Das Verb - Übungen - Universität Leipzig

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Universität Leipzig
Institut für Germanistik
Dr. Volker Hertel
Das Verb und
seine Formen
S. 1
Modul Grammatische Grundlagen
Schulgrammatische Übung
SS 2017
Das Verb
Verben sind die einzige Wortklasse, deren Elemente konjugiert werden können, d. h. in
Person, Numerus, Tempus, Genus und Modus verändert werden können. Mit diesen
Formveränderungen sind Bedeutungsveränderungen verbunden (Funktionen der
morphosyntaktischen Kategorien).
1
Tempus
Ereignisse und Zustände, die man sprachlich wiedergeben will, sind für den Sprecher gegenwärtig, vergangen oder zukünftig. Neben Temporaladverbialien („gestern“, „im vorigen Jahr“
usw.) gibt vor allem die Form des Prädikats Auskunft über die geäußerte Zeitstufe.
1.1
Tempusfunktionen
Das Präsens kann
- gerade Geschehenes wiedergeben (aktuelles Präsens):
Beispiele: In diesem Moment kommt er zur Tür herein.
Vater telefoniert gerade.
- Vergangenes wiedergeben (historisches Präsens):
Beispiele: Kürzlich war ich im Kino. Plötzlich kommt die Platzanweiserin zu mir.
Im Jahre 1914 bricht erstmals ein Weltkrieg aus.
- Allgemeingültiges oder gewohnheitsmäßige Abläufe darstellen (generelles Präsens):
Beispiele: Er besucht mich täglich.
Eins plus eins ergibt zwei.
- über Zukünftiges informieren:
Beispiele: Ich komme bald zurück.
In einigen Jahren bin ich Millionär.
Das Präteritum
- wird zur Wiedergabe von Geschehnissen verwendet (Erzähltempus)
Beispiele: Es war einmal ein kleines Männlein, das hieß Rumpelstilzchen ...
Der Zweite Weltkrieg begann mit dem deutschen Überfall auf Polen.
Das Perfekt kann
- etwas Vergangenes wiedergeben (Ersatz für Präteritum, vor allem im mdl. Sprachgebrauch)
Beispiele: Peter hat sich gestern den neuen Film angesehen
- ein abgeschlossenes Geschehen kennzeichnen (resultatives Perfekt)
Beispiele: Das Werk ist vollbracht!
Ich habe gestern meinen Aufsatz endlich ins Reine geschrieben.
- etwas in der Zukunft Abgeschlossenes kennzeichnen (Ersatz für Futur II, mit Zeitangabe
im Satz)
Beispiel: Bis zum Sommer hat er das Formensystem der Verben gelernt.
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Das Plusquamperfekt kann
- ein in der Vergangenheit abgeschlossenes Geschehen wiedergeben (durch Perfekt ersetzbar)
Beispiele: Gestern hatte Peter seinen Freund getroffen.
Er hatte es doch seinem Freund versprochen!
- ein Geschehen darstellen, das vor einem anderen vergangenen Sachverhalt stattfand.
Beispiele: Als sie endlich am Treffpunkt eintraf, hatte er seine Träume schon begraben.
Sie war gegangen, bevor es zu regnen begann.
Das Futur 1 kann
- ein zukünftiges Geschehen bezeichnen
Beispiele: Wir werden bald Pause machen.
Wenn du sparst, wirst du dir bald diesen Wunsch bald erfüllen können.
- ein in ein vermutetes Geschehen in der Gegenwart bezeichnen
Beispiele: Er wird krank sein.
Wenn sie sich anstrengt, wird sie das Gedicht fehlerfrei rezitieren.
Das Futur 2 kann
- ein zukünftiges Geschehen bezeichnen (austauschbar mit Perfekt)
Beispiele: Bis zum Ende der Ferien werden sie noch viel erlebt haben.
Wir werden die Frage bald gelöst haben.
- ein vermutetes Geschehen in der Vergangenheit bezeichnen
(zum Perfekt ergibt sich ein modaler Unterschied!)
Beispiele: Die Schüler werden den Text gelesen haben. (Vermutung)
(Die Schüler haben den Text gelesen - Perfekt, Feststellung!)
- ein vermutetes, abgeschlossenes Geschehens in der Vergangenheit wiedergeben
Beispiele: Die Kinder werden das Eis aufgegessen haben.
