M1 - Gravitationsdrehwaage

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Physikalisches Grundpraktikum
M1 - Gravitationsdrehwaage
M1 - Gravitationsdrehwaage
Aufgabenstellung:
Bestimmen Sie die Gravitationskonstante mit der Gravitationsdrehwaage nach Cavendish.
Stichworte zur Vorbereitung:
Gravitation,
Gravitationsgesetz,
Gravitationsgesetze,
NEWTONsche
Axiome,
Torsionsschwingung, Trägheitsmoment, Gravitationsdrehwaage
Literatur:
•
H. J. Paus, Physik in Experimenten und Beispielen, Kap. 13, 3. Auflage, Hanser Verlag
München 2007
•
W. Schenk, F. Kremer (Hrsg.), Physikalisches Grundpraktikum, Kap. 6.8, 13. Auflage,
Vieweg+Teubner Wiesbaden 2011
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1.
Theoretische Grundlagen
1.1 Gravitationsgesetz
Das Gravitationsgesetz, erstmals 1687 durch NEWTON angegeben, gibt die Kraft, die zwei Körper
mit den Massen 𝑚! und 𝑚! im Abstand 𝑟 aufeinander ausüben, an:
𝐹! = 𝐺 ⋅
!! !!
!!
.
(1)
Die Gravitationskonstante 𝐺 konnte durch NEWTON selbst nicht bestimmt werden, jedoch waren die
fundamentalen Proportionalitäten 𝐹 ∼ 𝑚! und 𝐹 ∼ 𝑟 !! ausreichend, um die KEPLERschen
Beobachtungen zur Planetenbewegung zu erklären.
Betrachtet man den freien Fall eines Körpers der Masse 𝑚! = 𝑚 nahe der Erdoberfläche, d.h.
𝑚! = 𝑚Erde und 𝑟 ≈ 𝑟Erde , so erhält man durch Gleichsetzen von Gleichung (1) mit dem zweiten
NEWTONschen Axiom einen Ausdruck für die Fallbeschleunigung:
𝐹G = 𝐺 ⋅
!Erde
!
!Erde
⋅ 𝑚 = 𝑚𝑔 ⟹ 𝑔 = 𝐺 ⋅
!Erde
!
!Erde
.
(2)
Vektoriell geschrieben nimmt das Gravitationsgesetz die Form
𝐹G = −𝐺 ⋅
!! !!
!!
!
⋅!
(3)
an. Der Vektor 𝑟 zeigt dabei vom Mittelpunkt der Masse 𝑚! zum Massenmittelpunkt des zweiten
Körpers. Das Gravitationsfeld ist also ein Radialfeld, die auf einen Körper wirkende Kraft zeigt stets
in Richtung des anziehenden Körpers. Die bei der Bewegung im Gravitationsfeld verrichtete bzw.
freiwerdende Arbeit ist dabei unabhängig vom zurückgelegten Weg, die Gravitationskraft ist
konservativ und es kann ein Potential eingeführt werden.
1.2 Gravitationsdrehwaage nach CAVENDISH
Die Bestimmung der Gravitationskonstante 𝐺 gelang HENRY CAVENDISH erstmals im Jahr 17981.
Das Experiment hatte zunächst das Ziel, die Masse und mittlere Dichte der Erde zu bestimmen.
CAVENDISH nutze einen Torsionswaagenaufbau (siehe Abb. 1): an einem dünnen Torsionsdraht ist
eine Hantel, an deren Enden zwei Bleikugeln in gleichem Abstand von der Aufhängung befestigt
sind, aufgehängt. Die Bleikugeln werden der Anziehungskraft größerer Bleikugeln ausgesetzt,
wobei durch Drehen der Lagerung der großen Kugeln um die Torsionsachse einmal das eine,
einmal das andere der Kugelpaare näher gebracht werden kann. Aufgrund der unterschiedlich
gerichteten Kraftwirkung zwischen großen und kleinen Kugeln resultiert ein Moment, das zur
H. Cavendish, Experiments to determine the Density oft he Earth, Phil. Trans. Roy. Soc. Lond. 88(1798) 469 526, doi:10.1098/rstl.1798.0022
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Eindrillung des Drahtes in die eine bzw. die andere Richtung führt. Ein Lichtzeiger, der an einem
am Torsionsdraht befestigten Spiegel reflektiert wird, wird zur Messung der geringen
Lageänderung genutzt. Zur Ermittlung der Gravitationskonstanten aus den beim Wechsel zwischen
den Kugelpositionen beobachteten Zeigerausschlägen stehen zwei Auswerteverfahren zur
Verfügung.
