Costa Rica 18. – 31. Juli 2006 Leitung: Mag. Dr. Anton Weissenhofer Exkursionsbericht Exkursion für ErnährungswissenschafterInnen zur Vorlesung Humanökologie von Doz. Ao. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lötsch VORWORT Seit dem Bestehen der Tropenstation La Gamba im Jahre 1993, ist es ein Anliegen der Universität Wien, möglichst vielen StudentInnen die Vielfältigkeit und die Besonderheiten der Tropen zu zeigen. Aufgrund einer Initiative von Univ. Prof. Dr. Bernd Lötsch ist es gelungen, eine Lehrveranstaltung ins Leben zu rufen, die ErnährungswissenschafterInnen die Möglichkeit bietet, studienrelevante humanökologische Themen zu bearbeiten und die Problematik der Tropenländer anhand des Beispiellandes Costa Rica kennen zu lernen. Diese „Exkursion nach Costa Rica für ErnährungswissenschafterInnen“ fand heuer bereits zum vierten Mal statt. Die Exkursion führte uns von der Hauptstadt San José Richtung Norden zum Vulkan Poás und weiter zum Vulkan Arenal, wo wir unterschiedlichste Ökosysteme und Sukzessionsstadien kennen lernten. Entlang der Pazifikküste ging es Richtung Süden, wo wir den bekannten Nationalpark Manuel Antonio besuchten und dann weiter in die noch unberührte Gegend um den Golfo Dulce. Der Regenwald der Österreicher und die Tropenstation La Gamba mit ihren zahleichen Umweltschutzprojekten stellten einen zentralen Punkt der Exkursion dar, ebenso wie das Kennenlernen tropischer Früchte, Anbaumethoden von Cash-Crops und die Problematik der Landwirtschaft in den Tropen. Die Erlebnisse und die Begeisterung der StudentInnen für dieses Land war so groß, dass man sich kurzum entschloss, einen Exkursionsbericht zu gestalten, der das Land als ganzes vorstellen soll und den üblichen Rahmen eines Protokolls sprengt. Der vorliegende Bericht enthält Tagesprotokolle, die den Ablauf und das Gesehene der gesamten Exkursion chronologisch wiedergeben. Ein zweiter Teil stellt das Land Costa Rica vor. Allgemeine Kapitel wie Geschichte, Politik, Geografie und Geologie geben eine gute Einführung in die Landeskunde und ausgewählte biologische Themen zeigen die Vielfalt und Komplexität der tropischen Ökosysteme. Großer Dank gilt allen TeilnehmerInnen, die sich für das Gelingen des Skriptums eingesetzt haben. Ganz besonderer Dank gebührt den beiden Redakteurinnen Theresia Fastian und Barbara VobrovskySimon, die zahlreiche Arbeitsstunden zur Realisierung dieses Bandes investierten. Dem Leser wünschen wir viel Freude damit. Pura vida! Anton Weissenhofer Costa Rica. Das Gefühl, wenn man das erste Mal mitten im Regenwald steht, umgeben von riesigen Bäumen und rundherum alles grün, ist unbeschreiblich. Ab und zu ist durch das dichte Blätterdach der Himmel zu sehen und bei jedem Schritt sind neue, unbekannte Pflanzen und Tiere zu entdecken. Abenteuer pur! Von der Möglichkeit nach Costa Rica zu fahren, erfuhren die meisten von uns wohl in der Vorlesung Humanökologie. Als wir uns dann, Mitte Dezember 2005, das erste Mal trafen, konnte sich aber wahrscheinlich keiner genau vorstellen, was uns erwarten würde. Gebannt lauschten wir dem Vortrag über das unbekannte Land, das es zu entdecken galt. Groß war die Neugierde und viele Fragen wurden gestellt, die mit Geduld und Begeisterung von unserem Exkursionsleiter Mag. Dr. Anton Weissenhofer, beantwortet wurden. 1 Bis wir aber endlich unsere Füße auf den Boden Costa Ricas stellen durften, verging noch ein halbes Jahr, welches wir nützten, uns besser kennen zu lernen. Voller Diskussionen über Gepäck und Reiseapotheke, Anzahl der mitzunehmenden Fotofilme, Kleidung, die besten Reiseführer, notwendigen Impfungen und die beste Art seinen Koffer zu packen, verbrachten wir unsere Treffen. Nach langem Flug und mit sehr großer Spannung in San José angekommen, begrüßte uns das Land mit strömenden Regen. Auch in den nächsten zwei Wochen war der Regen unser ständiger Begleiter, was uns aber nicht daran hinderte tiefer in das Land und seine Natur einzutauchen. So fuhren wir von San José aus zu den Vulkanen Poás und Irazú; und in den Norden, wo wir den Río Frío und den Nationalpark Arenal mit seinen Hängebrücken unsicher machten. Bevor es dann endlich zum Regenwald der Österreicher, hinunter in den Süden ging, erkundeten wir noch den Nationalpark Manuel Antonio, und genossen die warmen Buchten des Pazifiks. Doch auch in der Tropenstation hatten wir kaum Gelegenheit durchzuatmen. So durchquerten wir den Esquinas Nationalpark, machten eine Bootstour in die Mangroven, besuchten eine Reisfabrik und einen Früchtegarten. Einer der Höhepunkte war die Nachtwanderung durch den Regenwald um die Tropenstation herum. Es blieb also kaum Zeit die vielen neuen Eindrücke auf uns wirken zu lassen, die fremde Kultur, die freundlichen Menschen, die bisher unbekannte Tier- und Pflanzenwelt, und vieles mehr. Mit diesem Exkursionsbericht versuchten wir unsere Eindrücke und das Erlebte festzuhalten. Der Bericht umfasst Tagesprotokolle, beginnend vom Betreten Costa Ricas bis hin zum Verlassen des Landes, sowie Spezialteile, die sich vertiefend mit der costaricanischen Natur und Kultur beschäftigen und auseinandersetzen. Wir möchten uns hiermit speziell bei Mag. Dr. Anton Weissenhofer bedanken, der uns, mit seinem großen Fachwissen und seiner nahezu unerschöpflichen Geduld, das Land und die Natur näher brachte, sowie bei Doz. Ao. Univ.-Prof Dr. Bernd Lötsch, der diese Exkursionen für ErnährungswissenschafterInnen ins Leben gerufen hat. Außerdem einen herzlichen Dank den MitarbeiterInnen der Tropenstation La Gamba und allen anderen Personen, die uns dieses einmalige Erlebnis ermöglichten. Die Redaktion v.l.n.r. hinten: Besitzerin des Kräutergartens in La Fortuna, Mario Auer, Franziska Schrempf, Bernadette Binder, Monika Praschberger, Andrea Pichlmaier, Gina Phillip, Stefanie Pichler, Theresia Fastian, Julia Kerschbaum, Ines Faber, Christian Kolowratnik, Roswitha Stieglmayer, Barbara Vobrovsky-Simon, Joachim Simon v.l.n.r. vorne: Birgit Jogl, Ursula Bachlechner, Barbara Rittmannsberger, Birgit Wondratsch, Elisabeth Wurglits, Michaela Seiz, Tatjana Koukal, Walpurga Goebel, Barbara Lukasch 2 Costa Rica 2006 Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS Seite Vorwort ..................................................................................................................................... 1 TEIL I: REISEROUTE UND PROTOKOLLE Reiseroute .................................................................................................................................. 8 Vulkan Irazú und Cartago ....................................................................................................................9 Donnerstag, 20. 07. 2006 Nationalpark Vulkan Poás, La Fortuna, Vulkan Arenal .................................................................11 Freitag, 21. 07. 2006 Fahrt nach Los Chiles, Bootsfahrt auf dem Río Frío........................................................................12 Samstag, 22. 07. 2006 Vulkan Arenal und Arenal-Hängebrücken .......................................................................................14 Sonntag, 23. 07. 2006 Kräutergarten und Manuel Antonio ..................................................................................................17 Montag, 24. 07. 2006 Nationalpark Manuel Antonio und Fahrt zum „Regenwald der Österreicher“ ............................19 Dienstag, 25. 07.2006 Wanderung im „Regenwald der Österreicher“, Besichtigung der Tropenstation.........................23 Mittwoch, 26. 07. 2006 Durchwanderung des Esquinas-Waldes zum Playa San Josésito ....................................................25 Donnerstag, 27. 07. 2006 Golfito, Mangroventour, Strand von Zancudo, Golfo Dulce, Nachtwanderung ............................28 Freitag, 28. 07. 2006 Reisfabrik und Tropical Paradise Garden.........................................................................................31 Samstag, 29. 07. 2006 Besuch der Ortschaft „La Gamba“ ....................................................................................................32 Sonntag, 30. 07. 2006 Rückfahrt nach San José .....................................................................................................................33 Montag, 31. 07. 2006 Tag der Abreise, San José Stadtrundgang – Shopping – Heimflug.................................................36 Dienstag, 01. 08. 2006 TEIL II: LANDESKUNDE 2.1 Geografie und Klima ........................................................................................................ 39 2.1.1 Geografie.......................................................................................................................................39 2.1.2 Klima.............................................................................................................................................42 3 Costa Rica 2006 Inhaltsverzeichnis 2.2 Vulkanismus...................................................................................................................... 48 2.2.1 Allgemeine Einführung in die Vulkanologie ................................................................................48 2.2.2 Vulkane und Menschen Weltweit .................................................................................................53 2.2.3 Costa Rica – Entstehung der mittelamerikanischen Landbrücke ..................................................55 2.2.4 Vulkane Costa Ricas .....................................................................................................................56 2.3 Nationalparks in Costa Rica............................................................................................ 63 2.3.1 Die Bedeutung von Nationalparks ................................................................................................63 2.3.2 Historie der Nationalparks in Costa Rica ......................................................................................63 2.3.3 Kategorieeinteilung von Schutzzonen...........................................................................................63 2.3.4 Die Finanzierung der Nationalparks..............................................................................................64 2.3.5 Defizite bei der Umsetzung der Naturschutzpolitik ......................................................................65 2.3.6 Von uns besuchte Nationalparks ...................................................................................................65 TEIL III: GESCHICHTE UND POLITIK 3.1 Geschichte ......................................................................................................................... 69 3.1.1 Vom Ursprung der menschlichen Besiedelung .............................................................................69 3.1.2 Neuzeit ..........................................................................................................................................69 3.1.3 Zeittafel .........................................................................................................................................72 3.2 Die Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen ........................................................ 75 3.2.1 Einleitung ......................................................................................................................................75 3.2.2 Historischer Rückblick..................................................................................................................76 3.2.3 Die Verfassung von 1949..............................................................................................................77 3.2.4 Resümee ........................................................................................................................................81 TEIL IV: ÖKONOMIE UND LANDWIRTSCHAFT 4.1 Ökonomie .......................................................................................................................... 83 4.1.1 Basisdaten .....................................................................................................................................83 4.1.2 Wirtschaftslage..............................................................................................................................83 4.1.3 Schlussfolgerungen für die Zukunft ..............................................................................................86 4.2 Landwirtschaft und Cash-Crops..................................................................................... 87 4.2.1 Allgemeines zur Landwirtschaft ...................................................................................................87 4.2.2 Allgemeines zu den Cash-Crops ...................................................................................................87 4.2.3 Die Cash-Crops Costa Ricas .........................................................................................................88 4.2.4 Chiquita Brands International – United Fruit Company ...............................................................95 TEIL V: BIOLOGISCHE ASPEKTE 5.1 Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald........................................................ 98 5.1.1 Die tropischen Lebensräume.........................................................................................................99 5.1.2 Regenwaldtypen............................................................................................................................99 5.1.3 Struktur und Lebensformen tropischer Regenwälder..................................................................100 5.1.4 Pionier- und Klimaxarten............................................................................................................107 5.1.5 Besonderheiten tropischer Pflanzen ............................................................................................109 4 Costa Rica 2006 Inhaltsverzeichnis 5.2 Tropische Früchte .......................................................................................................... 112 5.2.1 Anacardiaceae: Sumachgewächse...............................................................................................112 5.2.2 Annonaceae: Rahmapfelgewächse..............................................................................................113 5.2.3 Arecaceae: Palmen ......................................................................................................................114 5.2.4 Bromeliaceae: Bromeliengewächse ............................................................................................115 5.2.5 Caricaceae: Melonenbaumgewächse...........................................................................................116 5.2.6 Convolvulaceae: Windengewächse.............................................................................................116 5.2.7 Euphorbiaceae: Wolfsmilchgewächse.........................................................................................117 5.2.8 Fabaceae: Schmetterlingsgewächse ............................................................................................117 5.2.9 Lauraceae: Lorbeergewächse ......................................................................................................117 5.2.10 Lecythidaceae: Deckeltopfbäume .............................................................................................118 5.2.11 Malvaceae: Malvengewächse....................................................................................................119 5.2.12 Mimosaceae: Mimosengewächse..............................................................................................119 5.2.13 Moraceae: Maulbeergewächse ..................................................................................................120 5.2.14 Musaceae: Bananengewächse ...................................................................................................120 5.2.15 Myrtaceae: Myrthengewächse...................................................................................................121 5.2.16 Oxalidaceae: Sauerkleegewächse..............................................................................................122 5.2.17 Passifloraceae: Passionsblumengewächse.................................................................................123 5.2.18 Poaceae: Süßgräser....................................................................................................................123 5.2.19 Proteaceae: Proteusgewächse....................................................................................................124 5.2.20 Rubiaceae: Krappgewächse.......................................................................................................125 5.2.21 Rutaceae: Rautengewächse .......................................................................................................125 5.2.22 Sapindaceae: Seifenblumengewächse .......................................................................................127 5.2.23 Sapotaceae: Breiapfelgewächse ................................................................................................128 5.2.24 Solanaceae: Nachtschattengewächse.........................................................................................128 5.3 Tropische Kräuter und Gewürze .................................................................................. 129 5.3.1 Apiaceae: Doldenblütler..............................................................................................................129 5.3.2 Asteraceae: Korbblütler...............................................................................................................129 5.3.3 Equisetaceae: Schachtelhalmgewächse.......................................................................................129 5.3.4 Lamiaceae: Lippenblütler............................................................................................................130 5.3.5 Lauraceae: Lorbeergewächse ......................................................................................................130 5.3.6 Liliaceae: Liliengewächse ...........................................................................................................130 5.3.7 Myristicaceae: Muskatnussgewächse..........................................................................................131 5.3.8 Myrtaceae: Myrtengewächse.......................................................................................................131 5.3.9 Piperaceae: Pfeffergewächse.......................................................................................................132 5.3.10 Poaceae: Süßgräser....................................................................................................................132 5.3.11 Zingiberaceae: Ingwergewächse ...............................................................................................133 5.4 Reptilien und Amphibien............................................................................................... 135 5.4.1 Einleitung ....................................................................................................................................135 5.4.2 Ausgewählte Amphibien Costa Ricas .........................................................................................135 5.4.3 Ausgewählte Reptilien Costa Ricas ............................................................................................138 5.5 Vögel ................................................................................................................................ 147 5.5.1 Apodiformes (Seglervögel) .........................................................................................................147 5.5.2 Passeriformes (Sperlingsvögel)...................................................................................................148 5.5.3 Trogoniformes (Trogone)............................................................................................................150 5.5.4 Falconiformes (Greifvögel).........................................................................................................150 5.5.5 Pelecaniformes (Ruderfüßer) ......................................................................................................151 5.5.6 Ciconiiformes (Schreitvögel) ......................................................................................................153 5.5.7 Galliformes (Hühnervögel) .........................................................................................................156 5.5.8 Charadriiformes (Regenpfeiferartige) .........................................................................................156 5 Costa Rica 2006 Inhaltsverzeichnis 5.6 Säugetiere ........................................................................................................................ 158 5.6.1 Primates (Affen)..........................................................................................................................158 5.6.2 Rodentia (Nagetiere) ...................................................................................................................159 5.6.3 Microchiroptera (Fledermäuse)...................................................................................................160 5.6.4 Carnivora (Raubtiere)..................................................................................................................161 5.6.5 Folivora (Faultiere) .....................................................................................................................163 5.6.6 Wo man Säugetiere am besten findet ..........................................................................................164 5.7 Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren .............................................................. 166 5.7.1 Einleitung ....................................................................................................................................166 5.7.2 Bestäubung..................................................................................................................................166 5.7.3 Samenverbreitung........................................................................................................................168 5.7.4 Beziehung zwischen Ameisen und Pflanzen...............................................................................171 5.7.5 Tarnung .......................................................................................................................................174 TEIL VI: DAS PROJEKT „REGENWALD DER ÖSTERREICHER“ 6.1 Das Projekt „Regenwald der Österreicher“....................................................................................178 6.2 Die Tropenstation „La Gamba“......................................................................................................179 6.3 Die „Esquinas Rainforest Lodge“ ..................................................................................................181 TEIL VII: KULINARISCHE KÖSTLICHKEITEN 7.1 Allgemeiner Überblick...................................................................................................................184 7.2 Rezepte zur Verwendung von tropischem Gemüse .......................................................................186 7.3 Nationalgerichte und andere kulinarische Köstlichkeiten..............................................................188 7.4 Cocktails & Co...............................................................................................................................192 6 Teil I Reiseroute und Protokolle 7 Costa Rica 2006 Protokolle PROTOKOLLE Reiseroute 8 Costa Rica 2006 Protokolle Vulkan Irazú und Cartago DONNERSTAG, 20. 07. 2006 (Barbara Rittmannsberger, Walpurga Goebel) Frühstück bereits ab 6:30 Uhr, da wegen der Zeitumstellung alle früh munter sind. Es gibt am Buffet: Gallo pinto (Reis mit schwarzen Bohnen) dazu Eierspeise, Würstchen, frische Früchte (Ananas, Papaya, Wassermelone und selbstverständlich Bananen) und allerlei ganz Gewöhnliches (Müsli, Brot, Marmelade, Käse, etc.). Um 8:00 Uhr ist Abfahrt mit dem Bus in Richtung des höchsten, aktiven Vulkan des Landes (Vulkan Irazú 3.432 m). Um 8:10 Uhr machen wir einen Stopp bei dem ersten costaricanischen Supermarkt, den wir auf unserer Reise besuchen. Alle schauen sich das Sortiment an und entdecken unter den vielen fremden doch einige uns bekannte Marken (Pringles, Kellogs, Kinderschokolade, etc.), die meisten KollegInnen kaufen Trinkwasser. Auf der Weiterfahrt werden die Themen für den Exkursionsbericht verteilt und kurz besprochen. Der Weg führt uns über die Interamerikana (wichtigste Durchzugsstraße des Landes; sie verläuft durch ganz Amerika d.h. von Alaska bis Feuerland, mit einer kurzen Unterbrechung in Panama) durch die ehemalige Hauptstadt von Costa Rica (Cartago), die wir jedoch erst später an diesem Tag besuchen wollen. Um 8:50 Uhr bleiben wir bei einem Aussichtspunkt stehen, von dem man einen wunderschönen Blick, zwischen den Wolken hindurch, auf Cartago hat. Neben dem für uns exotischen Kolibri, entdecken wir ein Hörnchen und eine ganz gewöhnliche Kuhherde. Kurz darauf folgt ein weiterer Stopp, bei dem wir eine, für diese Region typische, costaricanische Eiche, Quercus costaricensis (Fagaceae), sehen, auf der ein leuchtend oranger Hemiparasit (Psittacanthus schiedeanus, Loranthaceae) wächst. Dort posiert ein Kolibri für unsere gezückten Kameras. Um 10:40 Uhr erreichen wir den Nationalpark Vulkan Irazú. Der Name Irazú geht auf eine Indianersiedlung zurück – Izataru – was soviel bedeutet wie „donnernder und zitternder Berg“. Der Nationalpark wurde 1955 gegründet und ist damit der älteste von Costa Rica. Er umfasst ein Gebiet von 2.300 ha von primären Berg- und Nebelwäldern. Wir stürmen gleich zum Hauptkrater (1 km Durchmesser und 300 m Tiefe), da dieser gerade nicht vom Nebel bedeckt ist. Der Kratersee, welcher sich am Grund gebildet hat, ist von eindrucksvoller grün-gelblicher Farbe, die durch Mineralstoffe (Schwefel) und Algen verursacht wird. Der See wird von Regenwasser gespeist und ist nicht heiß. Auf Grund der Witterung (Wind, Kälte, sehr mineralhältiger Boden) gibt es nur spärlichen Bewuchs. Die Pflanzen haben Schwierigkeiten auf der Ebene zu wachsen und brauchen lange bis sie sich festsetzten können. Wenn sie dies allerdings einmal geschafft haben, können an diesem Fleck auch andere Pflanzen wachsen und es kann sich durch den organischen Abfall Erde bilden. Erstbesiedler sind oft Flechten. Sie können Säure ausscheiden und dadurch Nährstoffe aus dem Muttergestein herauslösen. Grundsätzlich wachsen Pflanzen hier eher niedrig, um die Wärme des Bodens auszunutzen und als Schutz vor dem Wind. Auf dem Hochplateau des Kraters befindet sich während der Regenzeit ein kleiner See, in dessen Randzonen Sauergras – Arten der Gattung Carex – wächst. Ganz typisch für vulkanischen Boden ist Gunnera insignis (Gunneraceae), welche eine Symbiose mit Blaualgen eingeht und dadurch auf diesen Böden wachsen kann. Die Costaricaner nennen diese Pflanze „sombrilla de pobre“, was soviel bedeutet wie „Regenschirm der Armen“. Des Weiteren entdecken wir eine Johanniskrautart Hypericum sp. (Hypericaceae), das Maiglöckchengewächs Maianthemum gigas (Convallariaceae) und verschiedene Sträucher. Anhand derer erklärt Anton uns das Mikroklima (d.h. es herrscht innerhalb des Strauchs ein völlig anderes Klima als außerhalb und es können sich daher auch andere Pflanzen ansiedeln). Ein Strauch mit ledrigen Blättern ist das 9 Costa Rica 2006 Protokolle Myrtengewächs Ugni myrtilloides (Myrtaceae); es finden sich auch Erikagewächse Vaccinium spp, Gaultheria sp. (Ericaceae) und Sauerampfer Rumex sp. (Polygonaceae). Um 11:05 Uhr machen wir unser erstes Gruppenfoto vor dem Kratersee. Um 12:20 Uhr rasten wir vor dem Souvenirgeschäft und Anton erzählt uns die Geschichte vom letzten großen Ausbruch des Vulkans am 13. März 1963, als sich zu dieser Zeit gerade der amerikanische Präsident John F. Kennedy in Costa Rica aufhielt. Damals wurde ein großer Teil des Valle Central mit Asche bedeckt. Um 12:50 Uhr verlassen wir den Vulkan und brechen Richtung Cartago auf. Um 13:30 Uhr kommen wir in Cartago an und stürmen gleich zur Markthalle, auf der Suche nach einem guten Mittagessen. Die Markthalle besteht aus vielen, verwirrenden Gängen, wo man nicht nur Lebensmittel aller Art bekommt, sondern auch Gebrauchsgegenstände des Alltags (Töpfe, Macheten, Hängematten, Schuhe, Hüte...). Dazwischen finden sich kleine „Sodas“ in denen man gut und günstig die einheimische Küche genießen kann. Für die Gruppe gibt es Casado – das ist ein traditionelles costaricanisches Gericht und bedeutet soviel wie „verheiratet“. Es besteht aus Reis, Bohnen, Kochbananen, gekochten Gemüse und Salat, dazu kann man zwischen Fleisch (die unterschiedlichsten Sorten und auf verschiedene Weisen zubereitet) Fisch oder manchmal auch Käse wählen. Zum Trinken gibt es Cas oder Tamarinde – beides sind sehr erfrischende Fruchtsäfte. Nach dem Essen erkunden wir den Markt und Anton macht uns mit den verschiedensten Frucht- und Gemüsearten der Gegend vertraut, einige davon werden auch verkostet: • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Chayote – Sechium edule (Jacq.) Sw. (Cucurbitaceae) Avocado – Persea americana P. Mill. (Lauraceae) Mango – Mangifera indica L. (Anacardiaceae) Papaya – Carica papaya L. (Caricaceae) Koriander – Coriandrum L. (Apiaceae) Kokosnuss – Cocos nucifera L. (Arecaceae) Zuckerrohr – Saccharum officinarum L. (Poaceae) Rahmapfel – Annona squamosa (Annonaceae) Stachelannone, Sauersack – Annona muricata (Annonaceae) Rote Mombinpflaume – Spondias purpurea L. (Anacardiaceae) Pfirsichpalme – Bactris gasipaes Kundt (Arecaceae) Amazonas-Guave, Arazá – Eugenia stipitata McVaugh (Myrtaceae) Rambutan – Nephelium lappaceum L. (Sapindaceae) Tamarinde – Tamarindu indica (Mimosaceae) Brotfruchtbaum – Artocarpus altilis (Moraceae) Costaricanische Guave, Cas – Psidium friedrichsthalianum (Myrtaceae) Guave, Gujavabaum – Psidium guajava (Myrtaceae) Wasserapfel, Apfeljambuse – Syzygium malaccense (Myrtaceae) Lulu-Frucht, Naranjilla – Solanum quitoense (Solanaceae) Assaipalme, Palmherzen – Euterpe edulis und andere Arten (Areceae) Um 15:00 Uhr verlassen wir den Markt und machen eine kleine Stadterkundung. Zuerst kommen wir auf den „Parque Central“, wo sich die Ruine der alten Kirche befindet. Sie wurde bei einem Erdbeben 1910 zerstört. Leider können wir die Ruine nur von außen besichtigen, da sie für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Wir nützen die ehrwürdigen Mauern gleich als Hintergrundbild für ein weiteres Gruppenfoto und marschieren dann weiter zum ehemaligen Regierungsgebäude, dem ältesten Gebäude der Stadt, das wir jedoch ebenfalls nur von außen bewundern können. Um 15:20 Uhr erreichen wir die Basilica de Nuestra Señora de Los Angeles, das wichtigste religiöse Zentrum des Landes und einer der wichtigsten Pilgerstätte in Mittelamerika. Vor allem am 2. August, dem Jahrestag der Erscheinung, kommen Pilger aus allen Landesteilen und auch aus Panama und Nicaragua zu dieser Weihstätte, einige demütig auf Knien rutschend. Die Basilika wurde 1926 erbaut und es rankt sich eine Legende um sie: An dieser Stelle, damals noch außerhalb der Stadt, hatte das Indianermädchen Juana Pereira im Jahre 1635 eine Marienfigur auf einem Stein gefunden. Nach der 10 Costa Rica 2006 Protokolle Überlieferung kehrte die Figur zweimal auf wundersame Weise an den gleichen Platz zurück, was als ein Zeichen Gottes gewertet wurde, hier eine Kirche zu erbauen. Von außen mag die Kirche nicht jedermanns Geschmack sein, aber das Innere ist mit Holz vertäfelt und wirklich sehenswert. Unterhalb der Basilika bewundern wir den besagten Stein und sehen auch kleine silberne Anhänger in Form von Menschen, einzelnen Körperteilen und Arbeitsutensilien, die den Pilgern für die Heiligenverehrung und Fürbitten zur rituellen Verfügung stehen. Um 16:45 Uhr verlassen wir Cartago und machen uns auf den Weg zurück nach San José, wieder über die Interamerikana. Wir kommen um 17:30 Uhr im Hotel an, beschließen noch gemeinsam durch die Stadt zu spazieren und in der Stadt zu Abend zu essen (18:30 Uhr, bei Manolo’s Churreria). Um 21:00 Uhr kommen wir müde und erschöpft von unserem ersten Tag in Costa Rica nach Hause und gehen schlafen. Nationalpark Vulkan Poás, La Fortuna, Vulkan Arenal FREITAG, 21. 07. 2006 (Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer) 6.30 – 7.30 Uhr: Frühstück in San José, Hotel Fleur de Lys. Es gibt Gallo pinto, Rührei, Würstel in Tomatensoße, Obst (Ananas, Papaya, Wassermelone, Banane), Brot, Muffins, Käse, Kuchen, Müsli, Kaffee, Tee, Fruchtsäfte. 7.45 Uhr: Abfahrt zum Vulkan Poás mit Zwischenstopp am Flughafen wegen dem verschollenen Koffer von Birgit, leider erfolglos. Verkostung von Guaba, (Inga edulis Mart., schwertförmige Frucht, „Zuckerl” der Ticos). Die Reiseroute führt uns durch die Provinz Alajuela (Valle Central, Schatzkammer des Landes). Auf den fruchtbaren Böden in der Höhe von 1.000 m bis 1.700 m wachsen Kaffeesträucher, die der Hochebene Wohlstand und Reichtum brachten. 10:00 – 10:30 Uhr: Zwischenstopp im „Café de la Casa” umgeben von Kaffeeplantagen. Angebaut werden hauptsächlich die Arten „Arabica” (Coffea arabica) und „Robusta” (Coffea canephora). Die „Robusta”-Bohne wird zu 5 % zu Kaffeemischungen beigefügt. Das Ursprungsland der Kaffeebohne ist Äthopien. Neue Anbauländer drücken den Marktpreis zusätzlich. Der Kaffeepreis wird jetzt in New York bestimmt, in einem Verbraucherland, nicht mehr in einem Produktionsland. Das führt dazu, dass der Preis in manchen Jahren so stark fällt, dass die Oligarchen die Ernte verfaulen lassen, da es nicht mehr rentabel genug ist die Kaffeebohnen zu ernten. Außerdem wird in der Region Farn- und Erdbeeranbau betrieben. Die Farne dienen hauptsächlich als Schnittpflanzen für den Export. 11:00 Uhr Ankunft im Nationalpark Vulkan Poás. Wanderung zum Krater des Poás. Glücklicherweise verziehen sich bei unserer Ankunft die Wolken und ermöglichen uns einen herrlichen Blick auf den größten Vulkankrater (Durchmesser: 1,5 km; Tiefe: 300 m) des Landes, 37 km nördlich von Alajuela und 2.704 m hoch. Letzter Ausbruch war 1978, es steigt noch immer schwefeliger Rauch auf. Die Fumerolen waren deutlich zu hören und die gelben, schwefeligen Ablagerungen am Ufer des Vulkansees deutlich zu sehen. Durch den Schwefel ist das Wasser grüngelb gefärbt. Danach geht es durch den Nationalpark, abseits der „Autobahn” (Abkürzung über den Trampelweg) zum Nebenkrater Laguna Botos. Hier findet auch die erste Begegnung mit Kolibris statt. Am Rückweg erfahren wir am eigenen Leib, warum der Regenwald „Regenwald” heißt und warum Anton bei der Vorbesprechung auf guten Regenschutz gepocht hatte! Teilweise nass bis auf die Knochen, 11 Costa Rica 2006 Protokolle versuchen wir uns beim Shop notdürftig zu trockenen, ehe wir uns auf den Weg über Valle Virgen nach La Fortuna (14:30 Uhr) machen. Beim Verlassen des Nationalparks ist unser erster Zwischenstopp bei einem kleinen Geschäft, das typische regionale Köstlichkeiten verkauft (Erdbeeren, Schokokaffeebohnen, Wein, Kaffeelikör,…). Nach kurzer Fahrt sind wir beim „Wasserfall des Friedens” (La Paz) angelangt, wo wir wieder einige Fotos schießen. Es folgt ein Besuch in einem sehr eigenwilligen kleinen „Museums-Imbiss-Häuschen”, namens La Cichnona. Dort können wir Vogelspinnen und Kolibris aus nächster Nähe beobachten (außerdem Erdbeerfrösche und Leguane „made in China“…). 16:00 Uhr Abfahrt nach La Fortuna 18:25 Uhr Ankunft in der Stadt La Fortuna Während der Dämmerung fotografieren wir den Vulkan Arenal. 19:05 Uhr krönender Abschluss des Tages! Wir fahren zu einem Aussichtspunkt und beobachten in der Dunkelheit die Lavaerruptionen des Vulkans – ein sehr schönes und faszinierendes Erlebnis! 20:00 Uhr Ankunft in der Lodge „La Catarata” (gefördertes Projekt vom WWF Kanada, das von Einheimischen geführt wird). 20:30 Uhr Abendessen Es werden landestypische Spezialitäten aufgetischt: frittierter Maniok, Fisch, Putenfleisch, Huhn, Rindfleisch, Reis mit Palmherzen,… Heiterer Ausklang des Abends mit der Geburtstagsfeier für Birgit Wondratsch, wobei wir costaricanischen Rum und eine lustige Geburtstagstradition (Tortencreme ins Gesicht) kennenlernen. Fahrt nach Los Chiles, Bootsfahrt auf dem Río Frío SAMSTAG, 22. 07. 2006 (Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits) Zum Frühstück gibt es Palatschinken mit Ahornsirup, Früchte, Gallo pinto, Toastbrot, 3 Sorten Marmelade, Eierspeise, sehr guten Kaffee, Tee und Orangensaft. 8:15 Uhr: Abfahrt vom Hotel nach Los Chiles. Auf dem Weg sehen wir Kühe, Maniok, Palmen und Pferde. Es gibt wenige Vögel, was auf den reichlichen Regen zurückzuführen ist. Wenn Blüten und Früchte durch die Nässe faulen, verschwindet die Nahrungsquelle der Vögel und sie wandern ab. Die großen Vögel die am Straßenrand auf Bäumen sitzen sind Neuweltgeier (Raben-, und Truthahngeier). Sie haben einem ausgeprägten Geruchssinn und sind mit den Störchen verwandt. Wir fahren an jungen Ananasplantagen und Lagerstroemia speciosa vorbei, einen Baum mit rosa Blüten der aus Asien stammt. Es ist bewölkt und schwül. Der Bus stoppt an einem Geschäft und einer Brücke. Auf Antons Anraten hin, nehmen wir den Fotoapparat mit. Einige von uns gehen Wasser kaufen, die anderen gehen gleich zur Brücke, wo schon Leute stehen und hinuntersehen. In den Bäumen über dem Fluss sitzen massenhaft grüne Leguane (Iguana iguana) – „grüner" Leguan deshalb, weil die juvenile Form blitzgrün ist. Sie fressen die Blätter von verschiedensten Bäumen und werden wegen ihres guten Fleisches gezüchtet. Sie sind gute Futterverwerter und schon nach zwei Jahren schlachtreif. Der Geschmack wird – wie fast immer wenn der Geschmack unbeschreiblich ist – als hühnchenartig beschrieben. Wir fahren weiter und kosten im Bus ein Gelee aus Psidium guajava (Myrtaceae), der Guave, aber keinem schmeckt es so wirklich und es dreht im Bus mindestens drei Runden. 