Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DIE FAMILIE FRANK Die Familienmitglieder • Otto Frank wurde am 12. Mai 1889 in Frankfurt am Main geboren. • Edith Holländer wurde am 16. Januar 1900 in Im Sommer 1933 verbrachte die Familie Frank ihre Ferien bei Ediths Mutter, Oma Holländer, in Aachen. Aachen geboren. • Otto und Edith heirateten am 12 Mai 1925. • Margot Frank wurde am 16. November 1926 in Frankfurt am Main geboren. • Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. Die Familie Frank wohnte seit Herbst 1927 am Marbachweg 307 in Frankfurt am Main und zog dann im März 1931 an die Ganghoferstrasse 24. «Ich will nicht mehr darüber sprechen, was ich empfand, als in Auschwitz auf der Rampe meine Familie auseinander gerissen wurde.» Otto Frank, 1979 Flucht, Versteck und das Ende Am 5. Dezem- werden. ber Tatsächlich Anne nach Bergen-Belsen gebracht. Kurz vor wurde der Befreiung von Bergen-Belsen durch die Eng- zunächst Edith ihr Versteck verra- länder am 15. April 1945 starben Anne und und Margot in ten und alle Unter- Margot im März 1945 an Typhus. die Niederlande getauchten wurden nach am 4. August 1944 flüchteten Amster- dam, im Febru- gefangen ar 1934 zogen men und zunächst auch Otto und in Anne nach. Im Niederlanden März gelegene Lager Westerbork gebracht. 1939 das genomin den folgte ihnen Oma Holländer, die bereits im Ja- Am 3. September 1944 wurden sie in einem nuar 1942 starb. Transport ins Lager Auschwitz im heutigen Po- In diesem Jahr bekam Anne zu ihrem 13. Ge- len deportiert. Dort starb Edith am 6. Januar burtstag ihr Tagebuch geschenkt. 1945 an Erschöpfung, kurz bevor Auschwitz am Am 6. Juli 1942 zog die Familie Frank ins Hin- 27. Januar von russischen Truppen befreit wur- terhaus der Firma des Vaters. Zwei Jahre lang de. Otto Frank kam frei. lebten sie dort in der Angst, entdeckt zu Bereits im Oktober 1944 wurden Margot und Nicola Streit Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DAS LEBEN DER ANNE FRANK 1929–1942: Frankfurt Am 12. Juni 1929 wird Anne Frank in Frankfurt 1933 werden die Juden in Deutschland immer Zu ihrem 13. Geburtstag im Jahr 1942 be- am Main geboren und lebt dort mit ihrer Fami- stärker diskriminiert und verfolgt. Die Familie kommt Anne ein Tagebuch. Sie beginnt sofort lie bis 1934. Frank flüchtet aus diesen Gründen in die Nie- mit Schreiben. Ab der Machtergreifung Adolf Hitlers im Jahre derlande. 1942–1944: Amsterdam 1940 nehmen die Deutschen die Niederlande steck im Hinterhaus der Fabrik von Otto Frank. nerinnen und Bewohner des Hinterhauses von ein. Zwei Jahre später bekommt Margot einen Einige Zeit später kommt auch Fritz Pfeffer da- einem Unbekannten verraten. Ihr Versteck wird Aufruf, sich zu einem Transport nach Deutsch- zu. aufgelöst, Anne und ihre Familie sowie alle an- land zu melden. Anne schreibt während der zwei Jahre im Hin- deren werden verhaftet. Daher zieht die Familie Frank 1942 gemeinsam terhaus ihr Tagebuch. mit der befreundeten Familie van Pels ins Ver- Am 4. August 1944 werden die acht Bewoh- 1944–1945: Auschwitz und Bergen-Belsen Nach einem kurzen Aufenthalt in Westerbork, kurz davor, an Typhus: Eine Krankheit, die we- wo die Juden in die verschiedenen Lager einge- gen Hunger und fehlender Hygiene ausbricht teilt wurden, werden Edith, Otto, Margot und und zusammen mit der körperlichen Erschöp- Anne nach Auschwitz im heutigen Polen depor- fung bei vielen Menschen in Bergen-Belsen zum tiert. Edith und Otto bleiben in Auschwitz, wo Tod geführt hat. Edith an Erschöpfung stirbt. Otto