Die Schüler werden den Text gelesen haben.
ZUSAMMENFASSUNG
Zeitbedeutung
Gegenwärtiges Geschehen
Vergangenes Geschehen
Zukünftiges Geschehen
gramm. Tempus
Präsens, Futur 1
Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur 2
Präsens, Perfekt, Futur 1, Futur 2
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1.2 Formenbildung Tempus
1.2.1 Hilfsverben
Drei Hilfsverben (haben, sein und werden) sind besonders wichtig für die Bildung
zusammengesetzter Zeitformen (Perfekt, Plusquamperfekt, Futur 1, Futur 2).
Infinitiv
ich
du
er, sie, es
wir
ihr
sie
haben
habe
hast
hat
haben
habt
haben
sein
bin
bist
ist
sind
seid
sind
werden
werde
wirst
wird
werden
werdet
werden
1.2.2 Formenbildung der Tempora (Aktiv)
1.2.2.1 Die einteiligen Formen (synthetische Formen)
- Das Präsens bildet die Personalformen aus dem Infinitiv des Vollverbs. Der
Stammvokal bleibt meist unverändert.
Beispiele: leben - ich lebe, du lebst, er lebt, wir leben, ihr lebt, alle leben
Ausnahme: Starke Verben (siehe unter Formen im Präteritum) mit Stammvokal -eändern in der 2. und 3. Person Singular Präsens den Stammvokal zu -i-:
Beispiele: helfen - er hilft;
geben - du gibst
Das Partizip Präsens (Part.I) wird aus dem Infinitivstamm und der Endung -end
gebildet.
Beispiele: leb-end, lauf- end
- Das Präteritum wird aus dem Vollverb gebildet. Zwei Bildungsweisen sind zu
unterscheiden:
1. Oft wird an den Stamm des Infinitivs ein -te angehängt. Die Verben, die so das
Präteritum bilden, nennt man schwache Verben.
Ihr Partizip II bilden sie, indem an den Stamm ein -t angehängt wird. Verben ohne
Vorsilbe (Präfix) setzen bei der Part.II-Bildung ein ge- vor den Stamm; Verben mit
Präfix verzichten auf das ge- oder setzen es zwischen Präfix und Stamm (bei
schwachen Verben mit trennbarem Präfix).
Beispiele: malen:
ich mal-te, gemal-t
zersägen: ich zersäg-te, zersäg-t
aufholen: ich hol-te auf, aufgehol-t
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2. Eine kleinere Gruppe von Verben, die aber sehr häufig verwendet werden, bilden
das Präteritum dadurch, dass sich der Stammvokal des Infinitiv ändert.
Diese Verben nennt man starke Verben.
Ihr Partizip II bilden starke Verben, indem sie das Präfix ge- vor den Stamm (meist
mit gewandeltem Stammvokal) setzen, an den Stamm wird ein -en angefügt.
Wenn das Verb schon ein Präfix hat, gelten die gleichen Regeln, wie beim
schwachen Verb: Starke Verben mit trennbarem Präfix bilden das Partizip II ohne
ge-, die anderen Präfixverben setzen -ge- zwischen Präfix und Stamm. In jedem Fall
endet das Part.II mit -en.
Beispiele: singen:
ich sang, gesungen
verstehen:
ich verstand, verstanden
aufstehen:
ich stand auf, aufgestanden
Achtung: Es gibt auch Verben, die Mischformen zeigen:
können - konnte, brennen - brannte, wissen – wusste usw.
1.2.2.2 Die mehrteiligen Formen (analytische Formen)
- Die Formen des Perfekts setzen sich zusammen aus den Personalformen Präsens der
Hilfsverben „haben“ oder „sein“ und dem Partizip II des Vollverbs.
Beispiele:
ich habe gesehen
du bist gegangen
- Das Plusquamperfekt wird gebildet aus dem Präteritalformen von „haben“ oder „sein“
und dem Partizip II des Vollverbs.
Beispiele: ich hatte gesehen
ich wurde gemalt
- Das Futur 1 wird gebildet mit den Präsensformen von „werden“ und dem Infinitiv
des Vollverbs.
Beispiele: ich werde fahren
er wird siegen
- Das Futur 2 wird gebildet mit den Präsensformen von „werden“, dem Partizip II des
Vollverbs und „haben“ oder „sein“.
