18 Region MITTWOCH, 26. APRIL 2017 Liebe, Tod und Ameiseneier «Am Ende geht es immer um «Kann man es tatsächlich auch so machen? So kann man das nie und nimmer machen!» Und im letzten Tagebucheintrag: «So kann man das alles ja auch machen. Warum auch nicht.» Ende Juni geht’s zum Tanz, doch das Liebesglück währt nicht lange: Bernadette wird tags darauf operiert, ihre Lebenserwartung beträgt danach laut ihrem Arzt «plus, minus ein halbes Jahr». Während seine Geliebte schwächer und schwächer wird, verzweifelt Steingruber an der Welt, denkt an Mord, an Selbstmord … Der Autor Schlatter versteht es in seinem neuen Roman, Todtrauriges und Groteskes, tiefen Ernst und Komik mit leichter Hand zusammenzuführen. die Liebe», trägt Steingruber in sein Tagebuch ein. Und um Leben und Tod, wie man beim Lesen von Ralf Schlatters neuem Roman feststellt. VON ULRICH SCHWEIZER Felix Steingruber ist Kammerjäger und damit von Berufs wegen mit der planmässigen Vernichtung von Insekten beschäftigt, wie er am Anfang seines Tagebuchs festhält: «Ich töte Tiere. Täglich. Ich habe schon tausende von Tieren getötet. Der Tod ist Teil meines Lebens. Die Leute bezahlen mich fürs Töten von Tieren!» Weniger pathetisch lesen sich die Notizen zu seinen Aufträgen: «Frau Bühlmann, Kakerlaken. Ich vermute: alleinstehend, Alkoholikerin. Wenn Einsamkeit einen Geruch hat, dann diese Mischung aus Restalkohol und Mentholpastillen.» Steingruber lebt zusammen mit Frau Obermüller (nicht der bekannten Schweizer Journalistin, sondern einer Katze). Weil er ein schlechtes Gewissen hat, besucht er ab und zu seine verwitwete Mutter zu Kaffee und ­Kuchen und begleitet sie auch für zwei Wochen auf die Ostseeinsel Rügen. Beginn einer zarten Romanze Den Tipp, ein Tagebuch zu führen, hat Steingruber aus einem Ratgeber zum Thema «Angst vor dem Tod». Den hat er sich in der Bibliothek ausgeliehen, nachdem er geträumt hatte, es bleibe ihm noch «plus, minus ein Jahr» zu leben. Dabei lernt er die Bibliothekarin Bernadette kennen und verliebt sich. Sein erster Besuch bei ihr ist zwar noch fast rein beruflicher Natur: Sie hat Silberfischchen im Keller. Er möchte «Göldi»-Musical: Kinder spielen mit NEUHAUSEN Bei einem Kindercasting Ende März haben die Macher des im September Premiere feiernden Musicals «Anna Göldi» die einzige Kinderrolle der Produktion, die des «Miggelis», mit vier Mädchen aus der Region besetzt. «Miggeli» wird die Tochter von Anna Göldis Dienstherren genannt. Im Musical spielt «Miggeli» eine wichtige Rolle, denn angeblich soll sie Stecknadeln und Nägel gespuckt haben, worauf Anna Göldi beschuldigt wurde, das Mädchen verhext zu haben. Die Besetzung dieser Schlüsselfigur teilen sich während der 47 Vorstellungen die Geschwister Lina und Norah Lüthi aus Hallau, Giulia Gnädinger aus Ramsen und Lena Pallmann aus Hüttwilen. Alle sind zwischen acht und elf Jahre alt und verfügen bereits über erste Bühnenerfahrung durch das Mitwirken im Schulchor und -theater. (r.) Ralf Schlatter tauft seinen neuen Roman «Steingrubers Jahr» am 11. Mai in der Stadtbibliothek. Bild Christoph Hoigné mit ihr anbandeln, stellt sich aber nicht sehr geschickt an. Damit sie ihn wieder als Kammerjäger ruft, deponiert er Ameiseneier in ihrem Haus, zudem wird er Stammkunde in der Bibliothek. Es dauert ein Weilchen, bis er den Mut aufbringt, sie zu einem Tangokurs einzuladen. Steingruber notiert dazu im Tagebuch: «Sie wurde rot, dann lachte sie verlegen, dann sagte sie: ‹Warum auch nicht!