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Prof. Dr. Friedrich Heckmann
Vortrag am 9. August 2013 bei Bündnis 90 / Die Grünen in Oldenburg
Das Thema meines Vortrages, den ich Ihnen halten will, lautet:
Mobilität als Lebensprinzip: Dürfen wir alles, was wir wollen?
Wenn ich mit meinen Studenten + Studentinnen im zweiten Semester diese
grundlegende ethische Frage bespreche, ob wir alles dürfen, was wir wollen und können
, sind die meisten in dieser Allgemeinheit der Frage geneigt, zu antworten: Nein!
Natürlich dürfen wir nicht!
Wenn ich dann die ethische Fragestellung konkretisiere und z.B. nach dem
Verkehrsverhalten meiner Seminarteilnehmer frage: Wer ist dieses Jahr schon einmal
geflogen? Oder: Kommen Sie mit dem PKW oder mit dem Semesterticket zur
Hochschule?, dann kommen die Antworten zögerlicher: Was fragt der denn so direkt
und indiskret.
Und dann diskutieren wir das ein wenig hin und her und ich schiebe meine nächste Nach
– Frage hinterher:
Und wie steht es mit der ethischen Legitimität Ihrer Entscheidung?
So frage ich natürlich nicht, sondern etwa so:
Wie steht es denn nun konkret mit Ihrem Flug? Ist der ethisch in Ordnung? Unter
welchen Umständen ist Ihr Urlaubsflug legitim? Oder ist Fliegen nicht sinnvoll,
grundsätzlich moralisch eher nicht erlaubt?
Das, liebe WahlkämpferInnen, ist natürlich gerade jetzt in Urlaubszeiten eine indiskrete
Frage. Und Flugkilometer -Konsumenten mögen diese Frage nicht, auch die Betreiber
von Flughäfen mögen diese Fragen nicht.
Bei meinen Studenten kommt nach einigem Hin und Her dann mit Sicherheit dieser Satz
von einer oder mehreren Studentinnen:
„Das muss doch jeder selber wissen“!
Kennen Sie das von sich? Mit großer Wahrscheinlichkeit haben die meisten von uns das
auch schon gesagt und gedacht.
Wieviel Flüge im Jahr, welches Auto, ein Haus mehr in der Natur, aber nahe an
Oldenburg oder Bremen – und das bedeutet, die Familie braucht zwei Autos –
das muss doch jede selber wissen!
Und mit diesem „Das muss doch jeder selber wissen“! sind wir mitten drin in einer
Debatte politischer Ethik und einem aktuellen politischen Diskurs, der allerdings
dringend offensiver geführt werden muss!
Die politische Ethik fragt nach der Einordnung des Politikfeldes Verkehr/Mobilität in die
gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen.
Ist Mobilität überhaupt angesichts anderer (gerade auch internationaler) Konfliktfelder
ein Thema, das Wähler bewegt?
Andererseits: Ist Mobilität überhaupt finanziell noch darstellbar?
Was machen wir mit Menschen, die in der Fläche des Oldenburger Landes oder
Ostfrieslandes eines Tages sich kein Benzin mehr leisten können oder angesichts des
1
demografischen Wandels keinen eigenen Pkw mehr fahren können? Sind das Fragen der
Wählerinnen?
Sind das Ihre Fragen, die Sie ja Wahlen gewinnen wollen?
Fragestellungen der gesellschaftlichen Mobilität und der Diskrepanz zu den
Eigeninteressen der Wähler lassen sich in den paar Minuten, die ich habe, natürlich
nicht erschöpfend beantworten -– es geht ja nicht nur um Autofahren - aber ich
versuche trotzdem jetzt mit Ihnen einen ethischen Kurzstreckenlauf:
Praktische Philosophie setzt sich zusammen aus Ethik, Politikwissenschaft und
Rechtsphilosophie – in dieser Reihenfolge. Insofern ist für die grundsätzlichen
Fragestellungen unserer Gesellschaft der ethische Diskurs notwendig, ökologisch über –
lebensnotwendig - und Sie haben sich zu Recht einen Ethiker geholt!