Beispiele: ich werde vergessen haben
er wird gegangen sein
Übersicht: Die Tempora (Aktiv) der sw. und st. Verben
ich
ich
Präsens Präteritum
Perfekt
Plusquamp.
Futur 1
Futur 2
arbeite
arbeitete
habe gearbeitet hatte gearbeitet werde arbeiten werde
gearbeitet
haben
Präsens Präteritum
Perfekt
gehe
ging
bin gegangen
Plusquamp.
war gegangen
Futur 1
werde gehen
Futur 2
werde
gegangen sein
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Genus
2.1 Einführung: Die Genera verbi
Man unterscheidet zwei Handlungsarten oder Genera (Sg. Genus) des Verbs, das Aktiv
(Tatform) und das Passiv (Leideform).
Das Aktiv stellt den Handelnden, den Täter bzw. Urheber einer Handlung in den
Vordergrund. Er ist Subjekt des Satzes.
Beispiel:
Die Lehrerin lobt die Klasse wegen ihres guten Verhaltens.
Das Passiv stellt dagegen den / die Betroffenen in den Mittelpunkt und macht ihn / sie zum
Subjekt des Satzes.
Beispiel:
Die Klasse wird wegen ihres guten Verhaltens von der Lehrerin gelobt.
In passivischen Sätzen kann der Urheber / der Handelnde sogar völlig ausgelassen werden
und die Aufmerksamkeit ganz auf den Vorgang bzw. den / die Betroffenen gerichtet werden.
Beispiele:
Die Klasse wird wegen ihres guten Verhaltens gelobt.
„Gesprochen wird in diesem Raum nicht!“
Passivformen erscheinen daher besonders oft in der Beschreibung von Vorgängen
(Gebrauchsanweisungen, Unfallberichte, Regeln aller Art, Versuchsbeschreibungen usw.).
2.2 Formenbildung Passiv
Die Regeln für den Gebrauch der Tempora im Aktiv gelten auch im Passiv.
2.2.1
Vorgangspassiv
Beim Vorgangspassiv wird das Geschehen als Vorgang, als Prozess dargestellt.
Es wird gebildet aus der Personalform von „werden“ im jeweiligen Tempus und dem
Partizip II des Vollverbs.
Beispiele:
Der Täter wurde verhaftet.
(Präteritum)
Er wird verurteilt werden.
(Futur I)
Glücklicherweise werden Verbrecher meist gefasst. (Präsens)
Im Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II wird anstelle des Partizips „geworden“ die Form
„worden“ verwendet.
Beispiel:
Die Mannschaft ist schon wieder geschlagen worden. (Perfekt)
Vorher war sie bereits scharf angegriffen worden.
(Plusquamp.)
Aber sie wird bald wieder aufgebaut worden sein.
(Futur II)
Übersicht: Die Tempora im Vorgangspassiv
Präsens
er wird
gewarnt
Präteritum
Perfekt
Plusquamp.
Futur I
Futur II
er wurde
gewarnt
er istgewarnt
worden
er war gewarnt
worden
er wird
gewarnt
werden
er wird
gewarnt
worden sein
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Zustandspassiv
Das Zustandspassiv beschreibt nicht den Vorgang, sondern das Ergebnis dieses Vorgangs.
Es wird gebildet aus der Personalform von „sein“ im jeweiligen Tempus und dem Partizip II.
Beispiele:
Die Tür ist geöffnet.
Sie waren erstaunt.
Häufig benutzt werden nur die Formen des Präsens und des Präteritums, alle anderen
Tempora erscheinen seltener im Zustandspassiv.
Übersicht: Die Tempora im Zustandspassiv
Präsens
Präteritum
Perfekt
Plusquamp.
Futur I
Futur II
er ist gewarnt
er war
gewarnt
er ist gewarnt
gewesen
er war gewarnt
gewesen
er wird
gewarnt
sein
er wird
gewarnt
gewesen sein
3
Modus
3.1
Vorkommen
Mit Hilfe der Modalität wird der Wahrheitsgehalt einer Aussage aus der Sicht des Sprechers
ausgedrückt. Allgemein unterscheidet man zwischen Wirklichkeit und Nichtwirklichkeit.
Diese Modalitätstypen können auch durch Modalwörter („wahrscheinlich“),
Adverbialbestimmungen (Modalbest.) und Modalverben („sollen“) ausgedrückt werden.
