Jahresbericht 2014 Poliklinische Institutsambulanz für Psychotherapie und Weiterbildungsstudiengang Psychologische Psychotherapie Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen, die vergangenen Monate standen im Ganz im Zeichen eines lebendigen Scien- Stipendienmodell für Promovierende ent- Zeichen umfassender Veränderungen im tist-Practitioner-Modells zeichnete sich die wickelt und die ersten drei Stipendien an Bereich der Klinischen Psychologie und Poliklinische Institutsambulanz auch im Ausbildungskandidatinnen Psychotherapie. Auf Initiative des Bundes- vergangenen Jahr neben einer effektiven dungskandidaten des Weiterbildungsstudi- gesundheitsministeriums wurde eine um- und wissenschaftlich fundierten psycho- engangs Psychologische Psychotherapie fangreiche Reform der Ausbildung Psycho- therapeutischen Behandlung durch eine vergeben. Zudem hat unser Kollege, Herr logischer PsychotherapeutInnen initiiert. Reihe von international hochkarätigen For- PD Dr. Florian Weck, von der Deutschen Zur Förderung und Gestaltung dieses Wan- schungsarbeiten aus. Exemplarisch seien Forschungsgemeinschaft (DFG) eine För- dels wurden von der Universität Mainz hier Arbeiten zur Rolle mentaler Vorstel- derzusage zur Durchführung eines For- Mittel zur Verfügung gestellt, die es er- lungsbilder bei Patientinnen und Patienten schungsprojektes zur Bedeutung von psy- laubten, eine Professur für Klinische Psy- mit Depression (Dr. Stefanie Görgen) sowie chotherapeutischem Kompetenzfeedback chologie, Psychotherapie und Experimen- Studien zur Rolle von Interozeption (Dr. auf den Therapieerfolg erhalten. Es wird in telle Psychopathologie auszuschreiben. So Manuela Schaefer) und emotionaler Dys- den kommenden Wochen an der Poliklini- konnte Dr. Michael Witthöft gewonnen regulation (Thilo Rommel) bei somatofor- schen Institutsambulanz starten. werden, der seit August 2014 gemeinsam men Störungen genannt. mit Dr. Andrea Benecke und Dr. Maria und Ausbil- Angesichts der skizzierten Entwicklun- Zur Förderung des wissenschaftlichen gen sehen wir mit Freude und Optimismus Gropalis als Leiter des Weitbildungsstu­ Nachwuchses haben wir im zurückliegen- den bevorstehenden Reformen im Bereich diengangs Psychologische Psychotherapie den Jahr gemeinsam mit der Abteilung der Klinischen Psychologie und Psychothe- und Leiter der Ambulanz für Forschung Klinische Psychologie und Neuropsycholo- rapie entgegen. und Lehre fungiert. gie (Prof. Michèle Wessa) ein innovatives 1 Univ.-Prof. Dr. Mechthild Dreyer Vizepräsidentin der Universität Mainz Dr. Andrea Benecke Dr. Maria Gropalis Univ.-Prof. Dr. Michael Witthöft Leiterin der Poliklinischen Institutsambulanz Geschäftsführende Leiterin des WeiterLeiter des Weiterbildungsstudiengangs für Psychotherapie und stellvertretende bildungsstudiengangs Psychologische Psychologische Psychotherapie und Leiter der Leiterin des Weiterbildungsstudiengangs Psychotherapie und stellvertretende Leiterin Ambulanz für Forschung und Lehre Psychologische Psychotherapie der Poliklinischen Institutsambulanz 2 Studie zu mentalen Vorstellungsbildern bei Depression Wie beeinflussen mentale Bilder das emotionale Erleben? Mentale