3 / 2006 - Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main eV

Werbung
Treffpunkte
Frankfurter
Zeitschrift für Gemeindepsychiatrie
3
/ 2006
Alles bleibt anders
Das »Integrative
Versorgungsmodell«
in Frankfurt am Main
Veranstaltungen
18. Frankfurter
Psychiatriewoche
Forum
Haldolverkoster
Fragebogen
Sieben Fragen an
Stephan von Nessen
»Leben wo man sich wohlfühlt«
Älter werden mit psychischer Erkrankung
Herausgegeben von der Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main e. V.
Impressum
Impressum
Treffpunkte
Frankfurter Zeitschrift für Gemeindepsychiatrie
Die Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie
Frankfurt am Main e. V.
Konzept
Die Zeitschrift ist ein Forum für alle Beteiligten in
der ambulanten, teilstationären und stationären
Psychiatrie sowie in der Sozialpsychiatrie.
Die Zeitschrift berichtet über allgemeine Entwicklungen;
das besondere Gewicht liegt auf regionalen Aspekten
der Rhein- Main- Region.
Gründer
Christof Streidl (1939 - 1992)
hat sich zur Aufgabe gemacht, die Situation psychisch kranker
Menschen zu verbessern. Hierzu hat die Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie im Laufe der Jahre viele Projekte initiiert, deren
vorrangiges Ziel die Verbesserung der außerklinischen Versorgung ist.
Angebote der Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie sind beispielsweise ein Krisendienst, der auch außerhalb der üblichen
Bürozeiten zur Verfügung steht, das Betreute Wohnen, die
Tagesstätte Teplitz-Pavillon und der offene Treffpunkt-Süd.
Die Einrichtungen bieten psychisch kranken Menschen die
Möglichkeit, ihren Tag zu strukturieren und mit Anderen
ins Gespräch zu kommen.
Die von der Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie herausgegebene
Zeitschrift für Gemeindepsychiatrie «Treffpunkte» dient
der Vermittlung von Fachinformationen und der Unterrichtung
der Öffentlichkeit über die Situation psychisch kranker
Menschen. Sie soll damit helfen, Vorurteile gegenüber diesem
Personenkreis abzubauen.
Der Vorstand der Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt
am Main e. V. setzt sich zusammen aus Wolfgang Strehse
(Vorsitzender), Stephan von Nessen (2. Vorsitzender), Wolfgang
Schrank (Schatzmeister), Gabriele Schlembach (Schriftführerin)
sowie als Beisitzer Bernhard Moch, Regina Stappelton und
Kerstin von Witzleben.
Geschäftsführer der Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt
am Main e.V. ist Gerhard Seitz-Cychy.
Die Arbeit des Vereins wird finanziert durch Leistungsentgelte für die erbrachten Einzelangebote, durch
Zuschüsse der Stadt Frankfurt am Main und des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen sowie durch Mitgliedsbeiträge
und Spenden.
Herausgeber
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main e. V.
Holbeinstraße 25- 27
60596 Frankfurt am Main
Telefon 069 96201869, Fax 069 627705
E-Mail [email protected]
Internet http://www.bsf-frankfurt.de
Chefredaktion
Gerhard Pfannendörfer, Heidestraße 70
60385 Frankfurt am Main
Telefon 069 447401
E-Mail Gerhard. Pfannendoerfer@t-online. de
http : //www. gerhard-pfannendoerfer. de
Redaktionsteam
Gisela Faißt, Oliver Glaubrecht, Christel Gilcher,
Stephan von Nessen, Gerhard Pfannendörfer
Druck und Vertrieb
Reha-Werkstatt Rödelheim, Biedenkopfer Weg 40a
60489 Frankfurt am Main, Telefon
069 907498- 0, Fax 069 90749825
E-Mail [email protected]
Internet http://www.frankfurter-verein.de/
frankfurter- verein/rwr/rwr.html
Layout, Satz und Gestaltung
Zehn44 Paul M. Albert
E-Mail [email protected]
Internet htpp://www.zehn44.de
Titelfoto
Paul M. Albert
Erscheinungsweise
Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich.
Auflage
1. 700 Exemplare
Einzelpreis
Die Zeitschrift kostet 5,- Euro.
Abonnement
Das Jahresabonnement kostet 10,- Euro
einschließlich Versandkostenpauschale.
Das Abonnement kann bis zum 31. Dezember
jeden Jahres gekündigt werden.
Bestellungen bitte an den Herausgeber.
Anzeigen
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main e. V.
Holbeinstraße 25 - 27, 60596 Frankfurt am Main
Telefon 069 96201869, Fax 069 627705
E-Mail gst@bsf-frankfurt . de
Internet http : //www.bsf-frankfurt . de
Editorial
» Kuchen gibt’s nie allein. «
Sondern immer nur zusammen mit einem Vortrag. «
Georg Schramm
Kabarettist in seinem«
»Bericht aus einem Altenheim«
Liebe Leserin, lieber Leser,
zwanzig bis dreißig Prozent der über 65-jährigen Menschen leiden
an einer psychischen Erkrankung. Doch auch im Alter sind
psychische Krankheiten durchaus medizinisch behandelbar,
zumindest können sie gelindert und ihr Fortschreiten gebremst
werden. Älter werdende Menschen mit psychischer Krankheit
müssen bei entsprechenden Hilfen nicht aus ihrem sozialen
Netzwerk fallen.
Aber immer noch werden massive Gedächtnisstörungen fälschlicherweise als »normaler Altersprozess« angesehen. Depressionen,
psychosomatische Erkrankungen, Angst- und Unruhezustände,
Demenzen und andere seelische Krankheiten oder Lebenskrisen
werden bei älteren Menschen oft einfach nicht wahrgenommen.
Selbst professionelle Helfer erklären gelegentlich, man könne im
Alter »nichts mehr machen« und die betroffenen Menschen und
ihre Angehörigen müssten sich halt damit abfinden.
Doch das Spektrum der Hilfen ist groß, es reicht von der Vorbeugung bis zur Hilfe bei Suizidalität. Schon frühzeitiger Rat
stellt für viele kranke Menschen und ihre Angehörigen eine große
Hilfe dar. Und gegen Einsamkeit kann man in allen Lebensaltern
etwas tun.
Zudem: Viele alte Menschen haben mehr geistige und körperliche
Fähigkeiten als ihnen oft zugetraut wird. Der oft mit dem Unterton
der Katastrophe vorgetragene Verweis auf »die demografische
Entwicklung« übersieht den großen Erfahrungsschatz, den der
Gesellschaft durch die steigende Zahl älterer Menschen
zuwächst. Ein Schatz, den man heben muss.
Gerhard Pfannendörfer
Redaktion »Treffpunkte«
Treffpunkte 3/ 06
1
Inhalt
Inhalt
Editorial
1
Von Gerhard Pfannendörfer
Magazin
3
Alles bleibt anders
Forum
22
Die gemeindepsychiatrische Versorgungsstruktur in Frankfurt am Main soll für die
Zukunft gerüstet werden
Von Hans-Joachim Kirschenbauer
15-18
Haldolverkoster
Ein Gedicht von Frank G. Weiser
Beziehungen
Ein Text von Ursula Müller
23
Leserbrief
24
»Also munter weiter bewerben«
18. Frankfurter Psychiatriewoche
Programmhinweise zu Veranstaltungen
vom 14. bis 22. September 2006
Erfahrungen bei der Stellensuche
Von Markus Gutperl
Thema
6
Leben wo man sich wohlfühlt
Menschen im höheren Lebensalter mit
einer psychischen Störung: eine Herausforderung für die Gemeindepsychiatrie
Von Rolf D. Hirsch
9
Informationen
26-31
Notizen, Literatur, Termine, Zitat
Sind Wohnheime für psychisch
kranke Menschen noch zeitgemäß?
Mietanlagen mit kleinen Wohnungen
und Betreuerstation wären für viele die
richtige Lösung
Von Edith Mayer und Edelgard Nolting
12
Hilfe im Alter
Psychische Störungen im höheren Lebensalter nehmen aufgrund des demografischen
Wandels zu
Von Christiane Kaiser
19
Neue Konzepte gesucht
Die Tagesstätte des Sozialwerk Main Taunus
ist für viele Ältere zur Heimat geworden
Von Gisela Hefft, Christiane Hagel und
Katharina Blum
2
Treffpunkte 2/ 04
Fragebogen
32
Sieben Fragen an Stephan von Nessen
Magazin
Alles bleibt anders
Die gemeindepsychiatrische Versorgungsstruktur in
Frankfurt am Main soll für die Zukunft gerüstet werden
Von Hans-Joachim Kirschenbauer
Viele Vermutungen und Gerüchte spannen sich um die geplante
Neuordnung der psychiatrischen Landschaft in Frankfurt am Main.
Einer der Initiatoren des »Integrativen Versorgungsmodells zur gemeindepsychiatrischen Planung, Regelung, Steuerung und Finanzierung« stellt im
nachfolgenden Beitrag die Rahmenbedingungen und Motive des neuen
Konzepts vor, das vor allem dazu dienen soll, die gute sozialpsychiatrische
Versorgung in Frankfurt am Main auf Dauer zu sichern.
In den letzten 20 Jahren hat sich in
Frankfurt am Main ein gemeindepsychiatrisches Versorgungssystem
entwickelt, das sich sowohl im klinischen als auch im außerklinischen
Bereich sehen lassen kann. Hieran
haben sehr viele Menschen mehr
oder weniger direkt mitgewirkt, die
meisten jedoch aktiv durch ihre
tägliche Arbeit mit den Patienten
und Klienten in den Einrichtungen.
Deshalb haben die Mitglieder des
Gemeindepsychiatrischen Verbundes
(GPV) in Frankfurt am Main (fünf
Leistungserbringer und das Stadtgesundheitsamt) schon vor einigen
Jahren damit begonnen über
Lösungen nachzudenken. Aus den
anfänglich vagen Vorstellungen ist
im Laufe der Zeit ein Bild entstanden,
das sich zu einem vorläufigen Konzept
entwickelt hat.
In letzter Zeit macht sich jedoch die
Sorge um die weitere Entwicklung der
Strukturen in einem Maße breit, die
für viele Mitarbeiter wenig motivierend ist. Notwendige Einsparungen
der Leistungsträger, Veränderungen
durch neue Gesetze, Gremien und
Vereinbarungen, Reformprozesse,
Qualitätsnachweise usw. und damit
verbunden eine Ausweitung der
bürokratischen Vorgänge.
Ausgangspunkt der Überlegungen
war die Verbesserung der Versorgungsqualität für die Patienten und
Klienten mit seelischer Behinderung
in Frankfurt am Main. Im Mittelpunkt soll also künftig noch mehr
der Hilfe suchende Mensch stehen.
Ängste um den eigenen Arbeitsplatz
vermischen sich mit höheren Anforderungen in der täglichen Arbeit und
der Unsicherheit, wohin die Reise geht.
Um das Projekt trotz des erheblichen
Umfangs noch einigermaßen übersichtlich zu gestalten, werden zunächst nur die Bereiche Wohnen
(Wohnheim, Betreutes Wohnen),
Tagesstätte, Kontakt- und Beratungsstelle und Begegnungsstätte mit einbezogen. Ebenfalls wird eine Be-
schränkung auf den Bereich Menschen
mit seelischer Behinderung vorgenommen. Der Bereich Sucht bleibt
zunächst unberührt. Dies hat keine
ideologischen oder fachlichen Gründe,
sondern dient im ersten Schritt
der praktischen Handhabung eines
großen aber noch überschaubaren
Bereiches.
Anfang 2005 wurde durch das Stadtgesundheitsamt dieses Konzept den
politisch Verantwortlichen in Frankfurt am Main zur Entscheidung
vorgelegt, ob Verhandlungen mit dem
Landeswohlfahrtsverband Hessen (als
weiteren Leistungsträger neben der
Stadt Frankfurt am Main) über ein
Modellprojekt »Integratives Versorgungsmodell zur gemeindepsychiatrischen Planung, Regelung, Steuerung
und Finanzierung« (M 70) erfolgen
sollen. Die Stadtverordneten-Versammlung hat mit großer Mehrheit
aller Fraktionen am 12. Mai 2005
diesem Antrag zugestimmt. Der
Landeswohlfahrtsverband Hessen hat
dann am 9. Dezember 2005 im
Treffpunkte 3/06
3
Magazin
Verwaltungsausschuss den Beschluss
gefasst, dass das Zielgruppenmanagement 207 (Aufgabenbereich: Menschen mit seelischen Behinderungen
Die Vor-Projektplanung wurde Anfang
Februar 2006 in einer Projektleitungsgruppe begonnen. Beteiligt sind
Vertreter der Leistungserbringer
»Im Mittelpunkt soll also künftig«
»noch mehr als bisher der Hilfe«
»suchende Mensch stehen«
und Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen) zur Vorbereitung des
Projektes alle relevanten rechtlichen
und fachlichen Fragen klären soll, um
damit dem Verwaltungsausschuss
Grundlagen für eine Entscheidung
über die Beteiligung des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen an dem
Projekt bis Ende 2006 an die Hand zu
geben.
(Trägervereine) und der Leistungsträger (Landeswohlfahrtsverband
Hessen und Stadtgesundheitsamt
Frankfurt am Main). Zunächst wurde
eine Projektplanung erstellt, die das
Ziel des Projektes beschreibt, einen
Projektstrukturplan erarbeitet (was ist
alles zu tun) und einen Projektphasenplan (was ist in welcher Zeit zu tun)
verabschiedet.
Dabei wurde schnell deutlich, dass es
sich um ein sehr umfangreiches und
viele rechtliche Fragen tangierendes
Projekt handelt. Deshalb konzentrierte sich die Projektleitungsgruppe
zunächst intensiv darauf, die rechtlichen Fragen zu beschreiben, die in
einem Rechtsgutachten zu klären
sein werden. Erst dann ist abschließend zu beurteilen, ob das Projekt mit dem geltenden Recht vereinbar ist und umgesetzt werden kann.
Bei positiver rechtlicher Begutachtung
und Freigabe des Projektes durch die
verantwortlichen Gremien der Stadt
Frankfurt am Main und des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen kann an
der Feinabstimmung und der fachlichen Umsetzung gearbeitet werden.
Dies ist der Zeitpunkt wo Betroffene,
Angehörige aber insbesondere die
Experten in den Trägervereinen in die
Erarbeitung von Prozessen, Kriterien
und Strukturen noch enger einbezogen werden können.
Wozu eigentlich
… das neue Konzept?
Mit dem neuen »Integrativen Versorgungsmodell« soll die Versorgungsqualität für die Patienten und Klienten
mit seelischer Behinderung in Frankfurt
am Main weiter verbessert und zukunftsfest gestaltet werden. Im Mittelpunkt
soll also künftig noch mehr der Hilfe
suchende Mensch stehen.
nommen werden. Hilfeleistungen sollen
sich am Bedürfnis, den Ressourcen und
den funktionellen Einschränkungen des
Individuums orientieren. Die Leistungserbringer orientieren sich an den individuellen Bedürfnissen und subjektiven
Erwartungen der Betroffenen.
Ziele
Ziel ist die Aufrechterhaltung und
Weiterentwicklung der Versorgungsqualität für Menschen mit seelischen Behinderungen in der Stadt
Frankfurt durch Schaffung von
neuen Anreiz-, Finanzierungs-, Planungs- und Steuerungsfunktionen.
Mit der Einführung eines neuen
gemeindepsychiatrischen Steuerungsund Finanzierungsmodells soll auf örtlicher Ebene eine ordnende, planende
und steuernde Funktion wahrge-
4
Treffpunkte 3/06
In Übereinstimmung mit den
Leitzielen der Psychiatrie-Enquetekommission (1975) sollen dabei besonders
beachtet werden:
das Prinzip der wohnortnahen Hilfen
an den Bedürfnissen, den Ressourcen
und funktionellen Einschränkungen
des Individuums orientierte Hilfe
Institutions- und Leistungsträgerübergreifende Handlungskonzepte
im Einzelfall und verbesserte
Zusammenarbeit aller Beteiligten
ma
tio
n
Info
r
Alle Beteiligten sind sich bewusst,
dass es viele Fragen und sicher auch
eine Menge Gerüchte gibt, die eher zur
Verunsicherung als zur Klarheit bei
den Mitarbeitern der Einrichtungen
führen. Aus den genannten Abläufen
und den zu klärenden Punkten wird
vielleicht deutlich, dass es derzeit auch
in der Projektleitungsgruppe noch
viele offene Fragen gibt.
s
Magazin
ra
e
v
ungen geplan
t
l
a
t!
nst
Das Konzept des
»Integrativen Versorgungsmodells
zur gemeindepsychiatrischen Planung,
Regelung, Steuerung und Finanzierung« wird in
einer Informationsveranstaltung mit
Möglichkeiten zur Diskussion während der
diesjährigen Psychiatriewoche vorgestellt:
am 20. September 2006 von 14.00 bis 16.00 Uhr
im Technischen Rathaus (nähe Römer)
Gelber Turm, Raum 4
Braubachstraße 15, Frankfurt am Main
DR. MED. HANS-JOACHIM
KIRSCHENBAUER ist Psychiatriekoordinator und Abteilungsleiter
Psychiatrie im Stadtgesundheitsamt
Frankfurt am Main.
