Vorlesungsmitschrift

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Vorlesungsmitschrift Psychosomatik
SS 1999
Psychogene Erkrankung / Tress
Grundlagen (Krankheitsmodelle, Therapieverfahren) / Franz
Psychosomatik körperlicher und chronischer Erkrankungen / Alberti
Somatoforme Störungen / Kruse
Hysterie und Konversion / Franz
Psychosomatosen / Wöller
Psychotherapie – Methoden und Ergebnisse / Ott
Angsterkrankungen / Reister
Depression und suizidales Verhalten / Tress
Zwangserkrankungen / Hartkamp
Zwang / Phobien WS 1998/99 / Tress
Eßstörungen / Franz
Anhang WS 98/99:
Borderline – Störungen
Narzißmus
Psychosomatik Vorlesung
06.04.99
Prof. Tress
PSYCHOGENE ERKRANKUNG
Psychogene Erkrankung
= Normabweichungen des inneren und äußeren Verhaltens und/oder körperlicher Funktionen und
Strukturen, die in einem ätiologischen Sinne ganz wesentlich aus den vergangenen und aktuellen
psychosozialen Lebensumständen einer Person erwachsen, vermittelt über psychische Prozesse und
deren körperliche Korrelate (Zwischenhirn/Hippocampus):
Psychoneurosen
Persönlichkeitsstörungen
Psychosomatische Erkrankungen
Erscheinungsdimensionen psychogener Erkrankungen
•
•
•
-
körperlich: Müdigkeit, Schwäche, Schweiß, Schmerzen, Funktionsstörungen (z.B. im GIT)
è Psychosomatische Störungen
seelisch: Angst, Depression, Zwänge, Suizidimpulse
è Psychoneurosen
Charakteristisches zwischenmenschliches Verhalten: Eifersucht, Aggressivität, Lügen, Streitsucht,
Rechthaberei, chron. Partnerschaftsstörungen, sexuelle Verhaltensabweichungen,
Sucht
è Persönlichkeitsstörungen
Frauen > Männer
kein Einfluß der politisch - historischen Gesamtsituation während der Kindheit
Unterschicht > Mittel- und Oberschicht
Fälle > kritische negative Lebensereignisse > Nichtfälle
Def. : Seelische Gesundheit (Sigmund Freud) = Lieben, Genießen, Leisten
Der Beeinträchtigungs-Score (BSS)
→ erlaubt die Einschätzung der psychogenen Beeinträchtigung auf 3 Subskalen
•
•
•
körperlich
psychisch
sozialkommunikativ
Range 0 – 12, Fallschwelle ≥ 5
 Ute Laber
je 0 – 4 Punkte
0 = keine Beeinträchtigung
1=
2 = Hausarzt
3 = Facharzt
4 = Klinikeinweisung
2
Psychosomatik Vorlesung
Systematische Nosologie der psychogenen Erkrankungen
maßgeblich psychosozial beeinflußt
somatisch
somatoform
Herzneurose
FOB/FUB
Schmerzen
psychisch
sozial-kommunikativ
organdestruierend
Asthma bronchiale
Neurodermitis
ess. Hypertonie
Dysthenie
Angsterkrankungen
PTSD(=post-traumated-
Suchterkrankungen
Borderline-Pers.störungen
sex. Deviationen
stress-disease)
psychosomatisch
psychoneurotisch
charakterneurotisch
Syndrom – shift: Patienten wechseln im Laufe der Zeit die Symptomklassen /Erkrankung .
(Angststörung → Sucht)
Positive Prognose:
Ehe, keine Scheidung, harmonische Partnerschaft
schwächere Symptomatik
soziale Attraktivität und Kompetenz
wenig Konflikte
unbelastete Frühkindheit, als Kinder seelisch gesund
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Gegenstand des Faches : pychogene Erkrankungen
Behandlungsmethode :
Psychotherapie
Fachärztliches Gebiet:
Psychotherapeutische Medizin
Erkennung, psychotherapeutische Behandlung, Prävention und Rehabilitation psychogener
Erkrankungen.
= Bio-psycho-soziale Gesamtschau
 Ute Laber
3
Psychosomatik Vorlesung
13.04.99
Dr. Franz
Grundlagen (Krankheitsmodelle, Therapieverfahren)
30 – 40% der Varianz der psychogenen Erkrankung ist genetisch bedingt, 60 – 70% psychosozial.
Ätiopathogenese der psychogenen Erkrankung im Zeitablauf
Präventive salutogene Faktoren
Genetische Ausstattung
Pathogene Faktoren
intrauterine
Störfaktoren
Geburt
fördernde und/oder
kompensatorische
Einflüsse
Persönlichkeits-
perinatale Risiken
1.-6.Lj: intrafamiliäre pathogene
Umwelt
entwicklung
Coping, Erfolge, Befriedigung in
Leistung und/oder
außerfamiliären Kontakten
social support
(Wertschätzung,
Freundschaften)
7.-18.Lj: inner- und außerfamiliäre Umwelt
(Schule, Sozietät)
Weichenstellung
fehlender social
support (Vulnerabilität)
VVS/LE
Symptomausbruch
Coping
ggf. Symptompersistenz
Therapie
(=Versuchungs-Versagens-Situation)
z.B.Sex, Beziehungen,
Auszug aus dem Elternhaus
chronifizierende Faktoren
(sozial, psychologisch,
medizinisch)
Psychogene Erkrankungen sind Beziehungserkrankungen!
Es handelt sich um klinisch relevante Anpassungsstörungen als Ausdruck einer konflikthaft
situationsbezogenen und persönlichkeitsspezifischen Erlebnisverarbeitung.
In Entstehung und Auslösung sind die psychogenen Erkrankungen auf die psychosoziale Biographie
des jeweiligen Individuums bezogen.
 Ute Laber
4
Psychosomatik Vorlesung
Tiefenpsychologische Gesichtspunkte
-
Residuen traumatischer, infantiler Interaktionserfahrungen
interaktionelle Genese
Abwehrfunktion, Aufrechterhaltung einer suboptimalen Anpassung
Affektäquivalent bzw. Konfliktchiffre
archaisch – vorsprachliche Symbolisierung, kommunikative Funktion
beeinflußbar im Rahmen einer psychotherapeutischen Beziehung
häufig Selbstwert-, Beziehung- und sexuelle Triebkonflikte
Jedes psychogene Symptom ist ein Versuch, sich selbst zu stabilisieren = Hilferuf !
Systematische Nosologie der psychogenen Erkrankungen
psychogen
Ätiologie
Symptome
Dg
somatisch
psychisch
funktionell
strukturell
chron. Schmerzen
Duodenalulcus
Depressionen
psychogene Paresen Colitis ulcerosa
Zwangsneurosen
Anfälle
Hyperthyreose
Phobien
sexuelle Fkt.störung
Neurodermitis
Organbeschwerden
Asthma bronchiale
ess. Hypertonie
rheumat. Polyarthritis
sozial-kommunikativ
Eßstörungen
Suchterkrankungen
Borderline – Störungen
sex. Deviationen
(= „holy seven“ )
Kategorien
psycho - somatisch
psycho – neurotisch
charakter - neurotisch
Psychosomatische Modellvorstellungen
-
Streßmodell, lerntheoretische Modelle
psychophysiologische Modelle
entwicklungspsychologische Modelle (Freud)
neuropsychologischer Ansatz
psycho – neuro – immunologisches Modell
Bindungsforschung
epidemiologische Befunde
 Ute Laber
5
Psychosomatik Vorlesung
Streß – Adaptations – Modell (Darwin)
Darwin (1859)
Selektionsdruck, streßinduzierte verminderte Reproduktionsrate,
survival of the fitest
Bernard (1865)
mechanische Theorie, Dekompensation protektiver Faktoren aufgrund
äußerer Belastungen, Störungen des inneren Milieus
Cannon (1914)
Homöostase (Freud bezieht sich auf die Homöostase), Streßbegriff, auch
emotional qualifizierte Rolle der Katecholamine, „fight or flight“, Notfallreaktion
Selye (1936)
Begründer der modernen Streßtheorie,
pathogene Wirkung von Streßbelastungen, allgemeines Adaptationssyndrom
(1946), Streß = unspezifische Reaktion des Körpers auf jegliche Belastung
(1971),
Eustreß (konstruktiv) /Dystreß (aversiv) (1974)
Streß – Adaptations – Modell
Psychologische Streßreaktion nach Selye (1946)
Neuroendokrinologische Reaktionsschablone auf physikalische und psychosoziale Dauerbelastung
Sympathikotonus,
Katecholamine, ACTH,
Glucocortikoide
Glucose-Utilisation ↑,
Insulin ↑, Sensibilisierung
der Gefäßmuskulatur,
Schilddrüse, Sexualität ↓
Hypertonus, Suppression von
Reproduktion, Wachstum ↓,
Immunabwehrfunktion ↓
Alarmphase------------------------------> Adaptation---------------------------> Erschöpfung - - - -> Exitus letalis
↓
↓
Distreß: neg. Wertigkeit
Trias: Thymusatrophie (Abwehr ↓)
Chronizität
NN-Hypertrophie (Cortison↑)
Kontrollverlust (keine Einflußmöglichkeit)
Magenulcera
Objektverlust (Beziehungsperson für das
eigene Wertempfinden)
 Ute Laber
6
Psychosomatik Vorlesung
Psychovegetative Modellvorstellung
Konzept der Konfliktspezifität nach Alexander (1961)
Konflikt
Rivalität
Abhängigkeit
(positive Abhängigkeitswünsche z.B. Liebespaar)
aggressiv
passiv
Dauererregung
Dauererregung
Sympathikus
Parasympathikus
Blockade
Blockade
Kampf/Flucht
Versorgung
Neuroendokrinum
dauerhafte
Selye-Reaktion
Hypertonus
Migräne
Asthma bronchiale
Ulcus duodeni
Affektgesteuertes Willkürverhalten, Ausdrucksinnervation und Vegetativum sind immer gleichzeitig
vorhanden, wenn ein Konflikt angesprochen wird.
Entwicklungspsychologisches Modell
Triebtheoretisches Konversionsmodell nach Freud (1926)
Konversion = psychische Symptomatik, die in ein körperliches Ausdruckssymptom umgeformt wird
soziale Aktualisierung / VVS
unbewußter,ödipaler,
sexueller Konflikt---------------> über Triebwunsch <---------------------------
Triebe, zeitlos, keine
Kausalität, Lustprinzip
Unbewußtes
Signalangst
Symptom, teilbefriedigender
Kompromiß aus sexuellem Triebwunsch und Abwehr, Triebkontrolle
 Ute Laber
Über-Ich, internalisierte
Normen, Elternbilder
Ich, Abwehrorganisation,
Angstbewältigung
Regression der
Realitätsbewältigung (ödipale,
anale, orale Fixierung)
7
Psychosomatik Vorlesung
Konzept der De-/Resomatisierung
Zweizeitige Symptomentstehung nach Schur (1955)
(1)
Körper-Ich des Säuglings
geringe Möglichkeit der intrapsychischen Affektsymbolisierung, extreme LustUnlust-Spannungen, reale Angewiesenheit auf empathiefähiges Primärobjekt.
( => Erleben einer respondiblen Mutter – Kind – Beziehung = Respondiv)
SG erlebt
a) Ausdrucksmöglichkeit b) Verstanden zu werden
Körpersymptom ist identisch mit Affekt
keine Möglichkeit des Ausdrucks mit Sprache
(2)
direkte somatische Affektabwehr
zunehmende
Reifung
Desomatisierung
Affektdifferenzierung
intrapsych. Verarbeitung ↑
(3)
Resomatisierung
Regression
Konflikt
differenzierte Affektsymbolisierung
Erwachsenen – Ich
adaptives Verhalten, Versprachlichung, Frustrationstoleranz
Psychosomatische Patienten können das nicht !
Neuro – psychologische Modellvorstellung
Untersuchung durchgeführt an split – brain – Patienten.
(Durchtrennung des Corpus callosum bei extremer Epilepsie)
Funktionelle Hemisphärenspezialisierung
wichtig für Alexithyme: können nicht über Gefühle sprechen
wichtig für PTSD: Konzentration↓, schwerste Angstzustände, Alpträume, emotionale Erstarrung
Zwei komplementäre Strategien zur Erfassung relevanter Ereignisketten.
intuitive, gestalthaft – synoptische Erfassung und Reizbewertung,
ganzheitliche Mustererkennung
re Hemisphäre
li Hemisphäre
Affektsignal
Sprachbewußtsein
sequenzanalytische Erfassung der kausal-logischen Bedingungsstruktur
 Ute Laber
8
Psychosomatik Vorlesung
Faserverbindung des Corpus callosum bei Frauen dichter als bei Männern!
Der Psycho – neuro – humorale Ansatz
Es existieren enge
humorale
funktionelle
strukturelle
Verbindungen zwischen ZNS und Immunsystem.
è diese unterliegen psychosozialen Einflüssen.
(Die Synapsendichte steigt, wenn Ratten nach der Geburt gestreichelt werden)
Kommunikation: ZNS ↔ Immunsystem
Rattenversuch : niedrige soziale Partizipation (Außenseiter) hat niedrige Immunparameter
150.000 Benzodiazepin – Rezeptoren auf jedem Makrophagen
Inhibierung der Synthese von IL-1 und TNF
„ Die Seele unterhält sich mit dem Immunsystem!“
Axon
Lymphoyzyt
è intime synaptische Verbindung zwischen vegetativen Nerven und lymphatischem Gewebe
Bindungsforschung:
-
Herstellung von Nähe zu Bindungsfigur bei Streß /Bedrohung
Objektidentifizierung, Affektidentifizierung
Bindungsformen: sicher – ambivalent - vermeidend
 Ute Laber
9
Psychosomatik Vorlesung
20.04.99
Dr. Alberti
Psychosomatik körperlicher und chronischer Erkrankungen
Sekundär psychosomatische Erkrankungen
(1) Es muß eine organisch verursachte Grunderkrankung vorliegen.
(2) Diese Grunderkrankung muß von gravierender Schwere und Dauer sein oder sie muß
gravierende und alternierende therapeutische Maßnahmen nach sich ziehen.
(3) Die sekundäre psychogene Erkrankung muß in Symptomwahl und Verlauf in einer
nachvollziehbaren Beziehung zur Grunderkrankung stehen.