überlebt. Von Anne und Margot gibt es in Bergen-Belsen Margot und Anne werden nach Bergen-Belsen kein Grab, aber einen Gedenkstein für die zwei gebracht. Dort stirbt Anne, wie ihre Schwester Schwestern. «Irgendwann wird dieser schreckliche Krieg doch zu Ende sein, irgendwann werden wir doch wieder Menschen und nicht nur Juden sein!» Anne Frank, 9. April 1944 Shania Lauper Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DIE ENTRECHTUNG DER JUDEN IM NATIONALSOZIALISMUS Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Sehr bald darauf begann die Schikanierung und Entrechtung der Juden in Deutschland. Es fing an mit einem Boykott. Antijüdische Massnahmen 1. April 1933 7. April 1933 Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ruft zu einem Boykott der jüdischen Geschäfte, Arzt- und Anwaltspraxen auf. Deutsche Antijüdische Gesetze sollen nicht mehr in jüdische Geschäfte gehen. Da dies zunächst nur ein • Juden müssen einen Judenstern tragen. Aufruf und noch kein Gesetz ist und einige Leute damit nicht einverstanden • Juden müssen ihre Fahrräder abgeben. sind, gehen sie trotzdem nach wie vor auch zu Juden. • Juden dürfen nicht mit der Strassenbahn Das «Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums» wird einge- fahren. führt. Dies führt zur Entlassung aller jüdischen Beamten. • Juden dürfen nicht Auto fahren. 20. April 1934 Juden werden von leitenden Positionen in der Wirtschaft ausgeschlossen. • Juden dürfen nur in der Zeit von 15.00 bis 10. September 1935 Es werden besondere Schulklassen für jüdische Kinder eingerichtet. 15. September 1935 Die «Nürnberger Gesetze» werden eingeführt: Juden und «arische» Deut- • Juden dürfen nur zu jüdischen Frisören. sche dürfen nicht mehr privat miteinander verkehren. Das führt zu Verlus- • Juden müssen von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr ten sehr guter Freundschaften. Die Menschen werden in «Rassen» zu Hause sein, d.h. im Haus und z.B. nicht im Garten. eingeteilt. 9. November 1938 17.00 Uhr einkaufen gehen. Im Novemberpogrom (von Nationalsozialisten «Reichkristallnacht» ge- • Juden dürfen nicht ins Schwimmbad, Kino, nannt) werden jüdische Synagogen, Geschäfte und sogar Privatwohnungen Theater und sonstige der Vergnügung die- zerstört und abgebrannt. Über 30'000 Männer werden in Konzentrationsla- nende Einrichtungen. ger verschleppt. • Juden dürfen nicht Tennis, Hockey, Fussball 1. September 1939 Mit dem deutschen Überfall auf Polen beginnt der 2. Weltkrieg. 10. Mai 1940 Deutschland greift die neutralen Niederlande an und besetzt das Land. Die und viele andere Sportarten treiben. • etc. Besetzer führen auch in den Niederlanden antijüdische Gesetze ein. «Ich traue mich nichts mehr zu machen, ich habe Angst, dass es nicht mehr erlaubt ist.» Anne Frank, 20. Juni 1942 Juden wurden aus Geschäften, Hotels und sogar ihren Wohnungen geholt, um öffentlich schikaniert zu werden. Sie wurden auf die Strasse gestellt und mussten beleidigende Schilder um den Hals tragen. Die Schikanierungen und Entrechtungen wurden immer schlimmer bis dahin, dass Juden schliesslich in Konzentrationslagern vernichtet wurden. Patrik Gerber Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen WIDERSTAND GEGEN DEN NATIONALSOZIALISMUS Seit dem Jahr 1933, in dem die Nationalsozialistische • Bei Juden einkaufen, obwohl es verboten war Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) zur mächtigsten Partei • Juden aus Einwohnerverzeichnissen löschen Deutschlands wurde, lehnten sich immer wieder Bürger, • Juden