A2 Dötsch A2 – 1 Teilprojekt A2 Herstellung und Charakterisierung magnetischer Granatschichten Leiter: Prof. Dr. H. Dötsch Mitarbeiter: Dr. H. Hesse, Dr. R. Pankrath, Dipl. Phys. A. Brockmeyer, Dipl. Min. S. Sure, B. Lemme, W. Geisler, C. Lehnig I) Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung Das Ziel dieses Teilprojektes besteht darin, mit Hilfe der Flüssigphasenepitaxie (LPE) Granatschichten der Zusammensetzung {Y, Bi}3 [F e, Ga, Al]2 (F e, Ga, Al)3 O12 herzustellen, die sich durch Wismut, Gallium- und Aluminiumsubstitution von YttriumEisengranat (YIG) ableiten. Dabei bezeichnet {} einen Dodekaeder-, [ ] einen Oktaederund () einen Tetraederplatz bezüglich der Sauerstoffumgebung. Es ist davon auszugehen, daß sich durch das benutzte LPE-Verfahren zusätzlich Blei auf Dodekaeder- und Platin auf Oktaederplätzen als Verunreinigungen einbauen. Die Granatschichten werden als magnetooptische Wellenleiter im Teilprojekt D6, die in den Schichten anregbaren magnetischen Resonanzen im Teilprojekt D1 untersucht. Das von uns aufgebaute Verfahren zur Flüssigphasenepitaxie ist in [1] ausführlich beschrieben. Die Substitution mit Wismut hat folgende Ziele • Erhöhung der Faraday Drehung. • Einstellung der wachstumsinduzierten magnetischen und optischen Anisotropien. Als Substratmaterial stand zunächst nur Gadolinium-Galliumgranat mit einer Gitterkonstanten von 1.238 nm zur Verfügung. Die Substitutionen mit Gallium bzw. Aluminium sind daher nötig, um die Erhöhung der Gitterkonstanten durch die großen Wismutionen zu kompensieren; sie verursachen allerdings eine Verringerung der Magnetisierung. Außer den genannten Substitutionen werden auch Schichten mit Neodym- und A2 Dötsch A2 – 2 Erbium-Substitutionen hergestellt im Hinblick auf Untersuchungen zur Realisierung eines Wellenleiter-Lasers. Neben der üblichen Orientierung der Schichten in [111]-Richtung sind auch Kristalle mit [110]-, [211]- und mit einer speziellen nicht symmetrischen Orientierung herzustellen. Für die geplanten Untersuchungen ist es wichtig, daß die Schichten eine sehr geringe optische Dämpfung und kleine Linienbreiten der magnetischen Anregungen aufweisen. Dazu ist es erforderlich, eine große Homogenität der Schichten in Richtung der Filmnormalen zu erzielen. Es war ferner bekannt, daß die optische Dämpfung stark vom Blei-Einbau abhängt. Diese Rolle des Bleis gilt es aufzuklären. Eine zentrale Frage ist der Einfluß der Wachstumsbedingungen auf die Materialeigenschaften. Zur Klärung sollen hier gezielte Serien-Untersuchungen durchgeführt werden. Dabei erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit Prof. Tolksdorf vom Philips Forschungslabor Hamburg. Durch diese Zusammenarbeit konnten auch substituierte Thulium-Eisengranate (T IG) untersucht werden: {T m, Bi}3 [F e, Ga, Al]2 (F e, Ga, Al)3 O12 . Die hergestellten Granatschichten sind bezüglich der Schichtdicke, Gitterfehlanpassung, optischer Dämpfung, zirkularer und linearer magnetischer Doppelbrechung, optischer und magnetischer Anisotropien sowie der Sättigungsmagnetisierung zu charakterisieren. II) Angewandte Methoden Zur Flüssigphasenepitaxie steht zunächst unsere in [1] beschriebene Anlage zur Verfügung. Es stellt sich dabei als nachteilig heraus, daß der benutzte Platin-Tiegel oben offen ist. Dadurch kommt es zu einem unkontrollierten Abdampfen von Bleioxid aus der Schmelzlösung, verbunden mit entsprechenden Konzentrationsänderungen. Die Reproduzierbarkeit des Herstellungsverfahrens wird