Im Deutschen werden drei Modi unterschieden:
- Den Modus, der in der Regel anzeigt, dass etwas vom Sprecher als gegeben und wirklich
anerkannt wird, nennt man den Indikativ (Wirklichkeitsform). Der Indikativ ist die unmarkierte Normalform des Sprachgebrauchs.
Beispiele: Er liest die Zeitung.
Wir sind auf den Markt gegangen.
- Die direkte Handlungsaufforderung nennt man Imperativ (Befehlsform).
Beispiele:
Gib mir bitte die Butter!
Öffnen Sie die Tür!
- Der dritte Modus kann u. a. anzeigen, dass etwas vom Sprecher als nicht wirklich
angesehen wird. Diesen Modus nennt man Konjunktiv (Möglichkeitsform).
Beispiele: Hätte ich doch mehr Geld!
Das wäre nicht möglich gewesen.
Der Konjunktiv kann (meist in einer anderen Form) auch die Aussagen anderer
wiedergeben, ohne eine Wertung über deren Richtigkeit zu treffen.
Beispiele: Marina behauptete, alle Jungen seien dumm.
Er sagte, er habe noch nie ein Flugzeug gesehen.
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Formen und Funktionen des Konjunktivs
Der Konjunktiv bezeichnet allgemein einen geringeren Sicherheitsgrad der Aussage.
Wir unterscheiden zwei verschiedene Konjunktive, den Konjunktiv I und den Konjunktiv II.
3.2.1. Konjunktiv I
3.2.1.1
Bildung des Konj. I
Der Konjunktiv I wird gebildet, indem zwischen Verbstamm und Personalendung ein -eeingefügt wird.
Beispiel: Indikativ: du sing-st > Konjunktiv I: du sing-e-st
Beachte: Ergibt sich bei dieser Bildung am Ende des Wortes ein doppeltes e, wird eines
getilgt.
Es kommt bei diesen Formen zu einem „e“-Zusammenfall.
Beispiel:
Indikativ: ich bad-e > Konjunktiv I: ich bad-e-e > ich bade.
Bei Verben mit e/i-Wechsel im Stamm (Präsens Indikativ) geht der Vokalwechsel im Konj. I
verloren:
Beispiel:
Ind.: ich gebe, er gibt > Konj.I: ich gebe, er gebe
Der Konjunktiv I ist von den Formen her oft nicht zu unterscheiden vom Indikativ Präsens: In
der 1. Person Singular, der 1. Person Plural und der 3. Person Plural stimmen die Formen oft
überein.
Formen am Beispiel des Verbs „haben“
Person
ich
du
er, sie, es
wir
ihr
sie
Indikativ Präsens
habe
hast
hat
haben
habt
haben
Konjunktiv I (Präsens)
habe
habest
habe
haben
habet
haben
Nur ein Verb unterscheidet sich im Konjunktiv I in allen Formen vom Indikativ Präsens, das
(Hilfs-)Verb „sein“.
Person
ich
du
er, sie, es
wir
ihr
sie
Indikativ Präsens
bin
bist
ist
sind
seid
sind
Konjunktiv I (Präsens)
sei
sei(e)st
sei
seien
sei(e)t
seien
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3.2.1.2
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Funktionen des Konj. I - Die indirekte Rede
1. Man verwendet den Konjunktiv I vor allem in der indirekten Rede, wenn man also etwas
wiedergeben möchte, was ein anderer geäußert hat (zeitneutral / Gegenwart).
Beispiel:
Florian sagt, er habe Hunger.
Vater meint, er sei krank.
In der 1. Person Singular sowie der 1. und 3. Person Plural stimmen die Formen des
Konjunktivs I von „haben“ mit denen des Indikativs Präsens überein. Deshalb benutzt man
hier oft als Ersatzform den Konjunktiv II von „haben“. (Vgl. 3.2.2.2)
Beispiele: Er erzählt, ich habe das Rennen gewonnen.
> Er erzählt, ich hätte das Rennen gewonnen.
Florian sagt, er hätte Hunger.
- Der Konjunktiv I wird auch benutzt, um Aussagen in der Vergangenheit in indirekter Rede
wiederzugeben.
Er wird gebildet aus dem Konj. I von „haben“ oder „sein“ und dem Partizip II des
Vollverbs.
Beispiele: (Er behauptete,) du habest gesagt.