verstecken Beamte etc. gegen Hitler und die Nationalsozialisten auf. • Juden auf «Rückstellungslisten» setzen, was eine Depor- Dieser Widerstand war auf sehr verschiedene Arten möglich: tation vorerst verhinderte • Juden in andere Länder «schmuggeln» Otto Kaspar Willem Arondeus Der Frankfurter Polizeimeister Otto Kaspar än- Willem Arondeus leitete im März 1943 einen derte eigenmächtig die Einträge über die Reli- Brandanschlag auf das Einwohnermeldeamt in gionszugehörigkeit auf den Meldekarten zahl- Amsterdam, so dass nach dem Verlust der Kar- reicher Frankfurter Juden, so auch die der teien die Auffindung jüdischer Familien stark er- Frankfurter Familie schwert wurde. Willem Arondeus wurde von ei- Senger. Da ihm die- nem deutschen Gericht in Amsterdam zum To- se Änderungen spä- de verurteilt und am 1. Juli 1943 hingerichtet. Victor Kugler, Miep Gies, Jo Kleiman und Bep Voskuijl ter nicht mehr sicher genug erschienen, vernichtete er zum Teil die alten Karteikarten und legte neue an, so Miep Gies, Johannes Kleimann, Victor Kugler dass die Änderun- und Bep Voskuijl, die Angestellten von Otto gen nicht mehr nachvollziehbar waren. Die Fa- Frank, versteckten die Familie Frank und die mit milie Senger, durch deren Nachforschungen die ihnen befreundete Familie van Pels sowie Fritz Manipulierungen von Otto Kaspar in der Nach- Pfeffer im Hinterhaus. Dadurch handelten sie kriegszeit überhaupt erst bekannt wurden, kan- alle unter Lebensgefahr. Sie wurden von einem nte Otto Kaspar kaum und konnte sich nicht er- bis heute unbekannten Informanten verraten. klären, warum er dies für sie getan hatte. Victor Kugler und Jo Kleiman wurden verhaftet, Miep Gies und Bep Voskuijl jedoch nicht. Anne hegte grosse Bewunderung für jene Menschen, die Untergetauchten halfen: «Es ist erstaunlich, wie oft, wie nobel und wie uneigennützig diese Arbeit verrichtet wird und wie die Leute unter Einsatz ihres Lebens anderen helfen und andere retten. Das beste Beispiel dafür sind wohl unsere Helfer. Nie haben wir von ihnen ein Wort gehört, das auf die Last hinweist, die wir doch sicher für sie sind. Niemals klagt einer, dass wir ihnen zu viel Mühe machen.» Anne Frank, 28. Januar 1944 Lena Georgescu Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK: SYMBOL UND DOKUMENT ZUGLEICH Das Tagebuch der Anne Frank ist ein Symbol für den Völkermord an den Juden durch die Nazi-Verbrecher und ein Dokument der Lebenswelt einer einzigartig begabten jungen Schriftstellerin. Anne Frank und ihr Tagebuch sich selbst bzw. an Kitty, eine von ihr erfundene Person. Dann hörte sie im Radio aus London, dass man nach dem Krieg alles über die Leiden des niederländischen Volkes veröffentlichen wollte. Da fing Anne an, ihr Tagebuch umzuschreiben und zu korrigieren: Sie liess Passagen weg, die sie uninteressant fand und schrieb neue dazu. Anne bereitete ihr Tagebuch zur Veröffentlichung vor. Der letzte Eintrag von Anne Frank ist datiert mit dem 1. August 1944. Drei Tage später wurde das Versteck verraten. Alle Untergetauchten, dazu auch ihre Helfer, wurden verhaftet und Anne Frank führte vom 12. Juni 1942 bis zum 1. August 1944 ein Tagebuch, das sie an ihrem 13. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Bis zum Frühjahr 1944 schrieb sie ihre Einträge für kamen in verschiedene Konzentrationslager. Miep Gies und Bep Voskuijl stellten noch am Tag der Verhaftung die Aufzeichnungen von Anne Frank sicher. «Ich kann dir, so hoffe ich, alles anvertrauen, wie ich es bisher bei niemandem konnte, und ich hoffe, du wirst mir eine grosse Stütze sein.» Anne Frank, 12. Juni 1942 Die Veröffentlichung des Tagebuchs Als sich herausgestellt hatte, das Anne Frank in Bergen-Belsen gestorben war, las ihr Vater Otto Frank das Tagebuch. Nach reiflicher Überlegung entschloss er sich, seiner Tochter den Traum zu erfüllen, Schriftstellerin zu werden, und veröffentlichte das Tagebuch. Das Buch erschien 1947 in den Niederlanden, inzwischen wurde das Buch in mehr als sechzig Sprachen übersetzt. Noch heute werden jährlich ca. 100'000 Exemplare verkauft. Über das Tagebuch der Anne Frank wurden bald auch Theater geschrieben und Filme gedreht, die zahlreich besucht wurden. Nur Dank des Tagebuchs wissen wir heute so viel über Anne Frank. Jannis Oetterli Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DAS HINTERHAUS Hinter dem Geschäftshaus von Otto Frank in der Amsterdamer Prinsengracht 163 liegt noch ein Hinterhaus. Es ist durch einen Durchgang zu erreichen, der durch ein verschiebbares Bücherregal versteckt ist. «Verstecken, wo sollten wir uns verstecken, in der Stadt, auf dem Land, in einem Haus, in einer Hütte, wann, wie, wo …?» Anne Frank, 8. Juli 1942 Die Räume 46: Magazin 58: Privatbüro und Küche 68: Büro Victor Kugler 74: Büro Miep Gies, Jo Kleiman, Bep Voskuijl 90: Lager 98: Treppenpodest mit Drehregal 108: Zimmer Otto, Edith und Margot Frank 126: Zimmer Anne Frank und Fritz Pfeffer 148: Waschraum 154: Zimmer Hermann und Auguste van Pels 170: Zimmer Peter van Pels und Dachboden Die Personen Anne Franks Zimmer Das Badezimmer Im Hinterhaus lebten Otto und Edith Frank mit Anne Frank teilte am Anfang das Zimmer mit Das Badezimmer war sehr klein und hatte keine ihren Töchtern Anne und Margot, ausserdem ihrer Schwester Margot. Als später Fritz Pfeffer Badewanne oder Dusche, sondern nur ein Lava- Hermann und Auguste van Pels mit ihrem Sohn dazukam, musste Margot in das Zimmer ihrer bo. Dort haben sich alle Untergetauchten ge- Peter. Dazu kam später Fritz Pfeffer. Eltern gehen und Anne das Zimmer mit Fritz waschen. Victor Kugler, Miep Gies, Jo Kleiman und Bep Pfeffer teilen. Anne Franks Zimmer war sehr Voskuijl brachten jeden Tag das Essen und et- einfach eingerichtet: Nahe der Tür stand ein was zum Lesen. Nur diese vier Personen kann- Pult mit dem Tagebuch, an der Wand hingen ten das Versteck. Poster und Fotos von der Familie und verschiedenen Filmstars. Laura Grünenwald Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DAS KONZENTRATIONSLAGER BERGEN-BELSEN Geschichte 1935 Der Truppenübungsplatz Bergen wird errichtet. 1940 Das Gelände wird zum Kriegsgefangenenlager ausgebaut. 1943 Aus dem Lager entsteht ein Austauschlager mit prominenten Juden, die gegen im Ausland internierte Deutsche ausgetauscht werden sollen. März 1944 Das Häftlingslager wird mit kranken Häftlingen aus anderen Konzentrationslagern belegt. Bergen-Belsen wird Auffang- und Sterbelager. Die meisten dieser kranken Häftlinge sterben. August 1944 Aus Platzmangel wird ein Zeltlager für ca. 8'000 Frauen aus dem KZ Auschwitz-Birkenau errichtet. Unter diesen Frauen sind auch Anne und Margot Frank. Die Zelte brechen in einem Novembersturm zusammen, die Frauen werden in Baracken verlegt. März 1945 Margot und Anne Frank sterben in Bergen-Belsen an Typhus. 