12 Costa Rica 2006 Protokolle Unser Weg führt uns durch die Ebene von San Carlos und wir sehen den Río San Juan. Hier formen kleine Bäche die Landschaft, die daher hügelig ist. An der Straßenseite sitzt ein „Road Side Hawk" und Rafa, unser Buschauffeur, fährt für uns ein Stück zurück um den Greifvogel fotografieren zu können. Bei der Weiterfahrt säumen meterhohe rote Hibiskusbüsche den Weg. Orangenbäume sowie auch Zuckerrohr werden hier kultiviert. Oft sieht man die Rotlehmerde hervorschauen. Die Böden sind ausgewaschen, die Humusschicht ganz dünn oder nicht vorhanden, weil der klimabedingte, schnelle Stoffwechsel das nicht zulässt; der Nährstoffkreislauf ist kurz und Laub und Humus werden sofort wieder verbraucht. Einzig Eisen und Aluminiumoxide werden in den oberen Bodenschichten festgehalten und nicht ausgewaschen, wodurch es zu einer Anreicherung dieser Elemente kommen kann. Weil sich 90 % der Nährstoffe in den oberen 10 cm der Erdschicht befinden, sind hier vorrangig Flachwurzler und keine Tiefwurzler zu finden. Gut für die Landwirtschaft sind Böden an Vulkanhängen und in Überschwemmungsgebieten von Flüssen. Es gibt Schwarz- und Weißwasserflüsse. Ein gutes Beispiel für einen Schwarzwasserfluss ist der „Río Negro". Er enthält keine Nährstoffe und sein Überschwemmungsgebiet bietet auch nichts für die Landwirtschaft. Seine Farbe ist bedingt durch Huminsäuren. Es leben wenige Fische in ihm und auch wenig Gelsenlarven. (Ein Beispiel für einen Weißwasserfluss ist der Amazonas, wo das Wasser nährstoffreich ist.) Wir legen einen Stopp ein, denn zu unserer Rechten sitzen Brüllaffen (Alouatta palliata) in den Baumkronen. Sie leben gerne in lichteren Waldstellen, in Sekundärwäldern und besonders in Waldresten, entlang von Flüssen. In Costa Rica gibt es vier Affenarten: Totenkopfäffchen, Weißkopfkapuzineraffen, Brüllaffen und Spinnenäffchen. Diese Neuweltaffen, auch „Breitnasenaffen“ genannt – sind, mit Ausnahme des Menschen, die einzigen lebenden Primaten auf dem amerikanischen Kontinent. Die meisten sind Allesfresser, einzig die Brüllaffen sind rein vegetarisch was man gut an ihrem gedrungenen Körperbau erkennen kann. Brüllaffen treten in Gruppen bis zu 20 Mitgliedern auf, bei den Totenkopfäffchen sind es bis zu 100 Mitgliedern. Um 10:30 Uhr kommen wir in Los Chiles an. Wir gehen die letzten Schritte zum Río Frío zu Fuß, alle haben sich schon im Bus mit viel Gelsenschutzmittel eingerieben. Der Río Frío führt mehr Wasser als in der Trockenzeit und mit einem etwas mulmigem Gefühl, aber der Gewissheit dass es hier keine Krokodile gibt, steigen wir in das Boot ein. Wir sehen: • Kormorane (Phalacrocorax carbo), die auf einem Baumstamm sitzen und ihr Gefieder trocknen, denn sie können es aufgrund ihrer verkümmerten Pürzeldrüse nicht einfetten. Das ermöglicht ihnen bei der Jagd nach Fischen unter Wasser zu tauchen. • Guajave (Psidium guajava) (Myrtaceae), Baum mit weißen Blüten. • Eisvogel (Alcedo atthis) • Silberreiher (Casmerodius albus), der Schnabel wird je nach Jagdverhalten geformt. • Brüllaffen (Alouatta palliata) • Schlangenhalsvogel (Anhingidae), er spießt unter Wasser Fische auf, wirft sie in die Luft, dann erst frisst er sie. • Passerinitangar (Ramphocelus passerinii, Scarlet Rumped Tanager), schwarzer Vogel mit rotem Fleck am Rücken. • Fliegenschnäpper (Muscicapidae, Fly Catcher), ökologisch sehr wichtige Gruppe. Er gibt „Bem ti vi"-Rufe von sich (bedeutet „Hab dich schon gesehen“ auf Portugiesisch). • Pachira aquatica (Bombacaceae), dieser Baum hat große braune Früchte die 2 – 3 kg schwer sind. Die Samen, die darin enthalten sind, sind sehr fett, sie werden aber nicht genutzt. • Ein Termitenbau sitzt in einer Astgabel. • Guan (Chachalaca) – ein huhnähnlicher Vogel Es ist 11:30 Uhr, wir hören Brüllaffen und immer wieder riechen wir die Abgase unseres Bootes. Viele Pflanzen blühen in der Trockenzeit und die Früchte reifen dann in der Regenzeit, denn die Bestäuber sind eher in der Trockenzeit vorhanden. 13 Costa Rica 2006 • • Protokolle Seidenreiher (Egretta garzetta) und Fliegenschnäpper, den wir beim Nestbau stören. Flüchtig sehen wir einen Verwandten des Tukan in einem Baum: Collared Aracari. Ganz kurz überfahren wir die Grenze zu Nicaragua, welches das 7. ärmste Land der Welt ist, und wenden dann. Auf der Rückfahrt um 12:00 Uhr biegen wir in einen Seitenarm ein um einen geeigneten Platz zu suchen und unser Lunch einnehmen zu können. Es gibt Curryreis mit Hühnerfleisch, Bohnensalat, weißen Salat der nach Koriander schmeckt und Tortilla-Chips. Beim Essen holen muss man schnell sein sonst holt man sich einen Sonnenbrand. Dann fahren wir zurück nach Los Chiles. Wir sehen ein Zweizehenfaultier (Bradypodidae, Choloepus didactylus) und warten (so wie das Faultier) geduldig darauf, dass die andere Touristengruppe sich aus dem Staub macht, sodass wir endlich Fotos schießen können. Faultiere haben Algen in ihrem Fell, darunter sogar Arten, die man sonst noch nirgends gefunden hat! Sie sind gute Kletterer und können auch schwimmen. Etwa alle 10 Tage verlässt ein Faultier den Baum um seine Notdurft zu verrichten und den Baum zu wechseln. In dieser Zeit lebt es gefährlich weil es Räubern ausgesetzt ist. Fledermäuse (Chiroptera) sitzen an der regengeschützten Unterseite eines Baumstammes nahe dem Wasser. Unsereins hat es anfangs nur für schwarze Flecken gehalten! Bei der Rückfahrt beginnt es leicht zu regnen und um 13:30 Uhr endet unsere Bootsfahrt. Danach Weiterfahrt zu einem Thermalbad beim Vulkan Arenal. An der rechten Straßenseite entdecken wir beim Vorbeifahren eine Akipflaume (Blighia sapida, Seifenbaumgewächs), welche in Westafrika beheimatet ist. Die Frucht ist birnenförmig, hellrot bis gelborange. Wenn sie reif ist, öffnet sie sich in drei große Spalten und es kommen leuchtend-schwarze Samen zum Vorschein, umgeben von gelblichweißem Fruchtfleisch (Arillus), nur dieses ist essbar. In einem bestimmten Reifezustand wird das Fruchtfleisch zu Soßen verarbeitet oder eingelegt. Ihr Name ehrt William Bligh, einen Captain der HMS Bounty. Im Thermalbad gibt es eine kurze Einweisung wie wir uns zu verhalten haben: Mit dem kühlsten Becken (37 °C) beginnen, damit sich unser Körper daran gewöhnt und dann langsam steigern bis hin zum heißesten Becken (45 °C). Alle 15 min. ist Abkühlen an einer der zahlreichen Kaltduschen oder im Kaltbecken angesagt, damit die Körpertemperatur nicht zu hoch wird. Von unserer Gruppe haben es vier oder fünf bis in das heißeste Becken geschafft, allen voran Anton. Zum Schluss gab es dann noch günstige und gute Cocktails und eines der beliebten Gruppenfotos. Auf dem Heimweg haben wir noch das Glück Lava am Vulkan austreten zu sehen. Im La Catarata angekommen fallen wir, nach einem ausgezeichneten Abendessen, todmüde ins Bett. Vulkan Arenal und Arenal-Hängebrücken SONNTAG, 23. 07. 2006 (Barbara Vobrovsky-Simon) Frühstück ab 7 Uhr – es gibt Obst, Gallo pinto, Eierspeise und Palatschinken. Vor der Abfahrt zeigt Anton uns Cordia alliodora (span. Laurel) – ein schnell wachsender Baum mit hellem Holz und dunklen Streifen, das für Möbel und als Feuerholz verwendet wird. Bei jeder Verzweigung bildet der Baum einen kleinen Endtrieb, die nächste Seitenknospe übernimmt den Haupttrieb (sympodialer Wuchs). In den Astgabeln sind Verdickungen mit Perforierungen ausgebildet, die von Atzteka-Ameisen aufgebissen werden und ihnen als Wohnung dienen. Die Blätter werden bei Lungenkrankheiten und die Samen bei Hautkrankheiten verabreicht. Abfahrt um 8:10 Uhr Richtung Arenal Nationalpark. 14 Costa Rica 2006 Protokolle Der Vulkan Arenal (1.638 m) ist einer der aktivsten Vulkane. Er wurde für inaktiv gehalten, bis er 1968 ausbrach und 80 Tote zu beklagen waren. Der nächste Ausbruch folgte 1981, seitdem ist der Vulkan ständig aktiv, er stößt auch tagsüber Asche aus. Der letzte große Ausbruch war im Jahr 1992, im Juli 2000 ging eine Schlammlawine an der Nordseite ab. 8:50 Uhr: Einfahrt mit dem Bus in den Nationalpark und kurze Pause an einem Aussichtspunkt um den Arenalsee zu bewundern. Dieser ist ein künstlicher Stausee, in dem die Ortschaft Arenal versenkt wurde. Südlich des Sees befindet sich die Cordillera von Tilaran, nördlich die Cordillera von Guanacaste. Immer wieder können wir die Vulkanaktivitäten des Arenals hören und Rauchwolken austreten sehen. Um 9:30 Uhr beginnt unser Rundgang im Nationalpark Wir sehen einige Pionierpflanzen, der Prozess der Sukzession ist gut sichtbar: • Gynerium sagitattum (Poaceae), Caña Brava (span.), „Wildes Rohr”, ähnlich dem Zuckerrohr. • Gleichenia sp. (Gleicheniaceae), Farn, Verbreitung durch Wind. • Piper sp. (Piperaceae), eine Holzpflanze mit asymmetrischen Blättern aus der Familie der Pfeffergewächse. Die Früchte werden hauptsächlich durch Vögel und Fledermäuse verbreitet. • Mimosa pudica (Mimosaceae), „Rühr mich nicht an”, hat eine Reizweiterleitung über Gelenke und als zusätzlichen Fraßschutz Stacheln und Dornen, die nach unten gebogen sind und auch als Halteorgane dienen (zur Erinnerung: Stachel aus der Epidermis, Dornen aus Organen, in diesem Fall Nebenblattdornen). Diese arme Pflanze hat mit uns kein leichtes Leben, sie wird mit Feuerzeugen verärgert und andauernd berührt, um ihren Mechanismus sichtbar zu machen. • Lycopodiella cernua (Lycopodiaceae), Baerlapp, bildet Ausläufertriebe (horizontal) und fertile Triebe (vertikal), sieht wie ein kleiner Weihnachtsbaum aus. • Cecropia sp. (Cecropiaceae), Ameisenbaum, ist ein sehr schnellwüchsiger Baum, dafür aber kurzlebig. Er hat nur geringes sekundäres Dickenwachstum. Sein Stamm ist hohl und dient Atzteka-Ameisen als Behausung. Diese beschützen den Baum und ernähren sich von den sogenannten „Müllerschen Körperchen“, die an der Basis der Blätter gebildet werden und Glykogen speichern. Ein Hüllblatt schützt das jeweils jüngste Blatt, fällt dieses ab hinterlässt es einen Ring, der am Stamm zeitlebens sichtbar ist (geringelter Stamm). • Andropogon bicornis (Poaceae) Süßgras, ein bis 1,8 m hohes Gras der Pioniervegetation. • Cissus sp. (Vitaceae) Weingewächs, Liane, gegenüber jedem Blatt ist eine Ranke ausgebildet. Hat ein schnelles Höhen-, jedoch geringes Dickenwachstum. Normalerweise eine Liane des Kronendachs, wächst im offenen Gelände am Boden (dies gilt für viele Lianen). Schädlinge des Weins: Reblaus – aus den USA eingeführt (resistente Weinsorte in Österreich ist der Uhudler); Die Blattkrankheit Mehltau muss flächendeckend durch Spritzmittel bekämpft werden. In der darauf folgenden Sukzessionsstufe sind bereits Bäume zu sehen, das Caña Brava wird allmählich verdrängt. Bald befinden wir uns im Sekundärwald und kurz darauf besteigen wir das Lavafeld des Arenals von 1992, das in 650 Höhenmeter liegt. Es ist ein ziemlich abrupter Szenenwechsel, nur wenige Pflanzen und Tiere sind zu sehen. Wie Anton uns nach einer Raterunde erzählt, erfolgt die Besiedelung von Lavafeldern in kleinen Schritten: Bei den Tieren sind Spinnen die ersten Pioniere, bei den Pflanzen handelt es sich um Flechten und Moose. Später siedeln sich Gräser und Orchideen an, die windverbreitete Samen besitzen. Wir verlassen das Lavafeld und befinden uns wieder im Sekundärwald: • Termitennest, Termiten sind sehr lichtscheu und mit den Schaben verwandt. Symbiotische Bakterien im Darm ermöglichen diesen Tieren Zellulose zu verdauen. • Chamaedorea sp. (Arecaceae, Palme), Bergpalme, unreif sind die Früchte wie auch die sog. Rachillen (Äste auf denen sie sitzen) grün, zur Reife färben sich die Rachillen knallig orange und die Früchte selbst dunkelviolett (Kontrastfärbung). • Peperomia sp. (Piperaceae) Pfeffergewächs, das epiphytisch wächst und „Würstel” bildet. 15 Costa Rica 2006 • • Protokolle Psidium guajave (Myrtaceae, Myrtengewächs), Guave, ist eine gelbe runde Frucht mit rotem Fruchtfleisch und vielen runden Samen und hat eine dicke Schale. Columea sp. (Gesneriaceae, Gesneriengewächs), verwandt mit dem Usambara-Veilchen. Es hat rote Flecken auf der Blattunterseite und wird von Kolibris bestäubt. Um 12.00 Uhr machen wir eine halbe Stunde Mittagspause am Fluss und essen unsere Lunchpakete. Einige von uns sind voll mit Samen von Desmodium sp. (Mimosaceae, Mimosengewächse), einer klettenähnlichen Frucht. Dann fahren wir mit dem Bus weiter. Es geht über die Staumauer des Arenal-Stausees. der See dient der Bewässerung von Nassreisfeldern in der Provinz Guanacaste. Das Wasser wird unterirdisch von der Ost- and die Westseite der Cordillera geleitet und zu den Turbinen geschleust. 13:20 Uhr: Ankunft bei den Arenal-Hängebrücken, zehn Minuten später geht es dann los: Wir bekommen auf der ersten Brücke eine kurze Einführung über das Klima in den verschiedenen Schichten (Strata) des Regenwaldes und blockieren auf diese Weise die Brücke für einige Zeit. Im unteren Teil herrscht ein ausgeglichenes Klima, Pflanzen haben vorwiegend große Blätter, während das Klima im oberen Teil heißer und trockener ist. Je weiter man in die Außenzone der Baumkrone kommt, umso lebensfeindlicher wird das Klima. • • • • • • • • Calathea sp. (Marantaceae), um das Licht optimal zu nützen ist das Blatt an der Unterseite durch Anthocyane rot gefärbt. Eingedrungenes Licht geht durch das Parenchym durch und ein Teil wird durch die eingelagerten Anthocyane reflektiert. Dies ist eine Anpassung an das lichtarme Milieu. Blattschneideameisen (Atta sp.) haben eine strenge Hierarchie und sind tag- oder nachtaktiv. Ihr Bau kann bis zu 6 m tief und 100 m² groß sein. Sie zerlegen die Blätter von außen nach innen mit System, zerkauen und fermentieren sie dann. Die Ameisen züchten einen Pilz darauf, der ihnen als Nahrung dient. Indigene verwendeten Wächterameisen, mit ihren großen Kaumuskeln, zum verschließen von offenen Wunden und als Nahrung (Eiweißlieferant). Epiphylle sind Pflanzen (z.B. Lebermoose), die auf dem Blatt einer Pflanze wachsen. Dies ist nur dann möglich, wenn ein Blatt sehr lange lebt und nicht wie bei uns nur ein halbes Jahr vorhanden ist. Epiphylle sind häufig an sehr feuchten Stellen im Regenwald zu finden. Melastomataceae (Schwarzmundgewächs), die Samen sind wassertropfenverbreitet. Die Früchte stehen vertikal zum Boden und ihre Kapseln öffnen sich, wenn Regen darauf fällt. Die Adern der Blätter verlaufen parallel. Iriartea deltoidea (Arecaceae), große Palme mit Stelzwurzeln. Carapa guianensis (Meliaceae), Mahagonibaum hat Brettwurzeln die drei Funktionen haben: Stabilität, Wurzelvergrößerung und Verbesserung der Sauerstoffversorgung durch viele Lentizellen in der Borke. Die Samen werden von den Yanomami (Indigene) zu Andiroba (Öl) für die Firma Bodyshop gepresst. Ardisia sp. (Myrsinaceae), litter trapping plant, sammelt herabfallendes Material und macht sich ihren „eigenen Komposthaufen”. Niederschlagswasser wird beim Passieren durch den Kompost mit Nährstoffen angereichert. Hyeronima alchorneoides (Euphorbiaceae), Pilon, ein Wolfsmilchgewächs, wird häufig zur Aufforstung verwendet. Um 16:10 Uhr sind wir wieder am Ausgangspunkt angelangt und machen eine wohlverdiente Pause. Der Arenal ist fast bis zum Gipfel zu sehen und es entstehen traumhafte Bilder. Auf der Heimfahrt entdecken wir eine Stelle am Gebirgsbach, wo wir uns, nach einigen Problemen beim Umziehen, in das, laut Anton 32 °C warme Wasser „stürzen“ und genüsslich herumplanschen. Nach erneutem mühsamem Umziehen, kommen wir schließlich wieder im La Catarata an. Um 19 Uhr kommen wir in der Unterkunft an, wo uns die Gastgeber schon zu einem netten und gemütlichen Grillabend erwarten. 16 Costa Rica 2006 Protokolle Kräutergarten und Manuel Antonio MONTAG, 24. 07. 2006 (Michaela Seiz, Birgit Wondratsch) Frühstück ab 7 Uhr. Danach laden wir das Gepäck in den Bus, da wir heute nach Manuel Antonio weiterreisen. Abfahrt um 8:10 Uhr in Richtung Kräutergarten, wo wir auch schon fünf Minuten später ankommen. Während des Fußmarsches zeigt uns Anton einen Brotfruchtbaum (Artocarpus altilis), eine bis zu 20 Meter hohe Nutzpflanze aus der Familie der Maulbeergewächse (Moraceae). Die grüne, bis zu zwei Kilogramm schwere Brotfrucht dient als Nahrungsmittel; ihr Geschmack ähnelt dem der Kastanie. Auf der anderen Seite der Straße sehen wir eine Papaya-Plantage. Die Papaya (Carica papaya) gehört zur Familie der Melonenbaumgewächse (Caricaceae). Die Laubblätter dienen als Fleischweichmacher, die beliebte süßliche Frucht kann bis zu 45 cm lang und 6 kg schwer werden. Um 8:30 Uhr kommen wir endgültig im Kräutergarten an und werden von der Besitzerin willkommen geheißen. Fachkundig erklärt sie uns Eigenschaften verschiedenster Kräuter, die in ihrem fünfeinhalb Hektar großen Garten vorzufinden sind. Hier eine Auswahl: • Mentha, „Minze“ (Lamiaceae), eine aromatische, viel genutzte krautige Pflanze. • Zingiber officinale, „Ingwer“ (Zingiberaceae), Zubereitungen aus dem Ingwerwurzelstock wirken entzündungshemmend, anregend auf die Magensaft-, Speichel- und Gallenbildung und steigern die Darmfunktion. Außerdem nutzt man das Rhizom als Gewürz. • Equisetum sp., „Schachtelhalme“, wirken reinigend auf Blut, Magen, Nieren und Blase. Die Halme werden bis zu sechs Meter lang. • Justicia tinctoria (Acanthaceae), wird gegen Haut- und Haarprobleme, der blaue Sud der gekochten Blätter zum Wäschefärben verwendet. • Kalanchoe pinnata (Crassulaceae), ihre Blätter wirken aufgewärmt entzündungshemmend im Bereich der Haut und der Ohren. • Stevia rebaudiana, „Süßkraut“ (Asteraceae), eine mehrjährige krautige Pflanze, die als natürlicher Süßstoff verwendet wird. • Mimosa pudica (Fabaceae), wirkt als Beruhigungsmittel. • Neurolaena lobata (Asteraceae), ist eine wichtige Heilpflanze, die in Costa Rica heimisch ist. Sie wird gegen Magenbeschwerden eingesetzt. • Urera baccifera (Urticaceae), die Blätter werden wie Spinat gekocht oder als Tee zubereitet und wirken reinigend auf Blut und Nieren. • Aloe vera (Asphodelaceae), die Mesenchymschicht ihrer rosettenförmig angeordneten Blätter dient als Flüssigkeitsspeicher und enthält ein Gel, welches wundheilend wirkt und auch in der Kosmetik Verwendung findet. Das aus dem Blattharz gewonnene „Aloin“ wirkt stark abführend. • Smilax cordifolia (Smilacaceae), wird gegen Blutarmut eingesetzt. • Quassia amara („Hombre grande“), die Rinde wird gegen Malaria, Krebs und zur Stärkung des Immunsystems verwendet. • Uncaria tomentosa, „Katzenkralle“ (Rubiacaea), enthält antileukämische Stoffe. • Buddleja americana (Buddlejaceae), wirkt blutreinigend und antiallergen und hilft bei Menstruationsbeschwerden. • Eucalyptus globulus (Myrtaceae), wird häufig zu ätherischem Öl verarbeitet und inhaliert, ursprüngliche Heimat ist Australien. • Elettaria cardamomum (Zingiberaceae), findet in der Küche als Gewürz Verwendung. • Ocimum basilicum (Lamiaceae), wird ebenfalls als Gewürz verwendet. • Curcuma domestica, „Gelbwurz“ (Zingiberaceae), dient als Färbepflanze und als Basis für Curry, wirkt außerdem anregend auf die Magensaftproduktion. • Citrus aurantium (Rutaceae), wird gegen Kopfschmerzen eingesetzt. • Pimenta diocia, „Jamaicapfeffer“ (Myrtaceae), hilft gegen Bluthochdruck. 17 Costa Rica 2006 • • • • • • • • • • Protokolle Citrus limetta (Rutaceae), kommt gegen Hepatitis zum Einsatz. Cymbopogon nardus, „Zitronengras“ (Poaceae), wirkt desinfizierend und hilft gegen Gelsenstiche. Eryngium foetidum, „Langer Koriander“ (Apiaceae), findet in der Küche als Gewürz und zum Einkochen Verwendung. Theobroma cacao, „Kakao“ (Malvaceae), die fünfzähligen Blüten stehen direkt am Stamm (man nennt dies Kauliflorie), die Früchte wiegen bis zu 500g, unter der harten Schale befinden sich 30 – 60 Samen, die Kakaobohnen, die von einem weißen süßlichen Fruchtfleisch (Pulpa) umgeben sind. Aus den Samen wird Kakaopulver und Kakaobutter zur Herstellung von Schokolade gewonnen. Die Früchte werden häufig vom Pilz Monilla befallen, durch Spritzen mit Kupfersulfat wird dem entgegengewirkt. Averrhoa carambola, „Sternfrucht“ (Oxalidaceae), eine beliebte Frucht mit hohem Oxalsäuregehalt. Piper nigrum, „Schwarzer Pfeffer“ (Piperaceae), eine Kletterpflanze, die zweimal jährlich geerntet werden kann. Man unterscheidet zwischen grünem, weißem und schwarzem Pfeffer. Grüner Pfeffer ist am wenigsten scharf, er wird aus unreifen, früh geernteten Früchten gewonnen. Schwarzer Pfeffer entsteht durch Trocknen der reifen Früchte, während weißer Pfeffer aus von der Schale befreiten, vollreifen Pfefferkörnern besteht und am schärfsten ist. Cassia reticulata (Fabaceae), wirkt abführend und hilft bei Hitzeausschlag. Cinnamomum verum, „Zimt“ (Lauraceae), ist ein beliebtes Gewürz. Morinda citrifolia (Rubiceae), aus den überreifen Früchten wird der Nonisaft gewonnen, dem viele Heilwirkungen zugesprochen werden. Lippia graveolens, „Mexikanischer Oregano“ (Verbenaceae), findet als Gewürz Verwendung. Zu den weiteren Besonderheiten dieses Kräutergartens gehören sieben Kühe und sechs Kälber, die, abgesehen von einer sicheren Umzäunung, auch noch von sperrigen Holzdreiecken um ihren Hals daran gehindert werden, aus dem Weidegehege auszubrechen und die wertvollen Kräuter zu fressen. Weiters wird in einer speziellen Vorrichtung Kuhmist gesammelt, in der Regenwürmer zur Auflockerung der Erde gezüchtet werden. Der Kuhmist wird innerhalb von zwei Monaten zu Erde umgewandelt. Neuer Kuhmist wird hinzugefügt, welchen die Regenwürmer sofort besiedeln. Das dient dazu, die Regenwürmer aus der „fertigen“ Erde „wegzulocken“. Die entstandene Erde ist fruchtbar und kann verwendet werden. In luftdicht verschlossenen Behältern entsteht aus zwei Kübeln Kuhmist und sechs Kübeln Wasser durch Gär- und Fäulnisprozesse Biogas, das genügend Gas zum Kochen für die ganze Familie liefert. Nach Besichtigen des Gartens geht es zur wohlverdienten Rast mit Frucht- und Teeverkostung. Die Männer unserer Gruppe versuchen sich, unter einigem Blutverlust, im Schälen und Schneiden von Zuckerrohr, dessen süßer Saft aus den holzigen Stängeln gesaugt wird. Unter anderem kosten wir Maracuja, Kakaofrucht, trinken den Saft unreifer Kokosnüsse und probieren verschiedene Kräutertees. Um 11:00 Uhr brechen wir zu unserer Fahrt nach Manuel Antonio auf. Um 13:20 Uhr machen wir eine Rast in San Ramon, essen dort zu Mittag und kaufen Souvenirs. Mit musikalischer Untermalung aus dem CD-Player fahren wir um 14:00 Uhr weiter, machen um 15:15 Uhr noch einen kurzen Halt in San Mateo. Um 16:00 Uhr bleiben wir an einer Brücke am Río Tarcoles stehen, überqueren diese zu Fuß und bei strömendem Regen, um Spitzmaulkrokodile zu sehen (Fotografieren war auf Grund des Regens ein leidvolles Unterfangen mit unbefriedigten Ergebnissen!). Durchnässt geht es weiter, bis wir um 17:00 Uhr Halt bei einem Aussichtsplatz machen. Von dort aus kann man die Küste und Braunpelikane beobachten. 18 Costa Rica 2006 Protokolle Neben abenteuerlichen Flussdurchquerungen mit dem Bus sehen wir: • Ölpalmenplantagen (Elaeis guineensis), die Ölpalme gehört zu den wirtschaftlich bedeutendsten Palmenarten und nimmt in der Weltölproduktion, nach Sojaöl, den zweiten Platz ein. Die Fruchtstände erreichen bis zu 50 kg und enthalten mehrere tausend Früchte. Es ist üblich, die Palmen durch spritzen von Pestiziden abzutöten, bevor sie zu groß und zu alt werden (die Ernte wird sonst erschwert und die Größe der Fruchtbündel nimmt im Alter wieder ab). Gleichzeitig werden neue Palmen angepflanzt, da sie erst nach drei Jahren Früchte tragen. Weil nicht alle Fruchtbündel gleichzeitig reifen, ist das ganze Jahr über Erntezeit. • Tectona grandis (Lamiaceae), Teakbäume, deren Holz wird wegen seiner Härte und Widerstandsfähigkeit gerne für Möbel und Fußböden verwendet. Das Holz nimmt nach mehreren Jahren eine charakteristische Färbung an, die so genannte Patina. Um 18:15 Uhr kommen wir schließlich in Manuel Antonio an und verbringen die nächsten zwei Stunden in einem Restaurant am Strand. Es hat ein wenig abgekühlt, aber das hält viele nicht davon ab, sich in der Dunkelheit in die warmen Fluten zu stürzen. Um 20:00 Uhr fahren wir zu einem wunderschönen Hotel, und wer vom Wasser noch nicht genug hatte, verbringt den restlichen Abend im Hotelpool. Nationalpark Manuel Antonio und Fahrt zum „Regenwald der Österreicher“ DIENSTAG, 25. 07. 2006 (Birgit Jogl, Ursula Bachlechner) Ab 7 Uhr gibt es Frühstück. Zur Auswahl stehen Gallo pinto, Eierspeise, Würstchen, Toast, Käse, frisches Obst, Tee, Kaffee, Muffins und ein undefinierbarer grüner Fruchtsaft. Pünktlich um 8 Uhr fahren wir mit dem Bus ab. Während der Fahrt macht uns Anton auf die Parzellierung der Landfläche aufmerksam, die man entlang der Straße sehen kann. Grundstücke werden gekauft, Teile davon wieder weiterverkauft. Die Baugründe werden so immer kleiner und es kommt zu einer zu dichten Verbauung, wogegen die Baubehörde jedoch machtlos ist. Die Gegend um Manuel Antonio ist ein Übergangsgebiet zwischen dem trockenen Regenwald im Nordwesten und dem feuchten Regenwald im Südwesten, ein Schmelztiegel, der auch zur Vermischung der Arten führt. Wir erreichen den Nationalpark Manuel Antonio. Er wurde 1972 gegründet, umfasst mit seinen zahlreichen vorgelagerten Inseln eine Fläche von 683 ha Land (Primär- und Sekundärwald) und 55.000 ha Meer (dazu gehört auch ein schmales Korallenriff unweit der Küste). Der Park liegt an der Pazifikküste, 7 km südlich von Quepos, ist umgeben von Ölpalmen und zeichnet sich durch hohe Temperaturen und einen Jahresniederschlag von 3.875 mm aus. Um der Meeresverschmutzung und der Störung der Tierwelt etwas entgegen zu wirken, dürfen maximal 600 (Sa/So 800) Besucher gleichzeitig den Nationalpark besuchen. Der Eingang zum Park liegt am Ende des Playa Espadilla Norte. Um dorthin zu gelangen überqueren wir einen Wasserlauf, was – abhängig vom Wasserstand – trockenen Fußes möglich ist. Bei Flut muss ein kurzes Stück durch das Wasser gewatet werden, bei Bedarf stehen auch Boote bereit. Als wir zum ersten Strand im Nationalpark kommen, warnt uns Anton vor dem Hippomane mancinella (Euphorbiaceae), dem sog. Strandapfelbaum. Dieser Baum hat ca. 3 cm große, runde, grün-gelbe und sehr giftige Früchte. Die Früchte sind schwimmfähig, was der Ausbreitung der Samen über große Distanzen dient. In allen seinen Teilen enthält der Strandapfelbaum Milchsaft mit toxischen Tanninen (Alkaloide). Man sollte es vermeiden, sich unter einen solchen Baum zu setzen, da 19 Costa Rica 2006 Protokolle der ätzende Saft hinuntertropfen könnte. Bereits die Berührung der Rinde oder der Früchte kann die Haut reizen. Bei Verzehr der Früchte kann es zu inneren Verätzungen und Entzündungen kommen. Weiters sehen wir am Strand viele Einsiedlerkrebse (Coenobita sp., Coenobitidae), die, um sich vor Fressfeinden zu schützen, in Muscheln oder Schneckenhäuser einziehen. Sie besitzen selbst keinen Panzer. Die Behausungen müssen, abhängig vom Wachstum, immer wieder gegen größere getauscht werden. Die gefährlichste Phase im Leben eines Einsiedlerkrebses stellt der Muschel- bzw. Schneckenhauswechsel dar. Man findet am Strand kaum leere Schneckenhäuser – alle laufen davon, sobald man nach ihnen greifen möchte. Auch Strandläufer, (Calidris sp., Scolopacidae), die im flachen Wasser nach Schnecken suchen, und jede Menge Krabbenspuren sind zu sehen. Strandkrabben (Carcinus maenas, Brachyura) dienen der Meeressäuberung. Um die von Krabben gebohrten Löcher befinden sich deshalb zahlreiche kleine Kügelchen, die nach dem Filtrieren des Sandes, den die Tiere anschließend formen und ablegen, entstehen. Auf dem Pfad durch den Nationalpark begegnet uns ein Schwarzer Leguan (Ctenosaurus similis, Iguanidae), ein Tier, das gut an Trockengebiete angepasst ist. Der Schwarze Leguan besitzt einen Stachelschwanz, den er zur Revierverteidigung und während der Balzzeit zum Kämpfen einsetzt. Er ernährt sich rein vegetarisch (Blätter, Früchte). Der Schwarze Leguan gilt zwar ebenfalls als Delikatesse, ist jedoch nicht so beliebt wie der Grüne Leguan (Iguana iguana, Iguanidae). Danach entdecken wir eine Echse (Ameiva ameiva, Teiidae), die einen Skorpion (Centruroides margaritatus, Centruroides) erbeutet hat, und einen Ibis (Eudocimus albus, Threskiornithidae). Wir sehen den Baum Myrcianthes fragrans, der zu den Myrtengewächsen (Myrtaceae) gehört und die Eigenheit besitzt, seine Borke abzuschälen – eine erfolgreiche Taktik um Epiphyten fernzuhalten. Dieser Baum ist an die Trockenheit angepasst. Wenig später können wir ein Aguti (Dasyprocta punctata, Dasyproctidae), ein Nagetier, aus einiger Entfernung beobachten. Durch Betrachtung des Körperbaus des Tieres kann man Rückschlüsse auf sein Habitat ziehen. Das Aguti hat einen kleinen Kopf und einen dickes Hinterteil, was auf einen Lebensraum im dichten Waldesinneren hinweist. Mit seinem schmalen Kopf, der mit sensiblen Tasthaaren ausgestattet ist, schlägt es sich durch das Dickicht. Die aus Südamerika eingewanderten Agutis sind tagaktiv und Pflanzenfresser (Früchte, Nüsse, Blätter, Stängel, Wurzeln). Sie werden gejagt (obwohl Jagd in Costa Rica eigentlich verboten ist!), wobei 10 kg Fleisch ca. $ 100,einbringen. Der Geschmack des Fleisches erinnert angeblich an Rattenfleisch. Agutis sind wichtige Samenverbreiter. Die Samen der Paranuss (Bertholletia excelsa), die zu den Topffruchtbaumgewächsen (Lecythidaceae) gehört, kann nur das Aguti aufbeißen und somit für deren Verbreitung sorgen. Bei der Geländeform im Nationalpark kann man beobachten, dass sich die Bäume am Geländestreifen, der sich direkt an den Strand anschließt, zum Licht und somit in den Strand hineinlehnen. Weiter in Richtung Landesinneres fällt das Geländeniveau im Vergleich zum vorgelagerten Strand ab, und das Ökosystem verändert sich völlig. Dort gibt es Brackwasser und der Lebensraum ist durch Mangrovenbäume, Stachelpalmen und Gräser, Wasservögel, Schildkröten und Kaimane gekennzeichnet. Den oberen Teil des Kopfes eines Kaimans (Caiman crocodilus, Alligatoridae) können wir Minuten später durch das Fernglas beobachten, bevor er wieder ins Brackwasser abtaucht. Hoch oben in einer Baumkrone sehen wir einen Waschbären (Procyon lotor, Procyonidae). Waschbären sind ursprünglich über die Landbrücke aus Nordamerika eingewandert. Am Playa Manuel Antonio können wir uns einen Strand- oder Seemandelbaum (Terminalia catappa) ansehen, der zur Familie der Combretaceae gehört. Dieser ist eine sogenannte „keystone species“ (Schlüsselart), weil er das Grundnahrungsmittel für Aras (Ara macao, Ara ambigua, Psittacidae) darstellt. Der Baum blüht und fruchtet ganzjährig. Die Früchte sind schwimmfähig. 20 Costa Rica 2006 Protokolle Diese Eigenschaft haben auch die Früchte der strandfestigenden Kokospalme (Cocos nucifera, Arecaceae), die Kokosnüsse. Durch die Schwimmfähigkeit und eine sehr lange Keimfähigkeit der Früchte sind die Kokospalmen an tropischen Stränden weltweit verbreitet. Die Kokosnüsse können auch mehrere Monate im Salzwasser schwimmen, ohne dabei Schaden zu nehmen. Am Ende des gemeinsamen Spazierganges besteht noch die Möglichkeit, einen 30-minütigen Rundweg über die Landzunge Punta Catedral zu erkunden. Punta Catedral war ursprünglich eine Insel, die heute über eine natürlich entstandene Landbrücke mit dem Festland verbunden ist. Auf dem Weg gibt es schöne Aussichtspunkte auf den Pazifik. Dabei begegnen wir Roten Landkrabben (Gecarcinus quadratus, Gecarcinidae), Blattschneideameisen (Atta sp., Formacidae) und Weißkopf-Kapuzineräffchen (Cebus capucinus, Cebidae). Eines der Äffchen ist so frech und springt auf die Tasche einer Kollegin, aus der ein Stück von einem weißen Plastiksackerl herausschaut. Wahrscheinlich erhofft sich das Äffchen etwas Fressbares ergattern zu können. Wir erschrecken alle ziemlich und das Äffchen lässt sich nur mit Mühe wieder abschütteln. Als wir zu den Anderen an den Playa Espadilla Sur kommen, erzählen sie uns, dass ein Waschbär einer anderen Kollegin ihr Mittagessen vom Strand weggestohlen hat, während sie nur kurz auf der Toilette war. Zum Baden empfiehlt uns Anton zwei Strände, den etwas wilden Playa Espadilla Sur und den ruhigen Playa Manuel Antonio. Wir entscheiden uns für den Playa Manuel Antonio, wo uns ein Nasenbär (Nasua narica, Procyonidae) begegnet, und haben noch eine Stunde Zeit um zu schwimmen. Während des Schwimmens können wir Schreie von Brüllaffen (Alouatta palliata, Atelidae) hören, die sich anscheinend in den Bäumen der Punta Catedral aufhalten. Um 12:30 Uhr treffen wir uns beim Bus und starten unsere Fahrt in Richtung Regenwald der Österreicher. Da ein 35 km langes Straßenstück zwischen Manuel Antonio und Dominical unasphaltiert und in sehr schlechtem Zustand ist, bemühen wir uns rechtzeitig, d.h. bevor es zu regnen anfängt, abzufahren. Für die Strecke von Quepos nach La Gamba benötigen wir ungefähr viereinhalb Stunden. Entlang der Straße sehen wir aus einer Fabrik schwarzen Rauch aufsteigen. Es handelt sich um eine Palmölfabrik. Ein Fruchtstand der Afrikanischen Ölpalme (Elaeis guineensis, Arecaceae) kann aus 3.000 – 6.000 Einzelfrüchten bestehen. Die Früchte haben einen harten fetthaltigen Kern, der von einem orangeroten, weichen Fruchtfleisch umgeben ist. Sie sind schnell verderblich (Enzym Lipase zersetzt das Fett) und müssen deshalb innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden. Die Samen sind lagerfähig. Das Fruchtfleisch (Ölgehalt 40 – 65 %) wird zuerst zu Fruchtmus und anschließend zu Palmöl gepresst. Aus dem Samen (Ölgehalt 46 – 53 %) wird Palmkernöl gewonnen. Die beiden Öle unterscheiden sich deutlich. Sie sind bei Zimmertemperatur fest. Mit Ölpalmenplantagen wird der höchste Ölertrag pro Anbaufläche erreicht. Die ganzjährig blühende und fruchtende afrikanische Ölpalme stammt ursprünglich aus Westafrika, kann bis zu 80 Jahre alt werden und trägt ab dem dritten Jahr die ersten Früchte. Die Amerikanische Ölpalme (Elaeis oleifera, Arecaceae) ist kleiner und ihr Ertrag geringer. Alte Ölpalmen werden „totgespritzt“. Sie vermodern, es entsteht Biomasse, und junge Pflanzen werden dazwischen gesetzt. Auf unserer Fahrt kommen wir an einer typischen Siedlung der United Fruit Company (U.F.C.) vorbei. In der Mitte befindet sich ein Fußballplatz und rundherum einstöckig, aus besten Hölzern gebaute Häuser. Die U.F.C., gegründet von Minor C. Keith, besaß Plantagen für Bananen, Kaffee und Kakao in Costa Rica. Die Bananen wurden ursprünglich vor allem an der Karibikseite Costa Ricas angebaut. In den 30er Jahren breitete sich dort jedoch eine Pilzkrankheit (Panama disease) aus. Man versuchte der Krankheit geografisch auszuweichen und pflanzte neue Bananenplantagen in der Gegend um Manuel Antonio, wo heute Ölpalmen angebaut werden. Golfito war für die Exporte der U.F.C. der ideale Hafen, weil es an der Bucht des Golfo Dulce, und nicht am offenen Meer liegt und die Schiffe daher gut anlegen konnten. Die U.F.C. setzte sich für ein gutes Gesundheitswesen und auch für die Ausbildung der Kinder ein und errichtete Schulen und Kindergärten in Costa Rica. 21 Costa Rica 2006 Protokolle In den 1980er Jahren geriet sie durch den unsachgemäßen Umgang mit gefährlichen Chemikalien in den Plantagen in Verruf. Man führte die steigende Zahl an unfruchtbaren Männern und Frauen auf die gefährlichen Spritzpraktiken zurück. 1986 taten sich die fünf Länder Honduras, Costa Rica, Panama, Ecuador und Kolumbien zusammen und wollten pro exportierte Kiste Bananen, eine Steuer von $ 1,- einheben, die dem jeweiligen Land zugute kommen sollte. Costa Rica realisierte dies als einziges Land. Die costaricanischen Bananen waren damit die teuersten am Weltmarkt. Nach Streiks der Arbeiter aufgrund der unmenschlichen Arbeitsbedingungen zog die U.F.C. 1989 aus Costa Rica ab. Viele Menschen wurden arbeitslos, und die große Abhängigkeit des Landes von der U.F.C. kam zum Vorschein. Die Region um Golfito war davon am stärksten betroffen. Für diese Region gab es 1989 ein Projekt, das ursprünglich auf 10 Jahre angelegt war, aber noch heute besteht. Es wurde eine Freihandelszone (Deposito libro) eingerichtet, in der man 20 – 30 % billiger einkaufen kann. Man muss ein Formular ausfüllen, sich registrieren lassen und kann erst am nächsten Tag einkaufen (z.B. Spirituosen, Elektrogeräte,...). Damit wurden 2.599 Arbeitsplätze geschaffen. Auch die Hotels profitieren von der Freihandelszone, da die Einkäufer einmal übernachten müssen bevor sie einkaufen können. Ein Nachfolgeunternehmen der U.F.C. (Chiquita), besitzt heute an Costa Ricas Karibikküste wieder Bananenplantagen. Diese Bananen kommen unter der Marke „Max Havelaar“, die für sozial verträgliche Produkte (fair trade) steht, auf den Markt. Vor allem in der Schweiz ist diese Marke verbreitet. Am Straßenrand sehen wir Trockenkammern für Teakholz (Tectona grandis, Verbenaceae). Das für den Export bestimmte Holz wird zu 4 m langen und 2,5 bzw. 5 cm dicken Brettern geschnitten. 2 ha bringen $ 500.000,- ein. Anton erzählt uns, dass Costa Rica heute den Jahrestag der, durch eine Volksabstimmung am 25. Juli 1821 bewirkten, Annexion der Provinz Guanacaste feiert, der durch zahlreiche Festlichkeiten im ganzen Land begangen wird. Wir passieren das Städtchen Dominical, das bei Surfern sehr beliebt ist, weil es an einem sehr langen geraden Strand liegt und die Wellen parallel zum Strand hereinkommen. Die Straße ab Dominical ist wieder gut ausgebaut und asphaltiert. Bevor wir allerdings das letzte Stück der Fahrt auf uns nehmen, machen wir einen kurzen Stopp an einem Früchtestand am Straßenrand, um uns – nach der unangenehm lange andauernden holprigen Strecke – mit Kokosmilch und Rambutan was Gutes zu tun. Anschließend fahren wir über die zweitlängste Brücke Costa Ricas. Bis zum Bau der Brücke über den Río Tempisque war sie die längste Brücke des Landes. In Palmar Norte machen wir einen kurzen Halt bei einem kleinen Park, wo eine alte Eisenbahn der United Fruit Company aufgestellt ist und sich einige zusammengetragene kreisrunde Monolithen befinden. Es ist nichts darüber bekannt, wie die Steine entstanden sind bzw. hergestellt wurden. Im Park gibt es einige schöne Bäume, z.B. den Kanonenkugelbaum (Couroupita guianensis), den Laurel de India (Terminalia tomentosa, Combretaceae) und den Cuipo (Cavanillesia platanifolia, Bombacaceae). Sehr interessant sind die Blüten des zu den Topffruchtbaumgewächsen (Lecythidaceae) gehörenden Kanonenkugelbaums: der untere Ring der Staubblätter ist steril, der darüber liegende fertil. Dadurch entsteht eine Klappe, in die das bestäubende Insekt hinein muss. Dabei wird es in eine bestimmte Position gezwungen und somit ist die Bestäubung gesichert. Anton erzählt uns auf der Weiterfahrt zum ersten Mal von Milben (span. coloradillos), die im Gras leben und ein Larvenstadium in der Haut von Reptilien oder Säugetieren durchmachen. Dabei ernährt sich die Larve von Lymphflüssigkeit. Man kann sich diese Tiere zuziehen, indem man mit kurzen Hosen und Sandalen oder barfuss durch das Gras geht. Wenn man befallen wird, entwickeln sich kleine, stark juckende „Krater“ auf der Haut. Im Regenwald der Österreicher sind die höchsten Berge ca. 479 m hoch (Cerro Anguciana). Dahinter sieht man das Küstengebirge „La Costa Nera“, dessen höchster Punkt bei ca. 1.700 m liegt. Aufgrund von Wolkenstauungen erreicht der Jahresniederschlag dort bis zu 6.000 mm. Der Regenwald der Österreicher erstreckt sich über ein Gebiet von 151 km². Mit dem angrenzenden 22 Costa Rica 2006 Protokolle Forstreservat Golfito, dem Reservat Golfo Dulce und dem Corcovado Nationalpark ergibt sich eine Fläche von ca. 1.000 km². In der Ortschaft La Gamba wohnen ca. 70 Familien. Es gibt eine Ampel, eine Pulperia, ein Restaurant, eine Bäckerei, den Salon Communal und zwei Kirchen. Gegen 18 Uhr kommen wir in der Tropenstation La Gamba an. Die Zimmer werden verteilt und um 19 Uhr gibt es Abendessen, wo anschließend unser zweites Geburtstagskind der Reise, Elisabeth Wurglits, gefeiert wird. Wanderung im „Regenwald der Österreicher", Besichtigung der Tropenstation MITTWOCH, 26. 07. 2006 (Elisabeth Wurglits) 6:30 Uhr: Frühstück in der Tropenstation La Gamba, es gibt Gallo pinto, Bananen und Äpfel, Toastbrot, warmes Baguette, Avocado usw. 8:15 Uhr: Wir starten mit der Wanderung zur Esquinas Lodge und dann weiter in den Wald. Um 9:00 Uhr befinden wir uns in einem Schluchtwald. Die klimatischen Unterschiede sind innerhalb kurzer Distanzen zu spüren. Wir sehen unterschiedliche Arten von Aronstabgewächsen (Araceae). • Carludovica drudei (Cyclanthaceae), aus ihren Blättern werden faltbare Panamahüte hergestellt, weshalb diese Pflanze auch den Namen „Panamahutpflanze“ trägt. Deren Preis richtet sich nach Qualität und Alter der Blätter: je jünger die verwendeten Blätter, desto teurer der Panamahut. Die Samenpakete der Panamapflanze werden von Vögeln verbreitet. Auf dem Jungtrieb befindet sich Schleim, das untere Ende ist essbar, es entspricht dem Palmherz. Die Panamapflanze gibt es im Schluchtwald, jedoch nicht im Hangwald. Im Hangwald befinden sich auf einem Hektar nur wenige Individuen einer Art, dafür aber eine große Anzahl an Arten (Artenvielfalt auf Kosten der Individuenzahl) – 527 Individuen und über 130 Baumarten. Auf unserer weiteren Wanderung sehen wir verschiedenste Pflanzen- und Tierarten, hier eine kleine Auswahl: • Goldameisen, leben auf Bäumen und sind räuberisch. • Costus (Costaceae), ist eine wichtige Unterwuchspflanze die vor allem an Lichtungen („gaps") sehr häufig anzutreffen ist. Sie ist verwandt mit Bananen, und kann gut durch Gestrüpp nach oben wachsen, z.B. an gaps. Sie hat die Struktur einer Wendeltreppe. • Piper (Piperaceae), wir kosten ein Stück Wurzel das scharf schmeckt. Es wurde früher als Lokalanästhetikum verwendet, z.B. beim Zähneziehen. • Stabheuschrecke, sie kann bis zu 30 cm groß werden und ist aufgrund ihrer äußeren Erscheinung immer gut getarnt. • Ausgang eines Baus von Blattschneideameisen. Der Bau kann um die 6 m tief und ca. 100 m² groß werden und hat viele Ausgänge. • Philodendron (Araceae), sekundärer Hemiepiphyt, mit langen Luftwurzeln; wir bekommen den Hinweis von Anton, man solle die langen Luftwurzeln auch daheim nicht abschneiden. Aus den reißfesten Luftwurzeln der Aaronstabgewächse werden Körbe geflochten. • Die Erde ist rot gefärbt – die Farbe ergibt sich aus Eisen- und Aluminiumoxiden. • Asterogyne martiana (Arecaceae), Familie der Palmengewächse, Palme die zum Decken von Dächern verwendet wird. Sie sammelt abfallende Blätter die dann vermodern. Hier werden, anders als bei Bromelien, bei denen die Nährstoffaufnahme durch Haare erfolgt, Wurzeln ausgebildet. 