Freiburg (Kanton) - Historisches Lexikon der Schweiz

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Freiburg (Kanton)
Ab 1481 Ort, seit der Helvet. Republik (1798-1803) Kanton der Eidgenossenschaft. Franz. Fribourg, ital.
Friburgo, rätorom. Friburg. Der auf der Sprachgrenze gelegene Kanton F. umfasst die französischsprachigen
Bez. Saane, Glane, Greyerz (mit der deutschsprachigen Gem. Jaun, franz. Bellegarde), Veveyse, Broye, den
zweisprachigen See- und den deutschsprachigen Sensebezirk. Die "Stadt und Republik Freiburg", welche die
Stadt F. und die Alte Landschaft umfasste, sicherte sich ihr Gebiet hauptsächlich im 15. und 16. Jh. durch
Käufe, Eroberungen und Verträge (u.a. Grafschaft Greyerz). Sie besass mit Bern die gemeinen Herrschaften
Murten, Grandson, Orbe-Echallens und Grasburg. In der Helvet. Republik fielen F. die Bez. Avenches und
Payerne zu, die es 1801 an den Kt. Léman, den späteren Kt. Waadt, abtreten musste. Murten gelangte erst
1803 endgültig an F. Die Dotationsakte von 1803 besiegelte die Trennung von Stadt und Staat, doch blieb die
Stadt F. Hauptort des Kantons. 1483-1798 war Deutsch Verwaltungssprache. 1798-1856 war F. de facto
zweisprachig: Als Verwaltungssprache galt abwechselnd das Französische (1798-1814, 1831-56) oder das
Deutsche (1814-30), die amtl. Texte wurden jeweils in die andere Sprache übersetzt. 1857-1990 hatten
Deutsch und Französisch den Status von Amtssprachen, wobei die franz. Fassung als die rechtsverbindliche
galt. Seit 1991 sind die beiden Sprachen gleichberechtigt und somit beide Sprachversionen gleichermassen
gültig.
Das Kantonsgebiet liegt im Mittelland und in den Voralpen (Freiburger Alpen). Es wird von den Flüssen Broye,
Glane, Saane und Sense (Einzugsgebiet des Rheins) und von der Veveyse (Einzugsgebiet der Rhone)
durchzogen und stösst an den Neuenburger- und an den Murtensee.
Fläche (1990/94)
1 670,8 km²
Wald / bestockte Fläche
444,4 km²
26,6%
Landwirtschaftliche
Nutzfläche
957,4 km²
57,3%
Siedlungsfläche
122,0 km²
7,3%
Unproduktive Fläche
147,0 km²
8,8%
Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur
1850
1880a
1900
1950
1970
2000
99 891
114 994
127 951
158 695
180 309
241 706
4,2%
4,1%
3,9%
3,4%
2,9%
3,3%
Französisch
79 316
87 353
104 312
108 663
152 766
Deutsch
35 705
38 738
52 277
58 448
70 611
Jahr
Einwohner
Anteil an Gesamtbevölkerung der
Schweiz
Sprache
Italienisch
324
1 679
1 440
7 173
3 100
Rätoromanisch
10
18
92
86
131
Andere
45
163
574
5 939
15 098
97 113
108 440
136 959
154 677
170 069
18 138
19 305
21 003
24 084
36 819
54
43
162
Religion, Konfession
Katholischb
Protestantisch
Christkatholisch
87 753
12 133
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Andere
5
davon jüdischen Glaubens
5
149
206
679
1505
34 656
104
167
179
177
138
davon islamischen
Glaubens
7 389
davon ohne Zugehörigkeitc
14 500
Nationalität
Schweizer
98 556
113 219
123 579
154 527
163 503
206 182
Ausländer
1 335
1 775
4 372
4 168
16 806
35 524
1905
1939
1965
1995
2001
d
11 951d
Jahr
Beschäftigte im Kanton
1. Sektor
48 557
51 702
16 454
2. Sektor
16 671
14 566
28 535
31 075
29 951
3. Sektor
12 833
8 310
9 895
20 414
61 690
65 938
Jahr
1965
1975
1985
1995
2001
Anteil am schweiz.
Volkseinkommen
2,1%
2,4%
2,5%
2,7%
2,7%
a
Einwohner, Nationalität: Wohnbevölkerung; Sprache, Religion: ortsanwesende Bevölkerung
b
1880 und 1900 einschliesslich der Christkatholiken; ab 1950 römisch-katholisch
c
zu keiner Konfession oder religiösen Gruppe gehörig
d
gemäss landwirtschaftl. Betriebszählungen 1996 bzw. 2000
Quellen:HistStat; eidg. Volkszählungen; BFS
1 - Von der Urzeit bis ins Frühmittelalter
1.1 - Vom Paläolithikum bis zur Latènezeit
Der Lagerplatz aus dem Magdalénien (um 13'500 v.Chr.), der beim Lac de Lussy (Gem. Châtel-Saint-Denis)
entdeckt wurde, ist der älteste bekannte Fundort des Kantons. Aus dem Mesolithikum (8200-5500 v.Chr.)
stammen der Abri (Felsunterschlupf) von Arconciel und drei Fundstellen in den Voralpen auf 1000 bis 1500 m,
nämlich im Petit-Mont- und im Gros-Mont-Tal (Gem. Val-de-Charmey) sowie im Euschelstal (Gem. Jaun), wo
Jägerrastplätze und ein Abri entdeckt wurden. Bei Schürfungen (Haut-Vully-Joressant, Noréaz-Seedorf) und
systemat. Grabungen (Murten-Ober Prehl) kamen Ansammlungen von Mikrolithen zum Vorschein, die von den
letzten nomad. Jägern und Sammlern in tiefer gelegenen Gebieten (500-600 m) zeugen.
Da gut erhaltene Fundstätten fehlen, weiss man über die Anfänge der Landwirtschaft (5500-4000 v.Chr.) noch
wenig. Besser dokumentiert ist die Zeit nach 4000 v.Chr. (Neolithikum) dank Funden in Höhensiedlungen
(Düdingen-Schiffenen) und v.a. auch dank der im feuchten Milieu konservierten Überreste von Ufersiedlungen
am Neuenburgersee (Delley und Portalban, Gletterens) und Murtensee (Muntelier, Greng). Die Ufer waren
während eineinhalb Jahrtausenden bis etwa 2450 v.Chr. besiedelt. Als dann die Seespiegel infolge einer
Klimaveränderung beträchtlich stiegen, blieben sie mehrere Jahrhunderte lang verlassen. Die damit
einhergehende Lücke in der Überlieferung liess sich teilweise schliessen durch Untersuchungen in dem
Hügelland, das den Seen vorgelagert ist und das beim Bau der Autobahn Murten-Yverdon ins Blickfeld rückte.
Aus der Periode von etwa 2300 bis 1500 v.Chr., die als frühe bis mittlere Bronzezeit bezeichnet wird, sind im
Flachland gelegene Weiler (Ried, Murten-Blancherie) und Höhensiedlungen (Ile d'Ogoz, Tentlingen) bekannt.
Die Bestattungssitten reichten von der einfachen Körperbestattung in Erdgräbern in der frühen Bronzezeit
(Enney, Broc) über Körper- und Brandbestattung in Verbindung mit Grabhügeln in der mittleren Bronzezeit
(Murten-Löwenberg, Châbles) bis zur Niederlegung der Totenasche in Urnengräbern in der Spätbronzezeit
(Vuadens). Über das gesamte Kantonsgebiet verteilte Einzelfunde ergänzen die zuweilen lückenhafte
Quellenlage dieser Periode. In der Spätbronzezeit (ca. 1100-800 v.Chr.) erlebten die Seeufersiedlungen einen
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erneuten Aufschwung und brachten ein hoch entwickeltes Bronzehandwerk hervor. Die Bestattungsriten der
Bewohner von Ufersiedlungen sind, da keine Nekropolen gefunden wurden, nicht bekannt. Kurz nach 850
v.Chr., als die Seespiegel erneut anstiegen, wurden diese Siedlungen endgültig aufgegeben.
Einige Jahrzehnte später begann die ältere Eisen- oder Hallstattzeit (800-450 v.Chr.). Aufschluss über diese
Periode geben Siedlungen, die bei Grabungen in Zusammenhang mit dem Bau der Autobahn A1 in der
Broyeebene bei Estavayer-le-Lac entdeckt wurden, ferner die Beigaben aus Hügelgräbern (Körper- oder
Brandgräber mit Aufschüttungen), die im gesamten Kantonsgebiet anzutreffen sind (Galmwald, Bois de
Châtillon, Düdingen, Bulle). Diese Funde zeugen von einer zunehmenden sozialen Differenzierung und einer
erstarkenden polit. Macht. Die Reichtümer waren im Besitz einiger Mächtiger, welche die Handelswege (u.a.
die vermutlich durch das Saanetal verlaufende Zinnroute) kontrollierten und sich Luxusgüter aus dem
Mittelmeerraum beschafften. Über die wahrscheinlich zahlreichen Höhensiedlungen ist nur wenig bekannt
(Châtillon-sur-Glâne). Bemerkenswerte Einzelfunde sind der Eisendolch von Estavayer-le-Lac und die
etruskische Bronzefibel von Font. Aus der jüngeren Eisen- oder Latènezeit liegen einige der frühen und
mittleren Phase (450-200 v.Chr.) zuzuordnende Funde vor: die Siedlung und Metallverarbeitungswerkstatt von
Sévaz, Nekropolen (Kerzers, Gempenach, Gumefens), Flachgräber mit Schmuckbeigaben (Frauengräber,
goldener Halsring von Châtonnaye) und Waffen (Männergräber). Über die Bestattungsriten der Spätlatènezeit
(200-16 v.Chr.) weiss man kaum etwas. Gut erforscht ist jedoch eine befestigte Siedlung auf dem Mont Vully,
bei der es sich um eines der zwölf oppida handeln könnte, die Caesar in "De bello gallico" erwähnt.
Autorin/Autor: Denis Ramseyer / EM
1.2 - Römerzeit
Das Gebiet des heutigen Kt. F. und insbesondere das Broyetal verdankte seine Entwicklung in den ersten
Jahrhunderten n.Chr. v.a. seiner Nähe zu Aventicum (Avenches). Der vielfältige Austausch mit dem Hauptort
der civitas der Helvetier, der es administrativ zugeordnet war, trug zu seinem raschen wirtschaftl.
Aufschwung bei. Eine wesentl. Rolle spielten dabei die Verkehrsachse von Martigny nach Vindonissa, die über
Vevey, Oron, Payerne, Avenches und Solothurn führte, die Nebenstrasse von Avenches nach Yverdon und
zahlreiche Ortsverbindungen. Die Verbesserung des Strassennetzes (Bau der Brücken von Haut-Vully und von
Morens) förderte die Romanisierung des Gebiets.
Entlang dieser Verkehrsachsen entstanden Vici (kleinere Städte) und Villen (Gutshöfe). Der einzige bis heute
nachgewiesene Vicus in der Ebene von Marsens-Riaz (1.-3. Jh. n.Chr.), lag am Alpenrand an der Strasse durch
das Saanetal. In diesem Marktort gehörten Handwerk (v.a. Eisen-, daneben auch Bronzeverarbeitung),
Handel, Ackerbau und Viehzucht ebenso zur wirtschaftl. Betätigung wie die Beherbergung von Reisenden und
Pilgern. Letztere besuchten hier den auf kelt. Tradition beruhenden Tempel, der dem Caturix, einer dem röm.
Gott Mars angeglichenen helvet. Gottheit, gewidmet war. Dieses einheim. Heiligtum ist wie diejenigen von
Estavayer-le-Gibloux und Meyriez ein Beleg dafür, dass die Bevölkerung trotz der Ausbreitung der röm.
Religion und des Eindringens fremder Kulte (ägypt. Gottheiten Isis und Harpokrates) am Glauben ihrer
Vorfahren festhielt.
Auf dem Land prägten ab den ersten Jahrhunderten n.Chr. umfangreiche Gutshöfe das Landschaftsbild. Die
Zahl der Villen wird auf rund hundert geschätzt, wobei sie in der Nähe von Aventicum gehäuft zu finden sind.
Für die oft auf Kosten des Waldbestandes angelegten oder sich entwickelnden Villen wurden v.a. im
Wohnbereich (pars urbana) neue Baumaterialien verwendet: Mörtel, Terrakotta (Ziegelei in Courgevaux) und
Fensterglas. Die florierende Einfuhr von Steinen zur Verkleidung der Bauten (Jurakalk, Marmor verschiedener
Herkunft) ergänzte das Angebot der örtl. Vorkommen (Steinbrüche in Châbles, Bösingen, Greyerz-Epagny).
Einige Villen, wie die in Bösingen, Cormérod, Ferpicloz, Murten und Riaz, waren regelrechte Paläste: Mosaike
(in Vallon Jagdszenen in einem Amphitheater und Bacchus, der die schlafende Ariadne entdeckt; in Cormérod
Theseus, der den Minotaurus niederstreckt), Wandmalereien und figürl. Bronzen (mehrere Fragmente einer
grossen Bronzestatue in Arconciel) zeugen vom Reichtum einer Minderheit. Der bescheidener gestaltete
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Wirtschaftsbereich (pars rustica) der Villen umfasste vielfältige, für die landwirtschaftl. Produktion benötigte
Einrichtungen wie Speicher, Ställe, Scheunen, Schmieden, Vorratsräume, Räucher- und Trockenkammern
(Ursy) sowie die Unterkünfte des freien oder in Sklaverei gehaltenen Personals. Die Gutshöfe als Zentren der
Romanisierung veränderten die ländl. Wirtschaft tief greifend, indem sie das Land und dessen
Bewirtschaftung durchorganisierten. Mit dem agronom. Fortschritt stiegen die Erträge der Anbauflächen
(Aufkommen von Roggen) und verbesserte sich die Qualität des Viehs dank geeigneter Zuchtwahl. Neue
Baumarten (Nussbaum, Kastanie) wurden eingeführt.
In unmittelbarer Nähe der Siedlungen entstanden die Nekropolen, die zuweilen umfriedete Gräberfelder
(Arconciel) oder Mausoleen (Domdidier, Vallon) aufwiesen. Die in den ersten beiden Jahrhunderten
vorherrschende Brandbestattung wich allmählich der Körperbestattung. Ab Mitte des 3. Jh. n.Chr. werden die
galloröm. Anlagen seltener. Die Krise des Kaiserreichs, die sozialen und wirtschaftl. Veränderungen und die
mit den Germaneneinfällen entstehende Unsicherheit erklären die Verkümmerung der meisten Stätten.
Autorin/Autor: Pierre-Alain Vauthey / EM
1.3 - Frühmittelalter
Wenig ist bekannt über die Geschichte des Freiburger Gebiets von den Alemanneneinfällen 275-277 und dem
Abzug der röm. Truppen (401) bis zur Gründung der Abtei Hauterive (1138) und der Stadt F.; zu spärlich sind
die Zeugnisse. Bei Murten und Vallon wurden in den Ruinen weitläufiger röm. Villen aus Abbruchmaterial und
Holz einfache Bauten errichtet. Bestattungen in röm. Ruinen sind mehrfach belegt und lassen Wohnstätten
der verbliebenen galloröm. Bevölkerung in deren Nähe vermuten. Aus curtis oder auf -acum gebildete
Ortsnamen weisen auf Kontinuität hin. Die 443 erfolgte Ansiedlung der Burgunder in der Sapaudia
(Genferseegebiet) ist auf Freiburger Boden archäologisch nicht nachweisbar. Die germ. Herkunft einzelner
Menschen ist anthropologisch bestätigt, die Grabfunde jedoch spiegeln eine einheitliche rom.
Trachtlandschaft, die von der Aare bis ins Burgund und die Freigrafschaft reichte. Allmählich einsickernde
Alemannen waren ab dem 7. oder 8. Jh. Träger der Germanisierung im Nordosten und des Landausbaus durch
Rodung im Südosten des heutigen Kantons. Stellenweise überschritten sie die Saane.
Wenn auch kärglich geworden, nahm das spätantike Leben im Rahmen galloröm. Tradition seinen Fortgang.
Damit blieb auch die Grundlage für eine vertiefte Christianisierung erhalten, deren Zeugnisse im Verlauf des
6. Jh. stark zunehmen. Auch auf der Landschaft verbreitete sich das Christentum, vermutlich noch von
Avenches aus. In Domdidier entwickelte sich die ehemalige Pfarrkirche aus einem Grabgebäude im röm.
Friedhof an der Ausfallstrasse von Aventicum. Die Kernbauten der Kirchen von Vallon/Carignan, Lully und Font
sind spätantike memoriae. Die frühesten Kirchen von Tours (Gem. Montagny), Villaz-Saint-Pierre und Bösingen
stehen in den Ruinen röm. Villen. In Riaz entstand in den Ruinen des galloröm. Tempels ein Friedhof. In
Carignan (Gem. Vallon) ist ein spätantikes Baptisterium nachgewiesen, womit sich die Frage nach dem
Verhältnis zum nahen Bischofssitz von Avenches stellt. Die Kirche von Carignan und die frühesten Kirchen von
Surpierre, Tours, Font und Treyvaux liegen deutlich ausserhalb der zugehörigen Dörfer. In Belfaux wiederum
standen in nächster Nähe von Kirche (6./7. Jh.) und Friedhof weitgehend hölzerne Wohn- und
Wirtschaftsbauten (Grubenhäuser) noch des 1. Jahrtausends. Die ergrabenen frühma. Kirchengrundrisse
entsprechen den aus der übrigen Westschweiz und den spätröm. Kastellorten an Aare und Rhein bekannten
Typen. Patrozinienforschung und schriftl. Überlieferung lassen weitere frühe Kirchen erkennen, erhellen
jedoch die kirchl. Organisation kaum. Wo sie nicht in merowingischen Gräberfeldern entstanden sind, haben
die Kirchen die Friedhöfe an sich gezogen und zum Aufgeben der frühma. Bestattungsplätze geführt.
Der Grossteil der Funde stammt aus der Zeit nach der Einbindung des burgund. Königreiches ins fränkische
Reich 534 und der Errichtung des fränk. Teilreiches Burgund 561 (Kg. Guntram). Bestattungen mit
Waffenbeigaben, die eher fränkischem als romanischem Brauchtum entsprechen, sind vielleicht Ausdruck
dieser polit. Situation. Die vereinzelt auftretenden christl. Motive erlauben keine Rückschlüsse auf die
Frömmigkeit. Ausser den frühma. Gebäuden von Belfaux sind noch keine Siedlungen bekannt.
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Autorin/Autor: François Guex
2 - Herrschaft, Politik und Verfassung vom Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
2.1 - Herrschaftliche und kirchliche Strukturen
2.1.1 - Das zweite Königreich Burgund und das deutsche Reich
Das karoling. Reich wurde unter Karl dem Dicken nochmals vereint. Nach dessen Tod 888 wurde die
Westschweiz Teil eines neuen Gebildes, des Königreichs Burgund, begründet vom Welfen Rudolf I. Die Güter
und Höfe, welche die rudolfinischen Herrscher aufsuchten, befanden sich nahe den Rändern des heutigen
Kantons: in Font, Payerne, Cudrefin, Murten/Muntelier, Kerzers und Bümpliz sowie in Lutry und Vevey, aber
nicht in den dazwischen liegenden Gebieten der Saane und der Glane. Die Umrisse der einzelnen Gaue (pagi)
des Reiches und die Wirkungsbereiche der Beauftragten (Grafen) des Königs sind allerdings kaum greifbar.
Der Bf. von Lausanne, zu dessen Diözese das ganze Kantonsgebiet gehörte, erhielt 1011 Grafschaftsrechte
(Rechtspflege, Abgaben, Münzrecht) im Waadtgau. Auf später freiburg. Boden unterstanden Riaz und Bulle
(Nachfolgesiedlung des röm. Vicus?) sowie Albeuve seiner Herrschaft.
Nach dem Tode Kg. Rudolfs III. 1032 setzte der deutsche Ks. Konrad II. seinen Anspruch auf das Königreich
Burgund durch, das darauf eng an das Reich gebunden wurde. So gewannen während der folgenden hundert
Jahre Deutschsprachige und Auswärtige grossen Einfluss im nachmaligen Kt. F.: Die Lenzburger stellten einen
Lausanner Bischof. Rudolf von Rheinfelden wurde 1057 als Hzg. von Schwaben offenbar auch mit der
Verwaltung Burgunds beauftragt. Er verfügte damit über Reichsgüter und -rechte, bis er sich 1077 als
Gegenkönig aufstellen liess. Der aus dem Grafenhaus der Oltigen (Burg beim Zusammenfluss von Saane und
Aare) stammende, zu Ks. Heinrich IV. haltende Bf. Burchard von Lausanne bekämpfte ihn heftig. Er erhielt
dafür 1079 Rechte und Güter zwischen Saane, Genfersee und Alpen, darunter vermutlich Cugy und Murten.
Ein Gf. Cono (zweifellos sein Bruder) wurde 1082 auf Betreiben Burchards von Ks. Heinrich IV. mit Burg und
Herrschaft Arconciel in Ohtlannden (früheste Nennung des Namens Üchtland) beschenkt. Bf. Burchard
förderte auch das Ausgreifen des Gf. Rainald II. von Burgund, seines Schwagers, östlich des Juras. Dessen
Sohn Wilhelm III. der Deutsche erhielt das reiche Erbe seines Grossvaters Cono von Oltigen. Er konnte sich im
Gebiet um Saane und Glane auf die Herren von Glâne stützen. In seinem Umkreis finden sich ferner die
Herren von Belp, die späteren Herren von Montagny. Im Süden des heutigen Kantonsgebiets erscheinen vor
1085 der Greyerzer Gf. Wilerius und 1095 ein Herr von Fruence. Ahnen der Herren von Blonay sind als
Vertreter des Klosters Saint-Maurice um Attalens zu vermuten. Vom oberen Genfersee her baute sich der
Einfluss des Hauses Savoyen auf: Humbert Weisshand hatte sich als Parteigänger Ks. Konrads II. 1032 im
Chablais festgesetzt. Gf. Gerold von Genf hingegen unterwarf sich erst 1045 - wohl gegen weitgehende
Zugeständnisse von Seiten des Kaisers - und begründete damit Einfluss und Besitzungen des Hauses in der
ganzen Westschweiz bis ins Wistenlach (zwischen Murten- und Neuenburgersee).
Zwei Cluniazenserpriorate entstanden im letzten Viertel des 11. Jh. in Rodungsgebieten nahe der heutigen
Kantonsgrenze: Rougemont (ab 1073) und Rüeggisberg (um 1075). Das Priorat Münchenwiler wurde 1080 als
Sühneleistung an Cluny geschenkt. Der Neubau der gewaltigen Abteikirche von Payerne in den gleichen
Jahren beanspruchte auch Ressourcen aus der heute freiburgischen Umgebung.
Autorin/Autor: François Guex
2.1.2 - Unter den Zähringern
Im Kloster Payerne wurden 1127 der noch junge Gf. von Burgund Wilhelm IV. das Kind (Sohn von Wilhelm III.
und Agnes von Zähringen) und sein Gefolge, darunter Peter und Ulrich von Glâne, ermordet. Anwärter auf das
Erbe waren die Angehörigen der jüngeren Linie des Grafenhauses Burgund und der Onkel des ermordeten
Grafen, der Hzg. Konrad von Zähringen. Für die Zähringer ging es um die zweite grosse Erbschaft in Burgund.
Bereits 1090, nach dem Tod von Berchtold von Rheinfelden, dem Sohn des Gegenkönigs Rudolf, waren
dessen Güter um Burgdorf an seine Schwester Agnes und deren Gemahl Berchtold II. von Zähringen gelangt.
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Dies hatte damals auch den Anlass zur Verschwägerung mit den Grafen von Burgund gegeben, den nunmehr
benachbarten früheren Gegnern der Rheinfelden.
