Dr. Eva Marie Mühe Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Hand in Hand für einen sauberen Boden Der vorliegende Beitrag wurde beim Deutschen Studienpreis 2014 mit einem 2. Preis in der Sektion Naturwissenschaften ausgezeichnet. Er beruht auf der 2013 an der Eberhard Karls Universität Tübingen eingereichten Dissertation »Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien. Hand in Hand für einen sauberen Boden« von Dr. Eva Marie Mühe. Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Hand in Hand für einen sauberen Boden Dr. Eva Maria Mühe Eine der größten Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert ist es, die ausreichende und ausgeglichene Ernährung einer stetig steigenden Weltbevölkerung sicherzustellen. Die Grundlage hierfür sind saubere, nährstoffreiche Böden. Laut der Umweltabteilung der Vereinten Nationen werden derzeit mehr als 30% des globalen Festlandes für Landwirtschaft genutzt. Allein der Anbau von Nahrungsmittelpflanzen hat in den letzten 50 Jahren über 10% mehr globale Landfläche in Anspruch genommen; Tendenz steigend. Die stetige Erschließung neuer Flächen und der immer stärkere klimatisch bedingte Landverlust durch steigende Meeresspiegel und Wüstenausbreitung tragen dazu bei, dass der Bedarf an Nahrungsmitteln in absehbarer Zeit nicht mehr gedeckt werden kann. Außerdem sinkt zusätzlich die Qualität der landwirtschaftlich genutzten Böden. Mittlerweile werden etwa 38% der globalen landwirtschaftlich genutzten Fläche als „degradiert“ klassifiziert, das heißt, durch schlechte Bodenqualität sinken die Erträge. Zurzeit gehen zwischen 5 und 12 Millionen Hektar Land pro Jahr weltweit für die Landwirtschaft verloren. Einer der Gründe dafür sind metallartige, nicht abbaubare Schadstoffe, die sich in Agrarflächen anreichern. Schwermetalle wie Cadmium und das Halbmetall Arsen werden teils sogar in großen Mengen von Nahrungsmittelpflanzen aufgenommen und gelangen dadurch in unsere Nahrungskette. Diese beiden Elemente übernehmen weder in Pflanzen noch im Menschen eine nützliche metabolische Aufgabe. Im Gegenteil, sie führen zu Organ- und Hauterkrankungen und letztendlich zu Krebs. Durch den Menschen in die Pflanze In vielen Agrarflächen haben sich seit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts Schadstoffe durch unkontrollierte industrielle Abgase und Abwässer angereichert. Eines der besten Beispiele in deutschen und mitteleuropäischen Agrarflächen ist das Schwermetall Cadmium (siehe Abbildung 1). Verhüttungs-, Farbproduktions- und Müllverbrennungsanlagen sowie viele andere Industrien produzieren cadmiumhaltige Abgase und Abfallprodukte. Bis in die 70er Jahre gelangten diese ungeregelt in unsere Umwelt und somit auch auf Agrarflächen. Seitdem das Ausmaß der schädigenden Wirkung von Cadmium auf Ökosysteme und vor allem auf den menschlichen Körper erkannt wurde, sind viele Bereiche der Produktion cadmiumhaltiger Stoffe gesetzlich reguliert worden. Als Folge ist ein Sinken der industriellen Cadmiumemissionen erkennbar. Der heutige Eintrag von Cadmium auf Agrarflächen erfolgt vorwiegend durch Kunstdünger, da Cadmium ein häufiger Bestandteil phosphathaltiger Dünger ist. 1 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 Da sich die Ressource Phosphat weltweit dem Ende zuneigt, werden immer mehr qualitativ schlechte Abbaugebiete er- schlossen, die einen höheren Anteil an Verunreinigungen inklusive Cadmium aufweisen. Eine industrielle Entfernung des Cadmiums aus dem abgebauten Phosphat ist unterbleibt kostspielig daher und häufig in Ländern, in denen dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Durch den stetig steigenden Gebrauch von Düngemitteln für eine immer stärker geforderte mittelproduktion Abbildung 1: Verteilung von Cadmium in europäischen Böden (FOREGS Geochemical database). Nahrungssteigt