23 Costa Rica 2006 • • • • • • • Protokolle Kleine Anolis-Echsen (Norops polylepis) laufen herum. Wilde Papaya (Carica pennata), mit weißen Blüten und jungen Früchten. Die Papaya ist cauliflor (stammblütig). Pentagonia wendlandii (Rubiaceae), ein sogenannter „Humussammler“, der einen Blatttrichter bildet und herabfallendes Laub einsammelt, das in den Blattachseln zu Humus wird, aus dem die Nährstoffe ausgebeutet werden. Einheimische Muskatnuss (Virola koschnyi), aus der Familie der Myristicaceae. Same ist von einem roten, fleischigen Samenmantel umgeben. Beim Zerschneiden sehen wir das zergliederte (ruminate) Endosperm. Es ist eine typische Frucht für den Tukan. In Südamerika gibt es Arten mit stark halluzinogenen Inhaltsstoffen, die von Schamanen aufbereitet und geschnupft werden. Micania guaco (Asteraceae), eine Liane, Blätter werden verwendet um ein Getränk gegen Schlangenbisse herzustellen. Episcia lilacina (Gesneriaceae), ist mit dem Usambara-Veilchen verwandt. Es ist im Schluchtenwald zu finden, wo aufgrund des Gefälles Wasser gut abrinnen kann und es zu keiner Staunässe kommt. Welfia regia (Arecaceae), Palme, bis zu 20 m hoch, glatter Stamm. Wir sehen einen toten Falter der von einem Pilz befallen ist! Wahrscheinlich wurde er schon befallen als er noch lebte. Der Pilz wandert ins Gehirn und verändert dort das Verhalten des Tieres zu seinen Gunsten. Anton erzählt von einer Wespe die den Fruchtkörper eines Pilzes an ihrem Hinterleib hatte. Um ca. 10:00 Uhr startet Anton einen Versuch: Um Prachtbienenmännchen anzulocken trägt er auf einem Stofftuch Cineol auf. Dieses riecht nach Eukalyptus und lockt die Bienen an, die nur darauf aus sind Parfüm zu sammeln. Prachtbienenmännchen treffen sich dann an einem Ort um gemeinsam ihr ganzes Parfüm zu versprühen und Weibchen anzulocken. Wie es ihnen gelingt diese flüchtigen Terpene in Täschchen an ihren Hinterbeinen (besitzen vergrößerte Tibia) zu Sammeln ist noch nicht vollständig geklärt. Die Prachtbienen schimmern metallischrot und grünlich. • Dieffenbachia oerstedii (Araceae) mit orangen Blüten. 10:30 Uhr: Wir sehen wir eine Boa constrictor (Boidae), die geschätzte 2 m lang ist. Prinzipiell ist sie eine Würgeschlange, ihr Biss kann aber insofern gefährlich werden, da sich in ihrem Maul viele, teils gefährliche Keime befinden. • • • Carpotroche platyptera (Flacourtiaceae), kleiner Unterwuchsbaum, cauliflore Blüten. Die Frucht springt auf. Der Samenmantel ist orange. Socratea exorrhiza (Arecaceae), Wanderpalme, ist bedornt und kann mit ihren Stelzwurzeln „wandern" und sich auch wieder aufrichten wenn sie umgefallen ist (was bei einem Gefälle sehr nützlich ist). Peltogyne purpurea (Fabaceae-Caesalpinioideae), Purpurholzbaum, wächst nur auf Hängen und Kämmen, weil dort der Boden trockener ist. Das Splintholz ist weißlich, das wertvolle Kernholz rot-violett gefärbt. Auf diesem Purpurholzbaum sieht man dicke Lianen, ein Indikator für einen Primärwald. Es beginnt zu regnen, jeder packt einen Schirm aus und weiter geht es bergab auf dem aufgeweichten lehmigen Boden. • Terpentinbaum, Protium sp. (Burseraceae), seine verletzten Wurzeln haben eine rote Farbe. Der Terpentinbaum enthält viele Terpene die leicht entzündlich sind. Auf dem Weg sehen wir einen zu den Pfeilgiftfröschen gehörenden Raketenfrosch (Colostethus flotator), ansonsten sind wir damit beschäftigt auf den Boden zu sehen damit wir nicht stürzen. Unser Weg führt uns teilweise durch einen kleinen Bach, in welchem wir auf rutschigen Steinen das Gleichgewicht zu halten versuchen. Manche wünschen sich wir hätten doch die "Autobahn" genommen. 24 Costa Rica 2006 Protokolle 12:15 Uhr: Ankunft in der Station. Nach einer kurzen kalten Dusche bekommen wir das Mittagessen. Es gibt Reis, Huhn, Gemüse und Obst. 15:00 Uhr: Treffpunkt beim Essenshaus um einen Gang durch den botanischen Garten der Station zu machen. Es regnet leicht. Wir schieben einen Souvenirkauf ein, es gibt Kappen, T-Shirts, Literatur und vieles mehr. Einige von uns füllen ein Mitgliedschaftsformular aus und sind jetzt „Freunde der Tropenstation La Gamba". Es hört nicht auf zu regnen, wir starten unsere Gartentour trotzdem um 15:45 Uhr. • • • • • • • Anattostrauch, Bixa orellana (Bixaceae), die Frucht enthält einen roten Farbstoff der traditionell zum Einfärben von Kleidung, Nahrung und auch Haut verwendet wird. Sie dient auch als Repellens. Der Name rührt von einem spanischen Conquistador her: Francisco de Orellana. Helikonien, (Heliconiaceae), es gibt 14 Arten, die alle von Kolibris (Trochilidae) bestäubt werden. Sie können monatelang blühen, das ist typisch für vogelbestäubte Blüten. Die Blüten sitzen in rot bis orange-gelb gefärbten Hochblättern, die auch ein Flüssigkeitsgemisch enthalten. In dieser Flüssigkeit befindet sich eine schimmelhemmende Substanz, die von der Pflanze sezerniert wird. Musa x paradisiaca (Musaceae), die Banane stammt ursprünglich aus S/O-Asien. Nephelium lappaceum (Sapindaceae), Rambutan ist nahe mit der Litchipflaume verwandt. Das Pericarp ist mit roten Haaren besetzt. Coix lacryma-jobi (Poaceae), „Lacrima Christi – Christustränen“, die Samen sind so hart dass man sie als Schmuckperlen verwendet. Sie sind erst nach Aufquellen in Wasser keimfähig. Capsicum frutescens (Solanaceae), Chili, hat einen sehr hohen Anteil an Capsaicin. Passerini-Tangar (Ramphocelus passerinii, Scarlet Rumped Tanager) Adaptive Radiation: Es gibt bestimmte Gruppen von Pflanzen oder Tieren die besonders viele Arten haben, z.B. gibt es 48 Kolibriarten oder 20.000 Orchideenarten und 60 Fliegenschnäpperarten. Ihnen gemeinsam ist ein besonderes Erfolgsrezept das sich bewährt. So ist z.B. die Jagdmethode des Fliegenschnäppers besonders energiesparend, der Kälteschlaf der Kolibris ebenso, und die Orchideen zeichnen sich durch eine besonders hohe Zahl an Samen aus. Durch den Evolutionszwang und die Spezialisierung entsteht dann diese besondere Form der Aufspaltung in sehr viele Arten. Der Regen wird uns zu viel und wir stellen uns unter. Um die Zeit besser zu nützten erzählt uns Anton über die Entstehung der Tropenstation. 18:30 Uhr: Abendessen, es gibt Brotfrucht, Maniok, Nudeln mit Tomaten-Gemüsesauce. Durchwanderung des Esquinas-Waldes zum Playa San Josésito DONNERSTAG, 27. 07. 2006 (Gina Philipp, Christian Kolowratnik) Frühstück ab 6:30 Uhr. Start der Wanderung 7:20 Uhr. Vorbei an einer Psychotria poeppigiana (Rubiaceae), die aufgrund ihres Aussehens auch als „Hot lips“ bezeichnet wird, und Affenleitern (Bauhinia sp., Fabaceae) startet unsere Durchwanderung des Regenwaldes, gleich hinter der Tropenstation La Gamba. Zahlreiche Tiere und Pflanzen säumen unseren Weg: • Brilliant forest frog (Rana warszewitschii), besitzt vier gelbe Punkte auf den Hinterbeinen. • Affenkamm, Apeiba tibourbou (Tiliaceae), Vorkommen entlang von Flüssen, Verbreitung durch Brüllaffen. 25 Costa Rica 2006 • • • • Protokolle „Mayo“, Vochysia ferruginea (Vochysiaceae), verwandt mit Kreuzblümchengewächsen und hat gelbe Blüten Es wirft seine älteren Äste ab, was als „bota rama“ bezeichnet wird. Biophytum dendroides (Oxalidaceae), mit allen Kennzeichen eines Baumes ausgestattet: Wurzeln, verholzter Stamm und Krone, gehört zu den kleinsten Bäumen der Welt, blüht weiß. „Costaricanischer Muskatnussbaum“, Virola koschnyi (Myristaceae). Stachelechse, Corytophanes cristatus, sitzt aufrecht auf Bäumen, besitzt einen harten Stachelkamm am Kopf, lange, spitze Zehen, die es ihr ermöglichen gut zu klettern, kann Farbe aufgrund einer Hautreaktion von grün auf braun verändern, gut getarnt. Wir kommen in das Río Bonito Tal (= „Schönes Tal“): Es gibt eine kleine Ansiedlung von Bauernhöfen, wo man begonnen hat die Afrikanische Ölpalme zu setzen. Das war für das Naturschutzgebiet nicht sinnvoll, eine Aufforstung wäre besser gewesen. Das Tal ist im Bereich der Ölpalmenplantagen zu einer biologischen Wüste geworden, da die für viele Pflanzen und Tiere notwendige ökologische Landbrücke fehlt. Hinter dem Tal befindet sich das Küstengebiet. Es gibt eine Schule, die von Neuseeland finanziert und von ca. zehn Kindern besucht wird. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Guaba, Inga sp. (Mimosaceae), trägt machetenartige Früchte, hat Fiederblätter mit kleinen Drüsen, an denen Nektar sezerniert wird, wodurch Ameisen angelockt werden welche die Pflanze schützen. Pfirsichpalme, Bactris gasipaes (Palmae), besitzt Stacheln, das Holz ist hart und schwarz mit hellen Leitbündeln, die Früchte sind stärkehaltig und werden gekocht gegessen. Afrikanische Ölpalme, Elaeis guinensis (Arecaceae), der Fruchtstand ist im unreifen Zustand schwarz, wenn er reif ist orange. Rühr mich nicht an, Mimosa pudica (Mimosaceae) Eisvogel Tucane Mahagonibaum, Carapa guianensis (Meliaceae), eignet sich gut für Wiederaufforstungen, wächst am Rand von Flüssen sehr gut, ist als Möbel- und Bauholz verwendbar. Cedrela odorata, (Meliaceae), schnellwüchsiger Baum mit gutem Holz. Gras, Gynerium sagittatum (Poaceae), ist hier eine wichtige flussbegleitende Pflanze, verhindert Erosion. Wandelröschen- Lantana camara (Verbenaceae) Mangrovenschwalbe Grundelfische Barsche, maulbrütend Kerosinbaum, Protium sp. (Burseraceae), der weiße Arillus ist essbar, vogelverbreitet Bidens, „Zweizahn“ Blattschneideameisen Ozelotspuren Vismiabaccifera (Clusiaceae), wirkt gegen Warzen Nackter Indianer, Indio desnudo, Bursea simaruba (Burseraceae), wird aufgrund seiner rötlichen Rinde auch „Baum der Touristen“ genannt (Sonnenbrand). Er ist während der Trockenzeit laublos, besitzt unter der roten Rinde Chlorophyll und kann so auch ohne Blätter assimilieren. Er findet sich entlang von Flüssen. Der Baum ist wirksam gegen Gastritis und blutreinigend. Sein Harz wurde früher als Weihrauchersatz verwendet, heute wird aus der Rinde ein Tee hergestellt. Lindengewächs, Dicraspidia donell-smithii (Tiliaceae), besitzt in der Rinde lange Fasern, die Früchte sind essbar. Die Blätter sind asymmetrisch (ein reduzierter seitlicher Austrieb),es blüht gelb und besitzt extrem kleine Samen. Peitschenschwanzechse, Ameiva festiva Wir gehen nun den Río Bonito entlang. Der Tieflandfluss Río Bonito hat Trinkwasserqualität. Er ändert sein Flussbett ständig und mündet in den Esquinas-Fluss. Was diese Strecke besonders reizvoll macht ist, dass wir bei unserer Wanderung den Ceprada Sardinell 18 Mal durchqueren müssen. 26 Costa Rica 2006 • • • • • • Protokolle Warszewicia coccinea (Rubiaceae), Liane, besitzt rote Hochblätter Glasflügler, durchsichtige Flügel Road Side Hawk Ameisennest im Baum Kalebassenbaum (Crescentia alata), die Früchte werden für Gefäße verwendet. Die Blüten werden von Fledermäusen bestäubt. Basalholzbaum, Ochroma pyramidale (Bombacaceae) Von 10.30 – 11.00 Uhr rasten wir in der Rangerstation und können unsere Wasservorräte auffüllen. • • • • • • • • Anolisechse Mantis (Gottesanbeterin) Akacia allenii (Mimosaceae), kommt hier endemisch vor. Ameisen behausen diese Pflanze und werden von ihr mit Fett und Eiweiß verköstigt. Zucker wird durch Nektarien auf den Blättern produziert. Dafür reinigen die Ameisen die Akazie, sie könnte ohne die Symbiose mit ihnen nicht überleben. Nasenbären Morphusfalter, Morpho peleides (Schmetterling) Kapokbaum, Ceiba pentandra (Bombacaceae), dieser Baum hat einen Durchmesser von ca. vier Metern, an seiner Basis durch die Brettwurzeln sogar acht Meter. Er bietet unter anderem eine Behausung für Fledermäuse. Das Alter ist nur schwer zu eruieren, jedoch schätzt Anton dieses auf 400 – 500 Jahre. Limone Renealmia sp. (Ingwergewächs) Vorm Abstieg legen wir von 12.30 – 13.00 Uhr eine kurze Rast ein. • • • • Kuhmilchbaum, Brosimum utile (Moraceae), sein Milchsaft wird für die Käseherstellung und die Rinde für Dächer verwendet. Nest von Stachellosen Bienen Vanille, Vanilla sp. (Kletterorchidee) Sandbüchsenbaum, Hura crepitanus (Euphorbiaceae), wenn die Frucht trocknet, platzt sie auf. Früher füllte man in die unreifen Früchte Sand ein und benutzte sie um Tinte zu trocknen. Heute wird Schmuck daraus gemacht. Beim Abstieg können wir den Übergang in einen Küstenwald beobachten. Durch den Salzeinfluss kommen hier andere Pflanzen als im Hinterland vor. Um 14:50 Uhr Ankunft am Playa San Josésito (Golfo Dulce). Einige nutzen die Zeit um noch ein bisschen im Wasser herumzutoben, die meisten allerdings lassen das Erlebte und die befriedigende Erschöpfung auf sich wirken. Zwei kleine Boote bringen uns um 15:20 Uhr, vorbei am Regenwald der Österreicher, zum Hafen in Golfito. Bei der Fahrt sehen wir noch graue Pelikane und schwarze Riesenkrabben. Auch das Haus von Prof. Michael Schnitzler können wir noch bewundern. Ankunft am kleinen Hafen in Golfito, der ca. 45 km von La Gamba entfernt ist, um 15:55 Uhr. Dort entledigen wir uns unserer teilweise triefend nassen und total verschmutzten Kleidung um Rafa den Bus nicht zu verschmutzen. Nach diesem anstrengenden Tag tat uns die frische trockene Kleidung besonders gut! Abendessen um 18 Uhr. 27 Costa Rica 2006 Protokolle Golfito, Mangroventour, Strand von Zancudo, Golfo Dulce, Nachtwanderung FREITAG, 28. 07. 2006 (Monika Praschberger, Franziska Schrempf, Barbara Vobrovsky - Simon) Frühstück in der Tropenstation La Gamba um 7:00 Uhr. Abfahrt nach Golfito um 8:00 Uhr. Golfito war früher, zur Zeit der United Fruit Company (= U.F.C.), einer der wichtigsten Hafenstädte in Costa Rica. Daher entstanden viele Bars und auch Freudenhäuser, die von den Schiffsbesatzungen bis zur Abfahrt genutzt wurden. Rundfahrt mit dem Bus durch Golfito: Die Stadt besteht aus verschiedenen Zonen, welche auf die Zeit der U.F.C. zurückgehen. Zunächst fahren wir durch die Zone der Nachtbars und Freudenhäuser, danach durch die „Zona Americana“. In der dieser Zone wohnten die hohen Funktionäre der U.F.C., die Häuser wurden mit gutem Holz gebaut, haben hohe Räume und sind mit einem natürlichen Kühlungssystem ausgestattet, einem „offenen Dach“. Auch heute sind sie noch begehrt. Danach fahren wir an der freien Handelszone vorbei. Um hier einkaufen zu können, muss man ein Formular ausfüllen, auf welchem der Name und der Gegenstand, den man kaufen will, angegeben werden. Außerdem muss man in der Stadt übernachten und darf das Gewünschte erst am nächsten Tag erstehen. Trotz dieses Systems, nutzen viele die Handelszone um billiger einzukaufen. Vor allem Elektrogeräte werden gekauft, welche hier im feuchten Tropengebiet oft nicht länger als 2 Jahre funktionieren. Um 10:00 Uhr Abfahrt mit dem Boot in Richtung der Mangrovenwälder. Zuerst durch den Golf von Golfito, das Wasser ist hier sehr ruhig und die Bootsfahrt ist sehr angenehm. Danach im Golfo Dulce, südlich von Golfito. An jenem Strandabschnitt haben sich Obdachlose angesiedelt, welche hier mit dem Allernötigsten leben. Man könnte vom „Slum Golfitos“ sprechen. Der Stadt ist dieser ein großer Dorn im Auge und sie plant dort ein Hotel mit Casino. Dadurch sollen die Obdachlosen verschwinden außerdem hofft man auf „reichen“ Tourismus. Blick auf den Regenwald der Österreicher, den Nationalpark Corcovado und sogar auf Panama. Vom Boot aus beobachten wir Fregattvögel, welche besonders gute Flieger sind. Sie jagen Möwen wenn diese von ihrer Futtersuche zurückkommen. Möwen werden so lange gejagt, bis sie ihr Futter den Fregattvögeln überlassen. So ersparen sich diese die Futtersuche. Momentan jagen sie aber eher Fische. Fregattvogel (Fregata), Fregatidae, sind nahe verwandt mit Pelikanen und Kormoranen. Als wir die Einfahrt in den Río Coto erreichen, um uns die Mangrovenwälder anzusehen, hat die Ebbe schon eingesetzt und dem Kapitän ist es zu riskant einzufahren. Nach langer und heftiger Diskussion entschließen wir uns am Strand zu warten und später in die Mangroven zu fahren. Aber auch die Anfahrt zum Strand ist dem Kapitän zu gefährlich und so gehen wir ca. 100 m vom Strand entfernt, mit Badesachen, mehr oder weniger freiwillig, von Bord. Bis 13:00 Uhr haben wir nun Zeit um das warme Wasser und den wunderschönen, menschenleeren Strand zu nutzen und zu genießen. Um 13:30 Uhr gibt es ein selbst mitgebrachtes Picknick unter Palmen in Nähe des Strandes bei einer gemütlichen Bar mit Musik und echtem Karibikcharme. 28 Costa Rica 2006 Protokolle Nach der Pause und etwas Beachvolleyball steigen wir um 14:45 Uhr wieder auf das Boot und machen uns nun tatsächlich auf den Weg zu den Mangroven. Die Mangrovenwälder des Río Coto sind ständiger mechanischer Belastung ausgeliefert: durch Ebbe und Flut, die hier alle 6 Stunden einsetzen und durch Erosion, da der Fluss immer Material mit sich führt. Die Mäander (die geschlängelte Fließform) des Flusses sind gekennzeichnet durch Prallhang und Gleithang. Am Prallhang ist die Belastung am größten und für die Rote Mangrove ist es hier fast unmöglich neue Bäume aufkommen zu lassen. Hier wird Material abgetragen, daher sind die Ufer steil. Am Gleithang entstehen Sandbänke durch die Ablagerung von Material und die Mangroven können Land zurück gewinnen. Daher sieht man im vorderen Teil des Waldes kleinere Mangroven, welche nach hinten hin immer größer werden. Rhizophora mangle, Rhizophora racemosa (Rhizophoraceae) Rhizophora-Arten sind Bäume oder Sträucher der Gezeitenzone tropischer Küsten. Sie besitzen auffällige Stelzwurzeln. Die glatten, lederartigen Blätter sind ungeteilt, gegenständig und ganzrandig. Ihren wissenschaftlichen Namen verdanken sie den ausladenden, bogenförmigen Stelzwurzeln. Die eiförmige oder konische Frucht ist bräunlich oder grau-grün und lederartig hart. In der Regel entwickelt sich nur ein Same, der in der Frucht am Mutterbaum keimt (Viviparie). Die Primärwurzel stirbt schnell ab. Das Hypokotyl des Keimlings durchbricht das Perikarp, bleibt aber zunächst über die zu einer kragenförmigen Struktur umgebildeten Kotyledonen mit der Frucht verbunden. Der Keimling kann bei manchen Arten mehr als 50 cm Länge erreichen, bevor er abgeworfen wird. Die Keimlinge sind schwimmfähig und können über Monate im Meer driften, ohne die Fähigkeit zum Wurzeln zu verlieren. Zu der besonderen Anpassungsfähigkeit der Mangrovenbäume an ihren Lebensraum gehören einerseits ihre ausgeprägte Salztoleranz und andererseits die Fähigkeit zum Wurzeln in sauerstoffarmen und instabilen Sediment. Um mit dem hohen Salzgehalt fertig zu werden speichert die Pflanze es in ihren Blättern, diese verfärben sich im Lauf der Zeit gelblich und fallen dann ab. Die Arten der Gattung Rhizophora gehören, zusammen mit den nicht näher verwandten Arten der Gattung Avicennia, zu den wichtigsten Mangrovenbäumen. Vor allem für die weit verbreitete Art R. mangle wird der Name „Rote Mangrove“ verwendet; er bezieht sich wahrscheinlich auf den rötlichen Bast und das bisweilen rotbraune Holz dieser Art. Am Río Coto kann man auch gut jene Linie erkennen, wo sich Salzwasser vom Meer und Süßwasser vom Fluss vermischen. Außerdem sehen wir noch: • Speziell angepasste Orchidee (Brassavola nodosa) mit weißen Blüten. • (Acrostichum aureum), ein salztoleranter Farn. • Größter Samen der 2-Keimblättrigen Pflanzen mit einer Größe von ca. 20 cm (Mora oleifera, Mimosaceae) • Rosa Löffler (A. ajaja), eine Vogelart aus der Familie der Ibise. Da er beim geringsten Geräusch sofort davonfliegt, können wir ihn nur aus der Ferne beobachten und die Wenigsten schaffen es ein Foto von ihm zu machen. • Blaureiherfamilie (little blue heron, Egretta caerulea). • Kahnschnabelreiher (Cochlearius cochlearius), gehört innerhalb der Unterfamilie der Nachtreiher (Nycticoracinae) zur Gattung der Kahnschnäbel (Cochlearius). • Mangrovenschwalben • Brachvögel • Weiße Ibise (Threskiornithidae), sind eine Vogelfamilie aus der Ordnung der Schreitvögel (Ciconiiformes). Die Familie umfasst 14 Gattungen und 34 Arten. • Olivgrüner Kormoran (Phalacrocorax auritus), als Kormorane (Phalacrocoracidae) bezeichnet man eine Vogelfamilie aus der Ordnung der Ruderfüßer (Pelecaniformes). Die Familie besteht nur aus der einzigen Gattung Phalacrocorax. Als „Kormoran" und „Scharbe" wurden ursprünglich nur die in Europa vorkommenden Arten Kormoran (Ph. carbo) und 29 Costa Rica 2006 • • • Protokolle Krähenscharbe (Ph. aristotelis) bezeichnet. Als weitere Arten dieser Familie entdeckt wurden, wurden sie entweder ebenfalls als Kormoran bezeichnet – sofern schopflos – oder als Scharbe, wenn sie am Kopf einen Federschopf trugen. Weisskopfkapuzieneraffen (Cebus capucinus), gemeinsam mit den Totenkopfaffen bilden sie die Familie der Kapuzinerartigen (Cebidae). Die Gattung wird in acht Arten unterteilt. Kapuzineraffen leben auf dem amerikanischen Kontinent, von Mittelamerika (Honduras) bis ins mittlere Südamerika (mittleres Brasilien, Paraguay). Auch dieses Tier ist allgemein sehr scheu, und verschwindet, als es uns erblickt, sofort wieder in den Schatten der schützenden Mangroven. Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii), wir nähern uns mit dem Boot den Tieren, aber anstatt sich zu verstecken, kommen immer mehr von ihnen zu den äußeren Zweigen der Mangroven und betrachten uns, als wären wir die Affen und sie die Touristen. Amerikanisches Spitzmaulkrokodil (Crocodylus acutus), schwimmt direkt an unserem Boot vorbei. Rückfahrt durch einen engen, künstlichen Kanal, der nur bei Flut befahrbar ist. Es beginnt zu regnen. Trotz der Überdachung des Bootes, müssen wir Regenschirme aufspannen und uns enger zueinander setzen um nicht vollständig nass zu werden. Die Wolken am Himmel bieten ein einzigartiges Schauspiel von hell und dunkel, Sonne und Schatten. Wir passieren die Vogelinsel „Isla Pajaro“, welche eine wichtige Brut- und Schlafstätte vieler Wasservogelarten ist. Um 17.10 Uhr sind wir dann auch schon am Hafen von Golfito angekommen und sitzen wieder im Bus, wo wir bei strömenden Regen die Heimfahrt antreten. Um 18:30 Uhr Ankunft in der Tropenstation La Gamba. 19:00 Uhr Abendessen. 20:15 Uhr Nachtexkursion durch den Regenwald der Österreicher. Ausgestattet mit Gummistiefeln, Taschenlampen und Fotoapparaten geht es los. Bei Nacht sieht man hier keine Sterne, denn leuchtet man gegen den Himmel ist nur das Blätterdach des Regenwaldes zu sehen. Eine ganz außergewöhnliche Erfahrung! Schon im „Garten“ der Station sehen wir • Glasfroschpärchen • Pfeilgiftfrosch • falsche Lanzenotter Im Teich neben dem Weg zur Esquinas Lodge entdecken wir • Schnappschildkröte • Kaiman • Rotaugenfrosch Wir treffen ein paar Mitarbeiter der Lodge und der Tropenstation, die nach getaner Arbeit noch gemütlich beisammensitzen. Kurzentschlossen begleiten uns Luis und ein anderer Mitarbeiter bei unserer Entdeckungsreise und helfen uns beim „Aufstöbern“ versteckter nachtaktiver Lebewesen. Während wir neben und im Bachbett auf und ab gehen und einige feststellen müssen, dass ihre Gummistiefel nicht ganz so dicht sind, wie man im Allgemeinen davon ausgeht, sehen wir • Tarantel (Anton macht uns darauf aufmerksam dass diese Spinne springen kann) • echte Lanzenotter, nach diesem Erlebnis kehren ca. 2/3 unserer Gruppe um, das war Abenteuer genug! • etliche Spinnen • Glasfroschmännchen auf der Blattunterseite eines Strauches, die das Gelege bewachen • Hundertfüßler 30 Costa Rica 2006 • • • • • Protokolle Tausendfüßler Stabheuschrecken eine nur selten in den Tropen vorkommende Schnecke mit Behausung Eidechsen und Geckos Prachtbiene, die sich in ein Blatt verbissen hat (Pilz im Gehirn) und wegen unserem Taschenlampenlicht vorübergehend zum Leben erwacht. Auf gut gemeinten Rat von Anton hin, verzichten wir für einige Minuten auf das Licht und warten, mit etwas mulmigen Gefühl, dass die Prachtbiene wieder zur Ruhe kommt und verschwindet. Gegen 22:30 Uhr kommen wir wieder in der Tropenstation an. Wir waren ganze zweieinhalb Stunden unterwegs, bei Tag ist dieselbe Strecke in einer halben Stunde zu schaffen. Reisfabrik und Tropical Paradise Garden SAMSTAG, 29. 07. 2006 (Ines Faber) 7:00 Uhr: Frühstück wie immer. 8:00 Uhr: Abfahrt mit dem Bus. 8:40 Uhr: Ankunft Reisfabrik „Arroceria el Ceibo“. Wir können bei der Reisabfüllung und Verpackung zusehen. Leider funktionieren einige der Maschinen nicht, aber der Besitzer und Anton bringen uns die Funktionsweise trotzdem nahe. Zuerst wird der Reis von gröberen Verunreinigungen (Gräser, grober Staub) getrennt. Dann wird er samt Schale in die Trocknungsanlage geschleust. Dort wird er ca. 12 h lang bei 60 °C immer wieder umgewälzt und auf 12 % Wassergehalt herabgetrocknet. Diese Trocknungsanlage wird ökonomisch mit den getrockneten Spelzen beheizt (früher verwendete man Diesel). Anschließend wird der Reis von den Spelzen getrennt, gereinigt und poliert. Das Silberhäutchen wird auch abgetrennt. Die dabei entstehenden Abfälle können als Tierfuttermittel und als Düngemittel verwendet werden (die Spelzen lockern den Erdboden auf). Jetzt werden noch die Reissorten nach der Qualität eingeteilt (50 – 95 % vollen Anteil an Korn). Die Produktionsmonate sind hauptsächlich Jänner und Juni, aber allgemein wird nur einmal pro Jahr geerntet, da bei häufigerer Ernte die Reispflanze anfälliger wird für Krankheiten und Schädlinge. 9:40 Uhr: Ankunft im Tropical Paradise Garden Inhaber dieses Gartens ist Robert Beatham, welcher selbst auch für die United Fruit Company gearbeitet hat. Er heißt uns herzlich Willkommen. Robert erzählt uns (mit sehr schneller Geschwindigkeit auf Englisch!) die Geschichte der United Fruit Company mit ihren Anfängen um 1880 und welche Hindernisse auf dem Erfolgsweg überwunden werden mussten. Zum Beispiel wurden im Jahre 1985 die Exporttaxen für Bananenkisten eingeführt, jedoch manche Länder hielten an ihren eigenen Bedingungen fest. Costa Rica war dadurch im Vergleich benachteiligt. Es wurden viele verschiedene Früchte, Blätter und Heilpflanzen zur Ansicht und zum Angreifen vorbereitet, zu denen er uns kurze Geschichten, oft in Verbindung zur U.F.C. erzählt. Robert erwähnt besonders das gute Red Palm Oil, welches aus den Früchten der Ölpalme gewonnen wird, reich an Antioxidantien ist und sich somit lange hält. Zusätzlich weist es einen hohen Gehalt an Carotinoiden auf. Aus diesem Öl wird auch die von ihm gepriesene Palmölsuppe gemacht, welche wir später verkosten dürfen. Danach machen wir, gemeinsam mit Robert, einen Spaziergang durch den wunderschönen Garten und es wird uns, unter anderem, die umständliche und lebensgefährliche Ernte der Palmölfrüchte gezeigt. 31 Costa Rica 2006 Protokolle Nach einem weiteren Vortrag (und auch währenddessen!) verkosten wir etliche Speisen aus diversen Früchten und Blättern, die Roberts Schwiegertochter teilweise vor unseren Augen frisch zubereitet: • Azar-Saft: sehr bekömmlich; Cas-Saft: ähnlich wie Azar, nur etwas saurer • Empanadas: verschieden gefüllte Maisteigtaschen, in Palmöl herausgebacken • Yucca oder Maniok: frittiert, schmeckt ähnlich wie Kartoffel, nur etwas fasriger • Kakaosamen: die Pulpa rund um die Kakaobohnen ist weiß und süßlich • diverse Zitrusfrüchte (Kumquats, Limone, Orange, etc) • Palmölsuppe mit Reis und Brot Dann erzählt Robert uns noch einiges über die Heilpflanzen. Seine (bereits verstorbene) Frau habe sich auch sehr intensiv mit dem Gebiet beschäftigt und scheint ihm einiges von ihrem Wissen vermittelt zu haben. Er wurde zum Beispiel von seinem hohen Blutzucker befreit und erzählt auch etliches über krebshemmende Substanzen. 12:30 Uhr: Ankunft in der Tropenstation, wo ein Mittagessen auf uns wartet, doch haben wir alle kaum Hunger aufgrund der ausgiebigen Verkostung im Tropical Paradise Garden. Bis 18:45 Uhr: Freier Nachmittag! Ein Teil der Gruppe reitet zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man auf den Golfo Dulce blicken kann. Am Ziel angekommen, lassen der Regen und der Dunst leider keinen nennenswerten Blick auf den Golf zu. Die anderen KollegInnen recherchieren in Büchern für ihren Exkursionsbericht oder ruhen sich in den zahlreichen Hängematten einfach nur aus. 18:45 Uhr: Abfahrt zur Fiesta nach La Gamba (Salon Communal), nichts ahnend welch gute Stimmung uns dort erwartet und wie lustig die Veranstaltung werden wird! – Open End Besuch der Ortschaft „La Gamba“ SONNTAG, 30. 07. 2006 (Mario Auer, Andrea Pichlmair) 7:00 Uhr Frühstück in der Tropenstation. Um 8:00 Uhr Abfahrt mit dem Bus in die Ortschaft „La Gamba”. Wir besichtigen die kleine Ortschaft, die in den 50er Jahren entstanden ist, als die Interamerikana gebaut wurde. Heute leben hier etwa 70 Familien, das entspricht etwa 450 – 500 Personen. Für den Namen „La Gamba” gibt es zwei Übersetzungsmöglichkeiten: • Nach dem riesigen Kabokbaum mit seinen Brettwurzeln (Brettwurzel = la gamba). Angeblich sind hier früher viele dieser Bäume gestanden, die abgeholzt wurden. (am wahrscheinlichsten) • Nach den Shrimps (= las gambas). In der Ortschaft besuchen wir: • Ein Shampoo-Projekt „Aujeres visionarias”. Hier arbeiten 7 Frauen seit 8 Jahren. In einem Kräutergarten bauen sie Azul de Mata, Sabila und Tuna an. Sie machen alle Verarbeitungsschritte selbst, bis hin zum fertig abgefüllten Shampoo. Prinzipielle Zubereitung: Liquadora (zerkleinern) – mit Wasser aufgießen – kochen – Antioxidantien und Duftstoffe hinzufügen. Die Foundation Neotropica leistet Entwicklungshilfe und hat viele Projekte unterstützt, unter anderem dieses. So war es möglich eine Gesellschaft aufzubauen. • Den Salon Communal, wo einige Frauen selbst gemachten Schmuck verkaufen. • Die Aguti-Aufzucht beim Haus von Jose Angel. Agutis (Dasyprocta) sind nachtaktive Nagetiere. Sie bekommen nur etwa zwei Junge pro Jahr. Die Tragzeit beträgt 6 Monate. Sie sind Allesfresser, wichtige Fruchtverbreiter und werden etwa 10 – 20 Jahre alt. Jose Angel züchtet diese Tiere und verkauft sie. Er kann sie nicht frei lassen, sie würden gejagt werden. Es gibt noch kein geeignetes Gesetz dagegen, die Jäger werden aber immer weniger. • Die Bäckerei, wo wir Kekse und Cas kosten und uns ein bisschen umschauen. 32 Costa Rica 2006 Protokolle Mit dem Bus fahren wir ein kurzes Stück aus der Ortschaft hinaus und gehen dann zu einem Haus, das von der U.F.C. gebaut wurde und dort bis 1986 Bananen anbaute. 1994 sollten die Bananen von einer anderen Firma wieder gesetzt werden, doch die Firma brauchte Geld und daher nahmen die Bauern Hypotheken auf. Die Firma verschwand jedoch spurlos mit dem Geld. Den Bauern blieb nichts mehr, nicht einmal ihre eigenen Felder, Bananen wurden natürlich auch nicht angebaut. Anschließend kamen die Landbesetzer (Präkaristas). Es gibt ein Gesetz, dass sie auf ein Land Besitzansprüche haben, wenn sie darauf 3 Jahre leben ohne dass jemand Einspruch erhebt. Die Polizei sollte die Landbesetzer vertreiben, doch irgendwann nahmen wütende Bürger die Sache selbst in die Hand und brannten das Haus, das in der Ebene stand nieder. 11:00 Uhr baden bei einem verstecken Wasserfall, der sich auf dem Grundstück befindet, auf dem auch das ehemalige Haus der U.F.C. steht. Der Wasserfall hat das kälteste Wasser, in dem wir auf unserer Reise bis jetzt geplanscht haben – einer der Gründe (von den Nachwehen der Fiesta am Vorabend mal abgesehen), warum die meisten KollegInnen die Badezeit verkürzen bzw. sich gar nicht erst ins kalte Nass begeben wollen. 12:30 Uhr Mittagessen. Freier Nachmittag. Wieder nutzen einige aus der Gruppe die Chance auf einen Ausritt um die Aussicht auf den Golfo Dulce zu genießen. Heute haben sie Glück – trotz Regen und Dunst kann man den Golfo Dulce ansatzweise erkennen! 18:30 Uhr Abendessen in der Tropenstation. Rückfahrt nach San José MONTAG, 31. 07. 2006 (Barbara Lukasch, Theresia Fastian) Frühstück ab 7:00 Uhr. Abfahrt um 8:00 Uhr Richtung San José – werden nach ca. 10 Minuten von Polizei aufgehalten – Passkontrolle! (Regelmäßige Kontrollen auf Grund von Drogenschmuggel über die nahe liegende Grenze zu Panama.) Während der Fahrt macht uns Anton auf verschiedenste Besonderheiten der Umgebung aufmerksam. Teakholzplantagen und Melina-Plantagen – Gmelina aborea (Verbenaceae) ist ein afrikanischer Baum der für die Möbel- und Palettenherstellung verwendet wird. Wegen seines schnellen Wachstums kann er schon nach 5 – 6 Jahren mit einem ca. 30 cm dicken Stamm „geerntet“ werden. Das weiche, eher weiße Holz dieser Pionierart ist auch termitenresistent, wahrscheinlich auf Grund der hohen Gerbstoffkonzentration. Toilettenpause um 9.50 Uhr in Rey Curre bei den Boruca - Indianern. Bei diesem halbstündigen Stopp haben wir auch die Möglichkeit selbstgemachte Kunstwerke dieses Stammes zu begutachten und zu kaufen (Rasseln, Tiere, Obstschalen, Haarspangen, Amulettes, Geldbörsen, Masken, etc. alles aus der Frucht des Kalebassenbaumes und Holz, vorzugsweise geschnitzt). Weiter geht die Fahrt durch ein Savannengebiet, das einerseits durch sehr trockenes Klima (Regenschatten der Cordilleren), andererseits durch anthropogenen Einfluss entstanden ist. Um ca. 10:15 Uhr machen wir wieder einen kurzen Fotostopp bei einer Ananasplantage in Buenos Aires. 33 Costa Rica 2006 Protokolle Die Ananas comosus (Bromeliaceae) kommt ursprünglich aus Brasilien und wird in solchen Trockengebieten Costa Ricas gerne angebaut. Die Frucht ist eine Sammelbeere, welche nach 18 Monaten händisch, durch abbrechen, geerntet wird (Sollbruchstelle). Nach weiteren 18 Monaten kann man eine zweite Ernte an den Seitentrieben vornehmen. Da die Blätter der Ananaspflanze Stacheln besitzen, sind die Arbeiter gezwungen beim Ernten einen Lendenschurz zu tragen um Verletzungen zu vermeiden. Der Transport der Früchte vom Feld erfolgt mit Traktoren. Nach der 2. Ernte werden die Pflanzen totgespritzt, da sie ansonsten nur sehr langsam verrotten würden. Anschließend werden die abgestorbenen Pflanzen verbrannt. Aufgrund dieses technischen Mehraufwandes und zur Ernteerleichterung gibt es zwischen den Feldern im regelmäßigen Abstand Spritz- und Ernteausleger (breitere Wege), damit die Maschinen genügend Platz haben und rationell gearbeitet werden kann. In Costa Rica werden jährlich an die 150.000 Tonnen Ananas produziert (allerdings nicht ökologisch!). Verwendet werden die Sorten „Smooth cayen“ (für Konserven), „Queen“ und „Avacaxy“ (für Frischverzehr). Die Früchte sind reich an Inhaltsstoffen wie Provitamin A und Fruchtsäuren. Prometin wirkt verdauungsfördernd und macht Fleisch weich. Fruchtschalensaft der unreifen Ananas wurde früher auch als Abtreibungsmittel verwendet. Für den Welthandel ist die Ananas eine sehr wichtige Handelsfrucht, da sie neben dem Frischverzehr und der Konservierung auch zur Stofferzeugung herangezogen wird. Um 11:20 Uhr haben wir (trotz des Feiertages) die Möglichkeit, eine Zuckerrohr-Melassefabrik in San Ramon (Cartago) zu besichtigen. Allerdings muss Anton die Führung selbst machen, da die Arbeiter schon am Beginn der Siesta sind. Melassegewinnung: Zuerst wird Pflanzenrohmasse des Zuckerrohrs gewogen und zweimal gepresst. Der dabei austretende Saft wird zur Verarbeitung weitergeleitet und die entstandenen Hexel werden verbrannt. Der Saft kommt in einen Reinigungsbottich, wo Eiweiß ausgefällt wird. Durch Zugabe von verschleimter Rinde von Guazuma ulmifolia (Sterculiaceae) wird das Eiweiß abgetrennt und ausgeschöpft. Anschließend wird die gereinigte Flüssigkeit im Hochdruckkessel auf 80 °C erhitzt und mehrmals eingedickt. Wenn das Produkt eine braune Farbe und die gewünschte Geschmeidigkeit erreicht hat (ähnlich der Margarine), wird alles nochmals unter Zugabe von „manteca“ (Margarine) gerührt, in Gefäße portioniert und als sog. Dulce (Melasse) verpackt. Saccharum officinarum stammt ursprünglich aus Süd-Ostasien (Neuguinea). Weltweit werden 62 Mio. t Zucker erzeugt. Das frische Rohr kann gekaut bzw. ausgepresst werden. Der Saft wird oft mit etwas Zitrone genossen. Grünmasse dient einerseits als Viehfutter, andererseits auch als Heizgut. Ernteabfälle werden für Papier- und Bauplattenherstellung verwendet. Die Heute angebauten Sorten sind alles Hybride mit 10 – 11 % Zuckergehalt. Die Ernte erfolgt nach 9 Monaten. Die Gattung Saccharum hat 6 Arten, wovon 4 zum Zwecke der Zuckergewinnung kultiviert werden (können nicht allein in Natur vorkommen!). Die Provinz Cartago ist in Costa Rica das wichtigste Anbaugebiet für Zuckerrohr. Weltweit werden ca. 120 Mio. t Zuckerrohr geerntet, davon 3,5 Mio. t in Costa Rica. Der Zuckergewinn beträgt 1/3 der geernteten Pflanzenrohmasse. Costa Rica steht mit seiner Zuckerrohrerzeugung in Mittelamerika an dritter Stelle. Die weltweit führenden Länder im Zuckerrohranbau sind Cuba, Brasilien und Thailand. Weiter geht die Fahrt nach San José. Um ca. 13.20 Uhr machen wir, auf dem Weg zum Pass „Cerro de la muerte“, beim Restaurant La Georgina in der Ortschaft Villa Mills (3.100 m Seehöhe), Mittagspause. Ein Highlight des Restaurants ist die lange Fensterfront, an der man, während man sein köstliches Mahl einnimmt, Kolibris beim Trinken beobachten kann und einen schönen Fernblick über die uns umgebende Gebirgskette hat (soweit der Dunst es zulässt). Das Restaurant wurde 1947 an der Interamerikana errichtet und ist inzwischen schon sehr bekannt. Außerdem ist Villa Mills ein guter Ort, um den Quetzal - Vogel zu beobachten, welcher als heiliger Vogel der Mayas bekannt wurde und dessen lange Schwanzfedern als Kopfschmuck dem Mayakönig Montezuma dienten. Die Fahrt auf der Interamerikana führt uns auch vorbei am Paramo, eine baumlose Vegetation (über 3.000 m) und Rohhumusböden. Vereinzelt ist noch ein Quercus copeyensis vorzufinden, eine Baumart, die bis 3.000 m hinauf gedeihen kann. Im Paramo werden bis zu 70 °C Temperaturunterschied gemessen! Die wichtigste Pflanze hier ist der Bambus, Chusquea subtesselata. 34 Costa Rica 2006 Protokolle Um uns die Vegetation aus der Nähe ansehen zu können machen wir einen kurzen Stopp und die hartgesottensten Kollegen wagen eine kurze Wanderung in den Paramo hinein: • Castillea irazuensis (Scrophulariaceae). • Hypericum irazuense (Clusiaceae), besitzt starke Verzweigungen und kann sich somit ein Mikroklima schaffen. • Calamogrostis (Poaceae), bis zu 1,5 m hoch. • Acaena cylindrostachia (Rosengewächs), starke Behaarung dient als Kälteschutz. • Chora pavonia (Blaualgenflechte), ist eine Pionierpflanze und entsteht durch Symbiose aus Alge und Pilz. • Lycopodium clavatum (Bärlapp). • Escallonia myrtillioide (Escalloniaceae), etagenartig aufgebauter Baum. • Valleriana pRíonophylla (Vallerianaceae), äußerst strenger Geruch. • Carex spp. (Cyperaceae). 15:05 Uhr wiederum ein kurzer Stopp um eine kleine Wanderung im sog. Paramillo zu machen. Das Paramillo ist eigentlich ein Hochmoor mit typischen Paramopflanzen und in Costa Rica nur an wenigen Stellen anzutreffen. Die Wuchsformen sind ganz ähnlich wie im Paramo, nur ist hier wegen der Staunässe kein Baumwachstum möglich. Die wichtigste Pflanze im Hochmoor ist die Gattung Sphagnum, welche die Eigenschaft besitzt, mit Hilfe der Blättchen, Nährstoffe aus dem Niederschlagswasser zu entnehmen. Dadurch kommt es zu einer Ansäuerung des Unterbodens und zu einem unvollständigen Abbau der organischen Substanz (Torfbildung). Auf diese Art und Weise wachsen die Torfmoose immer weiter in die Höhe und bilden einen uhrglasförmigen Moorkörper. Hochmoore werden ausschließlich mit Nährstoffen aus dem Niederschlagswasser versorgt, wodurch nur Spezialisten an solchen Standorten gedeihen können. Vielfach werden Einrichtungen für eine zusätzliche Nährstoffaufnahme ausgebildet (z.B. sog. Insektenverdauenede Pflanzen wie Sonnentau oder Fettkraut). Moorbäche dienen der Entwässerung des Gebietes. • • • • • • • • Puya dasylirioides (Bromeliaceae), ist eine Schopfrosettenpflanze, die bis zu 1,5m hoch wird und an ganz feuchten Stellen vorzufinden ist. Die Bestäubung erfolgt über Bienen und Kolibris. Die Rosettenform bietet einen guten Knospenschutz und hat eine Trichterfunktion, wobei Oligosaccharide eingelagert werden können, welche eine kleinere Eiskristallbildung in den Pflanzenzellen bewirken und somit eine Sprengung des Plasmalemmas bei Gefrieren verhindert wird (blaue Blüten). Blechnum buchtieni (Blechnaceae), Farn der die Puya in höheren Lagen ablöst (oft fließende Übergänge). Er kann bis zu 2 m hoch werden. Moos, umwächst Pflanzen ganz und ist ein epiphytischer Strukturparasit, der nicht am Boden wachsen kann. Senecio grandifolius (Asteraceae), kleine gelbe Blüten (sieht von weitem wie eine Schafgarbe aus, ist aber nicht im Entferntesten damit verwandt!). Quercus copeyensis (Fagaceae), vereinzelt, bis zu 3.000 Höhenmetern vorkommende Eiche Rubus sp. (Brombeere) Pteridium sp (Farn) Xyris sp. (Xyridaceae), schaut aus wie Gras, ist aber keines; gelbe Blüten Um 15:45 Uhr nochmals ein Fotostopp, um den dunstigen Ausblick auf die Cordillera de Talamanca und den, nur notdürftig abgesperrten, halb abgebrochenen Teil der Interamerikana, für die Nachwelt festzuhalten. Ankunft in San José um ca. 18:00 Uhr (Unterkunft wieder im Hotel „Fleur de Lys“). Treffpunkt in der Lobby um 19:00 Uhr – Aufbruch zum Abendessen in der Innenstadt von San José (Avenida Central, wiederum das Lokal „Manolo“). Anschließend gibt es noch ein gemütliches Zusammensitzen und Cocktailschlürfen an der Hotelbar für diejenigen, denen die anstrengende Busfahrt des langen Tages noch nicht ins Gesicht geschrieben steht. – Open End 35 Costa Rica 2006 Protokolle Tag der Abreise, San José Stadtrundgang – Shopping – Heimflug DIENSTAG, 01. 