Vorstellungsbilder können unser matisch ablaufende und unkontrollierbare emotionales Erleben bedeutsam beeinflus- emotionale Reaktionen erfassen können, die sen. Aufgrund des emotionsverstärkenden häufig auch durch mentale Bilder ausgelöst Effekts mentaler Bilder sollen diese auch eine werden. wesentliche Rolle bei affektiven Störungen Methode: Mittels einer modifizierten Ver­ spielen (Holmes, Geddes, Colom & Goodwin, sion der Affect Misattribution Procedure 2008; Holmes, Lang & Deeprose, 2009). Es (AMP; Payne, Cheng, Govorun & Stewart, besteht die Annahme, dass insbesondere ne- 2005) und Self-Assessment Manikin Ratings gative Vorstellungsbilder eine bestehende de- (SAM; Bradley & Lang, 1994) wurden impli­ pressive Stimmung weiter verstärken und zite (AMP) und explizite (SAM) emotionale aufrechterhalten (Holmes et al., 2009). Zu- Reaktionen infolge mentaler Vorstellungen, dem bestehe bei Personen mit depressiven „realer“ Bilder (Fotografien) sowie einer ver- Störungen ein Defizit bezüglich positiver balen Verarbeitung (Silbenzählen) bei Per­ mentaler Vorstellungsbilder. Allerdings sind sonen mit einer depressiven Störung (N=32) diese Annahmen bei Personen mit einer im Vergleich zu Kontrollpersonen ohne psy- depressiven Störung bislang empirisch unzu- chische Störung (N=32) untersucht. Die Per- reichend untersucht. Die meisten bisherigen sonen mit einer depressiven Störung (ohne Studien zum emotionalen Einfluss mentaler komorbide psychische Störungen) wurden Vorstellungsbilder haben explizite Verfah- in der Poliklinischen Institutsambulanz für ren verwendet (z. B. Fragebögen). Implizite Psychotherapie der Johannes Gutenberg- Verfahren haben den Vorteil, dass sie auto- Universität Mainz rekrutiert. 3 Ergebnisse: Im expliziten Verfahren (SAM) infolge negativer als auch positiver Ima­g i­ Vorstellungsbilder und Bilder lösten in lösten negative Imaginationen bei Personen nationen im Vergleich zu einer verbalen dieser Gruppe vergleichbare Affekte aus mit einer depressiven Störung stärkere ne­ Verarbeitung (ps≤.06, ds≥0.30). Mentale (ps≥.28, ds≤0.17). personen (p<.001, d=0.96). Personen mit einer Depression berichteten auch von einem reduzierten positiven Affekt nach positiven Vorstellungsbildern (p<.01, d=0.79). Allerdings gaben Personen mit einer depressiven Störung insgesamt negativere emotionale Reaktionen an (p<.001, ƞ 2p =.34). Beim Vergleich der drei Verarbeitungsmodalitäten fanden sich in den Gruppen unterschiedliche Effekte. Bei Personen mit SAM (unangenehm bis angenehm) gative Emotionen aus als bei den Kontroll­ 5 4 * ** 3 ** ** ** 2 1 einer depressiven Störung führten mentale Verbale Mentale Bilder Verbale mentale Verarbeitung Vorstellungen Verarbeitung Vorstellungen Vorstellungen und verbale Verarbeitung zu vergleichbaren emotionalen Reaktionen (ps≥.62, ds≤0.06) und Bilder lösten die stärksten Emo­tionen aus (ps≤.01, ds≥0.38). Die Kontroll­personen berichteten von (marginal) stärkeren emotionalen Reaktionen Negativ Personen mit depressiver Störung Bilder Positiv Kontrollpersonen Abb. 1. Mittelwerte und Standardfehler der expliziten emotionalen Reaktionen (SAM) nach einer verbalen Verarbeitung (Silbenzählen), mentalen Vorstellungsbildern und „realen“ Bildern von negativen und positiven Reizen für Personen mit einer depressiven Störung und Kontrollprobanden. *p < .05; **p < .01. AMP (unangenehm bis angenehm) 4 Im impliziten Verfahren (AMP) lösten ne- 4 gative Reize insgesamt bei Personen mit einer depressiven Störung stärkere negative Affek- 3 ** * te aus als bei den Kontrollpersonen (p<.001, ** d=1.17). Beide Gruppen unterschieden sich 2 allerdings nicht hinsichtlich der emotionalen Reaktionen nach positiven Reizen (p=.17, 1 Verbale Mentale Bilder Verbale mentale Verarbeitung Vorstellungen Verarbeitung Vorstellungen Negativ Personen mit depressiver Störung Bilder Positiv Kontrollpersonen Abb. 2. Mittelwerte und Standardfehler der impliziten emotionalen Reaktionen (AMP) nach einer verbalen Verarbeitung (Silbenzählen), mentalen Vorstellungsbildern und „realen“ Bildern von negativen und positiven Reizen für Personen mit einer depressiven Störung und Kontrollprobanden. † p < .10; *p < .05; **p < .01. d=0.35). Besonders interessant ist, dass sich Personen mit und ohne depressive Störung nicht hinsichtlich dem implizit erfassten Affekt nach positiven Imaginationen unterscheiden (p=.51, d=0.16). Insgesamt fanden sich weder für die negativen noch für die positiven Reize Unterschiede in Abhängigkeit der Verarbeitungsmodalität (p=.16, ƞ 2p =.06). 5 Zusammenfassung und Schlussfolgerung: impliziten oder automatischen Ebene von Negative mentale Vorstellungsbilder lösen positiven Imaginationen profitieren können. bei Personen mit einer depressiven Störung Insgesamt deuten unsere Befunde darauf starke negative Emotionen aus, allerdings ist hin, dass die Kognitive Verhaltenstherapie der deren emotionale Wirkung in dieser Gruppe Depression, die häufig die Veränderung negati- nicht stärker als andere Verarbeitungsmo­ ver verbaler Kognitionen umfasst, auch mentale dalitäten (verbale Verarbeitung und Bilder). Vorstellungsbilder stärker thematisieren sollte Depressivität ist assoziiert mit einem redu- und von ergänzenden visuell-imaginativen zierten explizit erfassten positiven Affekt Interventionen profitieren kann, wie bei- infolge positiver Imaginationen. Die beiden spielsweise von der Förderung positiver men- Gruppen unterscheiden sich allerdings nicht taler Vorstellungsbilder (Blackwell & Holmes, hinsichtlich des implizit erfassten Affekts 2010; Holmes et al., 2009; Lang, Blackwell, nach positiven mentalen Vorstellungen, was Harmer, Davison & Holmes, 2012). darauf hindeuten könnte, dass Personen mit einer depressiven Symptomatik auf einer Dr. Dipl.-Psych. Stefanie Görgen 6 7 Forschungsprojekt zu emotionalen Dysregulationsprozessen bei Somatoformen Störungen Wir untersuchten die Emotionsregulation bei gesunden Probanden im Vergleich zu Patienten mit einer Somatoformen Störung Die Somatoformen Störungen stellen eine ein Zusammenhang zwischen Alexithymie – Gruppe von Störungsbildern dar, deren Ge- der mangelnden Fähigkeit Emotionen bewusst meinsamkeit darin besteht, dass die Betrof­ erleben und voneinander differenzieren zu fenen über körperliche Symptome und Be- können – und Somatoformen Störungen ange- schwerden klagen, ohne