Bachelorarbeit von Tobias Guggemos „Entwicklung einer schnellen Messvorrichtung zur Detektion von Fehlerströmen in einer Umrichteranlage des Kernfusionsexperimentes ASDEX Upgrade“ 1. Korrektor: Prof. Dr. rer. nat. Menczigar 2. Korrektor: Prof. Dr.-Ing. Mahnke Betreuer am IPP: Dr. Teschke Fakultät 06 – Angewandte Naturwissenschaften Studiengang Physikalische Technik Immatrikulationsnummer: 02820709 I Kurzfassung: Seit 1960 wird am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching der technische Nutzen von Kernfusionsenergie intensiv erforscht. Dabei wird ein mehrere Millionen Grad heißes Plasma, in dem die Fusion von Atomkernen stattfindet, mit Hilfe starker Magnetfelder eingeschlossen. Die hohe Achsensymmetrie der Fusionsgefäßbauform „Tokamak“ führt jedoch zu Störungen des Plasmarandes, sog. „Edge Localized Modes“ (ELMs). Um diese Instabilitäten zu kontrollieren wird das Plasma durch schwache, zusätzliche Magnetfelder beeinflusst. Diese schwachen Magnetfelder werden von 16, in den Tokamak integrierten Spulen bereitgestellt. Anfang vergangenen Jahres wurde ein Projekt begonnen diese Spulen, statt mit Gleichstrom auch mit Wechselstrom von bis zu 1 kA zu versorgen. Dafür werden schnelle Umrichter verwendet, die mithilfe von PWM-Signalen eine beliebige Kurvenform, bei einer maximalen Bandbreite von 500 Hz ermöglichen. Teil des Projekts ist die Entwicklung einer Differenzstrommessung zwischen zu- und abfließendem Strom, der in den vakuumisolierten Zuleitungen der Spulen fließen. Ein Lichtbogen, der durch Druckschwankungen des Vakuums oder Spannungsspitzen der Umrichter entstehen könnte, hätte im schlimmsten Fall einen Stillstand des Experiments zur Folge und ist daher schnellstmöglich zu unterbinden. Im Rahmen dieser Bachelorarbeit soll ein Prototyp dieser Differenzstrommessung entwickelt und aufgebaut werden. Abstract: Since 1960, scientists at the Max Planck Institute for Plasma Physics (IPP) in Garching have been researching the technical benefits of nuclear fusion energy. The multi-million degree hot plasma, in which the fusion of atomic nuclei occurs, is kept in place by strong magnetic fields. The high symmetry of the fusion vessel design “tokamak” leads to disturbances, the so called “Edge Localized Modes” (ELMs) in the plasma edge. One way to control these instabilities is an additional weak magnetic field. These weak magnetic fields are generated by 16 coils, which are integrated in the tokamak. Early last year, a project was started to supply these coils with alternating current up to 1 kA, instead of direct current only. High speed converter, controlled by PWM signals can generate various waveforms to a maximum bandwidth of 500 Hz. Part of the project is to develop a differential current measurement which measures the current in the vacuum isolated conductors that supply the coil. If these currents do not sum to zero, there have to be a leakage in form of an electric arc. This could happen because of the fluctuations of the pressure in the vacuum vessel or overvoltage peaks produced in the converters. An arc would stop the experiment for weeks and has to be deleted as fast as possible. This Bachelor thesis is about to develop and to build the first prototype of this differential current measurement. II Inhaltsverzeichnis 1 2 3 Einleitung ........................................................................................................................................ 1 1.1 Fusionsforschung .................................................................................................................... 2 1.2 Tokamak .................................................................................................................................. 2 1.3 Zündbedingungen .................................................................................................................... 3 Grundlagen ...................................................................................................................................... 4 2.1 B-Spulen .................................................................................................................................. 5 2.2 Stromversorgung ..................................................................................................................... 7 Entwicklung einer schnellen Abschaltung ...................................................................................... 9 3.1 Anforderungen und Ziele der geplanten Differenzstrommessung ........................................ 10 3.2 Messprinzip ........................................................................................................................... 10 3.2.1 Grundlegende Berechnungsformeln .............................................................................. 12 3.2.2 LEM-Wandler ............................................................................................................... 15 3.3 Auslegung der ersten Messung ............................................................................................. 15 3.3.1 Ringkern ........................................................................................................................ 16 3.3.2 Erste Messung mit Ferritkern ........................................................................................ 17 3.6 Auslegung der Auswerteelektronik ....................................................................................... 20 3.6.1 Messwiderstand ............................................................................................................. 20 3.6.2 Zusätzliche Widerstände ............................................................................................... 20 3.6.3 TVS-Schutzdiode .......................................................................................................... 21 3.6.4 Instrumentenverstärker INA111 .................................................................................... 23 3.6.5 Spannungsversorgung TMR1223 .................................................................................. 24 3.6.6 Operationsverstärker TLE2022 ..................................................................................... 25 3.7 Vergleichsmessung von EPCOS und LEM ........................................................................... 27 3.8 Anbindung an das GIB/CBB ................................................................................................. 29 3.9 Abschaltversuch mit Testplatine ........................................................................................... 32 3.10 Abschaltversuch am realen Teststand ................................................................................... 34 3.11 Verbesserung der Bandbreite durch THS4141 ...................................................................... 35 3.12 Theoretische Abschaltzeit ..................................................................................................... 36 3.13 Simulation und Optimierung der Schaltung in PSpice .......................................................... 38 3.14 Eagle ...................................................................................................................................... 42 3.15 Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................................................ 44 4 Anhang .......................................................................................................................................... 45 5 Quellenangabe ............................................................................................................................... 49 1 Einleitung In einer Zeit in der die Frage um die zukünftige Deckung des Energiebedarfs immer wichtiger wird, muss nach geeigneten alternativen zur konventionellen Kraftwerkstechnik und fossilen Energieträgern gesucht werden. Schottky bemerkte hierzu schon vor 85 Jahren: „Die Zeit des unbedenklichen Wirtschaftens mit den Energiequellen und Stofflagern, die uns die Natur zur Verfügung gestellt hat, wird wahrscheinlich schon für unsere Kinder nur noch die Bedeutung einer vergangenen Wirtschaftsepoche haben.“ W. Schottky, 1929 [1] Die Problematik besteht nicht nur in der Beschaffung von Öl und Kohle, denn die bekannten Vorkommen sichern die Förderung für die nächsten 50 Jahre, sondern vor allem bei der Erhaltung der Umwelt. Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten und die Ozeane versauern, hinzu kommt eine stetig steigende Erdbevölkerung. Deutschlands Energiepolitik setzt deshalb immer mehr auf erneuerbare Energien wie Windkraft und Photovoltaik und hat mit seinen Bemühungen eine Vorreiterrolle in der Welt. Windkraft und Photovoltaik sind jedoch stark Witterungsabhängig, es bedarf weiterer Grundlastkraftwerke die gleichmäßig Strom liefern. Diese Funktion übernehmen heutzutage noch Braunkohlekraftwerke, ihr umweltfreundlicherer Vertreter die Atomkraftwerke wurden wegen großem Widerstand der Bevölkerung weitgehend geschlossen. Ein Hoffnungsträger für die Zukunft ist der Fusionsreaktor. Es wäre eine Energiequelle ohne Schadstoffemission und ohne radioaktivem Abfall in Form von lange strahlenden Brennstoffstäben. Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik hat sich die Erforschung einer solchen Anlage als Ziel gesetzt. [2] 1 1.1 Fusionsforschung Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching, dass 1960 gegründet und 1971 in die Max-Planck-Gesellschaft eingegliedert wurde, ist eines der größten Zentren für Fusionsforschung in Europa. In den derzeit neun wissenschaftlichen Bereichen wird vor allem der Einschluss von heißen Wasserstoffplasmen durch Magnetfelder, die Heizung des Plasmas, sowie verschiedene Diagnostiken zur Überwachung der Plasmaparameter erforscht. Zu den größten Erfolgen des IPP zählt die Entdeckung der H-Mode Anfang der 80er Jahre. Es handelt sich dabei um einen Zustand, in dem die Wärmeisolation des Plasmas wesentlich verbessert wird und Turbulenzen verringert werden. Zudem wurden neue Wege gefunden das Plasma zu heizen, die Wandung der Fusionskammer zu beschichten und das Plasma von störenden Fremdstoffen zu reinigen. Ohne die Grundlegende Arbeit von Einrichtungen wie dem IPP oder auch JET in England wäre das nächste große Fusionsexperiment ITER, welches gerade in Frankreich gebaut wird, nicht möglich. [2] 1.2 Tokamak Das aktuelle Fusionsexperiment in Garching nennt sich ASDEX Upgrade. Es handelt sich dabei um eine Fusionsanlage vom Bautyp Tokamak (siehe Abbildung 1). Abbildung 1, Aufbau Tokamak Der Tokamak hat einen Torus-förmigen Aufbau. Das Plasma wird von mehreren toroidalen Magnetspulen eingeschlossen. Diese allein können das Plasma jedoch nicht stabilisieren. Das Plasma muss zusätzlich noch verdrillt werden (in Abbildung 1 angedeutet). Das wird durch ein einfaches Prinzip erreicht, das Plasma im Tokamak dient als Sekundärwicklung eines Transformators. So kann ein Plasmastrom eingekoppelt werden, der das Plasma, durch die Lorentzkraft, in Rotation versetzt und außerdem eine zusätzliche Heizungsmöglichkeit darstellt. Die Lage des Plasmas im Gefäß wird von poloidalen Magnetspulen gesteuert. Der Tokamak kann aufgrund des verwendeten Transformatorprinzips nur in Pulsen betrieben werden. Trotzdem ist es die am besten erforschte Bauform und kommt den Zündbedingungen (siehe Kap. 1.3) am nächsten. [2] 2 1.3 Zündbedingungen Für ein brennendes Plasma, also ein Plasma in dem fortlaufend Fusionen stattfinden, werden Anforderungen an die Temperatur, den Druck und die Wärmeisolierung gestellt. Die Atomkerne müssen sich stark genug annähern um die Coulombbarriere des anderen Kerns zu überwinden, das gelingt durch hohe Geschwindigkeit, was nach der kinetischen Gastheorie einer hohen Temperatur entspricht. Ein Mindestdruck wird benötigt um genug Fusionen stattfinden zu lassen damit das Plasma von selbst weiter brennen kann. Es werden folgende Bedingungen an die Parameter gestellt: eine Plasmatemperatur von mindestens 100 Millionen Grad eine Energieeinschlusszeit von etwa zwei Sekunden. Dieses Maß für die Wärmeisolation gibt die Zeit an, die verstreicht, bis die über Heizungen in das Plasma gepumpte Wärmeenergie wieder nach außen verloren geht. eine Plasmadichte von ungefähr 1014 Teilchen pro Kubikzentimeter, das ist 250.000fach dünner als die Lufthülle der Erde. Wegen dieser extrem niedrigen Dichte besitzt ein brennendes Fusionsplasma trotz der hohen Temperatur eine kaum größere Leistungsdichte als eine normale Glühbirne. Der Forschungsreaktor ITER soll das erste Fusionsprojekt werden, bei dem ein Nettoenergiegewinn erzielt wird. [2] Abbildung 2, Zündbedingung 3 2 Grundlagen Die Gruppe um das Projekt BUSSARD (Bayerischer Umrichter schnell schaltend für ASDEXUpgrade’s rasche Drehfelder) hat es sich zur Aufgabe gemacht die Versorgung der B-Spulen (in Abbildung 3 als BU und BL gekennzeichnet) von reinem Gleichstrombetrieb auf Wechselstrombetrieb mit beliebig wählbarer Kurvenform umzustellen. Mithilfe der insgesamt 16 einzelnen B-Spulen (8 oben, 8 unten) im ASDEX Upgrade lassen sich Störungen im Plasma („ELMs“) beeinflussen und man erwartet sich von der ACAnsteuerung eine Verbesserung der Stabilität des Plasmas. Die eingezeichneten A-Spulen sind in Planung aber noch nicht in das Gefäß eingebaut (Stand April 2014). Sie sollen ähnlich wie B-Spulen für eine erhöhte Abbildung 3, Lage der B-Spulen Stabilität sorgen. [3] 4 2.1 B-Spulen Die Anordnung der oberen 8 B-Spulen zur Erzeugung des Drehfeldes ist in Abbildung 4 zu sehen. Wie angedeutet ist das Ziel des Projekts BUSSARD jede Spule einzeln mit einem Wechselstrom beliebiger Form versorgen zu können. Das Plasma wird vor allem im Randbereich gestört. Durch die neue Versorgung der Spulen mit Drehstrom der Plasmarand zusätzlich deformiert werden. Diese Deformation des Plasmarandes werden die „ELMs“ in kleinere „zerfasert“ und ein Plasma mit besserer Wärmeisolation entsteht. Die Zuleitungen zu den B-Spulen erfolgt durch zwei vakuumisolierte Kupferleitungen von 1,3 m Länge. In Abbildung 5 ist die Zuleitung schematisch dargestellt. Links am unteren Bildrand ist die B-Spule zu erkennen. Die BSpulen befinden sich direkt im Torus, also im Hochvakuum bei ca. 10-7 mbar. Deren Anschlüsse werden über einen Flansch in die Durchführung geführt. In der Durchführung herrscht ein Restdruck von 10-4 – 10-2 mbar. Das Vakuum in der Durchführung wird durch eine Abbildung 4, Skizze des Torus mit eingezeichneten B-Spulen Pumpe aufrechterhalten (in Abbildung 5 sitzt die Pumpe am Stutzen, der oben rechts zu sehen ist). Über einen weiteren Flansch werden die Kabel in die Torushalle geführt. [3] Die Spannungsfestigkeit der Zuleitungen hängt von der Qualität des Vakuums in der Durchführung (siehe Abbildung 6), aber wichtiger von den eingestreuten Magnetfeldern ab (siehe Abbildung 7). Abbildung 5, B-Spulen Flansch 5 Paschen Kurve: Nur im perfekten Vakuum sind keine Teilchen mehr vorhanden. Die Qualität des Vakuums gibt an wie viele Teilchen sich noch im Vakuum befinden. Paschen stellte als erster eine Gleichung auf wie sich die Anzahl der Restteilchen (genauer der Druck, den die Restteilchen verursachen multipliziert mit der Durchschlagsstrecke) zu der Durchschlagsfestigkeit des Vakuums verhält. In Abbildung 6 sind die Kurven für verschiedene Gase aufgetragen. Für sehr gutes Vakuum ist auch die Isolationswirkung sehr gut. Das Abbildung 6: Paschenkurve für verschiedene Gase Minimum bei relativ geringem Druck kommt zustande, da genug Elektronen zwischen den Elektroden vorhanden sind. Die Elektronen werden beschleunigt und ionisieren weitere Atome. Durch diese Stoßionisation nimmt die Anzahl der leitfähigen Ladungsträger zwischen den Platten zu. Bei höheren Drücken nimmt dieser Effekt wieder, da die Elektronen in ihrer Beschleunigung durch die Elektronen behindert werden und so nicht die benötigte Energie für einer Stoßionisation erreichen. Die Paschenkurve ist für ein gegebenes Gas vorgegeben und kann berücksichtigt werden, hiervon geht die kleinere Gefahr aus. [4] Starke Magnetfelder: Das kritischere Problem sind die starken Magnetfelder in den Durchführungen. Diese entstehen durch die Spulen, die das Plasma einschließen her. Dieses Feld streut auch in die Durchführung der BSpulen ein. Lokal können magnetische Felder von bis zu 3 T entstehen. Ohne diese Felder wäre die Durchschlagsfestigkeit der Durchführung bei 3 kV. Während des Experiments verringert sich dieser Wert aber auf einige 100 V. Am IPP wurde eine eigene Messreihe durchgeführt um die maximale Durchschlagsfestigkeit bei gegebenem Abbildung 7: Durchschlagsfestigkeit bei hohen Magnetfeldern Magnetfeld zu ermitteln. In Abbildung 7 ( 2,4 - 2,5 T) in der Durchführung der B-Spulen sind die Messergebnisse dargestellt. Es wurde der Druck gegen die Testspannung aufgetragen, dabei markieren rote Punkte einen Durchschlag und blaue Punkt eine Messung ohne Durchschlag. Es ergibt sich eine logarithmische Abhängigkeit vom Druck. Problematisch ist nicht die Betriebsspannung sondern die Überspannung beim Umschalten der Umrichter. Eine Ausgangsfilterung vom Umrichter zum Kabel ist dringend erforderlich um einen Sicherheitsfaktor einzuhalten. [5] 6 2.2 Stromversorgung Die Stromversorgung wurde über einen 3-Level-Wechselrichter (Schematisch in Abbbildung 8 dargestellt) realisiert. Je nachdem welche Kombination geschlossener Schalter gewählt wird sieht die Last die positive oder die negative Versorgungsspannung von bis zu 400 V oder Masse. Die drei Powerblöcke sind kommerziell erhältliche Produkte der Firma Semikron. Die Anbindung an den Industrie-PC, der die PWM-Signale steuert findet über zwei Einschubkarten, dem „Controller Breakout Board“ (CBB) und dem „Gatedriver Interface Board“ (GIB) statt. So kann am Computer die gewünschte Signalform, Frequenz, Amplitude eingegeben werden, dieser rechnet die Eingabe in ein entsprechendes PWM-Signal um. Das PWM-Signal wird über das CBB an das GIB und dann an die Powerblöcke übergeben. Dabei haben die Einschubkarten folgende Aufgaben: Abbildung 8: 3-Level_Wechselrichter CBB („Controller Breakout Board“): Das CBB filtert die Analog Signale. Die Signale der Meilhaus Multi-I/O-Karte werden auf das GIB angepasst. Zusätzlich findet hier eine Potentialtrennung statt. GIB („Gatedriver Interface Board“): Hauptaufgabe ist die Realisierung von Eigensicherheit, auch ohne Controller kann der Teststand kontrolliert und im Notfall abgeschaltet werden Das GIB hat die Aufgabe die Signallevel der Powerblöcke an das CBB anzupassen. Auf dem GIB sind verschiedene Messungen für Ausgangsspannung, Zwischenkreisspannung und Laststrom und die Überwachung dieser Parameter aufgebracht. In Abbildung 9 ist die Erzeugung des Wechselstroms für die BSpulen schematisch dargestellt. Die beiden PWM-Signale 1 und 2 steuern die Schalter. In 3 ist dargestellt welche Spannung die Last sieht und der Strom den diese erzeugt. Durch die Steuerung der Pulsweite lässt sich so der Strom regeln. So kann der Strom verschiedenen Signalformen angenähert werden. Die DC Spannungsversorgung für die B-Spulenversorgung liefert eine nur noch wenig, vor allem für kleine Experimente genutzte Quelle, der sogenannten Gruppe 0. Damit ist man Abbildung 9: Schematische Funktionsweise eines 3-Level Umrichters 7 unabhängig von dem großen Schwungradgenerator „EZ4“ der das Experiment versorgt Als Ort für den BUSSARD wurde die Nordwand der Torushalle gewählt. Die magnetischen Störungen durch das Experiment sind dort schon gering. Schematisch ist der Aufbau in Abbildung 10 dargestellt. Die Gruppe 0 versorgt die Zwischenspannungskreise, die auf die Umrichter gehen. Es wird nach den Ausgängen des Powerblocks 1 und 2 gefiltert und am Ausgang des 3. Powerblocks befindet sich ein Filter, der Kabelausgangsfilter. Direkt danach wird die Messung für den Differenzstrom stattfinden. Über das Kabel das in die Torushalle führt werden daraufhin die B-Spulen versorgt. Abbildung 10: Schematischer Aufbau des Teststands mit rot umrandeter Position der Messung 8 3 Entwicklung einer schnellen Abschaltung Für das oben angesprochene Problem der geringen Durchschlagsfestigkeit in der B-Spulenversorgung in der Durchführung, durch die starken Magnetfelder des Experiments ist es wichtig eine Messung zur Überwachung des Differenzstroms zu entwickeln. Wenn es zu einem Durchschlag und daraus resultierenden Lichtbogen kommt muss die Messung möglichst schnell den Strom abschalten und so die Schäden am Torus so gering wie möglich zu halten oder im Idealfall gänzlich zu vermeiden. In folgendem Kapitel sollen die Schritte, die nötig waren um diese Messung zu realisieren aufgezeigt werden. 