Es geht ja um die Kriterien für politisches Handeln – diese reflektiert Ethik und ihre
Kriterien sind dann auch für die Fragen der Mobilität relevant.
Um Ihnen solche Kriterien in der Kürze deutlich werden zu lassen, greife ich ganz hoch hinein in die gegenwärtige politische Debatte. Ich lasse selbst Finanzkrise und
Arbeitsmarkt, Terrorismus und Krieg beiseite und erinnere an die in regelmäßigen
Abständen stattfindenden Weltklimakonferenzen. Ein halbes Jahr liegt die 18.
Weltklimakonferenz in Katar zurück.
Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hatte im Vorfeld vor einer dramatischen Erderwärmung
um bis zu vier Grad gewarnt, wenn sich die Welt nicht rasch auf verbindliche
Klimaschutzzusagen einigt.
Das ist alles bekannt, das ist 1000 fach belegt. Das kann jeder Wähler, jede Wählerin
wissen.
Die gelernte Physikerin aber weiß genau um die wahrscheinlichen Konsequenzen, wenn
die bisher gesammelten empirischen Daten zum Klimawandel nicht ernst genommen
werden.
Merkel hatte eindringlich vor einer dramatischen Erderwärmung um bis zu vier Grad
gewarnt, wenn sich die Welt nicht rasch auf verbindliche Klimaschutzzusagen einige.
Bis 2052 werden wir schon beim Erreichen einer Marge von 2 Grad Erderwärmung mit
den Folgen in Form von Katastrophen weltweit, Ansteigen der Weltmeere mit
gleichzeitigem Versinken ganzer Länder (Bangladesch und viele kleine Inselstaaten),
Epidemien, Völkerwanderungen und Kriegen zu kämpfen haben.
Das ist nicht mehr allzu lang hin.
Wie viele Umweltverbände und Wissenschaftler wirft der Klimaforscher Prof. Dr. Mojib
Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel Kanzlerin Merkel eine
doppelzüngige Klimapolitik vor.1
„Deutschlands Ziele sind immer noch ehrgeizig“, aber sie stimmten aber nicht mehr mit
dem politischen Handeln der Bundesregierung überein. „Frau Merkel schützt in Brüssel
1
Umwelt: Klimaforscher: Merkels Klimapolitik doppelzüngig - weiter lesen auf FOCUS Online:
http://www.focus.de/politik/deutschland/umwelt-klimaforscher-merkels-klimapolitikdoppelzuengig_aid_782941.html
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die Interessen der deutschen Automobilindustrie und hat die Effizienzrichtlinie
verwässert. Das ist doppelzüngig“, so Latif.
Mit der Verlängerung des Kyoto-Protokolls im Dezember 2012, für die eben auch die
gegenwärtige Regierung Merkel mit
dieser Doppelstrategie Verantwortung trägt, verpflichteten sich die
Teilnehmerstaaten von Katar – zu gar nichts.
Nur noch 37 Staaten teilen die Selbstverpflichtung zur Reduzierung ihrer
Treibhausgase. Gemeinsam sind sie nur für 15 Prozent der weltweit ausgestoßenen
Treibhausgase verantwortlich. Bis zum geplanten Weltklimavertrag mit Beteiligung
aller Länder im Jahre 2020 passiert – gar nichts.
Da haben Sie ein echtes ethisches Dilemma, wie es schärfer nicht sein könnte. Auf der
einen Seite sehen Sie eine anachronistische Wirtschafts – Wachstums - Politik vor allem
der großen Nationen mit den weltweit höchsten Pro-Kopf-CO2-Ausstoß –Quoten, zu
denen eben an 7. Stelle auch Deutschland gehört. Und dies wird eben auch von der
Mehrheit der Wähler immer wieder gut geheißen.
Auf der anderen Seite ist weltweit eine Politik und Wirtschaft dringend notwendig, die
so schnell als möglich den Einstieg in die Postwachstumsgesellschaft findet.