15. April 1945 Bergen-Belsen wird durch britische Truppen befreit. Etwa 60'000 Menschen sind noch im Lager, dazu ca. 10'000 Tote. «Irgendwann wird dieser schreckliche Krieg doch zu Ende sein, irgendwann werden wir doch wieder Menschen und nicht nur Juden sein!» Anne Frank, 9. April 1944 Übersicht 1) Kriegsgefangenenlager, später Frauenlager 2) Vorlager: Verwaltung Schutz-Staffel (SS) 2E) Entlausung (Krankheiten) und Trennung Frauen/Männer 3) Kleines Frauenlager: ab Nov 1944 Frauen aus dem Zeltlager 4) Schuhbaracke: Zwangsarbeit 5) Austauschlager, «Sternlager» 6) Freigelegte Fundamente von Block 9 und 10 7) Häftlingslager 8) Zeltlager (bis Nov 1944) Ich fand es sehr spannend, als wir am Freitag nach Bergen-Belsen ins ehemalige Konzentrationslager gegangen sind. Leider konnte man nicht mehr sehr viel davon sehen, aber trotzdem war es sehr erstaunlich. Jérôme Botteron Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DIE LEBENSBEDINGUNGEN IN BERGEN-BELSEN Das Lager Bergen-Belsen war ein Arbeits-, Auffang- und Sterbelager. Die Menschen mussten sich zu Tode arbeiten, dazu waren die Lebensbedingungen so schlecht, dass die meisten verhungerten oder an mangelnder Hygiene starben. «Der Ort, der einst die Hölle war, wo jede Stunde Tod gebar. Ein Ort der Leichen, Qual und Schmerzen; bestimmt, um Leben auszumerzen. Ein Ort vom Totenkopf besessen: auf ewig bleibt er UNVERGESSEN!» Brigitte Berger-Nenner Die Lebensbedingungen Die Lebensbedingungen in Bergen-Belsen waren von Beginn an unmenschlich, dazu verschlechterten sie sich mit der Zeit noch mehr. Schliesslich war das Lager so überfüllt, dass eine grosse Anzahl Toter einfach auf dem Gelände herumlag. Wenn die Häftlinge nach ihren langen Reisen in den Viehwagen am Bahnhof angekommen waren, mussten sie einen sechs Kilometer langen Fussmarsch zurücklegen, obwohl sie schon so geschwächt waren. Nach der Ankunft im Konzentrationslager durften sie kurz duschen und ihre Kleider wurden desinfiziert. Die Häftlinge bekamen viel zu wenig Nahrung, teilweise hatten sie nicht einmal ein Bett und mussten oft auch im Winter am Boden schlafen. Die Arbeit, die sie verrichten mussten, war sehr hart und eintönig. Zudem waren die hygienischen Verhältnisse schlimm. Alles dies führte dazu, dass in Bergen-Belsen die Häftlinge vor allem an Krankheiten, an der harten Arbeit und an Hunger gestorben sind. Die Baracken In den Baracken von Bergen-Belsen mit der Grösse von 10 x 40 Metern wurden zwischen 300 und 400 Menschen untergebracht, die in diesem Raum assen, schliefen und nicht selten auch starben. In «Block 10» waren die Lebensbedingungen am schlimmsten. Nachdem die zunächst hier untergebrachten polnischen Juden nach Auschwitz deportiert worden waren, war ein Transport mit ca. 2'000 ungarischen Juden nach Bergen-Belsen unterwegs. Im Lager kamen nur noch 1'600 Menschen an, sie wurden in Block 10 untergebracht. Doch dort wurde es immer stiller: Zehn Tage nach ihrer Ankunft mussten andere Häftlinge die Baracke ausräumen. Sie fanden um die 200 Menschen, alle anderen waren vor Hunger und Erschöpfung gestorben. Jana Stritt Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DIE STRAFVERFOLGUNG DER SS-ANGEHÖRIGEN VON BERGEN-BELSEN Nachdem die Nationalsozialisten Millionen von Juden und Angehörige anderer Minderheiten in Konzentrationslagern ausgebeutet und getötet hatten, wurden – zuerst in Bergen Belsen — einige Angehörige der nationalsozialistischen SchutzStaffel (SS) gerichtlich verfolgt und verurteilt. Strafverfolgung durch britische Militärgerichte Unmittelbar nach der Befreiung des Konzentra- Bergen-Belsen-Prozess durch. Deutschland. In den folgenden Jahren führte tionslagers Bergen-Belsen nahm die britische 15 Angeklagte wurden zum Tode verurteilt und die Justiz der Bundesrepublik Deutschland eini- Armee das SS-Personal fest