dass sie durch eine nommen (vgl. De Gucht, Fischler, & Heiser, medizinische Krankheit oder einen organpa- 2004; Waller & Scheidt, 2004). Ansonsten thologischen Prozess ausreichend erklärt wer- existieren wenige Forschungsarbeiten zur Be- den können (Hiller, 2005). Es wurden bereits deutung der Emotionsregulation bei Somato- zahlreiche Modelle postuliert, die das Zustan- formen Störungen. dekommen und die Aufrechterhaltung soma- Mit einem multimodalen Ansatz wurden Ein- toformer Störungen zu erklären versuchen flüsse emotionaler Dysregulationsprozesse (z. B. Barsky, Wyshak, & Klerman, 1990; auf die Entstehung und Aufrechterhaltung Brown, 2004; Kirmayer & Taillefer, 1997; von Somatoformen Störungen untersucht. Rief & Barsky, 2005). Alle Modelle haben ge- Das laborgestützte experimentelle Vorgehen mein, dass die Interaktion von perzeptuellen (mit hoher interner Validität), wurde durch ein (Körpersensationen) und kognitiven Aspek- ambulatorisches Assessment (mit hoher ex- ten (Fehlinterpretationen) eine große Rolle terner Valididtät) und durch fragebogenba- spielt (vgl. auch Hiller, 2005). Zusätzlich wird sierte Maße zur Emotionsregulation ergänzt. 8 Experimentelle Maße der Emotionsregulation tät eingeschätzt werden. Vor der Darbietung stellten die Affect Misattribution Procedure der Schriftzeichen wurden Primes (Bilder oder (AMP) und ein Dot-Probe Task dar. Zur Integ- gesprochene Wörter) präsentiert. Es entsteht ration eines ambulatorischen Ansatzes wur- typischerweise ein Primingeffekt dergestalt, den von den Probanden an drei aufeinander- dass Schriftzeichen nach positiven Primes at- folgenden Tagen Selbstberichte mittels iPods traktiver gefunden werden als nach negativen geführt. Als weitere Selbstberichtsmaße wur- Primes. In unserem Fall konnten Primes mit den schließlich Fragebögen zu Emotionsregu- drei unterschiedlichen Valenzinhalten auftre- lation und Alexithymie eingesetzt. Erste Er- ten: neutrale, negative oder Primes mit krank- gebnisse der Computerexperimente liegen in heitsrelevanten Inhalten. Um zusätzlich eine der Zwischenzeit vor. Emotionsregulation über die Zeit messen zu Insgesamt wurden 35 Probanden mit Somato- können, wurden außerdem zwei unterschied- formen Störungen und 35 gesunde Kon­ lich lange Intervalle (stimulus onset asynchro- trollprobanden in die Studie eingeschlossen. ny, SOA) zwischen der Darbietung des Primes Bei der Affect Misattribution Procedure sollen und der Präsentation des chinesischen Schrift- chinesische Schriftzeichen auf ihre Attraktivi- zeichens gewählt. (vgl. Abbildung 1) 75 ms 125 ms 1000 ms 100 ms Abbildung 1: Ablauf und Darbietungszeiten einer Affect Misattribution Procedure mit Bildern als Bahnungsreiz 9 Es zeigte sich ein interessantes Muster Bilder AMP nach der Darbietung von krankheitsrele­ vanten Bildern. Bei einer kurzen Pause zes SOA) wurden die Schriftzeichen von Probanden mit Somatoformen Störungen und Kontrollprobanden noch gleich angenehm eingeschätzt. Bei einer langen Pause (d.h. langem SOA) hingegen bewerteten gesunde Probanden die Schriftzeichen deutlich besser als die Probanden mit So­ matoformen Störungen (Interaktion Gruppe x SOA: F(1,67) = 