8. Symposium Septische Unfallchirurgie und Orthopädie Umfassende Versorgung – Adäquater Erlös? H G K Schmidt, H Hayek, D Rudolph Schön Klinik Hamburg Eilbek © 2010 Schön Klinik Seite 1 Vergütung nach DRG seit 2003 erfolgt die Vergütung der stationären Patientenbehandlung anhand der G-DRG‘s (diagnosis related groups) Patienten werden mit Hilfe von Diagnoseverschlüsselung = ICD-10-GM 2014 (internationale statistische Klassifikation der Krankheiten) sowie Operationen und medizinische Prozeduren = OPS 2014 (Operationen- und Prozedurenschlüssel) sowie weitere individuelle Daten in Behandlungsgruppen (MDC od. DRG) eingegliedert © 2010 Schön Klinik Seite 2 Vergütung nach DRG Tagesgleiche Pflegesätze setzten die falschen Anreize im Krankenhaus – jeder Aufenthaltstag brachte Geld Konsequenz Vor Einführung von Fallpauschalen 1 Lange Verweildauern Erlös 2 3 Verweildauer 4 Tagesgleiche Pflegesätze bedeuten: „Jeder Tag bringt Geld“ © 2010 Schön Klinik Keine Leistungsbezogene Vergütung Geringe Kosten- und Leistungstransparenz Kein Anreiz zur Erschließung von Optimierungspotenzial 5 Nur geringer Wettbewerb Seite 3 Vergütung nach DRG Fallpauschalen (DRGs) führen zu einer optimierten Verweildauer und fördern dadurch die Effizienzsteigerung im Krankenhaus Ziele Nach Einführung von Fallpauschalen 1 Senkung der Verweildauer im Krankenhaus Erlös 2 Leistungsbezogene Vergütung 3 Verweildauer Fallpauschalen bedeuten: „Jeder Tag kostet Geld“ © 2010 Schön Klinik Mehr Leistungs- und Kostentransparenz 4 Anreiz zur Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven im Krankenhaus 5 Förderung des Wettbewerbs zwischen den Kliniken Seite 4 Vergütung nach DRG DRG setzt sich zusammen aus: Hauptdiagnose (HD) Nebendiagnosen (ND) Prozeduren (Proz) Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) Partitionen 0-A-M (operative, andere, medizinische) Grenzverweildauer (untere, mittlere, obere) © 2010 Schön Klinik Seite 5 Vergütung nach DRG Jede DRG hat eine eigene Bewertungsrelation: Anhebung möglich durch: Nebendiagnosen (ND) Prozeduren (Proz) Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) Verschiebung der Gewichtung durch Partitionen O-A-M © 2010 Schön Klinik Seite 6 Vergütung nach DRG jede DRG besteht aus 4 alphanumerischen Zeichen, z.B. I44B: I: DRG-Hauptgruppe (Buchstaben für Hauptkategorien A=Sonderfälle, 9=Fehler-DRG) 44: gibt Basis-DRG sowie Partition an • B: Schweregrad (Ressourcenverbrauch), A – H (=höchster bis niedrigster Verbrauch), Z keine Unterteilung © 2010 Schön Klinik Seite 7 Vergütung nach DRG Partitionen O-A-M Einteilung: O: operative Partition: Operationen A: andere Partition: Interventionen z.B. Gastroskopien M: medizinische Partition: konservative Behandlungen © 2010 Schön Klinik Seite 9 Vergütung nach DRG Komplikationen oder Komorbiditäten können Behandlung erschweren, deshalb berücksichtigt DRG-Klassifikation Schwere der Erkrankung Schweregrad: (Ressourcenverbrauch) A – I (A = höchster Schweregrad, I = niedrigster Schweregrad) Z = keine