der Gesamtgehalt an Schwermetallen in Böden weiterhin. Gerade die Grundnahrungsmittelpflanzen Getreide, Kartoffeln, Salat und Spinat nehmen Cadmium teils in hohen Mengen auf. Im Jahr 2008 musste Spinat der Supermarktkette EDEKA deutschlandweit zurückgerufen werden, da er hohe Konzentrationen an Cadmium enthielt. Die Zeitschrift Ökotest veröffentlichte vor wenigen Tagen in ihrer Februarausgabe 2014, dass über ein Drittel aller getesteten Spinatprodukte zu hohe Cadmiumgehalte aufweisen. Neben Cadmium stellt Arsen eine weitere Bedrohung für die globale Beschaffung hochwertiger Nahrungsmittel dar. Dieses Halbmetall befindet sich im Grundwasser Südostasiens. Seit den 70er Jahren wird dort Grundwasser als Trinkwasser für Einheimische und als Gießwasser für den Reisanbau genutzt. Das über Wasser und Reis aufgenommene Arsen hinterlässt mittlerweile sichtbare Spuren an den Körpern der einheimischen Bevölkerung. Verkrustung der Hände und Füße sowie eine schwarze, fleckige Pigmentierung der Haut prägen eine ganze Generation an Feldarbeitern. Auch global ist der Schaden, den Arsen im Reisbau anrichtet, spürbar. Reis ist das Hauptnahrungsmittel weltweit und Südostasien die größte Reisanbauregion der Welt. Die Food and Agricultural Organization of the United Nations (FAO) hat bereits im Jahr 2004 festgestellt, dass der globale Ertrag von Reis sinkt und den Bedarf einer wachsenden Weltbevölkerung nicht mehr decken kann. Arsen in südostasiatischen Reisfeldern trägt 2 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 deutlich hierzu bei. Abbildung 2 zeigt die negative Wirkung des Arsens auf Reispflanzen. Es hemmt den Keimungsprozess und reduziert das Wachstum von Wurzel, Spross und Korn. In besonders extremen Fällen werden gar keine Samen mehr gebildet, was einen 100%igen Ertragsverlust bedeutet. Das Vorhandensein von Cadmium und Arsen in den untersten Gliedern unserer Nahrungskette führt bereits zu sichtbaren gesundheitlichen Folgen. Das zeigt uns, dass der weitere Eintrag dieser Schadstoffe in Agrarflächen verhindert und bereits vorhandene Schwermetalle unschädlich Abbildung Abbildung 2: Die Wirkung Arsens auf das Wachstum von Reispflanzen. Aussehen des Sprosses dreiwöchiger Reispflanzen, die eine Woche ohne Arsen (A) oder mit 100 µM Arsen (B) in der Nährlösung gewachsen sind. im gemacht Boden werden müssen. Wie retten wir nun das, was wir selbst verursacht haben? Umweltsanierung – ein Muss, aber aber wie? Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, Böden zu sanieren. Und natürlich sollen Sanierungsmethoden immer so gründlich, nachhaltig, kostengünstig und schnell wie möglich sein. Nichtsdestotrotz ist nicht jede Sanierungsmethode für einen kontaminierten Standort passend oder gewünscht. Faktoren wie Art und Grad der Kontamination, Beschaffenheit des Bodens, zukünftige Nutzungspläne und technische, finanzielle und zeitliche Möglichkeiten der Auftraggeber bestimmen die Art der Sanierung und häufig auch, ob überhaupt saniert wird oder nicht. Viele klassische Methoden der Bodensanierung, wie die Entfernung des schadstoffhaltigen Bodens vom Standort oder die Versiegelung tieferer Bodenschichten, kommen für großflächige Agrarflächen nicht infrage. Ebenfalls ist der Einsatz von schadstoffbindenden Stabilisatoren nicht möglich, da sie im Boden vorhandene Nährstoffe zusätzlich binden, und diese dadurch den Nutzpflanzen entziehen würden. Chemische Zusätze sind häufig für die Flora und Fauna des Bodens giftig und vermindern noch zusätzlich die Qualität agrarwissenschaftlich genutzter Flächen. Mittlerweile werden immer häufiger biologische Verfahren der Umweltsanierung in Betracht gezogen – diese werden unter dem Begriff Bioremediation zusammengefasst. 