3 Gruppen von Patienten:
•
•
•
Patienten, die die psychische Erkrankung auch psychisch erleben
ð therapeutisch am besten zugänglich
Patienten, die die psychische Erkrankung somatisch erleben
ð therapeutisch schwierig zugänglich
Patienten, die durch ihre primär organische Erkrankung psychische Probleme bekommen
Ideal - Selbst
Wohlbefinden
Sicherheit
Real - Selbst
Real – Selbst = Einschätzung von sich selbst ( entspricht bei nicht gestörten Personen
in der Regel der Einschätzung der Umgebung)
Ideal – Selbst: Abstand zwischen Real - und Ideal – Selbst ist in der Regel genau so groß, daß die
Spannung noch ausgehalten werden kann → innerer Ansporn
Wenn die Beziehung zwischen Ideal - und Real – Selbst zusammenbricht
è narzißtische Krise
Unterschiede im Idealbild:
Idealbild: Athlet → Beinverlust => tiefe Krise
Idealbild: Intellektueller → Beinverlust => nicht ganz so tiefe Krise
 Ute Laber
10
Psychosomatik Vorlesung
Biopsychosoziales Bedingungsgefüge
Biologische Faktoren wirken
verlaufsbeeinflussend
Biologisch-genetische
Faktoren wirken mitbedingend
Biologische Faktoren sind
Folge der Erkrankung
Individuelle
Erkrankung
Psychosoziale Faktoren sind
mitbedingend
Psychosoziale Faktoren sind
Folge der Erkrankung
Psychosoziale Faktoren
wirken verlaufsbeeinflussend
Stufenprogramm psychosozialer – psychotherapeutischer Behandlungsschritte
bei körperlichen Erkrankungen
Indikation
Art der Therapie
Auseinandersetzung mit der Erkrankung und
ihren Auswirkungen
Information und ärztliches Gespräch
soziale Unterstützung
Selbsthilfegruppen
Krankheitsbewältigung
Gruppentherapie mit Bewältigungstraining
Seelische Störungen
Stützende Psychotherapie, unterschiedliche
Fachpsychotherapie
Psychogenese = psychologische Grundlage organischer Erkrankung (Krebs)
→ nicht bewiesen, das Gegenteil aber auch nicht !
„Alles macht krank, wenn man daran glaubt !“
Es gibt keine optimale Bewältigungsstrategie für eine chronische Erkrankung. Die Strategien wechseln
je nach Patient und auch bei Patienten in verschiedenen Krankheitsphasen.
 Ute Laber
11
Psychosomatik Vorlesung
Phasen der Krebserkrankung
Prädiagnostische Phase:
Diagnosemitteilung:
Initialphase der Erkrankung :
Chronizität:
Terminale Phase:
Patient spürt etwas => „Soll ich zum Arzt gehen ?“
wenn ja: Gefahr des Hoffnungsverlustes
wenn nein: Bestehen der Unsicherheit
Verleugnung
Patient muß seine Hoffnung aufgeben
Hoffnungslosigkeit
Hoffnungslosigkeit erfährt Bewältigung
Aggressivität gegenüber helfenden Berufen
20 – 50% der Patienten haben Depressionen nach Krebs
die Suizidneigung ist gegenüber der Normalbevölkerung nicht erhöht
vorzeitige Berentung mit Verstärkung des Minderwertigkeitsgefühls
Aufbau einer hilfreichen Beziehung
1) Anerkennung der körperlichen Störungen, dem Leiden des Patienten Raum und Aufmerksamkeit
geben
2) Verständnis und Akzeptanz für den Patienten
3) Positive Abwehrhaltungen unterstützen, negative therapieren
4) Behandlungsziele sollten realistisch aber auch zuversichtlich und hoffnungsvoll sein
5) Behandlungsfortschritte würdigen und betonen
Aufarbeitung innerseelischer Konflikte, die im Zusammenhang mit der körperlichen Erkrankung stehen
1) Patient soll Gefühle und Gedanken ausdrücken, die im Zusammenhang mit der Erkrankung und
seiner Lebenssituation stehen.
2) Gemeinsames Verständnis der Erkrankung wird erarbeitet.
3) Therapeut nimmt seine bisher beziehungsgestaltende Haltung zunehmend zurück und geht
langsam zu tiefenpsychologischen Techniken über.
Die Bedeutung der Erkrankung darf aber trotz aller neurotischen Konflikte nie übersehen werden.
Ziel einer Psychotherapie bei körperlichen Erkrankungen
1)
2)
3)
4)
Verbesserte Bewältigung der körperlichen Erkrankung
Verbesserte Bewältigung der seelischen Belastung / Symptomatik
Verbesserung des Gesundheitsverhaltens : aktive Mitverantwortung
wenn erreichbar : Verbesserung der körperlichen Erkrankung
 Ute Laber
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Psychosomatik Vorlesung
27.04.99
Dr. Kruse
Somatoforme Störungen
Synonyme: Vegetative Dystonie
Psychogene Syndrome
Vegetative Neurose
Vegetative Areflexie
Vegetative Stigmatisation
Vegetative Ataxie
Vegetativ-endokrines Syndrom
Funktionelle Erkrankung
Organneurose
Lavierte Depression
Somatisation

funktionelle Störungen
Typisch für Patienten mit somatoformen Störungen ist das Auftreten von bis zu 10 verschiedenen,
wechselnden Störungen verschiedenster Organe.
Somatoforme Störungen (nach ICD-10):
•
•
•
somatisch nicht zu erklärende Beschwerden
hartnäckige Weigerung der Patienten, zu glauben, daß keine Störung vorliegt
Neigung der Patienten, immer wieder zum Arzt zu gehen
1) Somatisierungsstörung (mehrere Arztbesuche, psychosozialer Auslöser, oft wechselnde
Beschwerden, > 2 Jahre, > 6 Monate somatische Krankheit ohne
organische Störung)
2) Somatoforme autonome Funktionsstörung (kardiovaskulär, GIT, UGT, Respir.)
3) Somatoforme Schmerzstörung (keine somatischen Veränderungen oder somat. Veränderungen,
die das Schmerzausmaß nicht erklären können)
4) Hypochondrische Störung ( incl. körperdysmorpher Störung = Patienten sehen sich anders als sie
sind, z.B. krumme Nase, obwohl sie gerade ist), Krankheitsangst
steht im Vordergrund
5) Undifferenzierte somatoforme Störung
6) Andere somatoforme Störungen (z.B. Torticollis, Globus, Jucken, Dysmenorrhoe, Bruxismus)
7) Somatoforme Störungen
Modell der Symptomentstehung (Psychogenese)
Persönlichkeit, prämorbide
↓
auslösende Situation
↓
Symptomatik
↓
Chronifizierungsprozesse
 Ute Laber
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Psychosomatik Vorlesung
Psychosomatische Diagnose soll auch positiv gestellt werden ( nicht nur: „wenn nichts anderes zu
finden ist, dann ist es eben psychosomatisch“)
Große allgemein – auslösende Situation (z.B. allgemeines Unglücklichsein über Beziehung / Leben)
Kleine auslösende Situationen (z.B. Ende einer kurzen Beziehung)
=> Beziehungs„geschichten“ : Lebensziele: Was will der Patient ? Was ist ihm wichtig im Leben ?
Psychosomatische DD bei chronischen Schmerzen
-
psychogener Schmerz (keine somatische Ursache)
psychosomatischer Schmerz
(Belastungssituation → Verspannung → WS-Verschleiß → Schmerz)
primär organisch bedingter Schmerz
Schmerzen im Rahmen psychischer Erkrankungen, Simulation, artifizielle Erkrankung
(absichtliches Zufügen von Schmerz)
Emotionale Deprivation in Kindheit und Jugend psychogener Schmerzpatienten
-
Beziehung zur Mutter nicht tragfähig
Beziehung zum Vater nicht tragfähig
Zuwendung der Eltern materiell oder an Leistung gekoppelt
Prügel / Mißhandlung durch Eltern häufiger
bei Meinungsverschiedenheiten keine persönliche Auseinandersetzung mit den Eltern möglich
Streit zwischen den Eltern
Scheidung / Trennung bis zum 18.Lj.
Scheidung / Trennung bis zum 7.Lj.
Familienbetrieb / beide Eltern immer berufstätig
Geborgenheit in Kindheit und Jugend gesamt
Kindheitsbelastungswert
Lieblingsspielzeug als Ersatz für eine Bezugsperson
sexueller Mißbrauch
Zur Bedeutung der Affekte und des Affektausdrucks:
„Affektverarbeitung“
1) Die Affekte sind darauf gerichtet, die Umwelt nach unseren Bedürfnissen zu formen
(→ in Beziehung treten mit anderen Menschen).
2) Die Affekte sind Bindeglieder zwischen sozialen, somatischen und seelischen Aspekten des
Lebens.
3) Affekte sind verbunden mit physiologischen, individuell verschiedenen, Veränderungen
im Körper (Trauer → weinen; Wut → HF↑, RR↑; Angst → schwitzen).
4) Die physiologischen Begleitvorgänge der Affekte können ablaufen, ohne daß der Affekt
wahrgenommen wird.
5) Je weniger wir die Affekte wahrnehmen und ausdrücken können, desto intensiver ist die
begleitende körperliche Reaktion.
6) Insbesondere nicht wahrgenommene negative Affekte wie Ekel, Wut, Ärger, Trauer, Angst, Scheu,
Furcht scheinen mit physiologischen Reaktionen verbunden zu sein, die in eine psychogene
Erkrankung münden können.
 Ute Laber
14
Psychosomatik Vorlesung
→ wie kommt der Affekt in den Körper ?
(1) Konversionsmodell (Symptome = symbolische Mitteilung an die Umgebung)
körperliches Symptom ist Ausdruck eines inneren Konflikts
→ man möchte zuschlagen, darf es aber nicht => Lähmung
→ psychogene Blindheit, Hypästhesien (v.a. im Gyn – Bereich), Lähmungen
(2) Psychophysiologische Begleitreaktion
chronisch aggressive Spannungen → Schmerzreaktion
Anspannung = physiologische Reaktion
(4) Typische psychosomatische Störungen, Alexithymie
Patienten mit sehr eingeschränktem Affekteinsehen
Innenwelt kann nicht sortiert, differenziert werden (alles gut oder schlecht)
→ chronisches Magenulcus
auslösende Situation--------------------------------------> Symptomatik
Affektverarbeitung
o.g. Modelle
Auslösende Situationen
-
Störungen der sozialen Integration
Verlust an Geborgenheit und Versorgung
Trennungen ( z.B. Aus-/Umsiedler)
beruflicher Aufstieg
Heirat (hierdurch Trennung von Eltern, etc)
Geburt von Kindern
individuell sehr unterschiedliche Zusatzfaktoren
ð entsprechen Trennungssituationen
subjektiv!!!
z.B. Beförderung → Trennung von Kollegen, „man kann nicht mehr mit ihnen in der
Kneipe sitzen, weil man ja jetzt der Chef ist“
Teufelskreis somatoformer Störungen
körperlicher Reiz
körperliche Symptome
Wahrnehmung
Physiologische Veränderungen
Gedanken „Gefahr“
Angst
 Ute Laber
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Psychosomatik Vorlesung
(sichtbares Verhalten)
Persönlichkeit
-
nicht einheitlich
Probleme im Affektausdruck (Ärger, Angst)
leistungsorientiert
50% leiden unter einer manifesten Depression oder Angsterkrankung
30% haben ein Elternteil vor dem 30. Lebensjahr verloren
40% haben einen gewalttätigen oder sexuellen Mißbrauch erlebt
Arzt – Patient – Beziehung
-
Patienten sind affektiv verschlossen („Herr Doktor, ich hab´s nicht im Kopf, sondern im Bauch –
untersuchen Sie mich!“)
Klagen sind Anklagen → Wunsch nach Geborgenheit und Sicherheit
diagnostische Unsicherheit des Arztes → Überweisungen → Angst des Patienten steigt
→ iatrogene Folgekrankheit
Iatrogene Folgeerkrankungen - Komplikationen
-
Psychopharmaka → Sucht
häufige Krankenhauseinweisungen, sekundäre organische Komplikationen durch unnötige OPs
Chronifizierung
Therapie
-
vertrauensvolle Atmosphäre schaffen
dem Patienten ausreichend Zeit zur Symptomschilderung geben
einmalige sorgfältige Abklärung der somatischen Befunde
über die Erkrankung plastisch informieren (am Modell erklären)
keine Minibefunde mitteilen
Zurückhaltung bei der Verordnung von Medikamenten (Tranquilizer, Digitalis, etc.)
physikalische Therapiemaßnahmen
psychosoziale Situation erkunden
Zeitkontingente, Wiedereinbestellung
Patienten zur Psychotherapie ermuntern
Patienten vor eingreifenden Untersuchungen und OPs schützen
 Ute Laber
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Psychosomatik Vorlesung
Primärpersönlichkeit / Psychodynamik
Es findet sich keine spezifische Charakterstruktur. Bei zahlreichen Patienten lassen sich die
Traumatisierungen in der Kindheit nachweisen, andere Patienten entstammen sehr rigiden,
überangepaßten Familien. Zugrunde liegt nicht selten ein depressiver Grundkonflikt. Als Folge
unzureichender Versorgung oder traumatisierender Einflüsse in der Kindheit bleibt der spätere
Erwachsene in seinen zentralen Beziehungswünschen unbefriedigt.
→ Als Kind konnte der Patient nicht das Bild eines beschützenden, zugewandten Menschen
verinnerlichen, der Schmerzen, Angst und Unlust auffängt und Selbstvertrauen vermittelt. Daher
entwickelt der Patient starke Sehnsüchte nach einem Menschen, der ihn liebt, bestärkt, Sicherheit
und Fürsorge vermittelt und ihn auch vor unangenehmen Gefühlen schützt.
Diese Sehnsüchte werden aber wegen ihres unrealistischen Gehalts oftmals enttäuscht
=> Trauer, Angst, Rache, Enttäuschung, Zorn, Anklage, Vorwurf, Zurücksetzung, etc.