08. 2006 (Bernadette Binder) ab 7:00 Uhr gibt es Frühstück: Gallo pinto, Obst etc. (das Übliche). 8:30 Uhr (theoretisch zumindest) Aufbruch zum Stadtrundgang. Zu Fuß brechen wir auf um die Hauptstadt Costa Ricas, die wir am Beginn unserer Reise nur abends erkundet haben, auch bei Tag zu erleben. Vom Hotel aus geht es vorbei am Museo Nacional zum Museo del Jade, welches angeblich eines der schönsten Museen in San José ist. Museo National de Costa Rica Auf der Anhöhe der Straße „de Moras“ mit Blick über die Stadt liegt Costa Ricas Nationalmuseum in der ehemaligen Festung Bellavista, dem ehemaligen Hauptquartier der Armee, gelegen. An der Stelle, wo einst das Mutterhaus von Mauro Fernandéz, dem Reformer des costaricanischen Bildungssystems, stand, wurde 1917 das Hauptquartier Bellavista errichtet. Das Nationalmuseum wurde bereits im Jahre 1887 gegründet und befand sich früher im Gebäude der „Universidad de Santo Tomas“. Nach einigen Umzügen übersiedelte es 1950 in die Festung Bellavista, wo es sich noch heute befindet. Heute kann man im Nationalmuseum die Geschichte des Landes Revue passieren lassen, nicht nur die militärischen Heldentaten sondern auch die Wendejahre Costa Ricas. Es beherbergt eine Ausstellung zur Geschichte des Landes. Die Ausstellungsobjekte reichen von prähistorischen Fundstücken, unter anderem auch Steinkugeln, über koloniale Möbel und Kunst bis in die Gegenwart. 9:00 – 10:05 Uhr Museo del Jade Das Jademuseum befindet sich im Gebäude des „Instituto Nacional des Seguros“ und umfasst eine Reihe von archäologisch wichtigen Stücken aus der präkolumbianischen Epoche. Bis vor kurzem befand es sich noch im 11. Stock des Gebäudes, wo es seit 1984 beheimatet war. Nun aber hat es ebenerdig einen eigenen Eingang bekommen. Das Museum hat sich zum Ziel gesetzt, das indianische Erbe von Costa Rica zu bewahren und zu erhalten. Ausgestellt werden Keramikkunstwerke, Goldschmiedekunst und Jadestücke, die aus mesoamerikanischen Gebieten, zum Großteil aus diversen Orten in Costa Rica, wie beispielsweise aus Guanacaste oder Nicoya stammen. Es kann nicht nur grüne Jade, sondern auch Jade in anderen Farbnuancen bewundert werden. Zusätzlich werden auch Skulpturen aus Vulkangestein gezeigt. 10:20 Uhr Boxenstopp zum Bücherkauf Zum Glück gibt es ein umfangreiches Sortiment englischsprachiger Literatur bzw. Sachbücher aller Art, denn mit der spanischen Sprache stehen die meisten von uns bis dato noch auf dem Kriegsfuß. ca. 10:45 Uhr Teatro Nacional – Besichtigung (fotografieren ja, Blitz nein) Als Symbol europäischen Strebens der liberalen Kaffeepflanzergesellschaft wurde das Nationaltheater im ausgehenden19. Jh. durch die Besteuerung der Kaffeeproduktion errichtet. Direkt neben dem Plaza de la Cultura gelegen, im neoklassizistischen Stil erbaut, ist des Nationaltheater der Pariser Oper nachempfunden. Als 1890 die berühmte Opernsängerin Adelina Patti auf ihrer Tournee durch Zentralamerika mangels geeignetem Rahmen in Costa Rica nicht auftreten konnte, erhoben die darüber sehr betrübten Kaffeebarone kurzerhand eine Kaffeesteuer, wodurch der Bau des Teatro Nacional ermöglicht werden konnte. Maler und Dekorateure kamen, ebenso wie der verwendete Marmor, aus Italien. 1897 wurde das Nationaltheater mit einer Aufführung von Sängern der Pariser Oper feierlich eröffnet. Nicht zu unrecht ist das Theater auch heute noch der Stolz der Ticos. 1965 wurde es aufgrund seiner architektonischen Schönheit zum Nationalmonument erklärt. Wertvolle Deckengemälde, ein aufwendiges Innendekor im Barockstil sowie eine exzellente Akustik schaffen eine geeignete Atmosphäre und einen stilvollen Rahmen für Aufführungen von Weltklasse. Dem Besucher wird mit Sicherheit ein unvergessliches Erlebnis bereitet. Links neben der Eingangshalle befindet sich ein stilvolles Café mit sehenswerten Deckengemälden, welches angeblich einer der schönsten Orte ist, um costaricanischen Kaffee zu genießen. Gelegentlich beherbergt es auch Kunstausstellungen, die einen Besuch noch interessanter gestalten. Der Blick auf das wohl bekannteste 36 Costa Rica 2006 Protokolle Deckengemälde des Theaters, Alegoria genannt, enthüllt einige Kuriositäten, denn dem italienischen Künster Aleardo Villa sind bei der Darstellung einiger Details sonderbare Fehler unterlaufen. So wachsen beispielsweise die Bananen verkehrt herum. Ebenfalls neu und einzigartig an der Darstellung ist, dass Hochlandkaffee an der Küste gedeiht. Die Alegoria zierte auch einen 5-Colones Geldschein, der allerdings nicht mehr im Umlauf ist. Vorbei geht es am Postgebäude zum Markt. Das Post- und Telegrafenamt wurde zwischen den Jahren 1914 und 1917 nach den Plänen von Luis Llach im elektizistischen Stil errichtet und zeigt deutliche französische Einflüsse. Es handelt sich um ein monumentales und sicher auch elegantes Gebäude mit seinen schönen eckigen Türmen und dem schmalen Eingangsbereich. Neben den eigentlichen Postschalterräumen beherbergt es auch ein Briefmarkenmuseum, in welchem dem Besucher die Geschichte und Entwicklung der Post näher gebracht wird. ca. 12:00 Uhr Mercado Central – auf zum Futternapf; danach Zeit zur freien Verfügung. Der Markt wurde um 1880 gegründet. Auf dem überdachten Areal des Mercado Central findet man so ziemlich alles – Gemüsehändler und Fleischer haben ihre Läden gleich neben Souvenirläden. Auch einige Speiselokale buhlen um die Gunst der Gäste. 13:30 Uhr Verabschiedung von Elisabeth W., Walpurga G., Theresia F., Christian K. und Mario A., die gemeinsam zu einem längeren Aufenthalt an der Karibikküste Costa Ricas aufbrechen. 16:30 Uhr treffen die letzten Stadtbummler im Hotel Fleur de Lys ein. 17:00 Uhr Abfahrt zum Flughafen und Verabschiedung von Anton, der wieder in die Tropenstation zurückkehrt um wissensbegierigen StudentInnen bei ihren Forschungsarbeiten zur Seite zu stehen. 20:50 Uhr Abflug in Richtung Heimat 37 Teil II Landeskunde 38 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima 2.1 GEOGRAFIE UND KLIMA 2.1.1 Geografie BEVÖLKERUNG Es leben 4,3 Mio. Einwohner in Costa Rica, davon sind 96 % Weiße, 3 % Farbige und 0,7 % Indigene. LAGE Costa Rica liegt zwischen 82° 34’ und 85° 58’ westlicher Länge und 08° 02’ und 11° 15’ nördlicher Breite. Im Norden bildet der Río San Juan einen großen Teil der Grenze zu Nicaragua und im Süden und Südosten stößt das Land an Panama. Im Osten ist Costa Rica von dem Atlantischen und im Westen von dem Pazifischen Ozean umgeben. Es ist Teil der zentralamerikanischen Landbrücke und verbindet den nordamerikanischen mit dem südamerikanischen Kontinent. Isla del Coco Costa Rica mit der dazugehörigen Isla del Coco 39 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima ERDGESCHICHTE Erdgeschichtlich ist Costa Rica ein junges Land und unterliegt bis heute Veränderungen. In den letzten 100 Jahren erschütterten das Land 15 große Erdbeben, da es an der Bruchkante der Cocos-Platte und der Karibischen Platte liegt. Vor 100 Millionen Jahren bestand Costa Rica aus Inselketten, die sich durch eine gewaltsame Anhebung der Meeresböden und durch Anschwemmungen verbanden. Von den etwa 100 Vulkanen Costa Ricas sind ca. 10 aktiv und erkennbar. GLIEDERUNG Costa Rica hat eine Fläche von 51.100 km². Von Nordwest nach Südwest ist es 464 km lang, die engste Stelle in Nordöstlicher Richtung misst 119 km, die breiteste 250 km. Der höchste Punkt des Landes ist der Cerro Chirripó mit 3.819 m (Cordillera de Talamanca). Es gibt vier Gebirgszüge die von Nordwest nach Südost verlaufen und sowohl eine klimatische, als auch eine geographische Trennung bilden. Tieflandbecken und Küstenebenen Hochlandbecken Hügel Berge Topographische Einteilung Costa Ricas Kordillerenketten vulkanischen Ursprungs: Die Cordillera de Guanacaste ist 180 km lang und bis zu 35 km breit und erstreckt sich von der Grenze zu Nicaragua bis zum Arenalsee. Sie fällt gleich steil zur Karibik- und zur Pazifikküste ab und hat Gipfel zwischen 1.400 und 2.000 m Höhe, dazu gehören der Vulkan Arenal, einer der aktivsten Vulkane Costa Ricas und der Vulkan Orosi (1.487 m), außerdem die Gipfel Ricón de la Vieja (1.896 m), Mirravalles (2.028 m) und Tenorio (1.916 m). Diese sind durch Quersenken miteinander verbunden. In der Cordillera de Guanacaste entspringen einige Flüsse, die in die gleichnamige Provinz fließen. z.B.: Río Tempisque; der 159 km lang ist und in den Pazifik mündet. Von Westen nach Osten verläuft eine Quersenke in welcher der Arenalsee (80 km²) liegt. Er ist Costa Ricas größter, aber künstlich angelegter, See. Gleich daneben befindet sich der Vulkan Arenal 40 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima (1633 m). Gemeinsam bilden sie den Übergang zur Cordillera de Tilarán, auch sie besteht aus vulkanischem Gestein. Ihre Gipfel liegen bei 1.500 Höhenmetern. Im Südosten erfolgt dann der Übergang zur Cordillera Central. Diese Gebirgskette ist 80 km lang und verläuft in etwa parallel zu Cordillera de Tilarán und der Cordillera de Talamanca. Die Südwesthänge laufen in das Valle Central aus, die Nordosthänge ziehen steil zur Karibikküste. Die Vulkane des Valle Centrals sind die höchsten Costa Ricas. Im Norden des Gebirges liegen die Vulkane Poás (2.704 m – noch aktiv), Barva (2.906 m), Cerro Congo (2.014 m) und Cacho Negro (2.136 m). Im Süden befinden sich die Vulkane Irazú (3.432 m) und Turrialba (3.339 m). Das Valle Central liegt zwischen 600 und 1.500 m Höhe und erstreckt sich 70 km von West nach Ost und ca. 30 km von Nord nach Süd. Es besteht aus Tertiärgestein und Meeressedimenten. Das zentrale Hochland ist sehr fruchtbar und umfasst 3.300 km². In ihm befinden sich die Städte Cartago, Alajuela und die Hauptstadt San José. Es unterteilt sich in das Valle Occidental und das Valle Oriente. Richtung Westen fällt das Valle Central zur Pazifikküste ab, während es im Norden von der Cordillera Central umgeben wird. Die Cordillera de Talamanca ist Costa Ricas viertes Gebirge. Es handelt sich um ein tertiäres Bruchund Faltengebirge ohne vulkanische Aktivität. Es hat eine Breite von 50 – 100 km. Im Nordwesten wird es durch das Valle Central von der Cordillera de Tilarán getrennt, und verläuft im Südosten bis nach Panama. Die Osthänge sind sanft zur Karibikküste hin, während im Westen eine steile Abdachung existiert, die von einem Tal mit spitzovalem Grundriss unterbrochen wird (Valle de Coto Brus, 115 km lang, 10 – 20 km breit). Der höchste Berg des Landes (Cerro Chirripó 3.820 m) befindet sich in dieser Gebirgskette. Weiters die Gipfel Cerro Puibeta (2.435 m), Cerros Kámuk und Cuericí. Die Gipfelregionen waren früher vergletschert. Sie formen eine Wasserscheide zwischen den Küstenregionen. Pazifikseite – hügeliges Küstenvorland: Die Pazifikküste des Landes ist 1.200 km lang und bietet eine abwechslungsreiche Küstenlandschaft. Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut beträgt etwa drei Meter. Es fließen drei große Flüsse Richtung Pazifik: Río Térraba (196 km), Río Tárcoles (115 km) und Río Tempisque. Dieser Teil Costa Ricas ist morphografisch in drei Einheiten zu gliedern: • Im Norden in die Halbinsel Nicoya, die, von Nordwest nach Südost gemessen, 120 km lang ist, und Höhen von bis zu 1.018 m aufweist. Sie ist von einem Bergrücken durchzogen und besitzt kilometerlange feine Sandstrände. Der Río Tempisque ist eine sehr wichtige Wasserader, er bildet ein Becken und durchfließt das Gebiet von Nord nach Süd. Er mündet im Golf von Nicoya. • Die zentrale Küstenebene besteht aus den westlichen Ausläufern der Cordillera de Talamanca und erstreckt sich vom Tiefland des Río Tempisque bis zur Halbinsel Osa. Sie wird Richtung Süden immer schmaler. • Im Süden liegt die Cordillera Costanera (1.500 m) und die Halbinsel Osa, ein flaches Hügelland, das von Nordwest nach Südost verläuft und 55 km lang und 25 km breit ist. Die höchten Hügel erreichen 750 m. Der Golfo Dulce trennt Osa vom Festland. Ca. 500 km vor Costa Ricas Pazifikküste liegt die Vulkaninsel Isla del Coco. Sie besitzt eine ungeheure Artenvielfalt und wird oft als Klein-Galapagos bezeichnet. Karibikseite – Schwemmland Ebenen: Die Karibikseite des Landes besteht aus Tieflandregionen, welche sich von Norden nach Nordosten und weiter nach Osten hin ziehen, und Höhen von 250 m erreichen. Die maximale Breite beträgt 120 km und es besteht eine trichterförmige Verengung nach Südost. Im Gegensatz zur Pazifikküste ist die Karibikküste nur 212 km lang und besitzt eine Reihe natürlicher Häfen. Zum Atlantik fließen vier große Flüsse: • Río San Juan, 135 km lang • Río Pacuare, 134 km lang • Río San Carlos, 125 km lang • Río Reventazón, 110 km lang 41 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima 2.1.2 Klima Costa Rica wird der tropischen Klimazone zugeordnet, dennoch herrschen, durch die geografischen Extreme bedingt, unterschiedlichste regionale Klimaverhältnisse. Klimabestimmend sind vor allem die Höhenlage, die Niederschlagsmengen und die unterschiedlichen Winde der jeweiligen Regionen. Eine nicht ganz unerhebliche Rolle spielt auch die „Innertropischen Konvergenzzone ITC“, welche mit der direkten Sonneneinstrahlung wandert und somit zeitweise das Klima Costa Ricas mitbestimmt. Jahresoder Tagesmittel sagen relativ wenig aus, was eine allgemeine Klimabeschreibung nahezu unmöglich macht. Außerdem gibt es gravierende Unterschiede zwischen Atlantik- und Pazifikküste bezüglich der Niederschlagsart und -mengenverteilung. Generell werden Regen- und Trockenzeit, sowie thermische Höhenstufen mit entsprechenden Vegetationszonen und regionale Klimazonen unterschieden. Das ganze Jahr hindurch findet der Sonnenaufgang um 6.00 Uhr, der Sonnenuntergang um 18.00 Uhr statt, was durch die nahe Lage zum Äquator bestimmt wird (achter bis elfter nördlicher Breitengrad). Die tatsächlichen Sonneneinstrahlungszeiten sind von Region zu Region verschieden (siehe auch Tab. 1 unten). Des Weiteren gibt es einige „Wetterbesonderheiten“, auf welche wir im Anschluss des Kapitels kurz eingehen werden. TROPISCHE JAHRESZEITEN Die tropischen Jahreszeiten kann man nicht im Entferntesten mit unseren Mitteleuropäischen vergleichen, denn die Trocken- und Regenzeit werden, wie schon an der Bezeichnung erkennbar, von der Niederschlagsmenge bestimmt. Costa Rica zählt zu den zehn regenreichsten Ländern der Erde, was die teilweise heftigen Niederschläge in bestimmten Regionen bestätigen. Invierno (Regenzeit): Als „Invierno“ wird der tropische Winter bezeichnet, der von Mai bis November dauert, und in den Monaten September und Oktober seine Niederschlagshöhepunkte aufweist. In der Regenzeit erweisen sich die Vormittage oft als sonnenklar, ab Mittag ballen sich allerdings Regenwolken zusammen, die ihre Wassermengen kurz darauf als Platzregen (= aguacero) über dem Land auslassen. Auch wenn der aguacero nur einige Stunden dauert, muss man mit Überschwemmungen und Erdrutschen rechnen, wovon aber immer nur kleinere Gebiete mit wenigen km² betroffen sind. Im Regenmonat Juli gibt es im Hochland eine kurze Trockenperiode, den verancillo de San Juan (= kleiner Sommer des Johannesfestes), was darauf zurückzuführen ist, dass die ITC ihren nördlichsten Stand erreicht hat (12. Breitengrad). Zu dieser Zeit kommt es über dem Karibischen Meer des öfteren zur Bildung von Hurrikans. Costa Rica ist bis heute, seit Wetteraufzeichnungen bestehen, mit dem direkten Kontakt von solchen tropischen Wirbelstürmen und den, damit verbundenen tragischen Verwüstungen, weitgehendst verschont geblieben, und wurde meist nur am Rande von abgeschwächteren Auswirkungen heimgesucht. Gefahr drohte erstmals im November 1969, als der Hurrikan „Martha“ die Küste in der Nähe der Grenze von Costa Rica zu Panama streifte. Die Ausläufer des Hurrikans „Gilbert“, im September 1988, forderten offiziell sogar zwei Todesopfer durch Überschwemmungen und Erdrutsche. Zehn Jahre darauf, im November 1998, bedrohte „Mitch“, einer der bis dahin stärksten Hurrikans (280 km/h Windgeschwindigkeit), die Staaten Zentralamerikas. Costa Rica litt auch hier nur unter den weitläufigen Auswirkungen, große Gebiete der Nachbarstaaten Honduras und Nicaragua wurden jedoch verwüstet und es gab über 20.000 Todesopfer zu beklagen (in Costa Rica gab es offiziell keine Todesopfer). Der letzte uns bekannte Hurrikan, der Costa Rica gefährlich nahe kam, war der Hurrikan „Stan“ im Oktober 2005. Auch hier wurde das Land zum Glück nur durch erhöhten Niederschlag in den nördlicheren Regionen in Mitleidenschaft gezogen. Verano (Trockenzeit): Als „Verano“ wird der tropische Sommer bezeichnet, der von Dezember bis April dauert. Auch zu dieser Zeit wird die Aussicht von den Bergen im Hochland auf die Tiefebenen, oft durch Wolkenmassen, die vom Atlantik her kommen, vernebelt. Im Verano fällt allgemein zwar weniger Niederschlag als im Invierno, dennoch gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen der Karibik- und Pazifikküste und zu der Region von Guanacaste, worauf wir im Punkt „Regionale Unterschiede“ näher eingehen möchten. 42 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima Regionale Unterschiede Karibikküste: Dort gibt es das ganze Jahr über starke Regenfälle, nur die Monate September und Oktober sind etwas regenärmer. Sie gilt als eine der regenreichsten Zonen der Erde und weist im Invierno, durch tropische Tiefdruckgebiete bedingt, bis zu 20 Regentage pro Monat auf, was eine mittlere Niederschlagsmenge von 6.000 mm pro Jahr mit sich bringt. Dies entspricht der zehnfachen Niederschlagsmenge die durchschnittlich in Mitteleuropa aufgezeichnet wurde. In manchen geschützten Regenwaldregionen kann man sogar eine jährliche Niederschlagsmenge von 8.000 mm messen. Südliche Pazifikküste: Dort sind die Jahreszeiten etwas abgeschwächter, es gibt weniger reine Regentage, dafür aber mehr aguaceros, hauptsächlich im September und Oktober. An den Küsten herrschen lange und heiße Sonnenperioden, die im Invierno täglich von den aguaceros unterbrochen werden (verursacht durch Winde aus südwestlicher Richtung). Region von Guanacaste: In diesem Gebiet herrscht die längste Trockenzeit Costa Ricas, was sich auch in der gegensätzlichen Flora und Fauna zu den anderen Regionen des Landes widerspiegelt. VEGETATIONSZONEN UND THERMISCHE HÖHENSTUFEN Man unterscheidet fünf Vegetationszonen, die von den unterschiedlichen Höhenstufen des Landes abhängig sind. Je höher das Gebiet liegt, desto mehr ist nicht nur mit tageszeitlichen Temperaturschwankungen zu rechnen, sondern auch mit tieferen Temperaturen und der dementsprechenden Veränderung der Flora und Fauna. Tierra Caliente: So werden zwei Drittel des tropischen Tieflandes, bis zu 600 Höhenmetern, bezeichnet. In dieser „heißen Zone“ betragen die Durchschnittstemperaturen tagsüber an die 30 °C (und mehr in Trockenzeit) und in den Nächten gibt es keine große Abkühlung. Als mittlere Jahrestemperatur werden 24 °C angegeben, was das Vorherrschen von immergrünen tropischen Regenwäldern an der Karibik- und Pazifikküste, sowie Trocken- und Feuchtwäldern im Nordwesten des Landes, ermöglicht. Tierra Calida: Diese „warmgemäßigte Zone“ ist ähnlich der Tierra Caliente, umfasst die Gebirgsabhänge bis zu 1.500 m und bildet den Übergangsbereich zu prämontanen Feucht- und Regenwäldern. Tierra Templada: Dort herrscht Tageszeitenklima mit großen Schwankungen (frühlingshaftes Klima – kühle Nächte, hochsommerliche Temperaturen zu Mittag in wolkenloser Trockenzeit). Die mittlere Jahrestemperatur dieser Zone beträgt zwischen 14 und 18 °C, und sie umfasst Teile des zentralen und südlichen Hochlandes von 1.500 – 2.300 m mit ihren montanen Feucht- und Regenwäldern. In San José und der Region Alajuela herrscht das ganze Jahr über Primavera eterna (ewiger Frühling), wobei die Temperaturen in der Nacht nicht weniger als 15 °C, und am Tag nicht mehr als 26 °C annehmen. Tierra Fria: Das „kalte Land“, mit Durchschnittstemperaturen von 10 – 14 °C, reicht von 2.300 – 3.000 m hinauf, und kommt vereinzelt in Gipfelzonen der Zentralkordillere und der Talamancakordillere vor. Tierra Helada: Im „eißigen Land“, auch „Páramozone“ genannt, welches über 3.000 m liegt und die Gipfelregionen der höchsten Vulkane umfasst, können nachts die Temperaturen bis unter den Gefrierpunkt abfallen. (z.B.: Chirripó, Irazú, Pass des Cerro de la Muerte) 43 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima REGIONALE KLIMAZONEN Innerhalb des Landes werden auch regionale Klimazonen unterschieden. Die Einteilung erfolgt in Abhängigkeit von Tageshöchst- und -tiefsttemperaturen und monatlichen Niederschlagsmengen der jeweiligen Regionen, und veranschaulicht die vielfältigen Klimaunterschiede, die ja durch die einzigartige geographische Lage Costa Ricas hervorgerufen werden, sehr gut. Warm-trockene Klimazone Warm-feuchte Klimazone Milde Klimazone Kühl-feuchte Klimazone Kühl-trockene Klimazone Regionale Klimazonen Costa Ricas Warm-trockene Klimazone: Im Verano herrscht im Nordwesten des Landes teilweise Dürre, die ab und zu durch kurze Regenschauer unterbrochen wird. Die Tagestemperaturen steigen regelmäßig über 35 °C. Das RíoTempisque-Becken ist der trockenste Teil Costa Ricas. Es werden Niederschlagsmengen von ca. 450 mm pro Jahr verzeichnet, was in der Flora und Fauna zum Ausdruck kommt. Über Guanacaste und dem nördlichen Nicoya wehen im Invierno starke Winde und in der Region der westlichen Kordilleren herrscht das ganze Jahr über Sonnenschein. Warm-feuchte Klimazone: In diesen Regionen herrscht ganzjähriger Regen, oft sintflutartig wie z.B. an der Karibikküste oder der Peninsula de Osa (mit jährlich bis zu 8.000 mm Niederschlag) an der südlichen Pazifikküste. Milde Klimazone: In dieser Klimazone, die einen ganzjährig frühlingshaften Charakter aufweist, befinden sich hauptsächlich höher gelegene Städte und Gebiete, wie z.B. die Zentrale Hochebene mit den Städten San José und Cartago, oder auch Monteverde. 44 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima Kühl-feuchte Klimazone: Von diesem Klima, mit seinen teilweise schweren Regenfällen und niedrigen Temperaturen, sind vor allem die östlichen Berghänge der Kordilleren betroffen. Am Cerro Chirripó kann man des Öfteren Temperaturen unter dem Gefrierpunkt messen. Kühl-trockene Klimazone: Diese Klimazone wird durch Regenschatten beeinflusst, der durch geografische Bedingungen verursacht wird und den westlich liegenden Berghängen der Kordilleren somit weniger Niederschläge beschert als den Regionen der Ostseite. Heiß-feuchte Klimazone: Eine eigene Klimazone stellt die Isla del Coco dar, welche sich etwas abseits vor der Südwestküste des Landes befindet. Dort herrschen das ganze Jahr über extreme Regenfälle und Gewitter. Durch diese klimatischen und geografischen Bedingungen findet man auf der Insel eine weltweit einzigartige Flora und Fauna. Vergleich einzelner Klimabedingungen ausgewählter Städte und Ortschaften der regionalen Klimazonen Costa Ricas: Klimazone Stadt, Ortschaft Warmtrocken Liberia Puerto Limón La Fortuna Warm-feucht Corcovado Golfito Quepos San José Mild Monteverde Kühl-trocken Grecia Jahreszeit °C Verano 9 Stunden 20 mm 21 – 36 °C Invierno 6 Stunden 200 mm 22 – 32 °C Verano 6 Stunden 300 mm 20 – 31 °C Invierno 5 Stunden 200 – 400 mm 22 – 31 °C Verano 5 Stunden 100 – 200 mm 20 – 21 °C Invierno 3 Stunden 400 – 500 mm 21 – 30 °C Verano 7 Stunden 150 – 300 mm 22 – 33 °C Invierno 3 Stunden 500 – 700 mm 22 – 32 °C Verano 7 Stunden 150 – 300 mm 22 – 33 °C Invierno 3 Stunden 500 – 700 mm 22 – 32 °C Verano 8 Stunden 70 – 170 mm 21 – 32 °C Invierno 4 Stunden 450 – 650 mm 21 – 31 °C Verano 5 – 8 Stunden 10 – 50 mm 15 – 26 °C Invierno 4 Stunden 200 – 300 mm 16 – 25 °C Verano 5 Stunden 100 – 160 mm 12 – 22 °C Invierno 3 Stunden 350 – 430 mm 14 – 21 °C Verano 8 Stunden 10 – 70 mm 17 – 31 °C Invierno 4 Stunden 200 – 300 mm 18 – 28 °C Zeichenerklärung:= mittlere tägliche Sonnenscheindauer; und Tiefsttemperaturen = mittlere monatliche Niederschlagsmenge; °C = mittlere tägliche Höchst- 45 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima EINFLUSSGRÖßEN UND ENTSTEHUNG TROPISCHER NIEDERSCHLÄGE „Innertropische Konvergenzzone“ (ITC): In der ITC treffen die beiden Passatwinde der Nord- und Südhalbkugel aufeinander. Da die ITC dem Sonnenhöchststand folgt, wandert sie im Laufe des Jahres zwischen dem südlichen 10. Längengrad (Februar) und dem nördlichen 12. Längengrad (August) hin und her. Dabei zieht sie natürlich auch über Teile der Kontinente, so auch über Costa Rica. Die im Ozean stärksten Verdunstungsgebiete liegen im Bereich der Passatwinde, welche die mit Wasserdampf angereicherte Luft in die ITC, und somit an die Küstenregionen bringen. Wenn die ITC über Costa Rica zieht, wird das Land, und damit auch die feuchte Luft der Passatwinde, durch die direkte Sonneneinstrahlung so erhitzt, dass diese feucht-warme Luft aufsteigt, es zur Wolkenbildung kommt und zum nachfolgenden Abregnen dieser Wolkenmassen über dem Land (hauptsächliche Beeinflussung der Regenzeit an der Pazifikküste). Nordost-Passat: Von Oktober bis März liegt Costa Rica im Einzugsbereich der Nordost-Passate, welche warme, feuchte Luft vom Karibischen Meer ins Landesinnere tragen und an den Berghängen der Kordilleren hinauftreiben. Es kommt wiederum zu einem Abkühlen der Luftmassen und zur miteinhergehenden Wolkenbildung. Durch die enorme Höhe der Berggipfel kommt es jedoch nur an der Karibikküste zu einem Abregen dieser Wolken. Konvektion und tropische Tiefdruckgebiete: Intensive Kaltfronten vom Norden, die durch kalte Meeresströmungen des Atlantiks hervorgerufen werden, bringen die Warmluft des Tiefdruckgebietes über dem Meer zum Abkühlen. Es bilden sich Regenwolken, die sich anschließend über dem Festland auslassen und für die niederschlagsreichsten Tage der Regenzeit an der Karibikküste verantwortlich sind. „WETTERBESONDERHEITEN“ DES LANDES Temporales: Als „Temporales“ werden heftige Regenschauer bezeichnet, die am Morgen beginnen und oft bis zum Nachmittag anhalten. Es werden „Temporales del Atlantico“ und „Temporales del Pacifico“ unterschieden, da diese sich nicht nur durch ihren Erscheinungsort, sondern auch durch ihre Entstehung wesentlich voneinander unterscheiden. ( siehe auch Punkt 1.2.8) „aguacero de los cafetaleros“: Dieser Regen fällt zwischen 19. und 20. März, ist also noch im Verano, und bringt, wie der spanische Name schon bezeichnet, den Kaffee in die Blüte. „las lagrimas de Maria“: Die „Tränen der Hl. Maria“ fallen zwischen dem 8. und 12. Dezember. Papagayos: Die Papagayos sind lokale Winde, die von der Pazifikküste ins Landesinnere blasen und Regen mit sich bringen. Nortes: Als „nortes“ werden jene lokalen Winde bezeichnet, die vom Landesinneren Richtung Pazifikküste wehen und vor allem in der Region Guanacaste für trockene Zeiten sorgen. 46 Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Geografie und Klima Literaturangaben BAKER, Ch. P., (2006/2007): Costa Rica; Dorling Kindersley Verlag GmbH, 38 – 39 COEN, E., (1983): Climate. In: Costa Rican Natural History (Janzen, D. H., Hrsg.); 35 – 45 FEYERABEND, J., (2001): Das Jahrtausend der Orkane: Hurrikane der Karibik; Piper Verlag GmbH, München, 101 FLEISCHMANN, U., (2000): Dumont Reisetaschenbuch: Costa Rica; Dumont Buchverlag, Köln, 15 – 17 HALL, C., (1985): Costa Rica: a geographical interpretation in historical perspective; Westview Press, Boulder, Colo, 3 – 12 HEYER, E., (1998): Witterung und Klima (Hupfer, P., Kuttler, W., Hrsg.); Verlag B. G. Teubner, Stuttgart, Leipzig, 156 – 157 KIRST, D., (1995): Costa Rica; Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH, 14 – 15, 18 – 19 NELLES, G., (1996): Costa Rica; Nelles Verlag GmbH, 15 THOMAS, P., (1987): Reiseführer Costa Rica; Tucan Verlag WALCH, D., (2004): Phänomene der Erde: Wetter und Klima (Frater, H., Hrsg.); Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 123 http://de.wikipedia.org/wiki/Hurrikan, 2006 http://www.costa-rica.de, 2006 47 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas 2.2 VULKANISMUS 2.2.1 Allgemeine Einführung in die Vulkanologie DEFINITION VULKAN Vulkane sind jene punktförmigen Spaltöffnungen in der Erdkruste, aus denen die vulkanischen und teilweise glutflüssigen Gesteinsprodukte (Lava, Asche, ...) an die Oberfläche treten, dort erstarren und die Erdoberfläche an jener Stelle verändern. Das Wort Vulkan kommt von dem römischen Schmiedegott „Vulcanus“, der Legende nach hat dieser im Krater der Insel Vulcano gelebt. Man glaubte, dass das Grollen und Donnern des Berges durch das Hämmern des Schmiedes zustande kam. Vulcanus strafte die Menschen mit Feuer und Donner, wenn er wütend war. BEGRIFFSERKLÄRUNGEN • Magma (griechisch: geknetete Masse) besteht aus geschmolzenem Gestein, dazu sind Temperaturen von mindestens 750 °C erforderlich. Magma kommt in den oberen Teilen des Erdmantels und der tieferen Erdkruste vor. Man unterscheidet an der Erdoberfläche schnell abkühlende Magma, Vulkanite (Beispiel: Basalt) und im Erdinneren langsam abkühlende Magma, Plutonite (Beispiel: Granit). Die Abkühlungsgeschwindigkeit des Magmas ist somit für die Art der Gesteinsbildung verantwortlich. Da es ohne den Magmafluss aus dem Erdinneren keine vulkanischen Erscheinungen geben würde, kann man sagen, dass die Fließfähigkeit des Magmas eine der Ursache des Vulkanismus ist. • Lava ist an die Erdoberfläche tretendes Magma und gehört damit zur Gruppe der Vulkanite. • Tephra (Pyroklastika) sind die festen Bestandteile, die bei einem Vulkanausbruch in die Atmosphäre gelangen. o Aschen sind die feinsten, festen Auswurfprodukte eines Ausbruchs (< 2 mm) o Lapilli sind die nächst größeren Auswurfprodukte d.h. kleine Steinchen (2 – 64 mm) o Bomben sind bereits größere Steinchen (> 64 mm) • Geysire entstehen in Hohlräumen nahe einer Magmakammer, in der sich Grundwasser sammelt, welches in Folge erhitzt wird. Das Wasser erreicht dort über 100 °C. Aufgrund der darüber liegenden Wassersäule und des damit entstehenden Drucks, kocht es dennoch nicht. Wenn der Druck des oberen Wassers nicht mehr ausreicht, dann schießt das heiße Wasser als Fontäne mit hoher Geschwindigkeit heraus. Weltweit gibt es relativ wenig Geysire, da die Vorraussetzungen für diese nicht oft erfüllt werden. Beispiele für geysirreiche Gegenden: Yellowstone (500 aktiv), Island (26 aktiv), Neuseeland (51 aktiv). • Heiße Quellen basieren auf dem Prinzip von Geysiren mit dem Unterschied, dass die Wassertemperaturen in der Tiefe geringer sind und daher kein Dampfdruck entsteht. Deshalb haben heiße Quellen keine Fontänen. • Fumarolen sind vulkanische Exhalationen verschiedenartiger Gase und Dämpfe mit Temperaturen zwischen 200 °C und 800 °C. Teilweise sind sie stark schwefelhältig, dann werden sie Solfataren genannt und bilden (wie am Vulkan Poás) gelbliche Ablagerungen. KRATERTYPEN Die meisten Vulkane haben einen Krater solange sie aktiv sind. Wenn jedoch der Magmaspiegel im Schlot sinkt, fallen die Kraterwände aufgrund des fehlenden Innendrucks in sich zusammen. Durch den Abbruch der Kraterwände vergrößert sich die Öffnung und der Krater wird zur Caldera. 48 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas Krater sind die Vulkanspitzen und haben einen Durchmesser von bis zu einem Kilometer. Caldera kommt aus dem Spanischen und bedeutet „Kessel“. Es sieht aus als hätte jemand dem Vulkan die „Spitze abgeschnitten“. Eine Caldera hat meist sehr steile Wände (bis 250 m hoch) und ihr Durchmesser beträgt immer über einen Kilometer (bis zu 20 km). VULKANTYPEN Vulkane können nach den verschiedensten Gesichtspunkten unterteilt werden: Unterteilung nach der äußeren Form: • Schicht-Vulkan (= Strato-Vulkan; lat. stratum = Schicht) ist der ideale symmetrische Typ von Vulkan (spitzkegelig). Wechselnde Lagen Asche, pyroklastisches Material und Lava bauen den Vulkan auf. Die Ursache dafür ist eine sehr zähflüssige Magma (hoher Kieselsäure-Gehalt und relativ kühl, d.h. 700 – 900 °C), welche durch den hohen Gasanteil explosionsartig ausgeworfen wird. Dies geschieht meist im Wechsel zwischen Lockermaterial (= Tephra) und Lava. Bei Erkaltung führt Aufbau eines Schichtvulkanes dies zur charakteristischen Schichtung. Die Eruptionen sind bei diesem Vulkantyp gewaltig, d.h. die vulkanische Asche wird bis zu 40 km hoch in die Atmosphäre geschleudert. Schichtvulkane machen die Mehrzahl der Vulkane aus, ca. zwei Drittel befinden sich auf dem Festland. Sie kommen meist an Subduktionszonen (d.h. an Plattenrändern) vor, zum Beispiel entlang des pazifischen Feuerrings. Bekannte Vertreter: Mount Saint Helen (USA), Fujisan (Japan), Vesuv (Italien) In Costa Rica: Arenal, Poás, Irazú, Turrialba • Schild-Vulkane sind flach, so dass sie wie ein in der Landschaft liegendes Schild aussehen. Ursache dafür ist eine extrem dünnflüssige, gasarme Lava mit Temperaturen um 1.000 – 1.250 °C, die aus dem oberen Erdmantel stammt. Auf Grund der hohen Fließgeschwindigkeit haben Schildvulkane sehr flache, dafür umso weitläufigere Kegel (Böschungswinkel um 5°). Sie können auch bis weit unter den Meeresspiegel Aufbau eines Schildvulkanes reichen. Im Gegensatz zu den Schichtvulkanen werden keine vulkanischen Lockermaterialien ausgeworfen, und es gibt nicht nur einen Hauptkrater, sondern auch viele Nebenkrater. Die Mengen an flüssiger Lava können jedoch beachtlich sein und sich über große Landstriche ausbreiten. Sie kommen innerhalb von Lithosphärenplatten über Hot-spots (Hawaii) und auch an auseinanderdriftenden Plattenrändern vor (Island). Die meisten Schildvulkane liegen jedoch am Meeresboden. Bekannte Vertreter: Mauna Loa (Hawaii), Olympus Mons (am Planeten Mars), Payún Matrú (Mendoza, Argentinien) In Costa Rica: In der Cordillera de Tilaran gibt es Vulkane, die der Form der Schildvulkane sehr Nahe kommen. • Schlacken- und Aschenkegel sind eine sehr kleine Art von Vulkanen, d.h. sie sind nur zehn bis einige hundert Meter hoch bei einem Maximaldurchmesser von wenigen hundert Metern. Beide entstehen, wenn in der Magma ein hoher Gasanteil vorherrscht. o Aschenkegel bestehen nur aus locker geschichtetem vulkanischen Aschen und Lapilli, die nur durch die Gravitation zusammengehalten werden. Beispiel: Sunset crater (Arizona) o Schlackenkegel bestehen aus größeren Lapilli, Bomben und Bimssteinbrocken. Die Bestandteile sind groß genug um den Kegel zusammenzuhalten. Der Schlackenkegel ist daher oft wesentlich steiler als der Aschenkegel. Beispiel: Stromboli (Italien) 49 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger • Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas Sonderstellung: o Supervulkane sind mit Abstand die größten Vulkane auf der Erde und verfügen über eine riesige Magmakammer. Daher hinterlassen sie im Falle eines Ausbruchs keinen Krater, sondern Calderen in extremer Größe. Die genaue Wirkung ist nicht vorhersehbar, aber es werden Flutwellen und Erdbeben vermutet, aber auch eine Klimakatastrophe ist zu befürchten. Als bekanntestes Beispiel ist hier der Yellowstone Nationalpark (USA) zu nennen. o Schwarze Raucher befinden sich auf dem Meeresboden und sehen wie Schlote aus, welche schwarzen Rauch ausstoßen. Dieser Rauch hat ca. 350 °C und besteht unter anderem aus Schwefel, Kupfer, Eisen, Zink und Nickel. Solche Schwarzen Raucher findet man beispielsweise im Roten Meer. Unterteilung nach der Art des Magmenzufuhrsystems: • Zentral-Vulkane sind eine spezielle Art von Vulkanen mit einem röhrenförmigen Förderschlot, welcher Magma aus dem Erdinneren an die Oberfläche befördert. In Folge dessen entstehen häufig Calderen. Die meisten Vulkane sind Zentral-Vulkane. bekannte Vertreter: Vesuv und Ätna (Italien), Askja und Snaefellsjökull (Island) • Spalten-Vulkane besitzen keinen zentralen Förderschlot, anstattdessen fließt die Magma aus einer länglichen Spalte. Dadurch entstehen häufig Bergrücken mit weitflächigen Lavafeldern. Kommt besonders häufig in Island vor. Beispiel: Hekla (Island) Unterteilung nach Aktivität: Ist nicht immer ganz einfach und auch die Wissenschaft kann einen Vulkan nicht immer mit Sicherheit nach aktiv, schlafend oder erloschen einteilen. So ist die Yellowstone-Caldera ca. 2 Millionen Jahre alt und es gab seit 70.000 Jahren keinen Ausbruch mehr, und doch weiß man, dass dies einer der gefährlichsten und aktivsten Vulkane der Welt ist. • Aktive Vulkane dies ist ein sehr relativer Begriff, da die Lebensspanne eines Vulkans von wenigen Monaten bis zu Millionen Jahren variieren kann. Manche Vulkane sind jahrtausende lang mehrmals ausgebrochen, zeigen zur Zeit jedoch keine Aktivität. Andere sind über tausend Jahre lang nie ausgebrochen, zeigten in den letzten Jahrzehnten aber starke Aktivität. Beispiel: Arenal • Nicht aktive Vulkane (schlafende Vulkane) sind zur Zeit nicht aktiv, könnten das jedoch in Zukunft sein. Beispiel: Turrialba • Erloschene Vulkane sind Vulkane von denen die Wissenschaft annimmt, dass sie nicht mehr ausbrechen werden. Ob ein Vulkan erloschen oder nur inaktiv ist, ist jedoch nicht immer voraussehbar. Beispiel: Barva MAGMATYPEN Sind wichtig bei der Unterscheidung von Vulkanen, da sie ihr Ausbruchverhalten beschreiben und auch die Form des Vulkans klassifizieren. Es liegen jedoch nicht immer eindeutige Formen vor und auch Vulkane können sich im Laufe der Zeit verändern, d.h. es gibt häufig auch Mischformen. • Rote Vulkane werden so genannt, wenn wenig Siliziumdioxid und wenig Gas (weniger als 52 %) in der Magma enthalten sind. Die Lava ist mit 1.000 – 1.250 °C sehr heiß und dünnflüssig. Rote Vulkane bilden meist die Schildvulkane aus. • Graue Vulkane heißen so, weil im Magma viel Siliziumdioxid und Gas (mehr als 60 – 65 %) enthalten ist und die Lava relativ zähflüssig ist. Sie bilden meist die Schichtvulkane aus. Die meisten Vulkane in Costa Rica werden zu den Grauen gezählt. 