3 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 Der Frühling der biologischen Umweltsanierung Wie überall macht der Wortteil ‚Bio‘ in Bioremediation das Konzept zu einem Renner. Firmen nutzen diesen Wortteil als Aushängeschild, um dem gesellschaftlichen Druck standzuhalten. Denn mittlerweile muss alles so umweltfreundlich wie möglich sein – auch die Reinigung (ehemaliger) nun geschädigter Industriestandorte. Im Falle der Bioremediation ist die Nutzung dieses Modeworts allerdings von Wert. Denn die biologische Sanierung ist nicht nur kostengünstig, umweltfreundlich und effizient, sondern eine sinnvolle Alternative zu herkömmlichen physikalischen und chemischen Sanierungsmethoden. Was ist und wie funktioniert nun eigentlich Bioremediation? Die biologische Sanierung nutzt die Aktivität von Pflanzen, Mikroorganismen oder Pilzen, um mit Schadstoffen belastete Umwelten zu reinigen. Besonders organische Schadstoffe wie zum Beispiel Benzin und Kohlenwasserstoffe können teilweise durch die Aktivität von Pflanzen oder Bakterien im Boden komplett entfernt werden. Hierfür werden die organischen Schadstoffe entweder in ungiftige, kleinere organische Moleküle oder eventuell sogar in ungiftige Gase veratmet. Für schwermetallartige Schadstoffe wie Cadmium und Arsen ist dies jedoch nicht möglich, denn sie sind in diesem Sinne nicht abbaubar und müssen deshalb anderweitig entschärft werden. Um schwermetallbelastete Böden zu entgiften, werden unterschiedliche Bioremediationsstrategien mit Pflanzen und Bakterien verfolgt. Während Pflanzen tatsächlich Metalle vom Boden entfernen können, verändern Bakterien lediglich entweder deren Toxizität oder Mobilität in der Umwelt. Seit Kurzem werden auch Strategien verfolgt, welche die umweltreinigende Aktivität von Bakterien und Pflanzen kombinieren. Wie alle Umweltsanierungstechniken muss auch die Bioremediation speziell für verschiedene metallartige Schadstoffe und kontaminierte Standorte angepasst werden. Diese Entwicklung, besonders für Cadmium und Arsen, befindet sich noch im Anfangsstadium. Defizite der räumlichen und zeitlichen Effizienz gilt es zu optimieren und Interaktionen von bestimmten Bakterien mit Bioremediationspflanzen zu verstehen. Innerhalb der hier vorgestellten Doktorarbeit wurde die Möglichkeit der mikrobiellen und pflanzlichen Bioremediation speziell für cadmium- und arsenbelastete Böden untersucht. Metall liebende Pflanzen und ihre Helfer Mit sogenannten Metallhyperakkumulatorpflanzen kann man schwermetallhaltige Schadstoffe von kontaminierten Standorten entfernen. Diese Pflanzen entziehen das Metall in hohen Konzentrationen dem Boden und reichern es im oberirdischen Pflanzengewebe an. Durch das Abernten der metallhaltigen Pflanze wird das Metall vom Standort letztendlich entfernt. Dieser Prozess der biologischen Bodensanierung wird Phytoextraktion genannt. Ein weiterer Vorteil dieser Sanierungsmethode ist, dass man das Metall in späteren Entsorgungs- und Aufreinigungsprozessen wiedergewinnen und erneut industriell verwerten kann. 4 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 Arabidopsis halleri ist eine solche Hyperakkumulatorpflanze, welche gezielt Cadmium und Zink aufnimmt (siehe Abbildung 3). A. halleri wächst auf metallhaltigen Böden und kommt natürlich in mittelklimatischen Regionen vor. In der Forschung wird A. halleri häufig als Modellpflanze verwendet, um wichtige Prozesse der Hyperakkumulation auf Organismus-, Zellund genetischer Ebene besser zu verstehen. Die Ergebnisse dieser Forschung können zur Optimierung der Sanierung cadmium- und zinkbelasteter Standorte durch Phytoextraktion genutzt werden. Anhand Abbildung 3 werden die limitierenden Faktoren hyperakkumulierender Pflanzen zur Nutzung als effiziente Sanierungsstrategie Abbildung 3: Metallhyperakkumulatorpflanze Arabidopsis halleri (Max-PlanckInstitut für molekulare Pflanzenphysiologie /Josef