen Anlage assoziativ mit Eduard Lalos ›Symphonie Espagnole‹« (Gawriloff) verwandt. Ähnlich wie in seinen
anderen Konzerten für Klavier und Violoncello nimmt Ligeti mit seinem Violinkonzert die klassisch-romantische Tradition ins Visier und lässt sich von außereuropäischen Kulturen beeinflussen. Mit den Möglichkeiten verschieden gestimmter Streicher im Begleitorchester erkundet
Ligeti in seinem Violinkonzert völlig neue, nach Ligetis Diktum »unverbrauchte« Ausdrucks­
charaktere der Violine. In fünf Sätzen entwirft er einen Kosmos vielfältigster Formen und Struk­
turen, in dem mit teils überraschenden Effekten gearbeitet wird: mal märchenhaft, etwa im
weinerlich flötenden Ton der Okarinas (einer Muschelflöte) im zweiten Satz, mal knallig-furios wie
im tänzerisch aufgeladenen Finalsatz. Sein Violinkonzert ist eine Verbeugung vor dem Virtu­
osenkonzert der Romantik und zugleich seine raffinierte Negierung.
Gustav Mahler Sinfonie Nr. 9 D-Dur (1910)
Auch Gustav Mahler fürchtete die Symbolkraft der Nummer neun und schrieb seine letzte
vollendete Sinfonie als apokalyptische und »ganz auf Todesahnung eingestellte« (Alban Berg)
Abschiedssinfonie, die zugleich auch der Tonalität ade sagt. Die zögernde Einleitung des ersten
Satzes gibt noch keinen Anhaltspunkt auf das infernalische Treiben, das da noch kommen
wird: Tröstliche, idyllisch verbrämte Landschaften werden heraufbeschworen, aber schon die
Ver­wandlung des Hauptthemas in ein klagevolles Echo von Johann Strauß’ »Freut euch des
Lebens« verrät die bittere Wahrheit. Auch die auffliegende »Abschied«-Phrase aus Beethovens
»Les Adieux« wird im Finale wieder auftauchen. In der Rondo-Burleske veranstaltet Mahler eine
kulturelle Achterbahnfahrt durch Caféhaus, Bierstube und Salon: rabenschwarze und infernalische Musik zum Auftakt der Moderne.
Werke
Ma’alot Quintett
Samstag, 05.04.2008
Darius Milhaud »La cheminée du Roi René«
In Zusammenarbeit mit Arthur Honegger und Roger Désormière schrieb Milhaud 1939 an der Musik
zu Raymond Bernards Film »Cavalcade d’ amour«. Ein amouröses Lustspiel, das in drei Epochen angesiedelt ist und Milhaud zu farbig-quirligen Momentaufnahmen aus seiner provenzalischen Heimat
animierte: Jagdszenen, Serenaden und ländliche Idyllen werden in munterer Leichtigkeit vorgestellt.
György Ligeti Zehn Stücke für Bläserquintett (1968)
Aufgrund ihrer funkenschlagenden Virtuosität hat Ligeti seine Zehn Stücke für Bläserquintett
als »Seiltänzerstücke« bezeichnet. Es sind Stücke mit blitzschneller Dramaturgie. Im Wechsel
von Solo- und Ensemblestücken werden die Spektren der einzelnen Instrumente facettenreich
aufgefächert. Mal schnell, mal figurativ und immer auch netzwerkartig verwoben definieren diese
überaus musikantischen Stücke Ligetis Ästhetik als eine kaleidoskopartige Spielwelt voller
Überraschungen. Es sind höchst unterhaltsame, brillante und geistreiche Versuche auf dem
Gebiet klassischer Ensemblemusik.
Jean Francaix Bläserquintett Nr. 1
Jean Françaix ist mit seinem Bläserquintett eine überzeugende Synthese von an Bach und
Strawinsky geschärfter kompositorischer Konstruktivität und höchster Virtuosität gelungen. Seine
Musik hat einen oft witzigen und eleganten Charakter und ist ein klassisches Beispiel für
die Qualitäten französischer Clarté und Simplicté: ernste Kammermusik ohne Schwere.
