www.edidact.de/Suche/index.htm?category=102578&q=S MICHAEL KLÖCKER | UDO TWORUSCHKA (HG.) HANDBUCH DER RELIGIONEN SC H AU Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften in Deutschland und im deutschsprachigen Raum Ausgabe: 15 Thema: I | Religion allgemein, Grundlegendes VO R Titel: Die ethische Diskussion der Gentechnologie (15 S.) Produkthinweis Der vorliegende Beitrag ist Teil des Standardwerkes »Handbuch der Religionen« der Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG*. * Ausgaben 1997 bis 2015 erschienen bei OLZOG Verlag GmbH, München Das »Handbuch der Religionen« ist ein in Anspruch und Umfang einzigartiges, wissen‐ schaftlich fundiertes Nachschlagewerk über orthodoxe, römisch-katholische und reformatorische Kirche/n, weitere transkonfessionelle Bewegungen, ökumenische Bestrebungen, Christliche Glaubensgemeinschaften außerhalb der Großkirchen, Judentum, Islam, aus dem Islam hervorgegangene Gemeinschaften (z.B. Ahmadiyya, Aleviten), weitere kleinere Religionen (z.B. Yezidi, Mandäer), Buddhismus, asiatische bzw. von Asien ausgehende Gruppen, neue Bewegungen (z.B. Fiat Lux, Scientology u.a.), Sikhismus, Jainismus, ethnische Religionen (z.B. Neugermanische Gruppierungen, Wicca u.a.) sowie über Ethik und das Verhältnis von Religion/en zu Kunst, Politik, Medien oder Psychologie. Erarbeitet von einem Team kompetenter Experten aus namhaften Herausgebern, Fachgebietsleitern und mittlerweile über 200 Autoren bietet es Ihnen wissenschaftlich fundiertes Orientierungswissen über Geschichte, religiöse Kernaussagen und Autoritäten, Organisationen und Verbreitung, Glaubenspraxis, das Verhältnis zum Staat und zu anderen Religionen sowie kontinuierliche Informationen zu neuen Entwicklungen, wichtigen Persönlichkeiten, Literatur und Kontaktadressen. Informationen zum Bezug der mehrbändigen Gesamtausgabe finden Sie hier. (Diesen) Beitrag als Download bestellen Klicken Sie auf die Schaltfläche Dokument bestellen am oberen Seitenrand. 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VO Begriffsbestimmung und naturwissenschaftliche Grundlagen Alle Lebewesen auf dieser Erde speichern ihre genetische Information, den genetischen Code, in Paaren von Nukleinsäuren. Der genetische Code ist dabei mit wenigen Ausnahmen universell: Die Proteinsynthese läuft z.B. bei der Hefe und beim Menschen nach identischen Regeln ab. Dabei dienen die Nukleinsäurepaare als Vorlage für die Proteinsynthese. Jeweils eine Dreiergruppe solcher Nukleinsäurepaare, ein so genanntes Triplet, kodiert für eine Aminosäure. Da Proteine aus einer Kette der zwanzig verschiedenen Aminosäuren bestehen, bestimmt die Länge und Reihenfolge der Aminosäurensequenz Form und Funktion des entsprechenden Proteins. Um sich eine Vorstellung davon zu machen, was dies bedeutet, kann ein Vergleich mit Legobausteinen helfen. Einige wenige Steintypen genügen, um eine praktisch unbeschränkte Anzahl unterschiedlicher Bauwerke entstehen zu lassen. Wie sozusagen die Konfiguration der Steine ermöglicht, dass wir beispielsweise etwas als Haus und etwas als Turm identifizieren, so bewirkt die Konfiguration der Nukleinsäurepaare, dass wir es mit Mücken oder Menschen zu tun haben, obwohl die Nukleinsäuren identisch sind. Es kann nun nicht darum gehen, die genaue Wirkungsweise darzulegen. Es genügt für die Vorstellung, sich die Wirkungsweise der unterschiedlichen Konfigurationen ähnlich vorzustellen wie