Schweregradunterteilung Bsp. G26Z anale Eingriffe © 2010 Schön Klinik Seite 10 Vergütung nach DRG alle Nebendiagnosen (ND) erhalten Schweregradstufen (CCL) mit Werten zwischen 0-4 für operative u. medizinische Behandlungen CCL0: keine Komorbidität oder diese ist bereits in Basis DRG berücksichtigt CCL1: leichte CC (Komorbidität) CCL2: mäßig schwere CC CCL3: schwere CC CCL4: äußert schwere CC © 2010 Schön Klinik Seite 11 Vergütung nach DRG alle erfassten Nebendiagnosen (ND) werden hinsichtlich ihres kumulativen Effekts bewertet, d.h. der individuelle Gesamtschweregrad (PCCL) wird aus den CCL Werten mit einer „Glättungsformel“ komplex berechnet, was MehrfachBerücksichtigungen ähnlicher ND‘s verhindert gleichartige ND u./ od. Komplikationen erzeugen bei den verschiedenen DRG‘s unterschiedliche PCCL, da CCL-Level für jede DRG unterschiedlich sein kann © 2010 Schön Klinik Seite 12 Vergütung nach DRG die Erfassung der korrekten DRG setzt lückenlose Anamnese, Befunde und komplette Op-Prozeduren voraus wer unzureichend erfasst und falsch bezeichnet gefährdet korrekten Erlös © 2010 Schön Klinik Seite 13 Vergütung nach DRG durch Verwendung zusätzlicher Prozeduren kann innerhalb der DRG oder auch in eine andere gewechselt werden z.B. bei Verschlüsselung temporärer HautWeichteildeckung mit Kunsthaut wird in eine plastische DRG gewechselt Stern- oder Ausrufungszeichen-Diagnosen immer mit verschlüsseln: triggern PCCL z.T. erheblich z.B. bei CC-Diagnose Diabetes mell.: Polyneuropathie*, Angiopathie*, Retinopathie* oder bei Bakterien: Keimart ! © 2010 Schön Klinik Seite 14 Vergütung nach DRG das DRG-System erfasst die meisten Krankheitsbilder durch seine komplexen Varianzmöglichkeiten recht exakt und bewertet die Kosten durch jährliche Anpassungen, die das InEK (Entgeltkalkulation im Krankenhaus) entsprechend einarbeitet, durchaus zutreffend, wenn …. © 2010 Schön Klinik Seite 15 Vergütung nach DRG … wenn es die septische Chirurgie nicht vergessen hätte: die typischen septischen Krankheitsbilder sind wenig differenziert wiedergegeben die komplexen septischen Prozeduren sind nicht berücksichtigt Begriffe wie: Infekt-Pseudarthrose, InfektDefekt-Pseudarthrose oder Segmentresektion Knochen, Segmenttransport u.a.m. existieren nicht !!! © 2010 Schön Klinik Seite 16 Vergütung nach DRG dem System ist auch unbekannt, dass bei 1/3 aller eindeutig septischen Krankheitsbilder kein Keimnachweis gelingt bei den septischen Fällen ohne Keimnachweis oder schwerwiegende Nebendiagnosen, gelangt man auch bei schwieriger septischer lokaler Problematik in eine absolut nicht kostendeckende DRG und könnte das evtl. nur durch fragwürdige Tricks verändern © 2010 Schön Klinik Seite 17 Vergütung nach DRG z.B. finden Sie bei den Prothesenprozeduren inzwischen alle Varianten des Einbaus, des Wechsels, der Entfernung, aber nie eine Spezifizierung des septischen Vorgehens – dies wird stets dem aseptischen gleichgestellt! damit werden nahezu alle spezifischen septischen Probleme bei der