Kg. Lothar III. anerkannte den zähringischen Anspruch auf das burgundische Erbe. Mehr noch: er ernannte
Konrad von Zähringen zum Rektor (Gouverneur) im alten Königreich Burgund von der Saône bis zum
Mittelmeer. Doch schon östlich des Jura stiess Konrad auf den Widerstand des Gf. Amadeus von Genf. Nach
einem duellartigen Gefecht 1132 bei Payerne, das Amadeus verlor, vermittelte Bernhard von Clairvaux 1133
einen Vergleich. Darauf beschränkte sich Konrad auf den Aareraum, weiter westlich behielt Amadeus seine
Vormachtstellung. Wenig später entstanden die Zisterzienserklöster Hautcrêt (1132/43) und Hauterive
(1134/38); letzteres durch die Stiftung Wilhelms von Glâne, der nach den Ereignissen von 1127 und 1132
seinen Besitz auflöste und Mönch wurde. Das um 1136/37 gegründete Prämonstratenserkloster Humilimont anfänglich ein Doppelkloster - wurde von den Greyerzer Grafen und den Herren von Corbières gefördert.
1152 eröffneten sich für Berchtold IV. von Zähringen, den Sohn des eben verstorbenen Konrad, ungeahnte
Aussichten auf ein eigenes Herzogtum: eine Heerfahrt nach Burgund und in die Provence mit Friedrich I.
Barbarossa, dem neuen König, war geplant. Das Projekt zerschlug sich, Friedrich erheiratete Burgund mit der
Tochter des letzten Grafen für sich selbst und der Zähringer wurde mit der Regalieninvestitur der Bischöfe
von Genf, Sitten und Lausanne abgefunden. Doch zielstrebig machte sich Berchtold IV. daran, die Herrschaft
östlich des Juras zu gewinnen und zu sichern: in einer Saaneschleife gründete er 1157 die Stadt Freiburg.
Autorin/Autor: François Guex
2.1.3 - Von der Zähringerstadt zum eidgenössischen Ort (1157-1481)
Mit der Gründung der Stadt F. setzte Berchtold IV. von Zähringen auf den Saaneraum, dessen Möglichkeiten
(Markt, Verkehrswege, Landesausbau) noch brach lagen. Er verzichtete jedoch darauf, in die hergebrachten
Strukturen am Genfersee und im Broyetal einzudringen. Zudem war er zweifellos durch das Beispiel des
Genfer Gf. Amadeus I. gewitzigt, der kurz zuvor mit einem bereits begonnenen Turmbau in Lausanne am
Widerstand des Bischofs gescheitert war. Zusicherungen an den Bf. von Lausanne und die Klöster Hautcrêt
und Hauterive begleiteten die Gründung. Noch vor 1162 gab Berchtold IV. seine Genfer Rechte an den
dortigen Grafen weiter, konzentrierte sich also auf politisch abgesicherte Herrschaftsverdichtung. Der Bau
und das rasche Wachstum der Stadt F. sind nicht denkbar ohne wesentliche Beteiligung der Grundbesitzer
aus der deutsch- und der französischsprachigen Umgebung. Die den Bürgern gewährten Rechte liessen sie
stadtsässig werden. Händler und Handwerker zogen nach. Die Kämpfe um 1200 - der burgundische Aufstand
gegen Hzg. Berchtold V., der Krieg zwischen dem Gf. von Genf und dem Bf. von Lausanne und die Fehde
zwischen dem Zähringer und dem Gf. Thomas von Savoyen - schädigten das Broyetal und das Greyerzerland,
während die Stadt F. anscheinend verschont blieb.
Nach dem Tod Berchtolds V. 1218 und damit dem Aussterben des Geschlechts erbte Ulrich III. von Kyburg als
Schwestersohn dessen Rechte und Güter in der Westschweiz. Das Rektorat und die auf Reichsboden gebaute
Stadt Bern hingegen zog der Stauferkönig Friedrich II. ans Reich: Der Kyburger sollte nicht zu mächtig
werden. So wurde das westliche Zähringergut mit F. vom Gebiet um Burgdorf und Thun getrennt, mit ein
Grund für die schon durch die Nähe gegebene Rivalität zwischen F. und Bern. Im Kräftespiel zwischen
Anhängern der Staufer, dem Bf. von Lausanne, den Gf. von Genf und den Gf. von Savoyen wirkten ab 1248 F.
und seine Stadtherren, die Gf. von Kyburg, zusammen: 1249 erfolgte die Bestätigung des Stadtrechts
(Handfeste), 1253 und 1254 die Erlaubnis zur Erweiterung der Stadt auf dem rechten Saaneufer. 1251-55
ertrug die Stadt einen Kleinkrieg gegen Peter II. von Savoyen, der sich den umliegenden Adel (Greyerz,
Aarberg/Arconciel, Montagny, Corbières, Englisberg) und die befestigten Plätze Moudon, Romont und Payerne
gefügig gemacht hatte. Nach dem Tod Hartmanns V. von Kyburg 1263 stellte sich F. unter den Schutz des Gf.
Rudolf von Habsburg, des künftigen Königs. Dieser führte bald darauf gegen Peter II. von Savoyen um das
Kyburger Erbe den sog. Grafenkrieg, in dessen Verlauf die Stadt 1266 erfolglos belagert wurde. Mehrfach von
Friedensschlüssen unterbrochen, flackerten in der Westschweiz während Jahrzehnten immer wieder Fehden
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und Kriege auf. Dabei waren die Habsburger, die Gf. von Savoyen und deren Seitenlinie, die Herren der
savoyischen Waadt, die bedeutendsten, aber nicht die einzigen Handlungsträger. Die Stadt F. bemühte sich in
Bündnissen mit benachbarten Städten um Sicherheit der Strassen und Schiedsverfahren für Konflikte;
Bündnisse schloss sie namentlich mit Avenches (1239, 1270), Bern (vielleicht bereits 1218, erneuert 1243,
1271), Murten (1245, 1293), Payerne (1249 Bündniserneuerung) und Laupen 1250/60 (erneuert 1294).
Nachdem er König geworden war, drängte Rudolf von Habsburg die überschuldeten kyburg. Erben 1277 zum
Verkauf von F. an seine Söhne und führte von hier aus namentlich gegen Savoyen den Kampf um die
Reichsrechte (mit dem Fernziel Arles), die Kontrolle der Jurapässe (Jougne, Faucille) und die eigene
Hausmacht im Westen. Unklar ist der Anlass eines Zuges gegen Bern, den die Stadt F. mit Ludwig I., dem
Herrn der savoyischen Waadt, und eventuell anderen Verbündeten 1298 unternommen hatte. Das
Unternehmen scheiterte (Niederlage von Oberwangen).
Trotz weiterer Niederlagen gegen Bern im Gümmenenkrieg und im Laupenkrieg vermochte F. sich während
des 14. Jh. zu behaupten und die benachbarten Kleinstädte weitgehend zu ersticken. Die Exemtion von den
Reichsgerichten wurde 1361 bestätigt. Ehzg. Rudolf IV. von Österreich bestätigte 1363 die Privilegien der
Stadt F. auch kraft kaiserl. Autorität. Die Stadt baute über ihre reichsten Bürger die Hoheit über ihr Umland
aus und kaufte das Obersimmental und Gebiete im Seeland. Nach dem Sempacherkrieg 1386 mussten diese
Erwerbungen allerdings an Bern abgetreten werden: Die selbst gewählte Treue zur meist fernen
habsburgischen Herrschaft schlug zum Nachteil aus; Bern, nicht F., stieg zur regionalen Vormacht auf. In F.
setzte sich darauf eine Bern gegenüber freundliche Politik durch: Das ewige Burgrecht von 1403 bevorzugte
je die Partnerstadt, selbst gegenüber der eigenen Herrschaft (Reich bzw. Habsburg). 1405 kam F. nach einem
Stadtbrand Bern zu Hilfe. 1412 wurde F. an der Seite Berns in ein Bündnis mit Savoyen aufgenommen, in dem
seine Distanz zu Österreich deutlich wird. Es folgten 1414-20 eine gemeinsame Aktion im Wallis, 1415 die
Unterstützung für die Eroberung des österr. Aargaus und 1423 der Kauf der fortan gemeinsam verwalteten
Herrschaft Grasburg. Die folgenden Jahre wirtschaftl. Blüte ermöglichten den Ausbau der Landeshoheit über
die Alte Landschaft, namentlich durch den Erwerb der Thiersteinischen Reichslehen.
Durch Neutralität suchte sich F. aus dem Alten Zürichkrieg (1436-50) herauszuhalten. Doch geriet es in einen
verheerenden Folgekonflikt mit Bern und Savoyen, als Rechtshändel, Übergriffe und Fehden vor dem
Hintergrund der internationalen Politik eskalierten. Die Stadt fand sich nach dem 1448 diktierten Frieden von
Murten finanziell erschöpft, innerlich zerrissen und mit dem Aufruhr des Landvolks konfrontiert, das zur
Finanzierung des Kriegs mit Steuern belegt worden war. Auch das späte persönl. Eingreifen Hzg. Albrechts VI.
1449 schaffte keine Beruhigung. 1452 sagte sich F. von Österreich los und unterwarf sich Savoyen, das ihm
sämtliche Kriegsschulden erliess und alle Freiheiten bestätigte, ja erweiterte. Bern, durch den Vertragsbruch
Savoyens geprellt, drohte F. mit erneutem Krieg, knüpfte dann aber 1454 mit einer Erneuerung des
Burgrechts freundschaftliche Beziehungen zu F., das so den Eidgenossen näher rückte und z.B. 1460 an der
Eroberung des Thurgaus teilnahm. Die Loyalität gegenüber Savoyen wurde belastet durch überfällige
Schulden und die Errichtung der Herrschaft Romont, Apanage des Gf. Jakob von Romont, der ein Bruder des
Hzg. Amadeus IX. und ein bedrohlicher Nachbar war. Österreich verzichtete allerdings erst 1474, als es die
Ewige Richtung unterzeichnete, in aller Form auf F.
In den Burgunderkriegen lagen weder die Feindschaft Berns noch ein Erfolg Karls des Kühnen in F.s Interesse.
Trotz hergebrachter sprachlich-kultureller Neigung der Führungsschicht zum romanischen Westen entschied
es sich für Bern und damit gegen Savoyen und Burgund. Die Untertanen des Gf. von Greyerz verbanden sich
mit F., ebenso die bischöfl. Orte Bulle, Riaz und La Roche. Der Gf. von Greyerz tat desgleichen, obwohl er
Vasall des Hzg. von Savoyen war. Dem Sieg bei Murten (22.6.1476) gingen Aktionen am oberen Genfersee
voraus, an denen Freiburger und Greyerzer wesentlich beteiligt waren. 1477 verzichtete Hzg. Jolanda von
Savoyen auf ihre Rechte über F., das damit reichsfrei wurde und 1481 durch das Stanser Verkommnis - mit
Berner Unterstützung und trotz des Widerstands der Länderorte - der Eidgenossenschaft beitreten konnte.
Allerdings erhielt es nicht die gleichen Rechte wie die älteren Orte: F. durfte ohne Einverständnis der
Eidgenossen keine Bündnisse abschliessen und erhielt, sollte es angegriffen werden, nicht bedingungslos
deren militärische Hilfe. Solothurn wurde zu denselben Bedingungen aufgenommen.
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Autorin/Autor: François Guex
2.1.4 - Gemeinde und Territorialbildung
Die Stadtrechte, die Hzg. Berchtold IV. von Zähringen der Stadt F. bei ihrer Gründung verlieh, sind nicht
überliefert. Sie entsprechen aber wohl dem Kern der Handfeste, die ihr 1249 - wahrscheinlich in einer Zeit
städtebaulicher Expansion und wirtschaftl. Aufschwungs - von Hartmann IV. und Hartmann V. von Kyburg
bestätigt wurde. Laut Handfeste hatten die Bürger das Recht, insbesondere die Ämter des Schultheissen und
des Pfarrers selbst zu besetzen; dieses Recht wurde ihnen von den Habsburgern nur vorübergehend
(1289-1308) vorenthalten. Der Schultheiss stand an der Spitze von 24 Geschworenen, dem Kl. Rat. In einer
Verfassungsordonnanz, die die Stadt sich 1347 selbst gab, wird bestimmt, dass die Ämter des Schultheissen,
des Seckelmeisters und des Bürgermeisters (Verantwortlicher für Polizei) sowie die Mitglieder des Kl. Rats und
des Rats der Zweihundert jährlich am 24. Juni (Johannes der Täufer) neu besetzt werden sollten. Zur
Vorbereitung der Wahlen hatten die drei Venner, die je einem der damals drei Stadtquartiere vorstanden, am
Sonntag vor dem 24. Juni (später Heimlicher Sonntag genannt) je 20 Bürger aus jedem der Stadtquartiere zu
versammeln (später Rat der Sechzig). Eine weitere Ordonnanz von 1392 gab den Vennern ausserdem die
Macht, am Vorabend des Johannistages die Teilnehmer der Bürgerversammlung aufzubieten, die sich damals
in der Liebfrauen- und seit 1404 in der Franziskanerkirche trafen. Die Verfassungsentwicklung gipfelte im
Vennerbrief von 1404, gemäss dem die nunmehr vier Venner (des Burg-, Au-, Spital- und neu auch des
Neustadtquartiers) aus dem "gemeinen Volk" (gent de comun) und nicht aus dem Adel zu wählen seien. Der
Vennerbrief wurde fortan jeweils am 24. Juni von den Bürgern beschworen. 1406 wurde den Vennern, die
auch die Truppen anführten, das Umland, die Alte Landschaft, zugeordnet. Mit einem Zusatz von 1407, der
jeglichen Aufruhr verbot, hatte der Vennerbrief Bestand bis ans Ende des Ancien Régime.
Bis Ende des MA war der Kl. Rat in wechselnder Zusammensetzung zugleich höchstes Gericht, das sich
zunehmend auf Kosten anderer Gerichte ausdehnte. In der 2. Hälfte des 14. Jh. wurde F. als österr. Landstadt
von der Reichsgerichtsbarkeit ausgenommen, zu Beginn des 15. Jh. von der geistl. Gerichtsbarkeit
(Ehesachen, Häresie). Nach dem Zeugnis der sog. Schwarzen Bücher (oder Thurnrödel) urteilte das
Ratsgericht Ende 15. Jh. aber auch in Fällen von Blasphemie, Bestialität und Häresie (Hexerei). Das Stadtrecht
galt auch in der Alten Landschaft; Murten, Estavayer-le-Lac und Bulle dagegen folgten der Coutume de
Lausanne, das restl. Gebiet des heutigen Kantons (Broye, Veveyse und Greyerz) der Coutume de Moudon.
Zum Aufbau einer eigenen Gerichtsbarkeit in den Landvogteien kam es erst zu Beginn des 16. Jh. Im
Strafrecht galt ab 1541 die Carolina.
Während der langen Zeit der habsburg. Stadtherrschaft (1277-1452) näherte sich F.s Status de facto immer
mehr demjenigen einer Reichsstadt, nicht zuletzt weil das Interesse der Habsburger sich zunehmend in den
Osten verlagerte. Erst als die österr. Vorlande im 15. Jh. wieder stärker ins Blickfeld der habsburg. Politik
rückten, mussten 1436 und 1439 wieder Bestätigungen für die gewählten Schultheissen eingeholt werden.
1442 wurde die Stadt von Ks. Friedrich III., einem Habsburger, besucht.
Beim Aufbau eines Territoriums war F. sowohl durch seinen Status als österr. Landstadt wie auch durch die
Rivalität der Schwesterstadt Bern behindert. Erste Erwerbungen im Simmental und Seeland (Laubegg und
Mannenberg, Nidau, Büren und der Inselgau, 1378-82) mussten nach dem Sempacherkrieg (1386-88) an Bern
abgetreten werden (1398). In der 1. Hälfte des 15. Jh. gelang es lediglich, die Alte Landschaft durch den Kauf
der Thiersteinischen Lehen 1418/42 zu ergänzen und zusammen mit Bern 1423 die gemeine Herrschaft
Grasburg zu erwerben. Zum Aufbau einer Landesherrschaft kam es erst nach den Burgunderkriegen, als F. die
Herrschaften Everdes und Arconciel-Illens (mit Plaffeien) und, mit Bern, die späteren gemeinen Vogteien
Murten, Grandson, Echallens und Orbe eroberte. Durch Kauf erwarb F. 1478 Montagny, 1483 Pont, 1488 ein
Drittel von Estavayer, 1502/04 Jaun, 1505-21 Wallenbuch, 1520 Font und 1526 Corserey. Anlässlich der
Eroberung der Waadt 1536 kam F. in den Besitz von Estavayer, La Molière, Vallon, Delley, Saint-Aubin und
Surpierre, Romont, Rue, Châtel-Saint-Denis, Attalens und Bossonens sowie Vaulruz und Vuippens, stiess aber
im Gegensatz zu Bern nicht bis an den Genfersee vor. 1537 folgten La Roche, Riaz, Bulle und Albeuve,
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ehemalige Besitzungen des Bf. von Lausanne, die auf diese Weise katholisch blieben. 1555 schliesslich erhielt
F. aus der Konkursmasse des letzten Gf. von Greyerz das Gebiet von Montbovon bis La Tour-de-Trême. Die
Rivalität Berns brachte es mit sich, dass F. sich für den Aufbau eines Territoriums nach Westen und Süden
wenden musste und, paradoxerweise, französischsprachige Landvogteien erst erwarb, nachdem es sich der
Eidgenossenschaft zugewandt und Deutsch zur Amtssprache gemacht hatte.
Vom 13. Jh. an wurde F. - nicht zuletzt auch wegen seiner Lage zwischen Bern und Savoyen - in zahlreiche
Konflikte hineingezogen. Erst die Befreiung von der Stadtherrschaft und der Eintritt in die Eidgenossenschaft
löste das Dilemma, in dem sich F. seit dem Erlöschen der Zähringer 1218 befunden hatte.
Autorin/Autor: Kathrin Utz Tremp
2.2 - Staat, Regierung und Verwaltung im Ancien Régime
Konfrontiert mit der Reformation entschied sich F. für das Festhalten am alten Glauben, was weit reichende
Konsequenzen für die Geschichte der folgenden Jahrhunderte hatte. Das freiburg. Ancien Régime kann in zwei
Abschnitte unterteilt werden, in die Turbulenzen des 16. Jh., erzeugt durch Einflüsse der Renaissance und die
Reaktionen auf die Reformation (1524-1602), und die darauf folgende lange ruhige Phase der
Patrizierherrschaft (1602-1798).
2.2.1 - Die Gegenreformation (1524-1602)
Wie in anderen kath. Staaten lässt sich in F. die Gegenreformation - die polit. Strategie der Behörden gegen
die Reformation - von der kath. Reform - den Massnahmen der zivilen und kirchl. Organe im eigentlichen
religiösen Bereich - unterscheiden. Allerdings gab es auch deutl. Überschneidungen. Die freiburg.
Gegenreformation, die den Katholizismus zur Staatsreligion erhob, begann bemerkenswert früh. Nach der
Bekanntmachung der 1521 von Rom gegen Luther erlassenen Bannbulle drohte F. jeden zu verbannen, der
sich für den Reformator aussprach. Im Anschluss an die eidg. Tagsatzungen von 1522 und 1524 (die erste
verurteilte Zwingli und die Neuerungen von Zürich, an der zweiten wurde die Beibehaltung des alten
Glaubens beschlossen) ergriff F., das in Anhänger und Gegner der Reformation gespalten war, eine
aussergewöhnl. Massnahme: 1524 zwang die Regierung die gesamte Bevölkerung, das kath.
Glaubensbekenntnis öffentlich abzulegen. Widerstand Leistende wurden ins Exil gezwungen. Während in der
Schweiz und in Europa die Reformation voranschritt, wurde in jeder Freiburger Pfarrei durch das ganze
Jahrhundert hindurch und darüber hinaus das Bekenntnis zum Glauben wiederholt. Manchmal geschah dies
besonders feierlich: 1542 schworen die polit. Amtsträger unter Namensaufruf in der Stiftskirche St. Niklaus,
den "wahren christl. Glauben" zu bewahren.
Aus den Quellen geht nicht hervor, weshalb F. so rasch und entschlossen reagierte, noch bevor die Berner,
Neuenburger und Waadtländer Nachbarn den neuen Glauben angenommen hatten. Daher können über die
Gründe nur Vermutungen angestellt werden. Offenbar hatte die Freiburger Obrigkeit ein Interesse daran, am
Status quo festzuhalten. Anfang des 16. Jh. stand F. in einer engen polit. Beziehung zum Papsttum, woran sich
auch mit dem Tod von Papst Julius II. (1513) und dem Schultheissen Peter Falck (1519), die diese Verbindung
aufgebaut hatten, nichts änderte. Ausserdem fühlte sich F., das gerade erst der Eidgenossenschaft
beigetreten war, zur Bündnistreue verpflichtet. Weiter waren Übergriffe der weltl. Obrigkeit in die geistl.
Herrschaftssphäre, in diesem Fall diejenige des Bf. von Lausanne, keineswegs selten. Nicht zuletzt war der
Solddienst für den Staat, der seine Vorrangstellung in der Tuchindustrie eingebüsst hatte, ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor geworden. Der Reformator Zwingli dagegen bekämpfte die Fremden Dienste, die er als
reines Söldnertum betrachtete.
Während die Freiburger Innenpolitik durch die aktive Bekämpfung der Reformation geprägt war, trat in der
Aussenpolitik ein passiver Widerstand zutage. Die nachbarschaftl. Beziehungen bestimmten das Verhalten der
Regierung, das sich nach zwei Grundsätzen richtete: Koexistenz mit Bern und folglich gegenseitige
Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Die Befolgung dieser Grundsätze auf beiden Seiten erklärt zum
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einen die Unbeirrbarkeit der im Innern praktizierten freiburg. Religionspolitik, die sich ab 1555 (Augsburger
Reichstag) auf das kaiserl. Prinzip cuius regio, eius religio berufen konnte, zum anderen das Ausbleiben
bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen den beiden Städten und F.s Neutralität in den Kappelerkriegen.
Das ma. Burgrechtssystem überdauerte den konfessionellen Gegensatz des 16. Jh.
Der 1403 zwischen F. und Bern abgeschlossene Burgrechtsvertrag wurde nie formell aufgehoben. Dessen
Ausweitung auf Genf 1526 wurde 1530, nach dem offiziellen Übertritt Berns zur Reformation (1528), bestätigt.
Genf spielte nämlich als Absatzmarkt und als Durchgangsstation in den handelspolit. Überlegungen Berns wie
F.s eine wichtige Rolle. F. und Bern waren darauf bedacht, dass dieser wertvolle Verbündete nicht an Savoyen
oder Frankreich fiel. Dieses gemeinsame Interesse führte 1536 zur militär. Besetzung der Waadt durch die
beiden Orte, die das eroberte Gebiet unter sich aufteilten, sowie 1555 zur Teilung der Grafschaft Greyerz.
Für F. ergab sich eine paradoxe Situation: Einerseits verzeichnete es einen beträchtl. Gebietszuwachs,
andererseits war es nun von Bern, das sich bis an die Ufer des Genfersees erstreckte, umschlossen. Diese
geografische und konfessionelle Insellage, ein Determinante der Freiburger Geschichte von 1536 bis 1798,
förderte bei den Machthabern tendenziell eine Belagerungsmentalität. Diese erklärt denn vermutlich auch die
fieberhafte Konfessionspolitik des 16. Jh. Das Ziel der freiburg. Diplomatie bestand darin, Bern von jeglicher
Aggression abzuhalten und zugleich enge Bindungen mit dem kath. Europa einzugehen. 1564 wurde in F. das
1521 geschlossene Bündnis der Eidgenossen mit dem franz. König erneuert (Allianzen), nachdem 1516 dort
bereits der Ewige Frieden zwischen Kg. Franz I. und den eidg. Orten geschlossen worden war. Die
Bartholomäusnacht 1572 verschärfte die Spannungen innerhalb der Schweiz. Diese erreichten ihren
Höhepunkt in den folgenden Jahren, in denen F. Bündnisse mit Savoyen (1578), dem Goldenen Bund (1586)
und Spanien (1588) einging. Die Eröffnung einer ständigen Nuntiatur in Luzern (1579), die in F. aktiv Einfluss
nahm, trug ebenfalls zur Verschlechterung der Lage bei. Doch die Neutralität F.s im Konflikt zwischen Bern
und Savoyen (1589-90) und die Erneuerung der Allianz mit Frankreich (1602) wenige Jahre nach dem Edikt
von Nantes (1598) leiteten die von der gemässigten Mehrheit ersehnte Entspannung ein, welcher die
Anhänger der Allianz mit Spanien bis dahin entgegengewirkt hatten.