ein gutes Kochrezept. Der Unterschied besteht freilich darin, dass hier das Rezept selbst, vereinfacht gesprochen, für seine konkrete Realisierung sorgt. Das ist dadurch möglich, dass auf biologischer Ebene eine Art Anziehungskraft besteht. Die unterschiedliche Zusammensetzung der Nukleinsäuren als der Grundbausteine sorgt so dafür, dass sich bestimmte Aminosäuren bilden. Diese dienen letztlich dazu, dass wir in unserer Gestalt existent sind. Man definiert dabei als Gen denjenigen Abschnitt von Nukleinsäurepaaren – genau genommen sind es Desoxyribonukleinsäuren, abgekürzt DNS bzw. englisch: DNA –, der die Information für ein Protein enthält. Die Gesamtheit der Klöcker/Tworuschka: Handbuch der Religionen 15. EL 2007 1 Religion, Handbuch, Nachschlagewerk, Hintergrundwissen, Religionsforschung, Christentum, Islam u.v.m. (c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 1 eDidact - Handbuch der Religionen I - 14.6.1 DIE ETHISCHE DISKUSSION DER GENTECHNOLOGIE VO R SC H AU Gene eines Lebewesens, also seine genetische Gesamtkonfiguration, bezeichnet man als Genom dieses Lebewesens. Bei aller Unterschiedlichkeit der Gesamtkonfiguration, finden sich in den einzelnen Sequenzen so große Ähnlichkeiten zwischen den Lebewesen, dass beispielsweise der Mensch als ein Gebilde aus etwa 100 Billionen Zellen und der Einzeller Hefe in verblüffender Weise verwandt sind. Die Hälfte aller Gene, die in unserer Spezies als Ursachen oder Auslöser von Krankheiten entdeckt wurden, ist auch bei der Hefe zu finden. Das ist der Fall, obwohl es bereits mehr als 700 Millionen Jahre her ist, dass Hefe und Mensch gemeinsame Vorfahren hatten. Ein weiteres Beispiel für diese starke Verwandtschaft: Der Wurm c. elegans verliert seine Fähigkeit, Eier zu legen, wenn in ihn ein Gen eingebracht wird, das beim Menschen die Alzheimer Krankheit auslöst. Umgekehrt sorgt das gesunde menschliche Gen, in den Wurm eingebracht, dafür, dass er wieder normal Eier legen kann, wenn sein entsprechendes Gen krank war. Vor diesem Hintergrund lässt sich gut verstehen, wozu die Gentechnik dienen kann. Sie kann zu diagnostischen Zwecken gebraucht werden, also um die Abfolge der Basenpaare zu identifizieren, und in einem weiteren Schritt diesen so entzifferten genetischen Code auch zu entschlüsseln, also die Wirkweise der Sequenzen verstehen zu lernen. Auf diese Weise können einerseits Gensequenzen entdeckt werden, die zu besonderen Eigenschaften befähigen. Dies ist besonders für die Gentechnik bei Pflanzen und Tieren von Bedeutung. Es können aber auch Genveränderungen identifiziert werden, die für Krankheiten oder Behinderungen disponieren. Dies ist besonders im Blick für die beiden Formen vorgeburtlicher Diagnostik von Bedeutung, die genetische Präimplantationsdiagnostik (also die genetische Diagnostik eines in vitro gezeugten menschlichen Keims im Acht- bis Sechzehnzellstadium vor der Implantation) und die genetische Pränataldiagnostik. Die Gentechnik kann aber auch dazu dienen, gentechnische Eingriffe vorzunehmen. Dabei sind zwei Formen zu unterscheiden: Die klassischen Züchtungsverfahren zielen darauf ab, dafür zu sorgen, dass möglichst nur das gewünschte Erbgut bestimmter Lebewesen an die nächstfolgenden Generationen weitergegeben wird. Die gentechnischen Eingriffe auf der molekularen Ebene bringen gezielt einzelne Sequenzen von Nukleinsäurepaaren in ein Lebewesen ein bzw. eliminieren gezielt