Bergstein). verdeutlicht. Je größer und schnellerwachsend die Pflanze, desto mehr Metalle nimmt sie auf. Je länger die Wurzeln, desto weitreichender die Metallentfernung aus dem Boden. Durch Zugabe bestimmter Wachstumshormone und anderer Substanzen kann man das Pflanzenwachstum fördern. Neben chemischen Substanzen können allerdings auch Mikroorganismen im Boden das Wachstum von Pflanzen positiv beeinflussen. Daher liegt die Annahme nicht fern, dass die mikrobielle Gemeinschaft im Boden auch Einfluss auf die Hyperakkumulationsfähigkeit von Bioremediationspflanzen haben kann. Dies wurde bereits für einige Hyperakkumulatorpflanzen gezeigt, aber noch nicht für A. halleri. Während der Promotion konnte gezeigt werden, welch wichtige Rolle Bodenmikroorganismen für die Cadmiumaufnahme von A. halleri einnehmen. Wenn A. halleri auf einem cadmiumhaltigen Boden mit der natürlich vorhandenen Gemeinschaft an Mikroorganismen gewachsen war, nahm sie bis zu doppelt so viel Cadmium auf, als wenn sie auf einem behandelten Boden mit einem Zehntel der Bakterienzahlen wuchs. Diese Experimente zeigten, dass die Bioremediation cadmiumhaltiger Böden durch ein Zusammenspiel von metallhyperakkumulierenden Pflanzen und Bodenbakterien deutlich verbessert werden kann. Wer sind nun aber die mikrobiellen Schlüsselspieler, die A. halleri stimulieren, mehr Cadmium aus kontaminierten Böden aufzunehmen? Bakterien – die unsichtbaren Zuarbeiter Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie die mikrobielle Gemeinschaft im Boden die Aufnahme von Schwermetallen wie Cadmium durch metallhyperakkumulierende Pflanzen unterstützen kann. Abbildung 5 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 4 dient als unterstützende Skizze zur Erklärung dieser Prozesse. Indem die Metall speichernde Biomasse von A. halleri erhöht wird, kann mehr Metall aufgenommen werden. Auch können mehr Metalle aus dem Boden entnommen werden, wenn sich die Biomasse der Wurzeln, sprich, die räumliche Ausdehnung der Wurzeln, erhöht. Abbildung 4: Drei verschiedene Wege, wie Mikroorganismen Bioremediationspflanzen unterstützen können, mehr Metalle zu hyperakkumulieren. Blau = pflanzenwachstumsunterstützende Bakterien, die das Wachstum von Wurzel, Spross und Blatt der Pflanze fördern (Wachstum durch Pfeile signalisiert). Grün = mineralauflösende Bakterien, die mineralgebundene Metalle freisetzen und der Pflanze zur Verfügung stellen. Orange = Mikroorganismen, die Transportmoleküle (Kohlenstoffnetzstrukturen) produzieren, die Metalle im Boden mobil halten. Die grünen und orangen Prozesse können inner- und außerhalb des Wurzelbereichs stattfinden. Metalle = Me. All dies kann durch Mikroorganismen unterstützt werden, die das Pflanzenwachstum positiv fördern (Abbildung 4 blau). Zum Beispiel können pflanzenwachstumsfördernde Mikroorganismen essenzielle Nährstoffe wie Phosphat, Sulfat, Kalium und fixierten Stickstoff für die Pflanze im Boden zur Verfügung stellen. Andere Bakterien interferieren mit dem pflanzlichen Hormonhaushalt, indem sie die Synthese von Wachstumshormonen unterstützen und Stress- und Laubfall/Reifehormone unterdrücken. Im Rahmen der Doktorarbeit konnte mit modernen molekularbiologischen Methoden gezeigt werden, dass tatsächlich die Anzahl und Diversität an pflanzenwachstumsfördernden Bakterien im Wurzelbereich von A. halleri höher war, wenn diese mehr Cadmium aufnahm. Wenn man nun gezielt Pflanzen wachstumfördernde Bakterien im Wurzelbereich von A. halleri stimulieren würde, könnte die 6 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 Cadmiumaufnahme in die Pflanze erhöht und somit auch die Effizienz der Bioremediation verbessert werden. Nicht nur das Pflanzenwachstum kann durch Bakterien verändert werden, sondern auch die Mobilität der Schwermetalle im Boden. Je mobiler Metalle im Boden sind, desto