50 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas AUSBRUCHSTYPEN Die Art des Ausbruchs hängt von der Zusammensetzung des Magmas, der Form des Vulkans, der Aktivität (häufig brechen erloschen geglaubte Vulkane wesentlich heftiger aus, da sich hier ein großer Druck aufstaut. Beispiel: Arenal), und noch anderen Umständen ab. Es ist somit verständlich, dass es nicht nur explosiv und effusiv ausbrechende Vulkane, sondern eine Menge Sonderformen (auch viele Mischtypen) gibt. Die vorherrschende Ausbruchsform in Costa Rica ist die Explosive. Einige Ausbruchsformen seien hier erwähnt: • • • • • • Hawaiianisch: Es tritt dünnflüssige Lava in großen Strömen und Fontänen aus. Die Ausbrüche verlaufen jedoch relativ ruhig und zählen zu den Nichtexplosiven. Strombolianisch: Die Ausbrüche sind ebenfalls ruhig und nicht explosiv, da sie ständig vonstatten gehen. Die Vulkane schleudern ständig (sogar mehrmals stündlich möglich) Lavabrocken, Gase und Asche in die Luft. Der Vulkan Arenal ist mit einer strombolianischen Ausbruchsform vergleichbar und das obwohl er eigentlich zu den explosiven Vulkanen gehört. Pilianisch: Dieser Typ ist hochexplosiv, d.h. Aschen, Gase und Lapilli werden hoch in die Atmosphäre geschleudert (über zwölf Kilometer). Der Krater des Vulkans Rincon de la Vieja ist durch einen pilianischen Ausbruch entstanden. Vulkanianisch: Diese Ausbruchsform hat in der Vergangenheit immer wieder zu heftigen Ausbrüchen geführt, da die Lava sehr dickflüssig ist und daher oft explosionsartig ausbricht. Zusätzlich werden häufig größere Bomben ausgeworfen. Peleanisch: Dieser Vulkanausbruchstyp hat die dickflüssigste Lava aller Ausbruchstypen. Eine Glutlawine, die aus einem Gemisch von Lava, Asche und Gestein besteht, quillt über den Kraterrand und brennt auf ihrem Weg hinunter alles nieder. Aufgrund des hohen Gasdrucks, der in solchen Vulkanen herrscht, kommt es zusätzlich zu heftigen Explosionen. Phreatomagmatisch: Bei Ausbrüchen dieser Art kommt die Magma in Kontakt mit Wasser, das löst eine Wasserdampfexplosion im Vulkan aus. Zu solchen Ausbrüchen kann es an Land, unter Wasser oder auch im Eis kommen. Der Poás wird auf Grund seiner manchmal geysirartigen Fontänen hierzu gerechnet. PLATTENTEKTONIK Um die tektonischen Vorgänge unseres Planeten zu verstehen, ist es notwendig den schematischen Aufbau der Erde zu kennen. Die Plattentektonik ist die Theorie für die großräumigen Abläufe in der Lithosphäre, zu dieser gehören die Erdkruste (kontinentaler und ozeanischer Teil) und der feste Teil des oberen Erdmantels. Der mobile Teil des oberen Erdmantels gehört zu der unterhalb liegenden Asthenosphäre. Nach Theorie der Plattentektonik ist die Lithosphäre in sieben große und etliche kleine Platten auseinandergebrochen. Dabei handelt es sich um massive Gesteinskörper, deren Umrisse jedoch nicht mit den Kontinenten übereinstimmen. Letztere werden nur passiv mit den Platten mittransportiert. Die Plattentektonik beschreibt die Bewegungen dieser Platten (= Kontinentalverschiebung) und die daraus resultierenden Erscheinungen. Durch die Erkenntnis des Schalenbaus der Erde kann man sich die Konvektionsströme im Erdmantel erklären, wie die Lithosphärenplatten in bestimmte Richtungen bewegt werden und dabei miteinander reagieren. Diese Bewegungen sind nur möglich, weil die Asthenosphäre heiß und verformbar ist. Aus dem großen Druck dieser Kontinentalverschiebung resultieren Faltenbildungen (Gebirge) und Tiefseerinnen. Die relativen Bewegungen der Platten sind messbar und liegen zwischen 2 und 16 cm jährlich. So ist auch die Theorie der Plattentektonik entstanden. Alfred Wegener hat bereits 1915 festgestellt, dass die Kontinente wie Puzzelteile zusammenpassen. Zusätzlich wurden in Afrika und Südamerika die gleichen fossilen Funde einer Spezies entdeckt, was darauf schließen lässt, dass die beiden Kontinente ursprünglich einmal zusammengehangen sind. Heute ist dies wissenschaftlich bestätigt und dieser „Urkontinent“ wird als Pangäa bezeichnet. Diese großen Änderungen in der kontinentalen Kruste führen zu sekundären Phänomenen, wie Vulkanismus und Erdbeben (Beispiel großes Beben 1991 in Costa Rica), die ihrerseits wiederum Tsunamis auslösen können. Diese Phänomene treten insbesondere dort auf, wo die Platten aneinander stoßen. 51 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas Es gibt verschiedene Arten von Plattengrenzen: • Divergierend: Die Platten bewegen sich voneinander weg. Eine solche Plattengrenze ist durch zentrale Grabenstruktur gekennzeichnet (Mittelozeanischer Rücken oder Tiefseerinnen genannt). Hier entstehen Vulkane der Spreizungszone. • Konvergierend: Die Platten kollidieren miteinander bzw. subduzieren. Zeichen dafür sind einerseits Hochgebirge („aufwölben“ der Platte) an Kontinentalrändern, und anderseits tiefe Gräben („abtauchen“ der Platten). Als sekundäres Phänomen treten hier Subduktionsvulkane auf. • Konservativ: Die Platten gleiten aneinander vorbei, was jedoch nicht kontinuierlich, sondern meist ruckartig erfolgt. Diese Bewegung äußert sich häufig in Form von Erdbeben. VORKOMMEN VON VULKANEN • Vulkane der Spreizungszone liegen beinahe alle auf dem Meeresboden, dort wo die tektonischen Platten der Erdkruste auseinanderdriften. Das aufsteigende Magma aus der Lithosphäre drängt die Platten jedes Jahr um einige Zentimeter auseinander (= “Sea-Floor-Spreading“). Durch gegenseitige Subduktion der Krustenplatten wächst der Atlantik und schrumpft der Pazifik im Gegenzug. Vulkane der Spreizungszone sind zumeist rote Vulkane oder Schildvulkane. • Vulkane der Subduktionszone treten dort auf wo Erdplatten aufeinander treffen und die Platte mit der höheren Dichte unter die andere geschoben wird. Die hinuntergeschobene Platte erhitzt und schmilzt schließlich. Die andere Platte wird dadurch angehoben. Durch das Schmelzen des oft siliziumdioxidreichen Gesteins bildet sich Magma, welche mit hohem Druck an die Erdoberfläche gelangt und somit die Grundlage für Vulkane bildet. Zu den Vulkanen der Subduktionszone zählen hauptsächlich graue Vulkane oder Schichtvulkane, diese bilden den sogenannten „Ring of Fire“, den pazifischen Feuerring. Entlang dieses Gebietes liegen 65 % der Vulkane, die innerhalb der letzten 10.000 Jahre aktiv waren. Der pazifische Feuerring – „Ring of Fire“ 52 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger • Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas Intraplattenvulkanismus (z.B. Hot Spots, Plumes) erklärt die Entstehung von Vulkanen außerhalb von Subduktionszonen. Über „Hot Spots“ und „Plumes“ (werden teilweise auch synonym verwendet) gibt es die verschiedensten Theorien, es gilt jedoch noch keine als gesichert. Ein „Hot Spot“ ist eine ortsfeste Aufschmelzung des Erdmantels aus der ständig geschmolzenes Material aufsteigt. Durch das ständig aufsteigende Magma baut sich ein großer Druck auf, der solange steigt, bis die Erdkruste aufbricht, und es zu einem Vulkanausbruch kommt. Die Erdkrustenplatten „schwimmen“ über die „Hot Spots“ hinweg. So ist zum Beispiel die Inselgruppe Hawaii entstanden (perlschnurartig aneinander gereiht). Driftet die Platte weiter, entfernt sie sich vom „Hot Spot“ und wird damit inaktiv. Plumes versorgen Vulkane im Untergrund mit Magma. Sie verbleiben stationär im Erdmantel, während sich die Platte über den Versorgungskanal bewegt. 2.2.2 Vulkane und Menschen weltweit GESCHICHTE Die Menschen scheinen schon seit Urzeiten die Nähe des Vulkans zu suchen. So haben Anthropologen Spuren in Tansania an einem Vulkan entdeckt, die über 3,7 Millionen Jahre alt sind. In der Nähe der Vulkane fanden die Urmenschen gute Bedingungen zum leben: einen fruchtbaren Boden, ausreichend Nahrung (Tiere und Pflanzen) und Rohmaterial für Werkzeuge und Waffen. Auch wenn verheerende Vulkanausbrüche die Menschen aus der Nähe der Vulkane vertrieben, kehrten doch die meisten zurück, sobald die sichtbare Gefahr vorbei war. So ist es nicht verwunderlich, dass sich auch zahlreiche Mythen und religiöse Vorstellungen um die „Feuerberge“ ranken. Sei es der schon erwähnte römische Gott Vulcano, die biblische Geschichte um Sodom und Gomorrha, der isländische Feuervogel, die hawaiianische Vulkangöttin Pele, oder das sagenumwobene Atlantis. Auf der ganzen Welt haben die Vulkane den Glauben der Menschen geprägt. VULKANAUSBRÜCHE Große Vulkanausbrüche haben wesentlich weitreichendere Folgen, als es auf den ersten Blick vielleicht scheint. So fallen nicht nur immer wieder viele Menschen einem Vulkanausbruch zum Opfer, sondern es kommen viele Überlebende der unmittelbaren Katastrophe durch deren Folgen um (Verlust von Hab und Gut, Hungersnöte durch Ernteverlust, etc.). Vulkanausbrüche werden durch den „VEI“ (volcanic explosivity index) definiert, dabei werden die Größe, die Heftigkeit, das Volumen und die Höhe der Eruptionswolke erfasst. EINIGE DER GRÖßTEN UND BEKANNTESTEN VULKANAUSBRÜCHE SIND HIER AUFGELISTET: • • • • • • • • 79 n. Chr. Vesuv (Italien): Die Städte Pompeji und Herculaneum wurden völlig zerstört und ungefähr 25.000 Menschen starben. 1815 Tambora (Indonesien): Dies war der heftigste Ausbruch, der bisher beobachtet wurde (50 km³ vulkanisches Material). Der Ausbruch und dessen Folgen forderten ca. 92.000 Menschenleben. 1883 Krakatau (Indonesien): Es kamen ca. 30.000 Menschen um. 1902 Mont Pelée (Martinique): Der Ausbruch forderte ca. 30.000 Menschenleben und die acht Kilometer entfernte Hafenstadt St. Pierre wurde zerstört. 1912 Katmai (USA, Alaska): Dieser gilt als der schwerste Ausbruch im 20. Jahrhundert. 1980 St. Helens (USA): Der Vulkan explodierte (der Kegel brach ein), trotz großer Evakuierungen starben 62 Menschen. 1985 Nevado del Ruiz Armero (Kolumbien): Durch die Explosion wurden Eiskappen geschmolzen und Wasser- und Schlammmassen freigesetzt, die die Stadt Armero verwüsteten. Dabei kamen 31.000 Menschen ums Leben. 1991 Pinatubo (Philippinen): Es wurden 7 km³ Asche ausgeworfen und 1.000 Menschen starben, trotz rechtzeitiger Evakuierung. 53 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas Auch in Costa Rica kam es immer wieder zu Katastrophen nach Vulkanausbrüchen, diese werden jedoch in den nachfolgenden Kapiteln zu den einzelnen Vulkanen erwähnt. GEFAHRENZONEN Die Einteilung von Gefahrenzonen ist nicht leicht, da jeder Vulkan eine andere Ausbruchsform hat und somit andere Risiken birgt. Es gibt somit keine einheitlichen Kilometerangaben für die Gefahren bei einem Ausbruch. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Einteilungen mit Ziffern, Buchstaben, etc. Eine ganz allgemeine Einteilung ist folgende: Die rote Zone nahe am Vulkan ist die Zone des Todes, pyroklastische Ströme würden alles zerstören. In der gelben Zone droht für die Menschen keine unmittelbare Lebensgefahr. Doch der Ascheregen würde den Menschen das Atmen erschweren. Hausdächer könnten durch die Last der Asche und Lavabrocken einstürzen. In der blauen Zone kann sich die Asche mit Wasser vermischen und reißende Schlammlawinen auslösen. LANDWIRTSCHAFT Nach Vulkanausbrüchen verteilt sich die nährstoffreiche Asche, und durch den Regen werden die Vulkanaschen aufbereitet. So kann sich der Boden rasch wieder regenerieren, außerdem können die porösen Gesteinspartikel die Feuchtigkeit gut binden. Schon wenige Jahre nach einem Ausbruch gedeihen bereits die ursprünglichen Pflanzenkulturen wieder. Besonders in den tropischen und subtropischen Regionen kommt es zu einem raschen Pflanzenbewuchs nach einem Vulkanausbruch. Je trockener oder auch kälter das Klima ist, umso länger dauert es bis die Spuren eines Ausbruchs verschwinden. Je nach Klima werden die unterschiedlichsten Plantagen angebaut. Auf dem Ätna etwa, herrschen Orangen- und Zitronenplantagen vor, aber auch Wein wird angebaut („Etna Rosso“). Die vulkanischen Insel Lanzerote (ebenso wie die Azoren) wird für Weinbau genutzt, die Weinstöcke werden einzeln vor Wind und Erosion geschützt gezogen. Bananenplantagen werden auch schon kurz nach einem Ausbruch (Bulldozer ebnet; für Bananen gute Bedingungen auf vulkanischem Boden) auf den Kanarischen Inseln gesetzt. In Asien, als Beispiel seien die Philippinen genannt, werden Tee- oder Reisplantagen an den Vulkanhängen gezüchtet. Viel schwieriger gestaltet sich die Wiederbesiedelung auf Lavaströmen, die dauert meist mehrere Jahrhunderte. Am Grad der Besiedelung kann man daher oft das Alter dieser Lavaströme abschätzen. TOURISMUS Bereits die alten Römer zog es immer wieder zu den heißen Thermalquellen, aber sie bevorzugten Quellen, die nicht in der Nähe der Vulkane lagen um den Gott „Vulcanus“ auf keinen Fall wütend zu machen. Im Mittelalter boomten die heißen Quellen regelrecht, da man entdeckte, dass sie eine lindernde Wirkung bei vielen Krankheiten durch ihre mineralischen Bestandteile hatten. Eine völlige andere Art von Vulkantourismus gab es rund um den Globus auch noch: den religiöser Art. In fast allen Kulturen hatten die Götter ihren Sitz auf den Vulkanbergen. Schon früh fanden viele naturwissenschaftlich Interessierte gefallen an Vulkanen, und bereisten sie auch (Beispiel: Alexander von Humboldt, Gruppenfoto am Vulkan Irazú (Aussichtspunkt auf den Krater Principal Johann Wolfgang von Goethe, mit seinem giftgrünen Kratersee) Charles Darwin). Ab dem zweiten Weltkrieg entwickelte sich ein Massentourismus hin zu vielen Vulkangebieten. Besonderes Interesse galt damals den Azoren, Indonesien, Kanarischen und Griechischen Inseln, wobei vorerst das angenehme Klima im Vordergrund stand. Die landschaftliche Schönheit der Vulkangebiete führte jedoch 54 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas schon bald zu Schaffung von Nationalparks, die weltweite Bekanntheit erreichten. Auch in Costa Rica war der erste Nationalpark ein Vulkangebiet: der Irazú und seine Umgebung. Besonders durch das Fernsehen wurden vielen Menschen die Vulkane näher gebracht, und damit ihre Scheu vor den „donnernden Bergen“, die davor vor allem aus Katastrophen bekannt waren, abgebaut. Touristen wollen die Vulkane so nah wie möglich erleben, wodurch Kompromisse zwischen dem Schutz der Landschaft, den Schutz der Reisenden und den wirtschaftlichen Interessen geschlossen werden. Gerade Hotelbesitzer bauen ihre Hotels zu nahe an die Vulkane, d.h. innerhalb der Gefahrenzone, wo eigentlich keine Häuser zugelassen sind. Am Fuße des Arenals stehen auch einige Hotels in der roten Gefahrenzone, um den Touristen den bestmöglichen Blick auf das Lavaschauspiel zu bieten. Immer wieder kommt es auch zu Unfällen von Touristen, die in abgesperrte Gebiete gehen oder einfach in Krater absteigen (selbst wenn diese erloschen sind, gibt es doch einige Gefahren), da sie die Gefahren selbst nicht kennen und auch nicht einschätzen können. ANDERE NUTZUNGEN Schwefel wird für die verschiedensten Zwecke, unter oft gefährlichen Bedingungen, abgebaut (als Säuerungsmittel z.B. in Zuckerfabriken, Vulkanisierung von Kautschuk, als Basis für Farbstoffe und Arzneien). Auch andere Mineralien sind gefragt: Borsäure, Salmiak, Alunit, etc. Heute kann man viele dieser Stoffe schon technisch herstellen, aber früher war der gefährliche Abbau oft der einzige Weg. Bestimmte Vulkangesteine, wie Basalt, sind wichtige Baumaterialen. Des Weiteren finden folgende vulkanische Gesteine Verwendung: Bimsstein, Diamanten, etc. Die Erdwärme wird heute vielfach zur Wärmegewinnung und Energieerzeugung genutzt. Diese Form der „Alternativen Energie“ wird auch in Mittelamerika immer populärer. In Costa Rica dient als Beispiel der Vulkan Miravalles. VORHERSAGEN VON VULKANAUSBRÜCHEN Die Vorhersage von Eruptionen wird immer wichtiger, da die Bevölkerung in der Nähe von Vulkanen jährlich zunimmt. In Costa Rica hat das „Valle Central“ mit Abstand die größte Bevölkerungsdichte, trotz der Nähe zu einigen Vulkanen. Nicht nur die Bevölkerung an den fruchtbaren Vulkanhängen nimmt zu, sondern auch die Masse an Touristen, die besonders von den aktiven Vulkanen angezogen wird. In der unmittelbaren Umgebung des Vulkans ist die Sicherheit der „Vulkantouristen“, und damit die richtige Einschätzung der Gefahr, von großer Bedeutung. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Getöteten und Verletzten bei Vulkanausbrüchen weltweit deutlich verringert, die materiellen Schäden sind dagegen gestiegen. Alle Signale, die ein Vulkan in einer Ruhepause oder im Vorfeld einer Aktivität aussendet, werden heutzutage in seismischen Messnetzen genau erfasst. Es werden die austretenden Gase genau analysiert, der Wärmegradient erfasst, und auch die Gestalt des Vulkans (Vulkane verändern vor Explosionen häufig ihre Form) beobachtet. Auch Erdbeben können auf einen baldigen Vulkanausbruch hinweisen. Noch sind die Prognosen von Vulkanausbrüchen relativ unsicher, aber es werden laufend neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Vulkane gewonnen. 2.2.3 Costa Rica – Entstehung der mittelamerikanischen Landbrücke Für den geologischen Bau Mittelamerikas sind komplizierte tektonische Vorgänge verantwortlich. So grenzen hier auf engem Raum viele, teilweise auch kleine Lithosphärenplatten (Cocos-, Karibische, Pazifische, Südamerikanische und Nordamerikanische Platte) aneinander. Neben Sedimentgestein spielen daher auch Vulkane und Erdbeben am Aufbau eine große Rolle. Aus diesem Grund ist Mittelamerika eine besonders instabile Region der Erdkruste. Am westlichen Rand liegt es auf der Karibischen Platte, und im östlichen Teil auf der Cocosplatte. Vor etwa 100 Millionen Jahren, im Meozän, begann sich die Karibische Platte unter den Rand der Cocosplatte zu schieben (Subduktion). Dadurch entstand dort zwischen Nord- und Südamerika Land, welches einfach aus dem Meer gehoben wurde. Vorerst waren dies nur vereinzelte Inseln. Vor etwa drei Millionen Jahren wurden diese Inseln durch Anhebungen des Meeresbodens, vulkanische Tätig- 55 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas keit und Erosionsvorgänge, miteinander verbunden. Damit wurde eine Landbrücke gebildet, die seither die Verbindung zwischen Nord- und Südamerika darstellt. Mit der Subduktion der Karibischen Platte, und der folgenden Verwerfung, gingen wie an jedem Plattenrand Vulkanausbrüche und Erdbeben einher. Vulkanische Aktivitäten haben somit die Landschaft Mittelamerikas geformt, welche mit hohen Gebirgsketten durchsetzt ist. Die meisten dieser „Berge“ sind jedoch Vulkane, die zum Großteil erloschen sind. In den Kraterkesseln (Calderen) haben sich teilweise großflächige Seen gebildet, von denen einige, auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung, ein wunderschönes Farbenspiel bieten. Auf den ersten Blick lässt sich in Costa Rica eine natürliche Gliederung in drei geographische Gebiete von Nordosten nach Südwesten erkennen: das Karibische Tiefland an der atlantischen Seite, das hügelige Küstenvorland auf der pazifischen Seite, und dazwischen die Kordillerenkette mit vulkanischem Ursprung. Letztere wird im Allgemeinen in vier Teile gegliedert: • Cordillera de Guanacaste: Sie liegt im Norden und besteht aus einer Aneinanderreihung erdgeschichtlich junger Vulkankegel (Orosi, Rincón de la Vieja, Miravalles, Arenal). • Cordillera de Tilaran: Sie schließt an die Cordillera de Guanacaste an und ist ein relativ kleiner Gebirgszug. Sie bildet ein Bindeglied zur Cordillera Central. Die Berge sind meist bewaldet und erreichen Höhen bis etwa 1.300 m. • Cordillera Central: In der Mitte der Gebirgskette liegt die Cordillera Central, die sich zu einer hügeligen Hochebene der Meseta Central verbreitert, wo sich die bekanntesten Vulkane des Landes befinden (Poás, Barva, Irazú, Turrialba). Sie erreichen Höhen von über 2.500 m. • Cordillera de Talamanca: Diese Cordillera liegt ganz im Süden und stellt das bisher am wenigsten erschlossene Gebirgsmassiv dar, das im 3.820 m hohen Chirripó gipfelt. Sie ist aus klastischen Gesteinen und Kalken, mit vulkanischen Einschlüssen, aufgebaut. 2.2.4 Vulkane Costa Ricas In Mittelamerika gibt es über 50 aktive Vulkane, von denen ein Großteil im mittleren Tertiär entstanden ist und zum Typ der Subduktionsvulkane zählt. Alle Vulkane Mittelamerikas gehören, wie auch die meisten Vulkane Nord- und Südamerikas, zum Pazifischen Feuerring. In Costa Rica selbst gibt es etwa 90 inaktive Vulkane und 10 aktive Vulkane, die wie auf einer Schnur aufgereiht in Sichtweite zu ihrem jeweiligen Nachbarn liegen. Sie bestimmen die gesamte Geomorphologie des Landes. Aktive Vulkane Vulkan Arenal Vulkan Poás, Kratersee Vulkan Irazú, Kratersee VULKAN ARENAL Lage: Der Vulkan Arenal liegt 16 km westlich der Stadt Fortuna. Der kegelförmiger Berg ist wohl der beliebteste Vulkan des Landes, da er derzeit ständig aktiv ist. Der 1.643 m hohe Kegel des Vulkan Arenal überragt den kürzlich gegründeten Nationalpark, der insgesamt acht der zwölf costaricanischen Vegetationen umfasst. Zu dem 10.800 ha großen Park gehört, neben dem Vulkan Arenal auch noch 56 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas der niedrigere Vulkan Chato (1.100 m), ein schlummernder Kegel mit einem erbsengrünen See im erloschenen Krater. Der Cerro Chato zeigt seit rund 3.500 Jahren keine Aktivität mehr. Zu dieser Zeit schob sich der Arenal gerade erst aus dem Boden und wuchs empor wie ein gigantischer Maulwurfshügel. Mit seinem fast völlig symmetrischen Kegel, gehört der Arenal zu der Gruppe der Stratovulkane und ist der jüngste Vulkan in Costa Rica. Die ältesten, bekannten Gesteine sind nur 2.900 Jahre alt. Durch die großen Lavamengen, die der Vulkan ausstößt, verändert sich die exakte Höhe häufig. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass Costa Ricas Ureinwohner den Berg als heilig verehrten. Krater: Vor dem großen Ausbruch 1968 zeigte der Vulkan lediglich hin und wieder eine schwache Rauchaktivität in seinem alten Krater. Durch die große Eruption bildeten sich drei neue Krater, was ein Indiz für den enormen Druck ist, der sich im Laufe der Jahre aufgestaut hatte. Ausbrüche: Bis zu seiner Erstbesteigung im Jahre 1937 glaubte man nicht an einen vulkanischen Ursprung des zu dieser Zeit etwa 1.633 m hohen Berges, der damals noch völlig überwachsen war. Die letzte große Eruption (seit bestehenden Aufzeichnungen) dürfte ungefähr um 1500 gewesen sein, da aus dieser Zeit Lavaströme entdeckt und analysiert werden konnten. Doch die erste große Eruption im 20. Jahrhundert, am 29. Juni 1968 (siehe weiter unten: „Der Tag des Weltuntergangs“), bewies Gegenteiliges. Der Druck, der sich über 450 Jahre aufgebaut hatte, löste sich in einer gewaltigen Explosion, über fünfzehn Quadratkilometer wurden mit Lava, Felsen und Asche bedeckt. Insgesamt gab es Spuren des Ausbruchs auf mehr als 232 km². Die Vegetation des Vulkans wurde vollkommen vernichtet und das Umfeld verwandelte sich in wenigen Minuten in eine Mondlandschaft, die noch heute sichtbar ist. Dabei wurden auch die Ortschaften Pueblo Nuevo und Tabacón völlig zerstört. 80 Menschen kamen damals ums Leben. Mit dieser ersten Explosion 1968, wurden drei neue Krater geformt. Einer von ihnen bekam den Namen Krater A und aus diesem strömte noch im September desselben Jahres zum ersten Mal Lava. Die größten Risiken am Vulkan Arenal sind die pyroklastischen Ströme. Das sind Feststoff-GasDispersionen, die sich sehr schnell ins Tal bewegen, und in deren Begleitung explosive vulkanische Eruptionen auftreten können. Bis heute blieb der Vulkan einer der aktivsten der Welt, regelmäßig fließt Lava an den Hängen ins Tal und immer wieder wirft er glühende Gesteinsbrocken, deren Durchmesser bis zu 5,7 m betragen, auf ca. 300 m Höhe in die Atmosphäre. Es kann mehrmals täglich zu Eruptionen kommen, manchmal ist aber auch für einen ganzen Monat Ruhe. Bei gutem Wetter kann man tagsüber Rauchwolken vom Krater aufsteigen sehen, begleitet von einem weithin hörbaren Grollen. Besonders eindrucksvoll ist der Vulkan bei Dunkelheit, wenn die orangeglühende Lava die Nacht erhellt. Seit 25 Jahren beobachten Seismologen des Smithonian Institute und der Universidad de Costa Rica (UCR) den Vulkan und registrieren jede Aktivität. Die ehemalige Beobachtungsstation an der Arenal Observatory Lodge ist heute den Touristen vorbehalten. „Der Tag des Weltuntergangs" Der Augezeuge Francisco Araya schildert der Ausbruch des Vulkans Arenal am 29. Juni 1968: „Am Morgen, an dem der Arenal ausbrach, blickte Angel Valerio aus dem Fenster seines Hauses auf einen wolkenlosen Himmel. Die perfekte Silhouette des Berges sperrte sich gegen das Licht der ersten Sonnenstrahlen des Tages, und an den Hängen des Vulkans erwachte das Leben. Wie viele andere Bewohner war er im Schatten des Vulkans geboren und kannte ihn als majestätischen und stillen Berg. Gegen 7.00 Uhr verließ er sein Haus um auf seiner Finca einige Kühe auszusuchen, die er an diesem Tag verkaufen wollte. Im Haus blieben seine Frau Christina und seine beiden Söhne zurück. Etwa eine Stunde später, als er mit einigen Landarbeitern das Vieh einsammelte, begann die Erde zu zittern und sie hörten ein schreckliches Rumoren. Sie konnten kaum glauben was sie sahen: An der Flanke des Arenals öffnete sich ein gigantischer Schlund und schleuderte eine riesige Wolke aus giftigen Gasen und Glut in den sich verdunkelnden Himmel. Fast gleichzeitig setzte ein starker Niederschlag von Asche, Schlamm und Steinen ein. „Das Ende der Welt", dachte Angel. So schnell ihn sein Pferd tragen konnte ritt Angel nach Hause. Der Vulkan schleuderte indes unablässig Lava in die Höhe. Die Asche kroch ihm in Augen und Mund, trotz seines Sombreros und eines Tuches, welches er sich zum Schutz vors Gesicht gebunden hatte. Schließlich erreichte er sein Haus; rief verängstigt nach seiner Familie. 57 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas Doch es gab keine Antwort. Er rannte in die Küche, wo ihn ein schrecklicher Anblick erwartete. Seine Frau lag tot am Boden. Erschlagen von einem Lavabrocken, der das Dach durchschlagen hatte. Von Verzweiflung ergriffen rannte Angel aus dem Haus um seine Söhne zu suchen. Doch schon nach wenigen Metern fand er sie. Mit verbrannten Kleidern lagen seine beiden Kinder vor ihm. Sie starben, als sie auf der Flucht das Haus verließen. Entsetzt war Angel sich jedoch bewusst, dass seine Tragödie kein Einzelschicksal war. Der Ort hatte Hunderte von Einwohnern, die versuchten vor der Eruption zu flüchten. Das Gebiet war ein Inferno aus glühenden Aschen und klagenden Menschen, die verstört umherirrten. Auf den Weiden starb das Vieh, es erstickte, verbrannte oder wurde erschlagen. Viele Menschen sammelten ihre Habseligkeiten ein und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Andere blieben, um nach ihren Verwandten und Nachbarn zu suchen. Die Schreckensbilder wiederholten sich in den Dörfern auf der Nordwestseite des Vulkans. Das Dorf Tabacón, wurde zerstört und unter Aschen begraben. Gegen 11.00 Uhr morgens schleuderte eine wesentlich heftigere Eruption tausende Tonnen von Asche über die gesamte Region. Die Sonne war nahezu verdunkelt. Die schwarzen Wolken dehnten sich aus und erreichten entfernt gelegene Gebiete im ganzen Land. All diese Gebiete waren in wenigen Tagen unter einem Mantel von Staub und Asche gehüllt - an manchen Stellen bis zu einem halben Meter dick. An den Flanken des Vulkans schoben sich Lavaströme hangabwärts und fraßen sich in Felder und Weideland. Flüsse, wie der Arenal und der Tabacón verwandelten sich in Schlammströme, die Häuser bedrohten und abgelegene Gehöfte von der Umwelt abschnitten. Das verschmutzte Wasser vernichtete die gesamten Fischbestände. Gegen Nachmittag erreichte die Lufttemperatur 50° C." (http://www.vulkane.net/) Die letzten starken Eruptionen gab es am 8. Mai 1998. Es waren vorübergehende Evakuierungen einiger Hotels notwendig. Doch die Gefahr war schnell vorüber und niemand wurde verletzt. Auch 2003 war der Arenal wieder stärker aktiv. VULKAN POÁS Lage: Der Parque Nacional Volcán Poás umfasst ein 5.600 ha großes Areal rund um den gleichnamigen Vulkankomplex Poás, dessen höchster Punkt auf 2.708 m liegt. Er befindet sich 30 km nördlich der Stadt Alajuela. Der Hauptkrater hat einen Durchmesser von 1,5 km und eine Tiefe von 300 m (bis zum Kratersee) und zählt damit zu den größten aktiven Vulkankratern der Erde. Der dampfende Kratersee misst etwa 350 m im Durchmesser und erreicht Temperaturen zwischen 30 °C und 80 °C. Die durchschnittliche Lufttemperatur am Vulkan Poás beträgt ungefähr 12 °C. Krater: Der Vulkan erhebt sich über die Überreste von zwei erodierten Calderen, die Äußere mit 7 km, die Innere mit 3 km Durchmesser. Die Gipfelregion besteht aus drei Kratern, die entlang einem Nord-Süd verlaufenden Bruchsystems orientiert sind. Der Südliche von zwei Kraterseen, genannt Laguna Botos hat einen Durchmesser von 400 m und ist 14 m tief. Sein Wasser ist kalt, klar und trinkbar. Da die letzte Eruption bereits 7.500 Jahre zurückliegt, ist der Krater von dichtem montanem Regenwald bewachsen. Der See im Hauptkrater ist türkis-blau und von Fumarolen gesäumt, die noch wesentlich höhere Temperaturen als der Kratersee erreichen. Unter anderem durch die chemischen Austritte in der Uferregion ist das Wasser extrem sauer. Der Kratersee zählt zu den Sauersten weltweit. Schwefelkristalle lagern sich um die Austrittslöcher der Fumarolen ab. 90 – 95 °C heißer Wasserdampf, mit hoch konzentriertem Schwefeldioxyd und Chlorgas, zersetzt das Gestein und führt zu Erdrutschen in diesen Gebieten. Flora und Fauna: Im Bereich des Nationalparks unterscheidet man vier Vegetationstypen: • Niederer Höhenwald (arrayanes, z.B.: am Weg zum Hauptkrater): Zwergwuchs, Sträucher, und Bäume nicht über 3 m Höhe. Charakteristische Pflanzen: „sombrilla de probre“ (Gunnera insignis), Stechginster und Vaccinium poasanum, eine Pflanze, die mit den Heidelbeeren verwandt ist und nur hier vorkommt. 58 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger • • • Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas Kraterbereich: ohne Pflanzenbewuchs oder nur wenige z.T. verkrüppelte Pflanzen, die sich den extremen Lebensverhältnissen angepasst haben. Krüppelwald: undurchdringlich, verkrüppelte Bäume. Nebelwald: sehr feucht und dunkel, Bäume bis 20 m Höhe (vor allem Eichen, Zedern, Weiße Zypressen), zahlreiche epiphytisch wachsende Pflanzen wie Moose, Farne, Bromelien und Orchideen. Säugetiere sind wegen der Höhenlage eher selten. Das „Poashörnchen“ ist eines der bekanntesten Tiere, die im Park zu sehen sind. Im Gebiet des Nationalparks leben aber auch Kojoten, Opposums, Kaninchen, Stinktiere und einige Raubkatzen. Vögel hingegen sind sehr zahlreich, bisher hat man im Park 79 Arten gezählt. Neben verschiedenen Kolibri-Arten leben hier auch der sagenumwobene Quetzal, der Schwarzbauchguan und der Laucharassari (Grüner Tukan). Ausbrüche: Der Vulkan Poás ist bereits seit dem Pliozän (vor 11 Millionen Jahren) aktiv und die meist geysirartigen Eruptionen fanden immer im Kratersee statt. Der erste datierte Ausbruch fand 1828 statt. Miguel Alfaro berichtete, dass er Asche und etwas mit blauen Flammen beobachtet hatte. Die blaue Farbe kam womöglich durch die Verbrennung von Sulfur zustande. Seit 1834 werden die Ausbrüche des Vulkans wissenschaftlich registriert. 1860 wurden erstmals Temperaturmessungen am Kratersee unternommen (39,1 °C). In den folgenden Jahren, bis 1888, stieg die Temperatur auf 55,5 °C. Im selben Jahr wurden heftige Erdbeben registriert. In den Jahren 1889, 1903 bis 1907, kam es immer wieder zu kleineren, geysirartigen Ausbrüchen mit 70 m hohen Fontainen. Die stärkste Eruption fand am 5. Januar 1910 statt, als der Vulkan eine fast 8 km hohe Aschensäule in den Himmel schleuderte. Schweres Material formte Einschlagkrater bis zu ein Meter Tiefe, und große Teile des Vulkans wurden mit Schlamm bedeckt. Im März desselben Jahres kam es noch zu Aktivitäten mit Gasausbrüchen. Die aktivste Zeit hatte der Vulkan Poás zwischen 1952 und 1955, als die Eruptionswolken teilweise wieder eine Höhe von 8 km erreicht haben sollen, aber ein heftiger Ausbruch blieb trotzdem aus. Zu dieser Zeit verschwand der heiße See im Hauptkrater plötzlich vollständig. Diese Zeit war auch gleichzeitig die letzte stärkere eruptive Phase, als neben weißglühendem Gesteinsmaterial und Lava, auch große Aschewolken ausgestoßen wurden, die große Teile des Zentraltals mit Vulkanasche bedeckten. Mit der Gründung des Poás Volcáno National Park 1971, konnte die Vulkanaktivität dauernd beobachtet werden, und man kam zu detaillierteren Informationen. Von 1977 bis 1979 konnten mehrmals Eruptionen beobachtet werden. Am 14. Februar 1978 zum Beispiel, gab es eine Eruption mit einer Höhe von ca. 2 km. Seit Januar 1981 konnte man Veränderungen im Vulkan Poás beobachten. Es wurden allerdings keine phreatischen Ausbrüche beobachtet. Es kam verstärkt zu Gasaustritten, was besonders der umliegenden Pflanzenwelt zu schaffen machte. Auch in der Zeit von 1987 bis 1990 hatte der Poás eine aktive Phase, in der es zu Gasausstößen von bis zu einem Kilometer kam, und die Kraterseetemperatur von 58 °C auf 70 °C anstieg. 1989 verschwand der Kratersee wieder völlig und in dieser Phase bildeten sich flüssige Sulfur-Pools, die eine Temperatur von bis zu 120 °C erreichten. 1990 verursachte die Aktivität des Vulkans eine „saure Umwelt“, welche die Vegetation in unmittelbarer Nähe vernichtete. Es kam auch zu beträchtlichen finanziellen Einbußen. Kaffee- und Erdbeerplantagen, welche an den Hängen des Vulkans angebaut wurden, sind auf Grund des niedrigem pHWerts beeinträchtigt und schließlich vollkommen zerstört worden. Auch die Infrastruktur wurde beschädigt, da Säure die Bausubstanz stark angriff. Auch 1994 kam es wieder zu Veränderungen: Der Kratersee trocknete erneut komplett aus. Durch den Austritt von Gas und Asche, welche durch den Wind auch stark verbreitet wurden, musste der Nationalpark für Besucher gesperrt werden. In der Zeit von 1995 bis 1997 wurde wieder beobachtet, dass sich die Wassertemperatur im Kratersee stark verändert hat (von 26 °C auf bis zu 92 °C). Der letzte stärkere Ausbruch fand 1996 statt. 59 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas VULKAN IRAZÚ Lage: Der mit 3.432 m höchste Vulkan Costa Ricas bekam seinen Namen von dem Wort „Izataru" das in der Indianersprache „grollender und zitternder Berg" bedeutet. Der Vulkan liegt 35 km nordöstlich der ehemaligen Hauptstadt Cartago. Er befindet sich im Nationalpark Vulkan Irazú, der eine Fläche von 2.000 ha hat und am 30. Juli 1955 gegründet wurde. Er ist somit der älteste Nationalpark Costa Ricas. Krater: Der Stratovulkan breitet sich mit seinen 12 Nebengipfeln auf einer Fläche von 500 km2 aus und ist damit der größte Vulkan des Landes. Das Gebiet ist von großer hydrologischer Bedeutung: Zahlreiche Flüsse entspringen hier, die die grossen Flüsse des Landes speisen, u.a. den Río Chirripó, Reventazón, Sarapiquí und den Río Grande de Tárcoles. Der Vulkan hat einen aktiven, kreisrunden Hauptkrater (cráter principal) mit einem Durchmesser von über einem Kilometer (= eigentlich eine Caldera) und einer Tiefe von etwa 300 m. Ein meist gelbgrüner See, aus welchem Schwefeldämpfe aufsteigen, liegt auf seinem Grund. Dieser See ist für seine immer wieder wechselnde Farbe bekannt. Nebenan liegt der ebenfalls runde, 100 m tiefe Krater Diego de la Haya, dessen Durchmesser über 600m beträgt. In ihm bildet sich bei Regen ebenfalls gelegentlich ein kleiner See. Südöstlich und Nordöstlich des Hauptkraters befinden sich ebenfalls noch 2 kleinere Krater. Der Nachbarkrater des Diego de la Haya hat einen Durchmesser von etwa 700 m und eine Tiefe von 100 m. Dieser ist schon lange erloschen und mit Vulkanasche überzogen. In der Regenzeit entsteht auch auf seinem Grund ein kleiner See. Die Temperatur am Vulkan schwankt zwischen – 5 °C und + 15 °C. Flora und Fauna: Im Umfeld der Krater hat sich die Vegetation völlig verändert und den extremen Lebensbedingungen angepasst. Der spärliche und verkümmerte Bewuchs besteht vorwiegend aus Myrten (Vaccinium consanguineum), einem Strauch mit ledrigen Blättern. Oberhalb von etwa 3.300 m findet man andine Vegetation vor, die man als páramo bezeichnet (páramo pluvial subalpino). Diese Vegetationsform trifft man sonst nur in den höchsten Regionen der Talamanca-Kordillere an. In den etwas niedrigeren Regionen des Parks gibt es Sekundärwälder und Reste von Primärwäldern. Die häufigsten Baumarten sind Miconia sp. (Melastomataceae), Quercus costaricana (Fabaceae) und Drymis granatensis (Winteraceae). Wie auf den meisten vulkanischen Gebieten in Mittelamerika findet sich auch hier Gunnera insignis (Gunneraceae), der „Regenschirm der Armen“ (Spanisch: „sombrilla de probre“). Die Tierwelt ist wegen der extremen Bedingungen recht artenarm. An Säugetieren leben hier u.a. Bergkaninchen, Kojoten, Gürteltiere, Stachelschweine, Langschwanz-Wiesel, Rothörnchen und Tigerkatzen. Zahlreicher sind die Vögel vertreten: u.a. Kolibris, der Junco volcanero (eine Scharrammer der Gattung Junco), der Eichelspecht, die Kleine Brauneule, der Jilguero (eine Trugdrossel-Art), die Schlichtdrossel und der Rote Kleiber. Ausbrüche: Der Vulkan weist eine lange Geschichte von Eruptionen und eruptiven Phasen auf. Seit dem Jahre 1723 sind Ausbrüche dokumentiert. Eine besonders aktive Phase war in der Zeit von 1962 bis 1965. Der Vulkan ist nach wie vor aktiv und machte am 13. März 1963 Schlagzeilen. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich gerade der amerikanische Präsident John F. Kennedy in Costa Rica auf, als es zu einem heftigen Ausbruch kam. Weite Teile des „Valle Central“ wurden mit Vulkanasche bedeckt. In höheren Lagen bedeckte eine knöcheltiefe Schicht Vulkanschlamm den Boden, die zwar die Kaffeeernte vernichtete, letztlich aber den Boden sogar düngte, so dass der Ertrag in den nachfolgenden Jahren stieg. Heute gilt der Irazú als die „Speisekammer Costa Ricas“, da die fruchtbaren Hänge bis in große Höhen landwirtschaftlich genutzt werden. Unter anderem werden Zwiebel, Kartoffel und Salat hier angebaut. 1996 brach der Vulkan zum letzten Mal heftig aus. Seither wirft der Vulkan nur manchmal kleinere Mengen von Asche und Schlacke aus. Gelegentlich sieht man auch Rauchwolken aufsteigen. Die Eruptionen des Vulkan Irazú werden oft begleitet von Erdbeben und unterirdischen Grollen, wodurch es in der Umgebung immer wieder zu Schäden kommt. So wurde Cartagos alte Basilika, bei einem Beben 1912, vollkommen zerstört. 60 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas VULKAN TURRIALBA Der Vulkan Turrialba liegt nordöstlich von Cartago und hat eine Höhe von etwa 3.340 m. Er ist damit der zweithöchste Gipfel der Cordillera Central und teilt sich das Fundament mit dem Vulkan Irazú (Zwillingsvulkan). Er besitzt drei klar bestimmbare Krater: den zentralen Krater, den Cerro Tiendilla (2.791 m) und den Cerro Armando (2.750 m). Außerdem gibt es noch weitere Krater, die Gase und Schwefelwasserdämpfe freisetzen. Tropische Feuchtwälder und Vorgebirgs-Regenwald sind die hier vorherrschenden Waldarten, die Bäume bis zu einer Höhe von 40 m aufweisen – viele besitzen die außergewöhnlichen Brettwurzeln, die nur im Regenwald zu finden sind. Im 19. Jahrhundert war der Stratovulkan noch sehr aktiv. Ausbrüche sind aus den Jahren 1853, 1855, 1864 – 1865 und 1866 bekannt. Seit dem letzten Ausbruch 1866 steigen nur hin und wieder Dampfund Gaswolken aus dem Hauptkrater, ein Zeichen des schlafenden Stadiums. VULKAN RINCON DE LA VIEJA Der Vulkan befindet sich im Nationalpark Rincón de la Vieja. Der Vulkankomplex Rincón de la Vieja zählt zu den schlafenden Vulkanen und hat eine Höhe von 1.916 m. Südöstlich des Hauptkraters befindet sich die Lagune Jilgueros, mit einer kleinen Insel in der Mitte. Die höchste Erhebung des Rincón ist der Doppelgipfel Santa Maria. Der Vulkan hat einen 500 m großen Krater, der bei einer Plinianischen Eruption vor 3.500 Jahren entstanden, und seit langer Zeit erloschen ist. Hauptattraktion sind die heißen Quellen mit etwa 45 °C, welche sich in natürlichen Becken sammeln, sowie die blubbernden Schlammlöcher. Explosive Ausbrüche sind bereits aus den Jahren 1765, 1844, 1849 – 1863, 1912 und 1922 bekannt. Von 1966 bis heute kam es immer wieder zu Aktivitäten. Die letzte war 1998, und auch für die Zukunft werden Ausbrüche erwartet. Rund um den Vulkan ist Trockenwald vorherrschend, der nicht so dicht wie Regenwald ist, wodurch sich Tiere, wie Affen, Nasenbären und Leguane, gut beobachten lassen. VULKANE MIRAVALLES UND TENORIO Die Vulkane Miravalles (2.028 m) und Tenorio (1.916 m) befinden sich nordöstlich der Interamericana. Sie liegen beide in der Cordillera de Guanacaste. Savannen an den unteren Westhängen, Bergregenwald in den mittleren und Nebelwald in den hohen Lagen bestimmen das Bild der beiden Vulkane und bieten überdies vielen Tieren und Pflanzen einen einzigartigen Lebensraum. Der Vulkan Tenorio liegt in einem gleichnamigen 12.872 ha großen Nationalpark, und sein Krater ist mit Wasser gefüllt. Der Vulkan Miravalles liegt in einem geschützten Naturreservat. Schlammlöcher, dampfende Felsöffnungen und Schwefelquellen zeugen noch heute von der vulkanischen Aktivität vergangener Zeiten. Der Vulkan wird jedoch nicht nur für touristische Zwecke genützt, sondern 85 % der benötigten elektrischen und thermischen Energie Costa Ricas, werden hier mit Hilfe von Wasserkraftwerken, sowie geothermalen Anlagen, erzeugt. Nicht aktive Vulkane VULKAN BARVA Der Vulkan Barva liegt auf 2.906 m Höhe im westlichen Teil des Nationalparks Braulio Carrillo. Der Vulkankomplex gilt als seit über tausend Jahre erloschen, da an seinem Kraterrand über 2.000 Jahre alte Bäume stehen. Die kleinen Kratertrichter füllten sich mittlerweile mit Wasser. Zwei davon, die Laguna Barva und die Laguna El Copey, kann man heute besichtigen. Die Vegetation rund um den Krater ist ähnlich wie am Vulkan Poás. Die Vulkanhänge sind von dichtem Nebenwald überzogen. An der Südflanke wurden mehrere Lavaströme entdeckt. Der bekannteste, der „Los Angeles“ Strom, reicht sogar bis Nahe an die Stadt Heredia. Die letzte gesicherte pilianische Eruption fand im Holozän statt, da Lavaströme aus dieser Zeit analysiert werden konnten. Es wurde auch von kleinen Ausbrüchen um 1760 und 1867 berichtet, für die es jedoch noch keine wissenschaftlichen Beweise gibt. 61 Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas Literaturangaben BAKER, C., (2005): Der National Geographic Traveler Costa Rica; Mair’s Geographischer Verlag, Hamburg, 91, 84, 114-120 BARQUERO HERNANDEZ, J., (1998): Volcán Poás; San José BARQUERO HERNANDEZ, J., (2001): Volcán Arenal; San José HESS, H., (2006): Taschenatlas: Vulkane und Erdbeben; Klett-Perthes Verlag, Gotha, 8 – 42, 156 – 161, 238 – 249 JANZEN, D. H., (1983): Costa Rican Natural History, 47 – 61 JAUPART, C., (2000): Vulkane; Lübbe Verlag, Bergisch Gladberg, 6 – 120 KIRST, D., (2005): Das Reise Know-How Costa Rica (Rump, P., Hrsg.); Reise Know-How Verlag, Bielefeld, 92 – 96, 245 – 246, 257 – 259, 273 – 275, 289, 360 – 374, 400 – 401, 411 – 416 MIRANDA, C., PENLAND, P., (2004): Lonely Planet Costa Rica; Lonley Planet Publication, 211 – 213, 140 – 141, 129 – 131, 190 – 193 RIERGERT, J., LIESS, S., (2003): Die Feuerspucker; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 13 – 66 SCHICK, R., (1997): Erdbeben und Vulkane; Beck-Verlag, München, 7 – 13, 69 – 110 http://de.wikipedia.org http://www.amadeus.co.cr/Amadeusdata/Seiten_D/A_Z/Geo.html http://www.costaricaguide.info/de/home/besuch/info/textsvulkane.htm http://www.costaricareisen.com/naturpur/vulkane.htm http://www.costaricareisen.de/ http://www.mineralienatlas.de http://www.santoweb.de http://www.vulkane.net/ 62 Christian Kolowratnik Nationalparks in Costa Rica 2.3 NATIONALPARKS IN COSTA RICA 2.3.1 Die Bedeutung von Nationalparks Der erste Impuls für die Schaffung von Schutzgebieten erfolgte 1872 in den USA mit der Gründung des Yellowstone Nationalparks. Das Motiv hierfür war, die Naturreichtümer vor demographischer Expansion zu schützen, und als Freizeiterholung seiner Besucher zur Verfügung zu stellen. Die damals geschaffenen Kriterien dienten weltweit als Modell für die Etablierung von Schutzgebieten, obwohl die Entwicklung sehr langsam vorangeht. Im Laufe der Zeit entwickelten sich unterschiedliche Arten von Nationalparks, da auch verschiedene Funktionen zu erfüllen waren. So zum Beispiel war in Mittelamerika ein vorrangiges Ziel die Erhaltung der Artenvielfalt, die durch die starke Abholzung gefährdet war. Im Allgemeinen lassen sich jedoch folgende gemeinsame Hauptkriterien anführen: • Die Erhaltung der biologischen Artenvielfalt und ihrer Lebensräume. • Die Verminderung der Zerstörung natürlicher Ressourcen, dessen biologischer und sozialer Wert bisher nicht anerkannt wurden. • Die Kultur und Lebensform der indigenen Bevölkerung zu garantieren. • Die Gebiete als Erholungsraum für die Bevölkerung zu erhalten. 