› Ich glaube, das ist der sinnvollste Satz dieses ganzen verfluchten Tagebuchs.» Schweizer Kleinkunstpreis 2017 Ralf Schlatter, 1971 in Schaffhausen geboren, lebt seit 2001 als freier Autor und Kabarettist in Zürich. Mit AnnaKatharina Rickert tritt er seit 2003 mit dem Kabarett «schön&gut» auf. Zusammen haben sie den Schweizer Kleinkunstpreis 2017 gewonnen und sind mit ihrem fünften Programm, dem Stück «Mary», auf Schweizer Tournee – am 27. und 28. April im Casino­theater Winterthur. Am 11. Mai tauft Schlatter seinen neuen Roman «Steingrubers Jahr» um 19 Uhr im Lesesaal der Stadtbibliothek Schaffhausen. Lakonische Kommentare zur Welt «Warum auch nicht! – Keine Ahnung, warum. – So kann man das natürlich auch machen.»: Das sind Sätze, mit denen der Kammerjäger immer wieder verwundert oder resigniert kommentiert, was auf der Welt so geschieht und was ihm zustösst, auch in Variationen: Ralf Schlatter «Steingrubers Jahr», Limbus, 2017, 152 Seiten, ca. 25 Franken. Gegen staatlichen Zwang und Landschaftszerstörung Gegen die Energiestrategie Verknappung führe zu einer eigentlichen «Energieplanwirtschaft». setzt sich ein kantonales DreiIn eine Falle trete man, wenn man parteienkomitee ein. Gestern jetzt Ja sage zu diesen abstrakten Zielen, sagte Christian Heydecker (FDP): lancierte es seine Kampagne. «Ziele zu definieren, ohne offen und ehrlich zu sagen, mit welchen Massnahmen VON MARK LIEBENBERG man sie erreichen will, ist nicht redlich.» Denn für die Halbierung des Verbrauchs Massive Preiserhöhungen, neue Vorwerden die Konsumenten bald weitere schriften und staatliche Bevormundung Kröten schlucken müssen: Bereits in der – das bringe die Totalrevision des EnerPipeline seien ein Klima- und Energiegiegesetzes, über das die Schweiz am 21. Mai abstimmt. «Der erste Schritt in lenkungssystem, ein massiver Ausbau der Energiestrategie 2050 wäre ein büroder CO2-Abgaben und eine Blankovollmacht, mit der der Bundesrat Vorschrifkratisches Umverteilungsprogramm in gigantischem Ausmass», ten und Gebote erlassen sagte gestern Pentti Aelkann. «Die Stimmbürger lig (SVP) vom kantonamüssen jetzt ganz genau len Gegnerkomitee vor hinschauen, was auf sie den Medien. «Eine Gesetzukommt», sagte Razesflut, zu der wir später nichts mehr zu sagen phaël Rohner (FDP): Kosten von rund 80 Milhaben. Deshalb gilt es hier, die Notbremse zu liarden für Gebäudesaziehen», sagte Aellig. Die nierungen und der UmStromversorgung sei in bau der Stromversorder Schweiz bereits gung von 120 Milliarden Christian Heydecker Kantonsrat FDP heute nahezu CO2-frei ergäben eine Last von und kostengünstig. 