Essay : Immer nur heiße Luft - Nachrichten Print - DIE WELT - Debatt... 1 von 2 http://www.welt.de/print/die_welt/debatte/article122064253/Immer-nu... 22. Nov. 2013, 11:49 Diesen Artikel finden Sie online unter http://www.welt.de/122064253 Die Welt 20.11.13 Essay Immer nur heiße Luft Die bisherigen Anstrengungen zur CO2-Reduktionerweisen sich als teuer und ineffizient. Was wir brauchen, sind wirklich innovative grüne Technologien Von Bjørn Lomborg Die zahlreichen internationalen Klimaverhandlungen der vergangenen 20 Jahre haben fast nichts bewirkt und dennoch enorme wirtschaftliche Kosten verursacht. Die mutige Ankündigung Japans, seine unrealistischen kurzfristigen Klimaziele aufzugeben und sich stattdessen auf die Entwicklung grüner Technologien zu konzentrieren, könnte jedoch den Beginn einer intelligenteren Klimapolitik bedeuten. Ende vergangener Woche verkündete die japanische Regierung, dass ihr ursprüngliches Ziel der Verringerung des Treibhausgasausstoßes um 25 Prozent des Niveaus von 1990 bis zum Jahr 2020 nicht realisierbar sei. Vielmehr würden die CO₂-Emissionen sogar um drei Prozent steigen. Dies stieß bei den laufenden Klimaverhandlungen in Warschau auf vorhersehbare Kritik. Umweltaktivisten sind empört und bezeichnen dies als einen "Schlag ins Gesicht" für die ärmeren Schwellen- und Entwicklungsländer. Jedoch hat Japan lediglich den Ansatz einer Klimapolitik aufgegeben, welche in den letzten 20 Jahren kläglich gescheitert ist: das Versprechen geringerer CO₂-Emissionen, welches jedoch selten eingehalten wurde, und wenn, dann nur geringfügig und zu sehr hohen Kosten. Gleichzeitig scheinen die Kritiker Japans weitgehend übersehen zu haben, dass Japan stattdessen versprach, über die nächsten fünf Jahre hinweg mehr als 80 Milliarden Euro aus privater und öffentlicher Hand in innovative Energie- und Umwelttechnologien zu investieren. Damit könnte Japan – so unglaublich dies auf den ersten Blick erscheinen mag – tatsächlich dem Rest der Welt zeigen, wie man das Problem der Erderwärmung effektiv angeht. Leider hat der japanische Lösungsansatz es in Warschau nicht einmal auf die Tagesordnung geschafft. Das gescheiterte Modell der Subventionierung noch nicht ausgereifter regenerativer Technologien dominiert nach wie vor die Klimaverhandlungen. Bereits heute wird weltweit jeden Tag eine Milliarde Dollar in ineffiziente erneuerbare Energien gepumpt – was für das Jahr 2013 voraussichtlich eine Gesamtsumme von 266 Milliarden Euro bedeuten wird. Eine deutlich niedrigere Investitionssumme von 74 Milliarden Euro pro Jahr für Forschung und Entwicklung wäre indes sehr viel effektiver. Zu diesem Ergebnis kam ein Gremium von Wirtschaftsexperten, inklusive dreier Nobelpreisträger, in Zusammenarbeit mit dem Copenhagen Consensus Center, einer Ideenschmiede, die kosteneffiziente Lösungsmöglichkeiten für die zahlreichen Herausforderungen der Menschheit erarbeitet. Trotzdem beharrt man beim Klimagipfel in Warschau auf der Hoffnung, ein weltweit verbindliches Abkommen zur kurzfristigen Reduzierung der CO₂-Emissionen treffen zu können. Eine Reduktionsverpflichtung war auch Grundlage des Kyoto-Protokolls aus dem Jahre 1997. Es schlug fehl, weil die Hauptverantwortlichen für CO₂-Emissionen ihre Verpflichtungen nicht einhielten. Für Schwellen- und Entwicklungsländer wie China (Link: http://www.welt.de/themen/china-reisen/) und Indien bezifferte das Protokoll keine spezifischen Emissionsminderungsziele, die USA (Link: http://www.welt.de/themen/usa-reisen/) sind dem Protokoll gar