Keller Quartett Samstag, 05.04.2008
Béla Bartók Streichquartett Nr. 2 op. 17
Bartóks zweites Quartett entstand während des Ersten Weltkrieges und reflektiert den Gestus
ungarischer Bauernmusik, teils ruppig akzentuiert, teils elegisch im Ton.
György Ligeti Streichquartett Nr. 1 »Métamorphoses nocturnes« (1953 / 54);
Streich­quartett Nr. 2 (1968)
Gut zehn Jahre und ästhetische Welten trennen Ligetis zwei Streichquartette voneinander.
Sein erstes noch in Ungarn geschriebenes Quartett entstand 1953/54 und war nicht für die Ohren
der offiziellen ungarischen Kulturpolitik jener Jahre gedacht. Erst 1958 erfolgt die Uraufführung
in Wien. Es ist einsätzig komponiert, ein einziger Variationssatz, durchaus ein traditionelles Stück,
das noch ganz im Bann der folkloristischen Moderne Béla Bartóks steht. Sein zweites, 1968 durch
das LaSalle-Quartett erstmalig aufgeführtes Quartett, bietet eine völlig andere Welt. Nicht die Muster
der klassischen Moderne, mit all ihren rhythmischen Zu­spitzungen und Dissonanzen, kommen hier
zum Tragen, sondern vielmehr Ligetis mehrschich­tiges Variationsprinzip, das auf mehreren Ebenen
gleichzeitig musikalische Phrasen gestaltet und umwandelt. Bestechend sie die Momente abrupten
Wechsels von Stillstand und hektischer Bewegung. Ligetis originelles Bild des dritten Satzes als
das von einer Maschine, die allmählich auseinanderfällt, erschließt sich beim Zuhören und gibt
Hinweise auf Ligetis Leidenschaft für Spieluhren und mechanische Musikinstrumente.
György Kurtág »Six moments musicaux«
Kurtágs »Six moments musicaux« sind musikalische Momentaufnahmen, gleichsam wundersam
und melodiös im Tonfall. Mal meditativ, mal impulsiv, unterhalten diese Stücke auf hohem intellektuellem Niveau. SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg Sonntag,
06.04.2008
Béla Bartók »Két portré« (»Zwei Portraits«) op. 5
Hier beschwört Bartók noch die Klangwelt des 19. Jahrhunderts. Im ersten Bild ist Wagners
»Tristan« nicht fern, im zweiten denkt man unwillkürlich an Franz Liszts »Mephisto-Walzer« oder
an die silbrigen Klänge eines Richard Strauss.
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Werke
GyörgY Ligeti Konzert für Klavier und Orchester (1985/1988)
Das fünfsätzige Klavierkonzert bilanziert Ligetis intensive und kreative Auseinandersetzung mit
dem technischen und ästhetischen Potenzial des Klaviers. Viele seiner während der Arbeit an den
Etüden gewonnenen Positionen unterzog er einer kritischen Revision.
Ligeti suchte einen Weg zwischen den starren Positionen der Avantgarde und der Beliebigkeit
postmoderner Zitatspielereien. In seiner Ausgewogenheit aus rhythmischer Komplexität und quirliger Farbigkeit steht das Werk idealtypisch für Ligetis Idee einer virtuosen und gleichzeitig tiefgründigen Klaviermusik. Es zeichnet sich aus durch eine kontrapunktische, polymetrische und
polyrhythmische Struktur, die klare, messerscharf konturierte Gestalten zeigt und weniger die
betörend-dissonanten Nebel seiner Klangflächenmusik.