9 3.1 Anforderungen und Ziele der geplanten Differenzstrommessung Wie schon in der Kurzfassung erwähnt soll eine schnelle Differenzstrommessung zum Schutz vor einem Lichtbogen in der Durchführung der B-Spulen realisiert werden. Es gilt herauszufinden wie eine zuverlässige Messung, trotz der starken Störungen durch die Schaltmomente realisiert werden kann. Teile der Entwicklung sind: 3.2 Finden eines Messprinzips Auslegung der Schaltung Ermittlung der Störeinflüsse durch den Umrichter Ermitteln der Abschaltzeit Design einer Platine Messprinzip Das erste Messprinzip, dass bei einer Strommessung in den Sinn kommt ist einen Widerstand (Shunt) einzubauen und den Spannungsabfall über diesem zu messen. Das Problem mit einem Shunt sind die kleinen Messspannungen. Es muss ein sehr kleiner Widerstand eingebaut werden, da der hohe Strom sonst zu großen Verlustleistungen führt. Um die Messung zu installieren muss außerdem das Kabel aufgetrennt und die Messung angebracht werden. Es gibt spezielle Shuntwiderstände die solche Messungen möglich machen, dabei handelt es sich aber um teure Spezialwiderstände mit einer kostspieligen Auswerteelektronik. Der große Vorteil eines Shunts liegt in der nahezu idealen Wiedergabe des Originalsignals. Eine andere Möglichkeit ist die Messung des Magnetfeldes, das durch bewegte Ladungen erzeugt wird. Gerade bei großen Strömen kann dieses Feld gut gemessen werden. Dazu stehen mehrere Verfahren zur Verfügung: Luftspule (Rogowski) Hallwandler Flusswandler Die Grundlagen dieser Messarten sollen kurz angesprochen werden: Luftspule (Rogowskispule): Bei einer Rogowskispule handelt es sich um eine Luftspule, also eine Spule ohne magnetischen Kern. Diese wird um das Kabel mit dem zu messenden Strom gelegt, der in der Spule eine Spannung induziert. Durch die fehlende Verstärkung des Magnetkerns ist die Spannung so gering, dass eine Verstärkerschaltung, die als Integrator dient benötigt wird um das Messsignal auszulesen (siehe Abbildung 11). Auch eine Erhöhung der Sekundärwicklungszahl hilft hier nicht, da der 10 Abbildung 11: Rogowskispule mit Beschaltung Kopplungsfaktor mit steigern Zahl der Wicklungen schlechter wird. Dieses Messprinzip hat in der Technik ein weites Einsatzgebiet da die Messung sehr leicht anzubringen ist. Es muss lediglich die Spule um das Kabel gelegt werden und nicht, wie in den anderen Fällen, das Kabel durch den magnetischen Ringkern der Messung geführt werden. So kann die Messung auch nachträglich noch an schwer zu erreichende Orte angebracht werden. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Messung nicht auf einen magnetischen Kern angewiesen ist. Die Nichtlinearitäten eines Kerns beeinflussen das Übertragungsverhalten was sich negativ auf die Messwerte auswirkt. Ein Nachteil dieser Messmethode ist die benötigte Beschaltung Hallsensorwandler: Ein Hallsensorwandler basiert auf dem Halleffekt und benutzt einen magnetischen Ringkern zur Wandlung des Primärstroms. In den Ringkern ist ein Luftspalt eingebracht, sodass der Kern geteilt wird. In diesem Luftspalt treten die Magnetfeldlinien aus dem Kern aus. In diesen Luftspalt wird ein Leiterplättchen gesetzt und kontaktiert (Beispiel siehe Abbildung 12). Fließt ein Strom werden die Ladungen im Leiterplättchen durch die Lorentzkraft abgelenkt und es entsteht eine Spannung: 𝑈𝐻 = 𝐴𝐻 𝐼𝐵 𝑑 UH ist die Hallspannung, AH die Hallkonstante, I der fließende Strom durch das Plättchen, B das Magnetfeld im Spalt und d die Dicke des Plättchens (siehe Halleffekt). Diese Spannung ist meist so gering, dass es einer Verstärkerschaltung Bedarf um sie auszulesen und in elektronischen Systemen nutzbar zu machen. Der große Vorteil dieses Wandlers liegt darin, dass auch DC-Primärströme gemessen werden können. Nachteile des Wandlers sind die Nichtlinearitäten des Messkerns und der eingeschränkte Frequenzbereich. Probleme bei höheren Frequenzen treten wegen dem Luftspalt auf, hier wird magnetische Energie gespeichert. Die Hysteresekurve des Materials wird also automatisch breiter, heißt hartmagnetischer, was bei hohen Frequenzen zu Problemen bei der Übertragung führt. Außerdem ist die Genauigkeit eines passiven Hallsensorwandlers sehr schlecht. Das liegt an dem Magnetkern. Mit aktiven Hallsensorwandler, wie in Abbildung 12 dargestellt lässt sich dieser Nachteil beheben. Stromwandler: Ein Stromwandler besteht aus zwei Spulen die über einen magnetischen Ringkern miteinander gekoppelt sind. Der Primärstrom erzeugt einen magnetischen Fluss im Ringkern. In der zweiten Spule induziert der magnetische Fluss einen Strom, der zum Primärstrom proportional ist. Ein Stromwandler stellt also einen belasteten Transformator dar. Die Grundlagen des Transformators und dessen Berechnung werden in Kapitel 3.2.1 besprochen. Die Vorteile dieses Messprinzips sind der einfache Aufbau und das Zusammenbrechen der Übertragung wenn der Kern sättigt oder die Änderung des Flusses zu gering wird. 11 Moderne Wandler Die grundlegenden Messprinzipien wurden über die Jahre weiter entwickelt. Einige Ansätze bietet die Infobroschüre von LEM. Durch entsprechende Beschaltung lassen sich Temperaturdrift und den Offset zu beseitigen. Zusätzlich lassen sich die Nichtlinearitäten des Kerns unterbinden, indem der Gesamtfluss im Kern gleich null ist. In Abbildung 12 ist das für einen Halleffektwandler schematisch dargestellt. Die Spannung die der Abbildung 12: moderner Hallwandler mit aktiver Kompensation Halleffektsensor liefert wird verstärkt und über eine Endstufe wird der Strom IS durch die Sekundärspule geleitet. Diese baut gerade ein so großes Feld auf, dass das Feld des Primärstroms IP kompensiert wird und im Kern der magnetische Gesamtfluss zu null wird. Der Strom IS ist damit proportional zum Primärstrom IP und wird über den Messwiderstand RM gemessen. Dieses Prinzip nennt sich „Closed Loop“ und ist auch bei Stromwandlern möglich. Da diese Schaltung bei hohen Frequenzen Probleme hat, gibt es zusätzlich die Option das Prinzip des Hallwandlers und des Stromwandlers zu kombinieren, um einen weiten Frequenzbereich abzudecken. Dazu muss ein zweiter Ringkern in die Messung integriert werden der als Stromwandler beschaltet ist. Der Stromwandler stellt einen einfachen Aufbau dar, bei dem die Sättigung des Kerns ausgenutzt werden kann um die Leistung in den Messwiderständen zu begrenzen. Eine Rogowskispule wäre eine weitere Option die Messung zu realisieren, wenn die fertige Spule gekauft wird und nur die Beschaltung entworfen wird. Der Hallsensor ist im Frequenzbereich nach oben begrenzt und lohnt sich nur wenn die Messung auch DC-Signale messen können soll. Im Rahmen der Bachelorarbeit habe ich mich entschieden das Prinzip des Stromwandlers zu verfolgen und eine Messung aufgrund dieses Messprinzips zu verwirklichen [6,7,8,9]. 3.2.1 Grundlegende Berechnungsformeln Wie schon erwähnt stellt der Stromwandler einen belasteten realen Transformator dar. Für die Dimensionierung des ersten Messaufbaus wird aber mit den Formeln des idealen Transformators gerechnet um ein Gefühl für das Verhalten von Transformatoren zu bekommen. Ein Transformator besitzt eine Primärseite und eine Sekundärseite. Zwischen diesen beiden Seiten Wandeln sich die Größen, im Fall des Idealen Transformators wie folgt: 𝑈𝑆 = 𝑁𝑆 𝑈 𝑁𝑃 𝑃 𝐼𝑆 = 𝑁𝑃 𝐼 𝑁𝑆 𝑃 12 Die Indizies S, P bedeuten Sekundärseitig und Primärseitig, die Primärseite ist in unserem Fall das Kabel mit dem zu messenden Strom. N ist die Wicklungszahl, wobei NP = 1 gilt. U ist die Spannung und I der Strom der jeweiligen Seite. Legt mein einen Übertragungsfaktor w wie folgt fest 𝑤 = 𝑁𝑆 𝑁𝑃 und teil beide Seiten durcheinander erhält man: 𝑅𝑆 = 𝑤 2 𝑅𝑃 Diese Formel dient zur Auslegung des Messwiderstands. Es ist wichtig darauf zu achten, dass der Messwiderstand den Strom der B-Spulenversorgung nicht beeinflusst. Es muss gelten 𝑍𝑀 ≪ 𝑍𝐿 mit ZM als komplexen Messwiderstand den die Messung sieht und ZL dem komplexen Lastwiderstand der B-Spule. Praktisch lässt sich ein idealer Transformator nicht realisieren, deshalb muss kurz geklärt werden ob überhaupt mit der idealen Näherung gerechnet werden darf. Der Unterschied zwischen idealem und realem Transformator ist folgender: Kabelwiderstände und parasitäre Kapazitäten der Wicklungen Nicht der Gesamte Fluss der Primärwicklung koppelt in die Sekundärwicklung ein Energieverluste durch Ummagnetisierung und Wirbelströme Permeabilität ist Frequenzabhängig Es gibt Sättigungseffekte im Kern Das Ersatzschaltbild eines belasteten Transformators ist in Abbildung 13 zu sehen. Dabei sind Lσ die Streuinduktivitäten, RKabel die Leitungswiderstände der Wicklungen, Lh die Hauptinduktivität und RKern der Leitwiderstand des Kerns. Abbildung 13: Ersatzschaltbild des belasteten Transformators Die zusätzlichen parasitären Kapazitäten und Widerstände sind sehr klein, gerade bei kleiner Wicklungszahl, sie beeinflussen den Messaufbau nicht. Die Kopplung der beiden Spulen ist durch den gemeinsamen Eisenkern sehr gut und wurde mit k = 0,96 bestimmt, heißt nur 4% des magnetischen Flusses wird nicht in die Sekundärseite eingekoppelt und geht verloren. Die Energieverluste durch Wirbelströme werden durch die Verwendung des Ferrits unterbunden, die Verluste durch Ummagnetisierung sind Materialabhängig. Die Frequenzabhängigkeit der Permeabilität spielt in dem geringen Frequenzbereich in dem wir uns bewegen noch keine Rolle, es sollte trotzdem daran gedacht werden, dass die Permeabilität komplex ist und für hohe Frequenzen stark abnimmt. Zuletzt wären noch Sättigungseffekte des Kerns. Von Sättigung spricht man, wenn alle Elementarmagnete ausgerichtet sind und auch eine Erhöhung des äußeren Feldes H nur noch zu einer geringen Zunahme des B-Feldes führt. Zu sehen ist das am 13 Abknicken der Hysteresekurve. Das Übertragungsverhalten des Transformators nimmt dadurch drastisch ab. Ein