zur Textanalyse

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Die schriftlich ausgearbeitete Textanalyse
Eine Textanalyse dient dem tieferen Verständnis eines Textes unabhängig von dessen Textsorte. Dabei wird neben einer Analyse des Textaufbaus auch eine Inhaltsanalyse, eine Analyse der Sprache
und der Argumentationsstruktur vorgenommen.
Vorbereitende Schritte
 Vor der Bearbeitung des zu untersuchenden Textes legen wir uns geeignetes Arbeitsmaterial zurecht: Empfehlenswert sind in jedem Fall verschiedenfarbige Stifte (Textmarker), ein Lineal und außerdem ein Bleistift, um wichtige Textpassagen unterstreichen, markieren und mit Anmerkungen versehen zu können.
 Anschließend lesen wir uns den ausgewählten
Text ganz in Ruhe durch, idealerweise gleich mehrmals, um auch wirklich alle Passagen zu verstehen
und deuten zu können.
 Tauchen beim Durchlesen Unklarheiten und Verständnisprobleme auf, sollte das unmittelbar am
Textrand notiert werden. Gibt es beispielsweise
(fremdsprachliche) Begriffe, deren Bedeutung wir
klären müssen (Duden, Fremdwörterlexikon, andere Nachschlagewerke)?
 Nach dem Lesen (und der Behebung aller Verständnisprobleme) sollte uns das Grundsätzliche
klar sein: Autor, Textsorte (siehe unten), Entstehungszeit, grundlegende Intention 1 (Deutungshypothese 2).
Hinweis: Grundsätzlich gibt es bei der Textanalyse
keine richtige oder falsche Meinung. Entscheidend
ist vielmehr, dass man seine späteren Aussagen am
analysierten Text (durch Verweis auf Zeilenangaben und insbesondere durch Zitate) belegen kann
und nicht einfach nur Behauptungen (ohne Beweiskraft) aufstellt. Merke: Genauigkeit bedeutet Korrektheit!
«Checkliste» zur Textanalyse
Einleitung der Textanalyse
• Entstehungszeit (Wann wurde der Text
verfasst? [Zeitumstände, gesellschaftliche
u. politische Verhältnisse, Literaturepochen)
• Titel des Textes
• Name u. Funktion des Autors (Von wem
stammt der Text? In welcher Eigenschaft
äußert er sich?)
• Was will der Autor mit seinem Text erreichen? (Deutungshypothese [siehe Anm. 3])
• Textsorte (Literarischer Text [Epik 3,
Drama 4, Lyrik 5], Journalistischer Text
[Kommentar, Glosse 6, Kolumne, Essay 7],
privater Text [Brief])
Die/Eine Intention (von lat. intendere - ‚sein Streben
auf etwas richten‘): Absicht oder Aufgabe (einer sprachlichen Äußerung/Mitteilung).
2 Die/Eine Hypothese (von griech ὑπόθεσις [hypóthesis] ‚Unterstellung‘): als Annahme formulierte logische Aussage, deren Gültigkeit man zwar für möglich hält, die
aber (ggf. noch) nicht bewiesen (verifiziert) ist.
3 Die Epik (von griech. επική ποίησις [epiké peúesis] ‚zum Epos gehörende Dichtung‘): Form der erzählenden
(Prosa-) Literatur (Märchen, Fabel, Anekdote, Roman,
Novelle usw.).
4 Das/Ein Drama (von δρᾶμα [dráma] - ,Handlung‘),
Oberbegriff für Texte mit verteilten Rollen; Schauspiel.
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Als (Die) Lyrik (von griech. λυρική ποίησις [lyriké poíesis] - ‚die zum Spiel der Lyra gehörende Dichtung‘) bezeichnet man die Dichtung in Versform.
6 Die/Eine Glosse (von griech. γλῶσσα [glóssa] – ‚Zunge‘,
‚Sprache‘, lat. glossa), kurzer, pointierter, oft satirischer
(=spöttisch) oder polemischer (= überzogen kritisch),
journalistischer Meinungsbeitrag.
7 Der/Ein Essay (seltener das Essay; Plural: Essays), geistreiche Abhandlung, in der wissenschaftliche, kulturelle
oder gesellschaftliche Phänomene betrachtet werden.
Der französische Begriff essai stammt von dem spätlateinischen Substantiv exagium (‚das Wägen‘, ‚das Gewicht‘)
ab.
