Intensive Aufzucht bringt Vorteile

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NUTZTIERE
Intensive Aufzucht bringt Vorteile
DAS BILDUNGSZENTRUM LIEBEGG führt Praxisversuche zur Fütterung von
Aufzuchtkälbern durch. Erste Ergebnisse bestätigen ausländische Studien, wonach sich der Einsatz von mehr Milch und geeigneter Wirkstoffe in den ersten sechs Lebenswochen lohnt.
Ueli
Wolleb
Samuel
Brunner
Eine intensive Aufzucht in den
ersten Lebenswochen führt zu hohen Tageszunahmen und gesunden Kälbern. Sie legt die Basis für
eine frühe Besamung und ein tiefes
Erstkalbealter, bestätigt ein Praxisversuch des Landwirtschaftlichen Zentrums Lieb­egg.
Seit Frühling 2013 werden auf den
zwei Milchviehbetrieben Wolleb, Lupfig, und Hauri, Seon, sowie auf dem
Aufzuchtbetrieb der Familie Senn, Asp,
Daten erhoben. Die beiden Geburtsbetriebe haben ihre Kälber in eine
Versuchs- und eine Kontrollgruppe gegliedert. Auf dem Betrieb Hauri (Eimertränke) wurden jeweils fünf nacheinander geborene Kälber einer Gruppe
zugeteilt, während auf dem Betrieb
Wolleb immer ein Kalb in die Versuchsund das nächste in die Kontrollgruppe
kam, weil ein Tränkeautomat vorhanden ist.
Die Tränke- und Fütterungspläne der
Versuchsgruppe sind in der Tabelle dargestellt. Die Kontrollgruppe erhielt maximal 6 l Milch pro Tag, ergänzt mit
«UFA 116», Heu, dem UFA-Mineralleckstein für Kälber sowie Wasser zur
freien Verfügung (kein Milchpulver
«UFA 207» und kein Wirkstoffkonzentrat «UFA top-punch»). Erhoben wurden
die Tiergewichte in den verschiedenen
Aufzuchtperioden. Auf dem Betrieb
Wolleb erfolgte zudem eine Messung
des Kraftfutterverzehrs und Milchverbrauchs. Allfällige gesundheitliche Probleme wurden notiert.
Erfolgreicher Start In der Tränkephase erzielte der Betrieb Hauri mit
dem Versuchsregime einen Tageszu-
60
Positiv überrascht
«Deutlich vitaler»
Auf dem Betrieb der
Familie Wolleb, Lupfig
(AG), leben 65 Red
Holstein und Holstein
Milchkühe. Die Aufzuchtkälber werden
eine Woche im Iglu
gehalten. Darauf gehen sie in die Gruppe und saufen am
Tränkeautomaten.
Christian Hauri bewirtschaftet 30 ha
Nutzfläche und ist
Wiesenmilchproduzent mit 50 Holstein
und Red Holstein
Kühen. Zwei bis drei
Wochen verbringen
die Kälber im Iglu, bevor sie in 4er bis
5er Gruppenställe kommen. Mit zweieinhalb bis drei Monaten gehen alle
Tiere in den Aufzuchtvertrag auf den
Betrieb Senn, Asp
Betriebsleiter Christian Wolleb beurteilt
die Vitalität und Gesundheit der intensiv
gefütterten Kälber als gut. Entsprechend
wuchsen sie schneller als die Tiere der
Kontrollgruppe. Aufgrund der positiven
Erfahrungen will Christian Wolleb seine
Aufzuchtkälber weiterhin nach dem in
der Tabelle beschriebenen Tränkeplan
ernähren. Zu Beginn des Versuchs habe
er befürchtet, die Kälber würden vermehrt dünn koten und an Durchfall erkranken, wenn sie in den Wochen 3 und
4 bis 9 l Milch pro Tag saufen. Die Befürchtung sei aber keineswegs eingetreten, was ihn positiv überrascht habe.
wachs von 868 g, was die tägliche Gewichtszunahme der Kontrollgruppe um
10 g übertrifft. Auf dem Betrieb Wolleb
belief sich das Plus gar auf 46 g (716
versus 670 g). Die Tränkephase ist auf
dem Betrieb Hauri mit knapp 100 Tagen deutlich länger als auf dem Betrieb
Wolleb mit im Mittel 80 Tagen. Hauptgrund für die grosse Differenz bei den
durchschnittlichen Tageszunahmen
während der Tränkephase ist die unterschiedliche Tränkedauer auf den beiden Betrieben.
Bei den aufgezeichneten Krankheitsdaten lässt sich kein wesentlicher Unterschied zwischen Versuchs- und Kon-
«Dank der Beifütterung von Milchpulver
und UFA top-punch sind die Kälber
deutlich vitaler», beobachtet Christian
Hauri. Die bessere Energieversorgung in
der Startphase werde an den Tageszunahmen ersichtlich. «Die höhere Dosis
Milch durch die Beifütterung von Milchpulver ist sehr gut verträglich, es ist kein
erhöhtes Durchfallrisiko aufgetreten», so der Milchviehzüchter. Sein Fazit: «Ich füttere die Aufzuchtkälber auch in Zukunft nach dem Fütterungsplan der UFA.»
trollgruppe erkennen. Die Betriebsleiter
beobachteten bei den Versuchskälbern
aber Vorteile hinsichtlich Vitalität und
Gesundheit (siehe Kästen).