2.3.2 Historie der Nationalparks in Costa Rica Die ersten Bestrebungen zum Schutz einzelner Gebiete gab es bereits im 19. Jahrhundert, jedoch wurde erst 1945 – daher noch vor der Verfassung von 1949, welche in Costa Rica ein wesentliches Umdenken einleitete – das erste Gesetz für Schutzzonen erlassen. Damals wurden die Eichenwälder entlang der Interamericana südlich von Cartago sowie der Umkreis von zwei Kilometern um jeden vulkanischen Krater zu Schutzgebieten erklärt. Und konkretisierte sich mit der Gründung des „absoluten Naturreservats Cabo Blanco“ im Jahr 1963. Durch fehlende Verwaltung und Kontrolle gingen diese Absichtserklärungen ins Leere. Erst 1977 wurde die staatliche Nationalparkbehörde (SPN) ins Leben gerufen, durch welche die gesetzlich geschaffenen Vorgaben durchgeführt werden konnten. Besondere Anerkennung rief der 1982 ins Leben gerufene bilaterale Nationalpark „La Amistad“ zwischen Panama und Costa Rica hervor. 1992 wurde der grenzüberschreitende Nationalpark „Si-a-Paz“ mit Nicaragua ins Leben gerufen Diese Bekenntnisse zum Umweltschutz sowie die politische Stabilität bewirkten, dass mehrere Umweltschutzorganisationen mit Costa Rica im Bereich der Schuldumwandlungsprogramme kooperierten und auch Büros in Costa Rica eröffneten. 1992 wurde Costa Rica der „Francisco-Assisi Preis“ für die Erhaltung der Umwelt zuerkannt. 1993 wurden die Schutzgebiete in Nationalparks, biologische Reservate, Naturschutzrefugien, Forstreservate, Schutzzonen und ein Nationalmonument unterteilt. Diese Schutzgebiete machten damals 22,6 % der Landesfläche aus, und sind zu 65 % bewaldet. Anfang der 90er Jahre unterzeichnete Costa Rica mit den Niederlanden ein Abkommen über die Dauer von 10 Jahren zur Etablierung der nachhaltigen Entwicklung. 1994 wurde die SINAC (Sistema Nacional de Areas de Conservacion) gegründet, welche die vorher auf drei Organisationen aufgeteilte (Nationalparkbehörde, Forstdirektion und Direktion für wildlebende Tiere und Pflanzen) Nationalparkverwaltung unter einer Organisation zusammenfasste Bis 2006 wurden etwa 27 % der Fläche Costa Ricas unter Schutz gestellt, das sind in etwa 1.400.000 ha. 2.3.3 Kategorieeinteilung von Schutzzonen NATIONALPARK Unterstehen dem allgemeinen Naturschutz, sind jedoch für den Tourismus und Studienzwecke offen. 63 Christian Kolowratnik Nationalparks in Costa Rica Einrichtungen für Erholungs-, Schulungs- und Forschungszwecke sind hier erlaubt, ebenso wie eingeschränktes Fischen. Verboten ist Jagen und der Betrieb von Hotels. BIOLOGISCHE RESERVATE Diese unterscheiden sich von den Nationalparks dadurch, dass sie nur für wissenschaftliche Zwecke nutzbar sind, und ansonsten in ihrer Unbelassenheit bleiben sollen. Dadurch sind Fischen, Jagen und das Sammeln verboten. FORSTRESERVATE / RESSOURCENRESERVATE Diese Gebiete sind in der Regel groß und schwer zu erreichen. Sie sind für eine spätere Verwendung geschützt. Um Druck von außen zu reduzieren ist das Jagen verboten und die Nutzung für Erholungszwecke streng geregelt. Landschaftsentwicklung ist streng verboten und nur nach Ausnahmefällen und einer Studie über die Auswirkung auf die Natur gestattet. WILDRESERVATE Diese dienen zum Schutz einer bestimmten Tierart, und können auch private Grundstücke enthalten. Normalerweise haben diese Gebiete keinen wissenschaftlichen oder touristischen Wert, können aber dafür genutzt werden, solange die geschützte Tierart nicht gefährdet wird. NATIONALE MONUMENTE Werden hier der Vollständigkeit halber genannt, da diese auch von der „Servicio de Parques Nacionales“ verwaltet werden. 2.3.4 Die Finanzierung der Nationalparks DEBT FOR NATURE SWAPS Ursprünglich wurden die Nationalparks aus dem Forst- und Nationalparkfonds der Republik finanziert, jedoch wirkte sich die Wirtschaftskrise der 80er Jahre negativ auf das System aus, so bekam die SPN 1985 nur noch 31 % des Budgets von 1981 zugeteilt. Das Wachstum des Systems konnte nur durch den Eingriff ausländischer Umweltorganisationen bewerkstelligt werden. Hierbei sei vor allem die „Debt for Nature Swaps“(DFNS) erwähnt. DFNS bedeutet, dass Umweltorganisationen Auslandsschulden zu einem höchstmöglichen Abschlag von den Gläubigerbanken aufkaufen, und tauscht diese mit den jeweiligen Regierungen gegen Umweltinvestitionen. Dies hat für beide Seiten Vorteile: Das Schuldnerland spart durch die einheimische Währung oder die Möglichkeit neuer Kredite im Inland wertvolle Devisen, wohingegen die dazu bereitgestellten Mittel einheimischen Natur- und Umweltschutzorganisationen zufließen. Die Gläubigerbank reduziert das Risiko der Geldentwertung oder der Uneinbringbarkeit der Schulden, und das Industrieland vom Schutz globaler Ressourcen und der Entlastung des EntwicklungshilfeBudgets.So wurde zum Beispiel ein Großteil des Nationalparks Guanacaste durch einen vom WWF initiierten DFNS errichtet. UMWELTORIENTIERTER BILATERALER SCHULDENERLASS Ein Musterbeispiel für einen umweltorientierten bilateralen Schuldenerlass erließ der US-Kongreß im Jahr 1990. Es wurden damals 13 Mrd. US$ als Regierungskredit für Lateinamerika und die Karibik erlassen, wobei die USA auf die Zinsen verzichteten. Dadurch konnten die Gläubigerländer sich rein auf die Schuldentilgung konzentrieren. Im Gegenzug dazu verpflichteten sie sich die gesparten Zinsen in der jeweiligen Landeswährung für Umweltfonds zu verwenden. PRIVATE FINANZIERUNGEN Hierunter fallen Investitionen privater Personen und Umweltorganisationen. Unter anderem zählt hierzu das Projekt in La Gamba, wo österreichische Spender Regenwald freigekauft hatten, und den staatlichen Behörden übertrugen. 64 Christian Kolowratnik Nationalparks in Costa Rica 2.3.5 Defizite bei der Umsetzung der Naturschutzpolitik Obwohl der Staat Costa Rica sehr um den Schutz seiner biologischen Ressourcen bemüht ist, kann von einer effizienten Durchsetzung der Naturschutzpolitik leider nicht gesprochen werden. Hier liegt es aber weniger am Fehlen der finanziellen Mittel als vielmehr an Defiziten im Bereich der Kontrolle und Vollziehung. Folgende Probleme sind als besonders gewichtig zu bewerten: • Die Vielfalt der Gesetze und Institutionen, die mit deren Applikationen beauftragt sind. • Die Größe und Form der Schutzzonen sind in häufigen Fällen nicht optimal, um den Schutz der Artenvielfalt zu gewährleisten. Außerdem wirken oft die Interessen von Tierschützern, Bananenkonzernen und Kleinbauern entgegen. • Durch die Unterteilung in drei Verwaltungsbehörden, wurde die Nutzung der verfügbaren Ressourcen nicht effizienter. Abgesehen davon, dass diese einem einzigen Ministerium unterstellt sind, fehlt es an jeglicher Koordination. • Die unterschiedliche finanzielle und damit personelle Versorgung der verschiedenen Institiutionen. So hatte 1990 ein Beamter der DGF 7.000 ha Wald zu verwalten, während es bei der SPN nur 865 ha waren. Dadurch war es der DGF laut eigenen Angaben nicht möglich die fortschreitende Entwaldung in den Forstreservaten Golfo Dulce und Los Santos zu verhindern. • Das Management der geschützten Zonen erfolgt ohne Bürgerbeteiligung. • Die voranschreitende Umweltzerstörung außerhalb der Schutzgebiete. • Der Siedlungsdruck der landlosen Bauern. • Die Parks Cahuita (zu 36 %) und Manuel Antonio (zu 51 %) sind noch zum Teil in Privatbesitz, da durch den Tourismusboom die Bodenpreise sprunghaft angestiegen sind, und es dem Staat nicht möglich war, die Eigentümer zu entschädigen. Das Problem ist jedoch, dass hier nur der Eigentümer die Resourcen nutzen kann. • Schutzgebiete wurden häufig ohne soziale Studie der betroffenen Bevölkerung geplant, und errichtet, ohne diese zu informieren. Daher ist es nur verständlich, dass viel dieser Menschen sich nicht mit den Schutzmaßnahmen identifizieren. 2.3.6 Von uns besuchte Nationalparks PIEDRAS BLANCAS NATIONALPARK Dieser zwischen Golfito und La Gamba gelegene Nationalpark wurde 1991 ein Teil des CorcovadoNationalpark gegründet, und wurde 1999 zu einem eigenständigen Nationalpark ernannt. Das Problem, das hier von Anfang an herrschte, war der Besitzanspruch von Privaten, der bereits vor 1991 bestand. Dadurch wurden die Ressourcen trotz der Ernennung zum Nationalpark weiterhin ausgebeutet. Der Österreicher Michael Schnitzler erkannte das Problem, und sammelte in Österreich Spendengelder, um diese Grundstücke freizukaufen (bis 2005 waren dies 33,7 km² bzw. € 2.000.000,-). Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ betreibt die Esquinas Rainforest Lodge, ein Hotel für Ökotourismus, und die biologische Forschungsstation. Diese beiden Bilder wurden bei unserer achtstündigen Durchwanderung des Esquinas Regenwaldes aufgenommen. Links: Aussicht auf das Río Bonito Tal mit einer Ölpalmenplantage; Rechts: teilweise trockenes Flussbett des Río Bonito 65 Christian Kolowratnik Nationalparks in Costa Rica NATIONALPARK LA AMISTAD Dieser Nationalpark wurde im März 1979 gegründet und zeichnet sich dadurch aus, dass er staatenübergreifend sowohl auf costaricanischem als auch auf panamaischem Territorium ist, wobei der Hauptteil auf der Seite Costa Ricas liegt und eine Fläche von 192.000 ha einnimmt. Der Park wird auch „internationaler Friedenspark“ genannt und wurde mittlerweile von der UNO ins Weltkulturerbe aufgenommen (Costa Ricas Teil 1983, der von Panama 1990) NATIONALPARK ARENAL Der 40 km² große Nationalpark hat große Primärwaldbestände, und als Hauptatraktion den Vulkan Arenal (1.633 m über dem Meeresspiegel), welcher zwei Krater besitzt, wovon einer aktiv ist, und bis zu 7,5 m große Gesteinbrocken bis zu 300 m hoch schleudert. Der letzte große Ausbruch des Arenal war im Jahr 1968. Am Fuße des Vulkans liegt der Arenalsee, welcher der größte Binnensee des Landes ist, und die Ortschaft La Fortuna. Der Arenalsee wurde zwecks Energiegewinnung künstlich aufgestaut. Blick auf den Regenwald am Arenal, im Hintergrund der Arenalsee Im Schatten des Regenwaldes – vor uns der rauchende Vulkan Arenal Wanderung über 18 Hängebrücken durch die Baumkronen des Nationalparks NATIONALPARK VULKAN POÁS Der Vulkan Poas ist 2.708 m hoch, und beherbergt in seinem Krater einen Schwefelsäuresee, welcher eine Temperatur von 40 bis 70 °C , und mit einem pH von weniger als 1 der sauerste Kratersee der Erde ist. Durch die eventuell aufsteigenden Schwefelgase, kann es kurzfristig notwendig sein, den Park für Besucher zu schließen. Er bricht etwa im Abstand von 40 Jahren aus. So im Jahr 1950 und abgesehen von einer „kurzen Lavaschauer“ erst wieder im Jahr 1994. Sonstige Aktivitäten sind meist nur geysirartige Eruptionen. Kratersee der nördlichen Caldera am Vulkan Poás Schleichweg durch den Nebelwald im Nationalpark Poás Kratersee „Laguna Botos“ der südlicheren Caldera am Poás NATIONALPARK VULKAN IRAZÚ Der nördlich von Carthago gelegene Irazú ist mit 3.432 m der höchste Vulkan Costa Ricas, so dass man wenn man Glück hat, einen guten Überblick über die Meseta Central erhält und von hier sowohl den Atlantischen als auch den Pazifischen Ozean sehen kann. Der Nationalpark Irazú ist der älteste Nationalpark Costa Ricas. Er besitzt 4 Kraterlöcher, von denen jedoch der Hauptkrater nicht mehr 66 Christian Kolowratnik Nationalparks in Costa Rica aktiv ist. Die letzten Ausbrüche des Irazú waren eine Ausbruchsphase, welche von 1963 bis 1965 dauerte, und dann wieder im Dezember 1994. Der Name besteht aus zwei zusammengesetzten indianischen Wörtern „ara“ (Punkt) und „tzu“ (Donner). Kraterlandschaft am Irazú mit andiner Vegetation (páramo) Hauptkrater „Principál“ des Vulkans Irazú Nebenkrater „Diego de la Haja“ des Vulkans Irazú NATIONALPARK MANUEL ANTONIO Der südlich von Quepos gelegene Nationalpark Manuel Antonio ist für seine Fläche der touristisch am stärksten genutzte Nationalpark Costa Ricas. Er beinhaltet knapp 7 km² Landfläche sowie 550 km² Seefläche. Bekannt ist dieser Nationalpark für seine Vielfalt an nicht menschenscheuen Tieren. Neben über 350 verschiedenen Pflanzenarten gibt es dort 109 verschiedene Säugetierarten. Nahezu alle Reptilien der Costa-Rica-Pazifikküste sind dort anzutreffen. Der Park beinhaltet mehrere öffentliche Strände, mit einer Vielfalt unterschiedlichster Fischarten. Ostseite des Nationalparks Manuel Antonio Westseite des Nationalparks Manuel Antonio Einer der zahlreichen Einsiedlerkrebse entlang des Nationalparks Literaturangaben FRANKE, J., (1993): Costa Rica National Parks and Preserves; The Mountaineers Washington PRIELER, I., (1997): Die Umweltpolitik Costa Ricas; Diplomarbeit an der Universität Wien http://centralamerica.com/cr/parks/ http://centralamerica.com/cr/parks/mopiedrasblancas.htm http://www.laparios.com/artikel/artikel5.htm 67 Teil III Geschichte und Politik 68 Monika Praschberger Geschichte 3.1 GESCHICHTE 3.1.1 Vom Ursprung der menschlichen Besiedelung Die Wurzeln der menschlichen Kolonisation Amerikas liegen in Asien: Jägerstämme folgten vor etwa 40.000 Jahren ihrem Wild über die Beringstraße nach Alaska. Von dort breiteten sie sich allmählich bis nach Südamerika aus. Der erste Nachweis menschlicher Ansiedelung ist ein geschichtlicher Fund auf der Halbinsel Nicoya. Die Ureinwohner Costa Ricas lebten als Jäger und Sammler. Die neolitische Revolution begann mit der Kultivierung von Maniok und Mais. Insgesamt war die Dichte der Besiedelung sehr spärlich, bei der Ankunft der Spanier lebten nicht mehr als 30.000 Menschen auf der Fläche des heutigen Staates Costa Rica. 3.1.2 Neuzeit ENTDECKUNG UND EROBERUNG (16. JH.) Am 18. September 1502 landete Christoph Kolumbus auf der Insel Uvita (Puerto Limón). Von hier aus startete er seine Expeditionen entlang der Küste. Er benannte die Umgebung Costa Rica y Castillo de Oro (reiche Küste und Goldene Burg) und obgleich sich seine Hoffnungen nicht erfüllten, blieb der Name „Costa Rica“ bestehen. 17 Jahre später starteten Hernán Ponce de León und Juan de Castañeda von Panama zu einer Erkundungsfahrt, wo sie den Golf von Dulce und den Golf von Nicoya erreichten, ohne jedoch einen Fuß auf das Land zu setzen. 1522 kam Kapitän Gil González Dávila von Panama über Land, bis an den Golf von Nicoya. Danach zog er über Land Richtung Nicaragua, wo es zu Kämpfen mit der Bevölkerung kam und er gezwungen war wieder nach Süden abzuziehen. Die erste spanische Siedlung wurde 1524 auf Befehl von Francisco Fernández de Córdoba gegründet. Das freundschaftliche Verhältnis zu der Urbevölkerung währte durch die Besatzermentalität der Spanier nicht lange, was mit der Zerstörung der Besatzersiedlung durch die Indios endete. 1540 wurde Costa Rica der Audiencia de Guatemala zugehörig und wurde damit von Guatemala aus verwaltet. Das Landesinnere wurde erst in den 60er Jahren kolonialisiert, da aufständische Indianer ein Problem darstellten. Der Verwalter Nicaraguas Juan Vásquez de Coronado erreichte 1562 das Valle Central und konnte durch seine Verhandlungen mit der Urbevölkerung dort Fuß fassen. 2 Jahre später (1563) gründete er die Stadt Cartago die bis 1823 die Hauptstadt Costa Ricas sein sollte. 1575 wurden die Grenzen Costa Ricas durch den spanischen König Felipe II festgelegt. (im Süden bis Panama; den Norden schlossen die heutige Provinz Guanacaste und die Halbinsel Nicoya noch nicht ein) HEGENOMIE DER SPANIER (17./18.JH.) Wie in allen Landteilen des spanischen Kolonialreiches kristallisierte sich auch in Costa Rica das System der Encomienda. (Großgrundbesitzer – Versklavung der Bevölkerung) In vielen blutigen Ausschreitungen leisteten die Indios im 16., 17. und 18. Jahrhundert erbitterten Widerstand gegen die grauenhafte Kolonisation der Spanier. Die Population der Indios schrumpfte, während der ersten 100 Jahre spanischer Herrschaft, bis auf die Hälfte. Die Entwicklung Costa Ricas ging sehr schleppend voran, da keine nennenswerten Bodenschätze gefunden und ausgebeutet werden konnten. Auch die weite Entfernung zur Verwaltungshauptstadt Santiago de los Caballeros (Antigua Guatemala) trug das ihrige bei. Die Städte die im 18. Jahrhundert gegründet wurden, waren am Anfang nur kleine Dörfer mit einer Kirche im Zentrum. Ende des 18. Jahrhunderts war nur ein sehr kleiner Teil des Landes nutzbar gemacht worden, die Erträge waren gering und die Bevölkerung dadurch entsprechend arm. Costa Rica wurde somit uninteressant und entwickelte sich zu einer Randprovinz der Audiencia Guatemala. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts, durch die Einführung der Kaffeepflanze aus Kuba und deren Pflanzung, wurde ein wirtschaftlicher Aufschwung des Landes erzielt. 69 Monika Praschberger Geschichte DIE UNABHÄNGIGKEIT COSTA RICAS (1821 – 1835) Am 15. September 1821 wurde die Unabhängigkeit Costa Ricas von Spanien durch das Generalkapitanat Guatemala erklärt. Durch die schlechte Verkehrsverbindung kam die Nachricht von der Loslösung Spaniens erst einen Monat später in Cartago an. Zuerst wurde eine Übergangsregierung gebildet, die aber nicht lange wehrte. In Folge kam es zu einem Bürgerkrieg. 1823 ereigneten sich Kämpfe an den Hängen des Irazú-Massives bei Cartago. Die Republikaner gingen aus diesen Kämpfen als Sieger hervor, doch der Zerfall des Iturbiden-Reiches machte diesen Bürgerkrieg im Endeffekt überflüssig. Am 1. Juli 1823 gründete Costa Rica mit den Staaten Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua die Zentralamerikanische Föderation. Juan Mora Fernández wurde der erste Präsident Costa Ricas (1824 – 1833 Regierungsperiode). Schon 1825 wurde eine neue Verfassung geschaffen; 1838 zerfiel die Föderation und Costa Rica musste einen Teil der Schuldenlast dieser Institution übernehmen. DIE REGIERUNGSZEIT BRAULIO CARRILLOS (1835 – 1842) Nach dem Rücktritt des Präsidenten José Rafael de Gallegos, wurde 1835 Braulio Carrillos Colina zu dessen Nachfolger bestimmt. Durch etwaige Reformen (Steuer auf landwirtschaftlichen Besitz, Abschaffung von Feiertagen…) wurde er sehr unbeliebt. Dies führte im September 1835 zu einem bewaffneten Aufstand der Städte Cartago, Heredia und Alajuela (Guerra de la Liga – Krieg des Städtebundes). San José wurde nominell zur Hauptstadt erklärt. Nach Ende seiner Präsidentschaft (1837) gab Colina sein Amt ab, jedoch putschte er sich im nachfolgenden Jahr erneut an die Macht, erklärte sich als Präsident auf Lebzeiten und regierte mit diktatorischen Mitteln. 1842 wurde Braulio Carrillos in El Salvador von einem persönlichen Feind erschossen. Francisco Morazán Quesada (früherer Präsident der Föderation) wurde als Übergangspräsident gewählt. Durch seine Bemühungen für das Wiederaufleben der Förderation, und die dadurch entstandenen steuerlichen Belastungen der Bürger, stieß er auf heftige Gegenwehr. Am 15. September 1842 wurde Francisco Morazán Quesada gefangen genommen und in San José hingerichtet. AUSRUFUNG DER REPUBLIK (1843 – 1849) 1843 wurde eine konservative Verfassung ausgerufen die erneut Kämpfe und einen Regierungswechsel brachte. 1847 triumphierten die Liberalen und wählten José Castro Madriz zum Präsidenten. Am 30. August 1848 wurde das Land zur selbstständigen Republik ausgerufen und nennt sich seither Repúplica de Costa Rica. Die Verfassung verkündete wichtige demokratische Rechte und ersetzte die Armee durch eine Miliz. Erst 1850 erkannte Spanien die Unabhängigkeit Costa Ricas formell an. REGIERUNG RAFAEL MORA (1849 – 1859) Nach den Rücktritt des 1847 gewählten Präsidenten José Castro Madriz wurde der Geschäftsmann Rafael Mora Porras gewählt. Trotz zahlreicher politischer Gegner wurde Mora dreimal für sechs Jahre zum Präsidenten gewählt. Der US-Abenteurer William Walker wollte die Herrschaft an sich reißen und die Versklavung wieder einführen. 1856 gelang es ihm, sich die Macht Nicaraguas anzueignen, und erklärte Costa Rica den Krieg, wodurch es zur Schlacht von Santa Rosa (20. März 1856) kam. Die Eindringlinge wurden innerhalb kürzester Zeit (viertel Stunde) zurückgeschlagen. Am 11. April 1856 griff Walker nochmals an. Seine Truppen wurden bis zum Nicaraguasee zurückgedrängt, wo sie sich in einem Gebäude verschanzten welches von Juan Santamaría in Brand gesetzt wurde. Bei dem Einsatz verlor Santamaría das Leben und wird seither als Nationalheld verehrt. Nach weiteren Kampfhandlungen Walkers auf nicaraguanischem Territorium, reichte er am 1.Mai 1857 endgültig die Kapitulation ein. Präsident Mora wurde 1859 durch die Kaffeearistokratie gestürzt. 1860 versuchte er sich mit der Hilfe von El Salvador einen Präsidentenplatz zu sichern, scheiterte daran und wurde gefangen genommen und hingerichtet. Jesús Jimémez Zamora regierte von 1863 – 1866 und 1868 – 1870. Er führte die Schulpflicht ein und trieb auch den Straßenbau von Cartago nach Limón voran. Durch den Erfolg der Kaffeepflanzungen stellte sich ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Krankenhäuser, Schulen und Häfen wurden ausgebaut. 70 Monika Praschberger Geschichte DIE „BANANENREPUBLIK“ (1870 – 1900) 1870 kam General Tomás Guardia Gutiérrez an die Macht und regierte bis zu seinem Tode im Juli 1882. Trotz seinen diktatorischen Mitteln regierte er als liberaler und gerechter Politiker, dessen neue Verfassung die Förderung des Bildungswesens darstellte und die Abschaffung der Todesstrafe vorsah. Durch ihn wurde die Kaffeearistokratie zerschlagen und somit ebnete er den Weg in die Demokratie. 1871 kam der US-Amerikaner Minor Cooper Keith nach Costa Rica um eine Eisenbahnlinie von San José nach Puerto Limón zu bauen. Erst 1890 wurde diese Strecke fertig gestellt. Keith bekam währenddessen als Gegenleistung ungenutztes Land entlang der Bahnstrecke und ein Nutzungsrecht für die noch nicht fertig gestellte Bahntrasse. Diese Flächen wurden zum Anbau von Bananen genutzt. 1884 verband sich Keith mit der Bosten Fruit Company. Die aus diesem Zusammenschluss 1889 gegründete United Fruit Company pachtete und kaufte weiter Land hinzu, wodurch sie ihre Monopolstellung im Bananenhandel verbessern konnte. Der wirtschaftliche Aufschwung veränderte die soziale Struktur des Landes. Durch die Entstehung von Großplantagen mussten die nun landlos gewordenen Kleinbauern auf den Plantagen arbeiten, was eine enorme Abhängigkeit brachte. Die Exportwirtschaft festigte sich durch die steigenden Kaffeeund Bananenausfuhren und somit wurde Costa Rica mehr und mehr zur Bananenrepublik. WELTWIRTSCHAFTSKRISE 1929 – 1933 Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 – 1933 sanken der Preis für Kaffee und die Nachfrage nach Bananen weltweit. Es kam daraufhin zu sozialen und wirtschaftlichen Spannungen. Parteien und Gewerkschaften entstanden. Aufgrund von Massenstreiks und Aufständen der Plantagenarbeiter, wurden ein gesetzlicher Mindestlohn sowie ein Sozialversicherungssystem eingeführt. BÜRGERKRIEG 1948 Aufgrund angeblich gefälschter Präsidentschaftswahlen brach im Februar 1948 der Bürgerkrieg aus. Der Führer dieser Bewegung war José Mariá Figueres Ferrer dem sich die Bauern und Arbeiter der Region anschlossen. Die amtierende Regierung holte sich Unterstützung aus Nicaragua und wollte den „Krieg der nationalen Befreiung“ niederschlagen – dies gelang ihnen aber nicht. Nach Ende des Bürgerkrieges übernahm Figueres Ferrer die provisorische Regierung. Denkmal an den Bürgerkrieg von 1948, der 2.000 Menschenleben forderte; San José 1948 – 1958 José Mariá Figueres Ferrer wurde am 19. April 1948 Präsident. Von ihm wurden die Gleichberechtigung der Schwarzafrikaner und das allgemeine Wahlrecht – auch für Frauen und Schwarzafrikener – eingeführt. Am 8. Mai 1948 rief er die Zweite Republik aus und ein Jahr später wurde die neue Verfassung verabschiedet, die noch heute in Kraft ist. Das stehende Heer wurde abgeschafft und durch Polizeitruppen ersetzt. Figueres Ferrer übergab 1949 die Macht an Otilio Ulate Blanco. Dieser 71 Monika Praschberger Geschichte benützte das freigelegte Verteidigungsbudget um ein neues Bildungssystem zu schaffen. Seine Aufgabe bestand auch darin neuartige Industriezweige zu schaffen um die Abhängigkeit vom unsicheren Bananen- und Kaffeeexport zu verringern. Am 14. Oktober 1951 wurde Costa Rica Mitbegründer der Organisation Zentralamerikanischer Staaten (ODECA). NACH 1958 Nach einigen Präsidentenwechsel und stetig steigender Staats- und Auslandsschulden, gelang es erst 1990 dem konservativen Rechtsanwalt Rafael Angel Calderón Fournier die Inflationsrate von 25 % auf knappe 10 % zu senken. Am 1. Februar 1993 gründeten die mittelamerikanischen Staaten ein zentralamerikanisches Integrationssystem, das als gemeinsame Ziele die Einheit Mittelamerikas und die Schaffung einer Region des Friedens, der Demokratie und des Fortschritts vorsah. Die Wahl 1994 gewann der erst 39-jährige José Mariá Figueres der zur Partei der nationalen Befreiung zählte. Im Mittelpunkt seiner Bemühungen sollte der Kampf gegen die Korruption und gegen die Armut stehen, wobei nach wie vor 20 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben. Außenpolitisch hält Costa Rica engen Kontakt zu den USA, von denen das Land durch Auslandsbeteiligungen in einer Höhe von 75 % wirtschaftlich abhängig ist. Von 1998 bis 2002 war Miguél Ángel Rodríguez Echeverría Präsident, der am 8. Mai 2002 von Abel Pacheco de la Espriella abgelöst. Nach nur einer Amtsperiode wurde, der vorher als Kinderarzt tätige, Abel Pacheco von Óscar Arias Sánchez abgelöst, der noch heute sein Amt stellt. Óscar Arias Sánchez wurde 1987 mit dem Friedensnobelpreis zur Sicherung des Friedens in Mittelamerika ausgezeichnet und war schon einmal, im Jahre 1986, der jüngste Präsident Costa Ricas. 3.1.3 Zeittafel 1502 Christoph Kolumbus landet auf seiner 4. Reise auf der Isla Uvita vor der heutigen Stadt Puerto Limón 1519 Expeditionen zum Golf von Nicoya unter Juan de Castañeda und Hernán Ponce de León 1521 Weitere Expeditionen an der Pazifikküste unter Gil González Dávila. 1524 Gründung der ersten spanischen Siedlung Bruselas, die jedoch 1526 von Ureinwohnern zerstört wurde. 1540 Trennung von Panamá und Eingliederung in die Audiencia de Guatemala. 1561 Juán de Cavallón erobert das zentrale Hochland Valle Central. 1563 Juán Vázquez de Coronado gründet die Stadt Cartago, die bis 1823 die Hauptstadt ist. 1575 Grenzfestlegung der Provinz Costa Rica durch den spanischen König Felipe II. 1821 Am 15. September Unabhängigkeitserklärung des Generalkapitanat Guatemalas (zu dem auch Costa Rica gehört) von Spanien. 1823 Schlacht von Ochomogo: Monarchisten und Republikaner kämpfen um die weitere politische Zugehörigkeit des Landes an Spanien und die politische Selbstständigkeit. Die Republikaner gewinnen und Costa Rica tritt der Zentralamerikanischen Föderation bei. 1835 Guerra de la Liga: San José gewinnt und wird Hauptstadt. 1835 Braulio Carrillo Colina wird Präsident und führt liberale Reformmaßnahmen und Steuerreformen ein. 1838 Costa Rica tritt aus der Zentralamerikanischen Föderation aus und erklärt seine staatliche Souveränität. 1841 Braulio Carrillo entlässt die Regierung und ernennt sich zum Präsident auf Lebenszeit. 1848 Ausrufung der Republik unter Präsident Juan Rafael Mora Porras. Die Verfassung von 1848 verkündete wichtige demokratische Rechte und ersetzte die Armee durch eine Miliz. 72 Monika Praschberger Geschichte 1850 Anerkennung der Unabhängigkeit durch Spanien. 1856 Schlacht von Santa Rosa und Rivas, bei der der nordamerikanische Aggressor William Walker und seine Filibustertruppe bei seinem Versuch Costa Rica zu erobern erfolgreich geschlagen wird. Juan Santamaría wird zum Volkshelden erklärt. 1869 Einführung der allgemeinen Schulpflicht. 1871 Der costaricanische Staat beauftragt den Amerikaner Minor Cooper Keith mit dem Bau einer Eisenbahnlinie vom Valle Central an die Atlantikküste um den Kaffee zu exportieren. Minor Keith beginnt in diesen Jahren mit dem Anbau von Bananen und gründet die ersten großen Bananenplantagen. 1890 Fertigstellung der Eisenbahnlinie nach Puerto Limón. 1899 Gründung der United Fruit Company, die eine Monopolstellung im Bananenanbau in ganz Zentralamerika einnimmt und in den kommenden Jahrzehnten stark die Politik des Landes bestimmt. Ansiedelung von 1.000 Arbeitern aus Jamaika. 1914 Präsident Gonzáles Flores will die Steuergesetze zugunsten der Armen ändern. 1917 Nach einem Militärputsch unter Frederico Tinoca beginnt eine 2-jährige Diktatur. 1929 Infolge der Weltwirtschaftskrise stürzen die Weltmarktpreise für Kaffee und Bananen, was zu Arbeitslosigkeit und sozialen Spannungen führt. 1900 – 1930 Abwechselnde Herrschaft der beiden Parteiführer Cleto González Vïquez und Ricardo Jiménez, mit starker Bindung an die großbürgerlichen Kreise der Exportlandwirtschaft. 1931 Eine Revolte des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Manuel Castro Quesada wird niedergeschlagen; Konsolidierung der verfassungsmäßigen Herrschaft. 1934 Streik von rund 10.000 Arbeitern gegen die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen der United Fruit Company. 1936 – 1940 Präsidentschaft des Antikommunisten León Cortés, der offene Sympathie für den Faschismus zeigt. 1940 – 1944 Unter Präsident Rafael Calderón Guardia (fortgesetzt unter der Regierung von Teodoro Picado 1944 – 1948) kommt es zu einem Pakt zwischen Regierung, katholischer Kirche und Kommunistischer Partei, die damit wieder in die nationale Politik integriert wird. Soziale Reformpolitik – Einführung des Sozialversicherungssystems. 1948 Nach der Annullierung der Wahlen, in denen der Kandidat der zentristischen Opposition Otilio Ulate siegreich war, kommt es zum Bürgerkrieg, den die Opposition, geführt von José Mariá Figueres Ferrer, gegen das Regierungslager (dem auch die Kommunistische Partei angehört) führt. Figueres Ferrer übernimmt die provisorische Regierung. Abschaffung der Armee. 1949 Figueres Ferrer übergibt Otilio Ulate, der kurz zuvor den (sozialdemokratisch ausgerichteten) Partido de Liberación Nacional (PLN) gegründet hat, die Regierungsgeschäfte. Ulate beginnt ein Bildungsprogramm, führt die Mehrwertsteuer ein und verbessert das Gesundheitswesen. 1953 Figueres Ferrer wird zum Präsidenten gewählt; Beginn seiner Reformpolitik. 1958 Der Konservative Mario Echandi Jiménez wird Präsident. 1962 – 1970 Präsidentschaften der PLN-Politiker Francisco Orlich und José Trejos. 1970 – 1974 Figueres Ferrer wird erneut Präsident; er setzt die Reformpolitik fort. 1974 Präsidentschaft von Daniel Oduber (PLN) 1978 Der Konservative Rodrigo Carazo wird Präsident. Zunächst Unterstützung der Sandinistischen Regierung Nicaraguas, danach Annäherung an die US-Position. 1982 Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise Übernahme der Präsidentschaft durch den Sozialdemokraten Luis Monge Alvarez (PLN), der 1983 die ewige Neutralität Costa Ricas erklärt. Umschuldungsabkommen 1985 und 1986. 73 Monika Praschberger Geschichte 1986 – 1990 Unter der Präsidentschaft von Oscar Arias Sánchez (PLN) aktive Außenpolitik (Friedensplan für Zentralamerika und Verleihung des Friedensnobelpreises 1987); neue wirtschaftspolitische Impulse. 1990 Amtsantritt des christlich-sozialen Präsidenten Rafael Angel Calderón. Versuch, das enorme Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen. 1994 Der PLN-Kandidat José María Figueres wird zum neuen Präsidenten gewählt. Figueres verspricht, die wirtschaftliche Stabilisierungspolitik seines Vorgängers durch eine aktivere Sozialpolitik zu ergänzen. 1998 Miguél Ángel Rodríguez Echeverría wird zum Präsidenten gewählt. 2002 Abel Pacheco de la Espriella löst den vorherigen Präsidenten ab. 2006 Óscar Arias Sánchez ist nun amtierender Präsident, der Aufgrund seiner Bemühungen zur Festigung des Friedens in Mittelamerika 1987 mit den Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Literaturangaben KIRST D., (1995): Reise Know How: Costa Rica; Reise Know How Verlag Bielefeld http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite http://www.costarica.at 74 Christian Kolowratnik Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen 3.2 DIE VERFASSUNG VON 1949 UND IHRE AUSWIRKUNGEN ODER: DIE KONSOLIDIERUNG EINER UNRUHIGEN REGION 3.2.1 Einleitung Noble patria tu hermosa bandera Expresión de tu vida nos da: Bajo el límpido azul de tu cielo Blanca y pura descansa la paz. En la lucha tenaz de fecunda labor Que enrojece del hombre la faz, Conquistaron tus hijos, labriegos sencillos, Eterno prestigio, estima y honor, eterno prestigio, estima y honor. ¡Salve oh tierra gentil! ¡Salve oh madre de amor! Cuando alguno pretenda tu gloria manchar, Verás a tu pueblo, valiente y viril La tosca herramienta en arma trocar. ¡Salve patria! tu pródigo suelo Dulce abrigo y sustento nos da; Bajo el límpido azul de tu cielo ¡Vivan siempre el trabajo y la paz! So der Text der Nationalhymne Costa Ricas, ein Land das häufig als die Schweiz Südamerikas definiert wird. Begründet wird dies damit, dass Costa Rica für seine Region hohe Standards an Sicherheit und Lebensqualität aufweisen kann. (Im Verhältnis: das Durchschnitteinkommen in Costa Rica beträgt 4.300 US-Dollar, während sein Nachbar Nicaragua auf lediglich 845 US-Dollar kommt.) Auch weist Costa Rica mit 4,2 % die niedrigste Analphabetenrate Südamerikas auf. Wenn man nach Gründen für diese Stabilität sucht, ist sicherlich die Verfassung von 1949, welche heute nach wie vor Gültigkeit besitzt, einer der wichtigsten Punkte. Als im Jahr 1900 José María Zeledón Brenes den Text der obigen Nationalhymne schrieb wahr kaum vorzustellen, wie sehr er mit den letzten Zeilen – damals zum Teil mehr ein frommer Wunsch als Tatsache – Recht behalten sollte: „Heil Dir, Mutterland! Dein fruchtreicher Boden, bietet uns süßen Schutz und Unterhalt; Unter dem strahlenden Blau deinen Himmels mögen die Arbeit und der Friede stets leben!“ Das obige Staatswappen zeigt die drei wichtigsten Vulkane des Landes und ihre fruchtbaren Hänge mit den Regenwäldern, sowie die beiden Ozeane, wobei der Sonnenaufgang den Atlantik kennzeichnet. Die Schiffe stehen für den Handelsverkehr über See und tragen die Nationalflagge. Die Sterne stehen für die sieben Provinzen Costa Ricas und das blaue Banner weist auf die geografische Zugehörigkeit zu Zentralamerika hin. Zum Verständnis des Landes und der Verfassung wird zu Beginn des Kapitels ein kurzer historischer Rückblick gegeben. (Genauere Daten und geschichtliche Geschehnisse können Sie im Punkt 2 „Geschichte“ dieses Bandes nachschlagen.) 75 Christian Kolowratnik Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen 3.2.2 Historischer Rückblick (Unvollständig im Sinne einer Fokussierung zum Verständnis der Verfassung von 1949) Costa Ricas Vergangenheit war alles andere als stabil. Bereits in der Gründungsphase der „1. Republik“ waren Streit und Bürgerkriege vorprogrammiert. Costa Rica ging nicht aufgrund einer eigenständigen Entscheidung in die Unabhängigkeit, sondern vielmehr durch den Einfluss Guatemalas, welches sich am 15. September 1821, stellvertretend für sämtliche zentralamerikanischen Provinzen, von Spanien für unabhängig erklärte. Mit dieser Entwicklung begannen in Costa Rica nationale Richtungsstreitereien. Zum einen die konservativen „monarchistischen“ Bewegungen um Cartago und Herédia, welche bestrebt waren, einen Anschluss an das mexikanische Kaiserreich herbeizuführen und die liberale „republikanische“ Bewegung hauptsächlich um San José und Alajuela. Schlussendlich folgte auf diesen Konflikt 1823 die Schlacht von Ochomongo, welche nach wenigen Stunden mit der Einnahme Cartagos endete. Die Folge dieser Auseinandersetzung war die Verlegung der Hauptstadt von Cartago nach San José. Der zweite Bürgerkrieg fand im Jahr 1838 statt, nachdem der Interimspräsident Braulio Carrillo bei den regulären Präsidentschaftswahlen des Jahres 1837 unterlag und das Militär zu seinen Gunsten putschte. Dies war in der Geschichte Costa Ricas das erste Mal, dass ein Präsident durch das Militär ohne verfassungsmäßige Grundlage ins Amt gesetzt wurde. Carrillo blieb bis ins Jahr 1842 selbsternannter Diktator von Costa Rica, bis ihn Francisco Morazàn der vormalige Präsident der mittelamerikanischen Union mit Hilfe des costaricanischen Generals Villasenor stürzte. Obwohl Morazàn zuerst als Befreier der Diktatur gefeiert wurde, wurde er bereits nach einem halben Jahr Amtszeit zusammen mit Villasenor exekutiert. Morazàn hatte einen Großteil der Steuereinnahmen zum Aufbau der Armee verwendet, um die mittelamerikanische Union wieder herzustellen. Nun folgte eine Zeit der Ruhe und Konsolidierung, die Wirtschaft des Landes wuchs aufgrund des Kaffeeanbaus, sorgte aber auch für neuen Zündstoff. Diesmal zwischen Kleinbauern und Großgrundbesitzern. Als nun Präsident Juan Rafael Mora die Gründung einer Nationalbank bekannt gab, welche die Stellung der Großgrundbesitzer – die bisherigen Kreditgeber – untergraben hätte, wurde dieser gefangen genommen und exekutiert. Dies war der erste direkte Eingriff der „Kaffeearistokratie“ auf den Regierungsapparat des Landes. Durch die Häufung solcher Ereignisse wuchs die Kluft zwischen den Großgrundbesitzern und der einfachen Bevölkerung beträchtlich. 