Auf der einen Seite gibt es auch bei uns in der Bundesrepublik, aber vor allem in den
USA und China für (40% des weltweiten CO2 – Ausstoßes) viele Menschen, die den
Klimawandel für ein Märchen aus Europa halten, und auf der anderen Seite sind für viele
Einzelne, für Verbände und Organisationen weltweit die ökologischen Grenzen ein
wesentlicher Grund, sich von der wirtschaftspolitischen Größe des andauernden
Wirtschaftswachstums zu verabschieden.
Das entscheiden Kriterium, dieses Dilemma zu entscheiden, ist von dem amerikanischen
Philosophen Hans Jonas formuliert worden:
In seinem „Prinzip Verantwortung“ arbeitet Jonas eine Pflicht der Menschen zum
Dasein heraus. Sein Kriterium ist:
Dass eine Menschheit sei! - Oder: Es sollen Menschen sein!2
Dieser postmoderne Imperativ bezieht natürlich Lebensbedingungen der Anderen,
Lebenschancen derjenigen, die nach uns kommen unter dem Vorzeichen einer globalen
Gerechtigkeit mit ein.
Aus der kategorischen Regel, dass eine Menschheit sein soll, folgt unabdingbar, dass die
jetzt Lebenden auch die Pflicht haben, die Bedingungen des Daseins so zu gestalten, dass
die Späteren ihr Dasein, so wie es ist, bejahen können. Ihr Sosein, also die konkreten
Lebensbedingungen und Lebensumstände, das die Späteren bejahen können, gründet in
der ersten Regel: Es sollen Menschen sein!
Ich erinnere an das Diktum des Wissenschaftsjournalisten Hoimar von
Dithfurth in den 70er Jahren angesichts der atomaren Gefahren und des
unverantwortlichen Umgangs der Menschen des 20. Jh. mit der Mitwelt. Die
Menschen sollten sich nicht so wichtig nehmen, die Natur, und seien es nur
Mikroben und andere kleinste Lebewesen würden die Menschheit schon
überleben.
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Seit 1970 haben wir immer genauer interdisziplinär wissenschaftlich erarbeitete
Prognosen zu den globalen Entwicklungen und Trends. Das „europäische Märchen vom
Klimawandel“, das in den empirischen Daten der verschiedenen Berichte an den Club of
Rome enthalten ist, wurde mit der geballten Forschungskapazität des USamerikanischen Wissenschaftssystems erstellt. Das, was die in 2012 neu erstellte
globale Prognose „2052“ als Entwicklungen unseres Globalen Umweltraums darstellt,
trifft sich ziemlich genau mit der eher kurzen Beschreibung der Naturwissenschaftlerin
Merkel, wenn sie von einer dramatischen Erderwärmung mit katastrophalen Folgen
redet.
Dass eine Menschheit sei, dieser kategorische Imperativ, wird aller Voraussicht
insofern brutal verletzt und verletzt werden, als dass viele Millionen Menschen vor
ihrer Zeit sterben müssen und die kurze Zeit ihres Daseins weder Lebenschancen noch
ausreichend Lebensmöglichkeiten gehabt haben.
Und damit komme ich zu unserer Verantwortung!
Ich komme von der eher strukturellen und institutionellen Wirtschafts- und Sozialethik
„Wie wollen wir als Gesellschaft leben? Wie wollen wir wirtschaften?“ zu der auf das
Verhalten des Einzelnen zielenden Individualethik.
Ich frage nach der individuellen Verantwortung, Sie und mich, meine Studenten und die
Wähler und Wählerinnen, ich frage die Freunde und Freundinnen des „Weiter so“, weil
doch der Klimawandels ein großes Märchen sei.
Natürlich frage ich auch nach der persönlichen Verantwortung einer Bundeskanzlerin,
die für die Umweltpolitik der letzten 20 Jahre wie kaum jemand anderes in diesem Land
mit Verantwortung trägt.