und begann mit der 25 SS-Angehörige wurden zu mehrjährigen ge Ermittlungsverfahren durch; es kam jedoch Untersuchung der in Bergen-Belsen verübten Haftstrafen verurteilt. Die meisten Leute des SS- zu keiner Anklage. Verbrechen. Ein britisches Militärgericht führte Personals standen jedoch niemals vor Gericht. von September bis November 1945 den ersten Das britische Militärgericht arbeitete bis 1949 in SS-Angehörige von Bergen-Belsen vor Gericht Josef Kramer, Lagerkommandant in den Konzentrationslagern Natzweiler-Struthof, Au- schwitz-Birkenau und Bergen-Belsen Irma Grese, Aufseherin in den Konzentrationsla- Am 17. September 1945 begann in Lüneburg gern Ravensbrück, Auschwitz-Birkenau und der Bergen-Belsen-Prozess. Bergen-Belsen Strafverfolgung durch deutsche Zivilgerichte In den 1950er Jahren wurden NS-Straftaten reits in der NS-Zeit tätig gewesen waren, hatten Jahren 1944/45 auf. Die Ermittlungen blieben kaum verfolgt. In der deutschen Bevölkerung wenig Interesse an wirkungsvollen Prozessen ohne Ergebnisse. waren Sympathien für den Nationalsozialismus gegen NS-Straftaten. Im Jahr 1962 nahm die Zu den im Konzentrationslager Bergen-Belsen noch weit verbreitet, seine Verbrechen wurden Staatsanwaltschaft Lüneburg Ermittlungen ge- verübten Verbrechen haben seit 1949 keine teilweise als Randerscheinungen angesehen. gen die Verantwortlichen des Massensterbens Gerichtsverfahren stattgefunden. Richter, Staatsanwälte und Polizisten, die be- im Konzentrationslager Bergen-Belsen in den «Was war der Grund zu den Gaskammermorden?» – «Ich weiss es nicht, die Vorgesetzten haben es mir nie gesagt.» Josef Kramer Severin Zürcher Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DER ALTE JÜDISCHE FRIEDHOF IN FRANKFURT Der alte jüdische Friedhof am Börneplatz in Frankfurt am Main wird heute von einer Mauer umgeben, in der 11'134 Steine an die Namen der im nationalsozialistischen Holocaust umgebrachten Frankfurter Jüdinnen und Juden erinnern. Holocaust Als Holocaust (griechisch: «Vollständige Vernichtung») oder Shoah (hebräisch «Unheil») wird die Ermordung der etwa 6 Millionen Juden, Sinti, Roma, Homosexuellen, Behinderten und politischen Gegner der Nationalsozialisten zwischen 1938 und 1945 in Europa bezeichnet. Diese Menschen wurden «vergast», erschossen, durch Arbeit ermordet oder sie starben wegen der schlechten Lebensbedingungen an Hunger und Krankheiten. Der Friedhof Der alte jüdische Friedhof in Frankfurt wurde Im «Judenvertrag» von 1939 drängte die Stadt 1180 erstmals urkundlich erwähnt und gilt als Frankfurt die jüdische Gemeinde unter anderem zweitältester jüdischer Friedhof in Deutschland. zum Verkauf des Friedhofs. 1942 ordnete der Die ältesten heute noch nachweisbaren Gräber Frankfurter Oberbürgermeister Friedrich Krebs stammen von 1272, bis 1828 wurden die jüdi- die Zerstörung des Friedhofs und der Grabstei- schen Toten in Frankfurt am Main dort begra- ne an. ben. Nur ein kleiner Teil des Friedhofs befindet sich Weil es für jüdische Friedhöfe eine unantastbare heute noch im Originalzustand. Totenruhe gibt, blieb der alte Friedhof lange Zeit unverändert. «Niemand ist mit einem Etikett um den Hals auf die Welt gekommen, auf dem steht ‹Mensch erster Qualität› oder ‹Mensch zweiter Qualität›. Die Etiketten haben wir Menschen erfunden.» Anita Lasker-Wallfisch Die Friedhofsmauer im Jahr 1996 wurden 11'134 Steine in die ren zahllos erscheinenden Gedenksteinen sehr Friedhofsmauer eingelassen. Auf jedem Stein eindrücklich. steht jeweils der Name, das Geburts- und das Wenn