nicht erst beigetreten, und Kanada hat sein Versprechen nicht gehalten und gab Ende 2011 seinen Ausstieg aus dem Abkommen bekannt. Allein die Europäer verschreiben sich auch weiterhin dem Ziel, hohe Kosten für minimale Resultate auf sich zu nehmen. Die EU hat sich bis zum Jahr 2020 zu einer Verringerung ihrer Treibhausgasemissionen um 20 Prozent im Vergleich zum Niveau von 1990 verpflichtet, was sie Studien zufolge 185 Milliarden Euro pro Jahr kosten wird. Bis zum Ende des Jahrhunderts und nach Gesamtkosten von mehr als 15 Billionen Euro wird dies die Erdtemperatur gerade einmal um 0,05° C senken. Gleichzeitig wird ein bedeutender Teil der 22.11.2013 11:49 Essay : Immer nur heiße Luft - Nachrichten Print - DIE WELT - Debatt... 2 von 2 http://www.welt.de/print/die_welt/debatte/article122064253/Immer-nu... Emissionsminderung innerhalb der EU ganz einfach auf andere Erdteile umgeschichtet – durch Verlagerung an alternative Produktionsstätten mit niedrigeren Energiekosten. Anschließend wird das Produkt dann nach Europa importiert. Von 1990 bis 2008 konnte die EU ihre Emissionen zwar um etwa 270 Megatonnen CO₂ pro Jahr verringern, gleichzeitig aber führten die vermehrten EU-Importe allein aus China dazu, dass die Emissionen außerhalb der EU um eine ähnlich hohe Menge anstiegen. Im Grunde genommen hat die EU einen Teil ihrer Emissionen lediglich an andere Orte verlagert. Dennoch installieren wir weiterhin munter Windturbinen und Solarzellen, die zwar weniger CO₂ ausstoßen, aber bisher sehr kostenintensiv sind und nur unterbrochene Leistungen erbringen. Zur Sicherung der Grundlast sind wir weiter auf fossile Energien angewiesen, und ähnlich wie in Japan hat der Atomausstieg auch in Deutschland (Link: http://www.welt.de/themen/deutschland-reisen/) die CO₂-Emissionen steigen lassen – trotz Energiewende. Derartig kostspielige und ineffiziente Maßnahmen sind nicht tragfähig. Trotz vieler Klimaverhandlungen und Ausgaben in Billionenhöhe für ineffiziente grüne Technologien sind die CO₂-Emissionen seit 1990 um etwa 57 Prozent gestiegen. Anstatt immer wieder auf dasselbe Pferd zu setzen, sollte man sich lieber alternativen Lösungsansätzen widmen. Ein auf Innovationen fokussierter Ansatz könnte die Kosten für grüne Energiequellen in Zukunft sogar unter das Kostenniveau fossiler Energieträger drücken. Ein solcher Ansatz könnte die Bereitstellung von besseren und erschwinglicheren grünen Technologien sein – mit der gleichzeitigeren Förderung eines effektiven Speichersystems für den Fall, dass der Wind nicht bläst und die Sonne nicht scheint. Wenn erneuerbare Energien erschwinglicher wären als fossile Energieträger, dann würde sich jede Nation für deren Übernahme entscheiden und nicht nur einige reiche Nationen, die es gut meinen. Intelligent geführte Klimaverhandlungen würden alle Nationen dazu ermutigen, 0,2 Prozent ihres jeweiligen BIPs – etwa 74 Milliarden Euro weltweit – in die "grüne" Forschung und Entwicklung zu investieren. So ließe sich das Problem der globalen Erwärmung mittelfristig lösen. Anstatt Japan für die Aufgabe eines mehrfach fehlgeschlagenen Lösungsansatzes zu kritisieren, sollten wir seine Verpflichtung zu einer Klimapolitik willkommen heißen, die tatsächlich die Herausforderung des Klimawandels bewältigen könnte. Der Autor (Link: http://www.welt.de/themen/autoren/) ist Leiter des Copenhagen Consensus Center und lehrt an der Copenhagen Business School. Aus dem Englischen von Katharina Menzel © Axel Springer AG 2013. Alle Rechte vorbehalten 22.11.2013 11:49