Ich frage nach der Verantwortung nahezu unserer ganzen politischen Klasse als
Klimawandel - Beförderer, einer Wirtschaft der Fitschen, Jains und Ackermänner, der
Winterkorns und Piechs, der Grubes und der Zetsches, für die Nachhaltigkeit und
sustainable development nach wie vor ein Fremdwort oder ein Marketingschlagwort ist.
Aber Individualethik fordert natürlich nicht nur „die da oben“, sondern auch Sie und
mich, alle, die Flug reisen und Auto fahren, deren Leben sich in Mobilität zum Vergnügen
und Konsumieren als Lebensinhalt erschöpft.
Was soll das, dass wir zu unserem Vergnügen am Wochenende eben mal im Auto durch
das Land fahren?
Was soll das, das in diesem Land auf 1000 Einwohner, inklusive aller Säuglinge und
Greise 640 Autos kommen?
Was soll das, dass wir eben mal eine oder zwei Wochen Urlaub in einem anderen Teil
des Globus einlegen?
Was soll das, dass wir in 50 Jahren Energiemengen verbrauchen, die frühere
Generationen in Jahrhunderten nicht verbraucht haben.
Der Ressourcenverbrauch der Welt hat sich allein in den vergangen 30
Jahren um 80 Prozent erhöht!
Soviel zu Kyoto!
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Jeder einzelne kann mit Flugreisen, Konsum und Kauf von einem noch größeren Auto
und anderen Dingen, die schon im Überfluss da sind, die Binnen-Nachfrage ankurbeln
und gleichzeitig den Klimawandel beschleunigen!
Das muß doch jeder selber wissen?
Nein, Individualethik erschöpft sich nicht darin, Fakten und Trends zu ignorieren, die
Vernunft mittels psychischen Abwehrverhaltens zu blockieren und zu verharren in der
„selbst verschuldeten Unmündigkeit“, gegen die schon Immanuel Kant (in seiner
kleinen Schrift „Was ist Aufklärung“) zu Felde zog.
Nein, Individualethik, das lernen wir bereits von Aristoteles, erschöpft sich nicht in
einem schlechten Gewissen als sanftem Ruhekissen,
erschöpft sich nicht in der Auffassung, dass ich nur mir verantwortlich bin, in
Resignation darüber, dass man als einzelner doch nichts tun kann.
Die Bürger und Bürgerinnen haben als Wähler, Konsumenten und Glieder dieser
Zivilgesellschaft die Pflicht und die Schuldigkeit sich einzubringen, sich selber - und
dann auch andere - zu verändern und das politische Klima zu verändern - hin zu einer
Politik, die den Namen Klimapolitik verdient.
Wir dürfen eben nicht alles, was wir wollen!
Konrad Elmer, ein früherer Bundestagsabgeordneter hat 1994 in der 12.
Legislaturperiode den Versuch einer Grundgesetzerweiterung initiiert mit dem Ziel,
nicht nur Grundrechte, sondern auch Grundpflichten festzuschreiben. Die Pflicht zu
Mitmenschlichkeit und die Pflicht zum Gemeinsinn sollten als Artikel 2a in den
Grundrechtsteil des Grundgesetzes.
Immerhin 378 von 662 MdBs haben dem zugestimmt, eine notwendige 2/3 Mehrheit
hätte 442 Stimmen benötigt.
Ob es sinnvoll ist, ethische Normen wie diese – die Lebenschancen der Späteren
erhalten, - das sollen wir tun! – ins Gesetz zu schreiben, erscheint mir fraglich.
Aber dennoch, meine Damen und Herren, es geht um unsere Pflicht gegenüber den
Späteren!
Wir haben Verantwortung für diese Menschheit und die späteren, die nach uns
kommen! Das ist der politikwissenschaftliche Rahmen, in dem Mobilität gestaltet
werden muss.
Verantwortung ist eine Tugend, die zu Beginn des 3. Jahrtausends neu gelernt werden
muss!