3200 Franken pro vierDer Umbau der Stromversorgung köpfigen Haushalt pro Jahr bis 2050. und die forcierte Förderung von Wind «Wir haben jetzt die Gelegenheit, dieser und Sonne bärgen grosse Risiken, machEntwicklung den Riegel vorzuschieten abhängig von Stromimporten und ben», sagte Rohner. Nicht tangiert sei gefährdeten die Netzstabilität, sagte übrigens der Ausstieg aus der AtomKMU-Unternehmer Samuel Erb (SVPkraft, auch bei einem Nein am 21. Mai. Senioren): «Ich sage klar Nein zu DritteDie Plakatkampagne des Komitees zeigt Windräder an emblematischen weltverhältnissen und Ja zur VersorOrten im Kanton. Daniel Preisig (SVP) gungssicherheit.» sagte, dass mit dem neuen Gesetz in Erwin Sutter (EDU) hält das Ziel, Zukunft auch bisher geschützte Landden Energieverbrauch in nur 17 Jahren um 43 Prozent zu senken, für illusorisch. schaften für den forcierten Bau von ge«Das entspricht dem Verbrauch von planten 1300 Windturbinen landesweit 1966! Das kann man nur mit massiven geopfert werden könnten. «Wer daStrompreiserhöhungen und Umerziegegen ist, dass unsere schöne Landschaft aus ideologischer Verblendung hungsmassnahmen erreichen.» Eine verschandelt wird, stimmt Nein zum moderne Gesellschaft und Wirtschaft Energiegesetz.» brauchten Strom als Lebenssaft. Eine «Ziele zu definieren, ohne offen und ehrlich zu sagen, wie man sie erreichen kann, ist nicht redlich.» EVP: Ja zu allen drei Vorlagen Die christliche Kleinpartei EVP empfiehlt für die Volksabstimmung vom 21. Mai dreimal Ja. Dies geht aus einer Mitteilung der EVP hervor. Zu der nationalen Vorlage, der Energiestrategie 2050, schreibt die EVP, dass sie generell für eine sichere und saubere Energieversorgung und für den schrittweisen Ausstieg aus der Atomkraftenergie sei. Einzelne Mitglieder hätten allerdings Bedenken geäussert, weil insbesondere in den Wintermonaten infolge reduzierter Sonnen- und Windkraft Schwankungen auftreten könnten. Dennoch stimmten die Mitglieder einstimmig für die Vorlage. Bei den beiden kantonalen Vorlagen war die Zusammenlegung der Friedensrichterämter kaum umstritten: Fast einstimmig stimmten die Mitglieder zu. Es scheine sinnvoll, in unserem kleinen Kanton nur noch ein Friedensrichteramt zu führen, argumentiert die EVP. Der Standort in der Stadt Schaffhausen sei für alle zentral. Nur knapp für ein Ja reichte es der zweiten kantonalen Vorlage, der SP-­ Initiative «Keine Steuergeschenke an Grossaktionäre» – bloss mit einer Stimme Unterschied wurde die Ja-Parole zu dieser Vorlage beschlossen, welche bestimmte Steuerprivilegien für Unternehmensbesitzer abschaffen will. Prinzipiell seien die Mitglieder dafür, dass alle Personen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gleich besteuert werden sollten. Steuergeschenke an Grossaktionäre seien nicht gerne gesehen. Die Gefahr bestehe jedoch, dass Betroffene bei einem Ja in den Kanton Zürich ziehen könnten, da dort die heute bestehende tiefere Besteuerung gelebte Praxis sei. (r.) Diese drei Vertreter des Komitees sagen Nein zum Energiegesetz und Ja zu einer Energiewende «mit Augenmass statt mit der Brechstange»: Kantonsräte Erwin Sutter, EDU, Pentti Aellig, SVP, und Christian Heydecker, FDP. (v. l.) Bild Selwyn Hoffmann Sache ... Sächeli Von der Aargauerin des Jahres, Parkproblemen, Raserautos und Hobbysportlern E Mitglieder der Familie Neukomm haben viele Ämter und Titel getragen: Regierungsrat, Nationalrat, Gemeindepräsident, Stadtpräsident … und «Aargauerin des Jahres». So darf sich Marit Neukomm nennen. Die 33-jährige Sportlehrerin und Mutter von zwei Kindern hat ein Hilfswerk gegründet, das an mehreren Brennpunkten auf der Welt aktiv ist. Dafür wurde sie im letzten November von den Aargauern geehrt. Gerade erst hat