Selbstwertkrise, Gefühle der Nichtigkeit, Leere, Gekränktheit, Verzweiflung,
Angst vor dem Alleinsein
Ausbildung verschiedener Charaktere
abhängige Personen
Personen mit labilem
Selbstwertgefühl
(narzißtische Persönlichkeit)
Personen mit dem
„falschen“ Selbstwertgefühl
„Fassadenpersönlichkeit“
in ihren Wünschen und
Gefühlen orientieren sie sich
ganz nach den Bedürfnissen
der anderen Menschen
→ wirken in ihrer Vitalität
eingeschränkt und unecht
Erkrankung wenn
Versorgung gefährdet
ist.
Erkrankung, wenn sie
gekränkt werden.
Erkrankung, wenn sie ihre
Persönlichkeit als bedroht
erleben.
 Ute Laber
17
Psychosomatik Vorlesung
04.05.99
Dr. Franz
Hysterie und Konversion
Hysterie
Definition: Psychogene Modellerkrankung, an welcher für das Verständnis psychogener Erkrankungen
wichtige Konstrukte entwickelt wurden (infantile Sexualität, das Unbewußte, Konfliktbegriff)
Frauen > Männer, Männer = “Kriegszitterer”
Symptome I :
Astasie / Abasie
Psychogene Anfälle
Paresen / Plegien, Kontrakturen (links > rechts)
Hyp-/ Anästhesien
sensorische Störungen: Amaurosen, Aphonien, Erbrechen,
motorisch ausgestaltete Anfälle, Ohnmachten
→ indifferente Einstellung zu gravierenden Ausfällen
prädisponierende Faktoren:
Frauen
Kindheitsbelastungen
hohe psychische Beeinträchtigung
Depressivität
häufige und multiple ärztliche Inanspruchnahme
Symptome II :
Dämmerzustände, Trance, lebhafte Phantasie, Wachträume
Pseudohalluzinationen szenischer Art (Schlangen, Aliens, Entführung durch Aliens)
Konzentrationsstörungen, Amnesien
Pseudologica phantastica (Münchhausen – Syndrom)
Ganser – Syndrom (Pseudopsychose, bizarres aber systematisches Verhalten → Patienten spielen
wahnsinnig)
Puerilismus (kraß – infantiles Verhalten, evtl. Kleinkindsprache)
Pseudodemenz (auch basale Kenntnisse fehlen: 2+2, Identifikation eines Messers)
Symptome III :
starke Erotisierung, gestörte Erlebnisfähigkeit, Vermeidung des Geschlechtsverkehrs
arc de cercle, Scheinschwangerschaft
Hypersexualität (Nymphomanie, Don Juanismus)
Theatralische Launenhaftigkeit, Affektlabilität
Beziehungsstörungen, kaum tiefgehende Kontakte
Suggestibilität, hohe Identifizierungsbereitschaft
 Ute Laber
18
Psychosomatik Vorlesung
Epochale psychogenetische Umdeutung durch Sigmund Freud – Freud´sches Konversionsmodell
-
als Ursache für die hysterische Erkrankung: sexueller Mißbrauch in der Kindheit
später symbolischer Ausdruck eines aus dem Bewußtsein verdrängten Triebkonfliktes
Heute gelten beide als mögliche Teilursachen.
Konversion
Definition: Komplexer psychischer Vorgang, der der Entlastung dient
umfaßt 11 Schritte der Symptomentstehung
phänomenal: Konversionsstörungen
dissoziative Persönlichkeitsstörungen
histrionische Persönlichkeit
Symptomentstehung:
1) Sex – Wunsch mit nahen Personen, Aggressivität gegen nahe Personen
= für das Individuum nicht annehmbare Wünsche
2) Stimulation
3) Hemmung des offenen Ausdrucks durch Abwehr
4) Verdrängung des Impulses, vorläufige Konfliktentlastung
5) Verbindung mit der Vorstellung von körperlichem Vorgang, Somatisierung
6) Leitschiene ist die unbewußte subjektive Vorstellung von symptomatisch relevanten körperlichen
Vorgängen, Symptomwahl ist konstitutionell
7) Dissoziation von körperlichem Vorgang und zugehöriger Vorstellung umschriebener
Bewußtseinsveränderung
8) körperlicher Vorgang kann sich unbehindert von der Abwehr Ausdruck verschaffen, ist dem
Individuum nur unverständlich
9) Entlastungseffekt = primärer Krankheitsgewinn
10) Symptom = Kompromiß zwischen verpönter impulshaften Vorstellung und der gegen diese
gerichtete Abwehr, “lokaler Totstellreflex”
11) Umgebung reagiert mit weiterer Entlastung = sekundärer Krankheitsgewinn
Psychodynamik:
Es geht darum, jemand anderes sein zu wollen, weil das Erleben eigener (sexueller, aggressiver,
passiver) Impulse und Wünsche zu ängstigend ist.
-
mit Hilfe von Verdrängung, Identifikation und Emotionalisierung
rollenhafte, unecht wirkende Inszenierungen
→ Veränderung des Selbsterlebens, Regression
diese ermöglicht die Flucht vor dem Gewissen
latente Befriedigung des abgewehrten Wunsches im Symptom
 Ute Laber
19
Psychosomatik Vorlesung
Moderne Theorien:
-
Entwicklungstraumen, Zusammenspiel früher (dyadischer) und ödipaler (triadischer)
Beziehungserfahrung
pathologische Mutter–Kind–Beziehung (path. Dyade)
Hinwendung des Entwicklungsbedürfnisses zum Vater
→ dieser versagt in der triangulierenden Funktion
Sexualisierung der Vater–Kind–Beziehung
Verleugnung der Enttäuschung am Vater, Idealisierung
Illusion: Trennung vom traumatischen Mutterbild gelungen
Unbewußte Realität: infantile Abhängigkeit persistiert
Wiederholung: sexualisierte Suche nach versorgender Bezugsperson
Sexualisierung von Beziehungen = der untaugliche Versuch, sich mit ängstigenden Triebwünschen
aus einer bedrohlich erlebten (mütterlichen) Abhängigkeit appelativ
einer väterlich – sichernden Bezugsperson zuzuwenden.
Klinische Diagnostik der Anfälle:
-
nicht tonisch – klonisch, eher motorisch – expressiv
selten Verletzungen (Zungenbiß)
selten Initialschrei oder Urinabgang
Augenlider werden zugehalten
keine PBZ, Pupillenstarre
keine postiktale Erschöpfung, EEG – Zeichen
keine postiktale Prolactinerhöhung (CK-MB)
Versprecher: “Muttagsschlaf”, “Orgasminus”
 Ute Laber
20
Psychosomatik Vorlesung
è Hysterie – Symptomatik
Somatisierungsstörung
polysymptomatische Hysterie vor allem bei jungen Frauen (20 – 35 Jahre, keine Geschlechtspräferenz bei
Jugendlichen)
multiple, flüchtige, rasch wechselnde Symptomatik (Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit, sexuelle Störungen)
∼> psychovegetative Störung, funktionelle Syndrome
häufig begleitende Ängste
im Verhalten: affektive , “übertriebene” Art der Symptomdarstellung
Konversionsstörung
pseudoneurologische, psychogene Störungen, Anfälle (arc de cercle – heute ausgesprochen selten),
Störungen der Motorik (schlaffe, selten spastische Paresen, Hemiplegien, grobschlägiger Tremor, Dysbasie, Abasie,
choreiforme Bewegungsstörungen), Sensibilität und Wahrnehmung (Anästhesie, Dysästhesie, Sehstörungen (selten),
Taubheit (selten, aber: Ohrgeräusche), Schwindelattacken (häufig), Dysphonie, Aphonie
Dissoziative Störung
charakteristische Bewußtseinsstörung, große Bandbreite von subklinischen bis schwer
beeinträchtigenden Bildern (Geistesabwesenheit, „Verträumtheit“, Trance, Amnesie, psychogener Dämmerzustand,
multiple Persönlichkeit)
Histrionische Persönlichkeit
Hysterische Persönlichkeitsstörung (extrovertiert – egozentrisches Persönlichkeitsbild = schauspielerartig)
•
•
Konversion als Umsetzung einer Erregungssumme ins Körperliche
Konversion wird ermöglicht durch somatisches Entgegenkommen als „Kristallisationskern“.
Quantitativer Aspekt eines psychischen Phänomens wird von der Bedeutung „abgetrennt“ und
erscheint als zunächst unverständliches körperliches Symptom, während die dazugehörige
Vorstellung unbewußt bleibt. (= Dissoziation)
•
Hysteriker verfügen über Fähigkeit, eine Bedeutungsbiographie zu entfalten :
- seelischer Binnenraum vorhanden
•
Hysterie: Somatisierungsstörung ist sehr häufig vorhanden (?), monosymptomatische
Konversionsstörungen sind sehr selten.
 Ute Laber
21
Psychosomatik Vorlesung
Entwicklungspsychologie (interpersonelle „Geschichte“)
-
-
-
wurde geliebt für Attraktivität und Unterhaltungswert, Kompetenzen wurden lächerlich gemacht
è beschäftigt mit hübsch und unterhaltend sein, vermeidet Kompetenzen, Angst vor Abhängigkeit
anderer
dem gleichgeschlechtlichen Elternteil vorgezogen
è Verachtung für Personen gleichen Geschlechts
äußere Erscheinung, Charme, um Pflegeperson zu beeinflussen
è Selbstkonzept wird von der Fähigkeit bestimmt, andere durch Charme zu Fürsorglichkeit zu
veranlassen
familiäre „als – ob“ – Beziehungen („als ob wir uns alle mögen“)
è charmant, unterhaltend aber persönlich unzugänglich
Kränklichkeit, Bedürftigkeit um Pflegeperson zu beeinflussen
è fordert Versorgung, wenn bedürftig
Beispiele für hysterische Typen: Salonlöwen, Prinzessin, der ewige Jüngling
•
instrumentelle Inkompetenz:
eine Menge Fähigkeiten wurden nicht erworben, da Arbeit immer an andere abgegeben wurde
=> Patienten müssen im Rahmen der Psychotherapie diese Fähigkeiten erst erwerben.
Die Patienten sind oberflächlich intakt.
•
Entwicklungspsychologie (intrapsychische Dimension)
inzestuöse Besitzwünsche mit dazugehöriger Feindseligkeit gegenüber Rivalen; Festhalten an
ödipalen Objekten auch unter dem Preis des Verzichts auf sexuelle Erfüllung
Regression:
erfolgt auf die phallische bzw. phallisch – narzißtische Stufe. Körperlichkeit dient der narzißstisch –
phallischen Glanzentfaltung, exhibitionistische Darbietung eigener Attraktivität, Erotisierung der
Beziehungen unter Ausschaltung sexueller Vollzüge („ewige Braut“, „ewiger Jüngling“, „Salonlöwe“)
prädominierende Affekte
Angst vor körperlicher Beschädigung (Kastrationsangst), Befürchtung, daß etwas Schlimmes
(Ungerechtes) geschehen sei è Penisneid
(unbewußte) Phantasien, oft sexuellen Inhalts wirken ursächlich (v.a. für die Therapie wichtig)
Ichstörung:
Wißbegierde, „Es-wissen-wollen“bleibt defizitär, ↓ Antizipationsfähigkeit, Verharren in „kindlich unschuldiger“ Ahnungslosigkeit
Über –Ich:
Überwiegen situativ begründeter Verhaltensregeln („Beziehungsmoral“ statt „Gesetzesmoral“)
 Ute Laber
22
Psychosomatik Vorlesung
•
Abwehrmechanismen
klassische Abwehrmechanismen: Verdrängung und Verleugnung
tritt klinisch in Erscheiung als Nichternstnehmen, Bagatellisieren, Verharmlosen der Realität,
„belle indifférence“
Identifizierungsneigung:
welches auch zu dem Eindruck des Unscharfen, Labilen im Charakter hysterischer Personen beiträgt;
Abwehrmechanismus, durch den sich eine Person unbewußt an die Stelle einer anderen setzt und
deren Eigenschaften und Verhalten übernimmt
Hyperemotionalität
„Szene“, „Anfall“,, „Nervenzusammenbruch“ → führt oft zur Abwertung
Agieren
Verdrängung des Selbstbildes
Gewissensberuhigung nach innen
Symbolisierung
ausdrucksartige Darstellung innerer Konflikte in Symptomen
Dissoziation
Verdrängung der Bewußtheit, Tagträume
• kognitive Aspekte
Denkstil ist an subjektiven Eindrücken orientiert („ Oh, er ist wunderbar ! Er ist zack-bumm, das ist
alles ! Einfach zack-bumm !“)
Denkstil ist im allgemeinen global und relativ diffus, wenig an Details interessiert → impressionistisch
→ Tendenz zur schnellen Reaktion auf das Beeindruckende.
• Therapie:
psychoanalytisch orientierende Therapie, kognitive Therapie
keine Unterstützung der abhängig – bedürftigen Haltung
Notwendigkeit realistische Wahl zu treffen bzgl. Lebensstils /eigener Identität
 Ute Laber
23
Psychosomatik Vorlesung
11.05.99
Dr. Wöller
Psychosomatosen
Organsystem
Funktionelle Störung
Psychosomatose
Herz – Kreislauf
Herzneurose
psychogene Synkopen
AMI, KHK,
essentielle Hypertonie
Atemwege
Hyperventilationssyndrom
Asthma bronchiale
Magen, Duodenum
funktionelle
Oberbauchbeschwerden
Ulcus ventriculi
Ulcus duodeni
Darm
funktionelle Ober- und
Unterbauchbeschwerden
Colitis ulcerosa
M. Crohn
Bewegungsapparat
Psychogene Lähmungen
Chronische Polyarthritis
Weichteilrheumatismus
Lumboischialgie
Stoffwechsel
Diabetes mellitus
Endokrinum
Hypothyreose
Gynäkologie
Unterbauchschmerzen
funktionelle Sexualstörungen
Dermatologie
Psychogener Pruritus
Neurodermitis
HNO
Psychogene Hörstörung
Psychogener Schwindel
Hörsturz
Tinnitus
Psychosomatosen → funktionelle Störung, somatische Komponente
psychogene Störung → es existiert kein organpathologisches Korrelat
 Ute Laber
24
Psychosomatik Vorlesung
Asthma bronchiale
subjektiv: anfallsweise Atemnot
objektiv: reversible Atemwegsobstruktion infolge Entzündung und Hyperreaktivität der Atemwege
Prävalenz: 3 – 6%
Mortalität: 3500 asthmabezogene Todesfälle pro Jahr in den USA, Tendenz steigend
Klinik:
unterschiedlich: symptomfreie Intervalle bis Status asthmaticus
Ätiologie:
Bereitschaft zu überschießender Bronchokonstriktion genetisch determiniert
→ notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für klinische Manifestation
nicht asthma-spezifisch: bei 80% aller Patienten mit Heuschnupfen, 61% aller Patienten mit
Neurodermitis, bei Patienten mit chonischer Bronchitis
abhängig von
- genetischen Faktoren
- Sensibilität der Rezeptoren in der Bronchialschleimhaut
- Stärke der Reflexbahnung
- modulierende Einflüsse des autonomen Nervensystems
Psychosoziale Faktoren:
(1) Anfallsauslösung und Symptomverstärkung
(2) Schwere Anfälle können durch psychosoziale Faktoren (mit-)ausgelöst werden, meistens in
Verbindung mit anderen Faktoren.