zweiter Effekt der bei einer Messung auf der Sekundärseite ähnlich aussieht ist, wenn die zeitliche Flussänderung Φ zu gering wird. Auch dann nimmt das Übertragungsverhalten stark ab. Die Sättigung ist meist unerwünscht, in unserem Fall soll sie aber dazu dienen, die Leistung im Messwiderstand zu begrenzen. Um den Strom zu berechnen der den Kern sättigt muss die 3. Maxwell’sche Gleichung, das Durchflutungsgesetzt gelöst werden: ⃗ 𝑑𝐷 𝑑𝐴) 𝐴 𝑑𝑡 ⃗ 𝑑𝑠 = ∬ 𝑗 𝑑𝐴 + (∬ ∮ 𝐻 𝑑𝐴 𝐴 Durch Integrieren beider Seiten erhält man: 𝐻𝐹𝑒 𝑙𝐹𝑒 = 𝑁 𝐼 Dabei ist HFe die magnetische Feldstärke und lFe die mittlere Weglänge der Magnetfeldlinien im Kern. Das Integral ∬𝐴 ⃗ 𝑑𝐷 𝑑𝑡 𝑑𝐴 wird in magnetischen Materialen sehr klein und kann in der Rechnung vernachlässigt werden. Über die Beziehung für Materialien in magnetischen Feldern 𝐵𝐹𝑒 = µ𝑟 µ0 𝐻𝐹𝑒 und der Forderung das BFe ≤ BSättigung sein muss ergibt sich eine Formel für den Strom der den Kern sättigen lässt: 𝐼≤ 𝐵𝑆ä𝑡𝑡𝑖𝑔𝑢𝑛𝑔 𝑙𝐹𝑒 𝐻𝐹𝑒 𝑙𝐹𝑒 = 𝑤 µ0 µ𝑟 𝑁 Mit dieser Formel kann der Sättigungsstrom für einen unbelasteten Transformator berechnet werden. Lässt der Sekundärkreis einen Stromfluss zu, kompensiert der Sekundärstrom die Wirkung des Primärstroms. Erst wenn, durch Streufluss und Energieverlust, die Sekundärseite den Primärstrom nicht mehr kompensieren kann kommt es zur Sättigung, dieser Wert ist am einfachsten Experimentell bestimmbar. Der reale Transfomator ist ein äußerst komplexes Thema, es kann hier nicht Ansatzweise so ausführlich erklärt werden wie es ihm zusteht. Für weitere Informationen finden sich einige Bücher im Anhang. 14 3.2.2 LEM-Wandler Für die Messaufgabe gibt es ein kommerziell erhältliches Produkt der Firma LEM mit der Bezeichnung CD1000. Er ist dafür ausgelegt einen Differenzstrom von wenigen Ampere zwischen Hin- und Rückleiter zu messen. Im Fall eines Differenzstroms können auf der Primärseite bis zu 3 kA Strom fließen ohne die Elektronik zu beschädigen. Die Messung hat eine Bandbreite von 10kHz und eine sehr gute Linearität, aufgrund des aktiv geregelten Wandlers. Ein Schematisches Bild des Messaufbaus befindet sich in Abbildung 14 (Anhang A). Abbildung 14: Schematik des CD1000 Dieser Messwandler erfüllt die Anforderungen der Messaufgabe sehr gut, wird aber wegen der etwas geringen Bandbreite von 10 kHz und dem hohen finanziellen Aufwand nicht verwendet. Er kann aber sehr gut als Referenzmessung für die ersten Tests des eigenen Messaufbaus verwendet werden. Das Ziel ist es diesen Wandler in Abschaltgeschwindigkeit zu übertreffen, bei gleichzeitiger Kostenminimierung. Dabei ist der Faktor Linearität weniger wichtig und es kann auf eine aktive Beschaltung des eigenen Kerns verzichtet werden. 3.3 Auslegung der ersten Messung Nachdem klar ist welches Messprinzip verwendet werden soll, kann die erste Messung geplant werden. Der Flusswandler stellt einen belasteten Transformator dar, anhand der Formeln für diesen kann die Wicklungszahl der Sekundärspule (Primärspule hat immer die Wicklungszahl N = 1) und der Messwiderstand dimensioniert werden. Wichtig für die erste Auslegung ist, dass der Messwiderstand den Laststrom nicht beeinflusst. Dieser Punkt muss besonders beachtet werden, da der komplexe Lastwiderstand (bei 100 Hz) nur etwa 40 mΩ beträgt. Für den Teststand verhält sich der eigene Messaufbau wie eine zusätzliche ohmsche Last. Die sekundärseitigen Größen müssen mit dem Übertragungsfaktor w auf primärseitige Größen umgerechnet werden. Für die erste Auslegung wurde ein Widerstand mit 4 Ω verwendet. Das hatte praktische Gründe, 4 Ω waren in der Elektronik als Kohleschichtwiderstände verfügbar. Kleinere Widerstände gab es nur in SMD-Bauform, die die hohe Leistung im Fehlerfall wahrscheinlich nicht verkraftet hätte. Mit der relativ großen Bauform der Kohleschichtwiderstände kann entstehende Wärme gut abgeführt werden. Die Wicklungszahl ergibt sich aus der Forderung, dass der Lastwiderstand sehr viel größer sein muss, als der primärseitige Messwiderstand. Der Primärseitige Messwiderstand berechnet sich mit der Formel: 𝑅𝑃 = 𝑤 2 𝑅𝑆 = 1 𝑁𝑆2 𝑅𝑆 . Dieser Widerstand RP muss wesentlich kleiner als 40 mΩ sein. Für 15 eine erste Auslegung der Messung mit 150 Sekundärwicklungen ergibt sich ein primärseitiger Messwiderstand von 𝑅𝑃 = 1 𝑁𝑆2 𝑅𝑆 = 1 1502 4 Ω = 0,178 mΩ. Dieser zusätzliche Widerstand kann vernachlässigt werden. Es sollte noch kurz berechnet werden bei welchem Primärstrom der Ringkern in Sättigung gehen würde. Dazu wird die in Kap. 3.2.1 hergeleitete Formel verwendet. Diese gilt für einen unbelasteten Transformator! 𝐼= 𝐵𝑆ä𝑡𝑡𝑖𝑔𝑢𝑛𝑔 𝑙𝐹𝑒 490 mT × 209,5 mm = = 37,13 A N µ0 µ𝑟 𝑁 4𝜋10−7 2 × 2200 × 1 A Ist der Transformator unbelastet führt ein Primärstrom von 37,13 A zur Sättigung des Ringkerns. Wird er mit einem Widerstand belastet fließt im Sekundärkreis ein Strom, der diesen Strom kompensiert. Die Sättigung findet nicht bei 37,13 A statt sondern erst wesentlich später. Die Wirbelstromverluste und die Streuung müssen so hoch sein, dass der Sekundärstromkreis den Primärstromkreis nicht mehr kompensieren kann, erst dann sättigt der Kern. 3.3.1 Ringkern Der Ringkern ist für das Messprinzip des Stromwandlers essentiell. Er koppelt die Spule mit dem zu messenden Strom, also der Primärseite, mit der Spule zur Messanordnung, der Sekundärseite. Dazu muss das Material des Ringkerns magnetisch sein, so kann der magnetische Fluss gebündelt werden. Es gibt also zwei wichtige Anforderungen: Der Ringkern muss aus magnetischem Material bestehen und der Ringkern muss eine geeignete Geometrie aufweisen. Die Anforderung an die Geometrie mag banal klingen, aber Ringkerne in dieser Größenordnung sind nicht mehr ganz so einfach zu beziehen. Es muss noch entschieden werden ob der Ringkern aus hartmagnetischem oder weichmagnetischem Material bestehen soll. Der Unterschied zwischen magnetisch weich und magnetisch hart besteht darin, welches äußere Feld angelegt werden muss um den Magnetisierungszustand des Magneten zu ändern. Ein Magnet besteht aus vielen kleinen Elementarmagneten (den Atomen die durch den Bahndrehimpuls der Elektronen ein magnetisches Moment erhalten). Um ein ferromagnetisches Material zu magnetisieren müssen die Weiß’schen Bezirke ausgerichtet werden, dass geschieht mithilfe eines äußeren Magnetfeldes. Je nachdem wie leicht dieses Ausrichten möglich ist spricht man von magnetisch hart/weich. In Abbildung 15 sind zwei Hysteresekuven zu sehen. Das äußere Feld H erzeugt ein magnetisches Feld B in den Abbildung 15: Hysteresekurven, a: magnetisch Magneten. Wird das äußere Feld entfernt bleibt ein weicher Werkstoff, b: magnetisch harter Werkstoff gewisses Magnetfeld B bestehen, dieses nennt sich Remanenz. Daraus ist bereits abzulesen das sich magnetisch harte Werkstoffe besonders für Permanentmagnete eignen, wegen der hohen Remanenz. Magnetisch Weiche Werkstoffe finden vor allem in der Elektrotechnik Anwendung, z.B. als Transformatorkern, Übertrager und Drosseln, dass 16 liegt an den geringen Hystereseverlusten (proportional zur Fläche unter der Kurve) die bei der Ummagnetisierung entstehen. Das Abknicken der Hysteresekurve zeigt, dass der magnetische Kern in Sättigung geht. Die Elementarmagnete des ferromagnetischen Materials sind vollständig ausgerichtet. Die Anfangs hohe Permeabilität µr verschwindet und die Gerade steigt nur noch mit der magnetischen Feldkonstante µ0. Ein Transformator wird generell nicht in diesem Bereich betrieben, da es zur Verfälschung des Ursprungssignals kommt. In unserem Fall ist dieser Effekt aber wünschenswert, da er die maximale Leistung begrenzt. Ein weiterer Effekt im Transformatorkern sollte kurz angesprochen werden. Da im Kern ein realer Strom fließt und dieser auch ein Magnetfeld hervorruft, das die fließenden Elektronen beeinflusst kommt es zu Wirbelströmen. Diese sind gänzlich unerwünscht weil sie als reine Verlustleistung den Kern erwärmen. Entgegenwirken kann man diesem Effekt indem der Transformatorkern aus mehreren Blechen, die gegeneinander isoliert sind, aufgebaut wird. Die Wirbelströme werden dadurch nicht gänzlich vermieden aber wesentlich in ihrer räumlichen Ausdehnung begrenzt. Ein anderer Weg Wirbelströme zu unterbinden ist der Einsatz von Keramischen Werkstoffen die ferromagnetisches Verhalten zeigen, wie zum Beispiel Ferrit. Unter Ferrit versteht man ein bestimmtes Material aus dem der Magnet, meist im Sinterprozess hergestellt wird. Ferrite sind keramische Werkstoffe und somit nicht leitend, damit werden Wirbelstromverluste unterbunden. Weichmagnetische Ferritkerne Abbildung 16: Hysteresekurve des Ringkerns aus dem Material N87 finden, dank ihrer geringen Wirbelstrom und Hystereseverluste vor allem in der Hochfrequenztechnik ein weites Einsatzgebiet. Aus oben genannten Gründen bietet sich ein weichmagnetischer Ferritkern als Messübertrager an. Ringkern von EPCOS: Als Ferritkern habe ich mich für einen Ferritkern von EPCOS entschieden. Er ist ein weichmagnetischer Ferritkern, bestehend aus dem Material Mangan-Zink mit der Bezeichnung „N87“. Seine Permeabilität im Ursprung beträgt µr = 2200. Es gibt ihn mit dem Innenradius von 2,59 cm, damit passt er um das Kabel. Seine Hysteresekurve ist in Abbildung 16 zu sehen (Anhang B). 3.3.2 Erste Messung mit Ferritkern Ziel des Versuchs ist es, sich mit dem Übertragungsverhalten des Ferritkerns vertraut zu machen, ferner sollte eine erste Einschätzung des Messsignals vorgenommen und die erste Auslegung der Wicklungszahl und des Messwiderstands kontrolliert werden. Die Messung besteht aus einer Differenzsignalmessung bei der ein eigenes Signal (Sinus) eingespeist wird und einer weiteren Einleitermessung, um abschätzen zu können wie das Signal im Fehlerfall aussieht und ob der Messwiderstand den hohen Belastungen des verhältnismäßig großen Stroms standhält. 