E-Mail hans-joachim.kirschenbauer
@stadt-frankfurt.de
Gleichstellung von psychischer
mit somatischer Erkrankung
Ziel aller Beteiligten ist die Verbesserung der Effektivität und
die Steigerung der Effizienz der
Leistungen.
Es ist zu vermeiden, dass weder aus
Gewohnheit noch aus gegebenen oder
zwingenden Strukturvorgaben Abhängigkeiten der Betroffenen entstehen
oder weiterführende Hilfeleistungen
nicht gewährt werden.
Die Veranstaltung des Stadtgesundheitsamtes
Frankfurt am Main steht allen interessierten
Bürgerinnen und Bürgern offen.
Teilziele
Weiterentwicklung der Versorgungsund Betreuungsqualität unter
besonderer Berücksichtigung der
Prävention
Verwirklichung und Sicherstellung
ambulanter vor stationärer
Leistungen
Wohnen und Leistungen nach
SGB XII sind entkoppelt
Reduzierung von Verwaltungsaufwand
Versorgung aller Frankfurter Einwohnerinnen und Einwohner mit
seelischer Behinderung im Stadtgebiet Frankfurt am Main
Die Leistungserbringer orientieren
sich an den individuellen Bedürfnissen und subjektiven Erwartungen
des betroffenen Menschen.
Ein Controlling von Ergebnissen
und Wirkung ist entwickelt und
im Projekt eingesetzt.
Treffpunkte 3/06
5
Thema
Leben, wo man sich wohlfühlt
Menschen im höheren Lebensalter mit einer psychischen Störung:
eine Herausforderung für die Gemeindepsychiatrie
Von Rolf D. Hirsch
Gerne wird heute vom »demografischen Wandel« gesprochen und
damit gemeint, dass es immer mehr alte Menschen gibt. Diese wären
auch an der Misere im Gesundheits- und Sozialwesen schuld. Unwörter
wie »Rentnerschwemme«, »Altenrepublik« und »Überalterung der
Gesellschaft« fördern diese Einstellung und führen teilweise zu einer
Altersdiskriminierung mit verheerenden Folgen.
Diskutiert wird, ob die Pflege alter
Menschen bezahlbar ist, wie lange
ein pflegebedürftiger Mensch zum
Waschen, Essen, trinken brauchen
darf und ob manche Operationen
oder Medikamente sich noch lohnen.
Zu kurz kommt in der Öffentlichkeit
die Diskussion, dass der demografische
Wandel durch eine Vielzahl von
Faktoren (z. B. Rückgang der Geburtenrate, Singularisierung, Armut, gestiegene Lebenserwartung) bewirkt wird.
Mag auch von Wissenschaft und
Politik der »demografische Wandel«
als Chance und Herausforderung dargestellt werden, so ist in der Praxis
wenig hiervon zu spüren. Ein Umdenken, dass die derzeitigen Systeme
nicht nur zu teuer und ineffizient
sind, sondern auch die Bedürfnisse
alter Menschen zu wenig berücksichtigen und daher neue Strukturen
und Vorgehensweisen notwendig
sind, geschieht erst langsam.
Häufigkeiten von psychischen
Störungen
Die Häufigkeit von psychischen
Störungen liegt bei über 65-jährigen
6
Treffpunkte 3/06
Menschen bei zirka 25 Prozent (vgl.
Tabelle rechte Seite). Bekannt ist, dass
die Prävalenz psychischer Störungen
im höheren Lebensalter ansteigt. So
geht man davon aus, dass mehr als
30 Prozent der über 75-Jährigen unter
einer psychischen Störung leiden.
Dieser Anteil erhöht sich noch bei den
Erkrankungen gleichzeitig (Nikolaus
2000). Das gleichzeitige Auftreten
von körperlichen und psychischen
Störungen führt in der Praxis zu
erheblichen Schwierigkeiten (Erschwernis der klinischen Beurteilung,
längerer Klinikaufenthalt u. a.).
»Therapeutische Angebote
»sollten nicht von den alten
»Menschen leben, sondern für sie«
über 85-Jährigen, wobei dies besonders auf die Zunahme der Demenzen
zurückzuführen ist (Bickel 2003).
Bekannt ist, dass mit zunehmendem
Lebensalter das Risiko ansteigt,
mehrere Erkrankungen (Störungen
mit Behandlungsbedürftigkeit und
Krankheitserleben) oder Leiden
(Störung ohne kontinuierliche Behandlung) gleichzeitig zu haben. Etwa
15 bis 20 Prozent der älteren Menschen
leiden an mehreren meist chronischen
Zielvorstellung der Versorgung
in der Gemeinde
Allgemeine Zielvorstellung ist, dem
Patienten und seinen Angehörigen
gerontopsychiatrische Kompetenz vor
Ort anzubieten unter Nutzung seiner
Netzwerke (Abbildung 1, Seite 8):
den Patienten und die Auswirkungen der Erkrankung in
seinem gewohnten sozialen
Umfeld zu erleben
Thema
Symptome frühzeitig zu erkennen
Assessment und Behandlung
regional vorhandene Möglichkeiten der Versorgung zu nutzen
Vor der Behandlung eines alten
Menschen mit einer psychischen
Störung ist eine genaue und sorgfältige Klärung der pathologischen
(körperlichen, psychischen, sozialen)
Auffälligkeiten, aber auch der vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten
und der bisherigen eigenen und
sozialen Lebensgeschichte notwendig
(»gerontopsychiatrische Assessment«;
Hirsch et al. 1999). Es soll Auskunft
über den allgemeinmedizinischen
(Stichwort »Mulitmorbidität«, »Polypathie«), psychischen (kognitive,
affektive), pflegerischen (z. B. »Alltagsaktivitäten«), sozialen (z. B. Beziehungsgefüge) und wirtschaftlichen
(z. B. Höhe der Rente) Zustand eines
Patienten geben sowie über real vorhandene Möglichkeiten (z. B. Sozialstation, Selbsthilfegruppe, Hausarzt,
Klinik), die zu einer Verbesserung des
den Patienten möglichst unter
Förderung seiner vorhandenen
Ressourcen sowie der seiner
Bezugspersonen in seiner gewohnten Umgebung zu behandeln
eine Klinikeinweisung (Tagesklinik
vor Klinik!) oder Übersiedlung in
ein Altenheim nur dann zu veranlassen, wenn es hierfür keine
Alternative gibt
die Behandlung nach der mehrdimensionalen Beurteilung
(»Assessment«) multiprofessionell
und (meist) auf mehreren Ebenen
durchzuführen und nach Widergenesung für eine weitere Stabilisierung zu sorgen.
Entscheidend ist, die Lebensqualität
eines kranken alten Menschen zu
erhalten oder zu verbessern und nicht
einzelne Erkrankungen, von denen alte
Menschen oft mehrere haben, nur zu
bekämpfen. Ein alter Mensch soll möglichst in seiner gewohnten Umgebung
leben können — ohne auf gerontopsychiatrische Hilfen verzichten zu
müssen.
Schlagworte wie »ambulant vor
stationär« nützen wenig, wenn nicht
diesbezügliche regionale Versorgungsstrukturen und fachliche Kompetenz
vorhanden sind. Manche Klinikeinweisungen könnten verhindert,
Aufenthalte verkürzt und Pflegebedürftigkeit hinausgeschoben werden,
wenn ein kompetentes ambulantes
gerontopsychiatrisches Team unter
Einbeziehung der übrigen den Patienten betreuenden Personen (z. B.
Hausarzt, Sozialstation, Angehörige)
in dessen Lebensraum ein gerontopsychiatrisches Assessment durchführt (Hirsch et al.). Dies setzt eine
regionale gerontopsychiatrische Versorgungsstruktur voraus, die es derzeit
nur in wenigen Regionen der Bundesrepublik gibt (Abbildung 2, Seite 10).
Zustands führen und zu dessen Stabilisierung beitragen können. Wichtig
ist die Einbeziehung von Angehörigen
und anderen Bezugspersonen.
Die Behandlung eines alten Menschen
mit einer psychischen Störung ist
vielschichtig und umfasst erheblich
mehr als nur die Gabe von Psychopharmaka. Zu beachten ist, dass
Medikamente meist erst dann eingesetzt werden sollen, wenn andere
therapeutische Möglichkeiten nicht
ausreichen oder erfolgversprechend
sind. Heute gibt es eine Reihe von
Behandlungsmöglichkeiten, die je
nach Erkrankung, Stadium, personenorientiert und sozialen Lebensbezügen,
meist mehrdimensional ausgerichtet
und prozesshaft eingesetzt werden:
Zu achten ist auf Mobilität, altersgerechte Nahrung und Flüssigkeit,
Förderung der kognitiven und sozialen
Kompetenz, Interesse am Umwelt-
Prävelenzraten psychischer Störungen
bei Über-65-Jährigen nach Feldstudien
Helmchen & Kanowski, 2001
Diagnosen
Demenzen
nur mittelschwere bis schwere Demenzen
alle inkl. leichter Demenzen
davon:
– Alzheimer-Demenz
– Vaskuläre Demenz
Depression
nur schwer
mittel – schwer
alle inkl. leicht
Angststörungen
Phobien
Panikstörungen
Zwangsstörungen
Generalisierte Angststörungen
in Prozent
4–8%
10 – 14 %
64 – 72 %
16 – 19 %
1–5%
8 – 16 %
10 – 25 %
5 – 10 %
5–9%
0,1 – 0,4 %
0,8 – 0,9 %
0,7 – 7 %
Paranoid-halluzinatorische Syndrome
1 – 2,5 %
Abhängigkeitserkrankungen
Alkoholmissbrauch (über 60-Jährige)
– männlich:
– weiblich:
Alkoholabhängigkeit (über 60-Jährige)
– männlich:
– weiblich:
Regelmäßige Einnahme von Hypnotika/Sedativa
10 – 20 %
1 – 10 %
2–3%
0,5 – 1 %
5 – 50 %
Treffpunkte 3/06
7
Thema
geschehen und Annahme der Veränderungen, die das Alter mit sich bringt.
Bedarf es auch noch erheblich weiterer
Forschung, so verfügen wir heute doch
über zahlreiche effektive diagnostische und therapeutische Möglichkeiten, um psychische Störungen bei
alten Menschen frühzeitig zu erkennen und effizient zu behandeln.
Skepsis und therapeutischer Nihilismus ist daher mit dem gerontopsychiatrischen Wissensstand nicht
mehr zu vereinbaren.
schiedlicher Weise. Hierfür bedarf es
Komplexleistungsangebote, deren
Kosten von Kassen und Sozialhilfeträgern auch übernommen werden
müssen. Geht man zudem davon aus,
Pflegedienste, die tragende Säule in
der ambulanten Versorgung, erheblich
vermehrt. Gerontopsychiatrische Ambulanzen beispielsweise an Landeskrankenhäusern werden endlich ver-
»Medikamente sollten erst
»dann eingesetzt werden, wenn
»alle anderen therapeutischen
»Möglichkeiten nicht ausreichen«
Versorgung
Die Vielfalt der Kostenträger und
die Schwierigkeiten herauszufinden,
wer für was zuständig ist, verhindern
derzeit häufig effiziente, menschengerechte und auch ökonomische Hilfen. Sollen alte Menschen mit einer
psychischen Störung dort leben, wo
sie sich wohl fühlen, meist in ihrer
dass ein kranker alter Mensch häufig
unterschiedliche Leistungen in verschiedenen Einrichtungen zeitversetzt in Anspruch nehmen muss,
so sollte man regionale Angebote
vorhalten, die nicht von den alten
Menschen leben, sondern für sie.
mehrt eingerichtet. Einen deutlichen
»Aufschwung« haben in den letzten
Jahren die gerontopsychiatrischen
Tageskliniken (ca. 40) genommen.
Gerontopsychiatrische Zentren (Ambulanz, Tagesklinik, Altenberatung),
die »als treibende Kraft der gerontopsychiatrischen Versorgung« bezeichnet werden, gibt es zirka 25.
Die klinisch-stationäre Behandlung
wird meist in gerontopsychiatrischen
Abteilungen von Landes- oder Bezirkskrankenhäusern oder auf Stationen
von psychiatrischen Abteilungen an
Allgemeinkrankenhäusern durchgeführt. Zu beobachten ist, dass vermehrt psychisch chronisch schwerstkranke (demente) und multimorbide
Patienten in gerontopsychiatrische
Abteilungen eingewiesen werden,
akut psychisch kranke alte Menschen
(z. B. depressive) eher in Universitätskliniken oder auch in somatische
Krankenhäuser.
Abbildung 1: Einflussfelder auf alte Menschen mit einer psychischen Störung
eigenen Wohnung, so müssen soziale,
psychiatrische, allgemeinmedizinische
und pflegerische Hilfen mit Laienhilfe
und Angehörigenunterstützung abgestimmt werden. Häufig bedarf es ein
Mix von pflegerischen, medizinischen,
präventiven und rehabilitativen
Maßnahmen gleichzeitig in unter-
8
Treffpunkte 3/06
Im ambulanten Bereich wird die
medizinische Versorgung psychisch
kranker Älterer hauptsächlich durch
die niedergelassenen Hausärzte und
nur zum Teil durch Nervenärzte, selten
von Psychotherapeuten, durchgeführt. Seit Einführung der Pflegeversicherung haben sich die ambulanten
Besonders schwierig ist derzeit die
Situation der Altenheime und Altenpflegeheime, deren gerontopsychiatrische Versorgung selten gewährleistet
ist. Berichte über Missstände und
Menschenrechtsverletzungen sind
keine Seltenheit (Hirsch & Fussek
1999). Inzwischen geht man davon aus,
dass 70 bis 80 Prozent der Pflegeheimbewohner unter einer psychischen
Störung leiden (Hirsch & Kastner
2004), zirka zwei Drittel von ihnen
Thema
Sind Wohnheime für psychisch kranke Menschen
noch zeitgemäß?
Mietanlagen mit kleinen Wohnungen
und Betreuerstation wären für viele
die richtige Lösung
Für alte Menschen gibt es seit Jahren
Mietanlagen mit kompakten Wohneinheiten und einer Betreuerstation,
wo im Bedarfsfall Hilfe angefordert
werden kann. Diese Anlagen haben
sich bewährt.
Diese Wohnform würde sich auch
für viele psychisch kranke Menschen
eignen, die in Wohnheimen leben
oder in Einzelwohnungen oder Wohngemeinschaften nicht zurecht kommen.
Viele dieser Menschen können in Teilbereichen sehr wohl selbstständig
leben, brauchen aber einen jederzeit
erreichbaren Ansprechpartner.
Das Zusammenleben in einer betreuten
Wohngemeinschaft bietet ihnen zu
wenig Rückzugsmöglichkeiten und
unter einem dementiellen Syndrom
(Erstdiagnose). Zu beobachten ist,
dass zwischen Gerontopsychiatrie,
Geriatrie und der Altenhilfe »Verschiebebahnhöfe« entstehen oder
schon entstanden sind. Der Weg von
der Klinik in das Pflegeheim ist oft
vorprogrammiert. Kurzliegezeiten in
Kliniken (»Kostendämpfung«) fördern
mehr Siechtum (Pflege statt Behandlung oder Rehabilitation!). Zur Überprüfung ambulanter Möglichkeiten
fehlt oft die Zeit und das Interesse.
Vorgehensweise
Die »handelnde Gerontopsychiatrie«
definiert sich durch ihre vielfältigen
patientenorientierten regionalen Auf-
überfordert ihre Fähigkeit zur Konfliktbewältigung. Im betreuten Einzelwohnen scheitern sie wegen häufiger,
spontan auftretender Angstzustände;
sie leiden unter der Einsamkeit und
entwickeln Tendenzen zu Dekompensation und Verwahrlosung.