Psychosoziale Faktoren können das Ansprechen auf die anti-asthmatische Pharmakotherapie
erschweren oder zur Therapie-Resistenz führen.
Krankheitsverhalten:
-
Compliance – Defizite
Risikokrankheitsverhalten: Verzögerung der Inanspruchnahme eines Arztes bei schweren Anfällen
In 60 – 70% schwerer Anfälle Mitbeteiligung emotionaler Faktoren bei der Auslösung
neben anderen Formen:
exogen-allergisch
unspezifisch-irritativ
immunologisch-entzündlich
vegetativ-psychotisch
Bei Auslösung durch emotionale Faktoren keine Unterschiede zwischen allergischen
und nicht-allergischen Asthmatikern.
 Ute Laber
25
Psychosomatik Vorlesung
Anfälle sind induzierbar durch Exposition gegenüber bedeutungsaufgeladenen emotionalen
Situationen
→ emotional gefärbte Situationen
→ Aktivierung von Angst, Wut, aber auch freudige Empfindungen
→ besonders Aufstau von Emotionen, die aus inneren oder äußeren Gründen nicht adäquat
ausgedrückt werden können
Unbewußte emotionale Konfiguration der Enttäuschung, des Verstoßen– und im Stich–gelassen–
werdens, der Wehrlosigkeit und des Ausgeliefertseins.
Die Mobilisierung aggressiver Regungen bei Wut, Ekel, Angst, Scham bei gleichzeitiger Unfähigkeit
sich zu wehren.
Konfliktspezifitätstheorie nach Alexander (1950)
(1) keine spezifische Persönlichkeitsstruktur mit Asthma bronchiale
(2) Autonomie – Abhängigkeits – Konflikte bei 50% der Patienten, daneben auch andere Konflikte
(ambivalente, nicht gelöste Abhängigkeitskonflikte zur Mutter oder Mutter-Ersatzfigur)
(3) Typicalty als klinisches Konstrukt
Interaktion allergischer und psychischer Faktoren
Die Exposition gegenüber dem gleichen Allergen, gegen das eine Sensibilisierung besteht, führt in der
Nähe der Eltern zu einem Anfall.
Hinweise auf eine psychogene Auslösung
- Verlust / Trennung von einer Schlüsselfigur als Auslöser des 1. Anfalls in 50% der Fälle
- Verschlechterung eines bestehenden Asthmas bei Verlust / Trennung einer Bezugsperson
Psychogenese / Autonomie – Abhängigkeits – Konflikte:
1) defizitäre frühe Objekterfahrung
⇒ Mütter werden vorwiegend dominierend, besitzergreifend, erniedrigend geschildert, Vater fehlt
oft (Trennung, Tod), wenig präsent oder schwach
2) abhängige Persönlichkeitsstruktur
⇒ offen abhängig: ängstlich, anklammernd, häufige Arztbesuche
pseudoautonom: betont selbstständig, wenig Arztbesuche
3) symptomauslösende Situation
⇒ Verluste / Trennungen
Ohnmachts-/ Hilflosigkeitserfahrungen (real, ausgedacht)
4) Symptomausbildung
 Ute Laber
26
Psychosomatik Vorlesung
Kritisches Krankheitsverhalten
(1) offen – abhängiger Persönlichkeitstypus
- zahlreiche Arzt- und Notarztkontakte
- übermäßiger Medikamentenkonsum, insbesondere inhalative ß-Mimetika
- lange Klinikaufenthalte
(2) pseudoautonomer Persönlichkeitstypus
- Beschwerdeverleugnung
vor nächsten Angehörigen: Angst, als krank und schwach zu gelten (bedrohte
Selbstwertregulierung)
vor dem Arzt: Angst vor Klinikeinweisung (Abhängigkeitsängste)
- arztvermeidendes Verhalten
spärliche Arztkontakte auch bei schweren Beschwerden
Verzögerung der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe im schweren Anfall
(cave.Mortalität!)
frühzeitige Klinikentlassung
- Compliance – Defizite
Selbstwertproblematik
Autonomieproblematik
⇒ Einnahme von asthmaspezifischen Medikamenten (Cortison) stellt eine Gefährdung des
Selbstwertgefühls dar.
Ärztlicher Umgang
(1) organmedizinische Diagnose und Therapie
(2) psychosomatische Diagnose
Exploration des psychosomatischen Hintergrundes (Familie, Beruf) im Hinblick auf
symptomauslösende Situationen
Exploration im Hinblick auf Risikokrankheitsverhalten (Non-Compliance, Arztvermeidung)
(3) Aufklärung und Information
Patientenschulung
(4) Patientenführung
Autonomieproblematik, insbesondere Abhängigkeitsängste sowie Selbstwertproblematik
beachten
(5) Psychotherapie- Indikation prüfen
Betreuung im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung
bei deutlich psychosozialer Symptomauslösung oder Risikokrankheitsverhalten
Psychotherapie
in allgemein-stationärer Psychotherapie in einer
psychosomatischen Klinik
bei leichterem Asthma auch ambulant
 Ute Laber
27
Psychosomatik Vorlesung
Psychodynamik
In der Kindheit waren diese Patienten in ihren Abhängigkeits- und Versorgungswünschen
zurückgewiesen und in der Entwicklung einer reifen Autonomie behindert worden.
Offen – abhängige Patienten zeichnen sich durch Anklammerungstendenzen und Überängstlichkeit
bei Anfällen aus.
Pseudounabhängige Patienten, deren Abhängigkeitswünsche abgewehrt sind, neigen dazu, ihre
Beschwerden auch gegenüber ihren Bezugspersonen zu leugnen. Die Angst vor Kritik und
Zurückweisung und die Furcht vor dem Vorwurf, sie würden sich nur „anstellen“, verbunden
mit der Angst, als krank und schwach zu gelten, führen dazu, daß diese Patienten das Ausmaß ihrer
Beschwerden herunterspielen, um so das Gefühl von Autonomie zu wahren und das Selbstwertgefühl
zu regulieren.
Psychosoziale Auslöser für Asthma:
-
Situationen der Hilf- und Hoffnungslosigkeit, sowie Verlassenheit
Gefühle von ohnmächtiger Wut, ohne die Möglichkeit, sich zu wehren
Affekte von Wut und Ärger bei gleichzeitiger Unfähigkeit, diese auszudrücken.
intensive Nähewünsche bei gleichzeitigem intensiven Distanzierungswunsch (Ambivalenzkonflikt)
Verlust einer Schlüsselfigur (bei 50% der Patienten zu Beginn der Erkrankung und/oder des
Anfalls explorierbar)
Trennung von wichtigen Bezugspersonen führt häufig zur Verschlechterung eines bestehenden
Asthmas.
 Ute Laber
28
Psychosomatik Vorlesung
18.05.99
Dr.Ott
Psychotherapie – Methoden und Ergebnisse
Psychotherapie = Die von einer Krankheitslehre abgeleitete Art und Weise der Kommunikation
zur Behandlung von seelisch (mit-) bedingten Krankheitszuständen.
Psychotherapie meint:
-
einen bewußt geplanten interaktionellen Prozeß
zur Beeinflussung von Leidenszuständen und Verhaltensstörungen
die in einem Konsensus (zwischen Patient, Therapeut und gesellschaftlicher Bezugsgruppe und
Institution) für behandlungsbedürftig gehalten werden und zwar
mit psychologischen Mitteln ( durch verbale/averbale Kommunikation)
in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel
(Symptomminimalisierung und/oder Strukturveränderung der Persönlichkeit)
mittels lehrbarer Techniken auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen
Verhaltens.
Averbale Therapieformen:
KörperTanzMusikGestaltungsWerk-
THERAPIE
„Passung“ : Patient, Therapeut und Methode müssen zueinander passen, damit die Therapie zu
einem Erfolg führt.
 Ute Laber
29
Psychosomatik Vorlesung
Psychotherapeutische Methoden
•
Suggestive und Entspannungsverfahren
Hypnose
Autogenes Training nach J.H. Schultz
Progressive Relaxation nach E.Jakobson
•
Psychoanalytisch begründete Verfahren (Einzel und Gruppe)
Klassische Psychoanalyse
Analytische Psychotherapie
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapieindikationen
Psychoanalytisch-interaktionelle Psychotherapie
Katathymes Bilderleben
•
Verhaltenstherapeutische Verfahren (Einzel und Gruppe)
Systematische Desensibilisierung
Angstbewältigungstraining
Exposition und Reizkonfrontation
Operante Methoden
Modellernen
Selbstsicherheitstraining
Problemlösungstraining
kognitive Umstrukturierung
Selbstkontrolle
•
Gesprächstherapie
•
Paar- und Fanmilientherapieverfahren
•
Psychodrama
•
Bewegungs- /Körper- / Tanztherapie
•
Musiktherapie
•
Gestaltungstherapie
Allgemeines Modell zur therapeutischen Wirkung (ORLINSKY)
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Therapeutischer Vertrag
Therapeutische Beziehung
Arbeitsmodell und therapeutische Techniken
Patientenmerkmale
Therapieverlauf
Ad (2): Therapien, in denen die Therapeut – Patient – Beziehung getragen ist durch gegenseitige
 Ute Laber
30
Psychosomatik Vorlesung
Achtung, Respekt, Verständnis, emotionale Akzeptanz, wechselseitiges Verpflichtet-sein,
empathische Resonanz, gegenseitige Bestätigung als Grundakkord sowie Offenheit haben im
allgemeinen eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit.
Ad (3): Interventionen stehen dann in einer konstruktiven Beziehung zum therapeutischen Prozeß,
wenn sie in der Lage sind, auf dem Fundament einer tragfähigen Therapeut – Patient –
Beziehung integrierbare Neuerfahrungen und –bewertungen beim Patienten anzustoßen oder
zu vertiefen. Im Arbeitsmodell und in den Techniken verdichtet sich die professionelle
Strategie zur Erklärung und Behebung der jeweiligen Störung.
Gute Theorien ranken sich um die folgenden Veränderungsmodelle der Persönlichkeit:
Veränderungen der Persönlichkeit
Veränderungen durch somatopsychische Einflüsse
Veränderungen durch eingreifende zwischenmenschliche Beziehungen
Veränderungen durch Wiederholung relevanter alter, und Provokation oder Ausprobieren
neuer Interaktionsmuster
Veränderungen durch Krisen und Einschnitte der Entwicklung mit der Chance der
Um-/Neubewertung fixierter Haltungen und Gewohnheiten
Veränderungen der Persönlichkeit durch Lernen
Erster therapeutischer Erfolg wird nach 8 Sitzungen erreicht
60% des Therapieziels nach 30 Sitzungen,
90% nach 100 Sitzungen.
wichtig: Differenzierte Indikationsstellung
Beziehungsmuster in der
therapeutischen Beziehung
A– P – B
(Arzt-Patient-Beziehung)
Diagnose
Symptomatik
Konflikt
Beziehungsmuster
Struktur
Somatische Disposition
Diagnose
Beziehungsmuster im aktuellen
sozialen Feld (Familie, Beruf)
Arbeitsstörung
Aktualisierung eines
- unbewußten Konfliktes
- strukturellen Vulnerabilität durch
Verlust/ Versuchung mit
Mobilisierung
- unbewußte Wünsche/Ängste
- Beziehungsmuster
Diff. Indikation
Therapie - Empfehlung
strukturelle Störungen
strukturelle Vulnerabilität
 Ute Laber
Konflikte
- Über-Ich – Konflikt
- Ödipaler Konflikt
- Selbstwert – Konflikt
- Kontrolle vs. Unterwerfung
- Abhängigkeit vs. Autonomie
- Versorgung vs. Selbstversorgung
31
Psychosomatik Vorlesung
Ödipale Wünsche
Selbstwert – Abwertung
Kontrolle – Unterwerfung
Abhängigkeit – Autonomie
Bindungsbedürfnisse
25.05.99
Dr. Reister
Angsterkrankungen
Angsterkrankungen
- produktive Psychosen (schizophrene Erkrankungen)
} verbunden mit elementaren,
- Paranoia
dauerhaften Panikattacken
---------------------------------------------------------------------------------------- Hypochondrie
- Angstneurose (genet., Anfälle)
- Herzangstneurose (Herzphobie)
- Phobien
(- Zwangsneurosen)
Angst
-
-
Gefühl der Angst ist verbunden mit der gedanklichen Antizipation oder der unbewußten
Vorstellung einer Gefahr, gegen die das Ich hilflos ist
Angst drückt sich aus durch vegetative Erregung, Erhöhung der Vigilanz und Aufmerksamkeit
Elementaraffekt wie Scham, Ekel, Freude, Wut. Reaktion auf äußere und /oder innere Gefahren.
handlungssteuernd, anpassungsfördernd
Bewältigung abhängig von Persönlichkeitsreife
Symptomatik:
psychisch
Engegefühl, Aufregung,
innere Unruhe, Anspannung,
Aufregung, Kollapsgefühl,
Kontrollverlust, Panik,
Todesangst, Weltuntergang
somatisch
Tachykardie, Brustenge, Schwindel, Schwäche, Schlaflosigkeit,
Schwitzen, Atemnot, Tachypnoe, Magenschmerz,
vasomotorische Dysregulation, Übelkeit, Harn-/Stuhldrang
Pathologische Angst
-
wiederholtes Auftreten
Unangepaßtheit und Situationsangemessenheit
Unfähigkeit des Betroffenen, sie willentlich zu kontrollieren oder durch rationale Erklärungen zu
beseitigen
Vermeidungsverhalten des Betroffenen
3 – 6% der Bevölkerung haben eine path. Angst mit Krankheitswert.