(Ihm wurde fälschlicherweise berichtet,) wir seien schon gefahren.
- Selbstverständlich kann man in der indirekten Rede auch Zukünftiges wiedergeben.
Um in der indirekten Rede auszudrücken, dass etwas aus der Sicht des ursprünglichen
Sprechers in der Zukunft liegt, benutzt man den Konj. I von „werden“ + Infinitiv des
Vollverbs
Beispiele: Er erklärte, er werde dem Vorhaben niemals zustimmen.
Sie sagte, sie werde morgen bereits ankommen.
Manchmal reicht hier auch schon der Konjunktiv I des Vollverbs, um deutlich zu machen,
dass etwas in der Zukunft liegt. (oft bei Vorhandensein eines Temporaladverbs)
Beispiel: Sie sagte, sie komme bereits morgen an.
In der 1. Person Singular sowie der 1. und 3. Person Plural stimmen die Formen des
Konjunktivs I von „werden“ mit denen des Indikativs Präsens überein. Deshalb verwendet
man in der 1. Pers. Sg. und der 1. und 3. Pers. Pl. nicht den Konjunktiv I, sondern den
Konjunktiv II von „werden“.
Beispiele: Ich schwor, ich werde mich revanchieren.
> Ich schwor, ich würde mich revanchieren.
Wir meinten, wir würde niemals gewinnen.
Sie dachten, sie würde die Trophäe behalten.
Beachte:
- Vereinzelt muss man in der indirekten Rede auch die Zeitangaben ändern.
Beispiel: Sie sagte gestern: „Ich komme morgen an.“
> Sie sagte gestern, sie komme heute an.
- Wenn Indikativ Präsens und Konjunktiv I übereinstimmen (z. B. in der 3. Person Plural),
verwendet man in der indirekten Rede als Ersatzform für den Konjunktiv I die
entsprechende Form des Konjunktivs II. (vgl. 3.2.2)
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- Stimmen Konjunktiv II und Indikativ Präteritum in ihren Formen überein, so ersetzt man
den Konj. II durch eine Umschreibung mit „würde“ („würde“ + Infinitiv des Vollverbs).
(vgl. 3.2.2.2)
Beispiel: Die Verbrecher sagten vor Gericht, sie täten das schon lange.
Sie würden gern Menschen quälen.
(statt: … sie quälten gern Menschen.)
Übersicht: Verfahrensweisen bei Formenzusammenfall (Synkretismus)
DIREKTE REDE:
Die Kinder riefen: „Wir haben
Hunger.“
INDIREKTE REDE:
Die Kinder riefen, sie haben Hunger. (Konjunktiv I,
Übereinstimmung mit
Präs. Indikativ)
DAHER
Die Kinder riefen, sie hätten Hunger. (Konjunktiv II als Ersatzform)
Die Kinder sagten zu ihrem Lehrer:
DIREKTE REDE:
„Wir lieben Sie sehr!“
INDIREKTE REDE:
Die Kinder sagten zu ihrem Lehrer,
sie lieben ihn sehr.
(Konjunktiv I, Übereinstimmung mit Präs.
Indikativ)
DAHER
Die Kinder sagten zu ihrem Lehrer,
sie liebten ihn sehr.
(Konjunktiv II als Ersatzform, aber Übereinstimmung mit Prät. Indikativ)
DAHER
Die Kinder sagten zu ihrem Lehrer,
sie würden ihn sehr lieben.
(Umschreibung mit
„würde“ als Ersatzform)
- Konjunktiv in direkter Rede bleibt Konjunktiv in indirekter Rede.
Beispiele:
(K I) Sie teilte mit: „Ich komme sehr gern zu dem Fest.“
> Sie teilte mit, sie komme sehr gern zu dem Fest.
(K II) Er träumte: „Mit Pfefferminz wäre ich ihr Prinz!“
> Er träumte, mit Pfefferminz wäre er ihr Prinz.
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-
In der indirekten Rede werden die Pronomina aus der Sicht des Berichtenden gewählt.
Beispiel: Sie sagte zu ihm: „Ich habe deinen Brief erhalten.“
Sie sagte zu ihm, sie habe seinen Brief erhalten.
-
Den Imperativ in der direkten Rede umschreibt man in der indirekten Rede mit dem
Konjunktiv I des Verbs „sollen“ + Infinitiv.