17 Messung #1: Differenzsignal + Sinus (f = 500 Hz, Ieff = 10 A) Abbildung 17: Differenzsignal + Sinus Das blaue Signal ist der Laststrom, das rote zeigt die Stromzange als Referenzmessung und das rote Signal ist die Messung über den Widerstand am Ferritkern. Als Laststrom ist ein Rechtecksignal eingestellt, dieses wird gut nachgebildet und zeigt seinen typischen Verlauf. Die Zwischenkreise werden abwechselnd belastet und es entsteht eine Art Sägezahn, die vom Regler herrührt. Auch das erste Überschwingen am Anfang des Rechtecks zeigt gut, dass es sich um einen geregelten Vorgang handelt. Die Stromzange und die eigene Messung sehen von diesem Signal natürlich nichts, da sie über Hin- und Rückleiter gelegt sind, also eine Differenzmessung vornehmen. Der Laststrom ist eingetragen um die Zeitpunkte der Schaltmomente zu erkennen. Am Anfang jedes kleinen „Sägezahns“ wird auf die positive oder negative Zwischenkreisspannung geschalten und das Signal steigt steil an. An der Spitze des „Sägezahns“ wird auf Masse geschalten und das Signal fällt langsam ab. Dabei erzeugt das Schalten auf die Zwischenkreisspannung eine Störung die in die eigene Messung einkoppeln könnte. Wenn das orangene Signal betrachtet wird ist bei jedem Schaltmoment auf die Zwischenkreisspannung eine Störung des Sinussignals zu sehen. Diese Störungen misst die Stromzange, die als Referenz dient jedoch nicht. Die Schaltmomente stören das eingespeiste Signal also. Das einkoppeln dieser Störungen kann nicht unterbunden werden, aber durch entsprechende Beschaltung kann eine Auslösung unterdrückt werden. 18 Messung #2: Einleitermessung Abbildung 18: Messung 2, Einleitermessung In Messung 2 wird nur eine Leitung gemessen. Das Rechtecksignal ist immer noch das gleiche wie in Messung 1. In dieser Messung wird der Ferritkern nur um einen der beiden Leiter gelegt. Es entsteht ein Nettostrom der ungleich null ist. Die Stromzange kann bei dieser Messung nicht als Referenz dienen, da ihre Elektronik dauerhaft beschädigt werden könnte. Mit dieser Messung kann eine erste Einschätzung gegeben werden wie sich der Stromwandler im Fehlerfall verhält. Das blaue Signal ist der Laststrom und das rote Signal ist die Spannung die über den Messwiderstand des Ferritkerns abfällt. Wie gut zu sehen ist werden die Flanken des Laststroms gut abgebildet und sind dem Ursprungssignal proportional. Auch die einzelnen Schaltmomente werden gut wiedergegeben. Nach kurzer Zeit ist die Flussänderung zu gering und das Übertragungsverhalten des Stromwandlers, der wie ein Transformator funktioniert nimmt stark ab. Damit ist das Signal nahezu null, nur die Schaltmomente sind noch sichtbar. Das ist in unserem Fall erwünscht. Der Messwiderstand wird dadurch nicht mit der vollen Leistung belastet. Das Ergebnis der Messung ist zufriedenstellend, der Flusswandler reagiert gut auf schnelle Stromänderungen, wie sie auch im Fehlerfall vorkommen würden. Bei langsamen Signalen wird die Übertragung schlecht und die Leistung die die Beschaltung verkraften muss wird begrenzt. Die Schaltmomente bringen Schwingungen ins Signal, die evtl. durch geeignete Schaltung noch verringert werden müssen. 19 3.6 Auslegung der Auswerteelektronik Nun da das Übertragungsverhalten des Ringkerns bekannt ist muss eine Verstärkerschaltung entwickelt werden. In Abbildung 19 ist der Schaltplan für die erste Auslegung einer Auswerteelektronik dargestellt. Die Funktion der einzelnen Bauteile wird im Folgenden Kapitel beschrieben [10]. Abbildung 19: Schaltbild der Elektronik Die Zahlenwerte in den Rechtecken entsprechen dem Widerstandswert in Ohm. Die zwei letzten Operationsverstärker sind beide vom Bauteil TLE2022. Bauteile der Auswerteelektronik sind: Messwiderstand TVS-Diode Instrumentverstärker INA111 Spannungsversorgung TMR1223 Operationsverstärker TLE2022 3.6.1 Messwiderstand Als Messwiderstand kann ein normaler Kohleschichtwiderstand verwendet werden. Das einzig kritische wäre die hohe Leistung die der Widerstand aushalten muss. Die Messungen haben allerdings gezeigt, dass die Kohleschichtwiderstände das können. 3.6.2 Zusätzliche Widerstände Es werden zu den 8 Ω Messwiderstand noch zweimal 4 Ω eingebaut. Sollte die Diode durchbrechen würde sonst ein hoher Kurzschlussstrom fließen. Bei 1 kA Primärstrom wären das etwas weniger (Flusswiderstand der Diode + Kabelwiderstand wirken begrenzend) als 5,5 kA. Von den 16 Ω im Sekundärkreis „sieht“ der Primärkreis nur 𝑅 = 1 1802 𝑅′ = 1 1802 16Ω = 0,5 mΩ. Im Verhältnis zum Lastwiderstand R = 16,6 mΩ und dem komplexen Widerstand der Spule bei 100 Hz 20 von 𝑍𝐿 = 2𝜋𝑓 𝐿 = 2𝜋 × 100Hz × 40µF = 25,1 mΩ kann dieser Vernachlässigt werden. Die Widerstände der Messung beeinflussen den Aufbau also nicht. 3.6.3 TVS-Schutzdiode Kommt es zum Fehlerfall wird im Sekundärkreis des Stromwandler ein hoher Strom induziert. Trotz der eingebauten Widerstände die diesen begrenzen fällt über dem Messwiderstand eine große Spannung, gemäß dem Ohm’schen Gesetz ab. Vor diesen hohen Spannungsspitzen ist der Operationsverstärker zu schützen. Der OPV ist bis maximal 𝑉𝐶𝐶,+ + 15 𝑉 = 30 𝑉 am nichtinvertierenden und 𝑉𝐶𝐶,− − 0,7 𝑉 = −15,7 𝑉 am invertierenden Eingang belastbar, dabei ist 𝑉𝐶𝐶,+ die positive und 𝑉𝐶𝐶,− die negative Versorgungsspannung. Es gibt zwei Möglichkeiten den OPV vor Überspannungen zu schützen: Dioden: mit vier Dioden wird der OPV vor Überspannungen von 0,7 V unter/über der negativen/positiven Versorgungsspannung geschützt. Durch zusätzliche Widerstände wird der Strom der in den OPV bzw. in die Versorgung begrenzt (siehe Abbildung 20, Dioden Schutzbeschaltung ). Abbildung 20, Dioden TVS-Dioden (Transient Voltage Suppressor Diode): Diese Schutzbeschaltung Dioden sind speziell für den Schutz empfindlicher Bauteile konzipiert, sie werden leitend wenn eine Spannungsschwelle überschritten wird (siehe Abbildung 21, TVS-Dioden Schutzschaltung). Abbildung 21, TVS-Dioden Schutzschaltung Das Datenblatt des INA111 empfiehlt die erste Variante um die Eingänge zu schützen, trotzdem ist sie in diesem Fall nicht Zweckmäßig da hohe Ströme über den Messwiderstand fließen und diesen thermisch stark belasten. Die TVS-Dioden sind für hohe Stromund Spannungspulse entwickelt und bieten hier eine sehr gute Lösung bei der kein erhöhter Strom über den Messwiderstand fließt. Von Multicomp gibt es eine solche Diode (Bezeichnung: P6KE8.2CA). Interessant ist diese Diode vor allem durch ihren geringen Leckstrom, der geringen Kapazität, der hohen Schaltgeschwindigkeit und dem geringen Preis. Die Durchbruchspannung ist nicht so relevant, sie muss unter den maximal von der Schaltung verträglichen Werten liegen und darf die Messung selbst nicht beeinflussen, daraus ergibt sich ein weiter Bereich. Wichtige Daten der TVS-Diode P6KE8.2CA Bruchspannung 8,2 V Maximale Belastbarkeit 600 W Schaltgeschwindigkeit 5 ns 21 Maximalbelastung der Z-Diode: Diese ergibt sich aus der Durchbruchspannung und dem fließendem Strom. Abbildung 22, Maximalbelastung der Z-Diode Die Messung in Abbildung 22, Maximalbelastung der Z-Diode23 ist eine Messung der Spannung über dem Messwiderstand ohne Schutzbeschaltung. Der Primärstrom (Rechteck, IP = 800 A, f = 500 Hz) sorgt für einen Sekundärstrom der im Widerstand obiges Spannungssignal hervorruft. Gut zu sehen ist auch dass die Hauptinduktivität sättigt und kein Rechteck widergegeben wird. Für eine erste Näherung der Leistung der die TVS-Diode standhalten muss kann folgende Überlegung weiterhelfen. Die Leistung errechnet sich mit 𝑃 = 𝑈𝐼, wobei P die Leistung, U die Spannung und I der Strom ist. Wenn die Diode durchbricht wird die Spannung bei der Durchbruchspannung fixiert, es ändert sich der Strom, die Spannung kann nicht mehr steigen. Dieses Signal wurde zwar nicht aufgenommen aber das Ohm’sche Gesetz besagt: 𝐼(𝑡) = 𝑈(𝑡) 𝑅 Das muss auch bei zeitlichen Verläufen von I und U noch gelten. Es soll der mittlere Wert für einen Durchbruch errechnet werden: 𝑃 = 𝑈𝐵𝑟𝑢𝑐ℎ 1 𝐹𝑙ä𝑐ℎ𝑒⁄ ∫ 𝑈(𝑡)𝑑𝑡 1 𝑍𝑒𝑖𝑡 𝑇 ∫ 𝐼(𝑡) 𝑑𝑡 = 𝑈𝐵𝑟𝑢𝑐ℎ = 𝑈𝐵𝑟𝑢𝑐ℎ 𝑇 𝑅 𝑅 17,841 𝑉𝑚𝑠⁄ 0,974 𝑚𝑠 =8𝑉 = 16,3 𝑊 9Ω Die Z-Diode ist mit einer Belastung von Durchschnittlich 16,3 W bei weitem nicht an der Belastungsgrenze. Sie kann bedenkenlos verwendet werden. 22 3.6.4 Instrumentenverstärker INA111 Bei einem Instrumentenverstärker handelt es sich um eine spezielle Schaltung von Operationsverstärkern. Das Schaltungsprinzip wird hier anhand des später verwendeten Verstärkerbausteins INA111 näher erläutert. Der innere Aufbau ist in Abbildung 23 dargestellt. Die Instrumentenverstärkerschaltung besteht in der Regel aus den drei Operationsverstärkern A1, A2 und A3. Um eine bessere Gleichtaktunterdrückung zu erzielen, wird die hohe Spannungsverstärkung von den Stufen A1 und A2 übernommen. Die Differenzverstärkerstufe A3 arbeitet meist mit einem Verstärkungsfaktor von 1, dass auch am Schaltbild des INA111 zu sehen ist. Der Vorteil eines Instrumentenverstärkers liegt in den guten Werten für Gleichtaktunterdrückung und den hohen Eingangswiderständen. Von Gleichtaktstörungen spricht man, wenn Spannungs- oder Stromsignale auf zwei Leitungen der Schaltung, in unserem Fall der positive und negative Eingang des Operationsverstärkers mit dem gleichen Störsignal belastet sind. Wenn zum Beispiel einer der Umrichter schaltet und ein Störfeld erzeugt wird es, wegen der geringen räumlichen Trennung in beide Leiter gleich eingekoppelt. Abhilfe schafft ein Operationsverstärker mit guter Gleichtaktunterdrückung, wie z.B. der INA111. Der Verstärkungsfaktor G berechnet sich über: 𝐺 =1+ 50 kΩ 𝑅𝐺 Der Widerstand RG dient zur Einstellung des Verstärkungsfaktors. Nach den Berechnungsformeln in Kapitel 3.2.1 wird nun der Wert für RG berechnet. Der Messwiderstand soll 8Ω betragen und die Messung soll 1 V für 1 A Primärstrom ausgeben. 𝑅= 1 ′ 1 𝑅 = 8Ω = 0,25 mΩ 𝑤2 1802 Der Spannungsabfall über den vom Primärkreis gesehenen Widerstand: 𝑈 = 𝑅 𝐼 = 0,25 mΩ × 1 A = 0,25 mV Im Sekundärkreis sind das: 𝑈 ′ = 0,25 mV × 180 = 44 mV 1 V soll 1 A entsprechen: 𝐺= 1V = 22,5 44 mV Mit der Berechnungsformel für die Verstärkung ergibt sich: 𝑅𝐺 = 50 kΩ 50 kΩ = = 2,325 kΩ 𝐺−1 22,5 − 1 23 Abbildung 23: Auszug aus dem Datenblatt des INA111 3.6.5 Spannungsversorgung TMR1223 Für die Versorgung des Operationsverstärkers ist es ratsam eine Dual-Supply mit ±15V zu verwenden. Da -15V nicht auf dem 15-pol AUX Port, an den die Messung angebunden werden soll zu finden ist muss diese selbst erzeugt werden. Das Bauteil TMR1223 von Tracopower ist perfekt geeignet. Dabei handelt es sich um ein Schaltnetzteil das aus +15V eine Spannung von ±15V macht. Außerdem ist der Eingang vom Ausgang galvanisch getrennt, was einen zusätzlichen Schutz bietet. Abbildung 24: Schematischer Aufbau des TMR1223 In Abbildung 24 ist der Schematische Aufbau des TMR 1223 gezeigt. 