Jede weitere Betreuung sollte nicht
vom Wohnheim abgedeckt werden,
sondern von außen kommen. Hier
könnte das Persönliche Budget eine
Rolle spielen, das den Klienten befähigt,
sich Hilfen »einzukaufen«, wie zum
Beispiel Unterstützung im Haushalt.
In der Umgestaltung von Wohnheimen
oder Teilen von Mietwohnanlagen zu
Wohneinheiten mit kompakten Einund Zweizimmerwohnungen sehen
wir eine Chance für diesen Personenkreis. Die Betreuerstation sollte das
Büro der Betreuer und einen Aufenthaltsraum umfassen, der als sozialer
Treffpunkt fungiert. Ein zuverlässiger
Ansprechpartner sollte — eventuell
über ein Notrufsystem — jederzeit
erreichbar sein; er soll beruhigen,
beraten, ein ambulantes Notfallteam
rufen etc. Im Büro könnten auch
wichtige Papiere der Mieter aufbewahrt werden.
Die psychisch kranken Menschen
sollten selbst Mieter sein. Renten,
Sozialhilfe, Grundsicherung werden
nicht einbehalten. Das bedeutet, dass
sie auch Mietzuschüsse erhalten.
gabenfelder. Vorschriften von Trägern,
gesetzliche Vorgaben, unterschiedliche
Interessen von niedergelassenen
Ärzten und manchen Verbänden u. a.
erschweren dieses Vorgehen.
Psychiater wenig über die heutigen
Möglichkeiten der Gerontopsychiatrie
wissen.
Es ist immer noch nicht selbstverständlich, dass vor einer Klinikaufnahme überprüft wird, ob eine
Behandlung nicht doch ambulant
oder in einer Tagesklinik durchgeführt werden kann. Kaum realisiert
ist zu überprüfen, ob vor der Eingruppierung eines psychisch kranken
alten Menschen in eine Pflegestufe
erst eine Rehabilitation sinnvoll sein
könnte. Dies liegt nicht zuletzt daran,
dass viele Hausärzte und manche
niedergelassene Nervenärzte und
Edith Mayer
Landesverband Hessen der Angehörigen psychisch Kranker e. V.
Edelgard Nolting
Arbeitsgemeinschaft der Angehörigen psychisch kranker Menschen in
Frankfurt am Main e. V.
Ängste wie Abspaltung von der
Psychiatrie, Zentralisierung, Überbetonung der Gerontopsychiatrie,
Gängelung der Altenhilfe verhindern
oft eine fachliche Diskussion. Berücksichtigt man die Erfahrungen mit den
vorhandenen Gerontopsychiatrischen
Zentren und diesbezügliche wissenschaftliche Untersuchungen (Steinkamp & Werner 1997), so kann man
leicht erkennen, dass gerade diese
dezentrales, gemeindenahes und
patientenorientiertes Handeln fördern. Sie unterstützen die in einer
Region vorhandenen Einrichtungen
Treffpunkte 3/06
9
Thema
sowie Dienste und verstärken ein
gemeinsames regionales Arbeiten,
welches einseitig institutionsorientiertes Denken verringert. Lässt sich
gegen Vorurteile und Machtinteressen
kaum angehen, so kann durch Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
mit allen in einer Versorgungsregion
maßgeblich Beteiligten mancher
Schritt getan werden, der zuvor unmöglich erschien. Notwendig ist dabei
allerdings der schrittweise weitere
Abbau von Misstrauen, Besserwisserei
und Ängsten (Hirsch 1999).
Ausblick
Das Bild vom »regionalen Patienten«,
der nicht von Institution zu Institution
mit unterschiedlichen Behandlungs-,
Pflege- und Versorgungsansätzen
weitergereicht wird, sollte mehr in den
Mittelpunkt versorgungsorientierter
und gesundheitspolitischer Überlegungen gestellt werden. Klare und
vertraglich abgestimmte Aufgaben
aller in einer Region zur Versorgung
alter Menschen zuständiger Einrichtungen und Dienste könnten Unter-,
Über- und Fehlversorgung verringern
und dürften zudem ökonomischer sein
als derzeit.
Aufforderung an unsere Gesellschaft
ist, einem psychisch kranken
Menschen die für ihn erforderliche
Diagnostik, Behandlung und auch
Pflege zu garantieren. »Unbezahlbarkeit«, »therapeutischer Nihilismus«
und einseitiges Ökonomieverständnis
ist nicht vertretbar und kollidiert mit
dem demokratischen Verständnis von
Menschenwürde, welche keine Altersgrenze kennt und nicht teilbar ist.
Abbildung 2: Regionale Angebote für Menschen im höheren Lebensalter
10
Treffpunkte 3/06
Prof. Dr. phil. Dr. med. Rolf D. Hirsch
(60) ist Diplompsychologe, Nervenarzt
und Psychoanalytiker. Seit 1991 ist er
Chefarzt der Abteilung für Gerontopsychiatrie und des Gerontopsychiatrischen Zentrums der Rheinischen
Kliniken Bonn. Er ist Vorstandsmitglied
des Kuratoriums Deutsche Altershilfe,
Vorsitzender der Bonner Initiative
gegen Gewalt im Alter (HsM) e. V.
E-Mail [email protected]
Thema
Literatur
Bickel, H. (2003):
Epidemiologie psychischer Störungen im Alter.
In: Förstl, H. (Hg.): Lehrbuch der Gerontopsychiatrie und –psychotherapie.
Thieme, Stuttgart, New-York (2. Aufl.), S. 11—26.
Helmchen, H. & Kanowski, S. (2001):
Gerontopsychiatrie in Deutschland.
Gegenwärtige Entwicklung und zukünftige Anforderungen.
In: Expertisen zum Dritten Altenbericht der Bundesregierung, Band 4.
Leske + Budrich, Opladen, S. 15.
Hirsch R. D. (1999):
Alter und Menschenwürde: Gerontopsychiatrie: Quo vadis?
Soziale Psychiatrie 23: 4—7.
Hirsch, R.D. & Fussek, C. (1999):
Gewalt gegen pflegebedürftige alte Menschen in Institutionen: gegen
das Schweigen. Bonner Schriftenreihe »Gewalt im Alter«, Band 4.
Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter (HsM), Bonn.
Hirsch, R. D., Holler, G., Reichwaldt, W. & Gervink, Th. (1999):
Leitfaden für die ambulante und teilstationäre gerontopsychiatrische Versorgung.
Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Band 114.
Nomos, Baden-Baden.
Hirsch, R.D. & Kastner U. (2004):
Heimbewohner mit psychischen Störungen. Expertise.
Forum 38, Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln.
Nikolaus T.:
Physiologisches Altern, Morbidität und Mortalität.
In: Nikolaus T. (Hg.): Klinische Geriatrie, Springer, Berlin et al., 2000, S. 15.
Steinkamp G, Werner B (1997):
Effekte eines Gerontopsychiatrischen Zentrums auf das regionale
Versorgungssystem psychisch gestörter älterer Menschen.
Leske Budrich, Opladen.
Treffpunkte 3/06
11
Thema
Hilfe im Alter
Psychische Störungen im höheren Lebensalter nehmen aufgrund
des demografischen Wandels zu
Von Christiane Kaiser
Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Einwohnerzahl
der über 65-Jährigen in Deutschland von aktuell knapp 20 Prozent
in den kommenden Jahrzehnten auf nahezu 25 Prozent steigen.
Frankfurt am Main ist in seiner Altersstruktur im Bundesvergleich
noch eine junge Stadt: Von den derzeit 655.000 Einwohnern sind
derzeit 16,7 Prozent der Frankfurter Bürgerinnen und Bürger 65 Jahre
alt oder älter. Dennoch muss auch hier von einer steigenden Zahl
älterer Menschen ausgegangen werden - und damit auch von einer
Zunahme älterer Personen mit psychischen Erkrankungen.
In früheren Jahrzehnten wurde im Allgemeinen nur
zwischen Kinderheilkunde und Medizin des Erwachsenenalters unterschieden und entsprechend zwischen Kinderund Jugendpsychiatrie und Psychiatrie (für Erwachsene).
In den letzten zwei Jahrzehnten wandte sich jedoch die
Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Forschung zunehmend den Besonderheiten des höheren Lebensalters
zu, mit der Folge der Schaffung eigener medizinischer
Unterdisziplinen: der Geriatrie in der Inneren Medizin
und der Gerontopsychiatrie innerhalb der Psychiatrie.
Gerontopsychiatrie meint die ab dem 65. Lebensjahr notwendige, die Besonderheiten dieses Lebensabschnitts in
Diagnostik und Therapie berücksichtigende psychiatrische
Behandlung. Die Altersgrenze von 65 Jahren gilt daher in
den meisten Fällen als Aufnahmekriterium für eine
stationäre Klinikaufnahme in einer gerontopsychiatrischen
Behandlungsstation in Psychiatrischen Kliniken.
Gerontopsychiatrische Besonderheiten
In der Gerontopsychiatrie sind eine ganze Reihe von
Besonderheiten für die psychische Befunderhebung,
psychiatrische Beurteilung, Behandlung und Verlaufsbeobachtung der Patienten des so genannten höheren
Lebensalters bedeutungsvoll. Einige sollen hier ohne
Anspruch auf Vollständigkeit kurz beschrieben und
diskutiert werden:
12
Treffpunkte 3/06
Normale biologische und physiologische Alterungsprozesse führen zu körperlichen und psychischen
alterstypischen Veränderungen und alterstypischen
Funktionseinschränkungen, welche stets von behandlungsbedürftigen Krankheitsprozessen abzugrenzen
sind. Fließende Übergänge von altersbedingt normal
zu abweichend behandlungsbedürftig sind häufig
und erschweren nicht selten die Diagnosestellung.
Stoffwechsel der inneren Organe und des Nervensystems sowie der Wasserhaushalt des Körpers weichen
im höheren Lebensalter immer mehr von der Situation
des jungen und mittleren Lebensalters ab. Stoffwechselleistung und Entgiftungsfunktion von Leber und Nieren
lassen altersbedingt nach, sodass Medikamente —
insbesondere auch einige Psychopharmaka — zur
Vermeidung unerwünschter, teilweise erheblicher
Nebenwirkungen einer altersentsprechenden Dosisanpassung bedürfen oder im höheren Lebensalter ganz
zu vermeiden sind. Auch Substanzen, welche gegebenenfalls jahre- oder jahrzehntelang zuvor gut vertragen
wurden, können im Alter zu erheblichen Störungen
der Orientierung und oder des Schlaf-Wachrhythmus
führen, im Extremfall zum lebensbedrohlichen Vollbild
eines Delirs. Ein häufiges Beispiel hierfür sind beispielsweise Schlaf- und Beruhigungsmittel vom Benzodiazepintyp oder Barbiturate, welche nicht selten über
Jahrzehnte als Schlafmittel konsumiert werden und
Thema
die im Alter plötzlich gegenteilige Wirkungen wie
Unruhe und Verwirrtheit erzeugen können. Dies gilt
auch für eine ganze Reihe internistischer Medikamente
(sogar für einige Antibiotika), sodass eine besondere
Kunst der gerontopsychiatrischen Behandlung häufig
die altersgerechte, also stoffwechselgerechte Umdosierung oder Umstellung von Medikamenten darstellt.
Bereits lange zuvor bestehende psychische Erkrankungen können im höheren Lebensalter einen erheblichen Wandel ihrer Symptomatik und Dynamik erfahren. Dies kann äußerst unterschiedliche, sowohl
positive als auch negative Auswirkungen haben. Der
schon lange psychisch, beispielsweise schizophren
oder manisch-depressiv, erkrankte Patient unterliegt
ebenso wie jeder andere nicht psychisch Erkrankte
den normalen Alterungsprozessen. Eine hierdurch
eingetretene alterstypische psychomotorische Verlangsamung kann sich so bei einem vormals eher
expansiven, gereizt, aggressiven und mit Steigerung
des Antriebs einhergehenden psychotischen Krankheitsbild als eher beruhigend, den Verlauf mildernd
und abschwächend auswirken. Es kann so auch bei
jahrelangen bewegenden Krankheitsverläufen im
Alter eben gerade durch das Alter noch zu einer Art
»Verlaufsnormalisierung« kommen. Andererseits
können jahrelang zuvor bereits bestehende Symptome
Das eigene Altern führt in unterschiedlichem Maße zu
einem »Abschied« und wird bei jedem Menschen in
unterschiedlichem Ausmaß von Bedauern, Traurigkeit,
Trauer bis hin zur Depression begleitet sein. Eigene
Krankheiten, Krankheit oder Verlust von Weggefährten,
Freunden und Partnern stellen ebenfalls erhebliche
psychische Belastungen dar, welche mit zunehmendem
Alter gehäuft auftreten und unterschiedlich gut
bewältigt werden. Resignation, Bilanzierung bis hin
zu suizidalen Krisen sind als Reaktionen nicht selten.
Sowohl Männer als auch Frauen weisen jenseits des
60. Lebensjahres deutlich erhöhte Suizidraten auf. Der
Diagnostik und Behandlung von Depressionen und
Suizidalität sowie der Suizidprävention im Alter kommt
daher eine ganz besondere Bedeutung zu. Sie erfordert
neben der psychiatrischen und gegebenenfalls psychotherapeutischen Behandlung auch einen multiprofessionellen, der jeweiligen Problematik des Einzelfalls
angepassten Ansatz (sozialarbeiterische Unterstützung,
Seelsorge, Tagesstrukturierung, Pflege, Behandlung
von Schmerzen u. a. m.).
Demenzielle Erkrankungen gelten als die klassischen
gerontopsychiatrischen Erkrankungen schlechthin. Es
ist jedoch auch hier zu beachten, dass es im Vorfeld
und im Verlauf demenzieller Erkrankungen zu vielgestaltigen psychischen Auffälligkeiten kommen kann.
So kann sich eine Demenz unter dem
Bild einer Depression ankündigen
oder es kann bei einigen Demenzformen eher zu Enthemmung und
zum plötzlichen Auftreten von
persönlichkeitsfremden Impulshandlungen und Steigerungen des
Antriebs kommen.
»Insbesondere bei psychischen«
»Erkrankungen im Alter kommt«
»dem multiprofessionellen Einsatz«
»besondere Bedeutung zu«
wie chronische Antriebs- und Interessenverluste und
depressive Verstimmungen durch die altersbedingten
Veränderungen weiter verstärkt werden. Es ist also
allgemein festzustellen, dass die normale Alterung
in unterschiedlicher und im Einzelfall nicht sicher
vorhersagbarerweise die Symptomatik von zuvor
bestehenden psychischen Symptomen beeinflusst.
Depressive Symptome und Syndrome (Krankheitsbilder)
stellen einen Großteil der psychischen Störungen des
höheren Lebensalters dar. Dies hat zahlreiche Gründe.
Die so genannten klassischen
psychiatrischen Erkrankungen,
insbesondere die Schizophrenien,
treten in aller Regel vor dem 45.
Lebensjahr erstmals auf. Daher
erfordert das plötzliche Auftreten
psychotischer Symptome wie Wahn,
Halluzinationen und Störungen der
Orientierung und des Denkens stets eine gründliche
Abklärung im Hinblick auf die Frage, ob und gegebenenfalls welche auslösende Ursache dem plötzlichen
Auftreten dieser Symptome in späteren Lebensjahren
zugrunde liegt. So sollte sich niemand mit der banalen
Erklärung des Alters für ungewöhnliche und vormals
nie vorhandene psychische Symptome zufrieden geben.
Auch scheinbar alterstypische psychische Symptome,
wie Merkfähigkeitsstörungen, Orientierungsstörungen
und Antriebsstörungen sollten grundsätzlich nie nur
als »altersbedingt« hingenommen werden: Gerade im
Treffpunkte 3/06
13
Thema
höheren Lebensalter haben diese Symptome häufig
eine auslösende Ursache, welche nicht selten ganz
oder teilweise behandelbar ist. Die Ursachen können
dabei sehr mannigfaltig sein und von Stoffwechselstörungen über Medikamentenunverträglichkeiten
bis hin zu Herz-Kreislauferkrankungen (u. a. Bluthochdruck, Herzerkrankungen) oder Tumorleiden reichen.
Die aufgelisteten Besonderheiten, die es in der Beurteilung
psychisch auffälliger oder psychisch erkrankter älterer
Menschen zu beachten gilt, könnten sicherlich noch
ergänzt werden. Hier soll jedoch lediglich ein kurzer Einblick gegeben werden, um die Aufmerksamkeit für diese
Patientengruppe zu wecken und zu verfeinern und dem
Vorurteil entgegen zu steuern, dass sich die Gerontopsychiatrie ausschließlich mit der Gruppe der demenziellen
Erkrankungen beschäftigt.