Ligeti führt die Zuhörer durch Klanglabyrinthe, die bei aller Komplexität Raum schaffen für
außermusikalische Assoziationen, für die Ligeti selbst stets ein inneres und kreatives Auge hatte:
»Wenn diese Musik richtig gespielt wird, also in richtiger Geschwindigkeit und mit richtiger Akzentuierung innerhalb der einzelnen Schichten, wird sie nach einer gewissen Zeit ›abheben‹ wie
ein Flugzeug nach dem Start: das rhythmische Geschehen, da zu komplex, um im einzelnen verfolgt zu werden, geht in ein Schweben über.«
Pianissimo-Klänge in einer dichten und spannungsvollen Atmosphäre. Es gehört neben »Atmosphères« zu seiner Gruppe »statischer Gewebekompositionen«, Arbeiten, die zahlreiche Stimmen
miteinander verweben und dabei einen Eindruck rastloser Stille vermitteln. Alle Stimmen sind
einem Prozess unablässiger Veränderung unterworfen. Ligeti umschreibt den Eindruck wie folgt:
»Wie wenn man aus grellem Sonnenlicht in ein dunkles Zimmer tritt und die Farben und Konturen
nach und nach wahrnimmt (...) Es ist ein sehr komplexes, sehr weiches Gebilde, mit sehr vielen
Pianissimo-Tutti-Stellen, mit verästelten Bewegungen der Stimmen.«
György Ligeti »Apparitions« (1958 –1959)
Die »Apparitions« bestehen aus zwei Sätzen: ›Lento‹ und ›Agitato‹. Der zweite Satz ist eine freie
Variation des ersten. Beim Komponieren von »Apparitions« stand Ligeti vor einer für ihn kritischen
Situation: »Mit der Verallgemeinerung der Reihentechnik trat eine Nivellierung in der Harmonik
auf, der Charakter der einzelnen Intervalle wurde immer indifferenter. Formbildend wurden Modifikationen im Inneren der Strukturen, feinste Veränderungen der Dichte, der Geräuschhaftigkeit
und der Verwebungsart, das Einanderablösen, Einanderdurchstechen und Ineinanderfließen
klingender ›Flächen‹ und ›Massen‹«. »Apparitions« ist seine erste Arbeit, die in die Reihe der
Klangflächenmusiken gehört wie »Athmosphères« und »Lontano«.
Gustav Mahler Adagio aus der Sinfonie Nr. 10 Fis-Dur
Das Adagio der unvollendeten Zehnten Sinfonie (1910) ist Gustav Mahlers radikaler Einstieg in die
Klangwelt des 20. Jahrhunderts. Ein Werk gestauter Energien, das in einem fulminanten NeuntonAkkord, der an einen Toncluster erinnert, geradezu explodiert.
György Ligeti »Lontano« für grosses Orchester (1967)
In Ligetis 1967 komponiertem Werk »Lontano« schweben und fließen in erster Linie Piano- und
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Werke
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Biografien
Evgeni Koroliov
Jonathan Nott
Evgeni Koroliov gilt als eine herausragende Erscheinung der internationalen Klavierszene. Ohne
alle spektakulären Attitüden überzeugt Koroliov durch seine geistige Durchdringung der Werke,
in deren Dienst er die Vielfalt seiner pianistischen und interpretatorischen Fähigkeiten stellt.
Dem Werk Bachs besonders verbunden, spielte er bereits als 17-Jähriger das gesamte »Wohltemperierte Klavier«. Seitdem hat Koroliov häufig die großen Klavierwerke Bachs
in Zyklen vorgetragen, einschließlich der »Kunst der Fuge«, die er auf CD eingespielt hat.
Zu dieser Aufnahme sagte György Ligeti: »Wenn ich nur ein Werk mit auf die einsame Insel
mitnehmen darf, so wähle ich Koroliovs Bach, denn diese Platte würde ich, einsam verhungernd und verdurstend, bis zum letzten Atemzug immer wieder hören.« Auch zahlreiche
Kritiker attestierten seinen Einspielungen nicht nur eine absolut herausragende Stellung,
sondern zählen sie auch zu den wichtigsten Bachaufnahmen der CD-Geschichte. Gastspielreisen führen den Künstler regelmäßig in wichtige Musikzentren Europas (u. a. »Salzburger
Festspiele«). Seit 1978 lebt der Pianist in Hamburg und lehrt als Professor an der Musikhochschule.
Jonathan Nott ist seit 2000 Chefdirigent der Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie.