mehr steht der Pflanze für die Aufnahme zur Verfügung. Häufig ist nur ein kleiner Teil der Metalle im Boden in einer Form, die von Pflanzen aufgenommen werden kann. Der Großteil der Metalle ist dagegen fest an Minerale gebunden oder ist Teil ihrer Kristallstruktur. Allerdings sind manche Mikroorganismen in der Lage, Minerale aufzulösen und dadurch die gebundenen Metalle freizusetzen (Abbildung 4 grün). Dieser Prozess kann innerhalb des Wurzelbereichs der Pflanze ablaufen oder außerhalb. Sprich, durch Bakterien können viel mehr Metalle freigesetzt werden, als wenn nur Pflanzen aktiv wären. Zusätzlich werden Metalle freigesetzt, die von den Pflanzenwurzeln nicht erreicht werden. Wichtig ist nun, dass die freigesetzten Metalle mobil bleiben und sich nicht wieder an Bodenpartikel binden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Pflanze die freigesetzten Metalle auch aufnimmt. Glücklicherweise gibt es auch für die Mobilhaltung der Metalle eine mikrobielle Lösung. Einige Bakterien produzieren organische Transportmoleküle, die Metalle binden und somit mobil halten (Abbildung 4 orange). Sobald die Transportmoleküle mit ihren Metallen in Wurzelnähe gelangen, können die Metalle von Pflanzen aufgenommen werden. Auch Bakteriengruppen, welche die Fähigkeit besitzen, die Mobilität von Metallen im Boden auf verschiedene Weise zu verändern und weiterhin mobil zu halten, wurden innerhalb der Promotion im wurzelnahen und -fernen Bereich von A. halleri identifiziert. Innerhalb der Promotion wurden Bakteriengruppen identifiziert, die entweder Pflanzen wachstumsfördernde, Metall mobilisierende und Metall transportierende Prozesse im Boden ausführen und zu einer erhöhten Cadmiumextraktion durch A. halleri führen. In zukünftigen Studien kann man nun gezielt nach diesen Mikroorganismen im Boden suchen und überprüfen, ob sie tatsächlich diese Funktionen im Boden ausführen. Falls ja, könnte man diese Bodenmikroorganismen gezielt in cadmiumbelasteten Standorten stimulieren und dadurch die Phytoextraktionseffizienz von A. halleri erhöhen. Die Untersuchungen innerhalb der Promotion haben das Fundament gelegt, um eine effizientere Bioremediation cadmiumkontaminierter Standorte durch A. halleri mithilfe von Bodenmikroorganismen zu erreichen. Auch Auch ohne Pflanzen – reinigende Fähigkeiten von Bakterien Dass Bakterien die Mobilität von Metallen im Boden verändern können, kann noch auf andere Weise von umweltsanierungstechnischem Nutzen sein. Um in unsere Nahrungskette zu gelangen, ist die Mobilität der Metalle im Boden ausschlaggebend. Bakterien verändern den Anteil an mobilen Metallen im Boden 7 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 durch mineralauflösende und mineralbildende Prozesse. Besonders wichtig hierfür sind Eisenminerale, denn Eisen ist eines der häufigsten Elemente im Boden und dient als Energielieferant für verschiedene Bakteriengruppen. Abbildung 5 zeigt beispielhaft den Prozess der Metallfreisetzung und -immobilisierung anhand von Bakterien, die Eisenminerale umwandeln. Innerhalb der hier vorgestellten Promotion wurden explizit Eisenmineral bildende und -auflösende Prozesse verschiedener Bakteriengruppen für die Bioremediation von Cadmium und Arsen untersucht. Eisen spielt eine besonders wichtige Rolle für die Mobilität anderer Stoffe im Boden, da Eisenminerale viele Nähr-, aber auch Giftstoffe zu hohen Anteilen auf ihren Oberflächen binden. Dadurch kontrollieren Eisenminerale häufig, welche Stoffe von Pflanzen aufgenommen werden und welche nicht. Die Mobilität der eisenmineralgebundenen Stoffe wird allerdings maßgeblich durch die Aktivität von Bakterien bestimmt. Um Energie für Wachstum und Zellprozesse zu gewinnen, wandeln bestimmte Bakteriengruppen Eisen zwischen seinen zwei Stufen Eisen(II) und Eisen(III) um (Abbildung 