Eine hausärztliche oder internistische Behandlung älterer
Menschen sollte in Zweifelfällen stets um eine fachärztliche nervenärztliche Vorstellung ergänzt werden, da gerade
in dieser Altersgruppe eine gezielte frühzeitige Diagnostik
und Behandlung den Betroffenen und ihren Angehörigen
viel Leid und verlorene Behandlungszeit ersparen, in
einigen Fällen sogar lebensrettend sein kann. Mithilfe
einer fachärztlichen Behandlung kann am ehesten
entschieden werden, welche weitere Behandlungsform
oder Maßnahme — ambulant, teilstationär oder stationär
— am zielführendsten oder eine Überweisung in eine spezialisierte Sprechstunde (z. B. Gedächtnissprechstunde)
sinnvoll ist.
Regelungen in Frankfurt am Main
Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob eine Person bereits
vor Vollendung des 65. Lebensjahres psychisch erkrankte
und bereits sozialpsychiatrische Hilfen, wie beispielsweise
den Sozialpsychiatrischen Dienst am Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main in Anspruch genommen hat oder
beispielsweise Betreutes Wohnen für psychisch Kranke
erhielt oder erhält. Dieser Personenkreis behält üblicherweise auch über das 65. Lebensjahr hinaus seine bisherige
Unterstützung.
Bei Personen, die bereits das 65. Lebensjahr vollendet
haben oder älter sind und erstmals im Leben psychische
Auffälligkeiten und Störungen entwickeln, welche beispielsweise zur Ursache für einen drohenden Wohnungsverlust oder andere schwere Nachteile und Defizite in der
Selbstversorgung und Lebensführung werden können,
sollten — unabhängig von der in diesen Fällen aus den
genannten Gründen dringend gebotenen Notwendigkeit
einer medizinischen Ursachensuche für die sich plötzlich
im höheren Alter manifestierende psychische Störung —
zuerst durch die an den Frankfurter Sozialrathäusern
14
Treffpunkte 3/06
geschaffenen Sozialdienste für ältere Bürger beraten und
unterstützt werden.
Die Sozialdienste für ältere Bürger arbeiten dabei mit der
Abteilung Psychiatrie, dem Sachgebiet Sozial- und Gerontopsychiatrie am Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main
in der Weise zusammen, dass im Falle von notwendiger
fachärztlicher Beratung in der Klientenarbeit — sofern nicht
eine ärztliche oder fachärztliche ambulante Behandlung
bereits vorhanden oder zu planen ist — die Ärztinnen und
Ärzte des Sachgebietes Sozial- und Gerontopsychiatrie den
Sozialdiensten für ältere Bürger beratend zur Seite stehen.
Auch gemeinsame Hausbesuche sind dabei einzelfallabhängig grundsätzlich möglich und können bei der
Klärung der Frage, welche Maßnahmen der Hilfe und
Behandlung im jeweiligen Einzelfall sinnvoll sind, einen
wichtigen Beitrag leisten.
Resümee
Alle psychiatrischen Störungen und Krankheitsbilder
können auch das höhere Lebensalter betreffen. Insbesondere bei psychischen Erkrankungen im Alter kommt dem
multiprofessionellen Einsatz besondere Bedeutung zu.
Infolge der demografischen Entwicklung steigt naturgemäß mit dem wachsenden Anteil älterer Menschen in der
Bevölkerung auch der Anteil älterer Menschen mit
psychischen Störungen. Die Stadt Frankfurt am Main
trägt mit dem Magistratsbericht »Partizipative Altersplanung«, an dessen Erarbeitung Experten und ältere
Frankfurter Bürger mitgewirkt haben, den besonderen
Erfordernissen der sich wandelnden Bevölkerungsstruktur Rechnung.
In den vergangenen Jahren wurden geriatrisch und
gerontopsychiatrisch spezialisierte stationäre und teilstationärere Behandlungseinrichtungen geschaffen
sowie besondere Betreuungsformen, beispielsweise Plätze
im Betreuten Wohnen für psychisch kranke ältere
Menschen, Tagesstätten und Sozialdienste für ältere Bürger
an den Frankfurter Sozialrathäusern. Und die Entwicklung
ist dabei weiter im Fluss.
Unsere Erfahrung zeigt: Es mangelt gerade für ältere
Menschen weniger an Hilfeangeboten, als oftmals an der
Bereitschaft der Betroffenen und ihrer Angehörigen, sich
auf die Inanspruchnahme der vorhandenen Hilfen und
Behandlungsmöglichkeiten einzulassen.
Dr. Christiane Kaiser
arbeitet als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
im Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main.
E-Mail [email protected]
Frankfurter Psychiatriewoche 2006
18. Frankfurter Psychiatriewoche
Alle Veranstaltungen im Überblick - zum Heraustrennen
»Alles bleibt anders — das
integrative Versorgungsmodell«
Informationsveranstaltung zur Psychiatrieplanung
in Frankfurt am Main
Mittwoch, den 20. September 2006, 14.00—16.00 Uhr
Technisches Rathaus, Braubachstraße 15
60311 Frankfurt am Main, Gelber Turm, Raum 4
Die gemeindepsychiatrische Versorgungsstruktur in Frankfurt
am Main soll für die Zukunft gerüstet werden (vgl. Seite 3).
Stichworte sind: integratives Versorgungsmodell zur gemeindepsychiatrischen Planung, Regelung, Steuerung und Finanzierung. Die qualitative Weiterentwicklung des bestehenden
gemeindepsychiatrischen Versorgungssystems in der Stadt
Frankfurt am Main mit dem Ziel der Verbesserung der Versorgungsqualität war und ist Motor der Verhandlungen
um eine innovative Struktur. In der Veranstaltung wird der
aktuelle Stand der Verhandlungen dargestellt und die
geplanten Schritte diskutiert.
Veranstalter: Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main und die
Projektleitungsgruppe IVM
Donnerstag, den 14. September 2006
13.00—17.00 Uhr
Auftaktveranstaltung: Mensch-Sein mit allen Sinnen!
Foyer und Vortragssaal der Deutschen Bibliothek
Adickesallee 1, 60322 Frankfurt am Main
20.00 Uhr
Filmfestival ausnahme | zustand: JANINE F.
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Straße 46a, 65929 Frankfurt am Main (Höchst)
Freitag, den 15. September 2006
14.00—16.00 Uhr
Infostand der Psychosozialen Dienste Bockenheim
Leipziger Straße/Markgrafenstraße, 60487 Frankfurt am Main
14.00—18.00 Uhr
30 Jahre Bamberger Hof, 25 Jahre Tagesklinik
Klinik Bamberger Hof
Oeder Weg 46, 60318 Frankfurt am Main
14.00—18.00 Uhr
Infostand der Therapeutischen
Wohngemeinschaft Buchenrode
Klinik Bamberger Hof
Oeder Weg 46, 60318 Frankfurt am Main
15.30—17.00 Uhr
Ikebana — der Seele etwas Gutes tun
Psychosoziales Rehazentrum
Eckenheimer Landstraße 172 (»Oase«), 60318 Frankfurt am Main
20.00 Uhr
Filmfestival ausnahme | zustand:
ALIENTATIONS – ENTFREMDUNGEN
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Straße 46a, 65929 Frankfurt am Main (Höchst)
Samstag, den 16. September 2006
14.00—17.00 Uhr
Stimmenhören und psychische Gesundheit
Psychosoziales Zentrum Gallus
Speyerer Straße 3, 60327 Frankfurt am Main
20.00 Uhr
Filmfestival ausnahme | zustand: UN' ORA SOLA TI VORREI
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Straße 46a, 65929 Frankfurt am Main (Höchst)
Treffpunkte
Frankfurter Zeitschrift für
Gemeindepsychiatrie
Treffpunkte 3/06
15
Treffpunkte – Frankfurter Zeitschrift für Gemeindepsychiatrie
Sonntag, den 17. September 2006
Filmfestival ausnahme | zustand
18.00 Uhr
Filmfestival ausnahme | zustand: PEOPLE SAY I´M CRAZY
Bundesweites Filmfestival Depression — psychische
Erkrankungen
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Straße 46a, 65929 Frankfurt am Main (Höchst)
Filmforum Höchst, Emmerich-Josef-Straße 46a
65929 Frankfurt am Main (Höchst)
20.00 Uhr
Filmfestival ausnahme | zustand: TARNATION
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Straße 46a, 65929 Frankfurt am Main (Höchst)
Montag, den 18. September 2006
8.30—15.00 Uhr (Freitag bis 13.30 Uhr)
IRR — SINNIGE BILDER
Präsentation von 20 Reproduktionen der
Heidelberger Prinzhorn Sammlung.
Montag, den 18. bis Freitag, den 22. September 2006
Während der Frankfurter Psychiatriewoche 2006 werden
aktuelle Dokumentationen gezeigt aus Deutschland, den
USA, Frankreich, Schweiz, Italien und Norwegen. Die Protagonisten der Filme sind Menschen mit psychischen Erkrankungen, auf der Suche nach ihrer eigenen Identität, im
Spannungsfeld zwischen neugierigem Interesse und
gesellschaftlicher Stigmatisierung.
Eintritt 5,- Euro Änderungen des Spielplans und der Anfangszeiten
vorbehalten Internet http://www.ausnahmezustand-filmfest.de
und http://filmforum.neues-theater.de Veranstalter: Irrsinnig
Menschlich e. V. und EYZ/Media BFilm; Stadtgesundheitsamt der
Stadt Frankfurt am Main, Abteilung Psychiatrie; Filmforum Höchst
Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main
Braubachstraße 18—22, 1. Stock, 60311 Frankfurt am Main
15.00—16.30 Uhr
Irrenkunst? Die Sammlung Prinzhorn damals und heute
Vortrag von Dr. Thomas Röske, Leitung Sammlung
Prinzhorn, Psychiatrische Universitätsklinik Heidelberg
Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main
Braubachstraße 18—22, 1. Stock, 60311 Frankfurt am Main
15.00—17.00 Uhr
Einsam unterm Müll — das Vermüllungssyndrom
Bürgerhaus Bornheim
Arnsburger Straße 24, 60385 Frankfurt am Main
18.00—20.00 Uhr
Leben mit psychisch Kranken
Vortrag von Eva Straub, Vorsitzende des Bundesverbandes
der Angehörigen psychisch kranker Menschen e. V.
St. Ignatius-Gemeinde (nahe Alte Oper)
Gärtnerweg 60, 60322 Frankfurt am Main
20.00 Uhr
Filmfestival ausnahme | zustand: SEELENLANDSCHAFTEN
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Straße 46a, 65929 Frankfurt am Main (Höchst)
Dienstag, den 19. September 2006
11.00—18.00 Uhr
Fußballturnier
Sportplatz Viktoria Preußen
Hügelstraße, Frankfurt am Main-Eckenheim
15.00—17.00 Uhr
Suizid und Suizidversuche bei Jugendlichen
Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main, Mendelsaal
Braubachstraße 18—22, 60311 Frankfurt am Main
16.00—19.00 Uhr
Von der Werkstatt zum modernen Unternehmen
Reha Werkstatt Oberrad
Buchrainstraße 18, 60599 Frankfurt am Main
16
Treffpunkte 3/06
»Mensch-Sein mit allen Sinnen!«
Auftaktveranstaltung zur 18. Frankfurter Psychiatriewoche
Donnerstag, den 14. September 2006
Foyer und Vortragssaal der Deutschen Bibliothek
Adickesallee 1, 60322 Frankfurt am Main
13.00 Uhr
Info-Börse über die vielfältigen Angebote der 18. Frankfurter
Psychiatriewoche. Eine gute Gelegenheit, um sich auf die
kommenden Veranstaltungen einzustimmen. Interessierte
Bürgerinnen und Bürger, die unterschiedlichsten Menschen
aus der Frankfurter Gemeindepsychiatrie und die Veranstalter der Psychiatriewoche im Gespräch.
14.00—16.00 Uhr
Mensch-Sein mit allen Sinnen! Sinnlichkeit und Sexualität
in der Gemeindepsychiatrie?
Vortrag von Frau Prof. Dr. Dr. Doris Nauer,
Universität Tilburg (NL)
Wie steht es um Sinnlichkeit und Sexualität in der Gemeindepsychiatrie? Doris Nauer setzt sich mit dieser wichtigen —
und aus Sicht der Veranstalter vernachlässigten — Frage
auseinander. Der Vortrag wird gerahmt und begleitet von
musikalischen und visuellen Sinneseindrücken und mündet
in einem gemeinsamen Austausch. Der einfühlsame und
engagierte Vortragsstil von Frau Nauer verspricht einen
spannenden Nachmittag, nicht nur für Betroffene und Fachpublikum. — Anschließend Grußworte aus Politik und Gesellschaft zur Eröffnung der 18. Frankfurter Psychiatriewoche.
16:00 - 17:00
Fortsetzung der Info-Börse über die vielfältigen Angebote
der Psychiatriewoche.
Veranstalter: frankfurter werkgemeinschaft e. V. und Klinik Hohe Mark
Frankfurter Psychiatriewoche 2006
Fußballturnier
Dienstag, den 19. September 2006, 11.00—18.00 Uhr
Sportplatz Viktoria Preußen
Hügelstraße, Frankfurt am Main (Eckenheim)
Wir als Psychosoziales Zentrum des Internationalen Familienzentrums e. V. (IFZ) wollen auch in diesem Jahr im Rahmen
der Psychiatriewoche das traditionelle Fußballturnier durchführen — gemeinsam mit anderen Einrichtungen des
psychosozialen Sektors (klinische sowie außerklinische
Einrichtungen). In den Mannschaften können sowohl
Patienten und Klienten als auch Mitarbeiter spielen.
Während des Fußballturniers werden die verschiedenen
Bereiche des Psychosozialen Zentrums ihre Arbeit vorstellen.
Das Psychosoziale Zentrum des Internationalen Familienzentrums e. V. versorgt mit seinen verschiedenen
Bereichen — Psychosoziale Kontakt-und Beratungsstelle,
Begegnungsstätte, Tagesstätte, Betreutes Wohnen und dem
Projekt »Ambulante psychosoziale Versorgung von Asylbewerbern« — im Rahmen der komplementären gemeindepsychiatrischen Standardversorgung Migrantinnen und
Migranten in der Stadt Frankfurt am Main.
Veranstalter: Internationales Familienzentrum e. V.
20.00 Uhr
Filmfestival ausnahme | zustand: WEIGHTLESS
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Straße 46a, 65929 Frankfurt am Main (Höchst)
Mittwoch, den 20. September 2006
10.00—16.00 Uhr
Informationen für Bürgerinnen und
Bürger der südlichen Stadtteile
Info-Stand der Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am
Main e. V., der psychiatrischen Institutsambulanz der Universitätsklinik und des Sozialpsychiatrischen Dienstes, Sektor Süd des
Stadtgesundheitsamtes der Stadt Frankfurt am Main
Diesterwegplatz (Vorplatz Südbahnhof), 60598 Frankfurt am Main
14.00—16.00 Uhr
Alles bleibt anders — das integrative Versorgungsmodell
Technisches Rathaus
Braubachstraße 15, 60311 Frankfurt am Main, Gelber Turm, Raum 4
14.00—16.00 Uhr
Kultureller Tanz- und Musikworkshop
Internationales Familienzentrum IFZ e. V.
Ostendstraße 70, 60314 Frankfurt am Main, 1. Stock, Cafeteria
16.30—17.30 Uhr
Fünf Jahre ambulante psychiatrische
Versorgung am Klinikum Höchst
Städtische Kliniken Frankfurt am Main-Höchst
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie-Psychosomatik, Pavillon,
Gruppenraum der psychiatrischen Institutsambulanz
Gotenstraße 6—8, 65929 Frankfurt am Main
17.00—19.00 Uhr
Schizophrenie — neue Ansätze in der Behandlung
Ausstellung IRR – SINNIGE BILDER
Präsentation von 20 Reproduktionen der
Heidelberger Prinzhorn Sammlung
Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main
Braubachstraße 18—22, 1. Stock, 60311 Frankfurt am Main
Die Prinzhorn-Sammlung verdankt ihr Entstehen dem
deutschen Kunsthistoriker und Psychiater Hans Prinzhorn,
der Anfang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts etwa
5.000 Kunstwerke von psychiatrischen Patienten aus verschiedenen europäischen Ländern zusammentrug. Hans
Prinzhorn trennte sich bereits Mitte der 20er Jahre von dieser Sammlung, die während des Nationalsozialismus als
Beweismaterial für die »entartete Kunst« missbraucht und
schließlich vergessen wurde. Die Werke werden erst seit
den 80er Jahren wieder ausgestellt. Im Rahmen der 18.