Autorin/Autor: Georges Andrey / EM
2.2.2 - Ancien Régime (1602-1798)
Der polit. Kurs, der mit der Glaubensspaltung im 16. Jh. eingeschlagen worden war, förderte im 17. und 18. Jh.
die Machtkonzentration in den Händen des Patriziats und das Entstehen des Absolutismus. Dieser Prozess
lässt sich in F. besonders deutlich verfolgen.
Das Patriziat, dessen Wurzeln ins MA zurückreichen (Vennerbrief von 1404), entwickelte sich, gestärkt durch
die Massnahmen zur Eindämmung der Reformation, Anfang des 16. Jh. zu einer "kräftigen Oligarchie"
("oligarchie vigoureuse", Gaston Castella). 1542 erscheint erstmals der Geheime Rat, der für die Sicherheit
des Staates zu sorgen hatte und - offenbar nach dem Vorbild des venezian. Zehnerrats - zehn Mitglieder
zählte. Die vier Venner, die darin eine zentrale Rolle spielten, präsidierten auch die Geheime Kammer, die zu
einem Symbol des Absolutismus wurde. Sie war ein Produkt der Gegenreformation und kümmerte sich u.a.
um die sog. Pittlung (franz. grabeau), eine Form der Zensur oder Kontrolle des öffentl. und privaten Lebens
der Magistraten. Dieses gefürchtete Inquisitionsinstrument diente dazu, neue Ideen aufzuspüren und deren
Verbreitung zu verhindern.
Das patriz. Regime institutionalisierte sich 1627, als die als "Heimliche" bezeichneten Bürger ihre alleinige
Wählbarkeit für die öffentl. Ämter proklamierten. 1684 wurde mit der beinah hermetischen Schliessung des
Bürgerbuchs der Zugang zur Macht auf die 77 sogenannt regimentsfähigen Familien eingeschränkt. Die Zahl
der im Kl. Rat sitzenden Familien verringerte sich von 64 (1490-1520) auf 32 (1700-30). Das gemeine
Bürgertum nahm die neue Ordnung anscheinend apathisch hin. Aus den Rivalitäten zwischen Adel und
Patriziat in den Räten erwuchsen keinerlei Impulse für eine tiefer greifende Reform. Einzig die Unruhen
1781-83 (Chenaux-Handel) zeugen vom Aufstieg sozialer Kräfte mit ernsthaften polit. Ambitionen.
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Das Patriziat berief sich auf das Gottesgnadentum und regierte nach dem absolutist. Grundsatz "alles für das
Volk, nichts durch das Volk". Nur ein einziges wichtiges Privileg teilte es mit dem gemeinen Bürgertum: das
althergebrachte Recht, den Schultheiss, den Bürgermeister und den Pfarrer der Stadt zu wählen. Das Volk
konnte in Religionsfragen nie mitreden, nicht einmal auf dem Gipfel der Krise des 16. Jh. In F. fanden keinerlei
Glaubensgespräche oder -disputationen statt, das Glaubensbekenntnis wurde von der Obrigkeit
aufgezwungen. Es kam auch 1600 zu keiner Volksbefragung, als das Stadtrecht (Municipale) eingeführt
wurde, ein wichtiges Instrument für die rechtl. und administrative Vereinheitlichung, die das unübersichtl.
Geflecht von ma. Freiheiten, Privilegien und Immunitäten allmählich ablöste.
Ab 1536 bzw. 1555 Lehnsherrin eines mit savoy., bischöfl. und gräfl. Herrschaften durchsetzten Territoriums,
ordnete F. das Gebiet neu in 19 Vogteien und versuchte, daraus durch eine zentralist. Politik ein
zusammenhängendes Ganzes schaffen. Im 18. Jh. verstärkte die patriz. Aufklärung, angeführt von FrançoisJoseph-Nicolas d'Alt, diese Rationalisierungsbewegung, die darauf abzielte, F. zu einem modernen Staat zu
machen. Die Kehrseite der Medaille waren die Zunahme des Verwaltungspersonals, die wachsende Steuerlast
sowie die übertriebene und manchmal ungeschickte Einmischung der Zentralgewalt. Das engmaschige
Kontrollnetz, die Bespitzelung und die unvermeidl. Entgleisungen liessen in den Gemeinden und Pfarreien, die
um ihre Autonomie bangten, eine Widerstandsbewegung entstehen, die durchaus Berührungspunkte mit den
Unruhen von 1781 aufwies.
Als im Mai 1781 die Stadt F., das Zentrum der polit., kirchl., wirtschaftl. und kulturellen Macht, überraschend
von der aufständ. Landbevölkerung belagert wurde, kam Bern ihr sogleich zu Hilfe. Darin zeigt sich die patriz.
Solidarität zwischen den beiden Stadtrepubliken, die im Bauernkrieg von 1653 gefestigt worden war, als die
freiburg. Truppen unter Berner Kommando marschierten. Diese Unterordnung erklärt wohl F.s Neutralität in
den beiden Villmergerkriegen 1656 und 1712, an denen Bern massgeblich beteiligt war. Die Truppen, die ab
Ende des 16. Jh. einem Kriegsrat unterstanden, wurden wiederholt reorganisiert, u.a. 1611, 1631, 1668 und
1670 (entsprechend den Anforderungen des Defensionale von Wil) sowie 1746. Gegen Ende des Ancien
Régime konnte F. rund 12'000 Mann aufbieten.
Als mittelgrosse Macht in der Eidgenossenschaft spielte F. eine einigende Rolle. In den beiden
Villmergerkriegen 1656 und 1712 wandte es erfolgreich das System der eidg. Vermittlung an, um die krieger.
Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Reformierten zu beenden. In beiden Fällen erwies sich F.s
Diplomatie der aktiven Neutralität als wirksam, was bei zeitgenöss. Beobachtern Bewunderung hervorrief. F.
half Bern, im eidg. Raum eine Stabilität herzustellen, die innerhalb einiger Jahrzehnte das mit dem
Trücklibund 1715 entstandene Klima eines "kalten Kriegs" in ein friedl. Zusammenleben umwandelte. Ab
Mitte des 18. Jh. - 1749 versicherte F. bei der Henzi-Verschwörung Bern seiner Unterstützung - intensivierten
sich die Beziehungen zwischen den beiden Stadtstaaten, wie auch ihre umfangreicher werdende diplomat.
Korrespondenz belegt.
In den Beziehungen, welche die Stadt und Republik F. mit den europ. Mächten unterhielt, kommt ebenfalls ihr
Realitätssinn zum Ausdruck. Österreich, Spanien, Frankreich, Genua, der Kirchenstaat, Sardinien, Savoyen
und Venedig - mit all diesen kath. Regierungen schloss F. Verträge und Abkommen ab, um dadurch v.a. seine
konfessionelle Isolierung und seine Satellitenrolle gegenüber Bern auszugleichen. F. wählte also eine
Strategie der doppelten Loyalität, die unumgänglich schien, um einerseits den alten Glauben zu wahren und
andererseits die traditionellen Bande mit dem zur Reformation übergetretenen Bern aufrechtzuerhalten. In
dieser Konstellation eignete sich Frankreich als ständiger Verbündeter und kontinentale Grossmacht am
besten für F.s Ziele. Denn die königl. Politik, 1516 in F. festgelegt und seither unverändert, bestand genau
darin, die Integrität des Corpus helveticum und seiner Mitglieder zu gewährleisten. Somit verdankte F. den
Erfolg seiner Sicherheitspolitik letztlich dem Einfluss Frankreichs.
Autorin/Autor: Georges Andrey / EM
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3 - Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur bis ins 18. Jahrhundert
3.1 - Besiedlung und Bevölkerung
3.1.1 - Mittelalter
In der Antike gehörten die besten Ackerflächen im Broyebezirk und im Hügelland zwischen Murtensee und
Saane zum Hinterland des röm. Hauptorts Aventicum. An den Talflanken der Saane und der Glane sowie an
der oberen Broye standen röm. Gutsbetriebe oft bis auf 750 m, vereinzelt auch höher. Weniger dicht
erschlossen waren der obere Sensebezirk und das Plateau im Südwesten des Kantons. Vom 3. bis 6. Jh. mag
die bebaute Fläche geschrumpft sein; die Chronisten Bf. Marius aus Avenches sowie Fredegar berichten von
Überschwemmungen. Doch neben verlassenen Herrenhäusern, an deren Standort später nicht mehr gebaut
wurde, gibt es auch andere, über deren Mauerresten die ma. Kirchweiler stehen. Die Vorgaben von
Bodenbeschaffenheit und Klima spiegeln sich in den beiden Siedlungstypen, welche die Landschaft F.s seit
dem ausgehenden MA prägen: In dem spätestens seit röm. Zeit besiedelten Gebiet gibt es v.a. Dörfer,
während in den erst seit dem HochMA kolonisierten höheren Lagen Einzelhöfe überwiegen, gelegentlich zu
Weilern verdichtet. Zur Infrastruktur der ländl. Siedlungen gehörten Ofenhäuser, Mühlen, vereinzelte
Schmieden. Quellen zur Lebensweise einer "Freiburger" Bauernfamilie des frühen und hohen MA fehlen. Auch
über die Wohnbauten des Adels, etwa der Fam. Greyerz, Glâne oder Corbières, ist nichts bekannt. In Analogie
zu benachbarten Landschaften sind Holz- und Fachwerkbauten in steilgeböschter Lage zu erwarten, gesichert
mit Gräben und Palisaden. Mörtelgebundenes Mauerwerk blieb auf den Kirchenbau beschränkt.
Vom 12. Jh. an änderte sich das Landschaftsbild. Wer es sich leisten konnte, baute eine Burg, so die im
Dienste des Hochadels und der Klöster stehenden Verwalter oder auch die reichen Hofbesitzer mit eigenem
Reitpferd. Um 1200 wirkten im späteren Kanton über 80 ritterl. Familien; gegen 70 Burgstellen sind
nachgewiesen. In Wechselwirkung mit diesem Aufschwung wurde die Feldflur durch Verdichtung im
Altsiedelland sowie durch Ausdehnung in vordem nicht oder nur extensiv genutzten Waldgebieten erweitert.
Das Vordringen in den Wald spiegelt sich in den Ortsnamen der Dörfer des Ärgeratals (von unten nach oben):
Giffers (caprilia, Ziegenweide), Plasselb (plana silva, ebener Wald), Plaffeien (plana fageta, ebener
Buchenwald). Orts- und Flurnamen mit dem Bestandteil Riet (46 Fälle) oder Essert (286), die beide auf
Rodungsland hinweisen, sind weit verbreitet. Wesentlichen Anteil an diesem Landausbau hatten die in zwei
Wellen um 1080 bzw. 1135 gegründeten Klöster.
Zahlreiche Geschlechter teilten sich in diesem beschränkten, intensiv genutzten Raum die Herrschaft über
Land und Leute. Zwischen 1150 und 1325 wurden an der mittleren Saane zahlreiche Städte angelegt. Viele
von ihnen existierten nur kurze Zeit. Mängel der Lage, der Infrastruktur und des rechtl. Status und nicht
zuletzt die Pest um 1350 führten zu einer Strukturbereinigung. Als Städte bestanden F., Bulle und Greyerz
weiter. Corbières, Vuippens, Vaulruz und La Tour-de-Trême sanken zu Dörfern ab und Arconciel, Pont-en-Ogoz
und Montsalvens wurden aufgegeben. Im übrigen Gebiet vermochte sich Murten neben Avenches und
Payerne zu halten sowie Romont neben Lucens und Moudon. Rue und Châtel-Saint-Denis (1296 an Stelle des
älteren Fruence) hingegen blieben eher bescheiden. Das stattl. Estavayer-le-Lac ging in mehreren Schritten
aus einem Burgstädtchen hervor.
Vom 16. bis ins 18. Jh. wurden in den Voralpen neue Flächen (Schwand, Ciernes) zur Gewinnung von
Heuwiesen und Weideland gerodet. Urbarmachung gab es auch in den übrigen Gebieten für die Ansiedlung
von Handwerkern und Kleinbauern, denen oft Allmendparzellen zugewiesen wurden. Ab etwa 1600
entstanden mehr und mehr Herrensitze des Patriziats im Umkreis der Stadt F. Wie die röm. Villa oder die
frühma. curtis umfassen sie das Herrenhaus, das Bauernhaus, Ställe, Speicher und Ofenhaus und zuweilen
eine Kapelle mit der Familiengrablege.
Anhand der spärlich überlieferten Quellen ist es schwierig, die Bevölkerungszahl F.s in dieser Zeit zu
ermitteln. Einige Angaben zur Zahl der Haushalte sind aber in den Akten der Pfarreivisitationen der Diözese
Lausanne enthalten (1416-17 und 1453). Weitere Daten liegen im Zusammenhang mit den Steuern vor, die
für den Kauf von Nidau 1387 und von Greyerz 1555 erhoben wurden, ferner gibt es regionale Zählungen für
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1444, 1447, 1448 und eine Steuerliste von 1445. Nicolas Morard schätzt die Bevölkerung innerhalb der
Grenzen des heutigen Kantons um das Jahr 1300 auf etwa 44'000, was einer Bevölkerungsdichte von 30
Einwohnern pro km2 entspricht. Nach der hohen Mortalität im 14. Jh. soll die Bevölkerungszahl zwischen 1420
und 1450 schätzungsweise 28'000 Einwohner betragen haben, was einer Bevölkerungsdichte von 19
Einwohnern pro km2 entspricht. Weniger drastisch dürfte der Bevölkerungsrückgang im Greyerzerland
ausgefallen sein.
Autorin/Autor: François Guex
3.1.2 - Frühe Neuzeit
Trotz der nur dünnen Quellengrundlage wird allgemein angenommen, dass die Bevölkerungsentwicklung im
Kt. F. von 1500 bis 1800 weitgehend parallel zur gesamtschweizerischen verlief. Die Bevölkerung nahm zu,
doch wurde das Wachstum beeinträchtigt durch Hungersnöte sowie die mehr oder weniger kontinuierliche
zivile und militär. Auswanderung. Man geht auch davon aus, dass die Stadt F. im Unterschied zum Kanton in
diesem Zeitraum keine Bevölkerungszunahme verzeichnete (1445 5'800 Einwohner, einschliesslich 546
hierher geflohene Landleute; 1798 5'117). Die Demografen sind sich zudem einig, dass sich das Wachstum
gegen Ende des 18. Jh. beschleunigte. Innerhalb der heutigen Kantonsgrenzen zählte man 1785 61'000
Einwohner, 1798 66'000 und 1811 74'000. 1798 entsprach die Bevölkerungsdichte des Kantons mit 41
Einwohnern pro km2 dem schweiz. Durchschnitt. Unter den heutigen 26 Kantonen und Halbkantonen belegte
F. 1798 gemessen an der Bevölkerungszahl den 10. Platz (2000 den 12. Platz). Der Hauptort lag 1798 auf
dem 9. Rang der 20 Schweizer Städte mit über 2'000 Einwohnern.
Das demograf. Verhalten (Natalität, Fruchtbarkeit, Nuptialität, Mortalität) variierte von einer Gegend des
Kantons zur anderen. Während in dem kath. Bergdorf Charmey die mittlere Geburtenzahl einer sogenannt
vollständigen Familie bei sechs Kindern lag (1761-1875), betrug sie in Vully, einer ref. Kirchgemeinde im
Mittelland, vier Kinder (1750-1875). Hier war auch der zeitl. Abstand zwischen zwei Geburten grösser als in
Charmey, was darauf hindeutet, dass malthusian. Praktiken bei den Reformierten verbreiteter waren als bei
den Katholiken. Ende des 18. Jh. verzeichnete Charmey einen starken Geburtenschub, der vielleicht auf den
gestiegenen Wohlstand zurückzuführen ist. Die komfortablere Situation brachte hier Ende des 18. Jh. eine
gewisse Lockerung der Sitten mit sich: Der Anteil der unehelichen Kinder betrug 7%, lag damit aber immer
noch unter dem in der Stadt F. (1780-1805 8%). Das Heiratsalter war im gesamten Kantonsgebiet eher hoch:
26 Jahre bei den Frauen, 29 Jahre bei den Männern. Die Lebenserwartung bei der Geburt (38 Jahre in Charmey
und 34,5 Jahre in Vully) entsprach dem europ. Durchschnitt.
Autorin/Autor: Georges Andrey / EM
3.2 - Wirtschaft
3.2.1 - Mittelalter
Der Getreidebau in Form der Dreizelgenwirtschaft beherrschte im MA den ganzen freiburg. Raum, auch die
heute von der Milchwirtschaft geprägten Voralpengebiete. Die Alpweiden wurden mit Schafen genutzt. Der
Weinbau, heute auf den Mont Vully und Cheyres beschränkt, war etwas weiter verbreitet. Die Freiburger
besassen auch zahlreiche Rebberge im Lavaux. Zu diesem Rebgebiet bestanden enge Beziehungen. Die
Versorgung mit Holz, Kohle und Gerberrinde war im MA noch reichlich gewährleistet. Vom 12. Jh. an
ermöglichten die landwirtschaftl. Erträge eine zunehmende gesellschaftl. Arbeitsteilung. Die zu Rittern
werdenden Freien und Ministerialen und viele Geistliche - auch die vormals so eifrigen Zisterzienser - trieben
selbst keine Landwirtschaft mehr. Dazu kam eine wachsende Zahl von Bauhandwerkern, die für die
zahlreichen Neubauten von Burgen, Kirchen und Klöstern, Befestigungen, Brücken und Bürgerhäusern der
neu gegründeten Städte tätig waren und von der Materialbeschaffung bis zur Ausstattung alle Arbeiten
übernahmen. Zulieferer wie Schmiede, Seiler und Stellmacher fanden ihr Auskommen. Viele Tätigkeiten
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wurden von den Haushaltungen zu den Gewerbetreibenden in den Marktorten verlagert, wo Müller, Bäcker
und Metzger auftraten.
Gerberei und Tuchmacherei, die beiden Gewerbe, denen F. im SpätMA seine Blüte verdankte, beruhten auf
der am Ende des 13. Jh. allgemein verbreiteten Schafzucht. Diese wiederum war auf die Zusammenarbeit
zwischen Kapitalgebern als Eigentümern der Herden und Inhabern von Weideplätzen oder -rechten
angewiesen. Daher zielten die territorialen Interessen der Stadt F. auf Winterweiden in den Aare-Auen und
zusätzliche Sommerweiden im Obersimmental. Die Gerberei verarbeitete 1356 und 1357 insgesamt 20'000
Häute, von denen ein Drittel ins Rheinland ging. Die Tuchmacher in Stadt und Land produzierten zunächst für
den einheimischen Bedarf. Nach der Mitte des 14. Jh. setzte in F. ein exportorientiertes Tuchgewerbe ein. Um
die Qualität der einheimischen Wolle zu verbessern, wurden feinhaarige Schafe und burgundische Wolle
eingeführt. Die besten, nicht mechanisch gewalkten Tücher wurden behördlich kontrolliert und mit einem
Gütesiegel versehen. 1434 wurde mit 14'000 besiegelten Tüchern ein Höhepunkt erreicht. Das Tuch- und
Ledergewerbe dürfte um die Mitte des 15. Jh. 2'500 bis 3'000 Personen, d.h. die Hälfte oder mehr der
Stadtfreiburger ernährt haben; danach ging die Tuchherstellung zurück. Zeitweise wurden auch aus
importierten Halbfabrikaten gefertigte Sicheln und Sensen ausgeführt. Walken, Mühlen, Sägen, Stampfen,
Hammer- und Schleifwerke reihten sich am Galternbach, der frühen Gewerbezone der Stadt, waren aber auch
verstreut auf der Landschaft und in der Nähe der Kleinstädte anzutreffen. Bald nach 1250 hatte die Stadt F.
durch den Bau dreier Brücken und einer in den Steilhang gelegten Strasse den Weg für Fuhrwerke geöffnet
und wurde damit zum wichtigsten Saaneübergang. Trotz der unregelmässigen Wasserführung wurde die
Saane ab F. mit Schiffen befahren.
In einem Friedensvertrag mit Bern (1294) werden an beschlagnahmten Handelsgütern genannt: Wein, Korn,
Salz und andere Lebensmittel, Textilien, Eisen (wahrscheinlich Hufeisen), Ketten und Kupfer. Die beiden
dreitägigen Jahrmärkte in F. wurden 1327 durch herzogl. Privileg auf je acht Tage verlängert und 1385 um
zwei weitere dreitägige Märkte ergänzt. Vom 14. Jh. an häufig besucht wurde die Messe in Genf, wo F. einen
Stand in der Tuchhalle unterhielt, gefolgt von Zurzach; gelegentlich finden sich Freiburger Kaufleute im
süddeutschen Raum, im 15. Jh. vereinzelt auch in Mailand, Venedig, Avignon und Barcelona.
Ein Herr von Montagny hatte 1259 Schulden bei nicht näher lokalisierten Juden. Diese Finanzfachleute wurden
von Gf. Peter II. im savoy. Herrschaftsgebiet gefördert; in Murten sind sie ab 1294 erwähnt. Drei Bankiers aus
Asti sind 1303 mit F. verburgrechtet.
F. respektierte das Münzrecht des Bf. von Lausanne, bis es 1422 von Kaiser und Papst dieses zu den Regalien
zählende Privileg erlangte und 1435 mit eigenen Prägungen begann.
Autorin/Autor: François Guex
3.2.2 - Ancien Régime 1500-1800
In der frühen Neuzeit standen der deutlich überwiegende 1. und der lebendige 3. Sektor dem kümmerlichen
2. Sektor gegenüber. Mangels hinreichender Quellen lässt sich dies nicht in Beschäftigungszahlen
ausdrücken. Drei Faktoren bestimmten die wirtschaftl. Rahmenbedingungen. Der erste Faktor war F.s
geopolit. Insellage inmitten von Berner Gebiet. Die tatsächlich oder nur scheinbar vorhandene
Erstickungsgefahr stellte den Staat F. immer wieder vor die Alternative: Autarkie oder Austausch? Der zweite
Faktor war die Einbindung des Staates in die "globale Wirtschaft" (Fernand Braudel) eines riesigen
grenzüberschreitenden Marktes, der die Westschweiz, Savoyen und die Freigrafschaft Burgund mit rund zwei
Mio. Einwohnern (Ende des 18. Jh.) umfasste. Als dritter Faktor ist die Seeschifffahrt zu nennen. Aufgrund der
Bedeutung der Verbindungen Vevey-Genf, Estavayer-Yverdon, Portalban-Neuenburg und Murten-Vully
spielten der Genfer-, der Neuenburger- und der Murtensee für die wirtschaftl. Entwicklung F.s eine
entscheidende Rolle. Dabei ist zu bedenken, dass die Hauptachse Bern-Genf über Murten lief und nicht über
F., das somit abseits lag. Diese drei Faktoren standen zueinander in Wechselwirkung, wobei deren
gegenseitiger Einfluss sich zwischen 1500 und 1800 veränderte. Im 18. Jh. erfolgte die Öffnung und der
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Anschluss.
Die freiburg. Landwirtschaft des Ancien Régime suchte ein Gleichgewicht zwischen den gegensätzlichen
agronom. Auffassungen von Merkantilismus und Physiokratie, zwischen Gras- und Getreidewirtschaft und v.a.
auch zwischen der traditionellen genossenschaftlichen und einer neuen Agrarverfassung, die kollektiven
Dienstbarkeiten abgeneigt war. Alles in allem glich die Modernisierung dieses Sektors, der eine ständig
wachsende Bevölkerung zu ernähren hatte, eher einer Evolution als einer Revolution. F. meisterte die
Herausforderung, ausser während der Hungersnöte (1770-71, 1816-17), in denen der Kanton auf ausländ.