Gewichtsvorsprung gehalten Nach dem Abtränken verschieben die
Betriebe Hauri und Wolleb die meisten
ihrer Kälber auf den Aufzuchtbetrieb
Senn. Wegen einer noch geringen Anzahl Tiere, die in den Versuch einflossen, sind die bisherigen Resultate auf
dem Aufzuchtbetrieb als erste Tendenzen zu werten. Genauere Zahlen folgen. Die vorhandenen Daten des Betriebs Senn zeigen aber, dass die Kälber
9 2015 · UFA-REVUE
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den Gewichtsvorsprung aus der Tränkephase halten konnten. Ab Geburt bis
zum achten Lebensmonat legten die
Kälber im Schnitt 907 g pro Tag zu
(+ 33 g zu Kontrolle). Auch vom achten
bis 15. Monat lagen die Zunahmen mit
901 g (+ 88 g) auf hohem Niveau. Die
Rinder der Kontrollgruppe erreichten
das Zielgewicht für eine Besamung von
420 kg punktgenau im 15. Monat. In
der Versuchsgruppe wogen die Rinder
zu diesem Zeitpunkt bereits 445 kg. Einem frühen Erstkalbealter von 24 Monaten lag somit in beiden Gruppen
nichts im Wege. Ab dem 15. Monat erreichte die Versuchsgruppe noch einen
Tageszuwachs von 820 g (+ 22 g).
Ration Senn Gemäss Fütterungsplan nach «UFA W-FOS» hat die Ration
Tabelle: Tränkeregime der Versuchsgruppe
Alter
Wochen
Vollmilch
l/Tag
Eimer
(Hauri)
1
Automat
(Wolleb)
UFA 207
instant
g/Liter
UFA 207
plus
g/Liter
Eimer (Hauri)
Automat
(Wolleb)
UFA
top-punch
g/Tag
UFA 116*
zusätzlich
kg/Tag
Kolostralmilch
zur freien
Aufnahme
2
2x3
7
30
20
30
3
2 x 3.5
9
40
35
40
4
2 x 3.5
9
50
50
40
0.25
5
2x3
8
30
30
40
0.5
30
30
40
0.75
6
2x3
6
7
2x3
6
1
8
2x3
6
1.3
9
2x3
4
1.6
10
2x2
3
2
11
2x2
2
2
12
2x1
–
2
UFA-Eisenpaste (1. Lebens-
woche) sowie Wasser, Heu
bester Qualität und
UFA-Mineralleckstein zur
freien Aufnahme
* Hauri: zur freien Aufnahme
Tageszuwachs [g/Tag]
Grafik: Tageszuwachs
900
Betrieb Hauri
850
800
858 g
(14
Tiere)
750
700
650
600
100 868 g
(26
Tiere)
 Kontrollgruppe
 Versuchsgruppe
Betrieb Wolleb
670 g
(21 T.)
92
83
Dauer der Tränkephase [Tage]
716 g
(18
Tiere)
78
Die Unterschiede zwischen intensiv
und gemäss früheren Empfehlungen
getränkten Kälbern sind oft
von blossem Auge erkennbar.
der Aufzuchtkälber auf dem Betrieb
Senn zu Beginn eine Konzentration von
6.4 MJ NEL und 17 % Rohprotein.
Rund um die Besamung wird sie auf 5.6
MJ NEL und 15 % Rohprotein reduziert. Ab dem 17. Monat wird der Energieanteil auf 5.8 MJ erhöht, während
der Proteinanteil eine Reduktion um
10 g auf 14 % erfährt.
Lohnt es sich? Die Kosten für Vollmilch und Milchpulver lagen in der
Kontrollgruppe bei Fr. 235.20 pro Kalb,
bei Eimertränke (Hauri) bei Fr. 278.50
und bei Automatentränke (Wolleb) bei
Fr. 303.60. Die Mehrkosten der intenUFA-REVUE · 9 2015
siven Aufzucht müssen dem Effekt auf
die Gesundheit, das Wachstum, Erstkalbealter und die Milchleistung als
Kuh gegenübergestellt werden, um die
Wirtschaftlichkeit zu beurteilen.
Aus den Betrieben Hauri, Wolleb
und Senn erlauben die bisherigen Versuchsresultate folgende Prognose: Die
um 25 kg höheren Zunahmen der Versuchsgruppe entsprechen zirka einem
Aufzuchtmonat. Kalben die Tiere der
Versuchsgruppe im Schnitt einen Monat früher ab als die Kontrollgruppe,
verwandeln sich die Mehrkosten der
Tränkephase bei mittleren Aufzuchtkosten von 95 Fr. pro Monat und Tier in
einen Mehrertrag von 25 Fr. (Wolleb)
bis 50 Fr. (Hauri). Zusätzlich ist dank
metabolischer Programmierung mit einer höheren Milchleistung zu rechnen.
Mehr Milch? Bald werden die ersten
Tiere im Versuch abkalben. Die Erhebung des Lebendgewichts bei der Abkalbung, des Kalbgeschlechts und der
Milchleistung in der ersten Laktation
sollen weitere Aussagen über die Wirtschaftlichkeit der intensiven Aufzucht
ermöglichen. Viele ausländische Versuche zeigen, dass Kälber, die in den ersten Wochen hohe Milchmengen erhalten, als Kuh mehr Milch geben. m
Autoren Ueli Wolleb,
Lehrer und Berater am
Landwirtschaftlichen
Zentrum Liebegg, 5722
Gränichen. Samuel
Brunner, Ressortleiter
und Milchviehspezialist
im UFA-Beratungsdienst, 6210 Sursee,
www.ufa.ch.
www.ufarevue.ch
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