somit herabgesetzt. Zur Beseitigung dieser Schwierigkeit sind nahezu geschlossene Tiegel zu verwenden. Solche Tiegel gestatten ferner ein Nachfüllen von Granatkomponenten, ohne daß eine schädliche Abkühlung auf Zimmertemperatur nötig ist. Um diese Technik einzuführen, hospitierte der in dem Teilprojekt arbeitende wissenschaftliche Mitarbeiter, Dipl. Min. S. Sure, für 6 Wochen im Philips Forschungslabor Hamburg. Dabei konnte er bereits einige Kristall-Serien herstellen, die unten vorgestellt werden. Insbesondere war es auch möglich, Substratkristalle mit größerer Gitterkonstante zu benutzen, so daß keine Gallium- oder AluminiumSubstitutionen nötig waren. Die Epitaxie-Anlage des Philps Forschungslabors wurde dann Ende 1990 stillgelegt. Sie konnte mit allem Zubehör übernommen werden. Anfang 1991 wird sie in Osnabrück in Betrieb gehen. Die Charakterisierung der hergestellten Schichten erfolgt mit folgenden Methoden. • Schichtdicke: Sie läßt sich aus den Interferenzen eines Infrarot-Spektrums ableiten. A2 Dötsch A2 – 3 • Gitterfehlanpassung: Sie wird bestimmt durch Röntgenbeugung. Durch Übernahme eines Meßplatzes von Philips kann die Gitterfehlanpassung unmittelbar nach der Herstellung gemessen werden. Nötige Korrekturen der Wachstumsparameter sind dann sofort durchführbar. • Optische Dämpfung: Mit Hilfe der Zwei-Prismen-Methode läßt sie sich kontinuierlich im Wellenlängenbereich von 1100 bis 1700 nm messen. • Zirkulare und lineare magnetische Doppelbrechung: Dazu wurde ein Spektrometer bei den Wellenlängen 633, 780, 1150 und 1300 nm aufgebaut. • Optische Anisotropien: Hierzu ist ein Meßplatz für 1300 nm Wellenlänge vorhanden. • Magnetische Anisotropien: Die Messung erfolgt mit Hilfe der ferrimagnetischen Resonanz, wobei der Meßplatz erheblich verbessert wurde. Schwierigkeiten bereiten allerdings noch Schichten, deren Normale nicht mit einer der Symmetrierichtungen [100], [111], [110] oder [211] zusammenfällt. • Sättigungsmagnetisierung: Hierzu steht bereits ein Schwingproben-Magnetometer zur Verfügung. III) Ergebnisse und ihre Bedeutung 1) Optische Dämpfung. Das schwierigste Problem bereitete zunächst die optische Dämpfung. Von reinem YttriumEisengranat ist bekannt, daß die Dämpfung im Bereich 1200 bis 5000 nm Wellenlänge auf Werte unter 0.1cm−1 fällt. Die hergestellten Schichten zeigen dagegen in den meisten Fällen Dämpfungswerte über 10 cm−1 . Der Grund dafür ist in dem Einbau von Blei zu suchen. Es kann sowohl als P b2+ - als auch als P b4+ -Ion im Kristall vorliegen. Zum Ladungsausgleich ist dann die Bildung von F e4+- bzw. F e2+ -Ionen nötig. Beide Ionen führen zu einer starken Absorption im nahen Infrarot, wie Hawkes und Theale [2] an massiven Kristallen gezeigt haben. Nur wenn sich der Ladungsausgleich zwischen den Blei-Ionen bei gleichen Konzentrationen von P b2+ - und P b4+ -Ionen vollzieht, läßt sich eine niedrige Dämpfung erreichen. Diese Modell-Vorstellung wurde durch Photoelektronenspektroskopie (XPS) im Teilprojekt A8 erhärtet. Mit diesem Verfahren kann man die Konzentrationen der P b2+ - und P b4+ -Ionen getrennt messen. Die wichtigeren Konzentrationen von F e4+- und F e2+-Ionen sind wegen des hohen Überwiegens der F e3+-Ionen nicht einfach zu bestimmen [3]. Die XPS-Messungen erlauben zunächst nur Aussagen über eine dünne Oberflächenschicht von etwa 2 bis 3 nm Dicke. Durch gezieltes Abätzen der Schichten konnte jedoch gezeigt werden, daß keine große Änderung der Konzentrationen ins Innere der Kristalle