5). Eisen(II)oxidierende Bakterien oxidieren Eisen(II) zu Eisen(III), welches sofort Eisen(III)-Minerale formt. Eisen(III)Minerale besitzen eine sehr große Oberfläche, die besonders viel und stark andere Elemente bindet. Abbildung 5: Der mikrobielle Eisenzyklus unter sauerstoffreichen und sauerstofffreien Umweltbedingungen. Fe = Eisen, Fe2+ = gelöstes Eisen, Me = Schwermetalle. Der entgegengesetzte Prozess, die Reduktion von Eisen(III) zu Eisen(II), wird von Eisen(III)-reduzierenden Bakterien ausgeführt. Die mikrobielle Eisen(III)-Reduktion findet nur in sauerstofffreien Umwelten statt 2+ und führt zur Freisetzung von gelöstem Fe . Sprich, dieser Prozess löst das Eisen(III)-Mineral auf, wobei mineralgebundene Schadstoffe freigesetzt werden. Je nach Zusammensetzung der Umwelt bilden sich neue Eisen(II)-haltige Minerale. Diese Minerale können nur Eisen(II) enthalten, wie zum Beispiel Eisen(II)Phosphate und -Carbonate. Die neuen Minerale können auch Mischungen aus Eisen(II) und Eisen(III) sein, 8 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 wie zum Beispiel Magnetit (Fe3O4). Auch diese Minerale sind in der Lage Schadstoffe zu binden. Bei der Frage, ob nun Metallschadstoffe während der mikrobiellen Reduktion und Auflösung von Eisen(III)Mineralen frei- oder festgesetzt werden, kommt es darauf an ob, wie viele und welche neuen Minerale entstehen. Innerhalb der hier vorgestellten Doktorarbeit wurde gezeigt, wie Eisenmineral umwandelnde, mikrobielle Prozesse die Mobilität von Cadmium und Arsen verändern. Bisher schenkte man Eisenmineralen wenig Beachtung in Bezug auf Cadmiummobilität. Daher wurden Eisenminerale und ihre mikrobielle Umwandlung explizit für Cadmium in der hier vorliegenden Doktorarbeit untersucht und das Potenzial zur Anwendung als Bioremediation abgeschätzt. Der Einfluss des mikrobiellen Eisenzyklus auf die Mobilität von Arsen ist weitaus besser untersucht, weist aber einen essenziellen Denkfehler auf. Wenn Bakterien arsenhaltige Minerale auflösen Arsen ist ein spezieller Schadstoff, da er aus zwei anorganischen Formen, Arsen(V) und Arsen(III), besteht. Beide Formen sind hochgiftig und können durch chemische und mikrobielle Prozesse ineinander umgewandelt werden. Es ist bekannt, dass beide Arsenformen stark an Eisen(III)-Minerale binden, wobei Arsen(V) stärker gebunden ist als Arsen(III). Genau dies wird zum Problem in den sauerstofffreien Grundwasserleitern Südostasiens. Durch starkes Pumpen und Entfernen des Grundwassers für Trink- und Gießwasserzwecke werden Bakterien aktiviert, die Eisen(III) und Arsen(V) reduzieren. Auch in den sauerstofffreien, überfluteten Reisfeldern finden diese Reduktionsprozesse statt. Arsen wird durch die mikrobiellen Aktivitäten freigesetzt. Wenn neue Eisenminerale aufgrund der Geochemie dieser Umgebungen gebildet werden, bindet ein Teil des freigesetzten Arsens wiederum. Die internationale Forschungsgemeinde hat die hier zugrunde liegenden chemischen und biologischen Prozesse ausführlich in Laborexperimenten untersucht. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse werden genutzt, um die großflächige Freisetzung von Arsen in Südostasien zu simulieren und zu erklären. Für diese Laborexperimente wurden allerdings chemisch synthetisierte Eisen(III)-Minerale als Anfangsmaterial genutzt. In der Natur entstehen aber viele Eisenminerale durch Bakterien und enthalten Verunreinigungen. Diese biologisch gebildeten Eisenminerale unterscheiden sich stark von chemisch synthetisierten, perfekten Mineralen, was wiederum Einfluss auf die Freisetzung von Arsen hat. Das lässt vermuten, dass die bisherigen Annahmen über die Freisetzung von Arsen in Südostasien unzureichend durch Laborexperimente erklärt werden konnten. Innerhalb der Promotion wurde untersucht, ob und wie stark Arsen(V) und Arsen(III) von