Frankfurter Psychiatriewoche werden nun 20 ausgewählte
Reproduktionen von Kunstwerken der Sammlung gezeigt.
Außerdem wird wiederholt ein 20-minütiger Dokumentationsfilm im Stadtgesundheitsamt zu sehen sein.
Montag, den 18. bis Freitag, den 22. September 2006 Montag bis
Donnerstag 8.30—15.00Uhr, Freitag 8.30—13.30 Uhr Veranstalter:
Stadtgesundheitsamt Frankfurt am Main, Abteilung Psychiatrie,
Sozialpsychiatrischer Dienst
Zentrum der Psychiatrie
Heinrich-Hoffmann-Straße 10, Haus 93, Hörsaal Erdgeschoss
60528 Frankfurt am Main
20.00 Uhr
Filmfestival ausnahme | zustand: RAUM 4070/4071
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Straße 46a, 65929 Frankfurt am Main (Höchst)
Donnerstag, den 21. September 2006
9.30—15.00 Uhr
Psychiatrisches Institutsambulanz, Gedächtnisambulanz
und Tagesklinik des Universitätsklinikums stellen sich vor
Zentrum der Psychiatrie
Heinrich-Hoffmann-Straße 10, Haus 93, Hörsaal Erdgeschoss
60528 Frankfurt am Main
10.00—18.00 Uhr
Der Einfluss von Psychopharmaka-Einnahme auf
den Ernährungsstoffwechsel (mit Tag der offenen
Tür des Psychosozialen Zentrums Nord)
Sozialwerk Main-Taunus e. V., Psychosoziales Zentrum Nord
60439 Frankfurt am Main
(Fachvortrag: Eingang Oberschelder Weg 23; buntes Programm
und Workshop: Eingang Heddernheimer Landstraße 144)
Treffpunkte 3/06
17
Frankfurter Psychiatriewoche 2006
12.00—14.00 Uhr
»Work-Life-Balance« in der Arbeit mit Suchtkranken
»La Strada« (5. Stock)
Mainzer Landstraße 93, 60327 Frankfurt am Main
Abschlussfest der 18. Frankfurter
Psychiatriewoche
14.00—16.00 Uhr
Einstufung in der Pflegeversicherung durch den MDK —
bei psychischer Krankheit ein Ding der Unmöglichkeit?
Informationsveranstaltung zur Psychiatrieplanung
in Frankfurt am Main
Vortrag von Martina Süß, Expertin des Medizinischen
Dienstes der Krankenkassen für den Bereich Pflege
Freitag, den 22. September 2006, 14.00—18.00 Uhr
Öko-Haus, Tagungsraum Erdgeschoss
Kasseler Straße 1A, 60486 Frankfurt am Main (Nähe Westbahnhof)
14.00—17.00 Uhr
Fünf Jahre Simon-Bender-Haus
Simon-Bender-Haus
Radilostraße 37, 60489 Frankfurt am Main
14.00—18.00 Uhr
Künstlerisches Gestalten mit chronisch psychisch Kranken
(Ausstellung und Vortrag)
Wohnheim Reha-Zentrum Oberrad
Wiener Straße 126, 60599 Frankfurt am Main
16.00—19.00 Uhr
Zwischen Raucherentwöhnung und Heroin-Substitution —
was verbindet, was unterscheidet Süchtige?
Reha-Zentrum-Rödelheim, Meta-Quarck-Haus
Strubbergstraße 45, 60489 Frankfurt am Main
Im in vielen Festen erprobten und bewährten Ambiente
des Meta-Quarck-Hauses feiern wir in diesem Jahr das
traditionelle Abschlussfest der Psychiatriewoche. Für gutes
Essen und Trinken, für musikalische und andere kulturelle
Darbietungen, für die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch
zu kommen und die Psychiatriewoche Revue passieren zu
lassen, ist gesorgt. Psychiatrische Einrichtungen können
mit Ständen über ihre Arbeit informieren.
Das Meta-Quarck-Haus ist ein Wohnheim für psychisch
kranke Männer und Frauen und bildet zusammen mit dem
Simon-Bender-Haus und der Reha-Werkstatt-Rödelheim das
Reha-Zentrum-Rödelheim. Mit seinen Außenwohngruppen
verfügt das Meta-Quarck-Haus über 54 Wohnheimplätze.
Bürgerhospital Frankfurt
Nibelungenallee 37—41, 60318 Frankfurt am Main
(Eingang Seminarraum: Händelstraße 10—12)
16.00—21.00 Uhr
Dichtung und Psychose — Annäherungen an Innenwelten
Die Autorinnen Susanne Konrad und Renate Klöppel lesen aus ihren
Romanen »Camilles Schatten« und »Die Schattenseite des Mondes«.
Klinik Bamberger Hof
Oeder Weg 46, 60318 Frankfurt am Main
Freitag, den 22. September 2006
14.00—18.00 Uhr
Abschlussfest der 18. Frankfurter Psychiatriewoche
Reha-Zentrum-Rödelheim, Meta-Quarck-Haus
Strubbergstraße 45, 60489 Frankfurt am Main
14.00—18.00 Uhr
Einblicke und Ausblicke.
Therapieangebot und Therapieerfahrung
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und
Psychosomatik am Markus-Krankenhaus
Haus C, 3. Obergeschoss
Wilhelm-Epstein-Straße 2, 60431 Frankfurt am Main
16.00—18.00 Uhr
Grenzgänger oder Zappelphilipp?
Wie unterscheiden sich Borderline-Störungen und ADHS?
Evangelische Luthergemeinde Frankfurt
Martin Luther Platz 1, 60316 Frankfurt am Main
Das vollständige Programmheft
…mit Hinweisen zu allen Veranstaltungen der 18. Frankfurter
Psychiatriewoche liegt an zahlreichen Einrichtungen und
öffentlichen Stellen aus. Es ist auch im Internet als PDF-Datei
zum Herunterladen verfügbar:
http://www.psychiatrie-frankfurt.de
Treffpunkte
Frankfurter Zeitschrift für
Gemeindepsychiatrie
18
Treffpunkte 3/06
Thema
Neue Konzepte gesucht
Die Tagesstätte des Sozialwerk Main Taunus ist für
viele Ältere zur Heimat geworden
Von Gisela Hefft, Christiane Hagel und Katharina Blum
Tagesstätten bieten Menschen mit psychischer Erkrankung tagesstrukturierende Angebote und Hilfen bei der sozialen Rehabilitation.
Die Einrichtungen schließen oft die Lücke zwischen stationären Hilfen
und ambulanter Versorgung. Die Angebote richten sich vorrangig an
Menschen, die aufgrund langer chronisch psychischer Erkrankungen
und deren Folgeerscheinungen zum Teil lange Klinikaufenthalte hinter
sich haben und dadurch in ihrer Fähigkeit zur selbstständigen Lebensführung beeinträchtigt sind. Entsprechend der allgemeinen demografischen Entwicklung steigt auch bei den Besuchern der Tagesstätten
das Durchschnittsalter an.
Die Tagesstätte des Sozialwerk Main Taunus wurde 1987
als erste Tagesstätte für psychisch kranke Menschen in
Frankfurt am Main und als eine der ersten in Hessen
gegründet. Die Zielgruppe waren damals die älteren
psychisch kranken Menschen. Es gab zwölf Plätze in einem
kleinen Pavillon in der Nordweststadt. Die Besucher fühlten
sich sehr wohl in ihrem »Club«, wie einige die Tagesstätte
bezeichneten. Inzwischen verfügt die Tagesstätte über
38 Betreuungsplätze und bietet in ihren großzügigen
hellen Räumlichkeiten in der Heddernheimer Landstraße
ein breites Spektrum an Aktivitäten für ihre Besucher.
Wer die Tagesstätte des Sozialwerk Main Taunus heute
besucht, stellt fest, dass das Durchschnittsalter der Tagesstättenbesucher weit über 50 Jahren liegt. Darin spiegelt
sich die allgemeine demografische Entwicklung unserer
Gesellschaft wieder, die in allen Bereichen psychosozialer
Dienste in Frankfurt am Main zu beobachten ist.
Eine Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben
gelingt in der Regel vorwiegend bei den jüngeren Tagesstättenbesuchern. Für viele ältere Besucher jedoch wird die
Tagesstätte zu einer Heimat und stellt einen wesentlichen
Faktor für ihre psychische Stabilität dar. Dies ist eine
Aufgabe, die auf Dauer von den Tagesstätten mit den bestehenden Kapazitäten nicht mehr zu leisten ist. In der
Zukunft wird die gemeindepsychiatrische Versorgungsstruktur neue Modelle brauchen, um dem durch die
demografische Entwicklung veränderten Bedarf gerecht
zu werden.
Die folgenden beiden Interviews geben die persönlichen
Erfahrungen von zwei Tagesstättenbesucherinnen wieder.
»Von den damaligen Besuchern sind nur
noch drei übrig, alle anderen sind gestorben«
INTERVIEW MIT FRAU S.
75 Jahre, war verheiratet, Mann Alkoholiker, fünf Kinder,
ging nebenher noch arbeiten. Ersterkrankung 1968.
Diagnose: chronische paranoide Psychose.
Treffpunkte: Frau S., wie hat sich die Erkrankung auf Ihre
Familie ausgewirkt?
Frau S.: Negativ (Frau S. schweigt eine Weile bedrückt.)
weil ich so viel in der Klinik war und immer so lange. Die
Schwiegermutter passte dann auf die Kinder auf.
Treffpunkte: Wie haben Verwandte und Bekannte reagiert?
S.: Die haben gar nicht begriffen, was los ist. Meine
Schwester fragte immer wieder, was fehlt dir denn, was
fehlt dir denn? Es waren ja nicht nur die Verfolgungsängste.
Ich kann das gar nicht beschreiben, wie das war. Es war
schrecklich.
Treffpunkte: Hatten Sie Unterstützung in dieser Zeit?
S.: Nur in den ersten Jahren, als mein Mann getrunken hat.
Da haben wir von der Caritas Warengutscheine bekommen.
Treffpunkte 3/06
19
Thema
Treffpunkte: Wie sieht Ihre Situation jetzt aus?
S.: Gut ist es jetzt. (Frau S. strahlt). 1990 kam ich in die
Tagesstätte und 1989 war ich das letzte Mal in der Klinik.
Treffpunkte: Welche Bedeutung hat die Tagesstätte für
Ihr Leben?
S.: Dass ich nicht mehr alleine war, das hat mir sehr gut
getan. Da gab es die Frau M., die hat sich sehr gekümmert.
Die Tagesstätte ist sehr, sehr wichtig für mich. Ich kann
mir das gar nicht mehr anders vorstellen. Ich komme gut
mit den Leuten zurecht. Wir haben so eine Harmonie an
unserem Rommé-Tisch.
Treffpunkte: Ich glaube, Sie tun noch mehr, wenn ich an
neue Besucher denke…
S.: Ja, ja. (Frau S. lebt auf). Das berührt mich immer stark.
Wenn sie nicht wissen, wo sie sich hinsetzen sollen, wo das
Besteck ist und so. Ich bin freundlich zu ihnen und zeige
es ihnen.
Treffpunkte: Wie ist das mit den Jüngeren?
S.: Die Jüngeren wollen immer mit den Älteren nichts zu
tun haben. Aber wie ich so alt war wie sie, habe ich ans
Kranksein noch gar nicht gedacht. Aber ich lasse es mir
nicht anmerken, dass man als Alte nicht so gern gesehen ist.
Treffpunkte: Was erhoffen Sie sich
von der Zukunft?
S.: Dass es so weiter geht, dass ich
weiter kommen kann. Weil ich schon
so lange da bin, habe ich manchmal
Angst, dass der Landeswohlfahrtsverband nicht weiter für mich bezahlen
will. Ich habe mir kürzlich ein Gruppenfoto aus der Anfangszeit der Tagesstätte
angesehen. Von den ganzen damaligen Besuchern sind nur
noch drei übrig, alle anderen sind gestorben. (Pause) Ich
gehe immer so zufrieden nach Hause. Dann fühle ich
mich so frei. Das tut die ganzen Sorgen, die man wirklich
noch hat, die tut man dann verdrängen.
»Ich gehe immer so zufrieden nach«
»Hause — dann fühle ich mich so frei«
Treffpunkte: Sie sind nun schon 16 Jahre in der Tagesstätte.
Dachten Sie am Anfang, dass sie so lange bleiben würden?
S.: Nein.
Treffpunkte: Sie sind sehr engagiert und setzten sich gerne
für andere ein. Was sehen sie als ihre Aufgabe in der
Tagesstätte an?
S.: Aufgabe, hmm, ich will mich mit den Leuten gut verstehen — und das tue ich auch. Wenn ich an den RomméTisch denke — das gefällt nicht nur mir, sondern auch den
anderen.
Treffpunkte: Denken Sie, dass sich in den nächsten Jahren
für Sie persönlich noch etwas ändern muss?
S.: Ich habe jetzt Hilfe im Haushalt. Das reicht erst mal.
Nur das Einkaufen. Mein Sohn stöhnt dann, »Ach schon
wieder, hast Du nicht jemanden anderen dafür?« Immer
wieder das Problem: Wer macht es?
In Tagesstätten können sich Menschen mit
psychischer Erkrankung treffen, insbesondere
wenn sie nach längeren Krankenhausaufenthalten
noch weiteren Halt im Alltag brauchen.
20
Treffpunkte 3/06
Thema
»Hier sind alle älter als ich, ich möchte mit
Leuten zusammen sein, die im Denken und
körperlich so fit sind wie ich«
INTERVIEW MIT FRAU T.
31 Jahre alt; lebt alleine, hat einen elfjährigen Sohn,
der bei Pflegeeltern lebt; erster Klinikaufenthalt 2002,
seit 2003 in der Tagesstätte. Diagnose: paranoid-halluzinatorische Psychose.
Treffpunkte: Sie hatten ja auch noch Betreutes Wohnen?
T.: Ja. Das war gut, um zu reden, den Kopf frei zu
kriegen, zu planen für die Zukunft, für die berufliche
Wiedereingliederung.
Treffpunkte: Was hat sich seit dem Tagesstättenbesuch
positiv verändert?
T.: Ich konnte mich vielfältig kreativ austoben und habe
viele schöne Dinge für zu Hause angefertigt: Körbe, einen
Teppich, Töpferwaren. Ich habe mich in verschiedenen
Techniken ausprobiert.
Treffpunkte: Was hat Sie dazu gebracht, sich in der
Tagesstätte anzumelden?
Frau T.: Die Arbeitslosigkeit. Ich saß zu Hause rum und
wusste nicht, was ich tun soll. Die Klinik vermittelte ein
Beratungsgespräch im Psychosozialen Zentrum und die
rieten mir, in eine Tagesstätte oder in eine Werkstatt für
Behinderte zu gehen. Ich hatte dann auch noch eine Weile
Betreutes Wohnen.
Treffpunkte: Gab es etwas, was sich negativ verändert hat?
T.: Ja. Ich habe in meiner Leistungsfähigkeit abgebaut.
Nach einer halben Stunde bin ich geschafft, brauche eine
Pause. Ich weiß nicht, ob der Grund dafür ist, dass alle
anderen auch Pause brauchen oder ob es mit meiner
Psychose zusammenhängt. Ich bin ganz schön lahm und
bequem geworden. Ich kriege mein Essen vor die Nase
gestellt. Ich rauche mehr.
Treffpunkte: Was dachten Sie, wie lange Sie die Tagesstätte
besuchen werden?
T.: Nur vorübergehend für ein paar Monate, bis ich Arbeit
gefunden habe. Ich fand aber keine und habe Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt.
Treffpunkte: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer momentanen
Lebenssituation?
T.: Ach, das bin ich schon so oft gefragt worden. Nachmittags gammele ich nur auf der Couch rum. In der Werkstatt ist das passé. Nach meinem Probetag dort wusste ich,
dass ich was geschafft habe. Ich bin sehr zufrieden mit der
Aussicht auf die Behindertenwerkstatt. Manchmal habe
ich ein bisschen Sorge, dass ich es nicht schaffe. Direkt nach
der Psychose war ich so fit, dass ich dreieinhalb Stunden
auf dem freien Arbeitsmarkt arbeiten konnte.
Treffpunkte: Was hat sich an Ihrer Zukunftsperspektive
seither geändert?