Moralisch umzugehen mit dem, was auf uns zukommt, heißt, die Diskussionen und den
Diskurs in dieser Gesellschaft zu verändern, hin zu mehr Offenheit und Nachdenklichkeit
darüber, wie wir eigentlich leben wollen, wie wir eigentlich wirtschaften wollen.
Ja, da kommt nach einem Diskurs über das, was wir wollen, die normative Funktion von
Ethik ins Spiel. Was ist das, was wir im Interesse der Späteren wollen - sollen!
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Das beinhaltet, dass wir darüber ins Gespräch kommen in Parteien und Organisationen,
wieviel Mobilität und Flexibilität der einzelne Mensch eigentlich noch verkraftet, wieviel
Sinn das alles noch macht in Hoch-Zeiten des Burn-Out.
Der mobile und flexible Mensch, der seine Mobilität mittels erhöhtem Energieaufwand
betreibt, schöpft das ganze Wortfeld des Lateinischen Wortes mobilis aus - er ist nicht
nur beweglich und biegsam, sondern auch lenksam, unbeständig und wankelmütig.
Gut für diejenigen, die den mobilen Menschen zur Leitfigur unserer Gesellschaft
hochstilisiert haben.
Das Wortfeld flexibilis ist ähnlich ambivalent. Der große Sozialwissenschaftler Richard
Sennett hat ein wirklich beeindruckendes Buch darüber geschrieben: Der flexible
Mensch.
Ich empfehle es als Urlaubslektüre!
Nehmen Sie dem homo mobilis sein Auto fort, so wird er seine Identität verlieren!
Darüber müssen wir miteinander in einen gesellschaftlichen Diskurs kommen! Welche
Leitbilder wollen wir fördern, das der Mobilität und Flexibilität oder das der
Bezogenheit und der Nachhaltigkeit.
Damit aus der ethischen Fragestellung eine normative Setzung wird: „So sollen wir
leben“, braucht es einen breiten gesellschaftlichen Diskurs,
den wir um der Späteren willen, der Kinder und Kindeskinder neu lernen müssen. Hier
kommt den Umwelt - Verbänden und einer Umweltpartei eine wichtige Rolle zu.
Diese Gesellschaft muss erst zu der Zivilgesellschaft werden, wie sie immer wieder
beschworen wird. Nur indem die Bürger und Bürgerinnen sich aus der passiven
Konsumenten- und Wählerposition heraus zu ethisch selbstbestimmten Subjekten in
Bezogenheit auf diese unsere Gesellschaft weiterentwickeln, werden wir der Pflicht und
der Verantwortung den Späteren gegenüber gerecht.
Und dazu gehört eben die breite Auseinandersetzung über ethische Normen und über
Leitbilder. In den letzten 40 Jahren ist hier viel geforscht worden, aber doch weitgehend
im Elfenbeinturm der Wissenschaften eingesperrt geblieben.
Zwei bahnbrechende Publikationen unter vielen will ich nennen:
Die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ des Wuppertal Instituts für Klima – Umwelt –
Energie von 1996.
Von 8 Leitbildern für unsere Gesellschaft nenne ich 3:
1. Rechtes Maß für Raum und Zeit. Hier gehört die Entschleunigung unseres Lebens,
also auch der Verkehr mit hinein.
Das richtige Maß zu finden ist eine zentrale menschliche und gesellschaftliche
Überlebensfähigkeit!
2. Gut leben statt viel haben 3. Eine lernfähige Infrastruktur,
die unter andern eine Mobilität mit weniger Straßen und Wohnen mit weniger
Umweltverbrauch beinhaltet.
4. Und viertens das Leitbild der Internationalen Gerechtigkeit und der globalen
Nachbarschaft
Die zweite Studie ist 12 Jahre später 2008 unter dem Titel:
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„Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt“ erschienen und
thematisiert stärker als die erste Studie das Leitbild einer Gesellschaft der Teilhabe,
die Teilhabe als Menschenrecht bedenkt und das Leitbild einer Wirtschaft als
nachhaltige Wettbewerbsordnung und lebensdienliche Marktwirtschaft zu
Leitbildern erklärt.