biologisch entstandenen Mineralen während der mikrobiellen Eisen(III)-Reduktion freigesetzt werden. Es wurde gezeigt, dass Arsen(III) deutlich stärker von biologischen Eisen(III)-Mineralen mobilisiert wird, als von 9 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 chemisch synthetisierten Mineralen bisher angenommen wurde. Arsen(V) dagegen wird viel stärker während der Reduktion biologisch im Vergleich zu chemisch entstandenen Mineralen immobilisiert. Nähere Untersuchungen ergaben, dass Arsen(V) tatsächlich in die Mineralstruktur eines neu gebildeten Eisen(II)-Phosphatminerals eingebaut wird, sodass ein Arsen(V)-Phosphat-Mischmineral entsteht. Ob dieser Mineralkomplex stabil ist und dadurch auch für die Bioremediation arsenbelasteter Umwelten infrage kommt, gilt es in zukünftigen Untersuchungen zu klären. Mobil oder nicht mobil – auf jeden Fall Cadmiumbioremediation Neben Arsen binden Eisen(III)-Minerale auch Cadmium, allerdings ist bisher noch nichts über die Freisetzung von Cadmium während der mikrobiellen Reduktion dieser Minerale bekannt. Eine Voraussetzung, um derartige Prozesse zu untersuchen, ist, dass die Bakterien bei hohen Cadmiumkonzentrationen überleben und arbeiten können. Es gibt bereits Eisen(III)-reduzierende Bakterienstämme, die Arsen tolerieren können, aber nicht Cadmium. Daher wurde innerhalb der Promotion als Erstes ein Eisen(III)-reduzierendes Bakterium von einem hochgradig cadmiumbelasteten Standort bei Goslar im Harz isoliert. Dieser isolierte Stamm namens Cd1 wurde charakterisiert sowie in einer internationalen Datenbank registriert und steht nun der internationalen Forschungsgemeinde als Modellorganismus zur Verfügung. In folgenden Experimenten wurde der Eisen(III) reduzierende Bakterienstamm Cd1 genutzt, um modellhaft zu untersuchen, ob Cadmium während der mikrobiellen Reduktion cadmiumbeladener Eisen(III)-Minerale freigesetzt oder immobilisiert wird. Es konnte gezeigt werden, dass Cadmium kurzzeitig freigesetzt, aber letztlich durch sich neu bildende Minerale immobilisiert wurde. Abbildung 6 veranschaulicht den zeitlichen Verlauf der Cadmiummobilität, die für Bioremediationszwecke von Nutzen ist. Dass dieser Prozess umweltrelevant ist, konnte durch Experimente mit cadmiumkontaminierten Böden nachgewiesen werden. Hierfür wurde die Eisen(III)-Reduktion durch die Überflutung der Böden mit Wasser stimuliert, was einen Mobilitätsverlust des Cadmiums um mehr als 50% zur Folge hatte. In den modellhaften Experimenten mit einem reinen Mineral und den komplexeren Experimenten mit cadmiumhaltigem Boden wurde der Mobilitätsverlust des Cadmiums sich neu bildenden Mineralphasen zugeschrieben. Zum Beispiel können carbonathaltige Phasen Cadmium enthalten, aber auch das Eisen(II)/Eisen(III)-Mineral Magnetit. Tatsächlich ist Magnetit von besonderem Interesse, da es immer häufiger Anwendung in der Bioremediation als Mittel zur Entfernung von Schadstoffen findet. Innerhalb der hier präsentierten Doktorarbeit konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass der mikrobielle Eisenzyklus Einfluss auf die Mobilität von Cadmium hat. Ob die Menge an Cadmium, die durch Magnetit aufgenommen werden kann, ausreichend ist, um Magnetite als Bioremediationsmittel cadmiumbelasteter Standorte zu nutzen, muss in gezielten Untersuchungen bestimmt werden. Die 10 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 Daten der Promotion lassen vermuten, dass der mikrobielle Eisenzyklus die Bioremediation cadmiumbelasteter Umwelten unterstützen kann. Ein weiterer Aspekt der cadmiumbedingten Mobilität durch Eisenreduktion ist die kurzfristige Freisetzung des Schwermetalls, bevor es wieder durch neue Minerale immobilisiert wird (siehe blauer Bereich in Abbildung 6). Dieses kurzzeitig mobile Cadmium kann potenziell von Hyperakkumulatorpflanzen