6.01, p = .02) (vgl. auch Abbildung 2). Bei den neutralen und ne­ - Bilder mit krankheitsrelevantem Inhalt Prozent angenehmer Ratings zwischen Bildern und Schriftzeichen (kur- 0,64 0,60 0,56 0,52 SOA kurz Soma-Gruppe SOA lang Kontrollgruppe nicht. Abbildung 2: AMP-Effekte für die Bilderversion. Prozent angenehmer Ratings für chinesische Schriftzeichen in Abhängigkeit des Intervalls zwischen Bild und Schriftzeichen (SOA) und der untersuchten Gruppe (Probanden mit Somatoformen Störungen vs. gesunde Kontrollgruppe). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ge- heitsrelevantem Inhalt scheint dies den Insgesamt sprechen diese ersten Ergebnisse sunde Probanden bei einem längeren Inter- Probanden mit Somatoformen Störungen jedoch dafür, dass bei Somatoformen Stö- vall (d.h. Pause) zwischen Bild und chinesi- schlechter zu gelingen. Welche Mechanis- rungen emotionale Dys­regulationsprozesse schem Schriftzeichen ihre Reaktionen und men dabei eine Rolle spielen, kann im bes- eine wichtige Rolle spielen. damit auch Emotionen besser regulieren ten Fall die weitere Auswertung der Frage- können. Gerade bei Material mit krank- bogen- und ambulatorischen Daten liefern. ga­tiven Bildern zeigte sich dieses Muster Dipl.-Psych. Thilo Rommel 10 Neue Psychologinnen und Psychologen in praktischer Ausbildung im Jahr 2014 Tarek Al-Dalati Hilke Gosling Marion Kühsel Alexandra Schmoranzer Annalena Bernard Mirjam Haas Jasmin Kuppetz Vanessa Scholz Eva-Katrin Bliß Verena Hardy Anne Leber Sandra Schönfelder Sandra Ciuca Severin Hennemann Natalie Ogel Johannes Sroka 11 Carolin Engelien Judith Herzer Nelly Osmers Silja Volz Lara Gomille Matthias Klaßen Clara Richter Oleg Winterfeld Daniela Gorke Simon Knauf Anna Rimann Larissa Zaharescu 12 13 Das Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9001 Die zertifizierten Qualitätsmanagements un- Der Weiterbildungsstudiengang bestand sein serer Institutsambulanz und unseres Weiter- Überwachungsaudit im Jahr 2014 problemlos. bildungsstudiengangs regeln alle Betriebspro- In der Institutsambulanz wurde im Jahr 2014 zesse und definieren Qualitätsindikatoren. In das alle drei Jahre erforderliche Rezertifizie- untenstehender Tabelle sind einige unserer rungsaudit durchgeführt, welches ebenfalls wichtigsten Qualitätskennwerte sowie die Er- erfolgreich verlief. Die Auditierung erfolgte gebnisse des Jahres 2014 zusammengefasst. jeweils durch die Firma BSI Deutschland. Qualitätsmerkmale Ergebnisse 2014 Tendenz Bewertung Weiterbildungsstudiengang Zufriedenheit mit Seminaren und Workshops Durchschnittsnote 1,63 (Schulnote) bei Rücklauf 95,94 % Zufriedenheit mit Selbsterfahrungsseminaren Durchschnittsnote 1,3 (Schulnote) bei Rücklauf 96,13 % Note der Staatsprüfungen Durchschnittsnote 1,43 (Schulnote) bei 30 Teilnehmern Bestehen der Staatsprüfung 100 % Poliklinische Institutsambulanz Patientenzufriedenheit gesamt Durchschnittsnote 1,61 (Schulnote) bei Rücklauf 96,6 % Patientenzufriedenheit mit der Therapie Durchschnittsnote 1,55 (Schulnote) Weiterempfehlungsquote durch Patienten Ja 94,1 %; Eingeschränkt 5,9 %; Nein 0 % Mitarbeiterzufriedenheit Durchschnittsnote 1,36 (Schulnote) bei Rücklauf 78 % Therapeutenzufriedenheit Durchschnittsnote 1,97 (Schulnote) bei Rücklauf 67 % Zufriedenheit mit den Supervisionen Durchschnittsnote 1,52 (Schulnote) bei Rücklauf 67 % gegenüber Vorjahr verbessert unverändert verschlechtert • eigener Qualitätsanspruch erreicht • Qualitätsanspruch nicht erreicht, Maßnahmen erforderlich • • • • • • • • • • 14 Die Evaluation unserer Psychotherapien im Jahre 2014 Alle Therapien der Institutsambulanz wur- (GSI-Wert langjähriges Mittel 1 : d = 0,84; den auch im Jahr 2014 systematisch evalu- 2013: d = 1,17;). Bei Patienten mit depressiver iert. Insgesamt wurden 474 Therapien abge- Störung betrug die mittlere Effektstärke im schlossen. Davon wurden 394 (83,1 %) regulär Beck-Depressions-Inventar (BDI) d = 1,33, beendet, 34 (7,2 %) aus nicht-qualitätsrele- was ebenfalls einem großen Therapieeffekt vanten Gründen abgebrochen und 46 (9,7 %) entspricht, der ebenfalls leicht über dem aus potenziell qualitätsrelevanten Gründen langjährigen Mittel liegt (BDI-Werte lang- abgebrochen. Im Rahmen der Therapie betrug jähriges Mittel 1: d = 1,20; 2013: d = 1,53;). die Rücklaufquote über alle Messzeitpunkte Zur Bewertung der Angsttherapien (Panik- hinweg 90,7 %. Die nebenstehende Tabelle störung und / oder Agoraphobie) zogen wir fasst die Prä-Post-Ergebnisse für die Maße die vier Skalen des „Fragebogen zu körper­ der allgemeinen Psychopathologie, Depressi- bezogenen Ängsten, Kognitionen und Ver- vität und Angstsymptomatik zusammen. meidung“ (AKV) heran. Hier waren die Im Global Severity Index (GSI) des „Brief Therapieeffekte im Vergleich zum Vorjahr Symptom Inventory“ (BSI), einem Indikator tendenziell besser (2014: d = 0,67 bis 1,06: der allgemeinen psychischen Belastung, zeig- 2013: d = 0,46 bis 1,02; lang­jähriges Mittel1: te sich mit Cohens d = 0,91 ein großer Thera- d = 0,57 bis 0,91). Allerdings unterliegen diese pieeffekt, der über dem langjährigen Mittel, Ergebnisse aufgrund der geringeren Stichpro- aber unter dem Wert des Vorjahres liegt bengröße größeren Schwankungen. 1 langjähriges Mittel: Effekte über die Evaluationsjahre 2007-2013 15 Unsere Therapieeffekte im Jahre 2014 Skala Beginn der Therapie Ende der Therapie Signifikanztest Effektstärke M SD MSD t pCohens d Patienten gesamt BSI-GSI Gesamtwert (N = 370) 1,36 0,61 0,80 0,61 17,66 <0,001 BSI Skala Ängstlichkeit (N = 284) 1,67 0,70 0,93 0,74 16,14 <0,001 0,91 1,02 BSI Skala Aggressivität/Feindseligkeit (N = 237) 1,34 0,70 0,73 0,72 13,36 <0,001 0,85 Patienten mit depressiver Störung (N = 239) Beck-Depressions-Inventar (BDI) 26,7 8,5 13,7 10,9 19,44 <0,001 1,33 Patienten mit Panikstörung/Agoraphobie Agoraphobic Cognitions Questionnaire ACQ (N = 48) 2,31 0,62 1,92 0,53 5,81 <0,001 Body Sensations Questionnaire BSQ (N = 48) 2,94 0,61 2,23 0,74 9,73 <0,001 0,67 1,06 Mobilitätsinventar MI, Vermeidung in Begleitung (N = 39) 2,41 0,64 1,81 0,77 4,83 <0,001 0,85 Mobilitätsinventar MI, Vermeidung alleine (N = 40) 2,94 0,76 2,21 0,81 5,50 <0,001 0,93 Nur Therapien, die im Evaluationsjahr 2014 abgeschlossen wurden; nur Patienten mit pathologischem Score bei Therapiebeginn; Intention-to-treat-Analyse, d.h. mit und ohne regulär abgeschlossener