Beispiele: „Komm doch bitte her, Ute!“ > Er sagt, Ute solle herkommen.
„Öffne mir bitte die Tür!“
> Sie sagt, du soll(e)st die Tür öffnen.
- Die indirekte Rede kann man auch mit „dass“ einleiten und dann auch den Indikativ in der
indirekten Rede verwenden. (Florian sagt, dass er Hunger hat.) Hier verwendet man nur
dann den Konjunktiv, wenn beim Indikativ nicht klar wird, ob es sich um indirekte Rede
handelt. Bei längeren Texten würde jedoch der ständige Nebensatzbeginn mit „dass“
äußerst schwerfällig und monoton wirken. Außerdem würde man ständig neue
Redeeinleitungen brauchen. Daher ist der Verzicht auf „dass“-Sätze in der indirekten
Rede in aller Regel vorzuziehen.
- Entscheidungsfragen werden in der indirekten Rede mit „ob“ eingeleitet.
Beispiel: Sie fragte, ob er morgen kommen wolle.
- Fragewörter werden aus der direkten in die indirekte Rede übernommen.
Beispiele: Sie wollten wissen, warum er sich verspätet habe.
Man fragte ihn, wann er zurückkomme.
2. Früher wurde der Konjunktiv I oft in Wunsch- oder Befehlssätzen gebraucht.
Heute finden wir diese Funktion des Konjunktivs noch in festen Wendungen wie
„Gott sei Dank“ oder „Gott helfe ihm“, aber z. B. auch in Rezepten: „Man nehme ...“
und Fachprachen: „Gegeben sei ...“.
3.2.2
Konjunktiv II
3.2.2.1 Bildung des Konjunktiv II
Der Konjunktiv II wird gebildet aus der Präteritalform des Verbs, wobei an den Stamm,
soweit die Person/Numerus-Endung nicht schon ein -e enthält, ein -e angehängt wird.
Beispiele:
schreiben: Prät. Sg.: schrieb > Konj.II: schrieb-e
sagen:
Prät. Sg.: sag-t-e > Konj.II: sag-t-e
Bei den starken Verben werden zusätzlich die umlautfähigen Stammvokale umgelautet.
Beispiele:
geben:
fahren:
Prät. Sg.: gab
Prät. Sg.: fuhr
> Konj.II: gäb-e
> Konj.II: führ-e
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Formen am Beispiel des Verbs „tragen“
Person
ich
du
er, sie, es
wir
ihr
sie
Indikativ Präteritum Konjunktiv II (Präsens)
trug
trüge
trugst
trügest
trug
trüge
trugen
trügen
trugt
trüget
trugen
trügen
- Die Formen von Konj. II und Präteritum sind vollkommen gleich bei den schwachen
Verben:
Formen am Beispiel des Verbs „arbeiten“
Person
ich
du
er, sie, es
wir
ihr
sie
Indikativ Präteritum Konjunktiv II (Präsens)
arbeitete
arbeitete
arbeitetest
arbeitetest
arbeitete
arbeitete
arbeiteten
arbeiteten
arbeitetet
arbeitetet
arbeiteteten
arbeiteten
Zur Vermeidung unklarer Außerungen wird anstelle des Konj.II häufig die Umschreibung
„würde“ + Infinitiv des Vollverbs verwendet. Vgl. 3.2.2.2
3.2.2.2 Funktionen des Konjunktiv II
- Am häufigsten wird der Konjunktiv II benutzt, um auszudrücken, dass etwas nur
vorgestellt, (noch) nicht wirklich ist.
In dieser Funktion erscheint er in Wünschen (Ach, käme er doch!), in Bedingungsgefügen
(Wenn ich guter Laune wäre, sänge ich ein Lied.) oder in Vergleichssätzen (Er tat so,
als ob er krank wäre.).
- Gebraucht ein Sprecher den Konjunktiv II der Gegenwart, so lässt er meist die Frage offen,
ob das Erdachte noch Wirklichkeit werden kann oder nicht (Potentialis).
Beispiel:
Wenn er morgen käme, gingen wir zum Schwimmen.
- Der Konjunktiv II der Vergangenheit drückt aus, dass ein Sprecher der Überzeugung ist,
dass sich das, was er gedacht hat, nicht realisieren lässt (Irrealis).
Beispiel:
Wenn er gekommen wäre, wären wir zum Schwimmen gegangen.