T.: Ja, dass ich jetzt in die Werkstatt gehen werde. Damals
wollte ich nicht in die Werkstatt. Ich hatte Angst, nie mehr
herauszukommen. Auch jetzt noch ist
die Angst ein bisschen da. Aber hier
sind alle älter als ich, oft auch
gebrechlicher. Ich möchte mit Leuten
zusammen sein, die im Denken und
auch körperlich so fit wie ich sind. Auf
demselben Leistungsniveau. Hier bin
ich nicht ausgelastet, habe häufig
Langeweile.
»Ich bin ganz schön lahm und«
»bequem geworden — ich kriege ja«
»mein Essen vor die Nase gestellt«
Treffpunkte: Was hatten Sie für Erwartungen an den Tagesstättenbesuch?
T.: Ich habe die Tagesstätte als
geschützten Raum, als Familie für vorübergehend gesehen.
Ich wollte eine abwechslungsreiche Tagesgestaltung. Und
diese Tagesstätte hier war deshalb voll mein Fall. Ich habe
mich bewusst dafür entschieden, obwohl keine jungen
Leute hier sind, weil das Gruppenangebot so vielfältig ist.
Treffpunkte: Wie sieht Ihre Zukunft in fünf Jahren aus?
T.: Ich würde dann gerne in einem schnuckeligen kleinen
Blumengeschäft arbeiten mit netten Angestellten. Am
liebsten hätte ich ein eigenes Geschäft. — Wenn nicht,
nehme ich mir einen Strick (Frau T. lacht).
Treffpunkte: Wie hat die Tagesstätte Ihren Alltag verändert?
T.: Ich stehe zeitig auf, habe einen geregelten Tagesablauf,
Frühstück und Mittagessen, kann mich aussprechen. Es
hat mir hier gut gefallen, im Ernst. Ich habe hier was
geleistet. Die Gruppen haben Niveau.
Treffpunkte 3/06
21
Forum
Haldolverkoster
»…und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht,
ich würde heute noch ein Schlückchen Haldol trinken.«
Von Frank G. Weiser
Der Autor ist 46 Jahre alt und seit drei Jahrzehnten manischdepressiv (Diagnose Zyklothemie). Durch Vermittlung eines
Besuchers der Schreibwerkstatt des »Treffpunktes Süd« der
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main bot der »Poet
und Verseschmied«, wie er sich selbst bezeichnet, das nachfolgende Gedicht zur Veröffentlichung in den »Treffpunkten«
an. »Die Poesie hilft, ohne wirklich befreien zu können.«
Ein Haldol begossener Kohl
soll Psychostress vermeiden,
zieht besser rein als Alkohol —
rattenscharf, ich kann´s beeiden.
Das Spuckeschlucken quälend werden,
dein Kehlkopf scheint gelähmt,
torkelnd taumelst du benommen,
als psycholabiler Gestörter von Welt.
Zugegeben, es schmeckt bitter,
doch auch Hopfen mundet herb,
pro Monat einen viertel Liter,
dann wird´s richtig hart und derb.
Flüssig, hart oder gespritzt,
Haldol wirkt effektiv,
Haldolverkoster sind erhitzt,
ein Dämon sie berief.
Haldol erweckt brutalen Schauer,
schürt Ängste, Panik, Wut, Neurose,
der Albtraum drückt, gleich einer Mauer
du lallst wie ein 3-Promille-Matrose.
Vergiss es nie, dann bleibst du froh,
Haldol ist so erquicklich,
gleich den Figuren der Madame Tussaut
lebst du überglücklich.
Die Sabber kann unendlich fließen,
der Daumen trocken wie ein Stein,
Karbunkel auf der Nase sprießen,
Verfolgungswahn stürzt herein.
Dein Körper steift zum klirrend Zapfen,
zur Eisschneeträne an der Rinne,
Schneemanngleich erstarrt dein Stapfen,
erfriert Instinkte, Freuden, Sinne.
Frank. G. Weiser
Beziehungen
Was ist eine »gute« Beziehung,
eine Beziehung, die man haben möchte?
Was ist eine »schlechte« Beziehung,
eine Beziehung, die man längst
beendet hätte?
In eine »gute« Beziehung gehören
keine Auseinandersetzungen,
es sei denn, GANZ SACHLICH UND
AUF NETTE ART.
22
Treffpunkte 3/06
Eine »gute« Beziehung ist eine
aggressionsfreie Beziehung;
Man vergisst:
Es gibt Aggressionen zwischen den
Geschlechtern
und es gibt zwischenmenschliche
Aggressionen.
Und alles das taucht in unserer
Partnerschaft auf
und belastet uns.
Fazit: Man sollte nicht so streng urteilen,
welche Beziehung »gut« und welche
»schlecht« ist.
Ursula Müller
Die Autorin ist Besucherin des
»Treffpunkt Süd« der Bürgerhilfe
Sozialpsychiatrie Frankfurt am
Main e. V. in Sachsenhausen.
Forum
Die Geschichte vom Gänseblümchen
Von Lenanskayani
Es war einmal ein Gänseblümchen,
das nach langen inneren Kämpfen
beschlossen hatte, dass es leben
wolle, auch wenn es keine schöne
Rose, stolze Lilie oder solch eine
prächtige Blume war, sondern einfach
nur ein unscheinbares Gänseblümchen. Es wuchs unweit einer
Parkbank auf einer Wiese und wenn
es auch noch niemals als einzelnes
Wesen bemerkt worden war, so doch
zusammen mit all den anderen seiner
Art; dann hatte es sich gefreut.
Eines Tages setzte sich ein Mann, der
sehr unzufrieden mit sich und seinem
Leben war, in seiner Mittagspause auf
die Bank. Eine Beförderung war ihm
versagt geblieben. Er starrte wütend
vor sich hin, und in seinem Blickfeld
war… — unser Gänseblümchen. Der
Mann stand auf und ging zu ihm hin.
»Blöde kleine Pflanze du«, keifte er es
an, stehst einfach nur dumm herum,
während ich den ganzen Tag arbeiten
gehe. Sag mir einen Grund, weshalb
ich dich am Leben lassen sollte — los,
wird’s bald?!«
Das Gänseblümchen war bis ins
Innerste erschrocken und bedauerte
zutiefst, jemals den Wunsch gehabt zu
haben, von einem Menschen bemerkt
zu werden. Es konnte nur noch stammeln: »Aber ich bin doch bloß, was
ich bin, ich habe dir doch nichts
getan…«, als der Mann es auch schon
zornig packte — und es einfach abriss.
Durch das kleine Pflanzenkörperchen
wogt ein höllischer Schmerz. Seine
inneren Säfte gerieten in ein totales
Chaos. Ihm wurde schwindlig und
schwarz vor den Augen, tausend Krämpfe schüttelten
es, und es
weinte.
Kurz bevor sein
Köpfchen vom
Schuh des
Mannes zermalmt wurde,
dachte es nur:
»Warum bloß?«
Deshalb war es
einmal, das
Gänseblümchen.
Leserbrief
Die Autorin, die hier
ein Pseudonym
benutzt, ist seit über 20
Jahren psychiatrieerfahren,
nachdem sie im Alter von 23
Jahren an einer paranoiden
Schizophrenie erkrankt war.
Bild rechts: Eine Arbeit von »Degas«, einer seit Jahrzehnten psychisch
kranken Frau, die viele Male zur Behandlung im Waldkrankenhaus Köppern
war. Die Veröffentlichung erfolgt mit Zustimmung der Künstlerin.
Treffpunkte 1/06
21
Betr.: »Die Geschichte vom Gänseblümchen«
von Lenaskayani in den »Treffpunkten« 1/2006
Die Geschichte hat mich sehr berührt. Wie leicht verletzen wir
andere aus eigenem Frust heraus oder einfach aus mangelndem
Respekt vor dem Leben. Manche werden dadurch gebrochen
oder verbittert.
Als ich den letzten Satz las: »Deshalb war es eine Gänseblümchen«, da entstand in meinem Herzen ein großes NEIN.
Es ist immer noch ein Gänseblümchen, es blüht nur nicht mehr!
Die anderen nehmen es vielleicht nicht mehr wahr, aber die
Wurzeln unter der Erde, die können eine neue Blüte treiben.
Vielleicht nicht mehr dieses Jahr, vielleicht muss erst ein Winter
überstanden werden, aber im nächsten Frühjahr, da kann es
neu austreiben, wenn es dem mächtigen Ruf der Frühlingssonne folgt. Solange es seine Wurzeln hat, ist es unzerstörbar.
Das möchte ich dem Gänseblümchen zurufen, denn dies ist
meine Erfahrung. Niemand kann Dich zerstören, wenn Du Dir
Deiner Wurzeln bewusst bleibst. Die Erde wird Dich nähren
und neu erblühen lassen. Du musst darauf vertrauen.
Christiane Hagel, Friedrichsdorf
Photo: Paul M. Albert
Treffpunkte 3/06
23
Forum
»Also munter weiter bewerben«
Erfahrungen bei der Stellensuche
Von Markus Gutperl
Im vorigen Heft (»Treffpunkte« 2/2006) beleuchteten wir die
Arbeitsmarktsituation psychisch kranker Menschen, insbesondere
im Rhein-Main-Gebiet. Ein Fazit lautete: Der Arbeitsmarkt ist seit
einigen Jahren im Umbruch. Produktionsgüter und Dienstleistungen
sind zwar weiterhin gefragt, aber der Mensch, der sie produziert,
ist als »Kostenfaktor« zu teuer. Ähnliche Erfahrungen machte auch
einer unserer Leser.
Hallo Leute, als Erstes möchte ich
mich vorstellen. Mein Name ist
Markus Gutperl, ich bin 43 Jahre alt
und gelernter Koch, Feinmechaniker
und zu guter Letzt PC- und Netzwerkfachkraft. Ich lebe mit meiner Lebensgefährtin und unserem gemeinsamen Sohn, der bald vier Jahre alt
wird, in Niederursel. Meine Partnerin
und ich sind psychisch vorbelastet,
wir waren schon in der Betreuung
der Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie
Frankfurt am Main.
Soweit, so gut. Kommen wir mal auf
den Punkt. Ich möchte euch über
meine Erfahrungen bei der Jobsuche
berichten.
Ich habe einen sehr bunten Lebenslauf, will heißen, dass ich bedingt
durch meine Krankheit öfter mal den
Job wechselte. 1994 begann ich in der
Reha-Werkstatt Eschersheimer Tor zu
arbeiten. Dort war ich in der damals
noch bestehenden Metallgruppe, da
ich 1990 meine Prüfung als Feinmechaniker bestanden hatte. Nach
mehreren Umstrukturierungen und
gutgemeinter Praktika, u. a. drei
Monate bei der Firma FAG wuchs
24
Treffpunkte 3/06
nach neun Jahren Arbeit und wenig
Geld der Wunsch in mir, doch noch
mal eine Qualifikation zu erwerben
und so begann ich meine Qualifikation
als PC- und Netzwerkfachkraft im
Berufsförderungswerk Frankfurt am
Main. Gesponsert wurde ich von der
Landesversicherungsanstalt, bei der
ich ja schon jahrzehntelang eingezahlt hatte.
Diese Qualifikation begann im
August 2003 und endete Ende
August 2004 mit Prüfung vor der
Industrie- und Handelskammer:
Frohen Mutes ging ich an die Jobsuche.
Man muss immer dazusagen, dass
man erst mal seine Anträge auf
Arbeitslosengeld (ALG) stellen muss.
Aber es gestaltete sich dahingehend
etwas schwierig, da ich durch meine
neunjährige Reha-Tätigkeit kein ALG I
sondern ALG II bekam. Ich hatte aber
noch Glück, da mir die Landesversicherungsanstalt drei Monate mein
Übergangsgeld weiter zahlte.
Doch nun zur Jobsuche. Ich bewarb
mich am Anfang natürlich verschärft
um Stellen im Bereich der Informationstechnologie (IT). Die Krönung
war eine Zeitarbeitsfirma aus Köln,
die IT-ler suchte und deswegen eine
Informationsveranstaltung in einem
namhaften Hotel in Bad Soden machte.
Dort erschienen 40 bis 50 Arbeitssuchende vom Fach. Geplant war der
Aufbau eines Servicenetzes im RheinMain-Gebiet. Als Techniker sollte man
im First–Level–Support Kundschaft
betreuen. Man bekam keine feste
Zusage, sondern wurde vertröstet.
Nachdem die ersten Stellen besetzt
waren, rief mich der Boss der Firma an
und bot mir eine weitere (geschmälerte) Stelle an, bei denen ich zwar
zusagte, aber aus der von seiner Seite
aus nichts wurde. Nebenbei suchte
ich via Internet, d. h. ich stellte meinen
Lebenslauf für Arbeitgeber zur Verfügung, doch auch daraus wurde
nichts. Besinnend auf meinen bunten
Lebenslauf, begann ich nach einem
halben Jahr mich auf alles zu bewerben, was für mich in Frage kam,
bekam weiterhin Absage über Absage.
Zwischendurch hatte ich wegen
meines Allroundtalents immer mal
die Möglichkeit einen Euro nebenher
zu machen, was auch und bedingt
notwendig war.
Photo: Paul M. Albert
Vom Arbeitsamt konnte man mal abgesehen von fünf Euro pro Bewerbung
und ALG II sowieso nichts erwarten.
Mein Entschluss, sich mithilfe des
Arbeitsamtes selbstständig zu machen,
kam etwas spät, da sämtliche Mittel
(im Allgemeinen) ausgeschöpft war.
Also, munter weiter bewerben.
Kanäle u. a. reinigen durfte und dies
bei einem Stundenlohn von 7,02 Euro
und ohne jegliche Zulage — war wohl
das Allerletzte, was mir passieren
durfte. Ich wurde innerhalb der halbjährigen Probezeit zweimal körperlich
krank und somit entlassen.
Ich bewerbe mich bei fast allen
Supermärkten, die da heißen Mediamarkt, Saturn, MiniMal, Plus… Die
Hammerabsage kam von einem
Getränkeladen, der mir in der Absage
mitteilte, dass während Aufräumarbeiten im Betrieb meine Bewerbungsunterlagen aufgetaucht wären und
dass die Stelle (nach zwei Monaten)
schon besetzt sei. Ich schob einen
Oberhals und bewarb mich weiter.
Im Augenblick läuft eine Bewerbung
über eine Zeitarbeitsfirma, die Leute
für die Gepäckabfertigung beim Flughafen suchen. Natürlich gab und gibt
es (so ganz nebenbei….) auch meine
kleine Familie, um die ich mich sorgte
und sorgen werde. Also, Leute, alles
senkrecht (oder…?!?).
Euer Markus
Anfang September bekam ich dann
eine Stelle als Produktions- und
Lagerhelfer bei einer Zeitarbeitsfirma
in Oberursel. Diese Stelle begann ich
von einem auf den anderen Tag und
wurde nach einigen kleinen Jobs bei
einer Saugwagenfirma angestellt, wo
ich dann neun bis zwölf Stunden
Treffpunkte 3/06
25
Informationen
Notizen
Krisendienst länger
erreichbar
Der Psychosoziale Krisendienst der Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am
Main e. V. sichert außerhalb
der allgemeinen Dienstzeiten der Beratungsstellen
und sonstigen Dienste in
Notlagen psychosoziale und
ärztliche Hilfe. Das durch die
Stadt Frankfurt am Main
finanzierte Angebot wendet
sich an Menschen mit
psychischen Erkrankungen
und seelischen Behinderungen, die an einer akuten
ernsthaften Störung ihrer
seelischen Gesundheit leiden,
sowie deren Angehörige,
Freunde, Bekannte und Nachbarn. Den Anrufenden stehen
überwiegend Gesprächspartner zur Verfügung, die in
ihrer hauptberuflichen Tätigkeit in sozialpsychiatrischen
Diensten und Einrichtungen
tätig sind. Der Krisendienst
ist nun noch länger erreichbar, nämlich montags bis
freitags von 17.00 nachmittags bis 1.00 Uhr nachts und
an Wochenenden und Feiertagen von 9.00 vormittags
bis 1.00 Uhr nachts. Die
Telefonnummer hat sich
nicht geändert; sie lautet
nach wie vor:
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie
Frankfurt am Main e. V.,
Holbeinstraße 25-27,
60596 Frankfurt am Main,
Telefon 069 96201869,
Fax 069 627705, E-Mail
[email protected], Internet
http://www.bsf-frankfurt.de
Geschäftsführung wird
gestärkt
Die außerordentliche Mitgliederversammlung der
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie
Frankfurt am Main e. V. (vgl.
