Psych-Stör1-Geschichte

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Geschichte der
Psychopathologie
Prof. Dr. Ralph Viehhauser
Hieronimus
Bosch, 1490
„Removing
the stone of
madness“
Frühe Dämonologie

In den frühesten Schriften der Philosophen, Theologen
und Ärzte, die sich mit den Verwirrungen des Geistes
beschäftigten, wird eine psychische Abweichung auf
den Zorn der Götter oder dämonische Besessenheit
zurückgeführt.

Behandlungsversuche bestanden v.a. darin, mit Hilfe
verschiedenster Rituale und Prozeduren den Körper für
die Dämonen/Teufel unbewohnbar zu machen.
Hippokrates

Hippokrates (460-377 v. Chr.) führte abweichendes
Verhalten auf eine Pathologie des Gehirns zurück.

Er gilt damit als einer der ersten Vertreter einer
somatogenetischen Hypothese zur Erklärung
gestörten Verhaltens.
Hippokrates Einteilung psychischer Störungen
Manie
Einteilung
psychischer
Störungen
Melancholie
Phrenitis
Hippokrates 4 Körpersäfte
 Blut
 schwarze
 gelbe
 Schleim
Galle
Galle
(Phlegma)
Frühmittelalterliche Dämonologie

Kirche und Papsttum gewannen an Einfluss.

Viele der psychisch Kranken irrten - von den
Angehörigen verstoßen - hilflos im Land umher.

Um die Kranken kümmerten sich die Klöster. Die
Mönche sprachen Gebete über die psychisch Kranken.
Z.T. wurden exorzistische Riten praktiziert.
Mittelalterliche Hexenjagd

1484 ermahnte Papst Innozenz VIII. den Klerus Europas
in einer päpstlichen Weisung, bei der Verfolgung der
Hexen keinen Stein auf dem anderen zu lassen.

Es wurde ein umfassender Leitfaden für die Hexenjagd
herausgegeben.

Nach dem Hexen-Handbuch besaßen Hexen untrügliche
Male und mussten zu ihrer Identifizierung der Folter
oder bestimmten Prüfungen unterzogen werden (z.B.
Wasserprobe).
Psychisch Gestörte als Hexen

Verlor jemand unter der Folter plötzlich den Verstand,
war das ein Zeichen dafür, dass ein Teufel von ihm
Besitz ergriffen hatte.

Zuweilen gestanden die Angeklagten, Umgang mit dem
Teufel gehabt zu haben und zu Hexensabbats, ihren
geheimen, kultischen Treffen, geflogen zu sein
(Symptome einer Psychose?).
Die Entwicklung der Asyle

Im 15. und 16. Jhd. Internierung psychisch Kranker in
ehemaligen Lepra-Hospitälern.

Behandlung: Versuch, die Insassen zum Arbeiten zu
bringen.

Öffentliche Zur-Schau-Stellung: Bis ins 19. Jh. hinein
machte man sich ein Vergnügen daraus, die Patienten
und ihre Possen - gegen Eintrittsgeld - zu bestaunen.
Im 18./19. Jhd. z.T. übliche, ärztliche
Behandlungsmethoden:

große Mengen Blut abnehmen,

Patienten in Angst und Schrecken versetzen,

ins Wasser tauchen bis zum Eintritt der
Bewusstlosigkeit.
Ansatz der „moralischen Behandlung“

Im Zuge des Ansatzes der „moralischen Behandlung“ (Philippe
Pinel, 1793) wurden die Asylinsassen nicht mehr wie Tiere,
sondern wie kranke Menschen behandelt.

Die neu entstandenen Kliniken waren relativ klein angelegt und
meist privat gefördert. Hier lebten, arbeiteten und erholten sich
die Kranken in ruhiger und religiöser Atmosphäre.

In der zweiten Hälfte des 19. Jh.: Bau von großen staatlichen
Kliniken.
Rückkehr zur somatogenen Sichtweise

Ab Mitte des 19. Jh. vertraten die führenden Psychiater (Wilhelm
Griesinger und Emil Kraepelin) die Ansicht, dass für jede psychische
Störung eine physiologische Ursache spezifiziert werden könnte.

Mit der Entdeckung des Syphilis-Erregers (1905) konnte
erstmals ein Kausalzusammenhang zwischen Infektion,
Zerstörung bestimmter Bereiche des Gehirns und einer
psychischen Störung nachgewiesen werden.