erfolgt. In Abb. 1 ist gezeigt, wie sich die optische Dämpfung einer Schicht von Yttrium-Eisengranat (YIG) bei der Wellenlänge λ = 1300 nm verhält, wenn man die Schicht in A2 Dötsch A2 – 4 Wasserstoffatmosphäre bei 280 bzw. 380o C tempert. Bereits nach dem ersten Temperschritt ist eine drastische Abnahme der Dämpfung erreicht. Abb. 2 gibt die zugehörigen XPS-Spektren wieder. Im Fall der hohen Dämpfung (a) liegt Blei überwiegend als P b4+ Ion vor. Bei kleiner Dämpfung nach der Reduktion in Wasserstoff ergeben sich nahezu gleiche Konzentrationen für die P b4+ - und P b2+ -Ionen. Abb. 3 zeigt, daß das Verhalten der Dämpfung beim Tempern reversibel ist. Es ist die optische Dämpfung als Funktion der Wellenlänge dargestellt. Kurve a) gilt für die unbehandelte Schicht, Kurve b) ergibt sich nach dem Tempern in Wasserstoff. Anschließendes Oxidieren in Sauerstoffatmosphäre (1 Stunde bei 600o C) führt auf Kurve c), die durch nochmaliges Tempern in Wasserstoff in Kurve d) überführt wird. Bildet man die Differenz der optischen Dämpfung des in Abb. 3 gezeigten unbehandelten Kristalls zu einem Kristall mit sehr niedriger Dämpfung, so erhält man die in Abb. 4 dargestellte zusätzliche Dämpfung. Sie zeigt ein Maximum bei etwa 1100 nm Wellenlänge. (Das Maximum bei 900 nm ist durch F e3+-Ionen verursacht.) Durch die gestrichelte Kurve ist die von Hawkes und Theale [2] an massiven Kristallen von Si:YIG gefundene Zusatzdämpfung wiedergegeben. Die Zusatzdämpfung bei 1100 nm wird den F e2+-Ionen zugeschrieben. A2 Dötsch Abb. 1: Einfluß des Temperns in Wasserstoff-Atmosphäre auf die Dämpfung einer YIG-Schicht. Abb. 2: Die den Messungen aus Abb. 1 entsprechenden XPS-Spektren der P b4+ - und P b2+ -Ionen. A2 – 5 A2 Dötsch Abb. 3: Die optische Dämpfung einer YIG-Schicht als Funktion der Wellenlänge nach verschiedenen Temperbehandlungen. Abb. 4: Die den F e2+-Ionen zugeschriebene optische Zusatzdämpfung. A2 – 6 A2 Dötsch A2 – 7 Mit dem neuen LPE-Verfahren im nahezu geschlossenen Tiegel konnten nun erstmals systematische Serien-Untersuchungen zur optischen Dämpfung durchgeführt werden. Abb. 5 zeigt die Dämpfung der Serie Y/F57 (nominell reiner YIG) als Funktion der Wachstumsgeschwindigkeit, die durch die Größe der Unterkühlung variiert wurde. Die Rotationsfrequenz des Substrats war konstant 90 min−1 . Es ist ein deutliches Minimum der Dämpfung zu beobachten. Das gleiche Verhalten zeigen auch andere Serien. Ein ähnliches Verhalten haben auch Meunier et al. an (Gd, Ga) : Y IG-Schichten beobachtet [4]. Abb. 5: Die optische Dämpfung als Funktion der Wachstumsgeschwindigkeit für eine Serie von YIG-Schichten Eine Erklärung für diesen Verlauf ergibt sich aus folgender Überlegung. Im Minimum der Dämpfung erfolgt eine Ladungskompensation zwischen den P b2+ -Ionen einerseits und den vierwertigen Ionen P b4+ , P t4+ und Si4+ andererseits. Silizium wird dabei durch Verunreinigung der Ausgangssubstanzen eingebaut, wobei die Konzentration etwa konstant bei 0.005 Formeleinheiten liegt. Außerhalb des Bereichs des Minimums in Abb. 5 müssen F e2+- bzw. F e4+-Ionen zum Ladungsausgleich beitragen, so daß eine entsprechend hohe Dämpfung resultiert. Erste XPS-Messungen stimmen mit dieser Modell-Vorstellung überein, die jedoch durch weitere Messungen zu prüfen ist. Auch erste Temperversuche bestätigen diese Vorstellung. Abb. 6 zeigt die mit einer Mikrosonde gemessenen Konzentrationen von Blei, Platin und Silizium für die in Abb. 5 dargestellte Serie Y/F57. Die Blei-Konzentration steigt kontinuierlich mit der Wachstumsgeschwindigkeit an; eine Aufschlüsselung nach den Wertigkeitsstufen des Bleis ist mit diesem Verfahren nicht möglich. A2 Dötsch A2 – 8 Abb. 6: Die Konzentrationen an Blei und (Platin + Silizium) für die YIG-Schichten aus Abb. 5. 