Pünktlich zum Frühlingsanfang hat das Psychosoziale Zentrum
der Frankfurter Werkgemeinschaft im Löwenhof mitten im
Frankfurter Stadtteil Bornheim seine Pforten offiziell geöffnet. Am
20. März 2006 feierten zahlreiche Gäste, die vom Vorsitzenden
Hartmut Fritz und dem Geschäftsführer Dr. Torsten Neubacher
herzlich begrüßt wurden. Nach fast 15 Jahren in der Lenaustraße
24 sind nun die Psychosoziale Beratungsstelle und das Betreute
Einzelwohnen in der Löwengasse 27 (Löwenhof, Haus D und F)
angesiedelt. Neben den beiden Einrichtungen finden auch ein Teil
der Tagesstätte und der Klub Känguruh hier ihr Zuhause. Der
Löwenhof ist ein ehemaliges Fabrikgelände, das heute ein Kulturund Medienzentrum ist, in dem nun kreative Dienstleitungs- und
Handwerksbetriebe ihr Domizil haben. Mit dem Bezug der neuen
Räume nimmt das Projekt der Frankfurter Werkgemeinschaft
<re-start> seine Tätigkeit auf. Dieses Angebot richtet sich an
psychiatrieerfahrene Menschen, die auf der Suche nach individuell
angepassten Tätigkeiten sind und ihren Wunsch nach einem
Neubeginn (»restart«) verwirklichen wollen.
Lokale Informationen im
Internet
Die Stadt Frankfurt am Main
hat vor einiger Zeit ihren
Internet-Auftritt neu geordnet. Das Stadtgesundheitsamt bietet nun auf
seinen Seiten in der Rubrik
»Psychische Gesundheit«
umfangreiche Informationen
zu seinen Angeboten und
denen anderer Träger in
Frankfurt am Main an.
Internet
http://www.gesundheitsamt.
stadt-frankfurt.de
Krisendienst
Telefon 069 611375
26
Treffpunkte 1/2006) hat Ende
März 2006 stattgefunden.
Verabschiedet wurden die
diskutierten Satzungsänderungen: Neben der
Mitgliederversammlung und
dem Vorstand ist nun auch
die Geschäftsführung ein
Organ des Vereins nach § 30
des Bürgerlichen Gesetzbuches. Diese Neuordnung
soll die Professionalisierung
der hauptamtlichen Arbeit
des Vereins unterstützen und
damit das wirtschaftliche
Überleben in der rauer
werdenden sozialen
Versorgungslandschaft gewährleisten. Die Neufassung
der Satzung wird an alle
Mitglieder versendet und auf
der Website veröffentlicht.
Aktion Psychisch Kranke
diskutiert Hilfen für alte
Menschen
Am 14. und 15. November
2006 findet im Rathaus
Schöneberg in Berlin die
Treffpunkte 2/06
Jahrestagung der Aktion
Psychisch Kranke statt. Im
Mittelpunkt steht das vom
Bundesministerium für
Gesundheit von Mai 2004
bis Oktober 2006 geförderte
Projekt »Handlungsempfehlungen zur Organisation und
Finanzierung von personenzentrierten Hilfen für
psychisch kranke alte und
demente Menschen«. Die
zentralen Erkenntnisse des
Projektes und deren Konsequenzen für die zukünftige
psychiatrische Versorgung
sollen mit Politikern, der
Fachöffentlichkeit und
Interessierten diskutiert
werden. Die Aktion Psychisch
Kranke ist ein von Einrichtungen und Kostenträgern
unabhängiger Zusammen-
schluss von Politikern und
Psychiatrieexperten.
Aktion Psychisch Kranke e. V.,
Brungsgasse 4—6, 53117 Bonn,
Telefon 0228 676740,
Fax 0228 676742, E-Mail
[email protected], Internet
http://www.psychiatrie.de/apk
Projekt »Förderstelle
unabhängiger Beschwerdestellen« angelaufen
Anfang April 2006 fand in
Fulda der erste Workshop
des Projektes »Förderstelle
informationen
unabhängiger Beschwerdestellen« der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie
(DGSP) statt. Teilnehmer
waren psychiatrieerfahrene
Menschen und Vertreter
unterschiedlicher Beschwerdemöglichkeiten in der
Psychiatrie. Ergebnis der Veranstaltung war die Forderung
nach einer ständigen zentralen Anlaufstelle für
Beschwerdemöglichkeiten
in der Psychiatrie, die
Informationen zu Aufbau
und Finanzierung von unabhängigen Beschwerdestellen
sowie Beratung zu
Beschwerden geben kann.
Diese Stelle könnte auch als
Kontrollinstanz für unabhängige Beschwerdestellen
dienen. Außerdem wurden
möglichst kostengünstige
Fortbildungen für Mitarbeiter
von Beschwerdemöglichkeiten gewünscht, die
Gesprächstechniken,
Kenntnisse über Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten oder auch
Informationen über Aufbau
und Form von unabhängigen
Beschwerdestellen vermitteln.
Daneben wünschten sich
die Teilnehmer schriftliche
Informationen zum Aufbau
von unabhängigen Beschwerdestellen, zu Finanzierungsmöglichkeiten,
Rechtshinweisen mit Fallbeispielen und ein möglichst
umfassendes Werk mit
Adressen aller Beschwerdemöglichkeiten. Über eine
Website (www.beschwerdepsychiatrie.de) können die
Adressen unabhängiger
Beschwerdestellen abgerufen
werden. Hier wird auch ein
Austauschforum zu Beschwerden und Beschwerdemöglichkeiten in der
Psychiatrie installiert, an
dem jeder teilhaben kann.
Deutsche Gesellschaft für
Soziale Psychiatrie e. V.,
Zeltinger Straße 9, 50969 Köln,
Telefon 0221 511002,
Fax 0221 529903, E-Mail
[email protected]
»Mächtig Gewaltig Sozial
— vom Umgang der
(sozialen) Psychiatrie
mit Grenzen«
Die diesjährige Jahrestagung der Deutschen
Gesellschaft für Soziale
Psychiatrie findet statt vom
23. bis 25. November 2007 in
Potsdam. Thema: »Mächtig
Gewaltig Sozial — vom Umgang der (sozialen) Psychiatrie
mit Grenzen«. Denn, so die
Begründung, alle Fortschritte in der psychiatrischen
Versorgung dürfen nicht
davon ablenken, dass Psychiatrie einen doppelten Auftrag
hat. Ein Teil besteht in Behandlung, Heilung, Betreuung
und Integration, generell in
der Arbeit für das Wohl der
Patienten. Anderseits wird
erwartet, dass psychiatrische
Dienste im Auftrag des
Gemeinwesens Grenzen
setzen, Kontrolle ausüben,
Schutz bieten — immer dann,
wenn Menschen im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung stören, mit
Gewalt drohen oder Gewalt
anwenden. Auch der Schutz
des Patienten vor sich selbst,
vor seinen selbstverletzenden
und suizidalen Impulsen
gehört hierher. Wie geht
Psychiatrie heute mit der
»ungeliebten Seite« ihres
Auftrages um, auf welche
Erwartungen trifft sie und
welche Voraussetzungen hat
sie: Seitens der forensischen
Psychiatrie gibt es den Vorwurf des Versagens, wenn
Patienten trotz gemeindepsychiatrischer Betreuung
straffällig werden. Mitarbeitende der ambulanten
Dienste beklagen ihre
Situation als Einzelkämpfer,
in der sie sich gegenüber
schwierigen Patienten als
macht- und schutzlos erleben.
In Kliniken und Heimen
scheint es immer noch rechtsfreie Räume zu geben, in
denen weder Patienten noch
Personal auf Gehör bei
Polizei oder Staatsanwalt
hoffen dürfen. Wenn von
Gewalt und Grenzen die
Rede ist, müssen nicht
zuletzt auch Grenzüberschreitungen durch psychiatrisch Tätige thematisiert
werden. Bedenkenswert sind
auch die gesellschaftlichen
und institutionellen Bedingungen, unter denen heute
Psychiatrie stattfindet.
Deutsche Gesellschaft für
Soziale Psychiatrie e. V.,
Zeltinger Straße 9,
50969 Köln, Telefon 0221
511002, Fax 0221 529903,
E-Mail [email protected]
Psychisch krank im Beruf
Jeder zwölfte Arbeitsausfalltag in Deutschland ist
mit einer psychiatrischen
Diagnose verbunden. Dies
belegt der jüngste BKK
Gesundheitsreport. Die
stetige Zunahme der Erkrankungen und der damit verbundenen Fehltage stellt
aber nicht nur die betroffenen
Beschäftigten sondern auch
ihre Kolleginnen und
Kollegen und ebenso die
Unternehmen vor völlig
neue Herausforderungen.
Die Praxishilfe »Psychisch
krank im Job. Was tun?«
bietet Betroffenen wie
Führungskräften gleichermaßen Orientierung und
kompetente Hilfe. Sie ist
gemeinsam von der FamilienSelbsthilfe Psychiatrie
(BApK e. V.) und dem BKK
Bundesverband entwickelt
worden. Der BKK Bundesverband ist die Spitzenorganisation der rund 200
Betriebskrankenkassen und
ihrer acht Landesverbände.
Betroffene Mitarbeiter, aber
auch deren Kollegen und
Personalverantwortliche erfahren in der Schrift Wissenswertes über psychische
Erkrankungen und erhalten
Unterstützung für den Umgang mit psychisch belasteten
Mitarbeitern. Einzelpersonen
oder auch interessierte
Verantwortliche aus Unternehmen können die Praxishilfe »Psychisch krank im
Job. Was tun?« kostenlos
anfordern.
BKK Bundesverband,
Kronprinzenstraße 6, 45128
Essen, Telefon 0201 17901,
E-Mail [email protected],
Internet http://www.bkk.de
Unsere Arbeit macht
psychisch krank
Immer mehr Menschen in
der Schweiz werden als
»psychisch invalid« beurteilt. Macht uns die Arbeit
psychisch krank? Das diesjährige Forum der Schweizer
Caritas ging der Frage nach,
wie es um eine Gesellschaft
steht, in der viele Menschen
mit dem Stempel »psychisch
krank« aus der Arbeitswelt
ausgeschlossen werden. An
der Veranstaltung nahmen
fast 400 Personen aus Wirtschaft, Politik und dem Sozialwesen teil. Die Faktenlage ist
klar: Nach dem Schweizer
Bundesamt für Statistik
leidet fast die Hälfte der
Treffpunkte 2/06
27
Informationen
Erwerbstätigen an ihrem
Arbeitsplatz unter starker
nervlicher Belastung. Bei
gut einem Drittel der IVNeurentner ist die Invaliditätsursache eine psychische.
Ruedi Meier (Foto), Sozialdirektor der Stadt Luzern
und Präsident der Städteinitiative Sozialpolitik zeigte
auf, dass heute »vor allem
schwierig zu vermittelnde
Personen früher ausgesteuert
und in die Sozialhilfe verwiesen werden«. Nun steige
der Druck auf die Sozialhilfe
von allen Seiten. Sie sei eingeklemmt zwischen Arbeitsmarkt und den Sozialversicherungen. »Auch wenn
das Problem häufig in der
mangelnden Qualifikation
der Arbeitslosen und Arbeitssuchenden liegt, so bleibt
die Grundtatsache bestehen:
Es gibt zu wenig Arbeitsplätze
auf dem Arbeitsmarkt. Ohne
zusätzliche Anstrengungen
der Wirtschaft, neue Partnerschaften von Wirtschaft und
Sozialhilfe sowie neue Wege
der Sozialhilfe werden die
Probleme immer größer,
sind kaum mehr bewältigund finanzierbar.« Neisa
Cuonz (Foto), die Leiterin
Fachdienst für berufliche
Eingliederung in Luzern,
ging auf die Eingliederung
von Menschen mit einer
psychischen Behinderung in
den Arbeitsmarkt ein. Voraussetzung dafür seien entspre-
28
chende flankierende Maßnahmen. »Eine erfolgreiche
Eingliederung ist nur in
einem interdisziplinären
Team möglich, wo sowohl
medizinisch-psychiatrische
Aspekte als auch Eingliederungs- und Arbeitsmarktaspekte einbezogen werden.
Eine behinderungsangepasste
Eingliederung bedingt somit
eine individuelle und kreative
Lösung des Problems.«
Livia Leykauf, Abteilung
Information bei Caritas
Schweiz, E-Mail
[email protected]
Beckham »etwas verrückt«
Der 30-jährige Fußballstar
von Real Madrid, David
Beckham, leidet nach
eigenem Eingeständnis
an einer zwanghaften
Verhaltensstörung (OCD).
»Bei mir muss immer alles
in einer geraden Linie liegen
oder wenigstens zwei und
zwei zusammen«, zitierte
ihn die Zeitung »Sunday
Times«. Seine Frau halte ihn
schon für etwas verrückt, weil
er ständig am Aufräumen sei;
sie habe ihn auch gebeten,
sich nicht weiter tätowieren
zu lassen. Beckham wörtlich:
»Ich weiß, dass es verrückt
klingt, aber mir macht der
Schmerz der Tätowierungsnadel richtig Spaß.«
Treffpunkte 2/06
Zahl der Betreuungen
steigt
Immer mehr Menschen in
Hessen werden von einem
Betreuer unterstützt. Insgesamt wurden 2005 genau
85.119 Betreuungen durchgeführt, bei denen der jeweils
bestellte Betreuer in einem
festgelegten Umfang für den
Betroffenen in rechtlichen
Angelegenheiten handelt.
Aufgrund der Entwicklung
der Altersstruktur der
Bevölkerung und der
Veränderung der Familienstrukturen steigt der Bedarf.
Orientierungslosigkeit und
des persönlichen Scheiterns
an der so genannten Freiheit.« Die Jagd nach den
vielfältigen Optionen, so
Streuli, lasse scheinbar kaum
mehr Zeit für Sozialkontakte,
für Muße und Anteilnahme
am Leben anderer.
Der deutsche Psychoanalytiker und Sozialphilosoph
Horst-Eberhard Richter stellte
Hessisches Sozialministerium,
Dostojewskistraße 4, 65187
Wiesbaden, Telefon 0611 817-0,
Fax 0611 89084-0, E-Mail
[email protected], Internet
http://www.hsm.hessen.de
Vom Ich zum Wir
Immer mehr Menschen
fühlen sich einsam in einer
Gesellschaft, in der es doch
wahrlich nicht an Kommunikationsmitteln fehlt. Biografische Brüche und Veränderungen in der Arbeitswelt
sind häufige Einsamkeitsfallen. Am Forum der Caritas
Schweiz Anfang des Jahres
zeigten Fachleute die Zusammenhänge zwischen Einsamkeit und den wirtschaftlichen und politischen
Strukturen auf.
Der Charakter der Einsamkeit habe sich verändert, erläuterte Elisa Streuli, Dozentin
an der Hochschule für Pädagogik und Soziale Arbeit
beider Basel. »War früher
das Einsamkeitsrisiko ein
Ausdruck von unabänderlichen Gegebenheiten, von
Abhängigkeiten und rigiden
sozialen Kontrollen, so ist es
heute ein Ausdruck der
in seinen Ausführungen fest:
Die Tendenz gehe in den
vergangenen Jahren mehr
vom »Ich« zum »Wir«. »Es
sieht also so aus, dass die
Menschen in dem narzisstischen Rückzug auf das Ich
nicht genügend Schutz gegen
den Druck der ökonomischen
Bedrohungen gefunden
haben. Auch die wachsende
Gefährdung der Arbeitsplätze,
die notwendigen Verzichte
zur Erhaltung der Betriebe,
zur Sicherung der Renten und
zur Gesundheitsversorgung
spielen eine entscheidende
Rolle.« Er kritisierte den
»destruktiven Wettlauf um
die Vorherrschaft der Wirtschaft, in der Rüstung, in der
Eroberung des Weltraums, in
der Eroberung von Patenten
in der Pharmakochemie und
in der Gentechnik.«
Die Isolation in der Arbeitswelt war das Hauptthema
des Genfer Nationalrats und
Vizepräsidenten der Grünen,
informationen
Ueli Leuenberger. »Heute
haben viele Angestellte das
Gefühl, nichts als eine
Nummer zu sein. Dazu gibt
es verschiedene Erklärungen:
die Anonymität der Entscheidungsträger und
Besitzer von Firmen, der
Mangel an gemeinsamen
Projekten und die Angst vor
der Zukunft.«
Martin Kronauer, Professor
für Gesellschaftswissenschaft
an der Fachhochschule für
Wirtschaft Berlin, zeigte in
seinem Referat auf, dass etwa
Langzeitarbeitslose im persönlichen Umfeld häufig mit
anderen Arbeitslosen zusammenträfen, während beruflich stabil Verankerte in erster
Linie mit Menschen in
ähnlich stabiler Lage zu tun
hätten. »Die problematischen
Folgen dessen liegen auf der
Hand. Ungleichheiten am
Arbeitsmarkt und im
Beschäftigungssystem
werden demnach durch
soziale Beziehungen der
Tendenz nach weniger
ausgeglichen als vielmehr
reproduziert, wenn nicht
gar in einer Negativspirale
verstärkt.«
Auch Pierre Weiss, der Leiter
des Bereichs Dokumentation
und Kommunikation beim
Verband der Westschweizer
Unternehmen in Genf bezog
sich auf die Veränderungen
auf dem Arbeitsmarkt. Seiner
Meinung nach sind neue
Arbeitsformen wie zum Beispiel die Telearbeit zwar nicht
ohne Risiko bezüglich Einsamkeit, sie böten aber auch neue
Chancen. Entscheidend sei,
ob die Arbeitsform freiwillig
gewählt oder verordnet sei.