Getreide angewiesen war. Ein leistungsfähiger Zweig war die Viehzucht, wie sich am regen Export von
hochwertigem Rindvieh und offenbar auch von Pferden ablesen lässt. In der alpinen Landwirtschaft war das
18. Jh. das goldene Zeitalter des Greyerzerkäses. Dieser wurde nur in Berggebieten hergestellt, weshalb die
Patrizier dort gute Weideplätze kauften und damit rentable Investitionen tätigten.
In einer vorwiegend ländl. Wirtschaft war das Gewerbe, z. B. die Müllerei und das Schmiedehandwerk, direkt
auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft abgestimmt. Lange gab es keinen einzigen grösseren Gewerbebetrieb.
Die Produktion von eher minderwertiger Ware war in der frühen Neuzeit nur noch auf den örtl. Markt
ausgerichtet; Hans Ratze bemühte sich in den 1570er Jahren vergeblich, die Tuchmacherei wieder zu beleben.
Ende des 18. Jh. setzte offenbar der Aufschwung ein, angekurbelt durch den Zugang zu einem die
Kantonsgrenzen übergreifenden Wirtschaftsraum. Für kurze Zeit belieferte die ab 1411 bestehende
Papierfabrik Marly die Société typographique de Neuchâtel, während die grosse Indiennemanufaktur
Fabrique-Neuve de Cortaillod Hunderte von Freiburger Stoffmalerinnen in Estavayer-le-Lac, F., Greng und
Portalban beschäftigte. Im Süden des Kantons belieferte die Glasfabrik von Semsales, 1776 gegründet und
mit Kohle aus der Gegend von Oron betrieben, während längerer Zeit das Weinbaugebiet Lavaux mit
Weinflaschen und -gläsern. Mehrere Tausend Zentner Greyerzer wurden vom damals bern. Hafen Vevey nach
Genf und Lyon verschifft. Dagegen war die Textilmanufaktur, die Abraham Verdan 1785 mit Hilfe eines
zinslosen Darlehens der öffentl. Hand in F. eröffnete, lediglich eine Art Wohltätigkeitsinstitution, die den
Überfluss an gering qualifizierten Arbeitskräften beschäftigen sollte (Schliessung 1805).
F. machte seinen protoindustriellen Rückstand durch die erfolgreiche Kommerzialisierung seiner ländl.
Wirtschaft wett. Es exportierte Getreideüberschüsse, Lebendvieh, Holz und Fettkäse und erzielte damit in
einem weiten Umkreis seiner Messen und Märkte beachtl. Erfolg. Jede Stadt hatte ihren eigenen
Wochenmarkt. Die Messen, an denen der Austausch zwischen Händlern aus der Schweiz, der Freigrafschaft
Burgund und aus Savoyen stattfand, verzeichneten regen Zulauf. Sie wurden in 13 Städten und Flecken
abgehalten. 1797 beispielsweise zählte man insgesamt 52 Messen: acht in Romont, je sechs in Bulle,
Estavayer und Rue, je fünf in F. und Greyerz, vier in Murten, drei in Plaffeien, je zwei in Attalens, Jaun, ChâtelSaint-Denis und La Roche sowie eine einzige, die sehr gut besucht war und mehrere Tage dauerte, in
Charmey.
Neben dem Handel umfasste der 3. Sektor weitere Zweige. Zu nennen ist die obrigkeitl. Verwaltung mit
wachsendem Personalbestand - sozusagen der Preis für den aufgeklärten Absolutismus des 18. Jh. Zu diesem
Sektor gehörte auch der umfangreiche Ordensklerus sowie der (männl. und weibl.) Weltklerus. Mit dem
Aufschwung des Handels traten die ersten Makler und Bankkaufleute in Erscheinung. Die Stadt und Republik
F. selbst agierte im Geschäftsleben an vorderster Front. Die Freiburger Staatskasse hortete und legte in der
Schweiz (Genf, Neuenburg) und im Ausland (Frankreich, Sachsen) beträchtl. Geldmittel an. Die vom franz.
König geschuldeten Pensionsrückstände machten F. zu einem Gläubiger der Krone. Der Solddienst schliesslich
ermöglichte es den Patriziern, sich als militär. Unternehmer zu betätigen, und bot vielen jungen Leuten Arbeit:
Im 18. Jh. verzeichnete die Aushebungskammer über 8'000 Männer.
Autorin/Autor: Georges Andrey / EM
3.3 - Gesellschaft
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3.3.1 - Die mittelalterliche Gesellschaft
Durch alemannische Zuwanderung ins heutige Kantonsgebiet ab dem 8. Jh. entstand eine Zone, in der
romanische und deutschsprachige Bevölkerungsteile aufeinander trafen. Die Stadt F. ist seit je zweisprachig.
Die grosse Zahl privatrechtl. Bestimmungen in der Handfeste von 1249 wird damit erklärt, dass der Rat
Entscheide zu fällen hatte, die das Herkommen beider Sprachgruppen berücksichtigen sollten. Noch im 15. Jh.
wurde zwischen deutschen und welschen Lehen, zwischen deutschem und welschem Freiburger Kornmass
unterschieden. Auffallend ist die grosse Bedeutung des Notariatswesens (Register ab 1356) in privaten
Angelegenheiten - ähnlich wie in Gebieten mit verschriftlichtem Recht. Ab 1424 fertigten Notare auch in
deutsch und "rommant" aus. Die Führungsschicht war verhandlungssicher in beiden Sprachen, die in
Urkunden mit benachbarten Herren und Städten ab 1292/95 das Latein ablösten. Vermutlich waren in dem
breiten Streifen zwischen Murtensee und Voralpen auch Kaufleute, Spediteure, Gastwirte und die mit
Aufsichts- und Verwaltungsaufgaben betrauten Personen zweisprachig.
Drei wesentliche Rechtstraditionen treffen auf dem heutigen Kantonsgebiet aufeinander und wurden noch bis
weit in die Neuzeit unterschieden: die Coutume de Lausanne (Estavayer-le-Lac, Murten), die Coutume de
Moudon (Bulle, Romont, Greyerz und andere) sowie das auf die Handfeste zurückgehende Freiburger Recht in
der Stadt und ihrem Umkreis.
Nicht zu erschliessen sind mögliche Unterschiede der wirtschaftl. Verhältnisse und der Mentalität der Bauern
im Altsiedelland und der - freiwilligen oder als abgeschobene Überzählige unfreiwilligen - Rodungspioniere im
Hügelland. Die Milchwirtschaft und Sennenkultur in den Voralpen entwickelte sich erst ab dem 15. Jh. Um
1300 unterstanden die meisten Bauern bestimmten Abgaben, der Telle und dem Fall. Die individuellen und
kollektiven Loskäufe von 1430 und 1460 befreiten viele Bauern von diesen Lasten, doch erlangten sie damit
nicht immer die völlige Freiheit bzw. die Abzugsfreiheit. Sie zahlten nach wie vor Grundzinsen, genossen aber
eine gewisse Sicherheit (wie z.B. den Schutz vor willkürlicher Ausweisung).
Die enorme Bautätigkeit der Stadt F. spiegelt das Selbstverständnis eines von seinem Stadtherrn weitgehend
unabhängigen Gemeinwesens. Für Murten indes blieben die Jahre als Reichsstadt (1218-55) Episode. In
anderen Kleinstädten erhielten die Bürger nur wenig Rechte und diese oft erst sehr spät (z.B. Handfeste für
Corbières erst 1390), so dass ein Niedergang meist nicht zu verhindern war. Allgemein hatte der einzelne
Bürger wenig zu sagen; die Zünfte beschränkten sich auf Gewerbefragen und bruderschaftl. Leben. Wer
hingegen vom Handwerker zum Kaufmann wurde, konnte Landgüter erwerben und in die Führungsschicht
aufsteigen.
Juden treten im späteren Kantonsgebiet ab der Mitte des 13. Jh. als Geldverleiher auf, ab 1356 in der Stadt F.,
wo sie bis ins späte 15. Jh. auch als Ärzte wirkten; manche erwarben das Bürgerrecht. In Murten werden 1454
eine Synagoge und ein Rabbiner genannt.
Autorin/Autor: François Guex
3.3.2 - Gesellschaft des Ancien Régime
In der freiburg. Gesellschaft des Ancien Régime herrschte, wie in jeder ständ. Gesellschaft, grosse soziale
Ungleichheit, die auch rechtlich untermauert war. Das Patriziat war eine politische und soziale Schicht, welche
fast alle Privilegien auf sich vereinte. Es setzte sich zusammen aus Adligen (etwa fünfzehn Familien), die
ausländ. Titel trugen, Söldnerregimente besassen und meist wohlhabend waren, und einfachen Patriziern, die
sich ihren Lebensunterhalt sicherten, indem sie die öffentl. Ämter monopolisierten und heimlich nach dem
Aufstieg in den Adelsstand strebten. Letztere stellten in den Räten die Mehrheit und machten sich die
Unruhen von 1781-82 zunutze, um sich das begehrte Adelsprädikat zuzulegen. Ob der internen Zwistigkeiten
liess das Patriziat offenbar seinen wahren Gegner ausser Acht: das von der Macht ausgeschlossene, aber
ehrgeizige gemeine Bürgertum. Zu diesem gehörte der Grossteil der 700 am stärksten belasteten
Steuerzahler der Hauptstadt (die Patrizier nicht mit eingerechnet). Im nicht zum Rat zugelassenen Bürgertum
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fand die Revolution von 1798 die glühendsten Anhänger und die Mehrheit der Führungsleute der Helvet.
Republik. Die Elite der Landstädte und einige reiche Landleute schlossen sich ihm an. Die anonyme Masse der
Bauern, Handwerker und Händler lebte in "ehrlicher Mittelmässigkeit". Die Bauern, die drei Viertel der
Bevölkerung ausmachten, haben die Obrigkeit kaum weiter beunruhigt (1635-36 Proteste in Jaun, 1653 in
Greyerz), und die Handwerkerzünfte mischten sich nur in berufl. Belangen ein.
Autorin/Autor: Georges Andrey / EM
3.4 - Kirche und Religion, Kultur und Bildung
3.4.1 - Klerus und religiöses Leben im Mittelalter
Das Gebiet des späteren Kt. F. gehörte vollumfänglich zur Diözese Lausanne und genauerhin zu den
Dekanaten Avenches, Vevey, Ogoz, F. und Köniz (nur die Pfarrei Ueberstorf). An den Pfarrkirchen der
Kleinstädte Estavayer-le-Lac, Murten und Romont bildeten sich im SpätMA sog. Pseudo-Kollegiatstifte aus, d.h.
Klerikergemeinschaften, die de iure nie zu Kollegiatstiften erhoben worden waren; die Pfarrkirchen dieser
Städte wurden collégiales oder Stiftskirchen genannt. In diesen drei Städten gab es im 15. Jh. auch eine
Schule, in Estavayer wurde 1316 ein Dominikanerinnenkloster gegründet und in Estavayer und Romont lebten
im SpätMA vorübergehend Beginen. Nur kleine Niederlassungen im Kanton besassen die Orden der
Benediktiner (Berlai, Broc), Cluniazenser (Kerzers, Pont-la-Ville), Augustinerchorherren (Avry-devant-Pont,
Farvagny-le-Grand, Sâles, Semsales, Sévaz) und der Deutsche Orden (Fräschels). Die Zisterzienser, Kartäuser
und Prämonstratenser hatten zumindest mittelgrosse Klöster, die Zisterzienser und Prämonstratenser auch
Frauenklöster. Die Zisterzienser liessen sich in Hauterive (Männer), La Fille-Dieu, La Maigrauge und La VoixDieu (Frauen) nieder. Kartäuser gründeten La Part-Dieu, Valsainte und Val-de-Paix, die Prämonstratenser
Humilimont (Männer) und Posat (Frauen). Von den zahlreichen Wallfahrten des Kt. F. gehen nur sehr wenige
ins MA zurück (eventuell Dürrenberg bei Gurmels, Notre-Dame de Tours bei Montagny).
Die Stadt F. ist seit ihrer Gründung 1157 Zentrum einer Pfarrei und eines Dekanats (abgetrennt von den
Dekanaten Avenches und Köniz). Die erste Pfarrkirche (St. Niklaus) wurde 1182 geweiht. Sehr früh,
spätestens 1249, hatte die Gemeinde das Patronat inne. Im 14. und 15. Jh. entwickelte sich an der Stadtkirche
eine Klerikergemeinschaft, die 1459 ins städt. Burgrecht aufgenommen wurde und 1512 den Status eines
Kollegiatstifts erhielt. 1224 liessen sich im Auquartier Johanniter nieder. Die Stadt beherbergte
Augustinerchorherren vom Gr. St. Bernhard (1228-1602), Augustinereremiten (vor 1255), Franziskaner (ab
1256) und zahlreiche Bruderschaften. Der Franziskanerkonvent empfing berühmte Gäste: 1404 den
Wanderprediger Vinzenz Ferrer, 1414 Ks. Sigismund, 1418 Papst Martin V., 1440 Papst Felix V., 1442 Ks.
Friedrich III.
Ins 13. Jh. zurück gehen zwei Institutionen, die in F. einzigartig sind: das von allem Anfang an städtische Spital
(1249), das mit der Liebfrauenkirche verbunden war, und die Heiliggeistbruderschaft (1264). Die grossen
Vermögen, die beide Institutionen anhäuften, wurden durch Vorsteher verwaltet, die ebenso wie andere städt.
Beamte am 24. Juni gewählt wurden. Die Leproserien von Bürglen (1252), Uebewil (um 1260) und Marches
(Gem. Matran, 1252) wurden um 1400 zu einem Siechenhaus in Bürglen zusammengelegt, das sich im 15. Jh.
zum Wallfahrtsort entwickelte. Ab 1299 lassen sich in F. auch Beginen nachweisen, die jedoch spätestens
Anfang 16. Jh. ausstarben. In F. gab es auch Waldenser (Anhänger der Sekte von Petrus Waldes), denen 1399
und 1430 der Prozess gemacht wurde.
Der Wechsel der Stadtherrschaft von den Habsburgern zu den Savoyern 1452 brachte nur einen momentanen
Wechsel in der kulturellen Ausrichtung der Stadt: das Chorgestühl für die Klerikergemeinschaft von St. Niklaus
wurde 1462 bei Antoine de Peney in Auftrag gegeben, und der Turm der Pfarrkirche (Neubau begonnen 1283)
1470 bei Georges du Jordil, beide von Genf; der Nelkenmeisteraltar in der Franziskanerkirche, der um 1480
von einer Basler Werkstatt in Solothurn angefertigt wurde, ist Ausdruck einer entschiedenen Hinwendung der
Stadt zum oberdeutschen Raum. An der Lateinschule, der einzigen im Kantonsgebiet, die ab 1425 eine
Monopolstellung besass, unterrichteten zunehmend deutschsprachige Lehrer. Diese Tendenz wurde bekräftigt
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durch die erste offizielle, Ende des 15. Jh. verfasste Freiburger Stadtchronik, welche die Stadt (dem Beispiel
Berns folgend) nach den Burgunderkriegen bei Peter von Molsheim in Auftrag gegeben hatte.
Autorin/Autor: Kathrin Utz Tremp
3.4.2 - Religion, Schule und Kultur im Ancien Régime
Im religiösen Leben lassen sich drei Perioden unterscheiden: die kath. Reform (1545-1649), der barocke
Katholizismus (1649-1758) und die Aufklärung (1758-1815). Der Beginn der kath. Reform fiel mit der
Eröffnung des Konzils von Trient (1545) zusammen, doch die traditionsverbundene Schweiz distanzierte sich
lange Zeit vom Konzil. In F. lockerte die Abwesenheit des Bischofs, der von seinem Sitz in Lausanne verjagt
worden war, die Beziehungen zur röm. Autorität und verlieh dem Kollegiatstift St. Niklaus aussergewöhnl.
Entscheidungsbefugnisse. Für die Bewahrung des alten Glaubens setzten sich zunächst der Prediger Simon
Schibenhart, der Propst Peter Schneuwly, der Generalvikar Jean Michel und der Pfarrer Sebastian Werro ein.
1580 kamen die Jesuiten, angeführt von dem Holländer Petrus Canisius, 1609 die auf die Seelsorge der
breiten Bevölkerung spezialisierten Kapuziner aus der ital. Provinz. Der Lausanner Bf. Johann von Wattenwyl
(1609-49) sorgte mit einiger Verspätung dafür, dass die Tridentiner Dekrete, welche die Aufgaben des
Bischofs betrafen (Residenzpflicht, regelmässige Visitation der Pfarreien), umgesetzt wurden. Er kam aus der
Freigrafschaft Burgund, stammte aber ursprünglich aus Bern und residierte als erster Lausanner Bischof in F.
1625 berief er gemäss den Konzilsbeschlüssen eine grosse Diözesansynode ein, welche die Wiedererlangung
einer starken Kontrolle über den Pfarrklerus und eine Bekräftigung der Kirchendisziplin bewirkte. In der Folge
liessen sich Kapuzinerinnen (1626), Ursulinen (1634) und Visitantinnen (1635) in der Stadt nieder, wo sie
heute noch ansässig sind. Die zweite Periode brachte eine Konsolidierung der Reformen. F. hüllte sich in
liturg. und künstler. Prunk, der es als Bollwerk des Katholizismus erscheinen liess. Die kath. Aufklärung
strebte nach einem Ausgleich zwischen Läuterung des Volksglaubens und liturg. Reformen einerseits und
Öffnung zur Welt, freiem Zugang zur Bibel und sogar Interkonfessionalität andererseits. Die patriz. Bf. JosephNicolas de Montenach und Bernhard Emmanuel von Lenzburg, der Chorherr Charles-Aloyse Fontaine und
Pater Gregor Girard verkörperten diese eigenständige Bewegung, die sich in der Helvetik zeitweise der
protestantischen und kantisch geprägten Stapfer'schen Aufklärung annäherte.
Fast alle wohlhabenden Freiburger waren Schüler des 1582 gegründeten Jesuitenkollegiums St. Michael. Im
18. Jh. erkannten einige Ehemalige wie Fontaine oder Girard - und erst recht die Antiklerikalen - Lücken in
dessen Unterricht. Erst 1795 wurde auf Anregung des nach F. geflohenen franz. Klerus in einem Flügel des
Kollegiums das vom Konzil von Trient vorgegebene grosse Diözesanseminar eröffnet. Bis dahin konnten sich
künftige Priester, wenn sie grosses Glück hatten, mit einem Stipendium im Ausland (Rom, Mailand, Paris,
Lyon) ausbilden lassen. Dasselbe galt für Söhne aus gutem Hause, die an einer Universität in Deutschland,
Österreich oder Frankreich studieren wollten. Mitte des 18. Jh. fand ein Umdenken statt. 1751 wurde ein
"Hochschulprojekt" lanciert, das versandete. 1762 jedoch kam es zur Eröffnung der als Akademie
bezeichneten Rechtsschule, damals die einzige Lehranstalt für Berufsunterricht im Kanton und die einzige
bedeutende Schulgründung nach 1635, als die Ursulinen, die aus der vom Dreissigjährigen Krieg
heimgesuchten Freigrafschaft Burgund geflohen waren, mit der Erziehung der Töchter von Patriziern und
Bürgern betraut worden waren. Ein 1749 zwischen Bischof und Staat abgeschlossenes Konkordat sah vor, in
jeder Gemeinde oder Pfarrei eine Volksschule zu schaffen. 1798 verfügten nur die reichen Städte, Dörfer und
Gemeinden über Räumlichkeiten und - dürftig bezahltes - Personal für die Ausbildung von Knaben und
Mädchen. Auf dem Land überwog Ende des Jahrhunderts der Aufklärung offenbar immer noch der
Analphabetismus.
In den 1750er bis 1770er Jahren, dem goldenen Zeitalter des 18. Jh., begünstigte die gute Wirtschaftslage
eine voluntarist. Aufholpolitik, die sich auf alle Bereiche erstreckte und in den Schultheissen François-JosephNicolas d'Alt und Ignace de Gady herausragende Repräsentanten fand. Es kam v.a. zu einem
Mentalitätswandel, der sogar die Eröffnung einer Freimaurerloge ermöglichte (1756-63). Die zahlreichen für
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den zivilen Gebrauch neu geschaffenen Einrichtungen, die Infrastrukturanlagen und städtebaulichen
Veränderungen stehen in starkem Kontrast zum Bau nur einer neuen Kirche (Unserer Lieben Frau von der
immerwährenden Hilfe). Auch in den Landgebieten zeichnete sich ein gewisses Nachlassen der Religiosität ab.
1760 waren über 50 Kirchen, die Hälfte davon Pfarrkirchen, baufällig, doch die Erneuerungsprojekte wurden
infolge der europ. Hungersnot von 1770-71 eingestellt. Diese traf F. hart (erhöhte Morbidität und Mortalität,
Rückgang der Geburten und Eheschliessungen) und leitete einen konjunkturellen Abschwung ein, der den
Chenaux-Handel (1781) als eine der polit. und sozialen Folgen mit verursacht haben könnte. Im letzten Drittel
des Jahrhunderts, nach dem Tod des Barons d'Alt, kam der Modernisierungsprozess der vorangegangenen 20
Jahre zum Erliegen, so dass nichts mehr für die Entwicklung ländl. Gebiete unternommen wurde. Allerdings
fehlen Studien, die diesen Zusammenhang erhärten.
Während der gesamten frühen Neuzeit bestand eine Kluft zwischen der Stadt F., die das Machtmonopol
innehatte, und ihrem Hinterland. Die Stadt versuchte dieses ausgedehnte, heterogene Gebiet zu
vereinheitlichen, stiess dabei aber auf heftigen Widerstand. Das Sensegebiet mit seinen grossen Pfarreien,
das nach Bern ausgerichtete Murtenbiet, die am Neuenburgersee gelegene Broyeregion wie auch die vom
Genfersee beeinflussten Gebiete Greyerzerland und Veveyse hatten eine gefestigte Identität mit eigener
Geschichte, weshalb sie ihren Traditionen treu blieben.
Autorin/Autor: Georges Andrey / EM
4 - Der Kanton im 19. und 20. Jahrhundert
4.1 - Politische Geschichte und Verfassungsentwicklung
Nach dem gescheiterten Chenaux-Handel flohen viele Beteiligte ins Ausland. Ab 1789 begaben sich einige
von ihnen nach Frankreich, wo sie den Club helvétique gründeten, der die Schweiz mit revolutionärer
Propaganda überschwemmte. Die neuen Ideen fanden v.a. im französischsprachigen Kantonsteil Anklang, bei
den Bauern dagegen kaum. Von der Regierung wurden sie heftig bekämpft. Den Slogan "die Religion in
Gefahr", den die ab 1789 in F. aufgenommenen franz. Flüchtlinge (3'700 Emigrés, davon 2'500 deportierte
Priester) verwendeten, griffen 1798 die Freiburger Gegenrevolutionäre auf. Diese sahen in der Helvet.
Republik ein Abbild einer Franz. Revolution, welche die Kirche verfolgte. In der Schweiz wurde die Kirche nicht
verfolgt, aber sie war während der Helvetik (1798-1803), ebenso in den nachfolgenden Zeiträumen der
Mediation (1803-13) und der Restauration (1814-30) in sich gespalten und spielte lediglich als ein Akteur
unter anderen mit.