Die Somatogenese gewann dadurch an Überzeugungskraft und die
Suche nach weiteren biologischen Ursachen begann.
Psychogenetische Vorstellungen

In Frankreich und Österreich vermutete man im ausgehenden
18. Jh. und während des ganzen 19. Jh. eine völlig andere Genese
der psychischen Krankheiten. Hier waren psychogenetische
Auffassungen in Mode.

Franz Anton Mesmer (1734-1815) entwickelte eine Vor-Form
von Hypnose.

Der bedeutende Pariser Neurologe Jean Martin Charcot (18251893) setzte Hypnose zur Behandlung hysterischer Zustände ein
(siehe Bild nächste Folie).
Psychogenetische Vorstellungen

In Frankreich und Österreich vermutete man im ausgehenden
18. Jh. und während des ganzen 19. Jh. eine völlig andere Genese
der psychischen Krankheiten. Hier waren psychogenetische
Auffassungen in Mode.

Franz Anton Mesmer (1734-1815) entwickelte eine Vor-Form
von Hypnose.

Der bedeutende Pariser Neurologe Jean Martin Charcot (18251893) setzte Hypnose zur Behandlung hysterischer Zustände ein.

Joseph Breuer (1842-1925) und Sigmund Freud (1856-1939)
begründen die Psychoanalyse.
Psychiatrie,
Anfang des 20. Jh.
als Verwahranstalt
Psychiatrie im Nationalsozialismus

1933 wurde im Rahmen einer politischen Kampagne gegen die
"Entartung des Volkes" und für die Verbesserung der
"Rassenhygiene" das "Gesetz zur Verhütung erbkranken
Nachwuchses" verabschiedet.

Dieses Gesetz erlaubte es, Patienten mit der Diagnose
"erbkrank" durch chirurgische Eingriffe zwangssterilisieren zu
lassen.

Der Begriff "Erbkrankheiten" wurde sehr weit gefasst. Er
schloss neben verschiedenen seelischen, geistigen und
körperlichen Behinderung auch Menschen mit schwerem
Alkoholismus oder "asozialem" Verhalten mit ein.
Geschätzte Opferzahlen des Rassenhygieneund Euthanasieprogrammes

Mindestens 5000 Kinder wurden durch Injektionen und
Nahrungsentzug getötet.

In der ersten Phase der sog. T4-Aktion wurden über 70.000
Patienten, in den Gaskammern der Vernichtungsanstalten
ermordet.

Durch die Aktion 14f 13 waren rund 20.000 KZ -Häftlinge
durch T4-Ärzte ausgesondert und vergast worden.

In den Ursprungsanstalten des Reichsgebietes verloren
mindestens 30.000 Menschen ihr Leben.

Dazu müssen mindestens je 10.000 psychiatrische Patienten
polnischer und sowjetischer Staatsangehörigkeit gezählt werden.

Insgesamt wurden ca. 145.000 Patienten ermordet, etwa
360.000 Menschen wurden zwangssterilisiert.
Reformen der letzten Jahrzehnte

Entdeckung wirksamer Psychopharmaka (erstmals in den
50er Jahren)

Psychiatriereform: Deinstitutionalisierung, Auflösung von
Großeinrichtungen; Überwindung des anstaltsmäßigen
Behandlungstyps, Prinzip „ambulant vor stationär“

Etablierung einer Sozialpsychiatrie: gemeindepsychiatrischer
Verbund und lebensfeldzentrierte Rehabilitation

Psychotherapie und psychosoziale Beratung: Ausbau des
fachklinischen und ambulanten Versorgungsnetzes
Entwicklung der SA in der Psychiatrie

In den 50er Jahren war die Betreuung von psychisch Kranken
die alleinige Domäne von Psychiatern und Pflegekräften.

Von den 60er Jahren bis heute: 1960 lag (bezogen auf die
stationäre Psychiatrie) das Betreuungsverhältnis „Sozialarbeiter psychisch Kranker“ statistisch gesehen bei 1 zu 10.000, heute
liegt es etwa bei 1 zu 23.

In Zukunft: Durch die zunehmende Etablierung einer
„Klinischen Sozialarbeit“ könnte die SA für die Betreuung von
psychisch- und suchtkranken Menschen nochmals an Bedeutung
gewinnen.
Wie gehen wir mit unseren
psychisch kranken Mitmenschen
heutzutage um?
Haben wir die Geschichte hinter
uns gelassen?
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