24 Ein weiterer Vorteil einer eigenen Spannungsversorgung ist deren Stabilität. Der TMR hat nach Messungen eine Welligkeit von 35 mV, die Spannungsversorgung vom Board hat eine Welligkeit von 52 mV. Jeder Operationsverstärker ist zusätzlich noch an den Versorgungen mit Kondensatoren gestützt. Typisch sind hier ein kleiner Kerko mit 100nF zum Puffern von hochfrequenten Störungen und ein Elko mit 10µF zur Verminderung der Restwelligkeit. Der maximale Strom der vom TMR1223 geliefert werden kann beträgt laut Datenblatt 65mA (siehe Abbildung 25). Abbildung 25: Auszug aus dem Datenblatt des TMR1223 3.6.6 Operationsverstärker TLE2022 Das Signal des INA kann auf den Analog Eingang des 15pol Dsub gelegt werden. Um aber die Störanfälligkeit durch kapazitive und induktive Störungen zu verringern soll ein differenzielles Signal erzeugt werden. Differenzielles Signal: Diese Art der Signalübertragung wurde in der Telekommunikationstechnik eingeführt. Es ersetzte die Übertragung des Signals mit Bezug auf Ground („Single Ended“), da bei größeren Übertragungsdistanzen das Nutzsignal sehr schnell kleiner wird als das Rauschen. Die größten Probleme waren die teilweise unterschiedlichen Bezugsniveaus und die Gleichtaktstörungen, sowohl kapazitiver als auch induktiver Natur. Statt das Signal „Single-Ended“ zu übertragen wird es Differentiell übertragen. Das Signal wird, durch entsprechende Beschaltung in +Signal/2 und – Signal/2 gewandelt. Bezieht man beide aufeinander erhält man das Ursprungssignal. Der große Vorteil ist die gute Gleichtaktunterdrückung wenn am Eingang ein Differenzoperationsverstärker eingesetzt wird. Durch die geringe räumliche Trennung der Kabel koppeln induktive und kapazitive Störungen gleichermaßen in beide Adern des Kabels ein. Abbildung 26: Beschaltungsschematik des TLE2022 25 Zur Erzeugung des differenziellen Ausgangs wird der OPV „TLE2022“ verwendet. Er wird auf dem GIB bereits verwendet um die Grenzwerte für den Komparator einzustellen. Abbildung 26 zeigt Schematisch die Beschaltung des TLE2022. Es handelt sich dabei um einen Invertierer mit dem Verstärkungsfaktor -½ und -1. Über dem ersten Operationsverstärker wird das Signal halbiert, da 10kΩ||10kΩ = 5kΩ ist. Der zweite OPV invertiert das Signal noch einmal. Nach diesem Operationsverstärker ist das Ausgangssignal bipolar und wird über verdrillte Kabel an den AUX-Port des GIB geführt. Die Verdrillung der Kabel minimiert die aufgespannte Fläche der Kabel, so können induktive Störungen schlechter einkoppeln. Der bipolare Ausgang in Kombination mit der Gleichtaktunterdrückung die auf dem CBB aufgebaut ist macht auch kapazitiv gekoppelte Störungen wesentlich geringer. 26 3.7 Vergleichsmessung von EPCOS und LEM Ziel der Messung ist ein Vergleich der eigenen Ergebnisse mit dem Messwandler der Firma LEM. Der schematische Versuchsaufbau sah wie folgt aus: Abbildung 27: Schematischer Aufbau des Versuchs In Abbildung 27: Schematischer Aufbau des Versuchs sind drei Bauelemente zu sehen: Eine Signalquelle die für den Umrichter steht, einem Widerstand der die komplexe Last des B-Spulen Dummys darstellt und ein Leistungsschalter. Mit dem Leistungsschalter können die Messungen des EPCOS und des LEM (rot dargestellt) überbrückt werden damit ein der Differenzstrom nicht mehr gleich null ist. In der ersten Messung (siehe Abbildung 28) wurde der Leistungsschalter noch nicht geschlossen und nur das Differenzsignal das Annähernd null sein sollte beobachtet: In der Messung ohne Abbildung 28: Messung ohne Leistungsschalter Leistungsschalter sind das blaue Signal des Umrichters, das pinke Signal steht für die Messung des EPCOS. Das Signal beider Messungen rauscht nur sehr gering. Bei der Messung mit der eigenen Platine sind es maximal 200 mA, es wird in den Schaltmomenten angestoßen und klingt dann schnell ab. 27 Messung mit Leistungsschalter: Abbildung 29: Messung mit Leistungsschalter Die Signale in Abbildung 29 sind die gleichen wie in der Messung ohne Leistungsschalter, es kommt aber noch der LEM-Wandler als orangenes Signal hinzu. Das Schließen des Leistungsschalters löst einen starken Anstieg der Signale bis zur Vollaussteuerung aus. Die Schaltmomente beeinflussen die Messung stark, in dem Kapitel Abschaltkriterien wird darauf näher eingegangen. Abbildung 30: Anstiegszeit Ergebnis: Es ist eine große Ähnlichkeit der Messung des EPCOS mit der Messung des LEM festzustellen. Bei genauem Hineinzoomen in den Schaltmoment des Leistungsschalter ist ein minimal 28 schnellerer Anstieg des EPCOS zu erkennen (Abbildung 30: Anstiegszeit), was natürlich freut, aber nicht signifikant ist. Leider kann mit den Messungen noch keine voraussage gemacht werden wie lange die Detektion eines Fehlerstroms dauert, da kein Signal vorhanden ist wann der Leistungsschalter ausgelöst hat. Es ist nur eine vergleichende Messung möglich, mit deren Ergebnis man aber zufrieden sein kann. Der nächste Schritt ist jetzt die Auslegung eines Bipolaren Ausgangs, damit das Ausgangssignal weniger störanfällig ist, mehr dazu im nächsten Kapitel. 3.8 Anbindung an das GIB/CBB Schematische Darstellung der Abschaltung durch die Messung: GIB Messsignal 15-poligen Dsub Differenzverstärker Backplane des CBB Sample & Hold Komparator Backplane des GIB FPGA CBB Um das Messsignal auswerten zu können muss es mit der bestehenden Elektronik verbunden werden. Hierfür steht auf dem CBB ein 15poliger DSub Anschluss zur Verfügung. Die Beschaltung ist in Abbildung 31 zu sehen. Die Eingänge in die Schaltung sind rot und die Ausgänge grün gekennzeichnet. Abbildung 31: DSub Belegungsplan 29 Die Schaltung kann über den DSub mit Spannung versorgt werden und es stehen vier Digitale Ausgang und zwei Analoge Ausgänge zur Verfügung. Außerdem sind drei differenzielle Analogeingänge vorhanden. Auf dem GIB sind zwei freie Komperatoren vorhanden, die mit den Eingängen AUX_AI0± und AUX_AI1± verbunden werden können. Eingang AUX_AI2± wird schon anderweitig verwendet, auf ihm liegt ein Echosignal um interne Signallaufzeiten einschätzen zu können. Für die eigene Signalverarbeitung wird der Eingang AUX_AI0± verwendet. Dieses Signal geht auf eine Operationsverstärkerschaltung, die das bipolare Eingangssignal des OPV auf den Analogen Ground der Platine bezieht. Außerdem wird über die zwei Kondensatoren C21 und C22 eine Tiefpassfilterung vorgenommen. Die Sicherung der Eingänge ist durch Clampdioden gelöst. Abbildung 32: OPV Das Signal wird weiter an die Backplane geführt. Der Widerstand R131 ist nicht bestückt (10 GΩ) und muss überbrückt werden. Das Signal liegt nun an der Backplane an und kann an das GIB geführt werden. Über den Filter geht das Signal außerdem direkt an die Meilhaus I/O Karte (einer Präzisionsmesskarte die als Schnittstelle zwischen Industrie-PC und CBB/GIB dient) und kann hier kontrolliert werden. Der Filter ist vorgesehen aber noch nicht bestückt, er kann also überbrückt werden um die Bandbreite des Signals nicht zu beeinflussen. Abbildung 33: Durchführung an die Backplane Die Verbindung zum GIB muss an der Backplane hergestellt werden, es werden Pin A22 mit Pin B25 verbunden. Abbildung 34: Sample & Hold Auf dem GIB geht das Signal, über einen Impendanzwandler auf ein Sample & Hold (S&H) Glied. Der S&H ist nach einer Schaltflanke für die Umrichter für 10 µs geöffnet. Es dient als 30 Sicherheitsmechanismus, wenn wirklich eine Störung die Differenzstommessung auslöst ist das nur möglich wenn der Fehler auch 10 µs später noch anliegt. Weiter geht es auf ein Komparator mit einstellbarer Auslöseschwelle. R197 und R196 wirken als Spannungsteiler und sorgen dafür, dass das Verhältnis der Grenzen passt. Durch die sehr große Verstärkung des Operationsverstärkers ohne Rückkopplung wird, sobald BP_AO_SPARE0_I eine der Grenzwerte überschreitet, Abbildung 35: Komparator der Ausgang voll ausgesteuert. Die Widerstände R201/R200 bzw. R199/R198 dienen als Spannungsteiler um die 5 V am Ausgang in die, für den FPGA verträgliche Spannung von 3,3 V zu wandeln. Zuletzt geht das Signal direkt auf den FPGA dessen Programmierung eine sofortige Abschaltung der Gatetaktsignale einleitet wenn an einem der ALARMEingänge High anliegt. Das Signal könnte auch, wie schon erwähnt, sehr viel früher von der MIO abgegriffen und ausgewertet werden. Der FPGA bietet den Vorteil einer reinen Hardwarelösung, die sich durch hohe Geschwindigkeit auszeichnet. Außerdem kann so auf Software verzichtet werden, was Allgemein bei Sicherheitsrelevanten Systemen von Vorteil ist. Software kann abstürzen bzw. in Berechnungsroutinen festhängen und wäre somit eine Schwachstelle, die bei einem System, dass Ströme bis zu 1 kA kontrolliert möglichst klein gehalten werden muss. Abbildung 36: FPGA Für eine funktionierende Messung fehlen noch die Grenzwerte für den Komperator (Signal: BP_AI2_SPARE0_LIMIT/2), diese werden in folgender Schaltung erzeugt: Abbildung 38: Analogausgänge der MIO Abbildung 37: Grenzwert, Durchführung an BP 31 Der über die Software einstellbare Grenzwert wird an der MIO ausgegeben und geht über einen Entstörfilter an die Backplane. Über die Verbindung CBB_C20 auf GIB_C20 und von da in eine OPV Schaltung die das Signal halbiert und invertiert. Abbildung 39: Erzeugung von BP_AI2_SPARE0_LIMIT/2 3.9 Abschaltversuch mit Testplatine Ziel des Versuchs ist es die Abschaltung der Umrichter zu prüfen und die Abschaltzeit zu messen. Zuerst soll ein Signal mit großer Flankensteilheit erreicht werden, dafür wurde eine kleine Schaltung bestehend aus einem MOSFET einer Kapazität und einem Ladewiderstand aufgebaut (siehe Abbildung 40). Die Quelle läd die Kapazität, über den strombegrenzenden Ladewiderstand auf. Mit einem Puls des Rechteckgenerators wird der MOSFET leitfähig und es fließt ein Kurzschlussstrom von 14 A (Kabelwiderstand und Flusswiderstand des Abbildung 40: Schaltplan der Stromerzeugerplatine MOSFET wirken begrenzend). Der Vorteil dieses Aufbaus ist, dass die Anstiegsgeschwindigkeit des Strom nur von der Flanke des Rechteckgenerators abhängt. Mit diesem Signal wird ein Strompuls erzeugt der von dem Messaufbau registriert wird und so die Umrichter abschaltet. Für den ersten Test der Abschaltung wird eine Testplatine verwendet. Sie bildet die Last des Teststandes nach. Bei dieser Testplatine wird statt einer Induktivität eine Kapazität als komplexe Last verwendet. Die Wirkung von Strom im Teststand übernimmt also auf der Testplatine die Spannung. Durch die PWM-Signale des Powerblocks 1 und 3 bringt die kapazitive Last zum Schwingen. Das ist zulässig da gilt 𝜏 = 𝐿 𝑅 = 1 𝑅𝐶 1 . Die Zeitkonstante der Last ist also gleich wenn gilt 𝐶 = 𝐿. Im Anhang ist ein Schaltungsplan der Testplatine hinterlegt. Sie ist oft hilfreich um erste Messungen ohne Leistung zu machen (siehe Anhang C). 