4.1.1 - Die Helvetische Republik (1798-1803)
Die Stadt F., während einer langen Zeit Operationsbasis der franz. Gegenrevolutionäre, fiel nahezu
widerstandslos am 2.3.1798, drei Tage vor Bern (Franzoseneinfall). Damit brach das Ancien Régime
zusammen, und die beiden Stadtstaaten verloren auf einen Schlag ihre im 16. Jh. eroberten Gebiete. F.
musste ohnmächtig mit ansehen, wie in Payerne ein Kt. Sarine et Broye geschaffen wurde. Dieser hatte aber
nur kurzen Bestand, und rasch kehrte die Bevölkerung des Greyerzerlandes, der Glane- und Veveyse-Region
auf Druck Frankreichs zu F. zurück, was der von der Revolution erfassten Stadt die Möglichkeit gab, wieder zu
sich zu kommen und zur Gegenoffensive anzusetzen. Einige Wochen später stand sie einem Gebiet vor,
welches das Murtenbiet und die gesamte waadtländisch-freiburg. Broyeregion umfasste. Paradoxerweise
verdankte der Kanton ausgerechnet der Revolution für ein paar Jahre seine grösste Ausdehnung. Dadurch
entstand zwar territoriale Geschlossenheit, gleichzeitig aber eine konfessionelle Mischung, die wegen des
Gewichts von mehreren Tausend Reformierten in den Bez. Avenches und Payerne die bisherigen Verhältnisse
änderte. Diese Vernunftehe währte nicht lange: Schon 1801 trennten sich die Waadtländer von F., sehr zum
Missfallen der Freiburger, die vergeblich die Vorteile einer territorialen Vereinigung der Broyeregion geltend
machten. Das Puzzle der Broye-Exklaven war damit wiederhergestellt.
Die Kapitulation F.s, die den Sturz des Patriziats besiegelte, ebnete der städt. Bürgerschaft und den ländl.
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Eliten, die bis dahin von der Macht ausgeschlossen waren, den Weg in die Politik. Sie stellten in der Helvet.
Republik die zwölf ersten Parlamentarier von 1798, die fünf Mitglieder der Verwaltungskammer, den
Regierungsstatthalter und vier hochrangige Magistraten: François-Pierre Savary, Mitglied des Direktoriums,
Nicolas Simon Pierre Repond, Kriegsminister, Rodolphe-Martin Gapany, Regierungskommissar, und
schliesslich im Mai 1800 Pierre-Léon Pettolaz, Präs. des Senats. Ehemalige Patrizier machten ihnen dieses
Monopol streitig: Joseph (de) Lanther, Kriegsminister, Tobie de Raemy de Bertigny, Mitglied der
Verwaltungskammer, und Jean (de) Montenach, Distriktsstatthalter. Letzterer war ab 1798 Mitglied und ab
1799 Präs. der Munizipalität F. (Stadtammann von F.).
Die Grundhaltung der polit. Akteure zeichnete sich aus durch eine pragmatische Position der Mitte, welche
ideologischen Bekehrungseifer und jede Form von Extremismus ablehnte. Die Abkehr von der Vergangenheit
war der Preis, den die früheren Machthaber bezahlten, um am neuen Regime teilhaben zu können. Sie
strebten danach, sich mit Frankreich, ungeachtet dessen polit. Regimes, zu arrangieren. Hervorzuheben ist
auch, dass die freiburg. Revolution ein Blutvergiessen zu vermeiden suchte. Allein die Militärjustiz sprach
noch Todesstrafen aus, doch wurden diese nicht vollstreckt.
Die Helvetik geriet dennoch rasch in Misskredit. Sechs Faktoren spielten dabei eine wesentliche Rolle. Die drei
ersten waren, in chronolog. Reihenfolge, die Besetzung, die Zwangsabgaben und die Beschlagnahmungen,
welche die franz. Besatzer ab März 1798 verordneten. Mit den beiden letzteren Massnahmen brachten sie das
Patriziat, das die Generäle und Kommissare des Direktoriums hauptsächlich im Visier hatten, gegen sich auf.
Der Unmut richtete sich auch gegen die helvet. Behörden, die diese Massnahmen ausführen mussten, obwohl
dank ihrer Intervention erhebl. Nachlässe auf die geforderten Gesamtbeträge gewährt wurden. Der vierte
Faktor hing mit der Religionspolitik der Helvetik zusammen. Diese war aus dem klosterfeindl. Utilitarismus der
Aufklärung erwachsen und zielte nicht nur auf die Säkularisation der zuweilen beträchtl. Klostergüter ab,
sondern letztlich auf die Schliessung der Klöster, die mit dem Verbot der Aufnahme neuer Ordensmitglieder
eingeleitet wurde. Diese in den Gesetzen vom 8.5., 20.7. und 17.9.1798 enthaltenen Bestimmungen kamen
bei der gesamten Bevölkerung schlecht an. Sie wertete diese als Angriff auf die Religion, die öffentl. Fürsorge
und das Unterrichtswesen. Dieser wurde als umso schlimmer betrachtet, als einige klösterl. Einrichtungen in
diesen Bereichen ihren Auftrag zur allg. Zufriedenheit erfüllten.
Die obligatorische Wehrpflicht als fünfter Faktor stiess ebenfalls auf Ablehnung, insbesondere im oberen
Sensegebiet, wo im März und April 1799 Widerständische und Deserteure den Kern einer gegenrevolutionären
Bewegung bildeten. Die Helvet. Republik entsandte den energ. Greyerzer Kriegskommissar Gapany, der alle
Vollmachten erhielt, um die Ordnung wiederherzustellen. Die Bilanz des Aufstands waren fünf Tote. Die
Expedition trug Gapany, der früher bei der Schweizergarde von Kg. Ludwig XVI. gedient hatte, den
Übernamen "Freiburger Robespierre" ein und blieb im kollektiven Gedächtnis als Episode der freiburg.
"Terreur" haften.
Die Steuerlast als letzter Faktor entfaltete ihre Wirkung erst spät. Die Aufhebung des Zehnten am 10.11.1798
fand die Zustimmung der Bauernschaft, d.h. des überwiegenden Teils der Bevölkerung. Zwei Jahre lang
wurden keine Abgaben erhoben. Als jedoch 1800 das Gesetz aufgehoben und 1801 der Zehnt wieder
eingeführt wurde, verweigerten die Betroffenen dessen Entrichtung. Bei der Landbevölkerung machte sich
eine riesige Enttäuschung breit, v.a. im Unterland; die Berggebiete dagegen waren weniger betroffen. Das
Regime, von Anfang 1800 an auf Schlingerkurs, verlor damit den letzten Rest an Glaubwürdigkeit, zumal die
neue Steuerordnung, die belastender war als das alte Abgabensystem, ab 1798 tatsächlich zur Anwendung
gelangte.
Die Helvetik, die auf immer weniger eingeschworene Anhänger bauen konnte, wurde zusätzlich geschwächt
durch die ab 1800 aufeinander folgenden Staatsstreiche, die dem Widerstreit zwischen den sog. Unitariern
und den Föderalisten entsprangen. In F. gewann die föderalist. Bewegung, getragen von den ehemaligen
adligen und patriz. Machthabern, nach dem 18. Brumaire (9.11.1799) die Oberhand. Angestachelt von
Charles-Frédéric Reinhardt, später von Raymond Verninac, beide franz. Minister in der Schweiz, unternahmen
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die Freiburger Gemässigten (Savary, Lanther, Montenach) zusammen mit dem Aargauer Johann Rudolf Dolder
den Staatsstreich vom 27.-28.10.1801. Doch die Schweizer Unitarier gaben nicht auf und stürzten am
18.4.1802 die Oktobristen. Am 15. Mai wurde eine neue Verfassung, die dem Volk unterbreitet worden war,
für angenommen erklärt; die sehr hohe Zahl der Nichtstimmenden (9'398 von 17'922 Wahlberechtigten im
Kanton) wurde dabei zu den Ja-Stimmen gezählt. Der im Sommer 1802 ausgebrochene Bürgerkrieg endete
am 5. Oktober mit der Kapitulation F.s vor den föderalist. Truppen. Die provisor. Kantonsregierung bestand
ausschliesslich aus ehemaligen Patriziern. Sie blieb jedoch bis 1803, d.h. während der Monate, als in Paris die
Consulta tagte, handlungsunfähig.
Autorin/Autor: Georges Andrey / EM
4.1.2 - Die Mediation (1803-1813)
F. diente nicht zufällig als Pilotkanton für die Schweiz der Mediation. Es stand in der Gunst Napoleon
Bonapartes, der F.s traditionelle Sympathien für Frankreich schätzte. Bonaparte, der zwischen den die
Schweiz spaltenden Parteien zu vermitteln hatte, fand in Ludwig von Affry, einem Angehörigen des
"qualifizierten" Freiburger Adels, den Mann der "goldenen Mitte". Er ernannte diesen in Frankreich
ausgebildeten General zum Landammann der Schweiz. Als erster der sechs Vorortskantone übernahm F. die
ebenso schwierige wie ehrenhafte Rolle der Hauptstadt eines Landes, das vom Bürgerkrieg ausgezehrt war
und sich nach Frieden sehnte. Am 4.7.1803 wurde in der Stadt F. im Beisein des von General Michel Ney
geleiteten diplomat. Korps die Tagsatzung der 19 Kantone feierlich eröffnet. Der allgegenwärtige von Affry
betätigte sich in den Organen, die die neue franz.-schweiz. Allianz und die damit verbundene militär.
Kapitulation auszuhandeln hatten, deren Unterzeichnung am 27.9.1803 stattfand. Er liess den aus F.
stammenden Marquis Antoine Constantin de Maillardoz, seinen Neffen, zum Minister der Schweiz in Paris
ernennen. 1809 stand von Affry erneut an der Spitze der Eidgenossenschaft.
Von Affry war auch Schultheiss von F. und liess in dieser Eigenschaft seinen Einfluss spielen, um den Kanton
F. zu einer städtisch und aristokratisch geprägten Republik zu machen, deren Behörden nach dem
Zensusprinzip gewählt wurden. Die Wählerschaft schrumpfte von 17'922 Bürgern 1802 (in der Helvetik
herrschte das allg. Wahlrecht) auf 6'312 im Jahre 1803. Wie zur Zeit der Helvetik umfasste das Kantonsgebiet
zwölf von Oberamtmännern verwaltete Kreise, doch verschwand die dem Französischen entliehene
Terminologie (Präfekt, Distrikt, Munizipalität usw.). Von der Revolution wurde jedoch die Idee der Gleichheit
der Gemeinden übernommen: Da die Stadt F. ab 1798 keine souveräne Republik mehr war, wurde mittels der
Dotationsakte vom 8.10.1803 eine Güterteilung zwischen ihr und dem Kanton durchgeführt. Auf kant. Ebene
wählte der Gr. Rat (60 Mitglieder) aus seiner Mitte den Kl. Rat (15 Mitglieder) und das Appellationsgericht (13
Richter), wobei Kleinräte und Appellationsrichter Mitglieder des Gr. Rats blieben. Die ehemaligen Patrizier
brachten 36 Personen aus ihren Reihen in den Gr. Rat und 13 in den Kl. Rat. Der gemässigte Adel und die
aufgeklärte Fraktion des Patriziats, die sich um Ludwig von Affry, Jean de Montenach und Charles de Schaller
scharten, beherrschten das polit. Leben. Sie boten den sog. Ultras (extrem Altgesinnte) aus dem Patriziat, die
pro-österreichisch und pro-bernisch gesinnt waren, die Stirn und stützten sich manchmal auf die "Volkspartei"
im Gr. Rat. Es bestand eine wirksames Kontrollsystem: Der Pittlung des Ancien Régime und die Carolina,
einschliesslich Folter, beide 1798 abgeschafft, wurden wieder eingeführt.
Die Kirche wurde einem System kontrollierter Freiheit unterworfen. Das Klostergesetz vom Juli 1798 wurde
zwar aufgehoben, doch der neue Bischof der Diözese, Maxime Guisolan, war kein anderer als der Beichtvater
von Ludwig von Affry. Die Wahl dieses einfachen Bürgers hatte weit reichende Folgen. Nachdem die Diözese
über ein Jahrhundert lang in patriz. Hand gewesen war, gelangte von nun an kein Patrizier mehr auf den
Bischofsstuhl. Ausserdem begann mit der Wahl Guisolans zum Bischof die ein Jahrzehnt lang währende Allianz
von Adel und Bürgertum gegen die Ultras. Die Mediation in F. hatte einen franz.-aristokrat. Anstrich, und mit
der Ausrufung des napoleon. Kaiserreichs (1804) erhielt das Regime, das zu Recht als "Kleine Restauration"
bezeichnet wurde, Rückendeckung.
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Napoleons Niederlage in Leipzig im Okt. 1813 zog am 29. Dezember die Aufhebung der Mediationsakte durch
die Tagsatzung in Zürich nach sich. Der Gr. Rat von F. kündigte die Akte am 10. Jan. 1814. Er setzte im Zuge
eines von Jean de Montenach angezettelten Staatsstreichs den Kl. Rat ab und erhob sich zum Verfassungsrat
(Konstituante, 12.-14. Januar). F. weigerte sich, in Zürich zu tagen, und schloss sich der konservativen
Tagsatzung in Luzern an, die aber auf Intervention der Grossmächte aufgelöst wurde.
Montenach gehörte zum Triumvirat, das von der eidg. Tagsatzung damit betraut wurde, am Wiener Kongress
die Interessen der Schweiz zu verteidigen. Er vertrat die Berner Linie, d.h. die Interessen der Alten Orte, und
setzte sich für eine unabhängige und neutrale Schweiz in einem von der Hl. Allianz stabilisierten Europa ein.
Aus diesem Grund reagierte er auf Napoleons Rückkehr im März 1815 sogleich mit scharfer Kritik. Seine
Auffassung teilten auch einige herausragende Freiburger Offiziere (Karl von Affry, Nicolas de Gady, Jean-Louis
Girard), die in der eidg. Armee von Niklaus Franz von Bachmann hohe Ränge bekleideten. Über sie beteiligte
sich F. an den militär. Operationen von 1815 (Belagerung von Hüningen, Burgunderfeldzug und Verteidigung
Genfs). Ein Jahr zuvor, am 1. Juni 1814, hatte ein Freiburger Kontingent in die Calvinstadt übergesetzt, um das
Bündnis, das vor drei Jahrhunderten aus religiösen Gründen zerbrochen war, zu erneuern.
Autorin/Autor: Georges Andrey / EM
4.1.3 - Restauration und Regeneration (1814-1847)
Die Restauration bedeutete in F. ideologisch gesehen den überwältigenden Sieg der theokrat.
Gegenrevolution und politisch die Rückkehr der Führungsschicht des Ancien Régime an die Macht. F. war der
einzige Kanton, in dem das Patriziat unter Berufung auf das Legitimitätsprinzip wieder voll in seine Rechte
eingesetzt wurde. Die völlig reaktionäre neue Kantonsverfassung wurde, trotz Protesten aus dem
Greyerzerland und Murtenbiet, am 10.5.1814 erlassen. Mehrere Bezirkshauptorte wurden militärisch besetzt.
Der gewaltlose Widerstand, den eine Gruppe von Adligen und Bürgern unter der Führung von Joseph de
Praroman und François Duc der neuen Ordnung entgegensetzte, mündete im Dez. 1814 in einen Prozess, der
in der Schweiz und in ganz Europa die Gemüter bewegte. Auf Intervention von Russland und Österreich wurde
den Verurteilten im Juli 1815 Amnestie gewährt.
Mit der Verfassung von 1814 bildete sich ein Gr. Rat von 144 Abgeordneten, die durch Vorschlag und
Kooptation auf Lebenszeit ernannt wurden. Davon mussten 108 aus dem Patriziat stammen, 8 aus den
Städten und 28 vom Land. 75 Mitglieder hatten bereits im 1798 aufgelösten Gr. Rat gesessen. Die Legislative
wählte 13 Staatsräte und 15 Appellationsrichter auf Lebenszeit. Der Zugang zum Patriziat war möglich,
allerdings nur unter erschwerten Bedingungen. Der reaktionäre Charakter des Regimes verstärkte sich mit
der Wiederberufung der Jesuiten (1818) und den mit Paris (1816) und Neapel (1825) abgeschlossenen
Militärkapitulationen. Bf. Pierre Tobie Yenni, von 1815 bis 1845 im Amt, war ein Mann des ultrakonservativen
Patriziats.
Im Anschluss an die Pariser Julirevolution von 1830 gelangten in mehreren Kantonen die Liberalen an die
Macht. In F. beschloss der Gr. Rat auf den am Stecklitag (2.12.1830) vom Volk ausgeübten Druck hin die
Beendigung der patriz. Vorherrschaft. Die treibenden Kräfte von 1830 stammten aus dem liberalen Patriziat,
dem Stadtbürgertum und der wohlhabenden Bauernschaft. Ein gewählter Verfassungsrat arbeitete vom 7. bis
24.1.1831 eine neue Verfassung aus. Diese übertrug dem Volk die Souveränität, die es durch seine Vertreter
ausübte, und schrieb die Grundfreiheiten fest, doch wurde sie dem Volk nicht zur Genehmigung vorgelegt.
Das Volk bestimmte Wahlmänner, die wiederum für neun Jahre die 86 Grossräte ernannten, von denen ein
Drittel alle drei Jahre zu erneuern war. Der Gr. Rat wählte die 13 Mitglieder des Staatsrats und die 13
Mitglieder des Appellationsgerichts. Der Einfluss der Liberalen stiess jedoch in der Presse und im Schulbereich
bald auf das Gegengewicht der Konservativen, die, vom Klerus unterstützt, die Wahlen von 1834 und 1837
gewannen. In den eidg. Angelegenheiten verhielt sich F. zunächst vorsichtig. Der Kanton war weder Mitglied
des Siebnerkonkordats der regenerierten Kantone, noch schloss er sich dem konservativen Sarnerbund an.
1845 trat er dann aber im Strudel der religiösen und polit. Auseinandersetzungen dem Sonderbund bei, für
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den 1846 47 der 88 anwesenden Grossräte stimmten. Ein Handstreich von Radikalen aus dem Broyebezirk,
Murtenbiet und Greyerzerland (6.-7.1.1847) scheiterte. Nach Ausbruch des Sonderbundskrieges wurde F. zum
Hauptziel der eidg. Truppen unter General Guillaume-Henri Dufour. Am 14. November, als die Stadt
eingeschlossen war, kapitulierte der Staatsrat. Die militär. Niederlage zog einen erneuten Regimewechsel
nach sich.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
4.1.4 - Von der radikalen Regierung zur Vorherrschaft der Konservativen (1847-1881)
Eine Volksversammlung ernannte am 15.11.1847 eine provisor. Regierung mit sieben Mitgliedern, welche
Orden und Kongregationen auswies und 82 Personen anklagte, die sie für den Beitritt zum Sonderbund
verantwortlich machte. Durch die Wahlen vom 10. Dezember wurde bei hoher Stimmabstinenz ein
mehrheitlich radikaler Gr. Rat geschaffen, der die Verfassung vom 4.3.1848 ausarbeitete. Über diese konnte
das Volk genauso wenig abstimmen wie im September über die Bundesverfassung, die im Kt. F.
ausschliesslich dem Gr. Rat vorgelegt wurde. Die neue Freiburger Kantonsverfassung setzte auf Freiheit,
Gleichheit und Volkssouveränität, war jedoch stark antiklerikal geprägt. Der für neun Jahre gewählte Gr. Rat
(ein Grossrat auf 1'500 Einwohner und zehn indirekte Grossräte) ernannte für acht Jahre einen siebenköpfigen
Staatsrat (Direktorialsystem) und ein neunköpfiges Kantonsgericht. Der Kanton verfügte über eine zentralist.
Verwaltung mit sieben Bezirken und ein neues Gesetz über die Gemeinden und Pfarreien. Die radikale
Mehrheit schuf zwar bedeutende Gesetze (u.a. Bildungs- und Steuerwesen), doch machte sie sich unbeliebt
mit ihrer antiklerikalen Politik, die zur Verbannung von Bf. Etienne Marilley (1848-56) und zu bewaffneten
Aufständen (1850-53) führte. Die konservative Opposition formierte sich neu und bewies ihre Stärke in der
Volksversammlung von Posieux im Mai 1852, an der zwei Drittel aller Wahlberechtigten (15'000 von 22'000)
teilnahmen. Obwohl das radikale Regime schliesslich gewisse Zugeständnisse machte, triumphierten die
Konservativen 1854 bei den Nationalrats- und 1856 bei den Grossratswahlen.
Den Wahlsieg vom Dez. 1856 hatte eine Koalition errungen, die zu zwei Dritteln aus Konservativen und zu
einem Drittel aus gemässigten Liberalen sowie aus einigen Radikalen und Unabhängigen aus dem Murtenbiet
bestand. Die Konservativen konnten zwar die ländl. Massen mobilisieren, doch bestimmten die Gemässigten
unter Hubert Charles die kant. Politik. Die Verfassung wurde revidiert und gelangte im Mai 1857 zur
Volksabstimmung (90% Ja, Wahlbeteiligung von zwei Dritteln). Sie stellte einen Kompromiss dar, indem sie
das Staatssystem von 1848 übernahm, aber auf die antiklerikalen Artikel verzichtete. Der Staatsrat versuchte,
den Kanton im Bundesstaat wieder besser zu verankern, doch blieb F. isoliert. Louis de Weck-Reynold wurde
nach 1871 der starke Mann. Die zunehmenden polit. und religiösen Spannungen führten zum Bruch der
Koalition, worauf die Konservativen, die sich rund um die Zeitung La Liberté, den Piusverein und den Kath.
Verein organisiert hatten, die Oberhand gewannen. Nach dem Tod von Weck-Reynold 1880 übernahmen
François-Xavier Menoud und Alphonse Théraulaz für zehn Jahre die Führung des Kantons, in dem das Volk, wie
1830 und 1847, nur am Rande in die Politik einbezogen war.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
4.1.5 - Die christliche Republik (1881-1921)
Die konservative Partei, seit 1885 kantonal organisiert, von den Ideen der päpstl. Enzyklika "Rerum Novarum"
inspiriert und vom charismat. Georges Python geleitet, behauptete sich mühelos gegen die 1894 zu einer
einzigen Partei zusammengeschlossene radikal-liberale Opposition. Ausgeprägte Wahldisziplin und starke
soziale Kontrolle verstärkten die Wählerbasis der Konservativen. Sie setzten sich in der lange Zeit liberal
gebliebenen Hauptstadt ebenso durch wie im Greyerzerland, wo die "Freiburgisten" - konservative, nach
ihrem Publikationsorgan "Le Fribourgeois" benannte Abweichler - rasch zum Verstummen gebracht wurden.
Das Regime, eine von oben gelenkte Demokratie, stützte sich auf eine straff organisierte Beamtenschaft, aus
der ein Teil der Grossräte stammte. Es stürzte sich in grosse Projekte zum Aufbau der kant. Wirtschaft und
nahm hierfür Darlehen für über 90 Mio. Fr. auf. Verfehlte Geldanlagen der 1892 gegründeten Staatsbank
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verursachten finanzielle Verluste, aus denen die radikale Opposition Python, der aus der Sache
herausgehalten wurde, keinen Strick drehen konnte. 1906 gelangte mit Antonin Weissenbach ein Freisinniger
in den Staatsrat, doch trat er schon 1909 zurück. Python musste aber 1911 Jean-Marie Musy, dem neuen
Führer der Konservativen, im Staatsrat den Vortritt lassen. F. blieb eine rein repräsentative Demokratie, wobei
die Starrheit des kantonalen politischen Systems zur Dynamik der Regierung im wirtschaftl. und schul.
Bereich im Widerspruch stand.