Bekannt für seine Offenheit gegenüber der Musik der Gegenwart und seine ambitionierten Programme, trat er mit großem Erfolg das künstlerische Erbe seiner Vorgänger am Pult des traditionsreichen
Orchesters an. Für sein Wirken in der Domstadt, das auf zahlreichen CDs dokumentiert ist, erfährt
der Brite national und international höchste Wertschätzung. Im Sommer 2007 gastierte er als »artiste
étoile« beim renommierten »Lucerne Festival«, bei dem »sein« Orchester, die Bamberger Symphoniker, zugleich als »Orchestra in Residence« zu erleben war. Nach ersten Engagements an der Oper
Frankfurt und dem Hessischen Staatstheater Wiesbaden war Jonathan Nott von 1997 bis 2002 Chef
des Luzerner Sinfonieorchesters, von 2000 bis 2003 hatte er die musikalische Leitung des Ensemble
Intercontemporain inne, das als eines der wichtigsten Ensembles für Neue Musik gilt. Als Gastdirigent
arbeitete Jonathan Nott mit nahezu allen großen Sinfonieorchestern Europas und der USA zusammen,
mit den Berliner Philharmonikern spielte er sämtliche Orchesterwerke György Ligetis auf CD ein.
Bamberger Symphoniker – BAYERISCHE STAATSPHILHARMONIE
In den kommenden Spielzeiten setzt Christian Tetzlaff seinen Zyklus großer Violinkonzerte mit dem
MET Opera Orchestra und James Levine in der Carnegie Hall fort. Nach einer »Residency« beim
Gewandhausorchester Leipzig in der Saison 2007/08 ist er 2008/09 »Artist in Residence« beim
Hessischen Rundfunk und unternimmt Tourneen mit dem London Philharmonic Orchestra (Vladimir
Jurowski), St. Cecilia Rom (Antonio Pappano), Philharmonia Orchestra (Esa-Pekka Salonen) sowie eine
Fernost-Tournee mit dem Deutschen Sinfonieorchester Berlin (Ingo Metzmacher). Er wird Uraufführungen der Violinkonzerte von Jörg Widmann und Mark-Anthony Turnage spielen. Tetzlaff spielte u.a.
für Virgin Classics ein: die Violinkonzerte von Dvořák, Lalo, Tschaikowsky und Beethoven, alle Werke
für Violine und Orchester von Sibelius, eine Gesamtaufnahme aller Violinkonzerte von Mozart (Deutsche Kammerphilharmonie), die Bartók-Violinsonaten (Leif Ove Andsnes) und die Solosonate sowie die
Brahms-Violinsonaten (Lars Vogt). Tetzlaff erhielt für seine Einspielungen u.a. zweimal den »Diapason
d’Or«, den »Edison-Preis«, den »Midem Classical Award« sowie den »ECHO« und Nominierungen für
den »Grammy«. 2007 erschien eine neue Einspielung aller Solosonaten und -partiten von Bach und
im Januar 2008 eine CD mit den Violinkonzerten von Brahms und Joseph Joachim. Geboren 1966
in Hamburg, studierte Christian Tetzlaff an der Lübecker Musikhochschule bei Uwe-Martin Haiberg und
in Cincinnati bei Walter Levin. Er spielt eine Geige des deutschen Geigenbauers Peter Greiner.
Als der »Kulturbotschafter Bayerns in der Welt« wurden die Bamberger Symphoniker 2003 in
den Rang eines Staatsorchesters erhoben und mit dem Namenszusatz »Bayerische Staats­
philharmonie« ausgestattet. Unter der Leitung von Chefdirigent Jonathan Nott gastierte das
Orchester in den vergangenen Jahren bei den bedeutenden Festivals in Edinburgh, Salzburg,
Luzern und St. Petersburg, zudem gab es gemeinsame Tourneen nach Japan, Russland, Nordund Südamerika, China und durch Europa. 1946 in Bamberg gegründet, reichen die historischen
Wurzeln des Orchesters zurück bis zum Deutschen Philharmonischen Orchester in Prag. Rasch
legten die Bamberger Symphoniker unter ihrem ersten Chefdirigenten Joseph Keilberth den
Grundstein für ihren weltweit einzigartigen Ruf. Wie kein anderer deutscher Klangkörper waren
sie auf den internationalen Konzertpodien zu Gast. Zu den späteren Chefdirigenten gehört Horst
Stein, der 1996 zum Ehrendirigenten auf Lebenszeit ernannt wurde. Seit 2006 ist auch Herbert
Blomstedt dem Orchester als Ehrendirigent verbunden. Die Liste der Gastdirigenten und Kom­
ponisten, die bis heute am Pult der Bamberger standen, liest sich wie ein Almanach der modernen
Musikgeschichte.