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Die Textanalyse
Hauptteil der Textanalyse
• Inhalt
o Thema des Textes (Wovon handelt das
Ganze? Welche Problematik wird dargestellt bzw. erörtert?)
o Welche Sachverhalte, Ereignisse, Entwicklungen, Probleme werden aufgezeigt? Knappe Beschreibung des Inhalts
(kurze [!] Inhaltsangabe schreiben)
o Räumliche Bedingungen / gesellschaftliche, politische Verhältnisse (Wo und unter welchen genaueren Bedingungen
spielt sich das Ganze ab?)
o Welche Akteure, Parteien, Kräfte, Institutionen treten auf bzw. positionieren
sich gegeneinander? (Protagonist 8, Antagonist 9?)
o Wie werden sie beschrieben?(Charakterisierung / Kennzeichnung / Beschreibung)
o Wie verhalten sich die Akteure (usw.) zueinander? (Figurenkonstellation 10,
Kräfte- bzw. Macht- oder Abhängigkeitsverhältnisse)
o Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Überschrift (Titel) und dem Inhalt des Textes?
• Text-Struktur
o Wie ist der Text aufgebaut? (Gliederung)
o Wie beginnt und endet der Text? (Ist ein
geordneter Aufbau erkennbar?)
o Gibt es einen Spannungsbogen (Folgt
der Text einer bestimmten Dramaturgie 11)?
o Finden wir Höhepunkte? Vielleicht mehrere?
o Wenn ja, gibt es auch einen Wendepunkt? Welche Auswirkungen hat dieser?
o Gibt es einen Erzähler? Äußert sich dieser?
o Welche Erzählperspektive nimmt der Erzähler ein? (auktoriale, personale, neutrale, Ich-Erzähler)
o Wie steht der Erzähler zum Geschehen?
Kommentiert er das Geschehen sogar?
o Werden innere Vorgänge der Figuren
dargestellt? (innerer Monolog, erlebte
Rede)
o Spielen Erzählzeit und erzählte Zeit eine
Rolle?
o Gibt es zeitliche Raffungen oder Dehnungen?
o Gibt es eine Argumentationsstrategie?
(Thesen, Argumente, Argumenttypen
 Sprache
o Wie ist der Text aufgebaut? (Gliederung)
o Wirkt die Sprache veraltet oder modern?
o Gibt es bestimmte sprachliche Auffälligkeiten? Welche Adjektive kommen zum
Der/Ein Protagonist (von griech. πρωταγωνιστής [protagonistés] - ‚Haupt-‚ oder ‚Erst-Handelnder‘), in der griechischen Tragödie Darsteller der ersten Rolle (Hauptakteur).
9 Der Gegenspieler eines Protagonisten wird als Antagonist (griech. ἀνταγωνιστής [antagonistés] - ‚der Gegenhandelnde‘) bezeichnet.
10 Der Begriff Konstellation setzt sich zusammen aus den
lateinischen Teilen stella (‚Stern‘) und dem Präfix con
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Einsatz (wertende, beschreibende, unnötige?)
o Dominieren bestimmte Wortarten (Nominalstil, Verbalstil, Adjektivstil?)
(‚zusammen‘); frei übersetzt ‚Zusammentreffen von Sternen‘ (= Sternbild); metaphorisch (= sprachbildlich) bezeichnet der Begriff Figurenkonstellation also die Beziehung der Akteure (z.B. in einem Schauspiel) zueinander.
11 Der Begriff Dramaturgie (von griech. δραματουργέιν
[dramaturgéin] - ‚ein Drama verfassen‘) bezeichnet den
mit bestimmten Wirkungsabsichten verknüpften Aufbau
eines Theaterstückes bzw. die auf bestimmte Wirkungen
abzielende Strukturierung eines Textes.
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Die Textanalyse
o Gibt es besondere Stilfiguren? (Welche
rhetorischen Stilmittel verwendet der Autor [mit welcher Wirkungsabsicht]?)
 Intention des Textes
o An wen richtet sich der Text? (Welche
Adressaten bzw. welche Zielgruppe hat
der Text?)
o Welche Haltung hat der Autor? (Welche
Einstellung hat der Autor zum Thema
seines Textes?)
o Gibt es historische, politische, gesellschaftliche Zusammenhänge? (Stellt der
Text eine politische Stellungnahme dar?)
o Welche Wirkungsabsicht hat demnach
der Text (Appell?)
o Was will der Autor von seinen Lesern
(Handlungsabsicht: Belehren, mahnen,
informieren, erinnern etc.?)
o Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Entstehungszeit und dem
Thema/Anliegen des Textes? (Aktualität?)
Schlussteil der Textanalyse
• Hat sich unsere Deutungshypothese bestätigt?
• Textkritik (logische Brüche, Unstimmigkeiten, sachliche Irrtümer usw.)
• Erreicht der Autor sein Ziel? (Überzeugt
sein Text?)
• Gegebenenfalls: Was ist unsere Meinung
zum Thema?
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