Der 1. Weltkrieg brachte den zweisprachigen Kanton in eine schwierige Lage. Die deutschsprachige
Minderheit wurde offenkundig von der pangerm. Zeitschrift "Stimmen im Sturm aus der deutschen Schweiz"
unterstützt, während die Romands, welche die Mehrheit bildeten, sich gegen den autoritären Stil der
Bundesregierung auflehnten und lautstark ihre Sympathie für die Entente bekundeten ("Tumulte von
Freiburg", 15.-17.3.1915). Beim Landesstreik vom Nov. 1918 erhielt das nach Bern entsandte Freiburger
Regiment den Auftrag, die Ausweisung der sowjet. Gesandtschaft zu vollziehen und die Räumlichkeiten der
Zeitung "Berner Tagwacht" zu besetzen. Im Kanton beteiligten sich lediglich die Angestellten der
Bundesbetriebe am Streik. Die 1905 gegründete sozialdemokrat. Partei verlor nach einigen Wahlerfolgen (in
den städt. Gemeinden F. und La Tour-de-Trême) an Schwung. Die Wahlen von 1916 ergaben trotz
Majorzsystem ein der tatsächl. Wählerstärke entsprechendes Ergebnis: 93 konservative und 22 freisinnige
Grossräte. 1919 wurde der freisinnige Victor Buchs in den Staatsrat gewählt.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
4.1.6 - Krisenzeit und wirtschaftliche Öffnung (1921-1966)
Das Kriegsende und die polit. Reformen auf Bundesebene zogen bedeutende Änderungen der kant.
Verfassung nach sich (1917-21). Die Volksrechte wurden erweitert: Gesetzesinitiative, fakultatives
Gesetzesreferendum, Volkswahl des Staatsrats und Proporzwahl des Gr. Rats. Dieser Übergang zur
halbdirekten Demokratie wurde etwas abgedämpft durch die Einführung einer Sperrklausel von 15% für die
Wahl der Grossräte, was die Sozialdemokraten benachteiligte. Die Wahlen von 1921 bestätigten das bisherige
Kräfteverhältnis im Gr. Rat: 90 Konservative, 26 Freisinnige, 3 Agrarier und kein einziger Sozialdemokrat.
Musys Übertritt in den Bundesrat (1919) und Pythons Erkrankung liessen den Mangel an
Führungspersönlichkeiten offenbar werden, die in der schwierigen finanziellen Situation und dem prekären
sozioökonom. Umfeld grosse Projekte hätten vorantreiben können. F. bekam nach dem 1. Weltkrieg die
Wirtschaftskrise infolge der Umstellung von der Kriegs- auf die Friedensproduktion und der strukturellen
Flaute der Landwirtschaft zu spüren. Die Behörden schufen neue Beschäftigungsmöglichkeiten, z.B. durch den
Ausbau der SBB-Strecke Romont-Siviriez (1920), den Bau der Pérollesbrücke (1922) und den Neubau der
Zähringerbrücke (1924 an Stelle der Grossen Hängebrücke von 1832-34). Nach einer leichten Erholung folgte
die Weltwirtschaftskrise von 1929. Spät und zögerlich ergriffen die Behörden antizykl. Massnahmen:
Errichtung des Universitätsgebäudes Miséricorde, Teerung des Strassennetzes und Staudammbau. Ein kant.
Gesetz zur Errichtung von Korporationen wurde 1934 vom Grossrat angenommen, konnte aber wegen des
Widerstands von Freisinnigen und Sozialisten nicht in Kraft treten. 1935 stimmte der Kt. F. mit Obwalden und
dem Wallis dem ständestaatlich inspirierten Entwurf für eine neue Bundesverfassung zu.
Nach dem 2. Weltkrieg begannen die Behörden umzudenken und prangerten den industriellen Rückstand, die
Bevölkerungsstagnation und die Abwanderung der aktiven Kräfte an. Das Steuergesetz von 1950 ermöglichte
eine Steuerbefreiung für Neuunternehmen. Auf Initiative von Maxime Quartenoud, später von Paul Torche
förderte die Regierung die kant. Wirtschaft durch den Bau von Stauwerken und Nationalstrassen. Sie
profitierte dabei von der guten Konjunkturlage und der Sättigung der mittelländ. Zentren, wobei sie einige
freiburg. Besonderheiten als Trümpfe ausspielte: grosse Reserven an günstigem Land, tiefes Lohnniveau,
gute Anbindung an das Eisenbahn- und Autobahnnetz. Die Wirtschaftsstruktur veränderte sich: Der primäre
Sektor verzeichnete einen Rückgang von 47% (1920) auf 18% (1970) der Erwerbstätigen, der sekundäre
einen Anstieg von 28% auf 46% und der tertiäre von 25% auf 36%. Dieser wirtschaftl. Umbruch führte
zusammen mit der Erschliessung des Kantons durch die Westschweizer Medien (Presse, Fernsehen), der
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Urbanisierung und dem Wandel des Katholizismus (2. Vatikanum) zu einer Neuverteilung der polit. Karten:
1946 hielt die sozialdemokrat. Partei Einzug in den Gr. Rat, während die freisinnige Partei stagnierte und die
Konservativen etwas an Boden verloren.
Die Minderheitsparteien versuchten, mit Verfassungsrevisionen an dem konservativen Bollwerk zu rütteln,
doch kamen davon nur wenige durch: Das fakultative Finanzreferendum (1948), die Wählbarkeit aller
Schweizer Bürger (1954), die Festlegung der Grossratssitze auf 130 und die Begrenzung der Zahl der im eidg.
Parlament vertretenen Staatsräte auf max. zwei (1960) fanden Zustimmung beim Souverän. 1966 trat ein
Grossteil der Christlichsozialen aus der konservativen Partei aus, worauf diese im Gr. Rat deutl. Einbussen
erlitt und die Mehrheit, die sie seit 1857 innegehabt hatte, verlor. Dank dem Majorzsystem behielt sie jedoch
durch ein Bündnis mit den Agrariern die Mehrheit im Staatsrat. Letztere waren in der BGU, der Partei der
Bauern, des Gewerbes und der Unabhängigen, organisiert (später SVP-BGU, seit 1986 SVP).
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
4.1.7 - Veränderungen und neue Herausforderungen seit 1966
Der Kanton entwickelte sich bis 1973 dynamisch. Auf Empfehlung der Universitätsökonomen leitete er eine
polyzentrische Entwicklung ein ("konzentrierte Dezentralisierung"), die sich v.a. auf die Bezirkshauptorte
stützte. Mit voller Wucht bekam F. die Auswirkungen der Krisen von 1973 und 1987 zu spüren. Der tertiäre
Sektor übernahm anstelle der Industrie die Funktion des Wachstumsmotors. Die Regierung und das Amt für
Wirtschaftsförderung betrieben eine Politik der Ansiedlung neuer Unternehmen in einem von
Restrukturierungen und Konzentrationen geprägten Umfeld, in welchem Pioniere der Industrialisierung, wie
die Brauerei Cardinal 1996-98, in Bedrängnis gerieten. F. setzte auch auf den Tourismus und konnte mit der
1971 beschlossenen Priorisierung der Nationalstrasse A12, die 1981 fertig gestellt wurde, und der Beteiligung
am Bau der 2001 eröffneten A1 zwei wesentl. Erfolge verbuchen. Der Kanton hat sich immer mehr der
übrigen Schweiz angeglichen, dabei aber einige Besonderheiten bewahrt: eine junge, stark wachsende
Bevölkerung, ein unter dem schweiz. Durchschnitt liegendes Einkommensniveau sowie einen Agrar- und
Bausektor mit nach wie vor nennenswerten Beschäftigungszahlen.
Nachdem die Wählerschaft 1971 die Freisinnigen zu Gunsten der Sozialdemokraten aus dem Staatsrat
gedrängt hatte, kehrten sich 1976 die Verhältnisse um. Die neue Sitzverteilung (vier Konservative, die nun
der CVP angehörten, zwei Freisinnige und ein Vertreter der SVP-BGU) änderte sich bald, als die Sensler
Christlichsozialen aus der CVP austraten, womit diese trotz ihrer Koalition mit der SVP-BGU die Mehrheit im
Volk verlor. 1981 wurden die Karten neu gemischt, als die CVP ihre Strategie an ihre Wählerstärke anpasste.
Sie kündigte die Koalition mit der SVP-BGU und beanspruchte nur noch drei Regierungssitze, während den
Freisinnigen und Sozialdemokraten je zwei Sitze zustehen sollten. Diese Freiburger Zauberformel wurde bald
von Vertretern der SVP und der Sozialdemokraten sowie von Unabhängigen gesprengt: In den Wahlen von
2001 entfielen drei Sitze auf die CVP, zwei auf die SP und je einer auf die FDP und auf einen Unabhängigen.
Seit 2006 büsst die CVP kontinuierlich an Zustimmung ein und ist seit 2016 nicht mehr die stärkste Partei im
Gr. Rat. Mehrere Verfassungsrevisionen erweiterten die Wählerschaft und die polit. Rechte: Frauenstimmrecht
(1971), Volkswahl der Ständeräte und Oberamtmänner (1972), obligator. Finanzreferendum (1972),
Wählbarkeit mit 20 statt wie früher mit 25 Jahren (1985) und zivilrechtl. Mündigkeit mit 18 Jahren (1991).
Roselyne Crausaz (CVP) zog 1986 in den Staatsrat ein und war damit die erste Frau, die in der Westschweiz
einer kant. Exekutive angehörte. Der Souverän lehnte dagegen die Proporzwahl für den Staatsrat ab (1981),
ebenso die Volkswahl der Richter. 2000 wählte das Volk, nachdem es sich 1999 in einer
Grundsatzabstimmung dafür ausgesprochen hatte, einen Verfassungsrat. Dieser arbeitete eine neue
Kantonsverfassung aus, die 2004 mit 58% Ja-Stimmen angenommen wurde.
Wahlen in die Bundesversammlung 1919-2015 (ausgewählte Jahre)
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1919 1939 1959 1967 1979 1991 1999 2003 2007 2011 2015
Ständerat
KK/CVP
2
2
2
2
1
1
FDP
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
SP
1
1
Nationalrat
KK/CVP
6
4
4
3
3
2
2
2
2
2
2
FDP
1
2
1
2
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
2
7
6
6
BGU/SVP
SP
1
CSP
Total Sitze
7
7
1
1
1
2
1
2
2
2
3
2
1
1
1
1
6
6
7
7
7
7
Quellen:HistStat; BFS
Zusammensetzung des Regierungsrats 1981-2016 (ausgewählte Jahre)
1981 1986 1991 1996 2001 2006 2011 2016
CVP
3
3
FDP
2
1
SP
2
2
2
1
1
SVP
DSP
3
3
3
3
3
3
1
1
1
1
1
2
2
2
2
2
1
1
1
1
1
7
7
7
7
7
1
Grüne
Andere
Total
7
7
7
Quellen:HistStat; BFS
Grossratswahlen 1921-2016 (ausgewählte Jahre)
1921 1941 1961 1966 1971 1981 1991 2001 2006 2011 2016
KK/CVP
90
84
74
56
57
47
46
45
37
31
27
FDP
25
28
34
34
30
29
24
26
19
17
21
3
3
12
8
9
9
10
16
18
21
21
10
21
29
33
29
26
25
29
28
8
5
12
9
10
4
4
4
7
5
4
1
3
3
6
1
1
4
5
3
130
130
110
110
110
BGU/SVP
SP
CSP
DSP
Grüne
Andere
Total Sitze
3
118
118
3
130
130
130
130
Quellen:HistStat; BFS
Nach den beiden konservativen Bundesräten Jean-Marie Musy (1919-34; 1925 und 1930 Präs.) und Jean
Bourgknecht (1959-62) wurden mit Joseph Deiss (1999-2006; 2004 Präs.) und Alain Berset (seit 2011) ein
Christdemokrat und ein Sozialdemokrat in die Bundesregierung gewählt. Die Freiburger Abordnung in den
eidg. Räten war lange Zeit mehrheitlich konservativ. 1959 stellten die Konservativen vier von sieben
Nationalräten; zu Beginn des 21. Jh. halten sie immer noch fast einen Drittel der Sitze. Der erste nicht-
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konservative Ständerat war - sieht man von der radikalen Phase der 1850er Jahre ab - der Sozialdemokrat
Otto Piller (1979-95).
Anfang des 21. Jh., nachdem nicht F., sondern St. Gallen zum Sitz des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt
worden ist, macht sich der Kanton Gedanken über seine Identität und seine Rolle im Kräftefeld zwischen
Genferseeregion und Bern. Er bemüht sich, den 1990 angenommenen Sprachenartikel der Kantonsverfassung
umzusetzen, der den Gebrauch der Amtssprachen nach dem Territorialitätsprinzip regelt und die
Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften fördern soll. F. stärkte auch seine wirtschaftl. Öffnung zur
Welt und hat 2001 mit seinen Exporten die Umsatzmarke von 5 Mrd. Fr. überschritten. Mit seinen
Neuenburger und Berner Nachbarn arbeitet der Kanton im Energie- und Universitätsbereich (Benefri Universitäten Bern, Neuenburg und F.) zusammen. Nach dem Bau eines waadtländisch-freiburg. Spitals in
Payerne und der Bildung eines gemeinsamen Organs für Wirtschaftsförderung (Coreb) eröffneten die Kt. F.
und Waadt 2005 in der Broyeregion ein interkant. Gymnasium. Der Kanton gehört zudem zum "Espace
Mittelland"seit dessen Gründung 1994.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
4.2 - Staatsführung und Verwaltung
Seit 1803 orientiert sich F. bei seiner Staatsorganisation am bern. und franz. Modell. Der Kanton gliedert sich
in territoriale Einheiten, die zugleich Verwaltungs-, Gerichts- und Wahlbezirke sind (1814 zwölf Oberämter,
1831 dreizehn Bezirke, 1848 und 1857 bis heute sieben Bezirke). Die polit. Gemeinden sind öffentlichrechtl.
Körperschaften, die innerhalb der Schranken der kant. und eidg. Gesetzgebung einige Autonomie geniessen.
Sie verfügen über weit reichende Kompetenzen im Steuerbereich und eigene Behörden: den Gemeinderat
(Exekutive), der den Gemeindepräsidenten wählt, und die Gemeindeversammlung bzw. in grösseren
Gemeinden den Generalrat (Gemeindeparlament). Daneben bestehen immer noch Bürgergemeinden, die ihre
eigenen Güter verwalten. Die Gemeinden arbeiten in Verbänden mit anderen Gemeinden zusammen. Häufig
werden freiwillige Fusionen durchgeführt, die der Kanton durch einen Spezialfonds fördert: 1977 gab es 271
Gemeinden, 2002 202 und 2004 noch 182. 1996 erliess der Kanton ein Gesetz zur Bildung von
Agglomerationen.
Auf kant. Ebene wird die legislative Gewalt vom Gr. Rat ausgeübt (2004 130 Grossräte), die exekutive vom
Staatsrat (bis 1813 Kl. Rat), der von einem Präsidenten (bis 1847 Schultheiss) geleitet wird und 1848 vom
Kommissionssystem (für einen Bereich sind mehrere Staatsräte zuständig) zum Direktorialsystem (jeder
Staatsrat ist für einen Bereich zuständig) gewechselt hat. Die Oberamtmänner vertreten die Regierung in den
Bezirken und fungieren als Koordinatoren der Gemeindetätigkeit. Früher von der Regierung ernannt, werden
sie seit 1972 vom Volk gewählt. Zur Judikative gehören das Kantonsgericht (Berufungsinstanz), das
Verwaltungsgericht (1990), das Wirtschaftsstrafgericht, sieben Bezirksgerichte mit einer Gewerbekammer, 29
Friedensgerichte, drei Mietgerichte und die Jugendstrafkammer.
1803 zählte die kant. Zentralverwaltung 14 Personen sowie rund 40 Beamte, die für die Staatsgüter und
Regalien zuständig oder in den Bezirken tätig waren. 1977 verfügte der Staat F. über 4'000 Beamte und 2002
über 8'000 Stellen zu 100% gerechnet (Vollzeitäquivalente). 1803 verwaltete er seine Güter und Regalien und
war für die Rechtsprechung sowie die militär. und administrativen Angelegenheiten und das Verkehrswesen
zuständig. 1848 verlor er das Zoll-, Post- und Münzregal, 1848 und 1874 die militär. Zuständigkeit. Doch
fielen ihm 1848 neue Aufgaben zu, insbesondere im schulischen und wirtschaftl. Bereich. Seit 1945 ist der
Staat stärker gefordert, um den mit Bevölkerungswachstum und wirtschaftl. Entwicklung
zusammenhängenden Herausforderungen zu begegnen und den sozialen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.
Der Kanton bezog bis 1847 Einkünfte aus seinen Gütern und Regalien (Post, Pulver, Salz) und aus den
Wegzöllen. 1848 erhöhten sich seine Ausgaben beträchtlich (über 1 Mio. Fr.), weshalb er seither eine Steuer
auf Liegenschaften, Kapital und Einkommen sowie Handänderungsgebühren erhebt. Die staatl. Einkünfte sind
ständig gestiegen: 1900 4 Mio. Fr., 1945 25 Mio., 1970 210 Mio. und 2001 2 Mrd. Die Steuereinnahmen
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bildeten 2001 34% der Einkünfte, während die Bundesbeiträge (Subventionen) 30% ausmachten. Das Volk
verfügt seit 1948 über ein fakultatives, seit 1972 über ein obligator. Finanzreferendum.
Die Vereinheitlichung des Rechts dauerte mehrere Jahrzehnte: Das kant. Zivil- und das Strafgesetzbuch
wurden 1849, die Zivil- und die Strafprozessordnung 1850 erlassen. Der Kanton unterhielt ein Zuchthaus
sowie eine Zwangsarbeitsanstalt, die 1851 im ehemaligen Augustinerkloster in der Stadt F. untergebracht
wurde. Die zunächst für öffentl. Arbeiten eingesetzten Gefangenen wurden 1899 in die Strafanstalt
Bellechasse verlegt. Das Gesetz von 1804 regelte die Organisation der Armee, damit sie den Verpflichtungen
aus der Mediationsakte entsprechen konnte. Das Milizsystem, das auf der allg. Wehrpflicht beruhte,
veränderte sich mit den Gesetzen von 1819 und 1844. F. wurde nach 1874 zwar kein erstrangiger Standort
der Schweizer Armee, erhielt aber mehrere Kasernen und Waffenplätze (Planche und Poya in der Stadt F.,
Drognens in Siviriez).
Nachdem es seine Souveränität wieder erlangt hatte, prägte F. von 1806 bis 1826 Münzen zu 4, 1 und ½
Franken sowie zu 1 und ½ Batzen. Entsprechend dem 1825 mit fünf anderen Kantonen geschlossenen
Münzkonkordat (Münzvereine und Münzkonkordate) prägte es 1827-48 Münzen zu 5, 1, ½ und ¼ Batzen. Der
Staat übte das Salzregal aus, indem er den Verkauf von aus der Schweiz oder Frankreich importiertem Salz
monopolisierte. 1832 schuf er eine kant. Postverwaltung, die das von der Berner Fam. Fischer in Pacht
betriebene Unternehmen ablöste.
1803 wurde ein Sanitätsrat geschaffen. Staat und Ärzteschaft setzten eine Gesundheitspolitik in Gang, in der
das Impfen im Vordergrund stand. Das Bürgerspital wurde 1803 von der Stadtgemeinde übernommen. Die
psychiatr. Klinik in Marsens wurde 1875, das Kantonsspital 1913 gegründet, 1971 zog dieses in einen Neubau
ein. Der Kanton führte 1982 die obligator. Kranken- und Unfallversicherung ein und versuchte 1989 mit dem
Programm Mediplan die Spitalpolitik zu koordinieren.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5 - Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert
5.1 - Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung
Innerhalb seiner heutigen Grenzen zählte der Kanton 1785 61'000 und 1799 67'814 Einwohner. Er war
während der Mediation einer der sechs Vorortskantone, obwohl er nicht zu den sechs bevölkerungsreichsten
Ständen gehörte. Damals lebten hier 4% der Schweizer Bevölkerung, doch verringerte sich dieser Anteil: 1850
waren es 4,17%, 1900 3,86%, 1950 3,36% und 2000 3,33%. Auch in der kant. Rangordnung bezüglich
Einwohner fiel F. lange Zeit zurück (1836 8., 1960 13., 1970 14. Platz), verbesserte sich aber im ausgehenden
20. Jh. (2000 12. Platz). 1811-1910 wuchs die Bevölkerung des Kantons um den Faktor 1,88 und lag damit
unter dem Landesdurchschnitt (Faktor 2,13). Die hohe Geburtenrate, die erst ab 1910 zu sinken begann
(33,6o/oo), und die seit 1850 rückläufige Sterberate (1910 20,5o/oo) führten ab 1880 zu einem erhebl.
Geburtenüberschuss.
Trotz dieses natürl. Wachstums nahm die Bevölkerung nur langsam zu. Grund dafür war die Abwanderung,
die mit den (1848 abgeschafften) Fremden Diensten zusammenhing. Die Auswanderung nach Nova Friburgo
in Brasilien war ein Kapitel für sich: Die Emigranten, die dem Elend der Hungerjahre 1816-17 entfliehen
wollten, fanden in den Tropen Armut. In der 2. Hälfte des 19. Jh. verstärkte sich die Abwanderung und
erreichte 1900-10 beträchtl. Ausmasse. Viele Freiburger zogen nach Genf. Die Schwierigkeiten in der
Landwirtschaft und die verzögerte industrielle Entwicklung erklären diese massive Abwanderung, die durch
das neue Eisenbahnnetz erleichtert wurde. 1910 war die Bevölkerung noch überwiegend ländlich. Von den
Städten hatte nur die Kantonshauptstadt über 10'000 Einwohner: Sie zählte damals 20'993 Personen (1798
5'117 Einw.), was 15% der Kantonsbevölkerung entsprach (1798 8%), und lag damit deutlich vor Bulle (4'035
Einw.) und Düdingen (3'956 Einw.). Die Abwanderung, die zwischen einem Drittel und der Hälfte des natürl.
Zuwachses ausmachte, wurde bis 1910 durch die Wirtschaftspolitik unter Staatsrat Georges Python gebremst;
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danach beschleunigte sie sich infolge der Bevölkerungsumwälzungen, die durch Mobilmachung und Krieg
verursacht wurden.
In der Zeitspanne 1910-60 gab es insgesamt ein schwaches Bevölkerungswachstum, unterbrochen durch die
1920er und 50er Jahre, in denen die Einwohnerzahl beinahe stagnierte. Der Kanton vollzog seine demograf.
Transition unter Beibehaltung eines jährl. Geburtenüberschusses von 1%. Die Abwanderung nahm weiter zu,
und die Zusammensetzung der Bevölkerung veränderte sich: 1910-60 sank der Anteil der Freiburger von 86%
auf 77%, während der Anteil der auswärtigen Schweizer von 10% auf 19% stieg und der Ausländeranteil
konstant bei 4% blieb. Immer mehr Freiburger wohnten ausserhalb ihres Kantons: 1910 23'714, 1941 52'489
und 1960 88'892. Angesichts dieses Substanzverlusts leiteten die Behörden in den 1950er Jahren eine
intensive Industrialisierungspolitik ein. Deren Wirkung war in der Volkszählung von 1960 noch kaum
wahrnehmbar, zeigte sich aber danach: Die Bevölkerung wuchs viel rascher, und die Wanderungsbilanz war,
abgesehen von der Rezession in den 1970er Jahren, positiv, wozu vorwiegend die ausländ. Arbeitskräfte
beitrugen. Der Bevölkerungszuwachs kam, im Rahmen der "konzentrierten Dezentralisierung", v.a. den
Städten zugute. Der Grossraum F. mit Villars-sur-Glâne, Marly und 23 weiteren Gemeinden umfasste im Jahr
2000 95'000 Einwohner, 40% der Kantonsbevölkerung. Die Agglomeration Bulle zählte 14'552 Einwohner (6%
der Kantonsbevölkerung). Weit dahinter folgten Murten (5'578 Einw.), Estavayer-le-Lac (4'437), Châtel-SaintDenis (4'389) und Romont (3'964). Die Gemeinden im Nordosten wie Schmitten (3'280 Einw.) und Bösingen
(3'117 Einw.) sind nach Bern ausgerichtet. Die Bundesstadt zieht auch Pendler aus Gross-F. an; Wünnewil und
Flamatt (zusammen 4'916 Einw.) gehören zur Agglomeration Bern.
