Fragen an Christian Spuck

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Fragen an Christian Spuck
Christian Spuck, mit Beginn der Saison 2012/13 werden Sie Direktor des Balletts Zürich. Mit welchen Hoffnungen und
Erwartungen kommen Sie nach Zürich?
Meiner ersten Spielzeit als Ballettdirektor sehe ich mit Spannung und grosser Freude entgegen. Ich möchte die
gewachsenen Traditionen des Balletts Zürich weiter pf legen, neue kreative Impulse setzen und den Ruf Zürichs als
Tanzmetropole von Rang im internationalen Massstab festigen. Meine choreografische Arbeit kann ich in Zürich
erstmals mit meiner eigenen Kompanie fortsetzen. Ich will die traditionsreiche Form des Handlungsballetts beleben
und weiterentwickeln, bekannte und unbekannte Geschichten mit neuen choreografischen Mitteln erzählen und sie
gleichzeitig in den Kontext der klassischen Ballett-Tradition stellen. Natürlich hoffe ich dabei auf die Neugier und
Bereitschaft des Zürcher Publikums, sich auf Neues einzulassen und die vielfältigen Angebote unseres Spielplans
anzunehmen.
Nach welchen Kriterien haben Sie Ihr Ensemble zusammengestellt?
Ich bin überzeugt davon, dass man seine choreografischen Visionen nur im kreativen Dialog mit den Tänzern realisieren kann, unter gleichberechtigten Künstlern, in gegenseitiger Inspiration. Ich wünsche mir, dass die Kompanie
der eigentliche „Star“ ist. Neben der unabdingbaren technischen Qualifikation ist mir an Tänzerinnen und Tänzern
gelegen, die sich durch Persönlichkeit und ihre Leidenschaft auszeichnen, die für den Tanz brennen.
In unserem Ensemble wird es eine Reihe von führenden Künstlern geben. Neben so bekannten Zürcher Publikumslieblingen wie Yen Han oder Arman Grigoryan freue ich mich nicht zuletzt auf die Zusammenarbeit mit Katja Wünsche und William Moore, die nach ihren grossen Erfolgen in Stuttgart nun hoffentlich auch in Zürich eine künstlerische Heimat finden.
Wo liegen die Schwerpunkte Ihrer Spielplangestaltung in der Saison 2012/13?
Im Mittelpunkt dieser Saison werden abendfüllende, erzählende Ballette stehen, wobei grosse Liebesgeschichten
unseren Spielplan bestimmen. Mit Sergej Prokofjews Romeo und Julia nach der berühmten Tragödie von William
Shakespeare widmen wir uns einem jener unsterblichen Ballettklassiker, die als Prüfstein für die Leistungsfähigkeit
einer Kompanie gelten. Den heiteren Gegenakzent dazu setzt Leonce und Lena, ein Ballett nach dem gleichnamigen
Lustspiel von Georg Büchner. Schliesslich gibt es einen dreiteiligen Ballettabend mit Werken von vier international gefeierten Choreografen, die über einen unverwechselbaren und ausgeprägten individuellen Stil verfügen und dem zeitgenössischen Tanz zutiefst verpf lichtet sind. Für eine Ballettkompanie mit internationalem Renommee ist es wichtig,
unterschiedliche choreografische Handschriften kennenzulernen und dem Publikum ein Programm mit stilistischer
Vielfalt anzubieten. William Forsythe, der die Ballettgeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich
beeinf lusst hat, ist mit seiner frühen Choreografie New Sleep vertreten. Für modernen Tanz aus den Niederlanden stehen die Namen von Paul Lightfoot und Sol León, die ihr für das Nederlands Dans Theater entstandenes Ballett Sleight
of Hand einstudieren. Edward Clug, der das Ballettensemble des Slowenischen Nationaltheaters leitet, gilt als eine der
grossen choreografischen Entdeckungen unserer Zeit und wird ein neues Werk zur Uraufführung bringen.
Wie pf legen Sie das grosse künstlerische Erbe des Balletts Zürich?
Das künstlerische Profil des Balletts Zürich hat Heinz Spoerli in den vergangenen Jahren entscheidend geprägt, und
ich bin glücklich, dass einige seiner schönsten Arbeiten auch in Zukunft zu unserem Repertoire gehören. Mit Pjotr
Tschaikowskis Schwanensee in der Choreografie von Heinz Spoerli kehrt in dieser Saison – als dritte grosse Liebesgeschichte – das berühmteste aller klassischen Ballette in den Spielplan zurück.
Welche Rolle spielt für Sie die Förderung des tänzerischen Nachwuchses?
Die Nachwuchsförderung liegt mir besonders am Herzen, wobei ich besonders das künstlerische Profil des Junior
Balletts schärfen möchte. Neben seinen vielfältigen Einsätzen in den Aufführungen des Balletts Zürich wird sich das
Junior Ballett deshalb in einem eigenen dreiteiligen Ballettabend präsentieren. Auf der Studiobühne zeigen die jungen
Tänzerinnen und Tänzer die turbulent-witzige Choreografie Bellulus des Wiesbadener Ballettdirektors Stephan
Thoss. Der Engländer Douglas Lee, der nach einer erfolgreichen Tänzerkarriere in Stuttgart inzwischen mit grossem
Erfolg international als Choreograf arbeitet, ist mit einer Uraufführung vertreten, und auch ich selbst werde bereits in
unserer ersten Saison ein neues Ballett für das Junior Ballett choreografieren. Talente frühzeitig zu erkennen und zu
fördern, ist auch das Anliegen der neuen Reihe Junge Choreografen. Interessierte Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles erhalten hier die Möglichkeit, Tanz aus einer anderen Perspektive zu entdecken und in Eigenverantwortung und
gegenseitiger Inspiration einen gemeinsamen Ballettabend zu präsentieren.
Wie pf legen Sie den Kontakt zu Ihrem Publikum?
An einem engen und vertrauensvollen Kontakt zu unserem Ballettpublikum liegt mir viel. Mit Matineen vor den
Ballett-Premieren, Stückeinführungen vor den Vorstellungen und den regelmässig stattfindenden Ballettgesprächen
möchten mein Team und ich Ballett-Begeisterung wecken und vertiefen. Die vielfältigen Jugend- und Schulprojekte
wenden sich an das junge und jüngste Ballettpublikum. Dabei gewähren die auf unterschiedliche Altersstufen zugeschnittenen Formate reizvolle Einblicke in die Trainings- und Probenarbeit, bereiten Aufführungsbesuche vor und
ermöglichen Kindern und Jugendlichen einen aufregenden Blick hinter die Kulissen des Balletts Zürich.
Warum präsentiert sich das Zürcher Ballett ab der kommenden Saison unter neuem Namen?
Es war ein Wunsch des neuen Leitungsteams des Opernhauses Zürich, im Sinne eines einheitlicheren Gesamtauftrittes das Zürcher Ballett in Ballett Zürich umzubenennen. Dabei bedeutet diese Umbenennung keine Änderung des
Balletts in seinen Grundstrukturen. Die Kompanie mit ihrer klassischen Ausrichtung bleibt in ihrer Grösse bestehen.
Was ist für Sie ein grosser Theaterabend?
Ein guter Theaterabend ist, wenn ich emotional ergriffen bin, aber er muss auch intensives Nachdenken auslösen.
Oper und Tanz sind etwas unglaublich Sinnliches, aber das schliesst die intellektuelle Herausforderung nicht aus.
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