(Vergleich: 25% der Bevölkerung haben eine psychosomatische Störung von Krankheitswert.)
Angststörung oft → Sucht als Folge (Alkohol, iatrogen mit Medikamenten)
 Ute Laber
32
Psychosomatik Vorlesung
Angstformen
frei flottierende Angst: nicht auf bestimmte Situation oder Objekt bezogen, „Panikattacke“, Entwicklung
von Angst vor der Angst
objekt- oder situationsbezogene Form
DD
endokrine Angstsyndrome
⇒ Hyper-/Hypothyreose, Hyperparathyreoidismus, Thyreotoxikose,
Phäochromozytom, Cushing – Syndrom, Karzinoidsyndrom
metabolische Angstsyndrome
⇒ Hypoglykämie, Hypokaliämie
Herz- Angstsyndrome
⇒ KHK, AMI, HRST, Herzinsuffizienz, Postkardiotomiesyndrom
cerebrale Angstsyndrome
⇒ zerebrale Anfallsleiden, AIDS, Encephalomyelitis disseminata,
vestibuläre Störungen, M. Parkinson, dementielle Erkrankungen,
Chorea Huntington, M. Wilson, cerebrale Vaskulitiden
pulmonale Angstsyndrome
⇒ Asthma bronchiale, COPD, Pneumothorax, Lungenembolie,
Lungenödem
Enstehung von Angsterkrankungen
verhaltenstherapeutischer Ansatz:
neurotische Angst = Ergebnis pathologischer Konditionierung
neutraler Reiz + bedrohlich erlebte Erfahrung → Angstreaktion
mit Vermeidungsverhalten
kognitiver Ansatz:
inadäquate Wahrnehmung und Interpretation von Reizen
psychophysiologischer Ansatz:
körperliche Veränderungen angstauslösend, wenn diese als
Gefahrensignale erlernt werden können
entwicklungspsychologischer Ansatz:
2./3.Lebensjahr → „ Trennung und Wiederannäherung“
→ Kind macht erste Entdeckungsreisen alleine und kehrt
danach in Mamas Arme zurück
⇒ Kind macht Angsterfahrung (Vogel, andere Tiere), flüchtet
zur Mutter; beim nächsten Mal kann es mit der Angst
umgehen
bei Angsterkrankungen: überbehütende Mutter
alleinlassende Mutter
⇒ beide verhindern, daß das Kind lernt, mit der Angst
umzugehen
in der Regel haben Angstpatienten überfürsorgliche Mütter
oder Bezugspersonen
→ wichtige Phase für die Entwicklung des Autonomiegefühls,
zweite wichtige Phase: Pubertät
Patienten haben meist einen „Bodyguard“: andere Person, Talisman, Tranquilizer in der Tasche, die
aber nicht benutzt werden
 Ute Laber
33
Psychosomatik Vorlesung
Koryphäen – Killer – Syndrom : „Ich war schon bei allen Ärzten, aber keiner konnte mir helfen. Aber
Sie, Sie sind der Beste, Sie werden mir sicherlich helfen.“
⇒ endet mit gegenseitiger Enttäuschung
Realangst: objektiv bedrohliche Gefahren
= Alarmierungssituation, emotionale, kognitive, vegetative Aktivierung angesichts einer
objektiven äußeren Bedrohung
neurotische Angst: subjektiv, Ursache unbewußt
traumatische Konflikte/Angst (primär)
Signalangst (sekundäre Verarbeitung)
Kern jeder Neurose ist Angst, vor inneren, unbewußten internalisierten Gefahren
war einmal Realangst, stellt somit einen Anachronismus dar
Symptomatik abhängig von biologischer Basis, Art des abgewehrten Konfliktes
Angsterkrankung: Leitsymptom Angst
Freud´s erste Angsttheorie von 1895
-
klassische Beschreibung der klinischen Symtomatik
Ätiologie: frustrane sexuelle Erregung ohne adäquate somatische Abfuhr („abnorme Verwendung
der Erregung“)
viscero – reflektorische Modellvorstellungen
Triebtheorie (neurotische Angst)
1) Frühorale, intentionale Phase
schizoide Konstellation, Angst vor Objektverlust, Trennungsangst, Verleugnung,
Beziehungsvermeidung
2) Orale Phase
depressive Konstellation, Angst vor Liebesverlust, anklammernde Objektkontrolle, Wendung der
Aggression gegen das Selbst
3) Anale Phase
zwanghafte Konstellation, Angst vor dem Gewissen, Strafangst, Wiedergutmachen,
Ungeschehenmachen
4) Ödipale Phase
ödipale Konstellation, Angst vor partnerbezogener sexueller Erregung, Verdrängung, Verschiebung,
Konversion
Hypochondrie
- übersteigerte ängstliche Selbstbeobachtung des Körpers (Karzinophobie, Dysmorphophobie)
- Gewißheit, an einer vital bedrohlichen Erkrankung zu leiden, kann wahnhafte Züge annehmen
- archaisch-magisches Körperbild, unreifes Ich, präpsychotische Introjekte (= „innere Verfolger“)
entsprechen traumatischen, nicht integrierbaren Beziehungserfahrungen („interaktioneller Abszeß“)
 Ute Laber
34
Psychosomatik Vorlesung
- Konflikthafte soziale Beziehungen werden ersetzt durch Beziehung zum hypochondrischen Objekt
- Nähe zu Borderline-Syndrom, schlechte Prognose, interaktionelle Psychotherapie, Neurolepsie
- Th: auch leichte Neuroleptika
Angstneurose
→ mittleres Reifungsniveau der Persönlichkeit, massive, oft traumatische Störung zur Zeit der frühen
Ich – Entwicklung ⇒ Ich - Schwäche
frei flottierende Angstphänomene → nicht an bestimmten Inhalt oder Objekt gebunden, Menschen
mit diese Störung haben vor allem und jedem Angst
plötzlich (ohne Anlaß) einsetzende massive Angst, Panik bis zur Todesangst mit starker aber
unspezifischer vegetativer Begleitsymptomatik
bis zu mehrmals täglich mehrminütige Episoden
ungenügende Angsteinbindung /-eingrenzung
-
-
-
aggressive oder expansive Triebimpulse werden als unmittelbar existentiell bedrohlich phantasiert
ambivalentes Mutterintrojekt, Patienten fühlen sich nicht in ihren Individuationswünschen von
einer gewährenden Mutter begleitet
Verselbstständigung (VVS) = aggressive Attacke gegen Mutterbild = Bedrohung des eigenen Ich
häufiger Hintergrund: narzistische Okkupation des Kindes durch die Mutter, latente Ablehnung,
Überprotektion
stabile innere Vorstellungen von der eigenen Person im Sinne realistischer Selbstbilder und eines
funktionierenden Ich resultieren aus der elterlichen Zuwendung, der Fürsorge und dem Interesse
am Wohl des Kindes. Angst kann in bestimmten Quantitäten dann von kindlichen Ich erlebt oder
zugelassen werden, wenn eine vertrauenspendende Sicherheit gegeben ist
in erster Linie wirkt ein verwöhnendes Milieu pathogen
→ erst das Aufsuchen von Gefahr, in der Angst entstehen kann, bringt die innere
Auseinandersetzung mit dem Affekt in Gang
→ überbesorgte Mütter verhindern diese Auseinandersetzung
⇒ Erlebnis innerer Gefahr → Angst → schwaches Ich → Durchbruch der Angst
Symptome der Angstneurose:
1. Allgemeine Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Geräuschempfindlichkeit
2. Ängstliche Erwartungshaltung
3. Angstanfälle
4. körperlich: Herzrasen, Hyperventilation, Schweißausbrüche, Zittern, Harndrang, Diarrhoe
5. Nächtliches Auftreten von Alpträumen
6. Schwindel bis hin zur Ohnmacht
7. Brechreiz, Übelkeit
8. Parästhesien
 Ute Laber
35
Psychosomatik Vorlesung
Herzangstneurose
Synonyme: Herzphobie, Da–Costa–Syndrom, Michaelis–Syndrom
Prävalenz in der Bevölkerung: ca. 2%
in 60% der Fälle phobisches Muster, bei dem die Angst im Vordergrund steht
in 40% kontraphobisches Muster, bei dem die Schmerzen im Vordergrund stehen
akute herzbezogene Sensationen (Tachy-/ -arrhythmien, Schmerzen) verbunden mit ängstlicher
Beunruhigung bis hin zur Todesangst
herzbezogene Selbstbeobachtung, intensiver Arztbesuch, Zweifel an organischer
Ausschlußdiagnostik, phobische Einengung auf häuslichen Bereich
-
auslösende Situationen:
reale oder befürchtete Verlustsituation, besonders Tod einer Schlüsselfigur
Todesfall in der näheren Umgebung, meist durch AMI
ambivalenter Trennungswunsch
iatrogene Auslöser durch Mitteilung von Befunden ohne Krankheitswert
-
Psychodynamik ähnlich der Angstneurose, jedoch bessere Angsteingrenzung, Adaptivität des Ichs
→ Reifungsniveau der Persönlichkeit ist höher als bei der Angstneurose ⇒ Symptome können auf
ein Organ bezogen werden
anklammernder, kontrollierender Beziehungsmodus
häufig sehr enge, symbiotische Beziehung zu einer unbewußt sehr zwiespältig geliebten
Schlüsselfigur (Mutter, Partner). Ihr gegenüber kann der Patient seine Eigenständigkeit
und Autonomie nicht aufrechterhalten. Befürchtete Trennungen können die
Herzsymptomatik ebenso auslösen wie Abgrenzungswünsche, die unbewußt auch als
Trennung erlebt werden.
verwöhnender, autonomieeinschränkender Erziehungsstil ⇒ defizitäre Autonomie –
Entwicklung, da die Erfahrung mit einer Selbständigkeit gewährenden und trotzdem
Sicherheit gebenden Mutter nicht verinnerlicht werden konnte
-
Patienten brauchen immer wieder Versicherung, „daß nichts Böses in Ihnen ist“
können dies nicht glauben, da ihre expansiven Individuationswünsche triebhafter Natur sind
sehnen sich daher nach einem steuernden Objekt (Arzt, Droge), an das sie nicht selbst
umsetzbare Aktivitäten/Entscheidungen delegieren
cave: Alkohol, Benzodiazepine u.ä., hohes Suchtrisiko
-
Herzneurose
Herzinfarkt
RF fehlen
jünger
Schmerz lokal
keine EKG – Zeichen
keine path. Laborwerte
spontan
RF vorhanden
älter
eher ausstrahlend
ST – Hebung
CK-MB, HBDH
nach körperlicher Belastung
Therapie:
-
Berücksichtigung der neurotischen Abhängigkeitswünsche des Patienten
Ernstnehmen der Beschwerden, klare Diagnostik, klare Aussagen, keine Minimalbefunde, keine
erneute Diagnostik
 Ute Laber
36
Psychosomatik Vorlesung
-
I.
Klarstellung der interaktionellen Genese
keine Medikamente, ß-Blocker niedriger Dosierung
Gesprächsangebote, Psychotherapie
Konfliktmodell der Angstentstehung:
auslösende Situation
(Versuchung oder Versagen)
unbewältigte/bewältigte Angst (Signalfunktion)
Regression
Wiederbelebung infantiler
(Trieb-)Konflikte
unbewältigte/bewältigte Angst (Signalfunktion)
Konfliktspannung ↑
Abwehranstrengung ↑
„Mißlingen der Abwehr“
Erlebnis „innerer Gefühle“
Angst
~> unbewußte innere Konflikte → durch eine äußere auslösende Situation wiederbelebt,
können sie bei entsprechend Disponierten mit einem strengen Gewissen (Über-Ich) zu
einem Zusammenbruch der Abwehr und konsekutiv zur Entwicklung des Angstaffekts
führen
II.
Strukturschwächemodell
Entwicklung stabiler innerseelischer Strukturen mit einem konsistenten Bild von der eigenen Person,
dem was die Persönlichkeit eines Menschen ausmacht, ist vor allem in den frühen Lebensphasen
störbar.
Sind die Strukturen von Ich und Selbst infolge frühtraumatischer Erfahrungen, mangelhafter
Entwicklungsbedingungen oder aus konstitutionellen Gründen defizitär geblieben, führen innere und
äußere Bedrohungen per se zu einer Gefährdung des schwachen Ich, das entsprechend mit Angst
reagiert.
⇒ Erlebnis „innerer Gefahr“ → unzureichende Möglichkeit der Kompensation/Abwehr → Angst
III.
ethologisches Angstmodell
→ Bedrohung des Verhaltensystems „ Bindung“
 Ute Laber
37
Psychosomatik Vorlesung
Reflektorisch entwickelt sich der Affekt der Angst, wenn das evolutionär konstituierte
Bindungsbedürfnis, des aufgrund entsprechender Erfahrungen bindungsunsicheren Individuums,
bedroht ist.
Angst bezieht sich auf das Erleben, verlassen zu werden.
IV.
lerntheoretische Modelle
01.06.99
Prof.Tress
Depression und Suizidalität
Depression
Grundsymptome:
affektiv:
Verstimmung bis zur Suizidalität, Anhedonie (=Unfähigkeit, Freude zu empfinden), Leeregefühl,
Unzufriedenheit, Rückzug, libidinöse/aggressive Hemmung
kognitiv:
Konzentration/Gedächtnis herabgesetzt, Entschlußlosigkeit, Einengung von Aufmerksamkeit,
Interesse und Denken mit Selbstvorwürfen/-zweifeln, Hilflosigkeit, Pessimismus
vegetativ:
00
Schlafstörungen (Früherwachen: Patienten wachen morgens früh (4 Uhr) auf, können nicht mehr
einschlafen, haben aber nicht die Kraft, aufzustehen wegen Antriebsmangel), Appetitmangel,
Gewichtsverlust, Alibidie, Magenbeschwerden, chronische Schmerzen, Brustdruck/-enge
psychomotorisch:
Antriebshemmung, verarmte Mimik/Gestik, Vernachlässigung des Äußeren, Stupor (= schwere
psychomotorische Hemmung)
-
große Selbstzweifel
oft tageszeitliche Schwankungen: morgens am schlimmsten (v.a. psychomotorische Symptome)
Abgrenzung zur Trauer:
-
keine Einschränkung im Selbstwertgefühl
Trauernder denkt an Objekt seiner Trauer, Depressiver denkt an sich selbst
Trauer = Zeichen der Loslösung von dem verlorenen Objekt
„Wenn der Depressive traurig wird, ist er auf dem Weg der Heilung.“
Pathologische Trauer:
Trauerzustand, der nicht nachlässt
„noch Rechnung offen“ mit dem Verstorbenen, „Sargdeckel“ kann nicht
geschlossen werden → Trauer persistiert
Depression:
Ambivalenz → Bezugsperson wird geliebt, obwohl gleichzeitig Vorwürfe gemacht werden. Da eine
Abhängigkeit zur Bezugsperson besteht, werden Vorwürfe auf eigene Person
angewendet, um diese nicht zu verlieren.