(2)
(1)
(1)
(2)
Abb. 1: Schema einer Gravitationswaage.
1.3 Endausschlagmethode
Im Abstand 𝑏 üben die Kugeln der Massen 𝑚! (kleine Kugel) und 𝑚! (große Kugel) nach
Gleichung (1) eine Kraft aus. Ist 𝑑 der Abstand der kleinen Bleikugeln vom Drehzentrum, so kann
der Betrag des resultierenden Drehmomentes in Stellung 1 der großen Kugeln angegeben werden:
𝑀! = 2𝐹G 𝑑 = 2𝐺 ⋅
!! !!
!!
𝑑.
(4)
Das Drehmoment wird, nachdem das Torsionspendel in der Endlage 𝛼! zur Ruhe gekommen ist,
kompensiert durch das Rückstellmoment 𝐷 des Torsionsdrahtes. Analoges gilt für Stellung 2 der
großen Kugeln. Die Differenz der wirkenden Momente in beiden Lagen ist
𝐷 ⋅ 𝛼! − 𝛼! = 𝑀! − 𝑀! = 2𝑀! .
(5)
Das Rückstellmoment kann aus der Schwingungsdauer 𝑇 des Torsionspendels, die während des
Einschwingens in die Ruhelage mit erfasst werden kann, sowie dessen Trägheitsmoment 𝐽, dass
sich aus der geometrischen Anordnung der kleinen Kugeln zu 𝐽 = 2𝑚! 𝑑 ! ergibt, bestimmt
werden:
𝐷=𝐽⋅
!!!
!!
=
!!!
!!
⋅ 𝑚! 𝑑 ! .
(6)
Kombiniert man schließlich Gleichungen (4) - (6) kann die Gravitationskonstante aus den
ermittelten Endlagen errechnet werden:
𝐺=
!!! ! ! !
! ! !!
⋅ 𝛼! − 𝛼! .
(7)
1.4 Beschleunigungsmethode
Unmittelbar nach dem Umlegen der großen Kugeln von Position 1 in Position 2 übt der
Torsionsdraht das Moment −𝑀! auf das Pendel aus. Durch die Kugeln in Position 2 wird
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zusätzlich das Moment 𝑀! = −𝑀! ausgeübt. Beide Momente gemeinsam bewirken eine
Winkelbeschleunigung
𝛼=
!!!
!
!!
=!
!!
!
,
(8)
von der man aufgrund der großen Schwingungsdauern annehmen kann, dass sie während der
ersten Minute nach dem Umschwenken konstant bleibt. Währenddessen gilt also
!
𝛼 𝑡 = 𝛼! + !! !!! 𝑡 ! .
(9)
!
Kombiniert man Gleichungen (4),(8), (9), so ergibt sich für die Gravitationskonstante
𝐺=
! ! ! ! ! !!!
!! ! !
.
(10)
1.5 Korrektur des Einflusses der entfernten Kugel
Auch die entferntere der beiden großen Kugeln übt auf die betrachtete kleine Kugel eine Kraft aus,
daraus resultiert ein Gegendrehmoment (vgl. Abb. 2).
F2⊥
d’
b
F2
2d
F
Abb. 2: Zur Korrektur des Einflusses der entfernten Kugel. Bezeichnungen (links)
und wirkende Kräfte (rechts).
Für das Drehmoment 𝑀! muss daher anstelle Gleichung (4)
𝑀! = 2 𝐹 + 𝐹!! 𝑑
(11)
!!
!
geschrieben werden, wobei 𝐹!! = −𝐹! ⋅ !! die senkrechte Komponente der Kraft 𝐹! = 𝐹 ⋅ !!"
(vgl. Gl. (1) und (4)) ist. Die Gravitationskonstante ist daher um den Faktor
!
𝐾 = !!!
!!
=
!
!!
!! !"
!