Wir können sich bei einzelnen Punkten dieser Forschungen kontrovers aufhalten und
nach argumentativen Lücken suchen, aber bedenken Sie:
Es geht um unsere Pflicht den Späteren gegenüber –
und ein 20minütiger Vortrag muss den Mut zur Lücke haben!
Ich komme zum Schluss:
Allein die ethische Maxime zu einer Postwachstumsgesellschaft zu kommen, die sich
für mich aus dem bisher Gesagten ergibt, wird unserer Verantwortung gegenüber den
Späteren, den Nachkommen gerecht.
Wir dürfen – ethisch - moralisch eben nicht alles, was wir wollen ...
Es ist unsere ethische Pflicht als einzelne Bürgerinnen und Bürger, den Diskus in der
Zivilgesellschaft zu suchen, ihn auch in Ihrer Partei wieder fundamental zu beleben,
hineinzutragen in andere Verbände, Vereine und Clubs, in Gewerkschaften und die
anderen Parteien, ob sie wollen oder nicht, in Organisationen und Kirchen.
Ausgehend von den Grundprinzipien nachhaltigen Wirtschaftens, daß
• weltweit nur die Menge an Ressourcen verbraucht werden darf, die wieder
"nachwächst" und daß
• nur die Menge an Schadstoffen an die Umwelt abgegeben werden kann, die von
den Ökosystemen "verkraftet" werden kann,
haben wir den Versuch zu unternehmen, das
„Immer Mehr, Immer schneller,
Immer Spaßiger, Immer Egoistischer“
zu durchbrechen und zu einem menschlichen Maß zurückzukehren, das unseren
Bedürfnissen gerecht wird, aber auch den Bedürfnissen der Späteren.
Einer der Pioniere des Umdenkens sei Ihnen in Erinnerung gerufen, bekannt geworden
ist er durch seine Mitarbeit an Bretton Woods. Der britische Ökonom Ernst Friedrich
"Fritz" Schumacher veröffentlichte 1973 seinen Umdenk-Bestseller
Small is Beautiful, auf deutsch erschienen 1977 unter dem Titel
Die Rückkehr zum menschlichen Maß. Alternativen für Wirtschaft und Technik .
Schumachers Arbeit weist - wie viele andere - darauf hin, dass zu einem guten Leben
nicht unabdingbar das Anhäufen materieller Güter gehört. Seitdem ist vielen Menschen
auch klar geworden, dass das gute Leben ein Weniger an äußerer Mobilität bedarf und
uns ein Zuviel an Flexibilität am sinnvollen Leben hindert.
Klar dagegen ist, dass ein Mehr an Zeit – wir reden von Zeitwohlstand - ein gutes Leben
fördert.
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Für die griechische Antike gehörte zu einem guten Leben, dass es der Polis, der
Gesellschaft gut ging und dass die Nachkommen ein wohlgeordnetes Gemeinwesen
übernehmen konnten.
Für Oldenburg und sein Umland gilt ebenso für ein gutes Leben, dass es der
Bürgerschaft, also allen, die hier leben, gut geht und dass Ihre Kinder und Kindeskinder
ein wohlgeordnetes Gemeinwesen übernehmen können.
Das muss doch jeder selber wissen, ist eine ethische Maxime des Egoismus.
Das muss doch jeder selber wissen ist ein Leitbild, das ausgedient hat.
Wie wollen wir leben? - Nein, wie sollen wir leben?
So, dass die Lebenschancen weltweit und in dieser Gesellschaft gerechter verteilt sind
und die Späteren ebenfalls die Chance für ein gutes Leben haben!
Small is beautifull - dem hat sich auch die Mobilität und die Verkehrspolitik
unterzuordnen:
Small is beautifull – nur wenige Flugreisen und die im gesellschaftlichen Interesse,
Alternativen zum Auto und ein Schienenverkehr, der nicht auf Schnelligkeit, sondern
ökologische Effizienz setzt das verheißt wichtige Bausteine zu einem guten und glücklichen Leben!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
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