Berechnung ignoriert © 2010 Schön Klinik Seite 18 Vergütung nach DRG Krankenhausbetreiber führen fast nie Kostenuntersuchungen einzelner Krankheitsbilder durch, wissen also nur vage, welche Faktoren besonders kostenintensiv sind einzelne Kostenanalysen zeigten, dass z.B. die Behandlung septischer Prothesen sehr teuer sein kann, speziell bei Spezialprothesen u./od. Problemkeimen © 2010 Schön Klinik Seite 19 Vergütung nach DRG Analysen ergaben folgende Richtwerte der Vollkosten: Septischer Prothesenwechsel ohne Problemkeime: 16.000.- bis 25.000.- € Septischer Prothesenwechsel mit Problemkeimen: 28.000.- bis 50.000.- € und mehr © 2010 Schön Klinik Seite 20 Vergütung nach DRG Hauptdiagnose: T84.5: Infektion durch eine Gelenkprothese (Hüfte) Prozedur Hüfte mit PCCL 3 DRG BWR mit PCCL 4 DRG BWR DRG BWR Revision ohne Wechsel I08F 1,77 I12B 2,162 I12A 3,305 Entf.Proth./ Sonderproth. I47B 2,23 I47B 2,23 I05A 3,066 Entf.Proth.+ Einl.Medik.Fm I47B 2,23 I47B 2,23 I12A 3.305 Entf.Proth.+ Einl.Medik.Gel I08D 2,324 I08D 2,324 I08C 3,707 Entf. Femurkopf od Pfanne I08D 2,324 I08D 2,324 I08C 3,707 Inlaywechsel I46B 2,751 I46B 2,751 I46A 4,846 Wechsel Kopf in Kopfproth. I46B 2,751 I46B 2,751 I46A 4,846 © 2010 Schön Klinik Seite 21 Vergütung nach DRG Hauptdiagnose: T84.5: Infektion durch eine Gelenkprothese (Hüfte) DRG BWR mit PCCL 3 DRG BWR Aufsteckkopfwechsel I03B 3,42 I03B 3,42 I03A 5,255 Totalproth.wechsel I03B 3,42 I03B 3,42 I03A 5,255 Wechsel Kopf in Totalproth I03B 3,42 I03B 3,42 I03A 5,255 Wechsel Gel.pfanne I03B 3,42 I03B 3,42 I03A 5,255 Implantation Prothese I03B 3,42 I03B 3,42 I03A 5,255 mehrzeit.Vorg 2x Revision I01Z 5,997 I01Z 5,997 I01Z 5,997 Prozedur Hüfte © 2010 Schön Klinik mit PCCL 4 DRG BWR Seite 22 Vergütung nach DRG als Erlöse sind folgende Richtzahlen interessant: Basiswert HH 2014: 3.178- € (2015: 3209.-€) Hüft-TEP Revision ohne Keim DRG I08F – BWR 1,77 Hüft-TEP Revisionen ohne Keim, 2 zeitig DRG I01Z – BWR 5,997 Hüft-TEP Revision mit MRSA DRG I12A –BWR 3,305 Hüft-TEP Revisionen mit MRSA, 2 zeitig DRG I01Z – BWR 5,997 © 2010 Schön Klinik 5.625 Euro 19.058 Euro 10.503 Euro 19.058 Euro Seite 23 Vergütung nach DRG als Erlöse sind folgende Richtzahlen interessant: Basiswert HH 2014: 3.178.- € Hüft-TEP Implantation ohne CC DRG I03B – BWR 3,42 10.869 Euro Hüft-TEP Explantation, Einl. Medikament Femur DRG I47B – BWR 2,23 7.087 Euro Hüft-TEP Explantation, Einl. Medikament Hüftgelenk DRG I08D – BWR 2,324 7.386 Euro Hüft-TEP, einzeit. Wechsel, ohne Keim, DRG I03B -- BWR 3,42 10.869 Euro Hüft-TEP, einzeit. Wechsel, mit Problemkeim, DRG I03A – BWR 5,255 16.700 Euro © 2010 Schön Klinik Seite 24 Vergütung nach DRG als Erlöse sind folgende Richtzahlen interessant: Basiswert HH 2014: 3178.