2) Faraday-Drehung und Faraday-Elliptizität. Die Faraday-Drehung der Granatschichten wird im wesentlichen durch den Gehalt an Wismut bestimmt. Der Einfluß von Blei ist zwar angenähert gleich dem des Wismuts, aber der Wismutgehalt überwiegt in den meisten Fällen. In Abb. 7 ist die spezifische Faraday-Drehung als Funktion der Summe aus Wismut- und Bleigehalt bei λ = 1300 nm dargestellt. Es zeigt sich eine gute Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Krumme et al. [5]. Die Kurve zeigt einen leicht überproportionalen Anstieg mit der Einbaurate von Wismut. Für kleine Konzentrationen ergibt sich eine Faraday-Drehung von 1800o cm−1 pro Formeleinheit Wismut. Dieser Zusammenhang läßt sich umgekehrt für eine Bestimmung des Wismutgehalts benutzen. In Abb. 8 wird die Faraday-Drehung von wismutsubstituierten Thulium-Eisengranaten (Bi : T IG) mit der von wismutsubstituierten Yttrium-Eisengranaten (Bi : Y IG) verglichen. Es ergibt sich in beiden Fällen nahezu die gleiche Abhängigkeit vom Wismutgehalt. Die Thulium-Eisengranate zeigen Anisotropien, die für Anwendungen sehr interessant sind [6]. A2 Dötsch A2 – 9 Abb. 7: Die Faraday-Drehung wismutsubstituierter YIG-Schichten als Funktion des Wismut- und Bleigehaltes. Abb. 8: Die Faraday-Drehung wismutsubstituierter Yttrium- und ThuliumEisengrante als Funktion des Wismut- und Bleigehaltes. Für die Realisierung von Isolatoren ist die Faraday-Elliptizität wichtig, da sie die maximale Isolation bestimmt. Abb. 9 zeigt diesen Parameter als Funktion des Wismutgehalts bei λ = 780 nm. Auch hier sieht man eine gute Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus Ref. [5]. Die Kurve hat eine Anfangssteigung von etwa 500o cm−1 pro Formeleinheit Wismut. Für eine Wellenlänge von 1300 nm ließ sich die Elliptizität nur noch bei dem extremen Wismutgehalt x = 1.35 zu 350o cm−1 bestimmen. A2 Dötsch A2 – 10 Abb. 9: Die Faraday-Elliptizität wismutsubstituierter YIG-Schichten als Funktion des Wismut- und Bleigehaltes. 3) Die optische und magnetische Anisotropie. Die optische Anisotropie bestimmt die Phasenanpassung optischer Moden, während die magnetische Anisotropie für die Ausrichtung der Magnetisierung und für die magnetischen Resonanzen wichtig ist. Beide Anisotropien hängen in entscheidender Weise von den Herstellungsbedingungen ab. Sie sind jeweils zusammengesetzt aus einem spannungs- und einem wachstumsinduzierten Anteil. Der erstere ist eine Folge der Gitterfehlanpassung, während die wachstumsinduzierte Anisotropie durch eine Platzpräferenz innerhalb der Klassen der Dodekaederplätze beim Einbau von Wismut und Blei verursacht wird [7]. Für Anwendungen ist die jeweilige Gesamtanisotropie entscheidend; dagegen läßt der wachstumsinduzierte Anteil Aussagen über die physikalischen Vorgänge beim Kristallwachstum zu. Deshalb werden beide Anteile getrennt ermittelt und diskutiert. Beide Anteile sind nicht unabhängig voneinander. Der vermehrte Einbau von Wismut bewirkt wachstumsinduzierte Anisotropien, die im magnetischen Fall etwa linear mit dem Wismutgehalt ansteigen, im optischen Fall nahezu konstant sind; er verursacht aber auch ein Anwachsen der Gitterkonstante der Granatschicht, woraus sich bei fester Gitterkonstante des Substrats ein linearer Anstieg der spannungsinduzierten Anisotropien ergibt (s. Gl. (2) und (4) unten). A2 Dötsch Abb. 10: A2 – 11 Das benutzte Koordinatensystem [111]-orientierter Granatfilme. 