1870 putschte General Tomas Guardia und errichtete bis zu seinem Tod in Jahr 1882 wiederum eine Diktatur. Er verwies jene Mitglieder reicher Familien des Landes, welche immer wieder zu Umstürzen anstifteten, was den Einfluss der Kaffeearistokratie schließlich schwächte und dem Staat eine gewisse Unabhängigkeit ermöglichte. Guardia berief eine verfassungsgebende Versammlung ein, die eine Konstitution erarbeitete, die 1871 in Kraft trat, und mit Ausnahme kurzer Unterbrechungen bis 1948 Bestand hatte. Teile hiervon gelten in der Verfassung von 1949 bis heute. Nach dem Tod Guardias, wurde die Militärdiktatur bis 1890 weitergeführt. In dieser Zeit begann auch die finanzielle Abhängigkeit Costa Ricas vom Ausland, vor allem durch Einführung von Plantagen unter Initiative der United Fruit Company. Dadurch flossen große Kapitalmengen ins Ausland ab, und es kam zur Verschuldung des Landes durch den Eisenbahnbau unter Guardia. Im darauf folgenden Wahlkampf beteiligten sich nun erstmals mehr als nur die elitären Zirkel des Landes. Die Politik wurde auch für den kleinen Mann interessant, dadurch bildeten sich erstmals Parteien. Obgleich das Land nun eine Basis durch die Verfassung hatte, kam es immer wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen und Wahlbetrug. Weiters wurde die Stabilität des Landes durch die beiden Weltkriege stark beeinflusst. Costa Rica war in diese zwar nicht direkt involviert, jedoch musste es seine europäischen Absatzmärkte einbüßen, was die exportorientierte Wirtschaft schwer traf. Schlussendlich eskalierte die Situation, als bei der Präsidentenwahl im Jahr 1947 ein Teil der Stimmzettel aus ungeklärten Gründen verbrannte. Der „Pacto del Caribe“ welcher sich die Zielsetzung gab, die diktatorischen Regime der Region zu bekämpfen, nutzte den Moment der Unzufriedenheit in der Bevölkerung und der Schwäche des Militärs und beschloss unter der Leitung von Figueres Ferrer, welcher seit 1942 in Mexiko im Exil war, seinen „cruzada democratica“ in Costa Rica zu beginnen. Am 10.März 1948 begann der sechswöchige Bürgerkrieg, welcher 2.000 Menschenleben forderte. 76 Christian Kolowratnik Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen Figueres Ferrer musste erkennen, dass dem costaricanischen Volk mehr am eigenen Land lag, als an der Befreiung der Region, jedoch ermöglichte sein Sieg dem Land eine demokratische Verschnaufpause, und die Gunst der Stunde wurde genutzt um die Verfassung vom 7. November 1949 zu erstellen, welche heute noch gültig, und sicherlich auch wichtig für die heutige Stabilität der Region ist. In dieser Verfassung ist auch die Furcht der Verantwortlichen zu erkennen, dass wieder Unrechtmäßigkeiten auftreten könnten (z.B. der Ausschluss zur Wiederwahl auf Lebenszeit nach der Präsidentschaft) 3.2.3 Die Verfassung von 1949 Die Verfassung von 1949 umfasst 18 teils große Kapitel (capítulos) und kurze Abschnitte (títulos). Daraus werden hier kurz die für die Entwicklung der Demokratie wichtigen Teile vorgestellt: DIE DEMOKRATIE La Republica (Título I): Artikel 1 des ersten Abschnitts bezeichnet Costa Rica als eine freie und unabhängige und demokratische Republik, die weiteren Artikel befassen sich mit der nationalen Souveränität. Wichtig ist Artikel 9, welcher die Einteilung der Gewalt in eine Legislative, Exekutive und Judikative teilt. Die jeweiligen Institutionen werden in den entsprechenden Kapiteln gesondert behandelt. Nicht genannt wird hier die Wahlkontrolle, die inoffiziell aufgrund ihrer Macht und Immunität die 4. Macht genannt wird. Artikel 12 als Letzter des Kapitels verbietet die Armee als ständige Institution und überträgt es den Polizeieinheiten für den Erhalt der öffentlichen Sicherheit zu sorgen. Militäreinheiten dürfen nur im Fall einer kontinentalen Übereinkunft oder zur nationalen Verteidigung organisiert werden. Auf jeden Fall müssen die Einheiten dann einer zivilen Behörde unterstellt werden. Warum diese weltweit einzigartige Entscheidung getroffen wurde, lässt mehrere Vermutungen offen. Zum einen hat das Militär in Costa Rica nie eine wichtige Rolle gespielt und hatte dadurch nicht die starke Lobby hinter sich, die in anderen Staaten der Region bestand. Zum anderen war natürlich der Faktor der ständigen Bedrohung der Demokratie. Schon mehrmals wurde in Costa Rica durch das Militär geputscht und so hätte es eine ständige Risikoquelle dargestellt. Ein weiterer wichtiger Faktor war, dass die Armee weit unter jedem vernünftigen Standard war, und dadurch eine Aufrüstung immense Geldmengen gekostet hätte. Durch seinen Verzicht auf eine stehende Armee konnte Costa Rica Gelder in Sozialprojekte umleiten, und dadurch langfristig die heute bestehenden Sozialstandards erreichen. DIE GEWALTENTEILUNG Die Legislative (Titulo IX): Kapitel 1 legt die Organisationsstruktur des Kongresses fest, indem es dem Volk die legislative Gewalt durch Wahlen überträgt. Der Kongress ist ein Einkammern-Parlament, welches seit der Verfassungsänderung von 1961 insgesamt 57 Abgeordnete hat. Die Abgeordneten werden auf eine Dauer von vier Jahren gewählt, und können danach für die Dauer einer Legislaturperiode nicht wieder gewählt werden. Das passive Wahlrecht besteht mit der Vollendung des 21. Lebensjahres. Nicht zur Kandidatur zugelassen sind der Präsident, seine Stellvertreter, Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, der Wahlaufsicht, den Sicherheitskräften sowie der nahen Angehörigen von Inhabern der Wahlämter. Artikel 2 regelt die Befugnisse der Legislative. Dazu gehören: • die Verabschiedung, Aufhebung und verbindliche Interpretation der Gesetze • die Ernennung der Richter des obersten Gerichtshofes • die Billigung oder Missbilligung von internationalen Abkommen, Verträgen und Konkordaten • die Entscheidung über die Genehmigung von ausländischen Streitkräften auf Staatsgebiet • die Ermächtigung der Exekutive den nationalen Verteidigungsfall auszurufen und Frieden zu schließen • die Ausrufung des Notstandes und die Außerkraftsetzung der in der Verfassung enthaltenen Individualrechte 77 Christian Kolowratnik • • • • • • Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen die Festsetzung von Staatsetat und Steuern die Ernennung des Präsidenten des staatlichen Rechnungshofes Aufhebung von Immunitäten die Verfügungsgewalt über fundamentale Ressourcen (Energiequellen,…) die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen die Bewilligung von Amnestien Artikel 3 regelt das Einbringen von Gesetzen. Die Exekutive kann gegen beschlossene Gesetze ein Veto einlegen, welches die Legislative jedoch mittels eines Beharrungsbeschlusses mit einer Zweidrittelmehrheit trotzdem durchsetzen kann. Über die Verfassungsfähigkeit der Gesetze wacht ein Verfassungsgerichtshof. Die Exekutive (Titulo X): Artikel 1 erklärt, dass die exekutive Macht im Namen des Volkes durch den Präsidenten und seine Minister ausgeübt wird. Das passive Wahlrecht zum Präsidenten erhält jeder gebürtige Costa Ricaner, der das 30. Lebensjahr vollendet hat. Ausgeschlossen von der Wahl zum Präsidenten oder Vizepräsidenten ist, wer das Amt bereits einmal innehatte, in naher Verwandtschaft zum amtierenden Präsidenten steht, oder in den 12 Monaten vor der Wahl Regierungsminister war. Auch ausgeschlossen sind Mitglieder wichtiger Einrichtungen wie der Wahlaufsicht und des Obersten Gerichtshofes. Die Präsidentschaftswahlen finden alle 4 Jahre am ersten Sonntag im Februar statt. Zusammen mit dem Präsidenten werden zwei Vizepräsidenten gewählt, die den Präsidenten gemeinsam vertreten können. Sollte keiner der Kandidaten eine 40 %ige Mehrheit erlangen, hat eine Stichwahl zwischen den beiden stimmenstärksten Kandidaten stattzufinden. Bei Stimmengleichheit übernimmt der ältere Kandidat. Kapitel 3 regelt den Aufgabenbereich des Präsidenten. Er ist befugt: • Minister einzusetzen und abzuberufen • die Nation in offiziellen Angelegenheiten zu vertreten • das Oberkommando über die staatlichen Sicherheitskräfte zu führen Er ist verpflichtet: • zu einem jährlichen Rechenschaftsbericht gegenüber dem Kongress • den Kongress um Erlaubnis zu bitten, sollte er länger als 10 Tage Zentralamerika und Panama verlassen Zu den Zuständigkeiten der Minister zählen: • die Einstellung und Entlassung der Sicherheitskräfte und der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes • die Verkündigung und Ausführung der Gesetze • die Erstellung von Gesetzesinitiativen und der Ausübung des Vetorechtes • der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung • die Beaufsichtigung der Verwaltung • die Verkündigung und Durchführung der von der Legislative beschlossenen Abkommen und Verträge • die Koordination der internationalen Beziehungen • der Empfang von internationalen Staatsoberhäuptern und Diplomaten • die Einberufung der ordentlichen und außerordentlichen Sitzungen des Kongresses • die Verfügung über die Sicherheitskräfte Für Minister gelten dieselben Ausschlusskriterien wie für den Präsidenten und sie sind ebenso dem Kongress Rechenschaft pflichtig. 78 Christian Kolowratnik Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen Die Judikative (Titulo XI): Die judikative Gewalt (der Oberste Gerichtshof, und die ihm unterstellten Gerichte) sind ausschließlich der Verfassung und dem Gesetz unterstellt. Der Oberste Gerichtshof besteht aus 17 vom Kongress auf 8 Jahre bestimmte Richter im Alter von mindestens 35 Jahren. Im Gegensatz zu anderen Ämtern sind die Richter wieder wählbar. Vom Amt ausgeschlossen sind Verwandte der Obersten Richter, sowie Angehörige der Exekutive oder Legislative. Bei Gesetzesvorhaben, welche die die Tätigkeit der Judikative betreffen, kann der Oberste Gerichtshof ein Veto einlegen, gegen welches der Kongress sich nur mit einer Zweidrittelmehrheit durchsetzen kann. Der Oberste Gerichtshof besitzt in Costa Rica aufgrund seiner Arbeit ein hohes Ansehen, leider ist dessen Integrität nicht auf alle ihm unterstellten Gerichte übertragbar, deren Richter nicht selten käuflich sind. Die Wahlaufsicht (Titulo VIII): Das „Tribunal Supremo de Eleciones“(TSE) wird oft als vierte Macht im Staate genannt, da diese keiner der anderen Mächte unterstellt ist und bei den Wahlen fast absolute Entscheidungsgewalt (im Rahmen der Verfassung) hat. Das TSE setzt sich aus 3 vom Obersten Gerichtshof auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern und sechs Stellvertretern zusammen und wird in der Vor- und Nachbereitungsphase der Wahlen um zwei Mitglieder erweitert. Beim „Obersten Wahlgerichtshof“ handelt es sich um eine „spezifisch costaricanische Institution“, die als Reaktion auf die früher üblichen Eingriffe in das Wahlrecht entstand und mit ungewöhnlich weitgehenden Befugnissen ausgestattet ist. Zu seinen Kompetenzen zählen: • die Ausschreibung öffentlicher Wahlen • die verbindliche Interpretation von verfassungsrechtlichen Vorschriften • die Entscheidung über Wahleinsprüche und Anfechtungsklagen • die Auswahl der Mittel zur Gewährleistung freier und korrekter Wahlen; Im Bedarfsfall kann auf die Sicherheitskräfte zurückgegriffen werden. • die Stimmauszählung und die Bekanntgabe des Wahlausganges Außer bei Amtsmissbrauch kann gegen die Entscheidungen des TSE kein Rechtsmittel in Anspruch genommen werden. Nach Meinung von Manuel Rojas Bolanas hat gerade das ausgeklügelte System des TSE das heute vertretene Demokratiebewusstsein der Costaricaner gefördert. RECHTE UND PFLICHTEN DER BÜRGER Individuelle Rechte und Garantien (Titulo IV,V und VIII): In diesem Abschnitt werden die Menschen für frei erklärt und die Sklaverei verboten, außerdem wird die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens betont. Weitere garantierte Rechte: • Reisefreiheit im In- und Ausland. Dadurch war es schwarzfärbigen Costaricanern erstmals möglich in die Hauptstadt San José zu reisen. • die Unverletzlichkeit der Wohnung • dem Recht auf Eigentum, mit Ausnahmeregelungen; So sind Enteignungen im Allgemeininteresse oder die Verhinderung von privaten Monopolen möglich. • Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit • Asylrecht für politisch Verfolgte • Verbot der zwangsweisen Exilierung von Costaricanern • Meinungs- und Pressefreiheit (mit der Auflage politische und religiöse Interessen nicht zu mischen) Die Sicherung der Freiheitsrechte erfolgt durch: • die Gleichheit vor dem Gesetz 79 Christian Kolowratnik • • • • • • • Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen das Rückwirkungsverbot von Gesetzen die Befreiung von der Belastungspflicht gegenüber sich selbst und nahen Angehörigen das Verbot der Schuldhaft das Verbot der lebenslänglichen Freiheitsstrafe der Konfiszierung von Eigentum dem Verbot von Folter und entwürdigenden Behandlungsmethoden und der Ungültigkeit so erzwungener Geständnisse dem Recht auf einen Haftprüfungstermin und der Verfassungsbeschwerde Soziale Rechte und Garantien (Titulo V): In Artikel 50 verpflichtet sich hier der Staat für das bestmögliche Wohlergehen seiner Bürger, durch eine angemessene Verteilung des Reichtums. In diesem Kapitel sind geregelt: • die Regelungen zu Familien- und Mutterschutz • die Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern • die Erklärung der Arbeit als individuelles Recht und einer sozialen Pflicht; Das impliziert freie Wahl des Arbeitsplatzes, und einen garantierten Mindestlohn. Jedoch verpflichtet es auch den Staat Arbeitsplätze zu schaffen, und die Versorgung der „unfreiwillig Arbeitslosen". • die Freiheit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zu gründen • das Streikrecht • das Recht auf Entschädigung, bei unrechtmäßiger Entlassung; Das Problem ist hier jedoch, dass kein besonderer Schutz für Betriebsräte und führende Gewerkschaftsmitglieder gegeben ist. Dadurch ist es für Firmen relativ leicht, sich von unliebsamen Mitarbeitern zu trennen. Die Verpflichtung des Staates: • zur Förderung des sozialen Wohnbaus • zu gerechten Verteilung der landwirtschaftlichen Pachtverträge • zum besonderen Schutz von Frauen, Kindern und „unfreiwillig Arbeitslosen • dem Sozialversicherungssystem Zum Schluss des Abschnitts wird noch erklärt, dass diese Rechte unabdingbar sind, und dass sie keine weiteren aus dem christlichen Prinzip abstammenden Rechte ausschließen, sondern vielmehr eine Politik der nationalen Integrität fördern sollen. Politische Rechte und Pflichten (Titulo VIII): Aufgrund historisch gewachsener Befürchtungen enthält dieses Kapitel sehr genaue Regelungen bezüglich Wahlrecht und Wahlsystem um Wahlbetrügereien zu verhindern. Im Kapitel 1, welches auch die Staatsbürgerschaft definiert, wird die Wahrnehmung der politischen Recht und Pflichten beiden Geschlechtern mit der Vollendung des 18. Lebensjahres zugestanden. Das Wahlrecht welches persönlich und geheim umzusetzen ist, wird sowohl als Bürgerrecht aber auch als explizite Pflicht bestimmt. Bei Verletzung der Wahlpflicht können Geldstrafen, als auch im Wiederholungsfall Haftstrafen verhängt werden. Die Garantie der Wahlkostenerstattung (ab mindestens 5 % der Wählerstimmen) ermöglichte der Demokratie in Costa Rica eine gewisse Unabhängigkeit der verschiedenen Interessensgruppierungen, da die Parteien leichter kalkulieren konnten ohne auf Förderungen von Interessensgemeinschaften angewiesen zu sein. Die Verfassung räumt allen Bürgern die Möglichkeit ein, sich in Parteien zu organisieren, mit der einzigen Beschränkung, dass Parteien, die „aufgrund ihrer ideologischen Programme, der Art und Weise ihrer Betätigung oder ihrer internationalen Verbindungen darauf abzielen, die Fundamente der demokratischen Ordnung Costa Ricas zu zerstören oder die nationale Souveränität bedrohen“ verboten sind. Im dritten und letzten Kapitel wird die Leitung und Überwachung der Wahlen, dem unabhängigen „Tribunal Supremo de Electiones“, also der Wahlaufsicht behandelt und festgelegt. Deren Aufgaben und Pflichten wurden bereits bei der Gewaltenteilung besprochen. 80 Christian Kolowratnik Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen 3.2.4 Resümee Costa Rica ist ein Land mit Charme, aber auch mit großer politischer Stabilität. Woher kommt das? Ausschlaggebend war sicherlich der Bürgerkrieg des Jahres 1948, woraus nach einer Kosilidierungsphase die Verfassung von 1949 entstand. Wodurch war es nun aber möglich aus einem „Stück Papier“ wie es auch in vielen anderen Staaten existiert, und trotzdem zu Umbrüchen kam, ein stabiles Land aufzubauen? Die Tatsache, dass in Costa Rica die Armee abgeschafft wurde, war die Basis vieler Putsche, aber auch oft die „Legitimation“ von Diktatoren um im Amt zu bleiben. Durch den Verzicht auf die Armee wurde somit ein politischer Unsicherheitsfaktor eliminiert. Zum anderen wurde dadurch Geld für soziale Belange frei. Sicherlich ist hier auch die Unterstützung durch die USA zu nennen, die die „Paradedemokratie“ in Lateinamerika unterstützen. Weiters unterstreicht die Verfassung von 1949 die Bürgerrechte und Pflichten. Dies förderte die Identifizierung der Bürger mit dem Staat und der Demokratie. Auch die für mitteleuropäische Verhältnisse übertriebene Form der Kontrolle und Gegenkontrolle ist wichtig gewesen. So besteht in Costa Rica mit der Wahlaufsicht eine autonome Behörde, die indirekt über den Kongress bestimmt wird (Kongress bestimmt die Richter des Obersten Gerichtshof, diese bestimmen die Wahlaufsicht), und somit komplett unabhängig von der Exekutive durchgeführt werden kann. Zum Vergleich: In Österreich ernennt der Bundeskanzler den Innenminister, der das Innenministerium leitet, welches die Wahlen organisiert, und die Ergebnisse bekannt gibt. In Costa Rica wurde dadurch verhindert, dass sich zuviel Macht in den Händen einer Person sammelt, bzw. durch die Wahlaufsicht, dass die Exekutive die Wahlen durch die ihr gegebenen Möglichkeiten manipuliert. Literaturangaben HEINTZ A., (1998): Costa Rica Interne Aspekte der Entwicklung einer Demokratie in Lateinamerika; Vervuert Verlag, Frankfurt am Main KRUMWIEDE H.W.; WALSMANN P., (1992): Politisches Lexikon Lateinamerika; C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung München, 88 – 98 http://www.uni-muenster.de/CeLA/publik/Ah/ArbHeft85.pdf, 2006 81 Teil IV Ökonomie und Landwirtschaft 82 Joachim Simon Ökonomie 4.1 ÖKONOMIE 4.1.1 Basisdaten Fläche: Einwohner: Bevölkerungsdichte: Bevölkerungswachstum: Analphabetenrate: 51.900 km2 4,3 Mio. (2004) 85 Einw./km2 1,4 % p.a. ca. 4 % (für 2006 geschätzt) Andere Schätzungen: 5 % (2003, bfai), 4,2 % (2006, Wikipedia), 4,2 % (2005, UNESCO), 4,4 % (2002, UNO) Geschäftssprachen: Lebende Sprachen: Spanisch; (Englisch) Spanisch; Boruca; Bribri; Cabecar, Costa Rican; Sign Languages; Limon Creole English; Maleku Jaika; Plautdietsch; Teribe Telefonanschlüsse: Mobiltelefone: Internetnutzer: 316 (je 1.000 Einwohner; 2004) 217 (je 1.000 Einwohner; 2004) 280 (je 1.000 Einwohner; 2005) Währung: Bezeichnung: Colon (C) Wechselkurs: April 2006: 1US$ = 527,020 C; 1 Euro = 638,147 C Jahresdurchschnitt 2005: 1US$ = 479,170 C; 1 Euro = 592,701 C Jahresdurchschnitt 2004: 1US$ = 438,750 C; 1 Euro = 547,136 C 4.1.2 Wirtschaftslage Bruttoinlandsprodukt (BIP;nom.) 2003 2004 2005 Prog. 2006 Mrd. C Mrd. US$ BIP je Einwohner (US$) 6.982 17,5 4.195 8.127 18,5 4.362 9.469 19,8 4.573 10.830 20,5 4.646 Inflationsrate (%) Arbeitslosigkeit (%) 9,4 6,7 11,5 6,5 13,6 6,6 13,1 x Staatsverschuldung (% des BIP) 57,5 54 53,2 51 KURZCHARAKTERISTIK Costa Rica ist eine exportorientierte Marktwirtschaft, die sich dem Welthandel immer mehr öffnet. Schwerpunkte sind in dem vorwiegenden Agrarstaat Leicht- und Agroindustrie, die Lohnfertigung im Elektronik- und Textilbereich, der Tourismus, sowie in letzter Zeit die Einrichtung von Call Centers. (Unter Agroindustrie versteht man die industrielle Großproduktion von landwirtschaftlichen Produkten). Im Agrarsektor und in der Industrie hat Costa Rica einen hohen Produktionsstandard erreicht. Den ISO Normen der 9.000er und der 14.000er Serie werden auch zunehmend von mittelständischen Unternehmen entsprochen. Aufholbedarf liegt jedoch bei den Kleinbetrieben, die teilweise noch nach alten Strukturen organisiert sind. Die Rolle des Staates am Wirtschaftsgeschehen ist in Costa Rica nicht unerheblich, da dieser auf 50 % der Ökonomie direkten oder indirekten Einfluss hat. Costa Rica gehört zu den Nationen Latein Amerikas mit den geringsten sozialen Spannungen. Dies ist auf ein Prokopfeinkommen von 4.573 US$ pro Jahr (2005) zurückzuführen. Man bezeichnet das Land auch als die „Schweiz Mittelamerikas“. 83 Joachim Simon Ökonomie Die Lebensmittelverarbeitung sorgt innerhalb der Ackerbauindustrie für Wachstum. Dadurch stieg der Beschäftigungsanteil in den letzten Jahren in diesem Bereich um 10 %. Hauptexportprodukte (2005): 1. Computerchips: 800,0 Mio. US$ 2. Textilien: 527,8 Mio. US$ 3. Bananen: 475,4 Mio. US$ 4. med. Zubehör: 400,0 Mio. US$ 5. Ananas: 325,5 Mio. US$ 6. Kaffee: 230,6 Mio. US$ 7. Medikamente: 229,0 Mio. US$ Hauptimportwaren: • Rohstoffe • Konsumgüter • Kapitalgüter Wichtigste Handelspartner für Exporte: USA 44,1 %, Niederlande 5,2 %, Guatemala 4,4 %, Nicaragua 4 %, Malaysia 2,6 % Wichtigste Handelspartner für Importe: USA 45,9 %, Japan 5,9 %, Mexico 5,1 %, Venezuela 4 %, Kolumbien 3,4 % VOLKSWIRTSCHAFTLICHE FAKTOREN Der Dienstleistungssektor hat eine große Bedeutung in der Volkswirtschaft. Die Tourismusbranche legte von 2004 auf 2005 um ca. 15 % zu. Das Fremdenverkehrswesen ist auch ein bedeutender Arbeitgeber, mit etwa 365.664 direkt oder indirekt Beschäftigten. Trotz einer Steuerquote von nur 14 % ist der Staat nach wie vor mit 14,2 % der größte Arbeitgeber. Ebenso gehört er zu den größten Unternehmern des Landes. Tätigkeitsbereiche finden sich in der Elektrizität, Telekommunikation, Mineralölindustrie und im Versicherungswesen, ebenso in den gut ausgebauten staatlichen Gesundheits- und Bankensystemen. WIRTSCHAFTSKLIMA Der Staat ist um Reformen bemüht, um die Investitionen zu steigern. Daher ist das Ziel der Regierung die Ratifizierung des Freihandelsabkommens der zentralamerikanischen Staaten mit der Dominikanischen Republik und den USA (Dominican Republic – Central American Free Trade Agreement, DR-CAFTA) voranzutreiben. Mit diesem Vertrag soll der bereits bestehende Zugang zum US-amerikanischen Markt gesichert werden. Dies hat aber die schrittweise Privatisierung von staatlichen Unternehmen zu folge (Aufbrechen der staatlichen Monopole). Zwischen Costa Rica und anderen Staaten sind zahlreiche Freihandelsabkommen in Kraft (Mexico, Chile, Kanada, u.a.). Ebenso ist Costa Rica Mitglied des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade), der MCCA (Mercado Comun Centroamericano) und der WTO (World Trade Organisation). WÄHRUNGSPOLITIK Bisher wird das System der „Miniabwertung“ praktiziert. Das heißt, dass jeweils ein Jahr im Voraus festgelegt wird, um wieviel Prozent der Colon gegenüber dem US$ abgewertet werden wird. (Zurzeit ist der Colon sehr stark an den US$ gebunden.) 2005 betrug die Abwertung 8,6 % und wurde für 2006 mit 6,6 % festgelegt. Der Wechselkurs des Dollars zum Colon stellt für jeden Marktteilnehmer eine feste Größe dar. Man steht bereits kurz davor eine Änderung einzuführen: Das System des „freien Floatens“. Das heißt der Markt wird dann den Wechselkurs zwischen Colon und US$ bestimmen. Dieser Wechsel soll aber langsam geschehen, damit sich der Markt den neuen Gegebenheiten anpassen kann. 84 Joachim Simon Ökonomie AUSSENWIRTSCHAFTSPOLITIK Auch die neue Regierung setzt auf Außenwirtschaftspolitik. Ziel ist die Erschließung neuer Märkte und Werbung für den Industriestandort Costa Rica. Die costaricanischen Kammern gründeten die Agentur CINDE (Coalicion de Iniciativas para el Desarrollo) um potentielle Investoren zu beraten und zu unterstützen. Hindernisse bei der Ansiedelung von ausländischen Unternehmen sieht CINDE in der aufwendigen Bürokratie. Das Zollrecht, Einwanderungsbestimmungen, und umweltrechtliche Genehmigungen sind einer Reform zu unterziehen. ÖSTERREICHISCHE BEZIEHUNGEN ZU COSTA RICA Allgemein: Costa Rica, traditionell der wichtigste Außenhandelspartner Österreichs in dieser Region, wurde 2005 von Panama überholt. Export: Besondere Chancen für österreichische Exporteure finden sich in pharmazeutischen Rohstoffen und Fertigprodukten, medizinischer Ausrüstungen und Geräten, Zulieferungen für die Leicht- und Agroindustrie, im Elektrizitätssektor, in Hebe- und Fördervorrichtungen, Straßenfahrzeugen und Metallverarbeitungsmaschinen. Import: Wichtige österreichische Importwaren sind Bananen, Früchte allgemein, Kaffee, Maschinenbauerzeugnisse (Schaltungen, Büromaschinen), Fertigwaren (Teile für Filmkameras und Mess-, Prüf- und Analyseinstrumente), bearbeitete Waren (Textil, Garne) und Rohstoffe (z.B. Bauxit). Außenhandel mit Österreich: (in Mio. €uro) österreichische Ausfuhren Veränderung gegenüber Vorjahr österreichische Einfuhren Veränderung gegenüber Vorjahr Handelsbilanzsaldo 2003 7,5 -22,8 % 31,6 +3,7 % -24,1 2004 37,4 +397,4 % 34,2 +8,0 % +3,2 Prog. 2005 7,0 -82,0 % 35,7 +4,0 % -28,7 Abkommen mit Österreich: Sichtvermerksabkommen (14. September 1968) Regierungsabkommen über den Betrieb von Amateurfunkstellen (17. Oktober 1969) ENERGIEWIRTSCHAFT Costa Rica produziert momentan 1.900 MW und der Stromverbrauch steigt jährlich um 5 %. Bis 2015 muss in Costa Rica rund 70 % mehr investiert werden als in der jetzigen Budgetierung geplant ist, um eine Energieknappheit zu vermeiden. Es steht nach Angaben der ICE (costaricanisches Institut für Elektrizität) kurzfristig keine Energiekrise ins Haus, aber um sich davor zu schützen, dürfen wichtige Anschlussinvestitionen nicht versäumt werden. Geplant sind jährlich 173 Mio. US$, die aber lt. ICE auf mindestens 300 Mio. US$ pro Jahr bis 2015 erhöht werden müssen. 2006 wurden 4 neue Kraftwerke (La Joya, General, Los Negros und Canalete) in Betrieb genommen, was eine Produktionssteigerung von 120 MW pro Jahr ergab. Im Jahr 2007 soll zusätzlich noch das neue Wärmekraftwerk Garabito Strom liefern. Laut den letzten Berichten wird das aber vor 2008 nicht der Fall sein. Die dadurch entstehende Lücke muss anders geschlossen werden. Die Kapazitäten der nationalen Raffinerien müssen ebenfalls aufgestockt werden. Können die Finanzen für alle diese Projekte nicht aufgebracht werden, muss privates Kapital zum Einsatz kommen. Es entstehen dadurch für ausländische Investoren große Chancen und Möglichkeiten. 85 Joachim Simon Ökonomie PATENTRECHT Die AWO (Außenwirtschaft Österreich) empfiehlt Produkte und Marken vor der Einfuhr nach Costa Rica registrieren zu lassen. Bei nicht registrierter Produkte und Marken ist die Gefahr sehr groß, dass unseriöse lokale Firmen die Marke ihrerseits sofort registrieren lassen. SICHERHEIT Nach wie vor gehört Costa Rica zu den sichersten Ländern Lateinamerikas. Es wird aber von den Außenämtern allgemein auf ein erhöhtes Sicherheitsrisiko hingewiesen. Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Sicherheitslage verschlechtert. Hauptsächlich in den Städten und den Nationalparks kommt es immer wieder zu Überfällen und zu Diebstählen. Nach Einbruch der Dunkelheit ist Vorsicht geboten. 4.1.3 Schlussfolgerung für die Zukunft Ausländische Investoren profitieren von einer stabilen Wirtschaftspolitik, guten Zukunftsaussichten des Marktes und einem hohen Bildungsgrad der Bevölkerung. In den letzten Jahren hat Costa Rica zur Erweiterung der bestehenden Infrastruktur nichts beigetragen. Die Flughäfen müssen ausgebaut werden, um den immer stärker werdenden Tourismus Herr zu werden. Ebenso muss in den Ausbau der Häfen investiert werden, um in erster Linie das Wachstum und die Steigerung der Exporte zu gewährleisten und eine Attraktivität für Kreuzschifffahrten zu erlangen. Für das Land ist es enorm wichtig bis Ende 2006 das DR-CAFTA-Abkommen mit den USA zu ratifizieren. Nur so wird Costa Rica im Stande sein, weiter ausländische Investoren anzuziehen. Diese bauen vor allem auf zollfreie Exporte ihrer Waren in die USA. Einige Investoren haben sich schon in anderen zentralamerikanischen Staaten angesiedelt, in denen das DR-CAFTA-Abkommen bereits ratifiziert ist. Literaturangaben AUSSENWIRTSCHAFT ÖSTERREICH (2005): Bereichsländerreport Zentralamerika; 1 AWO (2006): Wirtschaftsprofil Zentralmerika. Gesamtjahr 2005 bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2005): Wirtschaftsentwicklung Costa Rica bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2006): Costa Rica erhöht Investitionen in Energiesektor bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2006): Wirtschaftsdaten kompakt Costa Rica www.ethnologue.com 86 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops 4.2 LANDWIRTSCHAFT UND CASH-CROPS 4.2.1 Allgemeines zur Landwirtschaft Die starke Gliederung Costa Ricas in ökologisch verschiedene Regionen mit unterschiedlichen Temperatur-, Niederschlags-, und Bodenbedingungen, ermöglicht den Anbau von Kulturpflanzen aus den Tropen, den Subtropen und den gemäßigten Breiten. Somit besitzt Costa Rica eine enorme Vielfalt an genutzten Kulturarten. Rund 40 Prozent der Fläche Costa Ricas werden landwirtschaftlich genutzt. Der größte Teil besteht aus kleinen und mittleren Betrieben, die vornehmlich für den Eigenbedarf produzieren. Daneben gibt es wenige große Betriebe, die aber die meiste Fläche besitzen: Ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche gehört Betrieben, die größer als 1.000 Hektar sind. Hauptanbauprodukte für den Export sind Bananen aus dem tropischen Tiefland, und Kaffee, der im Hochland angebaut wird. Die amerikanische United Fruit Company betreibt an der Atlantikküste und seit 1927 auch an der Pazifikküste Costa Ricas große Bananenplantagen. Sie hat die Häfen Quepos und Golfito für den Export der Bananen anlegen lassen. Kakao, Zuckerrohr und Ananas sind weitere Exportartikel. Rinderzucht findet hauptsächlich im Savannengebiet im Nordwesten des Landes statt. Im Gebiet des Regenwaldes ist der Boden nicht sehr fruchtbar. Es bildet sich keine Humusschicht, außer in seltenen Fällen beim Bergregenwald. Daher sind die Bäume im Regenwald Flachwurzler und aus demselben Grund entstehen auch die Probleme nach der Abholzung des Waldes, denn dann kommt kein organisches Material von „oben“ und es muss auf Kunstdüngung umgestiegen werden. Die schnelle Auswaschung der Böden durch den Regen ist noch ein zusätzliches Problem. Jedoch auch geeignet für die Landwirtschaft sind die fruchtbaren Böden an Vulkanhängen und entlang von Flüssen, welche durch diese immer wieder überschwemmt werden und somit viel wertvolle anorganische Substanz beinhalten. Die Küstengegend ist, heiß und stark bewaldet. Hier werden Bananen, Kakao und Zuckerrohr kultiviert. Im Bereich der Kordilleren und im Schatten des Vulkans Irazù liegt das „Valle central“. Die Böden sind vulkanischer Abstammung und es herrscht das ganze Jahr über ein mildes, frühlingshaftes Klima. Dort, im Herzen des Landes, befindet sich das Hauptanbaugebiet für Kaffee und viele andere landwirtschaftliche Produkte. 4.2.2 Allgemeines zu den Cash-Crops BEGRIFFSERKLÄRUNG UND GESCHICHTE Cash-Crops bedeutet übersetzt soviel wie „Geld-Früchte“ und ist ein Fremdwort aus dem Bereich der Geografie und bezeichnet Agrarprodukte, die für den Export bestimmt sind und meist in Monokulturen angebaut werden. Sie werden vor allem in den Entwicklungsländern Mittel- und Südamerikas, sowie Afrikas angebaut und dienen nicht der Selbstversorgung des Landes. Früher machten Cash-Crops-Güter nur einen kleinen Teil der Produktion eines Agrarbetriebes aus, sodass die Selbstversorgung immer noch gesichert war. Heute kann der umfangreiche Export von Agrarprodukten dazu führen, dass die Bevölkerung des Landes Hunger leiden muss. Die wichtigsten Produkte in tropischen und subtropischen Gebieten sind Kaffee, Tee, Kakao, Zuckerrohr, Bananen, Zitrusfrüchte, Ananas und Baumwolle. Da die Produkte meist über sehr weite Strecken transportiert werden, ist der Markt für Cash-Crops global, sodass sich die Produzenten oft im Preis gegenseitig unterbieten. Dazu kommt, dass oftmals solche Produkte gegen subventionierte Güter konkurrieren müssen. Typisch für Cash-Crops ist der Anbau in Plantagen mit billigen Arbeitskräften und oft auch mit mechanischen Geräten. 87 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops Als „Plantage“ wird ein landwirtschaftlicher Großbetrieb bezeichnet, der sich auf die Erzeugung eines einzigen Produktes für den Weltmarkt spezialisiert hat und die Produkte in Monokulturen anbaut. MONOKULTUREN MIT IHREN VOR- UND NACHTEILEN Vorteile: • • • • • zunächst billige Produktion wenige spezielle, sehr effektive Maschinen mit hoher Kapazität günstige Einkaufspreise für Saatgut, Dünger, Pflanzenschutzmittel (oft Mengenrabatte) höhere und schnellere Gewinne in Anbauländern oft lockere Umweltpolitik, bzw. Umweltschutzvorschriften Nachteile: • Ausbreitung von spezialisierten Schädlingen und Krankheitserregern • höherer Pflanzenschutzmittelverbrauch • Abnutzung der Erde führt zu Mineralmangel (Mangelböden), bis hin zur Totalzerstörung des Bodens wie z.B. der Humusschicht in den Tropen • Zerstörung von Biotopen und Lebensräumen der natürlichen Fressfeinde der Schädlinge • Grundwasserverschmutzung durch Überdüngung und übertriebenen Pflanzenschutzmitteleinsatz • gesundheitliche Risiken für Arbeiter und Tiere Zwiebelanbau an den fruchtbaren Hängen des Irazú Ananasplantage Kaffeeplantage 4.2.3 Die Cash-Crops Costa Ricas Während des 19. Jahrhunderts war Costa Rica ein ziemlich armes Land und die Wirtschaft war von existenzieller Landwirtschaft geprägt. Nach der Einführung des Kaffeeanbaus begann langsam auch der Export von Kaffee und danach von Bananen. Heute sind Bananen (9 %) und Kaffee (6 %) die zwei wichtigsten Exportgüter von Costa Rica, gefolgt von Fleisch und Zucker (Lonely Planet, Oktober 2002). Der größte Abnehmer der Exportgüter Costa Ricas sind die USA, gefolgt von Europa, wo besonders Deutschland eine große Rolle spielt. Bei unserem Spezialthema möchten wir auf folgende Cash-Crops eingehen: • Bananen (Musa sp.) • Kaffee (Coffea sp.) • Zuckerrohr (Saccharum officinarum) • Ananas (Ananas sp.) • Kakao (Theobroma cacao L.) • Ölpalme (Elaeis guineensi) • Reis (Oryza sativa) 88 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops BANANEN (MUSA SP.) – HAUPTEXPORTGUT Bananen (Musa) sind eine Gattung der Familie der Bananengewächse (Musaceae) innerhalb der einkeimblättrigen Pflanzen. Die Gattung umfasst rund 100 Arten. Einige Arten bilden essbare Früchte, von denen diejenigen der Musa paradisiaca zum Teil für die Nahrungsmittelproduktion angebaut werden. Wegen ihrer üblicherweise gekrümmten Form wird die Banane auch Krummfrucht genannt. Die Früchte gehören botanisch gesehen zu den Beeren und können je nach Art und Sorte stark in Größe und Farbe variieren. In Europa wird hauptsächlich die Dessertbanane (Musa paradisiaca sapientum) zum Kauf angeboten. In den Herkunftsländern spielt die Kochbanane (Musa paradisiaca normalis) als Nahrungsquelle eine große Rolle. Sie wird gekocht, gebacken oder gegrillt. Bananen (Musa paradisiaca sapientum) Herkunft: Die Banane stammt ursprünglich aus der südostasiatischen Inselwelt. Zunächst wurde sie in Afrika kultiviert und später kam sie mit den Spaniern von den Kanarischen Inseln nach Amerika. 1520 gründeten portugiesische Siedler die ersten Plantagen in der Karibik und in Mittelamerika. Im 19. Jahrhundert begann man dann auch in Costa Rica Bananen auf Plantagen anzubauen. Geschichte, Anbau, Krankheiten, Zukunftsaussichten: Die Hauptsorte für den Export war bis in die 1960er Jahre die „Gros Michel“. Die Früchte waren größer und geschmacksvoller als die heutigen Bananen. Durch die Panama-Krankheit wurde der Anbau dieser Sorte dermaßen erschwert, dass sie heute kaum noch für den Export kultiviert wird. „Gros Michel“ wurde durch „Cavendish“ ersetzt. Sie ist leichter industriell verwertbar und durch niedrigere Wuchshöhe der Stauden, beständiger gegenüber Stürmen. Da sie dichter stehend gepflanzt werden konnten, verdoppelten sich mit ihrem Anbau die Ernteerträge. Auch schien sie robuster gegenüber einigen Pilzarten zu sein, jedoch ist seit den 1990er Jahren eine spezielle Art der Panama-Krankheit bekannt, die auch diese Bananensorte angreift. Außerdem werden die Stauden in der Karibik und in Mittelamerika vom Pilz namens „Black Sigatoka“ angegriffen. Bis jetzt konnte er noch mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden, jedoch entwickelt der Pilz inzwischen auch schon Resistenzen und ist in manchen Anbaugebieten schon so hartnäckig geworden, dass die Hälfte der Ernte durch den Befall unbrauchbar wurde. Alternativen oder Heilung war bis 2005 noch nicht bekannt. Auch das Einkreuzen von Resistenzgenen in die Sorte „Cavendish“ war bisher nicht möglich. Ein Einkreuzen ist generell bei den meisten Bananensorten nicht möglich, denn seit die Banane in Kultur genommen wurde, sind die meisten Bananensorten steril geworden, d.h. die Früchte werden ohne Bestäubung und Befruchtung gebildet. Werden keine Samen gebildet, so ist auch keine generative Vermehrung möglich, also auch keine Kreuzung. Die meisten Bananensorten sind Klone, das heißt sie werden rein vegetativ vermehrt. Aus diesem Grund wird intensiv an der Entwicklung genveränderter Bananensorten geforscht. Man schätzt, dass in 10 bis 20 Jahren auch die „Cavendish“ nicht mehr in Monokulturen angebaut werden kann. Bananenexport in Costa Rica: Der Bananenanbau in ausgedehnten Plantagen befindet sich traditionell an der Karibikküste um den Hafen Puerto Limón, aber auch an der Pazifikküste um die Hafenstadt Golfito. 1960 betrug der Bananenexport in Costa Rica noch 41 % und sank dann innerhalb von 20 Jahren auf ca. 15 %, und wieder weitere 20 Jahre später auf unter 4 %. Obwohl die Bananenexportrate sank, wurden immer mehr Bananen angebaut und exportiert. Der Grund für den prozentualen Abfall liegt in der Industrialisierung des Landes, welche neue Exportgüter brachte. Dennoch ist Costa Rica der zweitgrößte Bananenexporteur der Welt. In der Produktion von Bananen liegt Costa Rica weltweit auf Platz sieben, mit 2,7 Millionen Tonnen Bananen. (Die Zahlen beziehen sich auf die Produktion im Jahr 2001.) 89 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops Umweltproblematik durch Bananenplantagen: Die wohl größte Umweltbelastung durch Bananenplantagen lastet auf den Wäldern, die für diese Plantagen gerodet werden. Mit den Bäumen verschwinden auch die Tiere, die in diesem Lebensraum heimisch sind. Hinzu kommt, dass der Boden einer monokulturell genutzten Bananenplantage meist nach 20 Jahren ausgelaugt ist und nicht mehr genutzt werden kann. Abgesehen von der Rodung der Wälder stellt der Einsatz von Pestiziden eine große Gefahr für die Umwelt dar. Eine Bananenplantage wird bis zu 40 mal pro Jahr im Tiefflug überflogen und mit Pestiziden besprüht. Die hochgiftigen Chemikalien schützen vor Schädlings- und Pilzbefall, jedoch bilden sich nach einiger Zeit meist Resistenzen gegen die eingesetzten Chemikalien. Die Gifte gelangen in die natürlichen Flussläufe, in den Boden, in die Nahrungskette der Menschen und ins Meer. Auch sind die Menschen, die auf den Plantagen arbeiten, gefährdet. Sie arbeiten ohne Schutzkleidung und haben nur geringes Wissen darüber, wie diese Gifte auf sie wirken. Des Weiteren ist noch zu erwähnen, dass auf Bananenplantagen blaue Plastiksäcke eingesetzt werden, welche innen mit Pestiziden behandelt wurden. Sie werden über die reifenden Früchte gestülpt, um sie zusätzlich vor Schädlings- und Pilzbefall zu schützen. Zurück bleibt ein riesiger Berg an Plastikmüll, der als Sondermüll entsorgt werden muss. KAFFEE (COFFEA SP.) Kurzer historischer Überblick: Vor 1840 hat Costa Rica geringe Kapitalerträge aus dem Handel mit Kakao, Tabak und Edelmetallen geschöpft und ging somit über in den Kaffeeanbau. Zuerst war der Kaffeeanbau in der Hand der kolonialen Führungsschicht, doch dann wurde er auch von bäuerlichen Betrieben übernommen. Der Erfolg und der Bevölkerungswachstum führten zu einer Ausdehnung der Kaffeebepflanzungen. 1840 kamen die Europäer ins Land und kümmerten sich um die Vermarktung und Verarbeitung von Kaffee. 