sie, wie die «Aargauer Zeitung» gestern berichtete, 70 Tonnen Bekleidung, Schlafsäcke, Sanitätsmaterial, Windeln, Babymilch, Reisebetten und Thermosflaschen in Syrien verteilen lassen. Marit Neukomm ist zwar in Aarau geboren, lebt in der Aarauer Vorortgemeinde Oberentfelden und spricht breiten Aargauer Dialekt, sie hat aber Schaffhauser Wurzeln: Ihr Vater Andreas Neukomm stammt aus Guntmadingen. Vielleicht eine Anwärterin für den «Schaffhauser Preis für Entwicklungszusammenarbeit»? (zge) E Akrobatisch verrenken muss sich können, wer am Durachweg in Schaffhaussen aus dem Auto aussteigen will. Nicht ganz einfach ist die Übung dann,wenn man vielleicht nicht mehr ganz rank und schlank oder betagt ist. Wenn der Automobilist dann beim Sich­ abstützen auch noch ein- oder zweimal auf die Hupe drückt, weil er sich via Beifahrersitz ins Freie kämpft, ist ihm die Aufmerksamkeit der Passanten gewiss. Remedur schaffen könnte die Umkehrung der Fahrtrichtung in dieser Einbahnstrasse um 180 Grad. (Wü.) E Rund 2000 Interessierte kamen vor einigen Tagen im Kanton Baselland zu einer speziellen Gant zusammen: Der Kanton versteigerte beschlagnahmte Raserautos. Das Prunkstück, ein Mercedes S 65 AMG mit 700 PS und 194 000 Kilometern auf dem Zähler, ging für 26 700 Franken an einen Händler aus Schaffhausen. Dieser hofft nun, den Wagen mit Gewinn weiterverkaufen zu können. Der «Basler Zeitung» offenbarte er seine Zielgruppe: Männer, die in den Ferien mit ihren starken Wagen prahlen wollen. Er hofft, den AMG-Benz für mindestens 32 000 Franken weiterzuverkaufen. (zge) E Wenn in einer Stadt ein neues Quartier entsteht, entstehen auch neue optische Reize. Wer aber vermutet, dass einem hinter dem Bahnhof nun sozusagen eine grüne Welleden Weg ins Rotlichtviertel zeigt, liegt falsch. Allen real existierenden Personen, die den Namen Diana Frei tragen, sei an dieser Stelle versichert, dass die Ähnlichkeit rein zufällig ist. (Wü.) E Der aus Schaffhausen stammende, in Basel lebende Komponist Silvan Loher kann sich zurzeit einer guten Auftragslage erfreuen. Führte Helena Winkelman mit der Camerata Variabile unlängst sein «Dann werden wir kein Feuer brauchen» für Stimme, Klarinette, Violine, Viola, Violoncello und Harfe auf Schloss Charlottenfels in Neuhausen am Rheinfall auf, so wird seine grosse mehrchörige Komposition «Messe für Muri» in der Klosterkirche Muri im Aargau am 21. Mai um 17 Uhr zum zweiten Mal aufgeführt. Ihre Uraufführung erlebte die Messe vergangenes Jahr am gleichen Ort. Und im Herbst erscheint eine CD mit Klavierliedern aus Lohers Feder und Texten von Walt Whitman und Mascha Kaléko – ein Programm, das vor drei Jahren in der Schaffhauser Rathauslaube Premiere gefeiert hat. (lbb) E In diesen Tagen ist auf der Sportanlage Munot eine neue Tartanbahn eingebaut worden. Zu den abschliessenden Arbeiten gehörte das Auftragen einer Kunststoff-Schutzschicht. Während dieses Arbeitsschrittes darf der Belag nicht betreten werden, und die Rennbahn war gesperrt. Laut Konrad Bruderhofer von Grün Schaffhausen war es kein leichtes Unterfangen, die sportbegeisterten Schaffhauser davon abzuhalten: «Einige Hobbysportler sind nicht bereit, auf ihr Training zu verzichten. So haben wir die Sportanlage vor Eindringlingen schützen müssen.» (tva)