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Christian Tetzlaff
Biografien
Ma’alot Quintett
Das Ma’alot Quintett gehört international zu den führenden Kammermusikensembles. Vier Erste
Preise bei großen internationalen Kammermusikwettbewerben (u. a. beim »ARD-Wett­bewerb«),
ebneten dem Quintett direkt nach seiner Gründung (1986) den Weg zu bedeutenden Musik­
festivals, zu Produktionen an Deutschlands Rundfunkanstalten sowie zu einer regen Konzert­­
tätigkeit im In- und Ausland. Das Repertoire des Ensembles umfasst die gesamte Bläserquintett-Literatur von der Klassik bis zur Avantgarde. Einzigartig sind die von Ensemblemitglied
Ulf-Guido Schäfer dem Quintett »auf den Leib« geschriebenen Bearbeitungen, die auch komplett
auf CD zu hören sind. Besonderes Anliegen ist dem Ensemble die Zusammenarbeit mit Kom­­po­nisten. 2006 erhielt ihre CD mit Dvor̆ák-Eigenbearbeitungen den »ECHO«. Bei ihrer USATournee im November 2007 spielten sie auf Einladung der Harvard Music Association Boston
die Uraufführung einer Auftragskomposition von Detlev Glanert, geschrieben für das Ma’alot
Quintett.
Alle Ensemble-Mitglieder haben Solo-Positionen in bedeutenden deutschen Orchestern
(Gewandhaus Leipzig, NDR Radiophilharmonie Hannover, Beethoven Orchester Bonn) oder
lehren als Professoren an Musikhochschulen (Köln; »Hanns Eisler« Berlin). »Ma’alot« stammt
aus dem Hebräischen und versinnbildlicht den »Weg zu Harmonie und Einklang«.
Keller Quartett
Gegründet 1987 am Liszt-Konservatorium in Budapest, gelang dem Keller Quartett bereits
1990 der internationale Durchbruch, als es sowohl beim »Evian-Wettbewerb« wie auch beim
»Borciani-Wettbewerb« alle Preise und Sonderpreise gewann.
Das Keller Quartett zeichnet sich besonders durch seine musikalische Neugier aus: Neugier
auf Begegnungen mit Musikern und Komponisten aller Richtungen, Neugier auf unbekannte
Werke und auf Programmformen, die mit ungewöhnlichen Verbindungen neue Dramaturgien
entwickeln.
Internationales Kritikerlob erhielt das Keller Quartett für die bei Erato erschienene Gesamtaufnahme der Bartók-Quartette, die seinerzeit viel Aufsehen erregte. Seit Längerem ist das
Quartett dem Label ECM verbunden, für das es u.a. die »Kunst der Fuge« von Bach, sämtliche
Werke für Streichquartett von Kurtág, das Klavierquintett von Alfred Schnittke (mit Alexej Lubimov) und Schostakowitschs letztes Streichquartett aufnahm.
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Biografien
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Biografien
SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg
Nicolas Hodges
Das 1946 gegründete SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg identifiziert sich
bis heute mit den Idealen seiner »Gründerväter«, die der festen Überzeugung waren, dass
die engagierte Förderung der Neuen Musik ebenso wichtiger Bestandteil des Rundfunk-Kulturauftrags ist wie der pflegliche Umgang mit der großen Tradition.
In diesem Sinne haben die Chefdirigenten – von Hans Rosbaud über Ernest Bour bis zu Michael
Gielen – gearbeitet und einen Klangkörper kultiviert, der für seine schnelle Auffassungsgabe
beim Entziffern neuer, »unspielbarer« Partituren ebenso gerühmt wird wie für exemplarische
Aufführungen und Einspielungen des traditionellen Repertoires eines großen Sinfonieorchesters. Seit 1999 ist Sylvain Cambreling Chefdirigent.