Fixation auf Zuwendung von Bezugspersonen
Sehnsucht nach Liebe
Wunsch nach Abhängigkeit
 Ute Laber
Wut auf sich selbst, daß man sich derart
zurücknimmt, „Pseudoaltruismus“
38
Psychosomatik Vorlesung
⇒ hohe innerseelische Ambivalenz
depressive Wahnformen: a) Kleinheitswahn („völlig unwertes Geschöpf“)
b) Krankheitswahn
c) Verarmungswahn
d) Versündgungswahn („größter Verbrecher auf Erden zu sein“)
DD Depression
somatogen
organische D.: Arteriosklerose, M.Parkinson, Medikamente,
Demenzen, Endokrinum
endogene D.: affektive Psychose, Erbfaktoren, abrupter Beginn,
kein Auslöser, Morgentief, zyklisch-phasenhafter
Verlauf, manische Phasen, Wahn, 4./5. Ljz.
endoreaktive D.: Auslöser + Klinik endogener Depressionen
neurotische D.: langsamer Beginn, Auslöser, Verlust, „oraler“
Bezug typisch, 2./3. Ljz.
reaktive D.:
akute oder chronische Belastung
psychogen
Stillstand
Depression (Selbstwertstörung, PSM)
Wendung der Aggression
nach innen (Autoaggression)
Angst vor Liebesverlust
rigides Gewissen
Angststörung
Ambivalenz
Vergangenheit
Zukunft
Kränkung /Verlust
Verlustangst
heute
Erschütterung
Ichstärke/Bewältigung
TRAUMA
Autonomie /Abschied
 Ute Laber
39
Psychosomatik Vorlesung
Trauer
Entwicklung
Therapeutische Maßnahmen bei Depressionen
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
Verlustereignis ansprechen, Trauer ermöglichen
in jedem Fall Suizidalität explorieren
bei allen schweren Depressionen Antidepressiva
stützen, entlasten, Hoffnung geben
in der akuten Phase keine Konfliktaufdeckung
Aufklärung der Angehörigen
auf Suizidalität unter der Therapie achten
Suizidalität
Spezifikum des Menschen als Folge psychischer Erkrankung
Freitod äußerst selten (Äußere Bedrohung), aggressiver Beziehungsabbruch (Abschiedsbriefe)
1996:
13.000 Suizide, 1/3 Frauen, 70% über 65Jahre
ca. 8000 Verkehrstote, ca. 150/Mill. Einwohner
Januar : Mai = 1 :1,3 (gesteigerter Antrieb im Frühling?)
gehäuft in Sachsen → genetische Faktoren?
Ungarn: 400/Mill. Einwohner
Griechenland: 30/Mill. Einwohner
Rückgang ca. 1/3 in 20 Jahren
trotz Drogen, Alkohol, Arbeitslosigkeit, Alter, Single, Scheidung, Religion
pos. Auswirkung: Psychotherapie, Psychopharmaka
Harte Methoden: erhängen, erschießen, Sprung aus großer Höhe, überfahren lassen, Insulin, Digitalis,
Antidepressiva, Einnahme primär toxischer Substanzen (E 605, Zyankali)
Weiche Methoden: Medikamente, „einmal Ruhe haben“, oft kombiniert mit Alkohol
Harte Methoden meist Männer, weiche meist Frauen.
Überlebende meist Frauen
Auslöser: unheilbare Krankheit, Tod des Partners, materielle und emotionale Verlust,
Leistungsprobleme, Alter, Isolation, Liebeskummer, Trennungen, Freiheitsverlust/ Gefängnis
Krankheit: Depressive Zustände bei Psychosen, Borderline-Patienten, narzistische
Persönlichkeitsstörungen, Depression durch narzistische Kränkungen, sexueller Mißbrauch,
Alkoholismus (7fach m /21fach w)
Zustand: hochintensiver Drang, Impulshandlung, kurze Entschlußzeit
Versuche:~ 100.000/a, 3/4 Frauen, weiche Methoden
korrigierbare Beziehungskonflikte, meist jüngere Patienten
Wiederholungen immer gefährlicher (20%)
Appelle, extreme Beziehungsgestaltung
Gefährdete leugnen meist, aber auf direktes Ansprechen öffnen sie sich meist.
 Ute Laber
40
Psychosomatik Vorlesung
Grundstimmung nach Entschlußfassung: positiv, erleichtert
cave: Fehleinschätzung!!!
08.06.99
Dr. Hartkamp
Zwang
Symptomatik:
Persistierende, als ichfremd (wesensfremd, unsinnig, angstauslösend) erlebte Bewußtseinsinhalte,
Handlungsimpulse oder Handlungen, die der Betreffende nicht oder nur schwer kontrollieren kann.
Denkstörungen
Zwangsantriebe
Zwangshandlungen
Denkstörung:
unablässiges Grübeln, Weitschweifigkeit, Unfähigkeit das Wesentliche zu
erfassen, alles dominierender Zweifel (Ambivalenz) „Nichts ist sicher, alles
muß bezweifelt werden.“, magische Grundeinstellung, „sinnlose“, affektarme
Gedanken (Zählen, Rechenaufgaben lösen).
Zwangsantriebe:
„verbotene“, obszöne, aggressive Impulse (jemanden angreifen, zu ermorden,
z.B. die eigenen Kinder), z.B. auch sich sozial unangemessen zu verhalten
Zwangshandlungen:
ritualisierte Verhaltensweisen als Folge von Zwangsantrieben. Werden vom
Betroffenen als absurd erlebt und dennoch ausgeführt (Wasch-, Zähl-,
Ordnungs-, An- und Auskleidezwänge, Rituale in Zusammenhang mit dem
Aufsuchen der Toilette oder mit sexuellen Handlungsweisen, Kontrollzwänge)
Epidemiologie:
gelegentlich auch bei Normalpersonen auftretend
mindestens 0,05% der Bevölkerung (geschätzt)
5% der Neurosekranken
Männer ~ Frauen
häufiger in höheren sozialen Schichten
Unterschied zu Normalpersonen: Normalpersonen gewinnen die Überzeugung, daß z.B. die Tür
abgeschlossen ist.
Entwicklungspsychologie (interpersonelle Geschichte“)
rücksichtsloser Zwang zu leisten, die Normen zu
erfüllen, egal, was es einen kostet
Gedankenloses dominieren anderer,
Perfektionismus, der mit einem ausgeglichenen
Selbstkonzept unverträglich ist. Unterwürfigkeit
gegenüber Autoritäten und moralischen
Prinzipien, unabhängig von den jeweiligen
Bedingungen
„Schreckliches Kind“, wurde bestraft dafür, nicht
perfekt zu sein und für Erfolge nicht belohnt,
bestraft sich selbst und andere dafür, nicht perfekt
zu sein; fokussiert auf Fehler und Versagen
 Ute Laber
41
Psychosomatik Vorlesung
perfekt zu sein und für Erfolge nicht belohnt,
entsprechendes wurde bei Geschwistern
beobachtet; wurde verantwortlich gemacht, ohne
Einfluß zu haben
zu sein; fokussiert auf Fehler und Versagen
Regeln wurden ohne persönliches Beteiligtsein
vermittelt
unterwürfig, gefügig, aber persönlich unzugänglich, herzlich-warme Gefühle eingeschränkt
Entwicklungspsychologie (Intrapsychische Dimension)
Ausgangsebene: ödipale Triangulierung, einerseits rigide Strenge verbunden mit Unbeherrschtheit,
Willkür, z.T. aggressive Gewalttätigkeit (oft Vater), andererseits (oft Mutter)
leidensbereit, ablehnend, abwertend
Kind identifiziert sich ambivalent mit beiden elterlichen Objekten:
→ es wird, vordergründig, masochistisch „Schmerzlust“ intendiert, während, unbewußt, die moralischsadistische Vernichtung des anderen angestrebt wird →Bestrafungsangst
Es geht nicht mehr um (sexuelles / genitales) Rivalisieren, sondern um die Frage, wer der Stärkere ist,
die größere Willenskraft hat, wer wen fertigmacht, wer sich durchsetzen kann.
Lust wird vor allem erlebt im Zusammenhang mit dem Bezwingen, Festhalten oder Ausstoßen eines
Objekts (antisoziale Tendenz).
bestechliches Über-Ich:
Durch Unterwerfung unter die rigiden inneren Normen wird eine Berechtigung zur Wiederholung des
verpönten Tuns erworben.
Ich – Störung:
Unfähigkeit zur Eigen-willigen Handlungsführung.
Unfähigkeit, die Abgeschlossenheit eigener Handlungen zu erleben.
(fehlende Beurteilung des Ausprobierens → kein ad-gredere → Aggressionshemmung)
Häufig als Kinder motorisch sehr aktiv
→ konnten aufgrund der Verhältnisse zuhause diese Aktivität nicht ausprobieren, nicht als positiv
erleben.
 Ute Laber
42
Psychosomatik Vorlesung
Persönlichkeitscharakteristika
Enge Beziehung zwischen Grundpersönlichkeit und Symptomatik.
Pedanterie, Enge und Rigidität des Denkens, Bedürfnis nach Sauberkeit, ausgeprägte
Moralvorstellung, aggressive Gehemmtheit, Unzulänglichkeitsgefühle, Neigung zu Ängstlichkeit,
Skrupulanz, Entschlußunfähigkeit, fruchtloser Kampf mit Nichtigkeiten.
Freud: zwangsneurotische Trias (sog. Analcharakter)
Sparsamkeit
→ Geiz
Eigensinn
→ Fanatismus
Ordnungsliebe → Pedanterie
Aber: kein durchgängiger Zusammenhang zwischen Analcharakter und Zwangsneurose.
dynamische Struktur eher charakterisiert durch:
emotionale Autarkie (affektiver Selbstversorger)
Vermeiden wirklich autonomer Handlungen
Gefühl des Getriebenseins (imaginärer Aufpasser im Nacken)
Abwehrmechanismen:
Isolierung
primärer Abwehrmechanismus: Handlungsimpuls bzw. innere Vorstellung und Affekt werden
voneinander getrennt. Im ausgeprägten Fall erscheint eine sonst
ängstigende (beschämende, ärgerliche,...) Vorstellung ganz affektfrei.
Unvollständige Isolierung: unklare Gefühlswahrnehmung →
„Verwirrung“
Ungeschehenmachen:
sekundärer Abwehrmechanismus: ritualisierte Gedanken oder Handlungen, die angstberuhigend
wirken (Strecke mit dem Auto wiederholt abfahren; als Reaktion auf
den Gedanken, der Vater werde sterben: Lichtschalter berühren und
innere Formel: „Ich nehme den Gedanken zurück“)
Reaktionsbildung:
sekundärer Abwehrmechanismus: führt zur Herausbildung bestimmter Charaktermerkmale: betonte
Friedfertigkeit statt aggressiver Impulse; betonte Unterwürfigkeit statt
Versuch, andere zu beherrschen etc.
 Ute Laber
43
Psychosomatik Vorlesung
Kognitive Aspekte
Rigidität, Starrsinn, passiver Widerstand
↓
↑
↓
↓
↓
Zulassen neuer Gesichtspunkte /anderer Sichtweisen
Detailorientierung; intensive, scharfe Fokussierung auf Einzelheiten
Flexibilität (willentliche Lenkung der Aufmerksamkeit)
zufällige oder momentane Eindrücke erfassen (sich erfassen lassen, so daß etwas „hängenbleibt“)
Wahrnehmung von „Atmosphärischem“ („unsensibel“)
Aktivität und Anstrengung
↑ sich – Mühe – geben
↑ eigentlich sollte ich ...
↑ ständiges Beschäftigtsein mit Arbeit
↑ perfektes Erfüllen einer Rollenvorstellung
Realitätsverlust (sehr diskret) im Sinne eines Verlustes von Unmittelbarkeit
„Es muß wohl so sein.“ statt „So ist es.“
„Das paßt gut zusammen.“ statt „Mir gefällt es.“
Therapie
Insgesamt eher unbefriedigend, häufig chronifizierender Verlauf.
nach 10Jahren: 25% gesund
50% gebessert, aber nicht symptomfrei
25% verschlechtert
Pharmakotherapie: Clomipramin (Anafranil ® = Antidepressivum)
bei schweren Verläufen Entlastung
Verhaltenstherapie:
Reizkonfrontation mit Reaktionsverhinderung, alleinige symptomorientierte
Therapie unzureichend, kognitive Mechanismen, Beziehungsstörungen
müssen ebenfalls bearbeitet werden
psychoanalytische Therapie: gute Resultate, wenn Patient sich auf phantasieren einlassen kann, setzt
lange Behandlungsdauer voraus
 Ute Laber
44
Psychosomatik Vorlesung
Arzt-Patient-Beziehung : häufig belastet, durch die vordergründig lächerliche und unsinnige
Symptomatik
WS 98/99
Prof. Tress
Zwang / Klassische Phobien
„ Ich weiß, es ist verrückt, aber ich kann nicht !“
(Von der Obstipation zur Obstruktion)
→ Zwangsneurose
ICD. F42.0
Zwangsstörung, OCD
Symptomatik
kontinuierlicher Übergang von
harmlosen Zwangserscheinungen
zwanghafter Persönlichkeit
Zwangserkrankung
Zwangserscheinungen
normal für eine bestimmte kindliche Entwicklungsphase (2 – 4 J)
gelegentlich und vorübergehend bei Gesunden (z.B. Tür, Licht)
zwanghafter Charakter
Freud´sche Trias :
Sauberkeit
Ordentlichkeit
Eigensinn
charakterologisch organisierte Abwehr anal – sadistischer Impulse
Def. Zwangsneurose
relativ häufiges, schweres Krankheitsbild
nicht zu unterdrückender innerer Zwang
als ich - fremd, unvernünftig und aversiv empfundene Gedanken oder Handlungen unter großem
Einsatz von Zeit und Energie exzessiv wiederholen zu müssen, bei Nichterfüllen extreme
Angstzustände.