Bevölkerungsentwicklung 1836-2000
Jahr
Einwohner Ausländer-anteil
Anteil
Katholiken
Anteil Französisch- Altersstruktur
sprachige (Anteil >59)
Zeitraum Gesamt-zunahmea Geburten-überschussa Wanderungs-saldoa
1836
91 145
2,1%
1842
95 611
1850
99 891
1,3%
87,8%
1850-1860
4,3o/oo
3,4o/oo
0,9o/oo
1860
105 523
1,8%
85,3%
7,6% 1860-1870
4,4o/oo
6,5o/oo
-2,1o/oo
1870
110 409b
2,2%
84,8%
8,6% 1870-1880
4,0o/oo
6,6o/oo
-2,6o/oo
1880
114 994
b
1,9%
84,2%
68,7%
9,4% 1880-1888
4,5o/oo
9,3o/oo
-4,8o/oo
1888
119 455
1,9%
84,3%
68,5%
9,7% 1888-1900
6,0o/oo
9,8o/oo
-3,8o/oo
1900
127 951
3,4%
84,8%
68,3%
9,6% 1900-1909
8,8o/oo
13,1o/oo
-4,3o/oo
1910
139 654
5,2%
86,1%
67,7%
9,1% 1910-1920
2,4o/oo
10,4o/oo
-8,0o/oo
1920
143 055
3,8%
86,2%
67,6%
8,8% 1920-1930
0,1o/oo
12,1o/oo
-12,0o/oo
1930
143 230
3,0%
86,4%
66,7%
9,9% 1930-1941
5,4o/oo
9,1o/oo
-3,7o/oo
1941
152 053
1,9%
86,3%
66,8%
11,0% 1941-1950
4,8o/oo
11,8o/oo
-7,0o/oo
1950
158 695
2,6%
86,4%
65,7%
11,8% 1950-1960
0,3o/oo
9,2o/oo
-8,9o/oo
1960
159 194
4,0%
86,3%
63,4%
13,5% 1960-1970
12,4o/oo
9,7o/oo
2,7o/oo
1970
180 309
9,3%
85,8%
60,3%
15,0% 1970-1980
2,7o/oo
5,0o/oo
-2,3o/oo
1980
185 246
7,7%
83,2%
61,4%
17,1% 1980-1990
14,2o/oo
3,7o/oo
10,5o/oo
1990
213 571
12,6%
79,3%
61,0%
17,1% 1990-2000
13,0o/oo
5,2o/oo
7,8o/oo
2000
241 706
15,3%
70,4%
63,2%
17,0%
1842-1850
a
mittlere jährliche Zuwachsrate
b
ortsanwesende Bevölkerung
-1,8o/oo
Quellen:HistStat; eidg. Volkszähllungen; BFS
Der Geburtenüberschuss ist seit 1970 deutlich zurückgegangen, und nur die positive Wanderungsbilanz
erklärt den Wachstumsschub der Jahre 1970-2000. Von 1980 bis 2000 war eine Zuwanderung von 32'738
Personen zu verzeichnen, davon 56% Ausländer. Die ausländ. Bevölkerung ist von 4'168 (1950) auf 32'938
Personen (2000) gestiegen, wobei ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung im Verhältnis zu anderen Kantonen
eher niedrig ausfällt (1950 2,6%, 2000 13,6%) und unter dem Landesmittel liegt. Ihre Zusammensetzung hat
sich verändert: Der Anteil der Europäer ist von 93% (1950) auf 86% (2000) gesunken. Während 1950 noch die
Italiener (39%), Franzosen (23%) und Deutschen (15%) überwogen, stammten 2000 die grössten Gruppen aus
Portugal (25%), Ex-Jugoslawien (19%), Italien (11%), Frankreich (9%) und Spanien (7%). Die Afrikaner
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machten 2000 6% der ausländ. Bevölkerung aus, die Asiaten und Amerikaner je 4%.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5.2 - Wirtschaft
1803 waren rund drei Viertel der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft beschäftigt und ein Fünftel übte ein
Handwerk aus. Der Kanton konnte sich selbst mit Getreide versorgen und gleichzeitig Käse und Vieh
exportieren. Die Blütezeit dieser Agrarwirtschaft fiel in die Jahre 1850-70, in der Wirtschaftskrise 1873-95
zeigte sich ihre Anfälligkeit. 1910 beschäftigte die Landwirtschaft noch 53% der Erwerbstätigen, Handwerk
und Industrie 27% und der Dienstleistungssektor 20%. Mitte des 20. Jh. war der Anteil der Bauern in F. immer
noch doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt und hatte der Kanton eines der niedrigsten Pro-KopfEinkommen. 2000 arbeitete ein Zehntel der Erwerbstätigen im primären, ein Viertel im sekundären und etwa
zwei Drittel im tertiären Sektor. Im selben Jahr betrug das Einkommen des Kantons 2,5% des schweiz.
Volkseinkommens bei einem Anteil von 3,3% an der Bevölkerung des Landes. Zurückzuführen ist dies auf den
Mangel an hoch qualifizierten Arbeitsplätzen und an Unternehmen mit hoher Wertschöpfung sowie auf eine
junge Bevölkerung mit einem erhebl. Anteil an Auszubildenden.
5.2.1 - Verkehr
Der Kanton sorgte trotz seiner beschränkten Mittel für ein gutes und immer dichteres Strassennetz. 1830
wurde der Makadam-Strassenbelag eingeführt, 1910 das Walzen und 1918 das Teeren. Die wichtigsten
Kunstbauten waren oft Hängebrücken wie die im Hauptort (die Grosse Hängebrücke 1832-34 und die
Galternbrücke 1839-40), die später durch Brücken aus armiertem Beton ersetzt wurden. Der Kanton schaltete
sich 1856 in die Debatte um die Eisenbahnlinie Bern-Lausanne ein und erreichte, dass das Trassee nicht
durch das Broyetal, sondern über die Stadt F. geführt wurde. Er investierte in den Bau dieser Linie und der
Anschlussstrecken (Bulle-Romont, Palézieux-Lyss, F.-Yverdon) über 45 Mio. Fr. Für die Realisierung der ab
1890 elektrifizierten Nebenlinien (F.-Murten-Ins, Châtel-Bulle-Montbovon, Bulle-Broc und die Freiburger
Tramlinien) brauchte es erneut öffentl. Zuschüsse. Der Kanton unterstützte 1942 die Zusammenlegung dreier
Regionallinien und des ab 1914 ausgebauten Autobusnetzes zur Gesellschaft Greyerz-F.-Murten (GFM), deren
Kapital er beinahe vollständig kontrollierte. Die GFM fusionierte 2000 mit den städt. Verkehrsbetrieben
Freiburg zu den Freiburgischen Verkehrsbetrieben (TPF). Der Kanton überzeugte die Bundesbehörden, dass
die Autobahn A12 (1981) über die Stadt F. und die für den Westen des Kantons nützliche A1 (2001) über
Murten als gleichrangig zu behandeln seien. Die Siedlungsweise und die Entstehung grosser Einkaufszentren
haben massgeblich zum steigenden Bedarf an privaten und öffentl. Transportmitteln beigetragen.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5.2.2 - Landwirtschaft
Um 1810 lebten rund drei Viertel der Bevölkerung von der Land- und Forstwirtschaft. In den Voralpen wurden
Viehzucht und Käserei, in der Hügelzone Weidewirtschaft und Ackerbau und in den tiefer gelegenen Gebieten
am Neuenburger- und Murtensee Getreidebau betrieben. Der Export von Vieh, Käse und Holz glich die
Importe aus. In rechtl. Hinsicht erfuhr die Landwirtschaft tief greifende Veränderungen. Zunächst setzte eine
langsame Befreiung von den Feudallasten ein, die 1803 und 1804 für ablösbar erklärt wurden, doch waren die
Loskaufsummen sehr hoch. Erst 1838 und 1844 wurde die Ablösung zur Pflicht, was eine Verschuldung der
Bauern während vier Jahrzehnten zur Folge hatte. 1833 wurde das Gesetz über die Ablösung der Zehnten
erlassen. Die Einhegungsfreiheit (1808), die Aufhebung des allg. Weidgangs (1809), der Rückgang anderer
Nutzungsrechte und die Allmendteilungen waren Zeichen des neuen Individualismus in der Landwirtschaft.
Um der Bevölkerungszunahme zu begegnen, steigerten die Bauern die Produktion, indem sie die
Anbauflächen vergrösserten und zusätzliches Land urbar machten. Die Brachflächen wurden aufgehoben, die
Fruchtfolgen diversifiziert und auf sechs bis neun Jahre verlängert sowie neue Kulturen (Kartoffeln, Raps)
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eingeführt. Auch die Ausrüstung verbesserte sich allmählich. Ein Netz von städt. Sparkassen, später die
Hypothekarkasse des Kt. F. (1853) gewährten Kredite. Der Ausbau der kant. Strassen und die aufkommende
Eisenbahn förderten die Verbreitung der Freiburger Produkte. 1848 gründeten reiche Gutsbesitzer und
Agronomen den Freiburgischen landwirtschaftlichen Verein. Dieses extensive Wachstum brachte in den
Jahren 1850-70 einen gewissen Wohlstand mit sich.
Das regionale Gleichgewicht veränderte sich zum Nachteil der Berggebiete, weil die Käseherstellung sich
zunehmend in tiefere Regionen verlagerte. Die günstige Konjunktur endete nach 1870 weltweiten
Wirtschaftskrise und dem Zustrom ausländ. Landwirtschaftsprodukte. Der Fall der Getreidepreise bewirkte
eine starke Schrumpfung der Ackerflächen (1907 20% der landwirtschaftl. Nutzfläche). Der Kartoffel- und
Zuckerrübenanbau festigte sich. Am wichtigsten war jedoch der Vormarsch der Viehzucht, der mit dem
Fortschritt im Futterbau, bedingt durch den Einsatz von Mineraldünger, zusammenhing. Die Fleischausfuhr
und die Milchproduktion (1880 33 Mio. kg, 1910 111 Mio. kg) nahmen zu. Die Milch fand in den Kondensmilchund Schokoladenfabriken wichtige Abnehmer.
Dieser erneute Aufschwung veranlasste die Bauern 1894 zur Gründung des Verbands der freiburgischen
landwirtschaftlichen Vereine, der dem 1897 entstandenen Schweiz. Bauernverband beitrat. Ein heftiger
Kampf für einen höheren Milchpreis setzte ein. Allmählich wurden die Betriebe grösser: 1900 bewirtschafteten
sie im Durchschnitt 9,7 ha, doch 50% verfügten über weniger als 5 ha und nur 10% über mehr als 20 ha. Die
kant. Behörden reagierten auf die Krise von 1873 und begannen den Landwirten Subventionen zu zahlen. Sie
schufen 1888 eine Käsereischule (Grangeneuve) und eine milchwirtschaftl. Station und führten 1891
landwirtschaftl. Ausbildungskurse ein. Der 1. Weltkrieg brachte den ländl. Gebieten einen künstlichen und nur
kurz anhaltenden Wohlstand.
Das Wiedererstarken der ausländ. Konkurrenz, die übermässige Spezialisierung auf schlecht vermarktete
Milchprodukte sowie die Maul- und Klauenseuche (1919-20) führten eine dauerhafte Flaute herbei, die sich
mit der Wirtschaftskrise von 1929 noch verstärkte. Die kant. Behörden wandelten Grangeneuve in ein
Forschungs- und Ausbildungszentrum um (1919 und 1922) und unterstützten die Mechanisierung der
Betriebe. In den 1930er Jahren setzte der Staat immer noch auf eine autarke Landwirtschaft, indem er v.a. die
"Binnenkolonisation" förderte; durch den landwirtschaftl. Kraftakt während des 2. Weltkriegs (Plan Wahlen)
sah er sich in seiner Haltung bestärkt. Die im Freiburg. Bauernverband (1929) zusammengeschlossenen
Bauern erfuhren von Seiten des Kantons und des Bundes deutl. Wertschätzung (Landwirtschaftsgesetz von
1952). Das Bundesgesetz von 1974 über Investitionshilfe für Berggebiete und die Milchkontingentierung
bestätigten die zunehmende Bedeutung der öffentl. Hand für die Landwirtschaft. Die Landwirte
modernisierten ihre Betriebe, deren Zahl ständig abnahm (1939 12'664, 1985 5'436, 1996 4'493, 2001
3'763). In den 1990er Jahren wurden die Bauern durch den Rückgang der Subventionen und die Öffnung der
Grenzen zu unternehmerischem Handeln gezwungen. Die Landwirtschaft hat auch heute noch einiges
Gewicht: Der Kanton, dessen Bevölkerung 3,3% der schweiz. Gesamtbevölkerung ausmacht, umfasst 5,5%
der landwirtschaftl. Betriebe, 7,2% der landwirtschaftl. Nutzfläche und 7,9% des Rindviehbestandes der
Schweiz; von den Direktzahlungen bezieht er 6,7%.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5.2.3 - Gewerbe und Industrie
Die einzigen Industriebetriebe zu Beginn des 19. Jh. waren die Glaserei Semsales (bis 1915) und die
Papierfabrik Marly, die in den 1920er Jahren schloss. Die Strohflechterei befand sich noch im
protoindustriellen Stadium, und die Industrie galt primär als Mittel zur Armutsbekämpfung. Die Handels- und
Gewerbefreiheit, 1798 auf schweiz. Ebene eingeführt, stiess nach 1803 auf heftigen Widerstand. Die
aufeinander folgenden polit. Regime hielten sich von 1803 bis 1881 mit staatl. Interventionen sehr zurück und
konzentrierten sich auf den Ausbau des Strassen- und Eisenbahnnetzes. Dennoch entstanden einige neue
Betriebe wie die Uhrenfabrik in Muntelier, eine Düngerfabrik und Druckereien in F. sowie die
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Kondensmilchfabrik Nestlé & Anglo-Swiss in Düdingen. Auf Initiative des Neuenburgers Guillaume Ritter
wurde ein Staudamm über die Saane errichtet, um die städt. Haushalte mit fliessendem Wasser und neu
errichtete Industriebetriebe (Kartonage, Giesserei) auf der Pérolles-Kuppe mit mechan. Energie zu versorgen;
der dazu 1869 gegründete Regiebetrieb geriet aber 1875 in Konkurs.
Der Wiederaufschwung von 1895 brachte zahlreiche Unternehmen im Lebensmittelsektor (Schokoladen-,
Kondensmilch- und Milchpulverfabriken, Brauereien), im Holzgewerbe sowie im Bereich der Herstellung elektr.
Kondensatoren hervor. Diese in F., Bulle-Broc und Murten ansässigen Betriebe waren, mit Ausnahme der
Schokoladenfabrik Cailler in Broc, mittelgross. Die Zahl der Fabriken (im Sinne des eidg. Fabrikgesetzes von
1877) stieg 1878-1911 von 23 auf 112, die der Arbeiter von 700 auf 4'176, doch blieb das Schwergewicht der
Freiburger Industrie weitgehend auf der Weiterverarbeitung landwirtschaftl. Produkte. Die Unternehmer
organisierten sich im kant. Gewerbeverband (1906) und im kant. Handels- und Industrieverein (1909).
Der 1. Weltkrieg und der Landesstreik von 1918 unterbrachen die industrielle Entwicklung des Kantons. Die
Behörden reagierten auf diese Krisen mit Investitionen im Bausektor, unterliessen aber eine direkte
Unterstützung der Industrie. In den 1940er Jahren wurde die Notwendigkeit der Industrialisierung erkannt,
und ab den 1950er Jahren folgten konkrete Förderungsmassnahmen. Steuererleichterungen, der Bau von
Autobahnen und neuen Staumauern (1963 Schiffenen) sowie die Institutionalisierung der
Wirtschaftsförderung zeugen vom neuen Bewusstsein. F. hatte Land und günstige Arbeitskräfte anzubieten
und zog damit Industrielle (1960 Ciba für den Bereich der Fotochemie) und Niederlassungen grosser
Schweizer Banken an. Metall- und Maschinenindustrie traten in Konkurrenz zur Nahrungsmittelindustrie, zum
Holz- und Baugewerbe. Die Wirtschaftskrise von 1973 offenbarte jedoch die Anfälligkeit der Industrie. In den
1980er und 90er Jahren bestätigte sich, dass Letztere nicht länger als F.s Wachstumsmotor taugte. Mit nur
mehr einem Viertel der Beschäftigten (2000 26,9%) hat der Sekundärsektor diese Rolle an den dynamischen
Dienstleistungsbereich abgetreten. Der Staat ist bestrebt, wachstumsträchtige Branchen wie die Elektronik
auszubauen.
Erwerbsstruktura
Jahr
1. Sektor
2. Sektor
3. Sektorb
1860
34 804
56,2%
12 586
20,3%
14 545
1870c
32 444
66,4%
11 706
23,9%
1880c
31 920
61,2%
13 981
26,8%
1888
29 268
57,0%
12 784
1900
29 540
51,8%
16 194
1910
28 766
48,8%
1920
28 385
1930
26 234
1941
1950
Total
23,5%
61 935
4 728
9,7%
48 878
6 272
12,0%
52 173
24,9%
9 273
18,1%
51 325
28,4%
11 268
19,8%
57 002
16 224
27,5%
13 983
23,7%
58 973
46,6%
17 222
28,2%
15 400
25,2%
61 007
44,6%
17 056
29,0%
15 512
26,4%
58 802
27 284
43,1%
17 977
28,4%
18 047
28,5%
63 308
22 948
35,4%
22 363
34,6%
19 419
30,0%
64 730
1960
17 482
27,2%
26 310
40,9%
20 547
31,9%
64 339
1970
14 065
17,9%
35 425
45,1%
28 988
37,0%
78 478
1980
10 755
13,0%
31 552
38,3%
40 157
48,7%
82 464
1990
7 516
7,1%
34 513
32,8%
63 335
60,1%
105 364
2000d
7 107
5,8%
28 194
22,9%
87 690
71,3%
122 991
a
bis 1960 ohne Teilzeitangestellte
b
Residualgrösse einschliesslich "unbekannt"
c
ortsanwesende Bevölkerung
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d
Die Beschäftigtenzahlen der Volkszählung 2000 sind wegen der grossen Zahl "ohne Angabe" (18 174) nur
begrenzt vergleichbar mit den vorhergehenden Daten.
Quellen:HistStat; eidg. Volkszählungen
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5.2.4 - Dienstleistungen
1811 arbeiteten 9% der Erwerbstätigen im tertiären Sektor, 1870 12% und 1970 36%. Dieser Anteil blieb
unter dem Landesmittel, um sich gegen das Jahr 2000 dem schweiz. Durchschnitt anzunähern (F. 66,3%,
Schweiz 67,5%). Erst in den 1970er Jahren wurde die Industrie von den Dienstleistungen überholt. 2000
verteilten sich die im 3. Sektor Beschäftigten wie folgt: Handel 26%, Gesundheits- und Sozialwesen 14,7%,
Unterrichtswesen 9,7%, Immobilien und andere Dienstleistungen 12,3%, Gastgewerbe 6,9%, öffentl.
Verwaltung 8,8%, Verkehr und Nachrichtenübermittlung 8,3% usw.
Der Tourismus spielte stets eine untergeordnete Rolle. In der Romantik interessierten sich Besucher v.a. für
die Hauptstadt mit der grossen Hängebrücke und den Orgeln der Stiftskirche St. Niklaus. Ende des 19. Jh.
zogen Bäder und die voralpine Landschaft ausländ. Gäste an. Das Aufkommen des Wintersports nach 1945
brachte Charmey, dem Moléson, Les Paccots und dem Schwarzsee einen Entwicklungsschub.
Der Bankensektor trat im 19. Jh. mit Sparkassen in den Städten (1824 Murten, 1829 F.) auf den Plan. Nach
dem Scheitern der Freiburger Kantonalbank (1850), die auf Initiative der Radikalen entstanden war,
gründeten die Konservativen 1892 die Freiburger Staatsbank. Die grossen Schweizer Banken liessen sich erst
nach 1945 im Kt. F. nieder. 1808 wurde die Viehversicherungskasse gegründet, 1812 die
Brandversicherungsanstalt.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5.3 - Gesellschaft
1798 und 1803 wurde der Grundsatz der Rechtsgleichheit eingeführt. Während der Mediation (1803-13) und
v.a. während der Restauration (1814-30) gelangte die ehemals patriz. und adlige Führungsschicht wieder an
die Macht. Die Zensuswahl und die Vorrechte der Geburt wurden 1831 abgeschafft. Während der
Regeneration (1831-47) weiteten sowohl die liberalen als auch die konservativen Machthaber ihre
Rekrutierungsbasis aus (auf Juristen, Unternehmer, reiche Bauern), ohne jedoch die breite Bevölkerung
einzubeziehen. Daran änderte sich auch mit dem radikalen (1848-56) und dem liberal-konservativen Regime
(1857-81) nichts, obwohl die Bürger über die neue Verfassung von 1857 abstimmen konnten und diese ihnen
eine geringfügige Rolle zumass. In der "christl. Republik" (1881-1921) verstand es das Regime, die ländl.
Massen zu mobilisieren, die Städte zu kontrollieren und dabei das gemeine Volk vom Zentrum der Macht, das
einer gut gebildeten, treuen Elite vorbehalten war, fern zu halten.
Grosse Vermögen waren selten und stammten aus Grund- und Immobilienbesitz. Daneben gab es viele kleine
Landwirtschaftsbetriebe. Im Kt. F. herrschte lange Zeit grosse Armut, die sich nicht auf Hungerperioden wie
die von 1816-17 beschränkte. Mitte des 19. Jh. waren 7% der Freiburger mittellos. Diese Situation hielt bis
etwa 1950 an, und die Not zwang viele zum Auswandern. Der Gesetzgeber führte 1811 zunächst eine gesetzl.
Armenpflege zu Lasten der Pfarreien ein, 1850 übertrug er sie den Gemeinden. Aufgrund der bescheidenen
staatl. Mittel und der herrschenden Mentalität führte der Gr. Rat 1869 per Gesetz die private Armenfürsorge
ein. Mit dem Gesetz von 1928 musste die eigene Familie für die Armen aufkommen, danach der Heimatort.
1951 wies ein neues Gesetz diese Pflicht dem Wohnort zu. Die Behörden gingen aktiv gegen das Betteln und
Vagabundieren vor und hielten auch die Heimatlosen unter strenger Kontrolle.
Im 19. Jh. entwickelte sich ein reges Vereinsleben mit Schützen-, Turn-, Gesangs- und Musikvereinen. In den
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Städten entstanden sog. Nachbarschaftsvereine. Nach 1850 bildeten sich kath. Vereinigungen und
Arbeitervereine; die christlichsozialen Gewerkschaften kämpften gegen die sozialistischen. Im 20. Jh. wurden
zahlreiche neue Vereine gegründet, wobei sich das Angebot auffächerte: Sportvereine (Fussball,
Leichtathletik), Jugendvereine, Bauernvereine, Theatervereine usw.
In der Freiburger Gesellschaft begrenzte sich die Rolle der Frau lange auf die Familie. Von grosser Bedeutung
waren die Frauen in der Landwirtschaft, was sich während der beiden Weltkriege bestätigte. Georges Python
setzte sich für die Ausbildung der Mädchen auf Sekundar- und Universitätsstufe ein. Mit der wirtschaftl.
Entwicklung nach 1950 fassten die Frauen auch im Erwerbsleben Fuss. In der Politik machten die Männer
einen Gesinnungswandel durch: Nachdem sie 1952 den Frauen den Zugang zu bestimmten öffentl. Ämtern
verwehrt und 1959 das Frauenstimmrecht auf Bundesebene abgelehnt hatten, hiessen sie 1971 dieses in
Kanton und Bund mit 71% der Stimmen gut. 1969 hatte sich schon der Gr. Rat für den Grundsatz der polit.
Gleichberechtigung der Geschlechter auf kant. Ebene ausgesprochen.