32 Die Platine ist über ein Flachband an den 15-pol Dsub des CBB angeschlossen und die Grenze für die Abschaltung auf 5.0 A gesetzt. Kontrolliert wird das Gate-PWM Signal der Umrichter, sobald dieses nicht mehr getaktet ist hat die MIO abgeschaltet. Abbildung 41: Abschaltmoment In Abbildung 41 ist die Messung zur Ermittlung der Abschaltzeit zu sehen. Das grüne Signal ist das Gatesignal und die blaue Kurve stellt die Spannung über den Messwiderstand des Ringkerns dar. Vom Beginn des Spannungsanstiegs am Messwiderstand bis das Gatesignal nicht mehr getaktet wird vergehen 9 µs. Das ist dem theoretischen Wert, der in Kapitel 3.12 ermittelt wird sehr nahe. Als nächstes soll gemessen werden welches Signal die Verzögerung verursacht. Messung der Anstiegsgeschwindigkeit der einzelnen Signale auf der Platine: Abbildung 42: Signale auf der Messplatine 33 In Abbildung 42 ist deutlich zu sehen, dass alle Signale sehr schnell Ansteigen, nur der Ausgang des TLE2022 ist sehr langsam. Ein Blick in das Datenblatt zeigt, dass dessen Slewrate 𝑆𝑅 = 0,45 𝑉 µ𝑠 beträgt. Das ist für diese Messung zu gering, vor allem wenn er so stark ausgesteuert wird. Wenn dieses Bauteil gewechselt wird, könnte man die Bandbreite der Messung gesteigert weden. Außerdem ist es nicht von Vorteil die gesamte Verstärkung dem INA111 zu überlassen. Wird in zwei Stufen verstärkt kann nochmals Geschwindigkeit gewonnen werden. Nachdem der TLE2022 den Grenzwert überschritten hat dauert es noch 3,48 µs bis das Gatesignal nicht mehr getaktet wird, also das FPGA abgeschaltet hat. Diese Zeit kommt von den Bauteilen des CBB und des GIB. Ergebnis: Die Abschaltung funktioniert, doch die Geschwindigkeit noch nicht optimal, dies kann durch das Ersetzen des TLE2022 noch optimiert werden. 3.10 Abschaltversuch am realen Teststand Die Ergebnisse der Testplatine sollen nun am realen Teststand überprüft werden. Die Abschaltung sollte wie bei der Testplatine verlaufen, interessant ist vor allem der Einfluss der Umrichter auf den Messaufbau und wie sich der Strom verhält. Der Strom wird nicht sofort auf null fallen, sondern mit einer Zeitkonstante τ sinken. Abbildung 43: Abschalten des Teststandes In Abbildung 43 ist das Abschalten des Teststandes dargestellt. Das grüne Signal ist der Laststrom, das blaue Signal ist das Gatesignal des Powerblocks 3 und das gelbe Signal ist das Gatesignal des Powerblocks 1. Kurz nach dem Nullpunkt schaltet die Messung den Testaufbau ab, die Gatesignale werden zu null und der Laststrom geht mit einer Zeitkonstante, die durch die Induktivität der Spule bestimmt ist gegen null. Sollte es zum Fehlerfall kommen und ein Lichbogen in der Durchführung entstehen würde das Stromsignal wesentlich schneller zu null werden. Das liegt daran das der Lichbogen die Induktivität der Spule überbrückt und somit nur eine sehr geringe Induktivität durch die Kabel vorhanden wäre. 34 3.11 Verbesserung der Bandbreite durch THS4141 Die Bandbreite muss verbessert werden um eine schnellstmögliche Abschaltung zu erreichen. Der Baustein THS4141 von Texas Instruments verbindet die Vorteile des INA111 mit denen des TLE2022. Er besitzt einen Differenzeingang wie der INA111 und hat einen differentiellen Ausgang wie es nach der Beschaltung des TLE2022 wäre. Außerdem hat das Bauteil den Vorteil, dass sich die Schaltung wesentlich kleiner realisieren lässt und das Ausgangssignal Symmetrisch behandelt wird. Mit Symmetrisch ist gemeint, dass bei der Beschaltung des TLE2022 (siehe Abb. 26) das positive Signal über zwei Operationsverstärkerschaltungen geht und das negative Signal nur über einen. Da der TLE2022 kein Rail-to-Rail OPV ist geht automatisch Signal verloren. Der THS4141 stellt also eine schnelle und kompakte Lösung für die Messung dar, der Nachteil ist, dass er mehr Strom braucht als die Bauteile INA111 und TLE2022 zusammen. Der Abschaltversuch soll mit dem neuen Baustein wiederholt und die Verbesserung der Abschaltzeit überprüft werden. Abbildung 44: Messung mit neuem Bauteil THS4141 In Abbildung 44 ist das Ergebnis der neuen Messung dargestellt. Der Ausgang des TLE2022 verzögert das Signal des Ringkerns nicht mehr. Der Ausgang der eigenen Messung wird genauso schnell Ausgesteuert wie das Signal des Ringkerns. Die bleibende Verzögerungszeit bis zur Abschaltung des Teststandes ist somit nur noch von dem Signalweg auf dem GIB und CBB abhängig, siehe Kap. 3.12. Durch eine Optimierung des restlichen Signalweges kann die Abschaltzeit weiter verringert werden. Das Bauteil THS4141 leistet gute Dienste und hilft mit seinem differentiellen Ausgang einkoppelnde Störungen zu unterdrücken. Dieses Bauteil soll nun statt dem INA111 und dem TLE2022 verwendet werden. 35 3.12 Theoretische Abschaltzeit Die theoretische Abschaltzeit ermittelt sich aus der Geschwindigkeit der einzelnen Komponenten. Der Signalweg verläuft wie folgt: Eigene Platine GIB Ringkern Ausgang THS4141 TLE2022 S&H Glied Eingangsverstärker INA105 Komparator AD790 CBB Zur Ermittlung der theoretischen Abschaltzeit müssen die Verzögerungszeiten der einzelnen Glieder addiert werden. Die Verzögerungen werden Maßgeblich von der Bandbreite (es wird bei Operationsverstärkern die -3dB-Grenzfrequenz angegeben) und der Slewrate bestimmt. Die einzelnen Signallaufzeiten können, aufgrund der geringen Leiterbahnlänge, vernachlässigt werden. Zuerst soll das Frequenzverhalten des Ringkerns betrachtet werden. Im Datenblatt des Ringkerns von EPCOS, der aus dem Material mit der Bezeichnung N87 besteht, findet sich ein empfohlener Frequenzbereich von 25 – 500 kHz. Außerdem findet sich noch eine Messung der komplexen Permeabilität gegen die Frequenz, der Realteil nimmt ab einer Frequenz von 1 MHz stark ab und der Imaginärteil nimmt stark zu. Der Imaginärteil steht für die Wirbelstromverluste im Kern und begrenzt somit die Bandbreite. Der THS4141 ist ein Operationsverstärker mit sehr gutem Ansprechverhalten. Aus dem Datenblatt ist eine Bandbreite von 100 MHz zu entnehmen. Diese findet sich in der Grafik auf Seite 6 des Datenblatts „Large Signal Frequenzy Response“. Die Slewrate beträgt 450 V/µs. Dieses Bauteil hat eine sehr gute Performance und verzögert das Signal kaum, das geht natürlich zu Lasten des Stromverbrauchs. Der Eingangsverstärker INA105 des GIB hat eine Bandbreite von 50 kHz („Full Power Bandwidth“ aus dem Datenblatt) und eine Slewrate von 3 V/µs. Dieses Bauteil ist eher langsam und verursacht sicherlich einen Teil der Verzögerung. Der TLE2022 der als Impendanzwandler für das Sample&Hold Glied auf dem CBB dient hat eine Bandbreite von 2,8 MHz und eine Slewrate von 0,65 V/µs. Beide Werte sind für eine duale Versorgung mit ±15 V. Das S&H Glied sollte eine Verzögerung von 10 µs nach einem Schaltmoment erzeugen. Laut Datenblatt erzeugt eine Kapazität von 1 nF aber nur eine Haltezeit von nur 4 µs. Dabei erhält das S&H Glied während jedem Schaltvorgang einen logischen Puls der den Signalweg öffnet. In dieser Zeit wird die Kapazität mit einem definierten Ladestrom geladen und erst wenn die Kapazität bis zu einem bestimmten Wert geladen ist wird der Signalweg wieder geschlossen. Die Verzögerung der einzelnen Bauteile ist bis zum S&H Glied schon so hoch, dass die 4 µs Verzögerung gar nicht gemessen werden 36 können. Erst nach dem Austauschen der langsamen Bauteile kann überprüft werden ob das S&H Glied Ordnungsgemäß arbeitet. Der Komparator AD790 ist ein Hochgeschwindigkeitsbauteil, es reagiert innerhalb von 45 ns auf eine Änderung der Zustände, also einem überschreiten des Grenzwerts am Eingang. Dieser Wert ist im Datenblatt unter „Propagation Delay“ zu finden. Daher ist der Komparator nur in vernachlässigbarem Rahmen für die Verzögerung des Signals verantwortlich. Die Bandbreite der einzelnen Komponenten ist sehr hoch, daher wird die Messung eher durch die Slewrate der Bauteile und der Verzögerungszeit des S&H Glieds bestimmt. Die Verstärkung des THS4141 ist so ausgelegt, dass 1 A Differenzstrom 1 V am Ausgang entspricht. Jedes Bauteil muss also auf 5 V, der Softwareseitig eingestellten Abschaltgrenze, ausgesteuert werden. Bauteil Slewrate in V/µs THS4141 INA105 TLE2022 Gesamtverzögerungszeit 450 3 0,65 Verzögerungszeit verursacht durch die Slewrate in µs 0,01 1,7 7,7 9,41 Als Ergebnis wird die Verzögerungszeit, die die einzelnen Bausteine der Signalkette verursachen, vor allem von dem Eingangsverstärker INA105 und dem Impendanzwandler TLE2022 verursacht. Diese Bauteile sind durch scnellere zu ersetzten um die Abschaltzeit zu verbessern. 