3a) Die optische Anisotropie. Entscheidend für die Phasenanpassung optischer Moden sind die Senkrecht- und Parallelanisotropien. Legt man das in Abb. 10 skizzierte Koordinatensystem für [111]-orientierte Schichten zugrunde, gilt: ∆⊥ = xx − yy und ∆ = zz − yy , (1) wobei ∆ für diese Symmetrie verschwindet. Die ij sind die Komponenten des Dielektrizitätstensors. Experimentell beobachtet man ein angenähert lineares Ansteigen von ∆⊥ mit dem Wismutgehalt. Für (Bi, Ga) : T IG findet man einen Anstieg von etwa 3.4 · 10−2 pro Formeleinheit Wismut. Dagegen zeigen (Bi, Al) : Y IG-Schichten eine geringere Abhängigkeit von 1.9 · 10−2 . Für [110]-orientierte (Bi, Al) : Y IG-Schichten, die im Ergebnisbericht zum Teilprojekt D6 näher diskutiert werden, ergibt sich ein ähnlicher Anstieg der Senkrechtanisotropie von 2.2 · 10−2 ; die Parallelanisotropie zeigt in diesen Kristallen jedoch eine Steigung von nur 0.4 · 10−2 . Der spannungsinduzierte Anteil lautet: ∆S⊥ = −2 n4 P44 ∆q ⊥ . qf (2) Dabei ist n der Brechungsindex, während qf und qs die Abstände der Netzebenen parallel zur Filmebene im Film und im Substrat bezeichnen. ∆q ⊥ = qs −qf ist die Gitterfehlanpassung und P44 die photoelastische Konstante des Granatfilms. Der wachstumsinduzierte Anteil ist dann die Differenz zwischen der gemessenen Anisotropie ∆⊥ und dem nach Gl. (2) berechneten spannungsinduzierten Anteil. Der Brechungsindex n folgt aus dem Modenspektrum; er genügt einer linearen Relation nj xj , (3) n = no + j wobei no der Brechungsindex des unsubstituierten Kristalls, xj der Substitutionsgrad und nj die Koeffizienten der einzelnen Substituenten sind [8]. A2 Dötsch A2 – 12 Die photoelastische Konstante P44 liegt, abhängig von der Zusammensetzung, im Bereich zwischen −0.066 und −0.031 [9,10]. In einigen Fällen kann sie aus den Messungen abgeleitet werden. Abb. 11 zeigt die gemessene Senkrechtanisotropie als Funktion der Gitterfehlanpassung für substituierte Thulium-Eisengranate. Diese Ergebnisse deuten auf einen konstanten wachstumsinduzierten Anteil hin, der für die Serie Bi : T IG sogar verschwindet. Das gleiche Verhalten zeigt die uniaxiale magnetische Anisotropie, wie Hansen und Tolksdorf an denselben Kristallen gemessen haben [11]. Aus der Steigung der Ausgleichsgeraden in Abb. 11 erhält man P44 = −0.058 für Bi : T IG und P44 = −0.052 für (Bi, Ga) : T IG. In ähnlicher Weise ergibt sich für eine Serie von (Bi, Al) : Y IG-Schichten ein Wert von P44 = −0.053. Diese Werte liegen innerhalb des aus der Literatur bekannten Bereichs. Abb. 11: Die gemessene Senkrechtanisotropie für wismut- und galliumsubstituierte Thulium-Eisengranate. Für die bisher untersuchten Schichten zeigt es sich, daß die Senkrechtanisotropie im wesentlichen spannungsinduzierter Natur ist. Der i. a. kleine wachstumsinduzierte Anteil wurde für [111]-orientierte Schichten in einer Serie (Bi, Al) : Y IG) bis zum Substitutionsgrad x = 0.8 gemessen. Er sollte als Funktion des Wismutgehalts einem quadratischen Gesetz folgen, wenn man das Modell der Platzpräferenz zugrunde legt [12]. Die Messungen deuten jedoch bis auf drei Extremwerte auf einen nahezu konstanten Anteil im Bereich ±2 · 10−3 hin. Zum weiteren Test dieses Modells sind Kristalle mit Substitutionsgraden x > 1 erforderlich. Ein