Der sprachl. Dualismus wurde nach 1950 zu einem Problem. Die Einwohner des Kantons sprechen seit langem
franz. Mundarten und die schweizerdeutschen Dialekte des Senselandes, Murtenbiets und der Gegend von
Jaun. Mit dem Franzoseneinfall 1798 erhielt das Französische erstmals eine beherrschende Stellung, was bei
den Deutschfreiburgern das Gefühl auslöste, wirtschaftlich und sozial zurückgesetzt zu sein. Zwar gelangten
im 19. Jh. auch Murtner in den Staatsrat, doch wurde erst 1946 ein Sensler in die Regierung gewählt. Die
wirtschaftl. Entwicklung und die Durchmischung der Bevölkerung hatten paradoxerweise zur Folge, dass der
Anteil der Deutschsprachigen in ihrem Stammgebiet, der Kantonshauptstadt, zurückging (1900 35%, 2002
23%), in den Agglomerationsgemeinden dagegen zunahm. 1888-2000 sank der Prozentsatz der
Französischsprachigen um 11%, derjenige der Deutschsprachigen um 4%. Gleichzeitig stieg der
Bevölkerungsanteil, der keine Landessprache als Erstsprache angab. Die Gründung der Deutschfreiburg.
Arbeitsgemeinschaft (1959) und deren Wirken trugen dazu bei, dass die dt. der franz. Sprache auf
Verfassungsstufe gleichgestellt wurde, und riefen die Bildung der Communauté romande du Pays de Fribourg
(1985) hervor. Die beiden Vereinigungen vertreten unterschiedl. Standpunkte in Bezug auf das
Territorialitätsprinzip, den sprachl. Status der Gemeinden und den Schulort von Kindern, die einer lokalen
Sprachminderheit angehören.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5.4 - Religiöses Leben, Bildung und Kultur
5.4.1 - Konfessionen und Religionen
Die konfessionelle Einheit endete 1803 mit der Eingliederung des ref. Murtenbiets, das im kath. Kanton eine
kleine Minderheit bildete (1911 9%). Die Anfechtungen, die der Katholizismus in der Helvet. Republik, zu
Beginn des liberalen Regimes (1830-34) und während der radikalen Regierung (1848-56) erfuhr, konnten der
tiefen Religiosität der Freiburger nichts anhaben. Mit dem Zuzug zahlreicher vor der Franz. Revolution aus
Frankreich geflohener Priester und franz. Ordensleute, die wegen der Laiengesetze der Regierung Combes
1903 das Land verlassen mussten, wurden Klerus und einheim. Kongregationen in ihrem Wirken gestärkt. Die
Bevölkerung, die lange Zeit einer barocken Volksfrömmigkeit anhing, war fest in Pfarreistrukturen und
Einrichtungen eingebunden, die alle Bereiche des Alltags abdeckten: Andacht, Jugendarbeit, Wohltätigkeit,
Gewerkschaften, Banken, Kultur und Presse. Der Chorherr Joseph Schorderet war in der 2. Hälfte des 19. Jh.
der Inbegriff dieses ultramontanen Katholizismus, der die Politik durchdrang. Die konservative Elite übte einen
enormen Einfluss auf die Kultur aus und brachte Regierungen hervor, die sich auf das kath. Christentum
beriefen: die Regierung Fournier (1840-47), die dem Sonderbund beitrat, und die "christl. Republik" von
Georges Python. Letzterer verband Vereinstätigkeit und kath. Presse, um die Wählerschaft zu mobilisieren,
und baute auf die Eliten, die aus der streng kath. Universität (1889) hervorgingen. Das dem Korporativismus
verpflichtete Regime von Joseph Piller (1933-46) trat für einen christl. Staat, eine Demokratie autoritären
Zuschnitts und einen lebendigen Föderalismus auf schweiz. Ebene ein. Nach 1945 haben die religiösen Kräfte
im Kanton infolge des 2. Vatikan. Konzils, der sozioökonom. Veränderungen und der Verweltlichung der
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Gesellschaft deutlich an Einfluss eingebüsst. Praktizierende Katholiken sind seitdem im gesamten polit.
Spektrum zu finden. Das 2. Vatikanum brachte eine stärkere Beteiligung der Katholiken am kirchl. Leben,
insbesondere durch die Schaffung eines Priesterrats (Bischof und Priester), eines diözesanen Seelsorgerats,
dem auch Laien angehören, und die bald darauf folgende Diözesansynode (1972-75). Zudem wurde ein
grosser Schritt in Richtung Ökumene getan.
Weder Trennung noch Einheit - diese Formel beschreibt die Beziehungen zwischen dem freiburg. Staat und
der kath. Kirche. Die Verfassung von 1857 anerkannte die Gewissens- und Glaubensfreiheit, wobei der
Katholizismus das Bekenntnis der grossen Mehrheit der freiburg. Bevölkerung blieb. Dieses unterstand
zunächst der Diözese Lausanne, die 1819 zur Diözese Lausanne und Genf wurde, 1924 zur Diözese Lausanne,
Genf und F. Verschiedene Vereinbarungen regelten das Verhältnis zwischen Kirche und Staat (1858, 1867 und
1924). Mit der Verfassungsrevision von 1982 erhielten die kath. und die ref. Konfession einen
öffentlichrechtlichen, die anderen Konfessionen und Religionen einen privatrechtl. Status. In der Folge wurde
1990 ein Gesetz über die Beziehungen zwischen den Kirchen und dem Staat erlassen und 1997 ein
Kirchenstatut geschaffen.
Die ref. Minderheit war zunächst auf das Murtenbiet begrenzt (1803-47), wo sie sich 1804 in einem Kirchenrat
organisierte. Sie wuchs dank der Einwanderung von Berner Bauern in das Sensegebiet und von Arbeitern und
Handwerkern in die Kantonshauptstadt. 1880 gehörten dieser Konfession 16% der Freiburger an; seither
schwankt der Anteil zwischen etwa 13 und 15% (2000 15,2%). Mit dem Gesetz von 1854, das 1874, 1966 und
1979 geändert wurde, entstanden eine Synode und ein Synodalrat. 1997 wurde eine Kirchenverfassung
angenommen. Ab den 1830er Jahren kamen auch ausserhalb des Murtenbiets ref. Schulen auf. Die 1895
gegründete israelitische Gemeinde, die über eine Synagoge in der Stadt F. verfügt, schrumpfte im 20. Jh.
Infolge der Einwanderung ausländ. Arbeiter erweitern Orthodoxe (2000 0,8% der Bevölkerung) und Muslime
(3%) das religiöse Spektrum.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5.4.2 - Bildung
Das Schulwesen wurde im 19. Jh. zu einem Zankapfel zwischen der Kirche und den liberalen Kräften.
Abgesehen von der antiklerikalen Phase der radikalen Vorherrschaft 1848-56 obsiegte die Zusammenarbeit
zwischen Staat und Kirche. Pater Gregor Girard hatte bis 1823 starken Einfluss auf die Schulen in der
Hauptstadt. Die Wiederberufung der Jesuiten 1818 und Girards Demission bedeuteten einen Sieg der
konservativen Reaktion. Nach der Ausweisung der Jesuiten 1848 übernahmen die Diözesanpriester die
Verantwortung für das Kollegium St. Michael. Die einzelnen Regierungen versuchten durch Schulgesetze
(1834, 1848, 1874 und 1884) den Primarschulen Auftrieb zu geben. Die Eröffnung eines Lehrerseminars 1859
im ehemaligen Kloster Hauterive bedeutete einen wichtigen Fortschritt. Ab 1825 entstanden in den Städten
Sekundarschulen, welche auf die techn. Berufslehren vorbereiten sollten. Der Berufsschulunterricht hielt
Einzug mit der Käsereischule 1888, der milchwirtschaftl. Station 1889 und der Gewerbeschule 1896. 1889
öffnete die Universität Freiburg ihre Tore. Nach 1950 wandelte sich das freiburg. Schulwesen: durch die
Schaffung von einjährigen Kindergärten, die Einführung dreijähriger Orientierungsschulen auf der Mittelstufe
(welche auch das Untergymnasium als eigenen Bildungsgang ersetzen), die Eröffnung eines Gymnasiums in
Bulle und zweier Mädchengymnasien in Freiburg (Kollegien Heilig Kreuz und Gambach, seit den 1970er Jahren
beide koedukativ), die Einführung der Koedukation sowie einer kant. Diplommittelschule zur Vorbereitung auf
paramedizin. Berufe und schliesslich die Reorganisation des Fachhochschulbereichs.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
5.4.3 - Kultur
Bedeutende kulturelle Institutionen in der 1. Hälfte des 19. Jh. waren das Staatsarchiv, das Naturhist. Museum
(1838) und die Kantonsbibliothek (1848), alle im Kantonshauptort angesiedelt. 1883 kam das
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Gewerbemuseum, 1922 das Museum für Kunst und Geschichte hinzu. Im weiteren Verlauf des 20. Jh.
entstanden weitere Kultureinrichtungen auch ausserhalb F.s: das Greyerzer Museum in Bulle (1923, seit 1978
in einem neuen Gebäude), das Museum für Glasmalerei in Romont (1981) und das Römermuseum in Vallon
(2000).
Die sprachl. Vielfalt und die regionale Mannigfaltigkeit des Kantons standen der Ausbildung einer homogenen
freiburg. Kultur entgegen. Der Katholizismus und der ländl. Charakter prägten lange Zeit die traditionelle
Lebensart der Bevölkerung, die bei behördlich überwachten Festen wie Kirchweih (franz. bénichon) und
Fasnacht den Alltagssorgen zu entfliehen suchte. Trotz materieller Schwierigkeiten entstand 1867 eine
Freiburger Sektion des Schweiz. Kunstvereins, die gemeinsam mit dem Schweiz. Ingenieur- und
Architektenverein und mit Hilfe des Buchhändlers François-Xavier Labastrou die Zeitschrift "Fribourg
artistique à travers les âges" (1890-1914) herausgab. Anfang des 20. Jh. erregten die vom Polen Józef
Mehoffer geschaffenen Glasfenster in der Stiftskirche St. Niklaus in F. einiges Aufsehen. Nach 1918 gab die
Lukasgesellschaft Impulse zur Erneuerung von Architektur und Ausstattung der Kirchen, besonders auch für
die Glasmalerei. Die Freiburger Malerei gelangte im 20. Jh. zu neuer Blüte mit mehreren
Künstlergenerationen, zu deren hervorragendsten Vertretern Joseph Reichlen, Oswald Pilloud, Jean Crotti und
Yoki Aebischer zählen. Neben der klassisch orientierten Musikgesellschaft (1813) entstanden die beiden
Harmoniemusiken Landwehr (1804) und Concordia (1882). Für die Verbreitung der freiburg. Musik sorgten der
Orgelbauer Aloys Mooser, der Organist Jacques Vogt und der Komponist Joseph Bovet. Wegen des mitunter
provinziellen Charakters von F. fanden die berühmtesten Künstler im Ausland mehr Beachtung, so die
namhafte Bildhauerin Marcello im 19. Jh. oder der Plastiker Jean Tinguely und der Musiker Norbert Moret im
20. Jh. Auch die traditionelle Kunst überdauerte, insbesondere die Poya-Malerei (Darstellung von
Alpaufzügen), die einen neuen Aufschwung erlebte.
Kulturelle Aktivitäten und Erhaltung der Kulturgüter bleiben zwar in erster Linie Privaten überlassen, doch
spielen Kanton und Gemeinden eine immer wichtigere Rolle, indem sie durch ihre Unterstützung und Initiative
sowie durch Kulturförderung einen wesentl. Beitrag leisten. Den Rahmen dazu bildet das Gesetz über die
kulturellen Angelegenheiten von 1991. Der Staat ist an interkant. Projekten von Musik- und
Theaterhochschulen beteiligt.
Religions-, Schul- und Kulturpolitik waren geprägt von den Veränderungen, die der Kanton zunächst passiv
über sich ergehen liess, in der 2. Hälfte des 20. Jh. aber zunehmend bewusst anstrebte. Der früher oft wegen
seiner angebl. Rückständigkeit belächelte Kanton begann in mehreren Bereichen neue Wege auszuprobieren
und förderte damit eine Dynamik, die von den jüngsten Bevölkerungsprognosen (2004) bestätigt wird.
Autorin/Autor: Jean-Pierre Dorand / EM
Quellen und Literatur
Archive
– StAFR
– StadtA F.
– KUBF
– N. Morard et al., Das Staatsarchiv F., 1986
Quellen
– La visite des églises du diocèse de Lausanne en 1416-1417, 1921
– SSRQ FR, 5 Bde., 1925-58
– K. Ruser, Die Urk. und Akten der oberdt. Städtebünde vom 13. Jh. bis 1549, 2 Bde., 1979-88
– Liber donationum Altaeripae, hg. von E. Tremp, 1984
– La visite des églises du diocèse de Lausanne en 1453, hg. von A. Wildermann, 1993
– Qu. zur Gesch. der Waldenser von F. im Üchtland (1399-1439), hg. von K. Utz Tremp, 2000
Literatur
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Historiografie
– Die erste (anonyme) Freiburger Chronik datiert von ca. 1400 und handelt von F. während des
Sempacherkriegs. Hans Fries und Peter von Molsheim berichteten in ihren Chroniken neben diesem
Krieg auch über die Burgunderkriege. Der Chenaux-Handel von 1781 liess François de Diesbach und
Marie-François d'Alt zur Feder greifen, doch wurden deren Chroniken erst im 19. bzw. 20. Jh.
veröffentlicht. Das erste umfassende Werk über den Kanton war der vom Magistraten Franz Kuenlin
verfasste "Dictionnaire géographique, statistique et historique du canton de Fribourg", der 1832
erschien und 1884 vom Kapuzinerpater Apollinaire Dellion in seinem "Dictionnaire historique et
statistique des paroisses catholiques du canton de Fribourg" ergänzt wurde. Der radikale Arzt Jean
Nicolas Elisabeth Berchtold schrieb die erste, allerdings tendenziöse Kantonsgeschichte (3 Bde.,
1841-52). Gaston Castella legte 1922 ein Werk vor, das die Geschichte des Kantons bis 1857 darstellt,
Jeanne Niquille 1941 eine Abhandlung über das 19. Jh. Roland Ruffieux leitete die Publikation der
"Encyclopédie du canton de Fribourg" (2 Bde., 1977) und der "Geschichte des Kantons F." (2 Bde.,
1981, dt. und franz.). Das 1991 ebenfalls in zwei Sprachen erschienene Buch "F., ein Kanton und seine
Geschichte" von Anton Bertschy und Michel Charrière richtet sich an ein breites Publikum. Zahlreiche
Autoren veröffentlichten ihre Arbeiten entweder in den "Annales fribourgeoises" (1913-) und in der
Sammlung "Archives de la société d'histoire du canton de Fribourg", beide von der 1840 entstandenen
Société d'histoire du canton de Fribourg herausgegeben, oder in den "Freiburger Geschichtsblättern"
(1894-) des 1893 gegründeten Deutschen Geschichtsforschenden Vereins des Kt. Freiburg. Roland
Ruffieux initiierte 1971 die Reihe "Etudes et recherches d'histoire contemporaine".
Reihen und Bibliografien
– ASHF, 1845– FGB, 1894– Ann. frib., 1913– Kdm FR, 1956– Statist. Jb. des Kt. F., 1971– Bibl. des Kt. F., 1982
– Freiburger Bibl., 1990Allgemeines
– G. Castella, Histoire du canton de Fribourg depuis les origines jusqu'en 1857, 1922
– H. de Vevey, Armorial du canton de Fribourg, 3 Bde., 1935-43
– H. de Vevey, Armorial des communes et des districts du canton de Fribourg, 1943
– HS 1/4; II/2; III/1-3; IV/1, 3, 5; V/1; IX/2
– F. Gross, F., 1977
– J.-P. Anderegg, Die Bauernhäuser des Kt. F., 2 Bde., 1979-87
– Encycl.FR
– GeschFR
– A. Bertschy, M. Charrière, F., ein Kanton und seine Geschichte, 1991
– J.-P. Anderegg, Die Alphütten des Kt. F., 1996
– F. auf den Wegen Europas, hg. von C. Fedrigo et al., 2000
– A. Chardonnens, Du missel à l'ordinateur: le canton de Fribourg d'après les récits de voyageurs, 2001
– M. Dousse et al., Fribourg vu par les écrivains, 2001
– J.-P. Anderegg, Freiburger Kulturlandschaften, 2002
Von der Urzeit bis ins Hochmittelalter
– Freiburger Archäologie, Archäolog. Fundber., 1980-
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– Vergangen und doch nahe: Archäologie im Kt. F., Ausstellungskat. Freiburg, 1992
– Freiburger H. für Archäologie, 1999Politische Geschichte vom Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
– J. Zollet, Die Entwicklung des Patriziates von F. im Uechtland, 1926
– A. Maillard, La politique fribourgeoise à l'époque de la Réforme catholique, 1954
– J. Bugnon, Le canton de Fribourg dans la seconde moitié du XVIIIe siècle d'après des récits de
voyageurs, Liz. Freiburg, 1955
– J.-J. Joho, Histoire des relations entre Berne et Fribourg et entre leurs seigneurs depuis les origines
jusqu'en 1308, 1955
– Fribourg = F.: 1157-1481, 1957
– A. Méautis, Le Club helvétique de Paris (1790-1791) et la diffusion des idées révolutionnaires en
Suisse, 1969
– P. Rück, «Heiml. Kammer, Heiml. Rat, Kriegsrat und Geheimer Rat in F. i. Ue. vor 1798», in FGB 58,
1972/73, 54-67
– P. Schnetzer, «Das Eindringen des Deutschen in die Stadtkanzlei F. (1470-1500)», in FGB 62,
1979/80, 85-135
– F.: Die Stadt und ihr Territorium, hg. von G. Gaudard et al., 1981
– W. Heinemeyer, «Die Handfeste der Stadt F. i. Ü.», in Archiv für Diplomatik 27, 1981, 145-176
– R. Flückiger Ma. Gründungsstädte zwischen F. und Greyerz, 1984
– N. Morard, «La formation du canton de Fribourg», in La formation territoriale des cantons romands,
1989, 1-15
– M. Blattmann, Die Freiburger Stadtrechte z.Z. der Zähringer, 2 Bde., 1991
– P. Ladner et al., Schätze aus dem Staatsarchiv F., Ausstellungskat. Freiburg, 1991
– W. Schulze, «Landesfürst und Stadt», in FGB 72, 1995, 131-173
– Les pays romands au Moyen Age, hg. von A. Paravicini Bagliani et al., 1997
– P.J. Gyger, L'épée et la corde: criminalité et justice à Fribourg (1475-1505), 1998
– J.-D. Morerod, Genèse d'une principauté épiscopale, 2000
– Die Freiburger Handfeste von 1249, hg. von H. Foerster, J.-D. Dessonnaz, 2003
– B. Andenmatten La Maison de Savoie et la noblesse vaudoise (XIIIe-XIVe s.), 2005
Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur im Mittelalter
– H.C. Peyer, «Wollgewerbe, Viehzucht, Solddienst und Bevölkerungsentwicklung in Stadt und
Landschaft F. i.Ue. vom 14. bis 16. Jh.», in FGB 61, 1977, 17-41
– E. Tremp, «Könige, Fürsten und Päpste in F.», in FGB 68, 1991, 7-56
– P. Jäggi, Unters. zum Klerus und religiösen Leben in Estavayer, Murten und Romont im SpätMA (ca.
1300-ca. 1530), 1994
– Zur geistigen Welt der Franziskaner im 14. und 15. Jh., hg. von R. Imbach, E. Tremp, 1995
– «Fribourg, un canton entre tradition et modernité 1798 - 1848 - 1998», in Ann. frib. 63, 1998/99,
5-98
– G. Modestin, «Der Teufel in der Landschaft», in FGB 76, 1999, 81-122
– E. Tremp, «F. um 1480 - eine Zeitenwende», in FGB 76, 1999, 123-143
– K. Utz Tremp, Waldenser, Wiedergänger, Hexen und Rebellen, 1999
– B. Valsecchi, «Les écritures de l'administration fribourgeoises dans la période du bas moyen âge», in
Ann. frib. 64, 2000/01, 7-77
– N. Morard, «Le rôle de la taille de 1478», in Ann. frib. 65, 2002/03, 11-112
Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur im Ancien Régime
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– T. de Raemy, G. Corpataux, «Les origines de l'Ecole de droit de Fribourg», in Ann. frib. 10, 1922,
193-207; 11, 1923, 248-257; 13, 1925, 53-66, 104-123
– R. Merz, «Die Landschulen des alten Murtenbiets», in FGB 19, 1927, 1-213
– E. Flückiger, Die Reformation in der gemeinen Herrschaft Murten und die Gesch. der ref. Kirche im
Murtenbiet und im Kt. F., 1930
– J.-P. Moreau, «Un aspect de l'émigration alpine: les Fribourgeois à l'étranger aux XVIIe et
XVIIIe siècles», in Revue de géographie de Lyon 34, 1959, 315-339
– N. Morard, «Les registres de la paroisse de Broc», in Ann. frib. 46, 1964, 13-31
– N. Morard, «L'évolution des prix de quelques denrées alimentaires à Fribourg au XVIIIe siècle», in
Ann. frib. 47, 1965/66, 57-109
– W. Bodmer, «Die Indienneindustrie im Gebiet des heutigen Kt. F. im 18. Jh.», in FGB 56, 1968/69,
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– M. Andrey, La population du Vully fribourgeois de 1800 à 1875, 1969
– N. Morard et al., Freiburger Münzen, 1969
– A. Seydoux, La population charmeysanne de 1761 à 1875, 1969
– R. Ruffieux, W. Bodmer, Histoire du gruyère en Gruyère du XVIe au XXe siècle, 1972
– W. Bodmer, «Die Wirtschaftspolitik Berns und F.s im 17. und 18. Jh.», in AHVB 57, 1973, 1-108
– Y. Lehnherr, Votivbilder aus dem Freiburgerland, Ausstellungskat. Freiburg, 1978
– Das Freiburger Buch 1585-1985, Ausstellungskat. Freiburg, 1985
– E. Maradan, J.-P. Uldry, «Sources et conditions de la vie culturelle et intellectuelle au temps des
Lumières dans le canton de Fribourg, 1750-98», in Ann. Benjamin Constant 18-19, 1996, 21-36
– J. Steinauer, Patriciens, fromagers, mercenaires: l'émigration fribourgeoise sous l'Ancien Régime,
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– P.F. Kopp, «Destins de la propriété seigneuriale», in Ann. frib. 64, 2000/01, 111-145
Der Kanton im 19. und 20. Jahrhundert
– J. Niquille, «La contre-révolution de 1802 dans le canton de Fribourg», in SZG 28, 1948, 47-74
– J. Castella, L'organisation des pouvoirs politiques dans les constitutions du canton de Fribourg, 1953
– G. Andrey, Les émigrés français dans le canton de Fribourg 1789-1815, 1972
– M. Michaud, La contre-révolution dans le Canton de Fribourg, 1978
– J.-P. Dorand La politique des transports de l'Etat de Fribourg (1803-1971), 1996
– Fribourg 1798: une révolution culturelle?, 1998
– La Révolution au pays et Val de Charmey, hg. von P. Rudaz, 1998
– F.s Integration in Staat und Gesellschaft der Schweiz 1848-1998, 1999
– V. Clerc, L'Assemblée de Posieux, 2002
– G. Andrey, A.-J. Czouz-Tornare, Louis d'Affry, 2003
Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert
– J. Scherwey, Die Schule im alten dt. Bez. des Kt. F. von den Anfängen bis zum Jahre 1848, 1943
– M. Nicoulin, La génèse de Nova Friburgo, 1973
– F. Walter, Les campagnes fribourgeoises à l'âge des révolutions 1798-1856, 1983
– F. Yerly, La religion populaire dans le canton de Fribourg, fin du XVIIIe-milieu du XIXe siècle, 1990
– G. Andrey et al., La franc-maçonnerie à Fribourg et en Suisse du XVIIIe au XXe siècle, 2001
– B. Altermatt, La politique du bilinguisme dans le canton de Fribourg/F. (1945-2000), 2003
– Staat und Gesellschaft in F. zur Mediationszeit (1803-1814), hg. von F. Python, 2005
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