aufgenommen werden. Abbildung 6: Cadmiummobilisierung und immobilisierung während der mikrobiellen Reduktion von cadmiumhaltigen Eisenmineralen. Bisher untersucht, Eisen(III) ob wurde die noch Kombination reduzierenden Bakterien nicht aus und Hyperakkumulatorpflanzen eine effizientere Bioremediation schwermetallbelasteter Standorte erzielen kann. Dass diese Möglichkeit besteht, zeigen die Ergebnisse der Promotion zum ersten Mal. Nun gilt es, für die Bioremediation eines kontaminierten Standorts die passende Pflanze für das entsprechende Metall zu finden und die mikrobielle Gemeinschaft entsprechend zu stimulieren. Zukunftsmusik – Übertragung auf Reisfelder Auch für die arsenbelasteten Reisfelder in Südostasien bietet die kombinierte Aktivität aus Bodenbakterien und Hyperakkumulatorpflanzen eine Möglichkeit der Bodensanierung. Reisfeldböden im Nassanbau sind typischerweise sauerstofffrei und enthalten viele mikrobiell gebildete Eisenminerale, die Arsen binden. Sie bieten somit ideale Milieus für mikrobielle Eisen(III)-Reduktion. In Laborexperimenten innerhalb der hier vorgestellten Dissertation konnte gezeigt werden, dass die mikrobielle Eisen(III)Reduktion Arsen aus biogenen Eisen(III)-Mineralen freisetzt. Dieses mobilisierte Arsen könnte durchaus von Hyperakkumulatorpflanzen aufgenommen und somit aus dem Reisfeldboden entfernt werden. Tatsächlich ist ein Farn namens Pteris vittata bekannt, der auf sauerstofffreien Böden wachsen kann und Arsen hyperakkumuliert. Es wurde bereits durch andere Forschergruppen gezeigt, dass dieser Farn Arsen aus Reisfeldböden erfolgreich entfernt. Zudem nahmen Reispflanzen, die direkt nach dem Ernten des arsenhaltigen Farns angebaut wurden, weniger Arsen in Spross und Samen auf. Bisher haben diese Forschungen nicht die Bodenmikrobiologie und somit auch nicht arsenmobilisierende Bakterien in Betracht gezogen. Wenn man nun die mikrobielle Eisen(III)-Reduktion im Wurzelbereich des Farns Pteris vittata stimuliert, könnte eine höhere Effizienz der Arsenentfernung aus dem Boden erreicht werden. Gerade wärmere Agrargebiete, wie sie in Südostasien zu finden sind, bieten ideale klimatische Verhältnisse, um den Anbau von Nahrungsmittelpflanze und Hyperakkumulator zyklisch zu variieren. 11 Mühe: Gemeinsam sind wir stark – Pflanzen und Bakterien Deutscher Studienpreis 2014 Neben der Entfernung von Schadstoffen aus dem Boden trägt der alternative Anbau verschiedener Pflanzenarten ebenfalls zur Bodenqualitätsverbesserung bei. Die Verbreitung von Schadstoffen in weltweiten Agrarflächen ist durch den Menschen selbst verursacht und kommt einem Eigentor gleich, denn das Resultat sind niedrigere Ernteerträge mit schlechter Qualität. Biologische Sanierungsverfahren sind optimal für Agrarflächen mit niedrigem Kontaminationsgrad, da sie ausreichend effizient sind, das Ökosystem nicht zerstören und kostengünstig sind. Nichtsdestotrotz bedürfen viele biologische Sanierungsverfahren neuer Ansätze und Optimierung, um sie voll ausschöpfen zu können. Die Kombination aus pflanzenphysiologischen, mikrobiologischen, bodengeochemischen und mineralogischem Wissen ist dafür unabdingbar. Die hier untersuchte Mobilität von Cadmium und Arsen im Boden, die durch den mikrobiellen Eisenzyklus und das Zusammenspiel von Bodenmikroorganismen und Hyperakkumulatorpflanzen beeinflusst ist, ebneten den Weg für die Optimierung und Entwicklung cadmium- und arsenspezifischer Remediationsstrategien. Dass bereits öffentliches Interesse an neuen Ideen im Bereich Bioremediation kontaminierter Böden besteht, zeigen Presseberichte und Anfragen von Firmen wie BIOPRO Baden-Württemberg über die hier vorliegende Doktorarbeit. Nun gilt es, das innerhalb der Doktorarbeit erworbene Wissen gezielt in die Entwicklung und Optimierung neuer Remediationsstrategien zu investieren. 12