Caritas Schweiz, Telefon
+41 (0) 79 0370263, Internet
http://www.presseportal.ch
Bücher
Basiswissen zum
Betreuten Wohnen
Ein Buch das Basiswissen
vermittelt und die Grundlagen des Betreuten Wohnens
auf 144 Seiten erklärt. Gunda
Schlichte stellt mit persönlicher Note eine prägnante
Einführung mit allen wichtigen Details die Arbeit im
Betreuten Wohnen mit psychisch kranken Menschen
vor. Alle zugehörigen Themen
ums Wohnen mit ihren
Rahmenbedingungen füllt
sie mit Erfahrungen aus ihrer
dreizehnjährigen eigenen
Arbeit in diesem Bereich.
Neben dem Alltagsgeschehen
in der Betreuung fließen
Rahmenbedingungen,
Methoden, Mitarbeitereinstellungen sowie die Teamarbeit selbstverständlich
arbeit spielt, kommt zum
Tragen, denn die Selbstständigkeit und die Selbstzufriedenheit des zu Betreuenden
ist nicht vorhersehbar und
nicht berechenbar. Eine
Lektüre, die sich hervorragend
für Anfänger eignet, die einen
Einblick in das vielfältige
Arbeitsfeld bekommen, und
den bereits langjährigem
Praxiserprobten in Breite ihre
weitgefächerte Arbeit
gewürdigt sehen.
(Christel Gilcher)
heißt es im ersten Teil des
Buches, in dem dialoghaft
das Wesen der Therapie
erläutert wird. Im zweiten
Teil wird Lisas Geschichte
erzählt und erst im dritten
Teil, nach dem Tod ihres
Mannes, beginnt Lisa eine
Therapie, weil sie ihre Einsamkeit und ihre Angst nicht
mehr alleine bewältigen
Gunda Schlichte: Betreutes
Wohnen. Hilfen zur Alltagsbewältigung. Psychiatrie-Verlag,
Bonn 2005. 144 Seiten. 14,90
Euro. ISBN 3-88414-391-3.
»Wohin, wohin mit
meiner Angst?«
»Tief verdrängtes, frühes
Kindheitsleid kann man
nicht herausdenken, schon
gar nicht herausgrübeln,
sondern nur herausfühlen«,
kann. Langsam erklimmt sie
die Leiter, die in ihre Vergangenheit führt. »Ich habe
gefühlt, wie ich als kleines
18. Frankfurter
Psychiatriewoche
15. bis 22. September 2006.
Zahlreiche Veranstaltungen überall in Frankfurt am Main.
AUSFÜHRLICHER INFORMATIONSTEIL IN DER HEFTMITTE
mit ein. Die Bewältigung
von Konfliktsituationen mit
psychisch Kranken in allen
ihren Facetten sind immer
wieder präsent in ihren
Schilderungen. Dass dabei
der Faktor Zeit eine große
Rolle in der Betreuungs-
Informationen auch im Internet.
http://www.psychiatrie-frankfurt.de.
Treffpunkte 2/06
29
..
Informationen
Kind immer so herumstand,
einsam und verlassen.« Bis
zu ihrem Geburtstrauma
kann Lisa zurückgehen. Ein
Dammbruch der Gefühle
vollzieht sich, in dem alles
Angestaute und Verdrängte
seinen Weg in die Freiheit
findet. Dieses Wiedererleben
längst vergangener Gefühle
führt sie zu einer neuen
individuellen Freude. Der
Bann ist gebrochen, der Weg
zur Lebensfreude öffnet sich.
(Waltraud Gehrmann)
10 Jahre Paritätische Tagesklinik für Psychiatrie und
Psychotherapie in Mainz.
29. und 30. September 2006
in Mainz.
Anneliese Ude-Pestel:
Lisa. »Wohin, wohin mit
meiner Angst?« Porträt einer
Psychotherapie. Deutscher
Taschenbuch Verlag, München
2005. 128 Seiten. 8,- Euro.
ISBN 3-423-34217-X.
34. Herbsttagung der
Deutschen Gesellschaft für
Suizidprävention. 6. bis 8.
Oktober 2006 in Tübingen.
Termine
Paritätisches Gesundheitszentrum Drechslerweg 25, 55128
Mainz, Telefon 06131 789648, Fax
06131 789644, E-Mail
[email protected]
Schuld und Scham im
Kontext von Suizidalität
und Krisenprozessen
Arbeitskreis Leben e. V.,
Österbergstraße 4,
72074 Tübingen, E-Mail
[email protected],
Internet
http://www.ak-leben.de/
Regional/Reut_tueb/DGS.htm
»Hand an sich legen«
Umgang mit Suizidalität.
9. und 10. Oktober 2006 in
Fulda. Seminargebühr mit
Verpflegung 205,- Euro.
»Ent- und ver-wickelt«
Junge psychisch erkrankte
Erwachsene zwischen
Pädagogik und Psychiatrie.
18. und 19. September 2006
in Fulda. Seminargebühr
mit Verpflegung 205,- Euro.
Deutsche Gesellschaft für
Soziale Psychiatrie e. V.,
Zeltinger Straße 9,
50969 Köln, Telefon 0221
511002, Fax 0221 529903,
E-Mail [email protected]
»…damit zusammenwächst,
was zusammengehört«
Gemeindepsychiatrie —
Klinik und Alltag in Wissenschaft und Praxis verbinden.
30
Deutsche Gesellschaft für
Soziale Psychiatrie e. V.,
Zeltinger Straße 9,
50969 Köln, Telefon 0221
511002, Fax 0221 529903,
E-Mail [email protected]
Wanderer zwischen den
Welten
Integration, Duldung, Abschiebung? 5. Fachtagung
Migration und Psychiatrie,
18. Oktober 2006 in Düren.
Information und Anmeldung:
Sekretariat Dr. Knauer,
Ärztlicher Direktor, Rhein.
Kliniken Düren, Sigrid Brüll,
Telefon 02421 402244, E-Mail
[email protected]
Treffpunkte 2/06
»Es geht auch anders!«
Innovative Projekte verändern
die Gemeindepsychiatrie.
Personenzentrierte Hilfen in
der Praxis. 26. und 27. Oktober
2006 in Bad Nauheim.
Landeswohlfahrtsverband
Hessen, Ständeplatz 6—10, 34117
Kassel, Telefon 0561 1004-0,
Fax 0561 10042595, E-Mail
[email protected], Internet
http://www.lwv-hessen.de
»Störfälle«
Zum Verständnis und Umgang mit selbstschädigendem
Verhalten. 27. und 28. Oktober
2006 in Fulda. Seminargebühr
mit Verpflegung 205,- Euro.
Deutsche Gesellschaft für
Soziale Psychiatrie e. V.,
Zeltinger Straße 9,
50969 Köln, Telefon 0221
511002, Fax 0221 529903,
E-Mail [email protected]
Was ist Beziehung
heute wert?
Psychodynamische Psychiatrie zwischen Beziehungsarbeit und störungsspezifischer
Technik. 7. Fachtagung der
Norddeutschen Arbeitsgemeinschaft Psychodynamische Psychiatrie (NAPP
e. V.). 3. und 4. November
2006 in Neustadt in Holstein.
Dr. med. Angela Schürmann,
psychatrium Gruppe Wiesenhof,
23730 Neustadt in Holstein,
Telefon 04561 6114640,
Fax 04561 6114760, E-Mail
[email protected]
Tagung der
Sozialdienstleistungen
15. November 2006 in Bad
Homburg
Landesarbeitsgemeinschaft der
Werkstätten für behinderte
Menschen e. V., Große
Seestraße 43, 60486 Frankfurt
am Main, Telefon 069
79405570, Fax 069 79405301,
E-Mail [email protected], Internet
http://www.lag-werkstaetten.de
Wohlfahrtspflege und
soziale Dienstleistung
Referenten: Klaus-D. Liedke
(Lebensräume Offenbach),
Prof. Dr. Reinhard Peukert
(Fachhochschule Wiesbaden).
16. bis 18. November 2006 in
Wiesbaden.
Fachhochschule Wiesbaden,
Weiterbildung am Fachbereich
Sozialwesen, Kurt-SchumacherRing 18, 65197 Wiesbaden
E-Mail weiterbildung@
sozialwesen.fh-wiesbaden.de,
Internet
http://www.sozialwesen.
fh-wiesbaden.de
Möglichkeiten der Teilhabe an Arbeit und
Beschäftigung für psychisch
kranke Menschen und
Methoden in der Beratungsund Betreuungsarbeit
Referenten: Jörg Holke
und Ulrich Krüger (Aktion
Psychisch Kranke), Prof. Dr.
Reinhard Peukert (Fachhochschule Wiesbaden).
20. bis 22. November 2006 in
Wiesbaden.
Fachhochschule Wiesbaden,
Weiterbildung am Fachbereich
Sozialwesen, Kurt-SchumacherRing 18, 65197 Wiesbaden
E-Mail weiterbildung@
sozialwesen.fh-wiesbaden.de,
Internet
http://www.sozialwesen.
fh-wiesbaden.de
informationen
»Mächtig Gewaltig Sozial
— Vom Umgang der
(sozialen) Psychiatrie
mit Grenzen
23. bis 25. November 2006 in
Potsdam. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für
Soziale Psychiatrie e. V.
Deutsche Gesellschaft für
Soziale Psychiatrie e. V.,
Zeltinger Straße 9,
50969 Köln, Telefon 0221
511002, Fax 0221 529903,
E-Mail [email protected]
Internet
http://www.psychiatrie.de
Sozialrecht und Praxis in
der Gemeindepsychiatrie
Referenten: Jörg Holke
(Aktion Psychisch Kranke),
Prof. Dr. Reinhard Peukert
(Fachhochschule Wiesbaden).
30. November bis 1. Dezember
2006 in Wiesbaden.
Fachhochschule Wiesbaden,
Weiterbildung am Fachbereich
Sozialwesen, Kurt-SchumacherRing 18, 65197 Wiesbaden
E-Mail weiterbildung@
sozialwesen.fh-wiesbaden.de,
Internet
http://www.sozialwesen.
fh-wiesbaden.de
Sorgen
mit einem Schlag
los sein will,
muss Boxer werden.
Wer alle
Helmut Qualtinger
österreichischer Kabarettist
(1928—1986)
Treffpunkte 2/06
31
Fragebogen
Sieben Fragen an
Stephan von Nessen
Stephan von Nessen (41) ist seit 1987 Mitglied der
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main e. V.
und ihr 2. Vorsitzender. Zuvor hatte er seinen Zivildienst
beim Verein abgeleistet und war vom damaligen Vorsitzenden, Christof Streidl, dazu ermutigt worden Medizin
zu studieren. Nach dem Ende seines Studiums im Jahr 1994
arbeitet er als Arzt in der Psychiatrie. Zunächst war er viele
Jahre der Leiter des Schlaflabors an der Niederräder Uniklinik,
später arbeitete er in der Tagesklinik des Bamberger Hofes.
Heute ist er Assistenzarzt der psychiatrischen Institutsambulanz der Fachklinik Hofheim. Seit 2004 ist Stephan von
Nessen Mitglied des Redaktionsteams der »Treffpunkte«.
1. Was ist gut an der psychosozialen Versorgung in Hessen?
Die ideenreiche Zusammenarbeit von größtenteils sehr engagierten, kompetenten und
fast schon pathologisch optimistischen Mitarbeitern im gemeindenahen Verbund.
2. Was müsste in der psychosozialen Versorgung in Hessen
dringend verbessert werden?
Die ambulante Versorgung von traumatisierten Menschen! Opfer von Gewalttaten
warten selbst hier in Frankfurt am Main teilweise länger als ein halbes Jahr auf
professionelle Hilfe. Muttersprachliche Angebote für Migranten fehlen oft und selbst
für Menschen, die unsere Sprache gut sprechen, finden sich in ländlichen Gegenden
viel zu wenige entsprechende Therapieplätze.
3. Welches psychosoziale Angebot ist viel zu wenig bekannt?
Der Integrationsfachdienst. Er unterstützt schwerbehinderte Menschen bei der
Suche und dem Erhalt ihrer Arbeitsplätze.
4. Welchem Buch wünschen Sie viele Leserinnen und Leser?
George Orwells »1984«! Nachdem das Orwelljahr nun schon über 20 Jahre vergangen
ist, scheint sich kaum noch jemand für dieses Buch zu interessieren, obwohl es nach wie
vor spannend und mit den Veränderungen, die sich nach dem 11.September 2001
ergeben haben, vielleicht aktueller den je ist.
5. Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen?
»12 Monkeys« mit Bruce Willis auf DVD — war ein Geburtstagsgeschenk von einer
wunderbaren Frau!
6. Sie haben plötzlich einen Tag frei — was würden Sie gerne machen?
Ohne vorherige Terminvereinbarung zum (Zahn-) Arzt gehen, mein Auto zur Inspektion
bringen und mir die Haare schneiden lassen.
7. Die Märchenfee erscheint — Ihre drei Wünsche?
Dass Krieg, Folter, Vergewaltigungen und andere Unmenschlichkeiten von der Erde
verschwinden, dass weltweit alle Verteidigungsetats für Bildung und Gesundheit
eingesetzt werden und dass die Menschheit endlich ihre Verantwortung für den
Planeten Erde erkennt und sich entsprechend verhält.
32
Treffpunkte 3/06
Leserservice
»Psychisch kranke und behinderte Menschen
mögen anders denken, fühlen, handeln —
sie sind jedoch nicht anders geartet…«
Christof Streidl (1939-1992)
Keine Ausgabe verpassen — Treffpunkte abonnieren!
Die Zeitschrift »Treffpunkte« ist ein Forum für alle Beteiligten in der ambulanten,
teilstationären und stationären Psychiatrie sowie in der Sozialpsychiatrie. Die
Zeitschrift berichtet über allgemeine Entwicklungen; das besondere Gewicht
liegt auf regionalen Aspekten der Rhein-Main-Region.
Gründungsmitglied der
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie
Frankfurt am Main e.V. und
der Zeitschrift »Treffpunkte«
Ihre Abonnements-Bestellkarte ist schon weg? Dann bestellen Sie formlos bei der
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main e.V., Holbeinstraße 25-27, 60596 Frankfurt am Main
Bitte hier abtrennen
Ja, ich abonniere ab sofort die Treffpunkte Frankfurter Zeitschrift für Gemeindepsychiatrie.
Das Jahresabonnement kostet 10,- Euro für vier Ausgaben. Das Abonnement
kann schriftlichzum 31. Dezember jeden Jahres gekündigt werden.
Name und Vorname
Postleitzahl und Ort
Ich zahle jährlich nach Erhalt der Rechnung
Ich will mich nicht selbst um die Überweisung kümmern
und stimme deshalb zu, dass die Abonnementgebühr von meinem Konto per
Bankeinzug abgebucht wird. Der Einziehungsauftrag gilt bis auf Widerruf.
Name des Kontoinhabers
Kontonummer
bei Geldinstitut
Bankleitzahl
Widerrufsbelehrung: Diese Bestellung kann ich ohne Angabe von
Gründen innerhalb von zwei Wochen schriftlich bei der
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main e.V.
Holbeinstraße 25-27 in 60596 Frankfurt am Main widerrufen.
Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
/
/
Datum und Unterschrift
Ihre Abonnements-Bestellkarte schicken Sie bitte ausreichend frankiert an die
Bürgerhilfe Sozialpsychiatrie Frankfurt am Main e.V., Holbeinstraße 25-27, 60596 Frankfurt am Main
Straße und Hausnummer
Herunterladen