ähnliches Verhalten haben Ando et al. [13] an einer Serie von wismut- und galliumsubstituierten Schichten aus Gadolinium-Eisengranat beobachtet. Sie messen eine konstante wachstumsinduzierte Senkrechtanisotropie von etwa 1.9 · 10−3 und eine Komponente P44 von −0.056. Es wurden ferner vier Kristalle der Orientierung [211] untersucht. Während die wachstumsinduzierte Parallelanisotropie mit dem Wismutgehalt leicht ansteigt, zeigt die Senk- A2 Dötsch A2 – 13 rechtanisotropie überraschenderweise eine starken Abfall. Zur Klärung dieses Verhaltens sind weitere Messungen nötig. Die optischen Anisotropien für [110]-orientierte Schichten werden im Bericht des Teilprojektes D6 näher diskutiert. Sie dienen dort zur Einstellung der Phasenanpassung optischer Moden. 3b) Die magnetische Anisotropie. Der Anteil der kubischen Anisotropie wird durch die Konstante K1 beschrieben, die nur von der Zusammensetzung der Schicht abhängt. Der Zusammenhang ist aus der Literatur bekannt [14]. Wachstum und Verspannung induzieren weitere Anisotropien. Für [111]orientierte Schichten ensteht ein uniaxialer Term in der Dichte F der freien Energie: F = Ku sin2 Θ = (KuS + KuW ) sin2 Θ , wobei Θ der Winkel zwischen Magnetisierung und Schichtnormalen und Ku die uniaxiale Anisotropiekonstante ist. Experimentell beobachtet man einen näherungsweise linearen Anstieg von Ku in Höhe von rund 1.5 · 104 J m−3 pro Formeleinheit Wismut. Die spannungsinduzierte Konstante KuS ist: KuS ∆q ⊥ = B2 . qf (4) Für die magnetoelastische Konstante B2 ist die Abhängigkeit von der Zusammensetzung bekannt [15]. Die Konstanten K1 und Ku werden mit Hilfe der ferrimagnetischen Resonanz gemessen, KuW ergibt sich aus der Differenz zwischen Ku und der nach Gl. (4) berechneten Konstanten KuS . Im Gegensatz zur optischen Anisotropie findet man bei den untersuchten Kristallen, daß der wachstumsinduzierte Anteil der magnetischen Anisotropie relativ groß ist im Vergleich zum spannungsinduzierten. Abb. 12 zeigt KuW als Funktion des Wismut- und Bleigehalts für eine Serie von (Bi, Al) : Y IG-Schichten. Die Steigung beträgt etwa 1.6 · 104 J m−3 pro Formeleinheit Wismut. A2 Dötsch A2 – 14 Abb. 12: Die wachstumsinduzierte uniaxiale Anisotropie wismut- und aluminiumsubstituierter Yttrium-Eisengranate als Funktion des Wismut- und Bleigehaltes. Bei der Flüssigphasenepitaxie wird das Kristallwachstum durch gezielte Unterkühlung der Schmelzlösung und definierte Rotation des Substrats gesteuert. Um höhere Wachstumsraten zu erreichen und damit den Einbau der Substituenten zu regeln, vergrößert man üblicherweise die Unterkühlung. Eine Alternative dazu besteht darin, bei konstanter Wachstumstemperatur die Granatkonzentration in der Schmelzlösung in definierter Weise zu erhöhen. Die Wachstumsgeschwindigkeiten lassen sich zusätzlich durch Ändern der Rotationsfrequenz regulieren, so daß man die gewünschten Substitutionsgrade noch besser einstellen kann. Diese Technik verdeutlicht Abb. 13. Hier ist KuW gegen die durch Nachwiegen erhöhte relative Änderung ∆C/Co der Granatkonzentration aufgetragen; die Wachstumstemperatur TG ist dabei Parameter. Bei konstanter Temperatur und Rotationsfrequenz des Substrats ergibt sich angenähert ein linearer Zusammenhang. Eine Erhöhung bzw. Absenkung der Rotationsfrequenz führt zu einer entsprechenden Änderung der wachstumsunduzierten Anisotropie, wie die gestrichelten Linien andeuten. A2 Dötsch Abb. 13: Die wachstumsinduzierte uniaxiale Anisotropie wismut- und