man aber bedenkt, dass im Holocaust Sterbedatum gesamthaft etwa 6 Millionen, also 538 Mal eines Frankfurter Juden/einer Frankfurter Jüdin, der/die im nationalsozialisti- mehr Juden umgebracht wurden, ist die Mauer schen Holocaust gestorben ist. immer noch kurz und die Zahl der Gedenksteine Die Friedhofmauer ist in ihrer Länge und mit ih- klein. Ariana Lüthi Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen ANNE FRANK: FRANKFURT – […] – BERGEN-BELSEN Eine Studienreise auf den Spuren von Anne Frank für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe vom 3. bis zum 7. Januar 2012 Idee Ziele Der Ausgangspunkt für die Planung dieser Stu- Für die Studienreise wurden schliesslich folgen- dienreise waren «Wandmalereien» während ei- de Ziele formuliert: nes Lagers einer Moosseedorfer Konfirmations- • Erarbeitung von erlebnis- und erfahrungsbe- klasse: Unter anderem war an einem Balken des zogenem Wissen über Nationalsozialismus, Lagerhauses mit dickem Filzstift ein Hakenkreuz Holocaust und Antisemitismus anhand der angebracht. Lebensgeschichte der Anne Frank Abgesehen von der Diskussion, ob dieses Ha- • Kenntnis eines Konzentrationslagers/einer Ge- kenkreuz tatsächlich von unserer oder doch ei- denkstätte aus eigener Anschauung ner anderen Gruppe stammte, wurde in den • Wahrnehmung von aktuellem Antisemitismus Gesprächen mit der Konfirmationsklasse deut- und Rassismus, auch von Ansätzen oder Spu- lich, dass bei den meisten SchülerInnen nur sehr ren rassistischen Denkens oder Argumentie- rudimentäres Wissen über Nationalsozialismus und Holocaust vorhanden war. Andererseits stiess das Thema bereits in der Konfirmationsklasse auf grosses Interesse. Bei der Planung des Jahresprogramms 2012 kristallisierte sich die Idee heraus, gemeinsam mit SchülerInnen der Klassen 7 bis 9 im Rahmen einer Studienreise ein Konzentrationslager zu besuchen und sich im Kontext dazu mit Nationalsozialismus und Holocaust zu beschäftigen. Um diese Beschäftigung schliesslich an der Biografie einer auch unter Jugendlichen oftmals bereits bekannten Person festzumachen, wurde die Biografie der Anne Frank als zeitliches und rens bei den TeilnehmerInnen selbst • Prävention von Antisemitismus und Rassismus • Herstellung eines persönlichen Kurs-Journals («Tagebuch») mit Notizen und Fotos; Präsentation ausgewählter Inhalte auf einem Poster am Nachtreffen geografisches Raster gewählt. Zeitplan des Projekts Juli/August 2011: Ausschreibung, Werbung in Begleitung von interessierten Eltern und Ge- Oldau (Anne-Frank-Haus) bzw. Bergen-Bel- Schulbesuchen, Flyer, Aushänge, Website, schwistern: Motivation der TeilnehmerInnen, sen (Gedenkstätte), Führung des Kurs-Jour- Hinweis auf der Gemeindeseite von «refor- Kurs-Ziele, Beginn Kurs-Journal, Organisato- miert.» rische Absprachen nals 10. Januar 2012: Nachtreffen mit interessierten (sobald genügend Anmeldungen da sind:) Be- Eigenständige Vorbereitung der TeilnehmerIn- Eltern, Geschwistern, KollegInnen und Freun- antragung von Fremdmitteln: Fachstelle für nen anhand des Tagebuchs der Anne Frank dInnen: Präsentation ausgewählter Inhalte Rassismusbekämpfung, sowie weiterer empfohlener Materialien und aus den Kurs-Journalen auf Postern, Kurs- Anne-Frank-Fonds, Ref. Kirchen Bern-Jura-Solothurn 31. August 2011: Anmeldeschluss 14. September 2011: Vorbereitungstreffen in des Kurs-Journals 3.