- Der Konjunktiv II tritt als Ersatzform in der indirekten Rede auf. (vgl. 3.2.1.2)
Beispiele:
Er berichtete, dass er gefallen wäre.
Die Kinder sagten, sie hätten Durst.
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- Der Konjunktiv II wird manchmal als Höflichkeitsform gebraucht.
Beispiel:
Könnten Sie das für mich erledigen? (Konjunktiv II)
(statt: Können Sie das für mich erledigen? [Indikativ])
- Häufig wird der Konjunktiv II auch formelhaft gebraucht:
Beispiele: So, da wären wir!
Das hätten wir jetzt!
3.2.2.2 Die Umschreibung mit „würde“
Die Umschreibung der Konjunktive mit „würde“ findet zunehmend Verwendung:
- Statt des Konjunktivs II benutzt man oft die Umschreibung mit „würde“, wenn der
Konjunktiv als veraltet angesehen wird.
Beispiele:
Ach, kennten die Schüler doch den Gebrauch des Konjunktivs II!
Wie gern büke ich dir heute einen Geburtstagskuchen!
- Der Konjunktiv II sollte durch „würde“ + Infinitiv ersetzt werden, wenn ein
Missverständnis wegen eines Formenzusammenfalls entstehen könnte. (z.B.
formale Übereinstimmung des Konjunktiv II mit dem Präteritum)
Diese Verwechslungsgefahr aufgrund gleicher Formen tritt auf bei schwachen Verben:
Beispiel: Ich besuchte meinen Vater während seines Kuraufenthalts oft.
Es ist hier unklar, ob Präteritum oder Konjunktiv gemeint ist. Wenn der Konjunktiv gemeint
ist, sollte formuliert werden:
Ich würde meinen Vater während seines Kuraufenthalts oft besuchen.
Bei starken Verben findet man diese Verwechslungsgefahr nur bei Verben, die das
Präteritum auf -i/ie- bilden (1. und 3. Person Plural):
Beispiel: Machen Sie sich keine Sorgen. Wir riefen Sie schon an.
Stattdessen: Wir würden Sie schon anrufen.
- Im mündlichen Sprachgebrauch können Verwechslungen bei lautlich ähnlichen Formen
auftreten. Hier ist die Umschreibung mit „würde“ angebracht.
Beispiel: Ich sehe / sähe eine Heirat meiner Tochter mit diesem Egoisten ungern.
- „Würde“ + Infinitiv benutzt man manchmal statt eines Konjunktivs mit Zukunftsbezug.
Der Charakter des Zukünftigen wird dadurch im Vergleich zum Konjunktiv II stärker
hervorgehoben.
Beispiel: Wenn ich übermorgen eine Weltrekordzeit laufen würde (statt „liefe“),
wäre dies eine Riesenüberraschung.
- Der Gebrauch von „würde“ ist immer gerechtfertigt als Konjunktiv des Verbs „werden“
(z. B. in Passiv- oder Futur-Formen).
Beispiele: Würde mein Fußballverein doch Meister!
Wir würden sicher durch einen neuen Trainer angespornt.
Beachte:
Die Konjunktivumschreibung mit „würde“ und angeschlossenem Infinitiv des Vollverbs sollte
überlegt eingesetzt werden, da sie oft zu ungenau und zu schwerfällig ist.
Beispiel: Er sagte: „Ich fahre gern in die USA.“
> Er sagte, er würde gerne in die USA fahren.
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Aufgrund des oft falschen Gebrauchs von „würde“ könnte man hier unsicher sein, was
eigentlich gemeint ist:
Er sagte, er fahre gern in die USA. oder: Er sagte, er führe gern in die USA.
-
In Bedingungsgefügen wird durch den Zusammenhang oft klar, dass nur der Konjunktiv
gemeint sein kann. Dann ist eine Umschreibung mit „würde“ unnötig.
Beispiel: Wenn mein Vater im Krankenhaus läge, besuchte ich ihn sehr oft.
- Meist reicht es aus (z. B. bei schwachen Verben in beiden Teilsätzen), nur in einem der
Teilsätze die Umschreibung mit „würde“ zu verwenden. Andernfalls wirkt der Satz
unbeholfen.
Beispiel:
Nicht:
Wenn ich sie besuchen würde, würde sie sich sehr freuen.
Sondern: Sie würde sich sehr freuen, wenn ich sie besuchte.
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