aluminiumsubstituierter Yttrium-Eisengranate als Funktion der relativen Änderung der Granatkonzentration in der Schmelzlösung. Abb. 14: Auftragung der wachstumsinduzierten magnetischen Anisotropie KuW gegen die wachstumsinduzierte optische Anisotropie ∆W ⊥ wismut- und aluminiumsubstituierter Yttrium-Eisengranate. A2 – 15 A2 Dötsch A2 – 16 In der Abb. 14 werden die wachstumsinduzierten Anteile der optischen und magnetischen Anisotropien einer Serie von (Y, Bi) : Y IG-Schichten miteinander verglichen. Die Mehrzahl der Kristalle zeigt eine optische Anisotropie von 2 · 10−3 . Sieht man von den Extremwerten ab, läßt sich im Prinzip eine Korrelation erkennen. Lenz [12] fand für Kristalle ähnlicher Zusammensetzung einen nahezu linearen Verlauf mit einer Steigung von 8 · 105 J m−3 . (Eine Ausgleichsgerade in Abb. 14 würde 8.5 · 105 J m−3 ergeben.) In [110]- und [211]-orientierten Kristallen enthält die induzierte magnetische Anisotropie neben dem uniaxialen Term einen zweiten, der vom Polarwinkel und Azimut gleichzeitig abhängt. Es ist ein Verfahren entwickelt worden, mit Hilfe winkelaufgelöster FMRMessungen alle Anisotropiekonstanten zu ermitteln. An einigen Kristallen wurde dies bereits erfolgreich getestet. IV) Vergleich mit Arbeiten außerhalb des Sonderforschungsbereichs Im vorigen Kapitel wurde bei der Darstellung der einzelnen Ergebnisse bereits ein Vergleich mit denen anderer Autoren durchgeführt. Es zeigte sich in allen Fällen eine gute Übereinstimmung. Große Fortschritte ergaben sich in letzter Zeit bei der Epitaxie auf Substraten, die durch chemische Ätzverfahren strukturiert sind. Das Ziel ist, Streifenwellenleiter zur Realisieruung eines optischen Isolators herzustellen. Dabei kommt es zu einem ausgeprägten Facettenwachstum. Die optischen Eigenschaften der einzelnen Facetten unterscheiden sich aufgrund der unterschiedlichen Wachstumsrichtungen. Eine Analyse dieses Verhaltens wurde von Proß durchgeführt [16]. V) Offene Fragen Die optische Dämpfung bereitet noch immer die größten Schwierigkeiten. Nach der gegenwärtigen Vorstellung ist dafür der Ladungsausgleich zwischen zwei- und vierwertigen Ionen im Kristallgitter verantwortlich. Zur Aufklärung sind weitere XPS-Messungen in Verbindung mit gezielten Temperversuchen nötig. Die wachstumsinduzierten Anisotropien werden durch das Modell der Platzpräferenz beschrieben. Man erwartet hier eine quadratische Abhängigkeit der Anisotropie vom Wismutgehalt. Zur Erhärtung dieser Vorstellung sind Granatschichten mit höheren Wismutkonzentrationen nötig (x > 1). Die Ermittlung der magnetischen Anisotropie in Granatschichten, deren Normale einen Winkel von etwa 9o zur [111]-Richtung bildet, ist noch schwierig. Ein neues magnetooptisches Verfahren dafür ist im Aufbau. A2 Dötsch A2 – 17 Literatur 1) A. Brockmeyer, Dissertation, Universität Osnabrück (1989) 2) J.B.F. Hawkes and R.W. Theale, J. Phys. C: Solid State Phys. 5, 481 (1972) 3) Z. Simsa, Simsova, J. Zemek, P.E. Wigen und M. Pardavi-Horvath, J. de Phys. C8, 975 (1988) 4) P.L. Meunier, J.P. Castera und P. Friez, J. Magn. Soc. Jap. 11, 199 (1987) 5) J.P. Krumme, V. Doormann und C. Klages, Appl. Opt. 23, 1184 (1987) 6) K. Blanke, B. Lührmann, U. Wallenhorst, H. Dötsch und W. Tolksdorf, phys. stat. sol. (a) 124, (1991) im Druck 7) A. Rosenscwaig und W.J. Tabor, AIP Conf. Proc. 5, 57 (1972) 8) W. Tolksdorf, H. Dammann, E. Proß, B. Strocka, H.J. Tolle und P. Willich, J. Cryst. 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