An die 400 Kompositionen hat das Orchester bisher uraufgeführt und damit Musikgeschichte
geschrieben; es gastiert regelmäßig in den (Musik)-Hauptstädten zwischen Wien und Amsterdam, Berlin und Rom, Salzburg und Luzern.
Der Pianist Nicolas Hodges wurde in London geboren. Er konzertierte u.a. mit dem Chicago
Symphony, dem MET Orchestra, dem BBC Symphony, dem BBC Scottish Symphony, dem City of
Birmingham Symphony, den WDR- und SWR-Orchestern, der London Sinfonietta und dem Schönberg Ensemble. Er arbeitete mit Dirigenten wie Barenboim, Brabbins, Knussen, Levine, Masson,
Robertson, Saraste, Slatkin und Zender zusammen und trat bei vielen europäischen und großen
britischen Festivals, u.a. den »BBC Proms«, auf.
Nicolas Hodges engagiert sich sehr für zeitgenössische Musik. Elliot Carter schrieb sein
Konzert »Dialogues« für ihn, das er u.a. mit dem Chicago Symphony Orchestra unter Daniel
Barenboim aufführte. Rihm, Sciarrino und Furrer haben Werke für ihn geschrieben. Er arbeitete
eng mit Komponisten wie Adams, Birtwistle, Kagel, Knussen, Lachenmann, Neuwirth und dem
jüngst verstorbenen Karlheinz Stockhausen zusammen.
Zukünftige Engagements umfassen Konzerte u.a. mit dem Boston Symphony und dem
Orchester des Hessischen Rundfunks. Er spielt die Uraufführung von Adès’ »In Seven Days« in
London und weitere Aufführungen des Werks mit dem LA Philharmonic und dem Netherlands
Radio Symphony. Hogdes hat über 20 CDs veröffentlicht. Peter Rundel
Zuvor selber als hervorragender Geiger bekannt, hat Peter Rundel sich seitdem durch eine außer­
gewöhnlicheVielseitigkeit in derArbeit mit großen europäischen Orchestern profiliert.Geboren 1958
in Friedrichshafen, studierte Peter Rundel Violine bei Igor Ozim und Ramy Shevelov in Köln,
Hannover und New York, sowie Dirigieren bei Michael Gielen und Peter Eötvös. Außerdem
erhielt er Unterricht bei dem Komponisten Jack Brimberg in New York.
1984 bis 1996 war er als Geiger Mitglied des Ensemble Modern, dem er auch als Dirigent
weiter verbunden ist. Im Bereich der Neuen Musik kann er daneben auf langjährige Zusammenarbeit mit dem Ensemble Recherche, dem Ensemble Modern, dem Asko Ensemble Amsterdam
und dem Klangforum Wien zurückblicken.
Regelmäßig zu Gast ist er auch beim Ensemble InterContemporain Paris, dem Ictus
Ensemble Brüssel und der musikFabrik Köln.
Für seine Aufnahmen mit Musik des 20. Jahrhunderts erhielt Peter Rundel zahlreiche Preise,
darunter mehrmals den »Preis der deutschen Schallplattenkritik« (für Luigi Nonos »Prometeo«;
für Hans­peter Kyburz’ Ensemble- und Orchesterwerke; für Steve Reichs »City Life«) sowie
den »Grand Prix du Disque« (für Jean Barraqués Gesamtwerk) und eine Nominierung für den
»Grammy Award« (für Heiner Goebbels’ »Surrogate Cities«).
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Biografien
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Do 29. 05. 2008 Werke von Beethoven
20.00
Sa 31. 05. 2008
20.00
Jean-Philippe Rameau: »Une Symphonie
Imaginaire« II
So 01. 06. 2008
18.00
Georg Friedrich Händel: »Il Trionfo del
Tempo e del Disinganno« HWV 46a
Oratorium in italienischer Sprache
(konzertante Aufführung)
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zugunsten KONZERTHAUS DORTMUND
äher
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Texte Sven Ahnert
Fotonachweis
S. 4 | 5 © Fritz Peyer
S. 8 © Fritz Peyer
S. 39 © Malgorzata Filipiak
S. 40 | 41 © Wolfram Lamparter
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