einzelne Sequenzen. Dabei sind weitere Unterscheidungen zu machen: Der Eingriff kann sich auf ein einzelnes Lebewesen beziehen. Es handelt sich dann um einen so genannten somatischen Eingriff. Der Eingriff kann aber auch die Keimzellen betreffen und damit (möglicherweise) die Nachkommen betreffen. Es handelt sich dann um einen Eingriff in die Keimbahn. Auch bei der Zielsetzung „gewünschtes Erbgut“ sind weitere 2 Olzog Verlag, 81373 München Religion, Handbuch, Nachschlagewerk, Hintergrundwissen, Religionsforschung, Christentum, Islam u.v.m. (c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 2 eDidact - Handbuch der Religionen DIE ETHISCHE DISKUSSION DER GENTECHNOLOGIE I - 14.6.1 SC H AU Unterscheidungen zu treffen. Es kann darum gehen, Lebewesen gentechnisch zu behandeln, um sie zu therapieren oder um sie gegen bestimmte Risiken (Schädlinge, Schädlingsvernichtungsmittel) widerstandsfähig (resistent) zu machen oder um sie zu optimieren. Bei Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren geht es – direkt – darum, diese zu optimieren, und in bestimmten Fällen – indirekt –, um dem Menschen bestimmte therapeutische Möglichkeiten zu geben. Ein Beispiel hierfür ist die gentechnische Herstellung von Insulin durch das Einführen einer bestimmten Sequenz von Nukleinsäuren in Bakterien, sodass diese menschliches Insulin produzieren. VO R Beim Menschen geht es um somatische Eingriffe mit therapeutischer Zielsetzung, z.B. im Rahmen der Entwicklung von Krebstherapien. Ein Spezialfall stellt in diesem Zusammenhang die Technik des Klonens, fachsprachlich des somatischen Zellkerntransfers, bei den Lebewesen dar, die sich nicht als Klone (Ableger) fortpflanzen. Hier geht es darum, einen kompletten Organismus sozusagen genidentisch zu kopieren. Dies ist mittlerweile auch bei Säugetieren und sogar beim Menschen möglich. Einen Spezialfall stellt die embryonale und adulte Stammzellforschung dar, die insofern auch zur Gentechnologie gehört, weil hier in besonderem Maß gentechnische Verfahren zur Anwendung kommen können. So kann man beispielsweise embryonale Stammzellen so genetisch verändern, dass sie vom Immunsystem des Empfängers nicht so leicht abgestoßen werden. Man kann aber auch die Klonierungstechnik und zugleich weiteres gentechnisches Wissen anwenden, um menschliche Blastozysten1 herzustellen, aus denen man zwar Stammzellen gewinnen kann, die sich aber selbst niemals über das Blastozystenstadium hinaus entwickeln können. Bevor jedoch die ethischen Diskussionen der großen Religionen zu einzelnen ausgewählten ethischen Konfliktfällen skizziert werden können, sind zuerst ihre grundlegenden Einstellungen zur Gentechnik im Ganzen kurz darzustellen. Grundlegende Einstellungen in verschiedenen Religionen Für das Juden- und Christentum zeigt sich bereits in der grundlegenden Zugangsweise zu technischen Möglichkeiten eine Spannung. Schon die hebräische Bibel, die für Juden- und Christentum als Heilige Schrift gilt, erzählt in den Schöpfungserzählungen von einem Herrschaftsauftrag des Menschen über (Gen 1,27f.) und einem Bewahrungsauftrag des Menschen für die Natur (Gen 2,15). Damit verbunden sind zwei Traditionsstränge: Im einen Fall wird Klöcker/Tworuschka: Handbuch der Religionen 15. EL 2007 3 Religion, Handbuch, Nachschlagewerk, Hintergrundwissen, Religionsforschung, Christentum, Islam u.v.m. (c) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Seite 3