–7. Januar 2012: Studienreise nach Frankfurt Auswertung evtl. anschliessende Ausstellung der Poster (Jugendbegegnungsstätte Anne Frank) und Finanzen Das Gesamtbudget des Projekts beträgt (ohne Betrag von Fr. 2'400 den grössten Teil des Bud- nen für die Unterstützung des Projekts gewon- Personalkosten) Fr. 8'000. gets, dazu kommen noch Subventionen aus nen werden: Die Fachstelle für Rassismusbe- Vom Gesamtbetrag werden Fr. 1'600 durch die dem Ressort Kirchliche Unterweisung (KUW) kämpfung FRB des Eidgenössischen Departe- Beiträge der zehn TeilnehmerInnen getragen. der Kirchgemeinde in Höhe von Fr. 1'000 sowie ments des Innern EDI, der Anne Frank Fonds in Das Ressort Jugend (juk – JUGENDKIRCHE) der sämtliche Personalkosten, die hier nicht ausge- Basel sowie die Reformierten Kirchen Bern-Jura- evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Mün- wiesen werden. Solothurn (KISTE-Kredit) unterstützen das Pro- chenbuchsee-Moosseedorf finanziert mit einem Glücklicherweise konnten drei andere Institutio- jekt mit je Fr. 1'000. Herzlichen Dank! Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen ANNE FRANK: FRANKFURT – […] – BERGEN-BELSEN Eine Studienreise auf den Spuren von Anne Frank für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe vom 3. bis zum 7. Januar 2012 Impressionen Frankfurt Impressionen Bergen-Belsen/Oldau Studienreise 3.-7. Januar 2012 Anne Frank: Frankfurt – […] – Bergen-Belsen DISKRIMINIERUNG: DAMALS UND HEUTE Statements der TeilnehmerInnen zum Thema «Diskriminierung» am Auswertungsabend Diskriminierung – Auch bei uns? «Diskriminierung ist sehr schlimm, weil dort Leute ausgeschlossen werden. Leider werden auch heute noch Leute diskriminiert, zum Beispiel Muslime.» Nicola Streit «Da Juden häufig zurückhaltend leben, werden sie oft ausgegrenzt.» Patrik Gerber «Durch die Annahme der Minarett-Initiative wurde den Muslimen ein Teil ihrer Religionsfreiheit genommen.» Lena Georgescu «Leider gibt es in der Schweiz immer noch Ausländerdiskriminierung. Ich habe gehört, dass in manchen Clubs Ausländer nicht hereinkommen auf Grund ihrer Nationalität.» Jérôme Botteron «In der Schule findet man auch Diskriminierung, zum Beispiel werden Mädchen immer bevorzugt. Natürlich werden auch manchmal Männer bevorzugt, aber nicht so stark.» Jannis Oetterli «Homosexuelle – Man schaut sie meist schon recht schräg an, und ‹schwul›, also wenn man sagt ‹Du bist schwul!›, dann ist es ein Schimpfwort.» Severin Zürcher Diskriminierung – Wie sieht das genau aus? «Sie sagen, sie seien dumm …, weil sie anders sind.» Shania Lauper «Manchmal in der Schule: Sie beleidigen sie, weil sie eine andere Nationalität haben.» Laura Grünenwald «Wir hatten in der Schule früher auch Leute, welche die Sprache nicht ganz richtig konnten. Die wurden immer ausgelacht, wenn sie irgendeinen Fehler gemacht hatten. Zum Beispiel bei den Artikeln, wenn es bei ihnen ‹der Fenster› hiess oder so. Ich habe dann meistens gesagt ‹das ist gar nicht lustig!› Wenn wir in ihr Land gehen würden, dann könnten wir ihre Sprache auch nicht. Und wir fänden es dann auch nicht lustig, wenn sie uns auslachen würden.» Jana Stritt Diskriminierung – Was kann man dagegen tun? «Sie nicht mehr ausgrenzen! – Sie einfach annehmen, wie sie sind.» Patrik Gerber «Zum Beispiel den anderen sagen, dass sie auch nur Menschen sind und nicht etwas anderes.» Laura Grünenwald «Wenn jemand diskriminiert wird, nicht auf der Seite der Mehrheit zu stehen, sondern zu ihm gehen und ihm beizustehen, ihn verteidigen. Denn auch wenn er anders ist, darf er doch trotzdem seine eigene Meinung haben.» Jana Stritt «Nicht mitmachen oder sagen ‹Halt, Stop, das ist nicht richtig! Warum machst du das?›» Ariana Lüthi