Therapie 16 Die Leistungsbilanz der Ambulanz 2014 Im Jahr 2014 hielt sich die Auslastung der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen gehörten Ambulanz weiterhin auf einem hohen Niveau, 23,5 % und zur Gruppe der über 65-Jährigen wenngleich ein Rückgang erkennbar war. Es 2,2 % der Patienten, während mit einem wurden insgesamt 1.315 Patienten diagnos- Anteil von 28,8 % die meisten Patienten der tisch untersucht und psychotherapeutisch Altersgruppe zwischen 26 und 35 Jahren behandelt (13,7 % weniger als im Vorjahr). angehörten. 14,3 % hatten einen Hauptschul- Die Zahl der Einzeltherapiestunden sank von abschluss, 24,9 % einen Realschulabschluss, 24.531 im Jahr 2013 auf 19.510 im Jahr 2014, 43,5 % Abitur und 12,1 % einen Hochschul­ was einer Abnahme von 20,5 % entspricht. Es abschluss. Die Prozentsätze erwiesen sich im wurden 40 Kurzzeittherapien und 295 Lang- Vergleich zu den Vorjahren als relativ kon­ zeittherapien neu beantragt. Begleitend zu stant. den Einzeltherapien fanden 1.231 Sitzungen Gruppentherapie (Soziales Kompetenztraining, Kostenträger und Zuweiser Training von Basisfertigkeiten für Entspan- Kostenträger waren in 90,5 % der Fälle ge- nung und Achtsamkeit, störungsspezifische setzliche Krankenkassen, wobei als größte Gruppentherapien) statt. Diese Zahlen um- Kassen die Techniker Krankenkasse (19,1 %), fassen sowohl die Ausbildungsambulanz als die Betriebskrankenkassen (15,2 %), die Bar- auch die Forschungs- und Lehrambulanz. mer GEK (14,8 %), die AOK (14,3 %) und die Soziodemografische Merkmale nennung aufgrund Krankenkassenwechsel 928 der behandelten Personen waren weib- im laufenden Jahr möglich). Es kamen 15,9 % lich (70,6 %) und 387 (29,4 %) männlich. Zur der Patienten aus eigener Initiative (z. B. DAK (12,5 %) vertreten waren (Mehrfach- 17 Internet) und 12,4 % der Patienten aufgrund einer Empfehlung von Freunden oder Bekannten. Ein weiterer Teil der Patienten kam auf Empfehlung von Beratungsstellen (11,9 %) und Kliniken (9,0 %). 3,8 % der Patienten wurden von Fachärzten für Psychia­ trie/Neurologie und 16,3 % von Haus- und Diagnosenstatistik 2014 anderen Fachärzten an uns verwiesen. (nur Hauptdiagnosen – jeweils 1 Diagnose pro Patient) Behandelte Störungen Die Diagnosenverteilung für das Jahr 2014 Störungsbereich ist in nebenstehender Tabelle dargestellt. Alle Diagnosen werden mittels sorgfältigen Substanzmissbrauch und -abhängigkeit Interviews erstellt (Diagnosen nach DSM-IV Psychotische Störungen und ICD-10). Wie in den Vorjahren dominierten als Hauptdiagnosen die Störungen aus dem affektiven Bereich (36 %) und die Angststörungen (19 %). Es wurden durchschnittlich 1,81 Diagnosen pro Patient gestellt. NProzent 7 1% 14 1% Affektive Störungen 468 36% Angststörungen 25119% Zwangsstörungen 514% Somatoforme Störungen 124 Essstörungen 17413% Psychische Störungen im Zusammenhang mit einer medizinischen Grunderkrankung Persönlichkeitsstörungen Sonstige Gesamt 53 9% 4% 1118% 625% 1315100 18 Diagnosenstatistik 2014 (Hauptdiagnosen und Komorbiditäten) Diagnose Hauptdiagnose Diagnosen insgesamt N Prozent N Alkoholabhängigkeit (F10.2) 3 0,2 % 25 1,1 % Schädlicher Gebrauch von Alkohol (F10.1) 