→ dient der Abwehr / Bewältigung extremer Angstzustände
Thematik und Inhalte der Zwangsgedanken und Zwangshandlungen kreisen immer um Kontrolle oder
Durchbruch von
magischen Aggressions – und Zerstörungsphantasien /-impulsen
Gefühlen von Wut und Haß
analerotisch getönter Sexualität
Schmutz, Beschmutzung, Ansteckung und Unordnung
Erkrankungsbeginn :
 Ute Laber
20 – 25 J 50%
25 – 30 J 75%
45
Psychosomatik Vorlesung
Männer:
Frauen:
20 J
25 J
Zwangsgedanken : 26,5%
Zwangshandlungen: 21,3%
Lebenszeitprävalenz für Zwangsneurosen: 1,5%
Psychische Symptome
(1) Zwangssymptome im engeren Sinne
Zwangsvorstellung, -gedanken (Zählzwang), -befürchtungen → erzeugt Angst
Zwangsimpulse (jemanden zu töten), - handlungen (Waschzwang), Rituale → lindert Angst
(2) Denkstörungen
Zweifeln, Grübeln, formal – logisch aber unflexibel
magisches Denken
(3) affektive Störungen
Angst, Schuldgefühle bezogen auf innere Vorgänge
Dysphorie, Verbitterung, Gefühlsimpulse
Charaktersymptomatik
-
Verlustängste (Be „sitz“), Sparsamkeit bis Geiz
Ordnungsliebe bis zur quälenden Pedanterie
Eigensinn bis zum Trotz und latente Obstruktion
Ambivalenz bis zur Entscheidungsunfähigkeit
Zögerlichkeit, Zaudern, Bedenkenträgerei
Übergewissenhaftigkeit bis zur Prinzipienreiterei
Autoritätsgläubigkeit, penetrante Unterwürfigkeit
Anforderungen durch sklavische Erfüllung am falschen Ort zur falschen Zeit ad absurdum führen
bis zum Zynismus
graues, fades peinlich geordnetes Äußeres, langweilige Sterilität
latente Aggressivität
-
sadistische Regungen
latente Lust am Quälen
Hinterhältigkeit
klammheimliche Schadenfreude
auf den letzten Drücker, Stänkern, Anscheißen
Ordnungsfanatismus
Körpersymptomatik
-
Obstipation
Herzbeschwerden
Kopfschmerzen
sexuelle Störungen
 Ute Laber
46
Psychosomatik Vorlesung
Ätiologie
primär organisch, EPS, frontale Hyperaktivität
erbgenetische Faktoren KR EZ > ZZ
lerntheoretisch
psychodynamisch
biologisch – organische Faktoren
postkontusionell, postencephalitisch, familiäre Häufung
neurologische softsigns, TIAs, Läsionen im Bereich der Basalganglien
Frontallappensyndrom
PET/MRT: erhöhte Hirnaktivität im orbitofrontalen Cortex, Ncl. caudatus, Gyrus cinguli,
Hippocampus, Amygdala („loops“)
Hinweis auf gestörtes 5 - HT – System (Subsensitivität)
gestörte Integration sensorischer Informationen mit emotionalen und motivationalen Impulsen
lerntheoretische Faktoren
-
-
aversive Konditionierungsprozesse
ursprünglich neutrale Reize (unkonditionierte Stimuli) werden zu bedingten Reizen, auf welche der
Patient unter emotionaler Anspannung zur Angstvermeidung mit Zwangshandlung /-gedanken
reagiert.
Amygdala (Assoziation sensorischer Informationen mit emotionalem Gehalt) entscheidend für
Konditionierungsprozesse
Familienmilieu
restriktiv, triebfeindlich
formal – autoritär, rigide, expansionsfeindlich
Sauberkeit (möglichst früh), Ordnung
massiv sanktionierender Erziehungsstil
brandmarkendes Moralisieren („ An das Böse zu denken ist, es getan zu haben.“)
wenig Einfühlung und Verständnis für die kindlichen Entwicklungsbedürfnisse
Anale Phase der psychosexuellen Organisation (2 – 4 J)
-
Beherrschung der Sphinktermotorik
Abgrenzung und Verteidigung des „Ich“, des eigenen Willens
übende Entfaltung expansiver Motorik und aggressiver Impulse
magisches Realitätskonzept (Allmacht der Gedanken, Zauberei)
Denken (interne Willensbildung) = Probehandeln
Entstehung des Über – Ich, internalisierte Verbote, Gut und Böse
Gewissen als intrapsychische Angstquelle (Rituale)
erotisches Erleben auf Rectum und Anus erweitert
→ Lernziele:
- das Gewollte durch motorisch – aggressive Aktivität verwirklichen
-Etablierung der Willensführung durch selbstinitiierte Aktionen
-Stabilisierung des Identitätsgefühls durch Selbstbestimmung
-Ich – Findung und Legitimität der Ich – Abgrenzung
-Gewissensbildung
→ blockierte spätere Reifungsprozesse bei konflikthaftem Verlauf
- Fähigkeit zur liebevollen Hingabe ohne Verlustängste
 Ute Laber
47
Psychosomatik Vorlesung
- vertrauensvolles Sich–Überlassen durch Selbstaufgabe
(fehlt meist bei Zwangspatienten)
CMS
Introjekt
Internalisierung
Identifikation
Wünsche und Befürchtungen
des Patienten
Umgang des Patienten
mit sich selbst
Verhalten des Patienten
Reaktionen der anderen
Therapie:
supportive Verhaltenstherapie, psychosomatische Grundversorgung
Verhaltenstherapie (Reizexposition, Reaktionsverhinderung,...)
Antidepressiva
tiefenpsychologische Therapie
Berücksichtigung der oft erheblich beeinträchtigten Familie
Zusammenfassung Zwangsstörung
Zwangsgedanken
äußern sich in immer wieder identischen Vorstellungen, sowie einem Verlust für die Einschätzung des
Wesentlichen. Inhaltlich finden sich unsinnige abstrakte Fragestellungen, z.B. als Zählzwänge,
aggressiv – schmutzig – anstößige und /oder grob – sexuell – perverse Gedanken und magische
Gedankenverknüpfungen (z.B. „Ich muß immer und überall Hinweise auf die Zahl 4 entdecken, damit
die Eltern nicht sterben.“)
Zwangsimpulse
werden als irrationaler Impuls erlebt, jemanden zu verletzen oder sonstwie zu schädigen, die Kontrolle
zu verlieren.
Zwangshandlungen
schließlich äußern sich in Ritualen (z.B. stets mit dem linken Fuß zuerst die Straße zu betreten),
Kontrollzwänge (Türschloß) und Ordnungszwänge (Waschzwang).
Psychodynamisch wird das Zwangssymptom als mißglückter Lösungsversuch eines reaktualisierten
infantilen Konfliktes aufgefaßt. Es handelt sich dabei überwiegend um Wünsche, Phantasien und
Impulse aus der analen Entwicklungsphase, wo es auf somatischer Ebene um die Sphinkterkontrolle,
symbolisch und im Erleben um die Entwicklung von „Autonomie gegen Scham und Zweifel“ (Erickson)
geht.
 Ute Laber
48
Psychosomatik Vorlesung
Anal – lustvolle Wünsche, sich zu beschmutzen, anal – sadistische, aggressiv – kontrollierende und
sexuell – antisoziale Impulse treffen auf eine frühkindlich präformierte Gewissensstruktur, die sich
nicht nur erziehungsbedingt durch Strenge und Rigidität auszeichnet.
„Spontanität, Eigenwille, lebhafte Motorik und Aggressivität müssen früh unterdrückt und mit
Angst – und Schuldgefühlen abgewehrt werden.“
Ich ist unfähig, frei und selbstbestimmt zu handeln => immerwährende Zweifel, emotionale
Ambivalenz
15.06.99
Dr. Franz
Eßstörungen
Allgemein
-
taktil-orale Entwicklungsphase, präverbal
hospitalisierte Kleinkinder, 20% Schulanfänger
Ängste, Kontaktstörungen, emotionale Ablehnung
ambivalente Einstellung der Eltern → unbewußte Schuldgefühle →einengende Überbesorgtheit →
Appetitstörung
Nahrung als Allheilmittel bei jeder Irritation → keine Einfühlung → keine Affektdifferenzierung
→ latente Ablehnung → Essen als Droge / Substitut → Adipositas
Reaktion auf Objektverlust (Trauer, Depression)
Formen
1) Psychogene Adipositas
2) Anorexia nervosa
3) Bulimia nervosa
Psychogene Adipositas
Adipositas allgemein
Körpergewicht >20% Übergewicht
20 – 50% in westlichen Industrieländern
Frauen > Männer, Unterschicht
genetische Faktoren, Leptinresistenz, sozial vermittelt, Prozesse im Bereich des Hypothalamus,
Inselzelladenom, Cushing
Psychogene Adipositas
pathologisches Eßverhalten, Hyperphagie
rauschartig, Dauer-, Viel-, Nachtesser
Persönlichkeit
-
orale Haltungsstruktur (Impuls symptombildend)
alles haben wollen, Passivität, Abhängigkeit,
angewiesen auf verfügbare Versorgungsfigur
Beziehung: wer versorgt wen? oraler Neid
depressive Reaktionsbereitschaft
Auslöser: Trennungen, Ärger, Individuationsstreß (Examen o.ä.)
Psychodynamik
-
eingeschränkte Impulskontrolle
 Ute Laber
49
Psychosomatik Vorlesung
-
Ich-strukturelle Störung
Regressive Kompensation von Frustration /Kränkung /Depression
Essen = liebevoll-narzißtische Zufuhr
bedürftige Mutter bindet das Kind oral
Nahrung als Hauptbeziehungsregulativ
Kind wird der Mutter zuliebe dick
Therapie
-
schwierig, Suchtcharakter
Patient wird nicht ernstgenommen („könnte ja anders...“)
Appelle, Argumente zwecklos
aggressive GÜ (Gegenübertragung) (eigener oraler Neid)
kein Arbeitsbündnis, destruktive Eskalationen
Aufklärung, Sport, Selbsthilfegruppen (am effektivsten), VT (Verhaltenstherapie)
Anorexia nervosa (Pubertätsmagersucht)
0,5 – 1,0% Adoleszenten, junge Erwachsene
90% Frauen
ca. 47.000 in der BRD
schwere, lebensgefährliche Erkrankung (Mortalität 0,6% /a, 12x höher als in gesunder Bezugsgruppe)
Zunahme, westliche Industrieländer
erbgenetische,
kulturelle,
psychodynamische Einflüsse
Klinik, Diagnose
-
Weigerung, Minimalgewicht zu halten
Angst vor Gewichtszunahme
objektiv gestörtes Körperschema
weniger als 65% des Normgewichtes
-
BMI ( Gewicht..in..KG ) < 17,5
-
Hypothermie, Hypotonie, Bradykardie
Obstipation, Amenorrhoe, Osteoporose
QT-Verlängerung, linksventrikuläre Hypothrophie
massive Ängste (zu dick, Entdeckung)
kognitive Präokkupation: Essen
Verleugnung äußerer Realitäten
fehlende Krankheitseinsicht
gestörtes Selbstwertempfinden
äußerst rigides Über-Ich
depressive Einbrüche (Suicidalität)
hirnorganische Störungen (CT→ Erweiterung der Furchen)
Größe..in..m ²
Labor
-
Leukopenie, leichte Anämie
T3/T4 erniedrigt
sekundärer Hyperaldosteronismus, ACTH und Cortisol erhöht
 Ute Laber
50
Psychosomatik Vorlesung
-
Krea, G-Bili, GOT,GPT, Amylase erhöht
niedrige hypothalamische GnRH – Sekretion
niedrige hypophysäre FSH /LH – Sekretion
Östrogene „präpubertär“ erniedrigt
relativ spezifische Parameter
Subtypen
restriktiver Typus: schonender Gewichtsverlust ohne Impulsdurchbrüche (=Freßattacken)
purging – Typus: Freßattacken mit Erbrechen und anderen aggressiven, auf rasanten
Gewichtsverlust abzielenden Maßnahmen
Maßnahmen zur Gewichtsreduktion
-
systematisches Lügen /Rückzug
Hyperaktivität, extremer Ausdauersport
strikt kalorienarme Diät
Weglassen /Protrahieren von Mahlzeiten
Verleugnung des eigenen Hungers
Laxantien, Diuretika, Appetitzügler, Schilddrüsenhormone
Erbrechen nach Impulsdurchbrüchen
Aspekte
-
Auszehrung (kaschiert, weiße Haut, weite Kleider)
rauhe Haut
Lanugobehaarung, kindliches Aussehen
Hungergesicht (große Augen, Wangenknochen)
Parotisschwellung
schlechter Zahnstatus (v.a. Innenseite der oberen Schneidezähne)
Mundwinkelrhagaden
aufgerauhter Handrücken
⇒ Erbrechen !!!
