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31.03.2007
Knackige Ernährung und viel Bewegung schützen den Darm
BZ-Interview mit Professor Dieter Waldmann: "Die Darmspiegelung ist die sicherste Methode zur Früherkennung und Vorbeugung von
Darmkrebs"
MÜLLHEIM. Die Felix-Burda-Stiftung erhebt den März zum Darmkrebs-Monat. Lebensrettende Vorsorge ist aber zeitlos möglich. Mit Professor
Dieter Waldmann, der seit 1986 Chefarzt der Chirurgie und ärztlicher Direktor der Helios-Klinik Müllheim ist, sprach BZ- Mitarbeiterin Sigrid Umiger.
BZ: Ein Spezialgebiet von Helios-Müllheim sind Darmerkrankungen. Ist das Gebiet auch Ihr Hobby?
Professor Waldmann: Ja. Die Viszeral-Chirurgie, also die Bauchchirurgie, interessiert mich besonders. Es ist mir im Lauf der Jahre aufgefallen, dass
in der Region Darmerkrankungen häufig auftreten. Generell kennt man verschiedene Ursachen der Geschwulstbildungen im Dickdarm und kann
dagegen vorbeugen. Es ist gut die Auslöser zu kennen, damit es nicht zur Katastrophe im Darm kommt.
BZ: Führt jede Veränderung am Darm zum Krebs und wie entsteht so etwas?
Waldmann: Am Anfang steht immer die Umwandlung einer Zelle zur Tumorzelle durch Veränderung ihrer genetischen Information. Die Veranlagung
kann vererbt sein, aber auch durch eine Schwächung des Immunsystems, das in der Regel solche Zellen erkennt und eliminiert, gefördert werden.
Ursachen sind in erster Linie Kanzerogene (Krebs erregende Stoffe), seltener Viren und Strahlen. Gerade weil jedoch von der ersten falschen
Zellteilung bis zu den den klinischen Symptomen fünf bis sieben Jahre vergehen können, ist die Koloskopie, die Darmspiegelung, die sicherste
Methode der Früherkennung und Vorbeugung. Dabei werden erste kleinste Veränderungen, wie Polypen, mit der elektrischen Schlinge entfernt. Die
Darmspiegelung als Prophylaxe ist ja inzwischen gesetzlich verankert und wird von den Kassen bezahlt. Wenn das alle Menschen über 50 Jahre
nutzen würden, wäre fast jede Vorstufe zu erkennen und es gäbe bald kaum noch Darmkrebs.
BZ: Wie beugt man der Entstehung vor?
Waldmann: Mit Bewegung und über die Ernährung. Der Mensch ist von Natur aus ein Lauftier, bewegt sich täglich aber nur noch 800 Meter. Das ist
zu wenig. Bewegung fördert die Darmtätigkeit. Ist der Darm träge, können die in der Nahrung vorkommenden Kanzerogene längere Zeit schädigend
auf Schleimhautzellen wirken. Der Darm muss über Ernährung und Bewegung an einen täglichen Stuhlgang gewöhnt werden, also nicht mit
Abführmitteln.
BZ: Was sollte man essen?
Waldmann: Speisen zum Beißen. Viele Produkte sind nur gering verwertbar, weshalb die Abfallstoffe unten kaum noch ankommen. Deshalb lieber
Vollkorn-, statt Weißmehlprodukte, eher weißes als rotes Fleisch, Gemüse, Salat und viel trinken. Auf ein Glas Wein oder Bier muss keiner
verzichten.
BZ: Wie ist die Heilungschance, wenn die Diagnose dann doch Darmkrebs ist?
Waldmann: Sehr gut im Vergleich zu anderen Krebsarten. Etwa 70 Prozent der Patienten überleben heute die Fünf-Jahres-Frist, nach der man von
der Wahrscheinlichkeit einer Gesundung ausgehen kann. Die Ausbreitung ist beim Darm zu 90 Prozent auf die regionalen Lymphknoten beschränkt
und primär selten oder spät in der Blutbahn. Aus diesem Grund ist Darmkrebs mit solch großen Erfolgen operabel. Der zwei Meter lange Dickdarm
kann theoretisch total entfernt werden. Der etwa fünf Meter lange Dünndarm erkrankt sehr selten an einer bösartigen Geschwulstbildung.
BZ: Die Angst vor dem künstlichen Ausgang ist groß. Kommt das oft vor?
Waldmann: Nein. Das gibt es heute nur noch selten. Der Erhalt des natürlichen Ausgangs steht für den Chirurgen an oberster Stelle. Manchmal ist
es aber aus Radikalitätsgründen unabdingbar oder vorübergehend notwendig.
BZ: Und danach die Chemotherapie?
Waldmann: Ja, um die Sicherheit zu erhöhen. Dabei gibt es eine weltweit gültige, strenge Einteilung der Tumorstadien, nach der die
Chemo-Medikation individuell festgelegt wird. Übelkeit und Haarausfall kommen kaum noch vor.
BZ: Macht Helios auch Chemotherapie?
Waldmann: Manchmal. Wir haben das medizinische, technische und pflegerische Know-how für die Behandlung von Darmtumoren und eine gute
Begleitstruktur wie die Selbsthilfegruppen. Wichtig ist das gute Netzwerk an niedergelassenen Ärzten für die Nachbetreuung. Wir haben großes
Interesse, im Haus einen Onkologen (Facharzt für Krebskrankheiten) mit einer Praxis zu etablieren.
BZ: Was sind Symptome bei Darmkrebs?
Waldmann: Blut im Stuhl oder eine plötzliche Blutarmut können darauf hinweisen, aber auch ein steter Wechsel von Durchfall und Verstopfung,
schmerzhafter Stuhldrang und Leistungsminderung.
BZ: Ist die Darmspiegelung schmerzhaft?
Waldmann: Aber nein. Sie erfolgt auf Überweisung des Hausarztes ambulant, in der Klinik oder einer Praxis. Oft wollen Patienten keine Betäubung,
um die Kontrolle am Bildschirm mitzuerleben. Wer seinen Darm auf Trab hält und alle sechs Jahre das Angebot der Darmspiegelung nutzt, steht auf
der sicheren Seite.
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