- € zweizeitiger Hüft-TEP Wechsel a. DRG I47B – BWR 2,23 b. DRG I03B - BWR 3,42 2 stat. Behandlungen mit 6 Wo Abstand 7.087 Euro 10.869 Euro 17.956 Euro innerhalb der I03B für sept. Hüft-TEP Wechsel etc. steuern lediglich die CC mit sehr hohen CCL Wert wie Diab., pAVK, Niereninsuff, hochresist. Keime in die höhere MDC nach I03A US/OS Amputation a. Osteomyelitis: DRG I07Z – BWR 2,841 b. Charcot Fuß: DRG F28C – BWR 1,939 9.029 Euro 6.162 Euro ND, CC-Werte haben keine Konsequenz © 2010 Schön Klinik Seite 25 Vergütung nach DRG Diabetisches Fußsyndrom + pAVK Hauptdiagnose Diabet. mellitus + ND pAVK: Verschlüsselung als diabet. Fuß mit E10.74 bis E14.74 = mit multiplen Komplikationen, nicht entgleist chirurgisch: I27C (BWR 1,517) mit pccl 4: I27B (BWR 2,177) konservativ: K60D (BWR 0,941) mit pccl 4: K60B (BWR 1,581) oder Verschlüsselung als diabet. Fuß mit E10.75 bis E14.75 = mit multiplen Komplikationen, entgleist = die gleichen DRG´s wie oben wesentlich ist alle ND des Diabetes anzuführen: Nierenkomplikationen N08.3* Polyneuropathie G63.2* Periphere Angiopathie I79.2* und die Atherosklerose Becken-Bein Typ mit Ulzeration = I70.23 (die I70.23 hat keinen ccl-Level mehr…somit keine Beeinflussung der DRG´s) © 2010 Schön Klinik Seite 26 Vergütung nach DRG pAVK + Diabetisches Fußsyndrom Hauptdiagnose pAVK + ND Diabet. mellitus: (der Diabetes mell. darf keinen wesentlichen Stellenwert für Entstehung und Verlauf des Fußsyndroms haben!) Verschlüsselung als Atherosklerose Becken-Bein Typ mit Gangrän = I70.24 + BWR chirurgisch: F21C (BWR 1,424 (ohne diabet. Fuß mit oder ohne pccl von 4) konservativ: F65B (BWR 0,753 ) mit pccl 4: F65A (1,690) bei der ND Diabetes mell. E10. bis E14. darf in dieser Konstellation vierte Stelle -.5 (periphere vaskul. Komplik.) oder vierte und fünfte Stelle -.74 oder -.75 (multiple Komplik., nicht entgleist, entgleist) nicht verwendet werden © 2010 Schön Klinik Seite 27 Vergütung nach DRG VAC-Therapie: die VAC Ziel-DRG (MDC 06 (Verdauungsapparat) oder 08 (Bewegungsapparat) erreicht man: I98Z (Knochen) BWR 6,258 Pumpe muss mind. 8 Tage betrieben werden eine Prozedur VAC Anlage als auch ein Kode für die Dauer 8-190.2 und z.B. 5-916.a1 mind. 4 Prozeduren intraoperativ mit mind. jeweils einem Tag Pause dies führt in der Regel zur Verdoppelung des BWR und deutlichen Verlängerung der mittleren Grenzverweildauer somit können komplexe Krankheitsbilder mit chirurgisch geringem Aufwand auch mit Gewinn behandelt werden © 2010 Schön Klinik Seite 28 Vergütung nach DRG die Behandlung septischer Krankheiten auf einer Station ist nur kostendeckend, wenn gleichzeitig differente Diagnosen behandelt werden deshalb zwingend günstige Bewertungen z.B. diabetischer Fuß und Minoramputationen bei pAVK mit raschen Eingriffen bei kurzer Liegezeit mit Protheseninfektionen kombinieren bei allen Op‘s sind möglichst alle, speziell die relevanten Prozeduren zu berücksichtigen Eingriffe müssen rasche Infektfreiheit erzeugen, damit die mittlere Grenzverweildauer unterschritten wird © 2010 Schön Klinik Seite 29 Vergütung nach DRG Fazit zum heutigen Zeitpunkt sind wir bei der finanziellen Bewertung septischer Erkrankungen von einer realistischen Einstufung der Problematik z.T. noch weit entfernt ! © 2010 Schön Klinik Seite 30