sek. Hyperaldosteronismus
Erbrechen
Laxantien
HYPOKALIÄMIE
⇒ HRST, Nierenversagen
Diuretika
Hyperkortizolizismus
Prognose
-
Mortalität bis 20%
dichotoner Verlauf („ Iß oder stirb!“)
Chronifizierung in 40%
erhöhtes Psychose /Suchtrisiko
körperliche Spontanheilung 20 – 30%
soziale Randexistenzen
Schlechter Verlauf
 Ute Laber
51
Psychosomatik Vorlesung
Dauer der Erkrankung
später Beginn, späte Ersthospitalisierung
Impulsdurchbrüche
extremer Gewichtsverlust
Selbstwert- /Kontaktstörungen
chronischer Verlauf: Krea erhöht
letaler Verlauf: Albumin erniedrigt
(Albumin erniedrigt und Gewicht <60% → 70% Mortalität, sonst 1,7%)
Todesursachen
-
-
HRST
Nierenversagen
Infektionen (v.a. durch Streuung aus dem Zahnbereich)
Stoffwechselentgleisungen
Suicid (30 – 50%)
Modell
kollektive
Leitidee
genetische
Vulnerabilität
konfluierendes
Familiensystem
Kampf um Autonomie
Erhalt des Status quo
dyadische
Entwicklungskonflikte,
Triebängste
pubertärer
Reifungsdruck
reale /phantastische
Trennung von Familie
dyadische Entwicklungskonflikte: Mutter hat die Bedürfnisse des Kindes nur konflikthaft befriedigt
erbgenetische Faktoren
-
erhöhte Konkordanz bei EZ
erhöhte Erkrankungsrate bei Verwandten
kulturpsychologische Faktoren
-
Leistung und Erfolg = Resultat eigenen Triebaufschubes
narzißtisches Unabhängigkeitsideal
 Ute Laber
52
Psychosomatik Vorlesung
-
individuelle Freiheit, Selbstbestimmung
Entemotionalisierung triebhafter Körperbedürfnisse
⇒ Mechanisierung des Körpers : „hat keine Bedürfnisse, hat zu funktionieren“
Fitness, Schlankheit, Coolness, nicht –reproduktive Sexualität, narzißtische „Attraktivität“
Weiblicher Rollenkonflikt
Doppelbelastung durch Normenwandel
sexuell attraktiv, aber nicht reproduktiv
Individuation
Kinderwunsch
Karriere
Mutterschaft
Emanzipation
Versorgtsein
Unabhängigkeit
Abhängigkeit
selbstunsichere junge Frau
kaum gesellschaftliche Unterstützung
Familiendynamik
-
konfluierende Verfilzung (keine Privatsphäre, Inzestproblematik liegt in der Luft)
moralisierend – asketisches Leistungsideal (triebfeindlich)
überwiegendes Vaterbild : oraler Pascha
Spannungen, die nicht offen ausgetragen werden dürfen
Therapie
-
frühstmögliche, offensive Diagnose
Konfrontation (Prognose, Wissen um Notlügen)
Konsequente Haltung (GÜ)
stationäre Therapie mit Zustimmung der Eltern
3500 kcal /d, Magensonde, Sedierung, Intensivstation
Bettruhe, Kontrolle (Medikamente, heimliches Erbrechen)
220g Gewichtszunahme /d kontrollieren
verbindlichen Therapieplan (Teamspaltung)
psychodynamische Teamsupervision
Konflikt: psychoanalytische Psychotherapie
Symptom: Verhaltenstherapie
Umfeld: Familientherapie
non-verbale Therapieverfahren
cave: Verführung, Pseudoflirts, Enttäuschung (Betrug, Arroganz, Entwertung)
Patienten versuchen, Therapeuten gegeneinander auszuspielen
 Ute Laber
53
Psychosomatik Vorlesung
Anhang
Themen, die im SS nicht behandelt werden,
aber trotzdem abgeprüft werden
WS 1998/99
 Ute Laber
54
Psychosomatik Vorlesung
Ich – strukturelle Störungen / Borderlinestörungen
strukturelle Störung = entwicklungsbedingte = frühe = traumatisch bedingte Störungen
Über-Ich
Ideal-Ich
Selbstrepräsentanz
IR ↑↓
Objektrepräsentanz
Identität
- Realitätsprüfung
- Selbstbeurteilung
- Fremdbeurteilung
- Nähe-Distanz-Regulierung
- Frustrationstoleranz
- Affektdifferenzierung
- Impulskontrolle
- Reizschutz
- Abwehr /Bewältigung
Realität
Triebwünsche (Sexualität /Aggressivität)
Autonomiebedürfnisse
Bindungsbedürfnisse
(Sicherheit, Versorgung, Unterstützung,
affektiver Austausch, Anregung, Anleitung,
Zuneigung, Bestätigung, Konstanz)
•
Patienten sind krank an dem Unglück, keine guten, versorgenden Strukturen /Bindungspersonen
gehabt zu haben
- Zurückweisung
- Mißbrauch
- kein glückliche Kindheit
- haben das Gefühl, ein Nichts in der Welt zu sein
•
Autonomiebedürfnisse müssen von den versorgenden Bezugspersonen (Eltern) gefördert werden
=> Entwicklung von Autonomie
=> Erkundung der Welt
ist die Entwicklung von Autonomie gestört, bleibt evtl. eine starke Abhängigkeit bestehen (keine
Selbständigkeit)
 Ute Laber
55
Psychosomatik Vorlesung
→ Bezugspersonen fördern /akzeptieren Wünsche nicht ⇒ Frustration beim Kind ⇒ gestörte
Integration von sexuellen Bedürfnissen /Aggression in die Persönlichkeit ⇒ Aufschieben von
Frustration ist nicht möglich
•
Ich - Funktionen
→ Differenzierungen von Personen (Student vs. Dozent, etc.)
→ Spüren von verschiedenen Affekten (Freude, Trauer, Scham, etc.) und Differenzierung
(Umgang damit)
→ den Umständen angepaßtes Verhalten (Nähe vs. Distanz, etc.)
•
Borderline – Patienten:
-
„Ich bin nichts, ich bin ein Versager!“
versuchen immer in jeder Situation, dieses Motto zu bestätigen.
falls die Therapie positiv wirkt, versuchen die Patienten, den Erfolg zu vernichten, da in ihrem
Leben nichts Positives vorkommen darf (Selbstzerstörung etc.)
Selbstbilder bzw. Bilder von anderen sind radikal (schwarz-weiß-Malerei, keine Nuancen)
⇒ keine Differenzierung möglich
negatives Selbstbild, ständiger Versager, sehr grob überzeichnet
⇒ Unfähigkeit, mit der Umwelt differenziert umzugehen
-
genet. Faktoren
soziale Faktoren
Persönlichkeit
Aufbau des Kommunikationssystems
Aufbau des Bindungssystems
Aufbau des Autonomiesystems
Aufbau der psychosexuellen und sozialen Identität
Objektbeziehungsstruktur
Selbst- und narzißtische Regulation
Ichfunktion
Inneres Orientierungssystem bezüglich der Bedürfnisse ist nicht oder nur gestört vorhanden.
Bei Patienten mit Ich-strukturellen Störungen sind häufig schon die Aufbauten gestört, da
z.B. kein „normales“ Bindungssystem (Kommunikationssystem), z.B. bei Eltern vorhanden ist.
Aufbau des Bindungssystems: gestört, falls er auf Zufall beruht, keine Verläßlichkeit: heute so, morgen
so.
 Ute Laber
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Psychosomatik Vorlesung
Autonomieentwicklung z.B. gestört, wenn Kinder das Gefühl haben, Eltern verstehen sich nur, wenn
sie anwesend sind.
Neurosen
Ichstrukturelle
Störung
Schizophrenie
Persönlichkeitsstrukturen
Cluster A:
Cluster B:
Cluster C:
paranoide Persönlichkeitsstörung
schizoide Persönlichkeitsstörung
schizotypische Persönlichkeitsstörung
0,4 – 1,8%
0,4 – 0,9%
0,7 – 5,6%
dissoziale Persönlichkeitsstörung
Borderline Persönlichkeitsstörung
histrionische Persönlichkeitsstörung
narzißtische Persönlichkeitsstörung
1,5 – 3,2%
1,1 – 4,6%
1,3 – 3,0%
0 – 0,4%
zwanghafte Persönlichkeitsstörung
ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung
abhängige Persönlichkeitsstörung
1,7 – 2,2%
1,1 – 1,4%
1,5 – 1,7%
Borderline – Störungen
ein durchgängiges Muster von Instabilität
im Bereich der Affektivität
Impulskontrolle und Bedürfnisregulierung
der zwischenmenschlichen Beziehungen
des Selbstbildes
Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und die Krankheit manifestiert sich in den verschiedenen
Lebensbereichen.
mindestens 5 der folgenden Kriterien sollten erfüllt sein:
1) Ein Muster von instabilen, aber intensiveren zwischenmenschlichen Beziehungen, das sich durch
einen Wechsel zwischen Extremen der Überidealisierung und Abwertung auszeichnet.
2) Impulsivität bei mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Aktivitäten, z.B. Geldausgeben,
Sexualität (Reinszenierung eigener Erfahrungen z.B. Mißbrauch), Substanzmißbrauch,
Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren, Freßanfälle.
3) Wiederholte Suizidandrohungen, -ankündigungen /-andeutungen oder –versuchen oder andere
selbstverstümmelnden Verhaltensweisen.
4) übermäßig starke Wut oder Unfähigkeit , die Wut zu kontrollieren.
5) Instabilität im affektiven Bereich, z.B. ausgeprägte Stimmungsänderungen von der
Grundstimmung zu Depression, Reizbarkeit, Angst, wobei diese Zustände gewöhnlich einige
Stunden, oder, in seltenen Fällen, länger als einige Tage anhalten.
 Ute Laber
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Psychosomatik Vorlesung
6) Ausgeprägte und andauernde Identitätsstörung, die sich in Form von Unsicherheit in mindestens
zwei der folgenden Lebensbereiche manifestiert:
- dem Selbstbild
- der sexuellen Orientierung
- den langfristigen Zielen oder Berufswünschen
- in der Art der Freunde oder Partner, oder
- in den persönlichen Wertvorstellungen.
7) Chronisches Gefühl der Leere und Langeweile
8) Verzweifeltes Bemühen, ein reales oder imaginäres Alleinsein.
→ Funktion der Suizidandrohungen:
Beziehungsregulierung, Regulierung innerer Zustände. Mit Hilfe von selbstschädigendem
Verhalten wird getestet, ob die Beziehung tragfest ist → „Bin ich auszuhalten?“
~> Erpressung des Therapeuten oder der Mitmenschen
Ziele der Therapie:
1) Patient soll Affekte differenzieren lernen
2) Patient soll Affekte anderen mitteilen können, mit ihnen umgehen lernen.
→ Musik-, Körper-, Gestaltungstherapie ⇒ bessere Affektwahrnehmung.
3) Verbesserung der Impulskontrolle
 Ute Laber
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Psychosomatik Vorlesung
Völlig losgelöst: Schizoide, Narzißmus
•
•
•
•
Versuch, das zerbrochene Selbstwertgefühl /Bild von sich selbst nach außen durch Ausstrahlung
von Stärke, Unverletzbarkeit überzukompensieren.
keine Gefühle preisgeben → keine Schwäche zeigen
starkes Mißtrauen anderen gegenüber
Stärke spielen, „Ich bin der Größte !!!“, mir kann nichts passieren. Gefühle der Hilflosigkeit und
Schwäche werden durch Omnipotenzphantasien überkompensiert.
wirken im allgemeinen überheblich, arrogant, abschätzig ⇒ Patienten ziehen
Abwertungsmechanismen auf sich.
Angst, Mißtrauen → werden abgetan → ich bin unbesiegbar
↓
Umgebung hat das Gefühl, Patient sei
arrogant → Ablehnung
•
Real – Selbst = Einschätzung von sich selbst (entspricht bei normalen Personen in der Regel der
Einschätzung der Umgebung)
Ideal – Selbst = Abstand zwischen Real – und Ideal – Selbst ist in der Regel genau so groß, daß
die Spannung gerade noch ausgehalten werden kann → innerer Ansporn.
Abstand darf nicht zu groß werden. Bei narzißtischen Personen ist der Abstand
enorm groß:
Real: „Ich bin nichts wert“ (Keller)
Ideal: Top → ist oft unrealistisch hoch
⇒ der Patient muß lernen, sein Ideal-Selbst auf eine adäquate Höhe zu bringen
•
Ideal – Objekt: äußere Person, die so ist, wie man selbst sein möchte
•
verschmelzen Real – und Ideal – Selbst und das Ideal – Objekt, dann ist das Selbstwertgefühl des
narzißtischen Patienten ideal /in Ordnung. ( „Glücksgefühl“ )
Der narzißtische Patient braucht ständig Glücksgefühle, damit sein Selbstwertgefühl in Ordnung
ist.
•
Entwicklungspsychologie:
primärer Narzißmus:
6 Monate: Unterscheidung Mutter – Fremde
Erlebnis existentieller Abhängigkeit
„ aus eigener Macht wohlversorgt“
8-Monats – Angst
Identifizierung:
Entwicklung eigener Identität
Entwicklung des Selbst (3. – 4. Lj. abgeschlossen)
 Ute Laber
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Psychosomatik Vorlesung
•
Selbst – Objekt: der andere ist Erfüllungshilfe, er hat so zu funktionieren, wie der narzißtische
Patient ihn haben will.
•
Bei narzißtischen Patienten existiert sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber nur das
Gefühl „top“ oder „hop“.
Keine qualitativen Übergänge
•
Sind die Eltern einigermaßen gut, entstehen bei Kindern Gefühle der Versorgung bezüglich
primär narzißtischer Bedürfnisse. Später kommt es immer wieder zu Frustrationen ⇒ Gefühl der
absoluten Allmacht wird modifiziert ⇒ es entsteht ein inneres Bild der Welt (es entwickelt sich das
„Selbst“ → Selbstrepräsentanz)
Vorstellung, wie man sich selbst ist → dauert an → Charakter.
Gefühl von sich selbst entwickelt sich im Umgang mit anderen Menschen.
•
Identifizierung
Unterscheidung „Ich – die anderen“ ist Voraussetzung.
1. Abschnitt der Identitätsbildung ist im 3./4. Lj. abgeschlossen, innere Bilder können aber noch
nicht modifiziert werden.
„Vorstellung von mir, wie ich bin.“
2. Abschnitt: Pubertät
→ vulnerable Phasen: 1. – 4. Lj. und Pubertät
•
latente Selbstwertstörung (z.B. durch frühkindliche Objektverluste /Beziehungsmangel) und
auslösende Situation (erneute Krise z.B. durch Selbstschädigung etc.) ⇒ Ausbruch der
narzißtischen Persönlichkeitsstörung
•
narzißtische Persönlichkeiten sind kühl – funktionierend
→ Beziehungen nicht so wichtig
 Ute Laber
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