2 0,2 % 20 0,8 % Substanzabhängigkeit (F1x.2) 2 0,2 % 23 1,0 % Schädlicher Gebrauch von Substanzen (F1x.1) 0 0,0 % 7 0,3 % 11 0,8 % 14 0,6 % 3 0,2 % 4 0,2 % 32,1 % Schizophrenie (F20.x) Andere Diagnose aus F2 (Störungen aus dem Formkreis schizophrener Erkrankungen) Depressive Episode oder Rezidivierende depressive Störung (F32/F33) Prozent 413 31,4 % 763 Dysthymia (F34.1) 44 3,3 % 97 4,1 % Manische oder bipolare Störungen (F30/F31/F34.0) 10 0,8 % 18 0,8 % Andere Diagnose aus F3 (Affektive Störungen) Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie (F41.0 und F40.01) Agoraphobie ohne Panikstörung (F40.00) Soziale Phobie (F40.1) 1 0,1 % 2 0,1 % 62 4,7 % 107 4,5 % 9 0,7 % 25 1,1 % 97 7,4 % 191 8,0 % Spezifische Phobie (F40.2) 33 2,5 % 68 2,9 % Generalisierte Angststörung (F41.1) 26 2,0 % 43 1,8 % Zwangsstörung (F42) 51 3,9 % 66 2,8 % Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) 24 1,8 % 55 2,3 % 19 Diagnose Hauptdiagnose Diagnosen insgesamt N Prozent N Prozent Anpassungsstörung (F43.2) 26 2,0 % 29 1,2 % Somatoforme Störung (F45 außer Hypochondrie und Schmerz) 18 1,4 % 31 1,3 % Hypochondrische Störungen (F45.2) 51 3,9 % 60 2,5 % Schmerzstörungen (F45.4 [F45.40/F45.41]) 55 4,2 % 107 4,5 % Andere Diagnose aus F4 (Angst-, Zwangs-, Belastungs-, dissoziative und somatoforme Störungen) 5 0,4 % 12 0,5 % Anorexia nervosa (F50.0) 23 1,7 % 28 1,2 % Bulimia nervosa (F50.2) 42 3,2 % 59 2,5 % Andere Essstörungen (sonstige Diagnosen aus F50) 109 8,3 % 167 7,0 % 2 0,2 % 7 0,3 % Sexuelle Funktionsstörungen oder sexuelle Deviationen (F52 und F64-F66) 3 0,2 % 10 0,4 % Psychische Störungen im Zusammenhang mit einer medizinischen Grunderkrankung (F54) 53 4,0 % 124 5,2 % Persönlichkeitsstörungen (F60, F61) (ohne Borderline-Persönlichkeitsstörung) 33 2,5 % 71 3,0 % Borderline-Persönlichkeitsstörung (F60.31) 78 5,9 % 87 3,7 % Störungen der Impulskontrolle (F63) 10 0,8 % 17 0,7 % Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (F90.0) 7 0,5 % 13 0,5 % Sonstige psychische Störungen (oben nicht aufgezählt) 9 0,7 % 25 1,1 % 2375 100,0 % Schlafstörungen (F51) Gesamt 1315 100,0 % 20 Unsere Publikationen aus dem Jahre 2014 Bailer, J., Witthöft, M., Wagner, H., Mier, D., Diener, C. & Rist, F. (2014). Childhood maltreatment is associated with depression but not with hypochondriasis in later life. Journal of Psychosomatic Research, 77, 104– 108. Bräscher, A.-K., Blunk, J. A., Bauer, K., Feldmann, R. E. & Benrath, J. (2014). Comprehensive curriculum for phantom-based training of ultrasound-guided intercostal and stellate ganglion blocks. Pain Medicine, 15, 1647–1656. Bräscher, A.-K., Blunk, J., Söhle, S., Feldmann, Jr., R. E., Bauer, M., Benrath, J. (2014). [Cost minimization analysis in postoperative pain management: economic efficiency and effectiveness of two infusion pump systems]. Der Anästhesist, 63, 783–792. Bräscher, A-K., Dusch, M., Kopf, A., Treede, R. E., Benrath, J. (2014). [Medical educational evaluation of the German Pain Congress 2012. In the context of the CanMEDS physician competency framework]. Der Schmerz, 28, 520–527. Crecelius, V. & Hiller, W. (2014). 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