37 3.13 Simulation und Optimierung der Schaltung in PSpice Um eine optimale Kombination aus Messwiderstand und Wicklungszahl der Sekundärseite des Transformators zu finden soll die Schaltung simuliert werden. Durch grundlegende Überlegungen wurden die ersten Werte für die Auslegung der Bauteile ermittelt, diese gilt es jetzt zu Optimieren. Zur Verfügung steht das Programm OrCAD das mithilfe des Schaltungsanalyseprogramms PSpice die Schaltung simuliert. Dabei ist es wichtig die Simulation immer wieder auf Übereinstimmung mit der Realität zu prüfen, sonst schleichen sich leicht Fehler ein, gerade bei etwas komplexeren Simulationsaufgaben. Der erste Schritt ist die Übertragung des Ringkerns von EPCOS nach PSpice. Hierfür wurde das Bauteil „XFRM_NONLINEAR“ aus der Bibliothek „Breakout“ gewählt. Dabei handelt es sich um einen nichtlinearen Transformator bei dem das magnetische Verhalten des Abbildung 45, Hysteresekurve N87 Ringkerns vorgeben kann. Die Hysteresekurve des Materials N87 (siehe Abbildung 45, Hysteresekurve N8743) aus dem Datenblatt von EpCOS (im Anhang) hat die typisch schmale Form eines Ferritkerns. Diese muss nun in das PSpice Modell des Kerns übertragen werden. Mit Rechtsklick auf das Bauteil kommt man mit „Edit Spice Model“ in das richtige Menü. Hier können Punkte der Hysteresekurve eingegeben werden, der Computer berechnet sich aus diesen Daten die korrekte Form. Für kleine Änderungen kann auch probiert werden die Variablen MS, A, C, K selbst leicht zu ändern und die Veränderung der Kurve zu beobachten. Auf das genaue Berechnungsmodel das sich hinter diesen Buchstaben versteckt soll hier nicht genauer eingegangen werden. Es kann z.B. im PSpice Reference Guide nachgelesen werden. http://www.seas.upenn.edu/~jan/spice/PSpice_ReferenceguideOrCAD.pdf Die Kurve sieht nicht exakt wie die Originalkurve aus (siehe Abbildung 46, Screenshot der Hysteresekurve aus OrCAD), das liegt an den Einheiten der Achsen. Das Magnetfeld B wird in Gauß angegeben und die magnetische Feldstärke H in Örsted wobei gilt: 1 T ≙ 104 Gs und 1 Oe ≙ 79,577 A/m. Abbildung 46, Screenshot der Hysteresekurve aus OrCAD 38 In Abbildung 47 sind die von OrCAD berechneten Parameter der Hysteresekurve. Nachdem das Verhalten des Messübertragers nachgebildet wurde kann die restliche Abbildung 47, Parameter der Kurve Beschaltung eingefügt werden. Dafür wurden 2 Stromquellen eingebunden, eine für die Signalform und eine zweite um die Welligkeit in den Schaltmomenten nachzubilden. Die komplexe Last der B-Spule wurde mit einem Widerstand und einer Spule mit real gemessenen Werten abgebildet. Das Schaltbild der ersten Simulation ist in Abbildung 48 zu sehen. Abbildung 48: Schaltplan der Simulation Der zu optimierenden Variablen ist als Parameter angelegt. Dieser kann über eine Analysevariante, dem Parametric Sweep variiert werden, dadurch kann der optimale Wert ermittelt werden. Es kann immer nur ein Parameter verändert werden. Es gilt eine gute Kombination aus Messwiderstand und Wicklungszahl zu finden. Zuerst soll der Laststrom korrekt nachgebildet werden und das Ergebnis der Simulation mit der Realität verglichen werden. Hierfür wurde die obige Schaltung aufgebaut, also der Messübertrager mit einem Widerstand belastet. Die Messung findet nach dem Kabeleingangsfilter statt, so wie die Messvorrichtung später auch eingebaut werden soll. Die aufgezeichneten Daten werden in Famos exportiert. Ein Screenshot der Messdaten ist in Abbildung 50 zu sehen. Zum Vergleich ist in Abbildung 49 das Simulationsergebnis dargestellt, die Übereinstimmung ist deutlich zu sehen. Der maximale Spannungsmesswert stimmt gut überein und auch die Sättigung der Hauptinduktivität (siehe Ersatzschaltbild) wird sehr gut nachgebildet. Mit dieser sehr guten Simulation lässt sich eine Optimierung starten. 39 Abbildung 49: Simulationsergebnis Für die Optimierung der Schaltung wird nacheinander die Sekundärwicklungszahl (L2_opt) verändert und die Messergebnisse für verschiedene Werte des Messwiderstandes betrachtet. Es können nur fünf verschiedene Werte für L2_opt gleichzeitig dargestellt werden, da PSpice ansonsten Probleme alle errechneten Werte zu speichern, außerdem wird der entstehende Graph sonst sehr unübersichtlich. Abbildung 50, Messergebnis Simulation: Wie besprochen wird die Wicklungszahl verändert und die Spannung über dem Messwiderstand beobachtet. In Abbildung 51 ist die Simulation dargestellt. Allgemein gilt: umso mehr Wicklungen die Sekundärseite des Transformators besitzt, desto höher kann der Messwiderstand sein, ohne dass die Hauptinduktivität zu schnell sättigt. Das sättigen der Hauptinduktivität des Transformators ist erwünscht, da so die eingekoppelte Energie begrenzt wird. Im Fehlerfall, bei der der Primärstrom auf bis 1kA ansteigen kann, müssen die TVS-Dioden also nur 40 Abbildung 51: Simulation mit verschiedenen Sekundärwicklungszahlen für einen kurzen Moment die volle Leistung aushalten. Ein höherer Messwiderstand lässt eine höhere Spannung über diesem abfallen. Zu hoch sollte diese Spannung nicht werden, denn auch wenn der OPV INA111 durch die TVS-Diode geschützt ist bringt es keinen Vorteil. Es sollen schon Differenzstromwerte von wenigen A erkannt werden, der Spitzenwert beim Fehlerfall ist deshalb nicht so wichtig für die Messung, sondern eher für die Sicherheit der Beschaltung. Wichtiger ist das möglichst schnell reagiert werden kann, sollte es zum Fehlerfall kommen. Eine gute Kombination aus Wicklungszahl und Widerstand ist: N = 180, R = 16 Ω 41 3.14 Eagle Für den Messaufbau muss jetzt noch eine Platine entworfen werden. Dafür bietet sich das Layoutprogramm Eagle an. Es können vorgefertigte Bauteile in Eagle integriert werden. Diese werden von den Herstellern oder von den Firmen, die die Bauteile vertreiben zur Verfügung gestellt. Es besteht auch die Möglichkeit eigene Bauteile in Eagle zu implementieren, so Beispielsweise für die TVS-Diode oder die Spannungsversorgung, für die es kein passendes Eagle Modell gibt. Bauteilliste: 1x 15-poliger DSub Stecker 1x Spannungsversorgung TM1223 10x SMD Widerstände 1x TVS-Diode 2x Kondensator 0,1 µF 2x Kondensator 10 µF 1x THS4141 Der Schaltplan ist in Abbildung 49 abgebildet. Dabei können die grünen Verbindungskabel benannt werden. Diese werden von Eagle dann automatisch verbunden, dass schafft einen übersichtlichen Schaltplan. Die Pads dienen zum Abgreifen und kontrollieren der Versorgungsspannungen genutzt werden. Abbildung 52: Eagle Schaltplan der Platine 42 Ist der Schaltplan erstellt kann in eine Layoutansicht gewechselt werden. Die zu verbindenden Pins sind durch eine gelbe Linie verbunden. Die Bauteile sind so zu platzieren, dass möglichst wenig Platz benötigt wird. Sind die Leiterbahnen so kurz wie möglich können auch nur wenig Störungen einkoppeln. Ein Aufbau aus SMD-Bauteilen macht die Schaltung sehr kompakt, da von zwei Seiten bestückt werden kann. Die Stützkapazitäten für den THS4141 sind möglichst nah an den Versorgungspins anzubringen, um einkoppelnde Störungen abzufangen. Die Groundfläche, die blau gestrichelt dargestellt ist, sorgt für eine zusätzliche Enstörung und vereinfacht das Routen. Das Ergebnis ist in Abbildung 50 zu sehen. An PAD 1 und PAD 2 werden die Enden der Sekundärwicklung des Stromwandlers eingelötet. Von da aus läuft das Signal über die Messwiderstände zum THS4141 und dann auf den DSub-Stecker. Die Platine hat außerdem vier Löchern zum Befestigen in einem Gehäuse und eine Kennzeichnung um welche Platine es sich handelt. Damit wäre die Entwicklung des Messaufbaus abgeschlossen. Abbildung 53: Eagle Layoutplan der Platine 43 3.15 Zusammenfassung der Ergebnisse Das Ziel der Bachelorarbeit war es eine schnelle Abschaltung der B-Spulenversorgung im Falle eines Lichtbogens zu realisieren. Dafür wurde eine Differenzstrommessung über Hin- und Rückleiter der Versorgung entworfen und gebaut. Diese besteht aus einem Stromwandler, der mithilfe eines Ferritkerns den entstehenden Differenzstrom detektiert. Die Auswertung findet durch eine Platine mit dem Differenzverstärker THS4141 statt. Der Verstärker besitzt einen differenziellen Ausgang um Störungen, die in den Schaltmomenten unvermeidbar sind und in die Messung einkoppeln zu unterbinden. Die Einschubkarten, die die B-Spulenversorgung steuern wurden so modifiziert, dass eine Abschaltung möglich ist. Gibt die Messung ein Signal von über 5 V aus, was einem Differenzstrom von 5 A entspricht schaltet der FPGA automatisch die Versorgung ab. Dieser Vorgang dauert momentan 3,41 µs, dieser Wert kann aber durch eine Optimierung der Bauteile im Signalweg noch weiter verbessert werden. Für die Messung wurde in Eagle eine Platine entworfen, bei der darauf geachtet wurde sie möglichst gut vor EMV-Einflüssen zu schützen. Die nächsten Schritte sind die Montage am Standort der B-Spulenversorgung und die Inbetriebnahme bei echten Experimenten um zu überprüfen ob auch die Felder des Fusionsexperiments keinen Einfluss auf die Messung haben. Da die Felder an der Nordwand, also dem Standpunkt der Spulenversorgung aber schon sehr schwach sind sollte das kein Problem darstellen. Der Entwurf einer schnellen Differenzstrommessung für die schnellschaltenden Umrichter der BSpulenversorgung am ASDEX Upgrade wurde mit Erfolg beendet. 44 4 Anhang Anhang A: LEM Wandler CD1000 45 Anhang B: EPCOS Ferritkern N87 46 Anhang C: Schaltplan der Reglerplatine am B-Spulenteststand Abbildung 54: Schaltplan der Testplatine für leistungslose Versuche am Teststand der BSpulenversorgung 47 Erklärung Hiermit erkläre ich, gemäß §35 Abs. 7 der Rahmenprüfungsordnung für Fachhochschulen in Bayern, dass ich die Arbeit mit dem Titel „Entwicklung einer schnellen Messvorrichtung zur Detektion von Fehlerströmen in einer Umrichteranlage des Kernfusionexperimentes ASDEX Upgrade“ selbstständig verfasst, noch nicht anderweitig für Prüfungszwecke vorgelegt, keine anderen als die angegebenen Quellen oder Hilfsmittel benutzt sowie wörtliche und sinngemäße Zitate als solche gekennzeichnet habe. ____________________________ Ort, Datum ____________________________ Unterschrift 48 5 Quellenangabe Literaturquellen: [1] „Gerthsen Physik“, Dieter Meschede, Springer Verlag, 23. Auflage, S. 883 [2] www.ipp.mpg.de (Stand 17.08.2014) [3] IPP-Intranet der B-Spulenversorgung (Passwortgeschützt) [4] www.wikipedia.org/wiki/Paschen-Gesetz (Stand 17.08.2014) [5] „Power Inverter Design for ASDEX Upgrad Saddle Coils“, IPP-Paper, W. Suttrop [6] „Breitbandige und präzise Stromwandler“, Horst Bezold, Test in der Elektronik-Entwicklung [7] „Wechselstrommessung mit Mikrocontroller und Stromwandler mit Hallelement“, Peller, 2004 [8] „Messtechnik“, Bechtloff, 2011 [9] www.lem.com/images/stories/files/Products/P1_5_1_industry/ch24101.pdf, LEM Infopaper [10] „Analoge Schaltungstechniken der Elektronik“, Tenten, 2012 Weitere Literatur: „Gerthsen Physik“, Dieter Meschede, Springer Verlag „Plasmaphysik und Fusionsforschung“, Michael Kaufmann, Springer Spektrum, 2 Auflage „Elektrotechnik für Ingenieure, Rainer Ose, 2014 „Energietechnik“, Richard Zahoransky, Springer Verlag, 6. Auflage 49