(12)
größer als mit den Gleichungen (7) bzw. (10) berechnet.
2.
Versuchsdurchführung
Zufriedenstellende Messergebnisse erfordern eine gute Justage der Gravitationsdrehwaage, die
durch unbedachtes Arbeiten gestört werden kann. Das Torsionspendel reagiert zudem sehr
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empfindlich auf Erschütterungen am Gehäuse. Arbeiten Sie in der Nähe der Drehwaage äußerst
umsichtig. Gerät das Torsionspendel durch äußere Störungen in Querschwingungen, ist damit zu
rechnen, dass die Messungen während des Labortermins nicht erfolgreich ausgeführt werden
können!
Das Umschwenken des Kugelträgers muss zügig erfolgen. Zugleich muss jedoch darauf geachtet
werden, dass Erschütterungen, z.B. durch Berühren des Gehäuses des Torsionspendels oder
anstoßen der großen Bleikugeln daran, vermieden werden!
Zur Bestimmung der Pendelauslenkungen wird ein Lichtzeiger mit an der Wand befestigter ebener
Skala genutzt. Die Anordnung ist dabei nicht symmetrisch (vgl. Abbildung 3).
L0
N
Ữ
Ữ
2ử
LN
ử
L
O
S’
S
Ữ
Abb. 3: Schema zur Bestimmung der Auslenkung mit dem Lichtzeiger
!!
!
Es gilt 𝑆 ! = 𝐿 ⋅ tan 2𝛼 und mit dem Sinussatz !"# !"°!!!!! = !"# !"°!!! . Umformen liefert
schließlich unter der Bedingung kleiner Winkel und 𝛽 < 30° 𝛼 (dies ist durch die Bauform des
Gehäuses gegeben):
!!
!
=
!"# !"°!!!!!
!"# !"°!!!
=
!"# !!!!
!"# !!
= cos 𝛽 − sin 𝛽 tan 2𝛼 ≈ cos 𝛽 =
!!
!
.
Mit der zusätzlichen Näherung tan 2𝛼 ≈ 2𝛼 ergibt sich schließlich der Auslenkwinkel aus der
Differenz der Skalenpositionen zwischen Zeigerposition ohne große Kugeln und aktueller
Zeigerposition , sowie des senkrechten Abstandes der Versuchsanordnung zur Skala zu
!
!
!
𝛼 = ! ⋅ !! !!
!.
!
!
(13)
Zunächst ist die Nulllage des Pendels ohne Bleikugeln zu markieren. Setzen Sie dann die
Bleikugeln auf, bewegen Sie diese in Position 1 und nehmen Sie den Auslenkwinkel als Funktion
der Zeit auf. Es sollten mindestens drei Perioden aufgenommen werden, um die Ruhelage 𝛼!
ausreichend genau bestimmen zu können. Lassen Sie, wenn zeitlich möglich, das Pendel nahezu
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zur Ruhe kommen, bevor Sie die großen Kugeln auf Position 2 umschwenken - dies ermöglicht
Ihnen auch die Anwendung der Beschleunigungsmethode. Nehmen Sie erneut den Auslenkwinkel
als Funktion der Zeit über mindestens drei Perioden auf.
Erfassen Sie alle benötigten geometrischen Größen des Versuchsaufbaus. Es ist 𝑑 = 50 mm
und 𝑏 = 47 mm (der Abstand der Kugelpaare voneinander ist durch das Gehäuse bestimmt). Die
Masse der großen Kugeln ist durch Wägung zu bestimmen.
3.
Hinweise zur Auswertung
Bestimmen Sie die Ruheauslenkungen 𝛼! und 𝛼! aus graphischen Darstellungen der gemessenen
Auslenkwinkel über der Zeit.
Berechnen Sie die Gravitationskonstante nach der Endausschlagmethode und korrigieren Sie den
Einfluss der entfernten Kugel. Führen Sie eine Größtfehlerberechnung durch. Überlegen und
dokumentieren Sie dafür, welche Größen einen nennenswerten Fehlerbeitrag liefern!
Sofern durchführbar, ermitteln Sie die Gravitationskonstante nach der Beschleunigungsmethode.
Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse untereinander und mit einem Literaturwert. Diskutieren Sie Ihre
Ergebnisse.
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