1850 machte die Kaffeeausfuhr bereits 90 % der Exporte Costa Ricas aus. Mit ausländischer finanzieller Hilfe wurde die Infrastruktur verbessert, und Anfang des 20. Jahrhunderts blühte die Exportwirtschaft aufgrund der steigenden Nachfrage an Bananen und Kaffee wie nie zuvor. Die weltweite Depression der 1930er Jahre zeigte dem Agrarexportmodell Costa Ricas, wie abhängig es vom Bananen- und Kaffeeexport und wie schwach ihr Industrie- und Dienstleistungssektor entwickelt war. Denn auch in jeder Rezession geht die Nachfrage nach Exportgütern wie Kaffee, Schokolade und Zucker zurück, weil die Verbraucher auf entbehrliche Nahrungsmittel verzichten, zugunsten von billigen Grundnahrungsmitteln. Daher ist die Entwicklung Costa Ricas sehr eng mit dieser Kulturpflanze verbunden! Kaffee wächst auf den fruchtbaren Böden zwischen 1.500 m und 2.000 m Seehöhe, Hauptanbaugebiet ist das Meseta Central. Der Großteil der Anbauflächen ist im Besitz von wenigen Familien. Diese besitzen nicht nur die Felder, sie kontrollieren auch die gesamte Kaffeeproduktion, -verarbeitung und vermarktung und haben somit einen großen politischen und ökonomischen Einfluss. Die Kleinbetriebe sind sehr abhängig von den Preisen am Weltmarkt und werden dadurch auch oft in große Armut getrieben. Letztendlich müssen sie dann Grund und Boden an Großbetriebe verkaufen. Hauptferienzeit fällt in Costa Rica zusammen mit der Haupterntezeit des Kaffees. Nicht zufällig – einerseits ist für den Kaffeeanbau eine abgegrenzte Trockenzeit wichtig und andererseits können die Kaffeebesitzer Schüler und Frauen als Tagelöhner bzw. als billige Arbeitskräfte anheuern. Bemerkenswert ist auch, dass die Kaffeekulturen oft im Schatten von Bäumen angelegt sind. Wenn der Kaffee unter schattenspendenden Leguminosenbäumen angezüchtet wird, dann wird durch diese Bäume der Boden mit Stickstoff angereichert und somit der Arbeitskraftaufwand für die Düngung vermindert. Die reifen Kaffeefrüchte können gepflückt oder in Wochenabständen vom Boden aufgesammelt werden. Durch verschiedene Schäl- und Polierverfahren werden die Früchte vom Samen getrennt. Viele der grünen Samen werden exportiert und erst im Verbraucherland geröstet und verarbeitet. 90 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops Links: Kaffeestrauch Coffea arabica mit unreifen Kaffeebohnen Rechts: Logo der Kaffeerösterei „Café de la Casa“ in der Provinz Alajuela Café Britt: Das Unternehmen Café Britt war der erste Kaffeeröster in Costa Rica, der den guten, für das Land typischen Kaffee auch für den Export röstete, da ja der beste Kaffee immer gleich roh exportiert wurde. Café Britt wurde 1985 von Steven Aronson, dem jetzigen Präsidenten des Unternehmens, gegründet. Der Hauptsitz befindet sich in der Nähe von Barva, in der Zentralregion. Fast jedes Hotel, noble Restaurant und Souvenirgeschäft führt die Produkte. Mittlerweile hat das Unternehmen nicht nur innerhalb von Costa Rica erfolgreiche Geschäfte, auch international gehört es zur Führung in der speziellen Kaffeeindustrie und hat auch schon einige Auszeichnungen bekommen. Es wird auf der Homepage von Café Britt angepriesen, dass das Unternehmen auch Rücksicht auf die Umwelt und auf den „fair-trade“- Handel nimmt. ZUCKERROHR (SACCHARUM OFFICINARUM) Zuckerrohr (Saccharum officinarum) ist eine Pflanze aus der Familie der Süßgräser (Poaceae) und wird dort der Unterfamilie Panicoideae mit 3.270 weiteren Arten zugeordnet. Vom Aussehen her ähnelt es dem Bambus oder Mais. Die Halme können einen Durchmesser von bis zu 5 cm und eine Höhe von bis zu 4 m erreichen. Geerntetes Zuckerrohr zur Dulce-Erzeugung Geschichte: Man vermutet den Ursprung des uns heute bekannten Zuckerrohrs auf Neuguinea, wo man 1928 eine nahe verwandte Wildpflanze, das Gras Saccharum robustum, entdeckte. Bis zur Züchtung der Zuckerrübe aus der Runkelrübe, war das Zuckerrohr die einzige bekannte Pflanze woraus Zucker gewonnen werden konnte. Im Mittelmeergebiet war das Zuckerrohr schon während der Römerzeit bekannt, es erfuhr eine weitere Verbreitung durch die Mauren und Araber, und reiste mit der entstehenden Plantagenwirtschaft der Spanier nach Südamerika. Die Portugiesen brachten es in die Bucht von Benin, auf die Kanaren, in die Karibik und nach Mittelamerika. Der Zuckerrohranbau in der sogenannten Neuen Welt hatte die Verschleppung von Schwarzafrikanern zur Folge, welche als Sklaven auf den Plantagen arbeiteten. Auch kam es zur Ausrottung ganzer Volksgruppen in Mittelamerika. Heute wird Zuckerrohr weltweit angebaut und stellt ca. 55 % der Zuckerproduktion dar. Anbau, Ernte, Weiterverarbeitung: Der Anbau beginnt mit dem Auslegen von Sprossstücken vom ca. acht Monate alten, nicht ausgereiften Rohr, unter Beigabe von Fungiziden und Insektiziden. Je nach Klimabedingungen vergehen neun Monate bis zwei Jahre bis zur Ernte. Der Zuckergehalt von Zuckerrohr liegt bei ca. 15 %. Durchschnittlich werden 120 Tonnen Rohr / ha / Jahr geerntet. Dies entspricht einem Ertrag von 14 Tonnen Zucker pro Jahr. (Zahlen vom Jahr 1993, Costa Rica) In vielen Ländern ist die Ernte noch Handarbeit und eine wichtige saisonale Einkommensquelle für Kleinbauern. Die Arbeitsbedingungen auf den Zuckerrohrfeldern sind teilweise katastrophal. Oft werden Kinder und Frauen als Arbeitskräfte eingesetzt, obendrein ist die Bezahlung in den Regionen des Zuckerrohranbaus sehr schlecht, gerade so viel, um die Familie zu erhalten. Die Tagesleistung liegt bei guten Arbeitern bei zirka 8 – 10 Tonnen täglich. Dies hat zur Folge, dass der Rohrzucker extrem günstig angeboten werden kann. 91 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops Das Rohr wird knapp oberhalb des Bodens mit einem schweren Messer (Machete) abgeschlagen. Der grüne Teil wird entfernt und der Rest in die Fabrik zur Weiterverarbeitung transportiert. In der Fabrik wird das Rohr zerkleinert, gepresst und zu Zucker verarbeitet. In den Tropen wird Zuckerrohr jedoch auch von Kleinbauern angebaut, um das Rohr zu kauen, selber Saft zu pressen oder Rohrzucker für den Hausgebrauch herzustellen. Zu erwähnen ist auch, dass aus einem Nebenprodukt der Zuckerherstellung, der Melasse, durch Gärung und Destillation Rum hergestellt werden kann. ANANAS (ANANAS SP.) Die Ananas (Ananas, ananá ist vom Ursprung Guarani, dies ist eine Sprache, die in Paraguay, im nördl. Argentinien, Teilen Boliviens und im südl. Brasilien gesprochen wird) ist eine Pflanzengattung aus der Familie der Bromeliengewächse (Bromeliaceae). Die Pflanze wird etwa einen Meter hoch, ist kurzstämmig und, im Gegensatz zu anderen Bromeliengewächsen, eine Bodenfrucht. Sie blüht nur einmal und ist eine Sammelfrucht aus Beeren. Unter der Oberfläche dieser sechseckigen Beeren, die jeweils von einer Blüte hervorgebracht wurden, liegt ein Same. Bei den gezüchteten Sorten sind nur mehr wenige bis keine Samen enthalten. Aus dem dicken fleischigen Stamm entwickelt sich eine Blattrosette von 30 – 50 steifen grünen Blättern. Diese leitet das Regenwasser in die Pflanzenmitte und dient zur Wasserspeicherung. Die ursprünglichen Ananassorten haben stachelbesetzte Blätter, welche als Fraßschutz vor Tieren diente. Bei der modernen Kulturpflanze hat man durch Selektion Sorten entwickelt, welche nahezu glatte Blätter haben. Etwa 15 – 22 Monaten nach der Anpflanzung entwickelt sich aus der Mitte der Blattrosette ein 10 – 15 cm langer Blütenstand mit hunderten purpurroten Einzelblüten. Diese vereinigen sich später zu einer fleischigen Gesamt- oder Sammelfrucht. Nach ca. fünf bis sechs Monaten bildet sich die Frucht aus. Sie ist mit Bürzel im Durchschnitt 30 cm hoch und kann in Ausnahmefällen bis zu 10 Kilo schwer werden. Die bei uns erhältlichen Ananas wiegen jedoch nur ein bis zwei Kilo. Im reifen Zustand, ist die Rinde der Frucht hellbraun-rot, ihr Fruchtfleisch ist gelb-rötlich. Die Fruchtmitte der Frucht ist leicht verholzt und ist im Regelfall nicht essbar. Geschichte: Man nimmt an, dass die Ananasstaude ursprünglich aus Brasilien stammt. Von Indianern wurde sie nach Zentralamerika gebracht und kultiviert. Sie ist eine tropische Frucht, die Christoph Kolumbus 1493 auf Guadeloupe für sich, seine Mannschaft und für Europa entdeckte. In Europa wurde sie ab 1690 in Orangerien angebaut. Heute ist die bekannteste Art die gewöhnliche Ananas (Ananas comosus (L.) Merr.), die aus dem tropischen Amerika stammt und dann auch in Asien, Afrika und Südeuropa kultiviert wurde. Anbau, Ernte: Die Ananas wird regelmäßig vegetativ vermehrt. Verwendet werden dabei die Kopfkronen von Altpflanzen oder Wurzelschösslinge. Bei dem plantagenartigen Anbau werden Schösslinge (sie werden den alten Blattachsen entnommen) bevorzugt, weil sich das Wachstum besser kontrollieren lässt. Es müssen nicht zwangsläufig neue Schösslinge sein, man kann auch Altpflanzen auf zwei bis drei Seitensprosse zurückschneiden. Die Ananaspflanze gestattet einen mehrfachen Erntezyklus, wobei jedoch die Früchte im Laufe der Zeit kleiner und krankheitsanfälliger werden. Die Ernte erfolgt meist händisch mit Hilfe von Maschinen. Die Ananasfelder sind so angelegt, dass die Maschinen mit ihren Auslegern ohne Probleme durchfahren können. Auf den Auslegern sitzen die Arbeiter, welche mit Schutzkleidung und speziellen Handschuhen, die Früchte abernten. Die Arbeit ist anstrengend, oft bis zu 16 Stunden am Tag und schlecht bezahlt, trotzdem ist die Arbeit auf den Plantagen für viele die einzige Chance zu überleben. Ananasexport in Costa Rica: Seit der Bananenpreis in den 1990iger Jahren stark ins schwanken kam, setzten die Fruchtproduzenten auch in Mittelamerika auf den Anbau von Ananas. Im Januar dieses Jahres (2006) lag der Ananasexport Costa Ricas um 67,7 % höher als im Jahr zuvor. 92 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops In der nördlichen Karibikregion gedeiht die Frucht besonders gut. Dadurch haben viele Bananenplantagen umgestellt auf Ananasanbau. Umweltproblematik durch Ananasplantagen: Durch die Plantagen entstehen große Probleme für Anwohner, Arbeiter und die Umwelt. Die Natur leidet in Costa Rica unter den exzessiven Anbaumethoden. Die Böden werden, wie auch bei den Bananenplantagen, ausgelaugt, überdüngt und schließlich unbrauchbar. Es werden auch hier Unmengen von Pestiziden eingesetzt, welche den dort ansässigen Menschen und Tieren Schaden zufügen. Das Wasser ist meist mit schädlichen Substanzen versetzt, welches von den Kindern, wie auch Erwachsenen getrunken wird. Dies führt zu Hautreizungen, Darmerkrankungen und Kopfschmerzen. Hinzu kommt, dass immer wieder neue Anbauflächen geschafft werden, wobei erneut Regenwald gerodet wird und somit verschwinden auch die Tiere und Pflanzen. KAKAO (THEOBROMA CACAO L.) Der Kakaobaum (Theobroma cacao L.) gehört zur Unterfamilie der Byttnerioideae aus der Familie der Malvaceae (Malvengewächse). Die Unterfamilie der Byttnerioideae unterteilt sich in mehrere Gattungen, darunter die Gattung Theobroma. Diese lässt sich wiederum in 22 Arten unterteilen. Eine Art dient uns zur Erzeugung von Kakao, die Art Theobroma cacao L. Durch Züchtung entstanden verschiedene Sorten dieser Art. Die Wichtigsten Sorten für die Kakaoerzeugung sind Criollo, Forastero und Trinitario. Der Kakaobaum ist ein langer, dünnstämmiger Unterholzbaum, der Kakaofrucht (Theobroma cacao L.), La Fortuna im Schatten größerer tropischen Bäume steht. Bei jungen Pflanzen dienen oft Bananenpflanzen als Schattenspender. Bei älteren Bäumen werden auch Ölpalmen, Teak- und Mahagonibäume, sowie auch Erythrina speziell als Schattenspender gepflanzt. Der Baum kann 10 bis 15 Meter hoch werden, jedoch werden die Bäume auf den Kakaoplantagen auf ca. zwei bis vier Meter gestutzt. Der Baum hat große, glatte, schwertartige Blätter, welche das ganze Jahr grün sind. Pro Jahr bildet der Baum drei- bis viermal neue Blätter. Direkt an dem nur etwa 20 cm dicken Stamm und den größeren Ästen sitzen die Blüten, welche nach 2 – 3 Jahren das erste mal gebildet werden. Der Baum blüht das ganze Jahr über und kann somit das ganze Jahr Früchte produzieren. Die größte Anzahl Blüten erreicht er im Alter von zehn bis zwölf Jahren und kann dann bis zu 100.000 Blüten pro Jahr produzieren. (http://www.theobroma-cacao.de/pflanze/pflanze.htm) Die Bestäubung der Blüten erfolgt ausschließlich durch Insekten wie zum Beispiel Mücken, die im warmen, feuchten Unterholz leben. Auf Plantagen wird die Blüte teilweise auch künstlich befruchtet. Die unreife Frucht hat eine grüne Farbe, die reife je nach Kakaosorte eine gelbe, gelbrote oder rot- bis rotbraune Farbe. Die Früchte sitzen direkt am Stamm, werden ca. 15 – 25 cm lang und 7 – 10 cm breit. Sie enthält fünf Reihen mit bohnenförmigen Samen, die in ein helles, süßliches Fruchtmus eingebettet sind. Geschichte: Die Geschichte des Kakaobaumes beginnt in Mittelamerika. Die Azteken kannten die Pflanze seit dem 14. Jahrhundert, wo sie als heilig galt und als Geschenk des Gottes Quetzalcoatl betrachtet und verehrt wurde. Die aus der Frucht gewonnenen Bohnen wurden allerdings nicht nur als Opfergabe verwendet, sondern auch als Zahlungsmittel und zur Zubereitung eines herb-würzigen Getränks, das jedoch mit unserem heutigen Kakao nicht viel gemeinsam hatte. Anbau, Ernte: Der Kakaobaum wird auch plantagenartig angebaut, jedoch gibt es hier keine schweren Umweltprobleme. Bei der Ernte werden die reifen Früchte – wie schon vor 500 Jahren – von Hand mit scharfen Messern abgeschlagen. An den Sammelplätzen öffnen die Erntearbeiter die Früchte mit einem geschickten Schlag ihrer Macheten und lösen, die von weißem, süßem Fruchtfleisch umgebenen Samen aus der Schale heraus. Um aus den noch unansehnlichen Samenkernen hochwertigen Rohkakao entstehen zu 93 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops lassen, werden sie einem Gärprozess unterzogen. Dazu werden die Samen mit dem Fruchtfleisch in Kästen gefüllt oder werden auf Bananenblättern ausgebreitet und abgedeckt. Schon nach kurzer Zeit setzt der Gärprozess, auch Fermentation genannt, ein. Die herben Gerbstoffe oxidieren, das feuchte Fruchtfleisch löst sich auf und fließt ab. Die Kerne färben sich dunkel und das typische Kakaoaroma entsteht. In fünf bis zehn Tagen ist die Fermentation abgeschlossen. Danach werden die Bohnen in der Sonne getrocknet und schließlich für den Transport abgepackt. Kakaoexport in Costa Rica: Pro Jahr trägt jeder Baum etwa 20 – 30 Früchte, in guten Jahren sogar bis zu 50 Früchte. In Costa Rica werden pro Jahr ca. 4.500 Tonnen (2004/2005) Kakao produziert. Meist wird der Kakao dann zur Weiterverarbeitung nach Europa exportiert. ÖLPALME (ELAEIS GUINEENSI) Die Ölpalme gehört zu den wirtschaftlich bedeutensten Palmenarten. Ursprünglich stammt sie aus Afrika, aber heute wird sie in Südostasien und im tropischen Mittelamerika kultiviert. Eine einzige Palme produziert Fruchtstände mit bis zu mehreren tausend Früchten. Geerntet werden die Fruchtstände mit einer langen Bambusstange, an deren Ende ein sichelförmiges Messer befestigt ist. Die Sichel wird dabei um den Stiel des Fruchtstandes gelegt und mit einem kräftigen Ruck nach unten gezogen. Das kann auch sehr gefährlich sein für die Erntearbeiter, denn die schweren Fruchtstände bzw. eventuell mitgeschnittene Palmenblätter fallen aus bis zu 30 m Höhe herab. Wenn die Ölpalmen für die Ernte zu wenig ertragreich sind, dann werden die Felder totgespritzt. Jedoch gleichzeitig werden zwischen den „Leichen“ junge neue Palmen gepflanzt. Um den optimalen Ernteertrag zu erreichen, benötigt die Ölpalme gewisse klimatische Bedingungen. Mit einer durchschnittlichen Temperatur von 26 °C und einem nährstoffreichen Boden sind die Bedingungen für eine ganzjährige Fruchtstandentwicklung gegeben. Nach der Ernte müssen die Ölfrüchte innerhalb von 24 Stunden zur Fabrik gebracht und verarbeitet werden, da sie sonst ranzig werden. Aus dem Fruchtfleisch wird das Palmöl gemacht, aus den Samen das Palmkernöl. Palmöl nimmt in der weltweiten Produktion den zweiten Platz ein (nach Sojaöl). Es wird zur Herstellung von Seifen, Kosmetika, Waschmittel, Kerzen, Margarine und auch als traditionelles Küchenfett verwendet. Rotes (unraffiniertes) Palmöl ist reich an Carotinoiden und Vitamin E und eignet sich gut zum Erhitzen, da kaum mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten sind. In Costa Rica wird die Ölpalme großflächig als Monokultur, vor allem in der Küstengegend angebaut. Wie alle in großem Maßstab angebauten landwirtschaftlichen Produkte, verursachen auch Palmenplantagen ökologische Probleme. Die zum Ölpalmenanbau benötigen großen Flächen werden oft unter Zerstörung von Regenwald angelegt. Geerntete Ölpalmenfrüchte bereit zur Verarbeitung vor Fabrik Ölpalmenplantage, totgespritzte alte Pflanzen, dazwischen neu gesetzte kleine Ölpalmen Links: Händische Ernte von Ölpalmenfrüchten, Tropical Garden Palmolive: Ein in diesem Zusammenhang wichtiger Konzern ist Palmolive. Colgate-Palmolive ist ein mulinationales Unternehmen mit Stammsitz in New York. 94 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops 1864 stellte die Firma B.J. Johson Soap Company eine Seife aus Palmöl und Olivenöl her. Das Produkt wurde so populär, dass die Firma danach benannt wurde – Palmolive. REIS (ORYZA SATIVA) Reis gehört in Costa Rica nicht direkt zu den Cash Crops, er wird meist für den Eigenbedarf kultiviert. Der Reis kommt ursprünglich aus Südostasien und wurde dort schon 5.000 v. Chr. angebaut. Über Jahrtausende ernteten die Menschen händisch durch Abschneiden der Rispen. Die dabei entstehende Selektion führte zur Entstehung tausender Reissorten, die unter den vielfältigen ökologischen Bedingungen weltweit und eben auch in den Tropen und Subtropen angebaut werden können. Für den Großteil der Weltbevölkerung ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel. Es gibt Nassreis und Trockenreis. Nassreis hat den Vorteil, dass der Unkrautwuchs durch das Wasser gehemmt wird. Außerdem sind die Erträge wesentlich höher als beim Streusaatverfahren. Der angebaute Reis in Costa Rica ist zu 90 % Trockenreis. Die Hauptanbaugebiete liegen in den Provinzen Guanacaste und Puntarenas. Reis ist neben Bohnen und Mais das wichtigste Grundnahrungsmittel des Landes und wird daher nicht nur von Großbetrieben, sondern auch von kleinbäuerlichen Subsistenzbetrieben bewirtschaftet. Die Reispflanze ist jedoch eine arbeitsintensive Kultur mit hohen Kosten für Düngung und Saatbettreinigung, sodass am Ende nach Abzug aller Ausgaben der Gewinn gering ist. Reis nach dem Abtrennen der Streu (rechts) Arbeiter in der Reisfabrik beim Befüllen der Verpackungen Schlichten der Reispackungen in versandfertige Großeinheiten 4.2.4 Chiquita Brands International – United Fruit Company Chiquita Brands International ist nach eigenen Angaben einer der größten Bananenproduzenten der Welt. Chiquita vermarktet auch verschiedene andere Obst- und Gemüsesorten und ist in über 60 Ländern aktiv. Das Unternehmen wurde am 30. März 1899 in Boston unter dem Namen „United Fruit Company“ (UFC) gegründet. Die Firma entstand aus dem Zusammenschluss der Firmen Boston Fruit und der Tropical Trading and Transport Company. Boston Fruit hatte damals eine der längsten Eisenbahnstrecken in Costa Rica gebaut (Banana Train). Das Unternehmen wurde groß durch den Verkauf von tropischen Früchten in Europa und den USA. Neben der berühmten Marke Chiquita verkaufte Chiquita Brands Int. auch Bananen unter dem Namen Chiquita Jr., Consul, Amigo, Frupac, Chico sowie Bananos. Im Juni 1970 schloss sich die U.F.C. mit der AMK Corporation zusammen und wurde zur United Brands Company. Im August 1984 übernahm Carl H. Lindner Jr. die Kontrolle über den Konzern und benannte sie in Chiquita Brand International um. Außerdem revolutionierte die United Fruit Company die Handelsschifffahrt, indem es die Entwicklung von gekühlten Transportschiffen vorantrieb. Ende der 1930er Jahre verfügte die U.F.C. über die größte private Schiffsflotte der Welt. Die Firma wird oft als typisches Beispiel dafür gesehen, wie multinationale Firmen in die Innen- und Außenpolitik ärmerer Länder eingreifen und sie manipulieren. Die UFC besaß große Landflächen in Mittelamerika. Viele sahen sie deshalb als die eigentliche Macht in diesen Ländern an, da United Fruit durch seine Wirtschaftskraft die Geschicke der kleinen Staaten 95 Ines Faber, Franziska Schrempf Landwirtschaft und Cash-Crops dominierte. Die Firma hat nachweislich mehrmals Regierungen in Mittelamerika gestürzt oder stürzen lassen, die eine Politik betrieben, welche nicht im Interesse des Fruchtmultis war. Auch heute ist der politische Einfluss noch sehr groß. Die Plantagen von Chiquita befinden sich heute noch hauptsächlich in Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Honduras und Panama. In all diesen Ländern gehören Bananen zu den wichtigsten Exportgütern, wodurch Chiquita einfach Druck auf die jeweiligen Regierungen ausüben kann. Ein Rückzug aus diesen Ländern würde zu einem wirtschaftlichen Fiasko führen. Literaturangaben BAKE, Ch. P., (2000): Der National Geographic Traveler Costa Rica; National Geographics Society, Washington, D.C. JANZEN, D. H., (1983): Costa Rican Natural History; University of Chicago Press RACHOWIECKI, R., (2002): Costa Rica: Special section on Costa Rican wildlife; Lonely Planet Publications Pty. Ltd. http://bethge.freepage.de/ananasdt.htm, 2006 http://de.wikipedia.org, 2006 http://www.banafair.de/publ/cuadernos/cuad3/schmutzig.htm, 2006 http://www.cafebritt.com, 2006 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22441/1.html, 2006 http://www.infozentrum-schoko.de/schobro.pdf#search=%22Kakaoernte%22, 2006 http://www.theobroma-cacao.de/pflanze/pflanze.htm, 2006 96 Teil V Biologische Aspekte 97 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald 5.1 PFLANZLICHE PHÄNOMENE IM TROPISCHEN REGENWALD 5.1.1 Die tropischen Lebensräume Die Pflanzen der Tropen haben deutlich andere Lebensbedingungen als die der gemäßigten Breiten. Durch nahezu konstante Temperaturen und Tageslängen wird mit der entsprechenden Wasserversorgung ein ganzjähriges Pflanzenwachstum möglich. Eine ausschlaggebende Bedeutung kommt auch den Bodenverhältnissen zu. Tropische Böden sind durch eine schon Hunderttausende bis Millionen von Jahren andauernde intensive Verwitterung gekennzeichnet, wodurch nährstoffbindende Tonminerale bereits zerstört, und Nährstoffe durch die Niederschläge ausgewaschen wurden. Die Folge davon ist der typische rote Tropenboden, der durch Austrocknung zu steinhartem Laterit wird. Das ständige Recycling abgestorbener Pflanzenteile, die verrotten und deren Nährstoffe nicht in den Boden gelangen sondern sofort von Pilzen aufgenommen und den Pflanzen zugeführt werden, ermöglicht den üppigen Pflanzenwuchs. Aufbau des immergrünen tropischen Regenwaldes „Der extreme Regenwald besteht fast ausschließlich aus Bäumen, wenn man nur die im Boden wurzelnden Pflanzen berücksichtigt. Kräuter und Stauden kommen fast nur als Epiphyten in Betracht und auch dort nur in viel kleinerer Arten- und Individuenzahl als die Bäume. …Eine auffällige Häufung von Palmen im Tropenwald“ belegt „nicht seinen Urwaldcharakter, wie viele glauben, sondern im Gegenteil, ...seinen sekundären Charakter: Hier waren alte Pflanzungen verlassen worden!“ (www.payer.de) 98 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald 5.1.2 Regenwaldtypen Der tropische Regenwald stellt keinesfalls einen einheitlichen Lebensraum dar. Unterschiede ergeben sich je nach Boden und Relief, sowie durch die verschiedenen geographischen Lagen und vor allem aufgrund verschiedener Niederschlagsmengen und -verteilung. Der immerfeuchte Regenwald mit mehr als 2000 mm Niederschlag pro Jahr ist extrem artenreich. Die meisten Pflanzen sind im Boden wurzelnde Baumarten. Aufgrund der fehlenden Jahreszeiten finden sich blühende, fruchtende oder neu austreibende Bäume über das ganze Jahr verteilt. Durch Mangel an Licht im Bodenbereich ist Unterwuchs nur spärlich vorhanden. Der saisonale Regenwald zeichnet sich durch kaum weniger Niederschlag und einer Trockenzeit von ungefähr einem Monat aus. Da hier zeitweise mehr Sonnenlicht bis zum Waldboden gelangen kann steigt auch die Anzahl an krautigen Pflanzen. In Bergwäldern fallen die Niederschlagsmengen meist noch höher aus. Da überschüssiges Wasser leicht abfließen kann entwickelt sich keine das Wachstum hemmende Staunässe. Je höher der Wald liegt, desto geringer sind die Temperaturen. Daraus folgt die Kondensation der Luftfeuchtigkeit, wodurch sich Wolken, Nebel und Tau bilden. Die dort lebenden Bäume weisen geringere Höhen auf. Epiphyten, Moose und Farne, darunter die an Palmen erinnernden Baumfarne, treten gehäuft auf. Weite Gebiete der Tropen, vor allem die im Einflussbereich der Monsun- und Passatwinde stehenden, weisen einen deutlichen Wechsel zwischen einer Regen- und einer zwei bis fünf Monate anhaltenden Trockenzeit auf. Diese wechselfeuchten Wälder bestehen aus einem Mischwald aus immergrünen und laubabwerfenden Bäumen. Sie beherbergen zwar weniger Arten als der immerfeuchte Regenwald, erscheinen aber, durch die Anpassung von Wachstum, Blühen und Fruchten an die im Jahresverlauf unterschiedlichen Gegebenheiten, vielfältiger. Der lichtere Wald ermöglicht eine stärkere Ausprägung des Unterwuchses, sodass in trockenen Lagen nahezu geschlossene Flächen von Gräsern und Kräutern, und in feuchteren Lagen Sträucher und großblättrige Hochstauden in Erscheinung treten. Der wechselfeuchte Wald bietet auch gute Lebensbedingungen für Lianen. Epiphyten besiedeln hier bereits in geringeren Höhen die Stämme ihrer Wirte. In Trockenwäldern, in denen über vier bis sieben Monate etwa 500 – 2000 mm Niederschlag fallen, jedoch fünf bis acht Monate extreme Dürre herrscht, kommen kaum immergrüne Pflanzen vor. Der Wald ist trockenkahl, regengrün und zumeist nur wenige Meter hoch. Selbst in der Regenzeit, in der die Bäume schattenspendende Kronen ausbilden, erreicht noch ausreichend Licht den Waldboden, um die Ausbildung von Gräsern und Kräutern zu ermöglichen. Sträucher mit hartlaubigen Blättern und Sukkulenten (Kakteen und ähnliche dickfleischige Pflanzen) sind fähig die Trockenzeit im grünen Zustand zu überstehen, da sie in ihren Blättern und Stängeln genügend Wasser speichern können. Die Mangrove stellt eine Waldformation dar, die an allen tropischen Weichbodenküsten anzutreffen ist, wo das Meerwasser warm genug und die Küste flach und windgeschützt ist. Die Stelz- und Atemwurzeln ermöglichen es der Pflanze auf dem weichen und sauerstoffarmen Schlick zu wachsen. Die Wurzeln ragen zunächst senkrecht aus dem Schlick nach oben, bilden entweder Höcker oder Kniewurzeln aus und wachsen wieder in den Schlick hinein. Bei niedrigem Wasserspiegel, wenn die Wurzeln freiliegen, nehmen sie durch zahlreiche Poren Sauerstoff aus der Luft auf, um während Hochwasserzeiten davon zu zehren. Die Vielzahl der Wurzeln begünstigt die Ablagerung von weiterem Schlick, sodass der Mangrovengürtel zum Schutz vor Erosion der Küstengebiete beiträgt und sich meerwärts langsam ausdehnt. Die Erscheinung des Lebendgebärens (Viviparie) ist ebenfalls eine Anpassung an den Schlick. Unter Viviparie versteht man das Auskeimen des einzigen Samens jeder Frucht bereits auf der Mutterpflanze, der anschließend zu einem 20 – 40 cm, selten auch bis zu einem ein Meter langen Gebilde heranwächst. Nachdem der ausgekeimte Samen in den Schlick gefallen und stecken geblieben ist, kann er an dieser Stelle weiterwachsen. Weitaus häufiger wird er jedoch durch die Gezeiten verdriftet, irgendwo angeschwemmt und verankert sich dort. Mangrovenwälder sind wesentlich artenärmer als andere tropische Lebensräume und hauptsächlich durch eine Pflanzenfamilie, die Rhizophoraceae, geprägt. Mangrovenpflanzen können durch spezielle physiologische Anpassungen im Salzwasser gedeihen. Sie sind fast durchwegs Gehölze, die sich in Abhängigkeit vom Standort als Strauch oder Baum entwickeln. Weitere in Mangrovenwäldern vorkommende Arten sind die Mora 99 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald oleifera (costarican. alconoque, Fabaceae), die von allen dikotylen Pflanzen den größten Samen ausbildet, und das Teegewächs Pelliciera rhizophorae (Theaceae). Die Pflanzen der Mangroven stellen einen wichtigen Lebensraum und Brutgebiet für zahlreiche Tierarten dar. Mangrovenwald (mit Rhizophora mangle) „Mangrovenbaby“ (Viviparie von Rhizophora mangle) Mora oleifera (Fabaceae), größter Same der dicotylen Pflanzen 5.1.3 Struktur und Lebensformen tropischer Regenwälder STOCKWERKMODELL Das im Folgenden beschriebene, auf unterschiedlichen Baumhöhen begründete Stockwerkmodell, ist ein künstliches System und gerade im Regenwald ist der Stockwerkscharakter aufgrund der Baumdiversität und der unterschiedlichen Baumhöhen oft recht verschwommen. Dennoch ist es sehr hilfreich bei der Beschreibung tropischer Ökosysteme. Bäume Für Bäume ist neben der Ausbildung eines Holzkörpers eine deutlich erkennbare Unterscheidung zwischen Stamm und Krone charakteristisch. Urwaldriesen: Übersteher oder Emergenten bilden kein geschlossenes Kronendach aus. Dabei handelt es sich um vereinzelt stehende, sehr hohe Bäume, die zwischen 50 und 70 m erreichen können. Diese Urwaldriesen überragen das nahezu geschlossene Blätterdach und verzweigen sich erst oberhalb der Kronen der übrigen Bäume. Vertreter dieser Baumschicht stellen der Kanonenkugelbaum (Couroupita guianensis, Lecythidaceae), dessen Name auf seine hartschaligen, bis zu 20 cm großen, runden Früchte zurückzuführen ist, der Kapokbaum (Ceiba pentandra, Bombacaceae) und der Mahagonibaum (Swietenia mahagoni, Meliaceae), ein wichtiger Holzlieferant, dar. Zur Verankerung und zur verbesserten Sauerstoffaufnahme bilden die letzten beiden Arten mächtige Brettwurzeln aus. Diese Wurzeln, die in einigen Waldformationen sehr auffällig sind, lassen sich in Abhängigkeit von Arten oder Familien in Form, Größe und Dicke voneinander unterscheiden. Sie sind vor allem bei großen Bäumen, wie bei Vertretern der Familie der Bombacaceae, besonders ausgeprägt. Aufgrund der großen Niederschlagsmengen in den immerfeuchten Regenwäldern, der sich daraus ergebenden schlechten Durchlüftung des Bodens und des oberflächlichen Nährstoffkreislaufs, haben die meisten Bäume ein relativ flaches Wurzelwerk, das zur sicheren Verankerung manchmal nicht ausreichend ist. Brettwurzeln können bei diesen Gegebenheiten zur Verteilung, der durch Winddruck entstehenden Zugkräfte auf möglichst viele oberflächliche Wurzeln, dienen. Häufig zeigen Bäume in Hanglage, welche eine asymmetrisch entwickelte oder erheblich mit Epiphyten bewachsene Baumkrone tragen, diese Besonderheit. 100 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Kanonenkugelbaum (Couroupita guianensis) Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald Kapokbaum (Ceiba pentandra) Brettwurzeln Bäume der mittleren Höhenschicht: Diese Schicht stellt den Lebensraum von gut zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten dar. Durch die 15 – 40 m hohen Bäume kommt es häufig zur Ausbildung eines dichten Laubdachs. Verglichen mit den gemäßigten Breiten befinden sich in den Tropen nicht nur wesentlich mehr Baumarten, sondern auch eine viel größere Anzahl an Wuchsformen und Blütenvariationen. „Es handelt sich bei der enormen Mannigfaltigkeit der tropischen Baumformen kaum um ‚Anpassung an die Tropen’..., sondern vielmehr um eine Polymorphie (Vielgestaltigkeit), die dadurch ermöglicht wird, dass die günstige Umwelt sehr viel mehr ...Gestalten ‚erlaubt’ als die kalten Regionen.“ (www.payer.de) Vertreter dieser Baumschicht sind die Muskatnuss-Arten Virola koschnyi und Virola sebifera aus der Familie der Myristiaceae, der bis zu 20 m hohe „Nackte Indianer“ (Bursera simaruba), dessen Name auf die sich schälende Rinde und dessen Farbe zurückzuführen ist, und der Terpentinbaum (Protium ravenii), die beide in die Familie der Burseraceae einzuordnen sind. Ebenfalls in die selbe Höhenschicht sind der Kuhmilchbaum (Brosimum utile, costarican. vaco) und der Brotnussbaum (Brosimum alicastrum, costarican. ojoche) aus der Familie der Moracae, die Wasserkastanie (Pachira aquatica, Bombacaceae), der Sandbüchsenbaum (Hura crepitans, Euphorbiaceae), Jacaranda copaia (costarican. gallinazo, Bignoniaceae), sowie der Ohrenfruchtbaum (Enterolobium cyclocarpum, costarican. guanacaste, Mimosaceae), der Nationalbaum Costa Ricas, zu zählen. Nackter Indianer (Bursera simaruba) Terpentinbaum (Protium ravenii) Aufgeschnittene Ohrenfrucht (Enterolobium cyclocarpum) Klein- und Kleinstbäume: Bäume, die im Bereich der unteren 10 m des tropischen Regenwaldes wachsen, haben dort eine annähernd konstante relative Luftfeuchte von 97 – 100 %. Typische Vertreter dieser Höhenschicht sind die 3 – 6 m hohe Carica cauliflora (Caricaceae), der 5 – 10 m hohe Sternfruchtbaum (Averrhoa carambola, Oxalidaceae), der Kakaobaum (Theobroma cacao, Sterculiaceae) und Carpotroche platyptera (Flacourtiaceae). Alle vier Arten sind Beispiele 101 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald für die vor allem in den immerfeuchten Regenwäldern auftretende Kauliflorie (Stammblütigkeit). Bei diesem Phänomen befinden sich die Blüten und Früchte direkt am Stamm, an starken Ästen oder an gedrungenen, daraus hervorgehenden Kurztrieben. Beim Kerzenbaum (Parmentiera cerifera, Bignoniaceae) dient die Stammblütigkeit als Erleichterung der Ortung und des Anflugs für die ihn bestäubenden Fledermäuse. Aus demselben Grund sind auch lang gestreckte Blütenstandsachsen, an denen die Blüten aus der Krone herausgehoben werden oder unten aus ihr heraushängen, entwickelt. Ein weiterer Kleinbaum ist der einige Zentimeter bis über einen Meter erreichende Biophytum dendroides (Oxalidaceae), der seine Fiederblätter nach Reizung, z.B. Berührung innerhalb kurzer Zeit zusammenklappen kann. Kauliflorie beim Kakaobaum (Theobroma cacao) Biophytum dendroides (Oxalidaceae) Unterwuchs Nur ca. ein Prozent des Sonnenlichts gelangt bis zum Boden, wodurch dieser auch wesentlich geringer bewachsen ist als in unseren heimischen Wäldern. Die Bodenzone ist nahezu windstill und dämmrig. Die Schwankungen von Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Temperatur sind, verglichen mit höher gelegenen Schichten, gering. Bodenlebende Pflanzen haben sich den dortigen Gegebenheiten entsprechend entwickelt. Eine Vielzahl der Pflanzen, die sich im tropischen Unterwuchs ansiedeln, zeichnen sich durch große, relativ zarte Blätter aus, die eine maximale Lichtabsorption ermöglichen. Kleinbäume und Sträucher: Sträucher sind zwar wie die Bäume verholzt, jedoch durch vom Boden an beginnende Verzweigungen gekennzeichnet. In den Tropen findet man häufig Klein- und Kleinstbäume. In den feuchten Tropen wird der Großteil des Lebensraumes von Bäumen eingenommen, weshalb sich Sträucher unter natürlichen Gegebenheiten hauptsächlich im Schatten des Waldes oder im Sekundärwuchs ansiedeln. Dabei unterscheiden sich diese Sträucher deutlich in der Ausprägung ihrer Merkmale. Im Wald stehende Exemplare konzentrieren sich auf die Ausbildung eines intensiven Blütenduftes zur Anlockung ihrer Bestäuber und entwickeln zumeist kleine unscheinbare Blüten oder sie bilden auffallend helle Farben aus, um auch bei geringer Lichtintensität wahrgenommen zu werden. Sträucher im Sekundärwuchs entwickeln im Gegensatz dazu sehr auffällige Blüten, um trotz hoher Konkurrenz einer enormen Vielfalt an Pflanzen, im Kampf um Lebensraum, Licht und Bestäuber, eine Überlebenschance zu haben. Beispiele für Pflanzen, die im tropischen Regenwald als Sträucher und Kleinbäume auftreten, sind die Hot lips (Psychotria poeppigiana) aus der Familie der Rubiaceae, das Wandelröschen (Lantana camara, Verbenaceae) und die Guave (Psidium guajava, Myrtaceae). Ebenfalls zu den Sträuchern zählt die auf mechanische und thermische Reize reagierende Mimose (Mimosa pudica, Mimosaceae). Die Reizung führt über eine elektrische Signalweiterleitung zum Zusammenbruch des Innendrucks in den Blattgelenken, wodurch eine Bewegung verursacht wird. Der Annattostrauch (Bixa orellana, Bixaceae), aus dessen fleischiger Samenschale sich ein leuchtend roter Farbstoff gewinnen lässt, wächst ebenfalls meist strauchig. Der Farbstoff findet breite Anwendung bei der Herstellung von Lippenstiften und Seifen, vor allem aber in Lebensmitteln wie Käse und Margarine. 102 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald Hot lips (Psychotria poeppigiana) Mimose (Mimosa pudica) Annattostrauch (Bixa orellana) Kräuter und Stauden: Kräuter und Stauden verfügen über keinen Holzkörper, auch wenn einige ihrer Vertreter recht hoch werden können. Die Ausbreitung krautiger Pflanzen ist in den feuchten Tropen unter natürlichen Gegebenheiten, im Vergleich zur Ausprägung im gemäßigten Klima, eher als gering einzustufen. Stauden und vor allem Kräuter werden entweder in schattige Bereiche oder auf gestörte Standorte abgedrängt. Die große Anzahl prächtig blühender Stauden ist nicht zuletzt auch auf menschliche Eingriffe in die Natur zurückzuführen. Bedeutende Vertreter dieser pflanzlichen Lebensformen sind die kräftigen Hochstauden vieler Ingwer(Zingiberaceae) und Bananengewächse (Musaceae), die meist an Waldlichtungen oder im freien Gelände wachsen. Die bis zu sieben Meter hohe, aus Ostasien stammende Bananenstaude besitzt waagrecht wachsende Kriechsprosse und wird durch steife, ineinander verschachtelte Blattscheiden gebildet. Sie hat somit keinen verholzten Stamm. Beim, in feuchten Bergregenwäldern (z.B. Vulkan Irazú) auftretenden, einen Durchmesser von bis zu zwei Metern erreichenden Sonnenschirm der Armen (Gunnera insignis, costarican. sombrilla de pobre, Gunneraceae) handelt es sich ebenfalls um eine Staude. Seine Symbiose mit einem Cyanobakterium aus der Gattung Nostoc, das im Blattgrund der Pflanze lebt, ist ebenfalls charakteristisch. Die Cyanobakterien fixieren Stickstoff und werden im Gegenzug von der Pflanze ernährt. Krautige Pflanzen im tiefen Regenwald haben häufig auffallend gefärbte oder skulpturierte Blätter. Sich in den Blättern befindende rote Farbstoffe unterstützen die Pflanze bei der Gewinnung von Energie, indem sie das bis in die unteren Schichten gelangende, energiereiche blaue Licht ausnützen. Das eigentlich die Photosynthese antreibende rote Licht wurde bereits durch das Chlorophyll im Kronendach ausgefiltert. Die Funktion der starken Skulpturierung der Blätter liegt in der Verbesserung der Verdunstung, die für den Nährstofftransport in der Pflanze sorgt. Dieser Effekt ist jedoch in der feuchten Waldbodenluft nur sehr gering. Bei der Panamahutpflanze (Carludovica drudei, Cyclanthaceae), aus deren jungen Trieben die Rohfasern zur Herstellung der Panamahüte verwendet werden, und bei der Goldenen Hummerschere (Heliconia latispatha, Heliconiaceae) handelt es sich um relativ große Kräuter. Auch der FackelIngwer (Nicolaia elatior, Zingiberaceae), Dieffenbachia sp. (Araceae) sowie Calathea crotalifera syn. insignis und die Pfeilwurz (Maranta arundinacea) aus der Familie der Marantaceae zählen zu dieser Pflanzengruppe. Ebenfalls zu den Kräutern gehören die Kostwurz (Costus comosus, Costaceae) und die mit dem Usambaraveilchen verwandte Episcia lilacina (Gesneriaceae). Kostwurz (Costus comosus) Panamahut-pflanze (Carludovica drudei) Goldene Hummerschere (Heliconia latispatha) Fackel-Ingwer (Nicolaia elatior) 103 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald KLETTERPFLANZEN Kletternde Pflanzen kommen in den tropischen Regenwäldern in großer Anzahl vor und zeigen die unterschiedlichsten Ausprägungen. Um eine ausreichende Lichtversorgung zu gewährleisten bedienen sich kletternde Pflanzen verschiedener Methoden. Als Wurzelklimmer werden Kletterpflanzen bezeichnet, die Haftwurzeln als Kletterhilfe entwickeln oder Klammerwurzeln ausbilden. Haftwurzeln sind Adventivwurzeln, die das Festhalten an der Rinde der Trägerpflanze ermöglichen. Klammerwurzeln umschlingen wie Gurte die Stämme der Trägerpflanzen. Ein bekannter Wurzelklimmer im tropischen Regenwald ist die kletternde Orchidee Vanille (Vanilla planifolia, Orchidaceae). Die Windenpflanzen wickeln ihren Spross um ihre Stütze, vergleichbar mit den uns bekannten Stangenbohnen. Sie beginnen ihr Leben als krautige Pflanzen mit langen Internodien. Bereits nach der Entwicklung des zweiten Internodiums kommt es zu einer kreisenden Nutationsbewegung. Wird dabei eine Stütze berührt (Thigmonastie), windet sich die Pflanze herum, und die Schlinge verholzt allmählich. Zur Ausprägung von Ranken, fadenförmigen, berührungsempfindlichen Pflanzenorganen, wie auch bei der Erbse zu beobachten, sind die Rankenklimmer befähigt. Die Ranken, zu Kletterorganen umgewandelte Sprosse, Blätter bzw. Wurzeln, kreisen und bleiben so lange in gestrecktem Zustand, bis sie eine geeignete Stütze aufgespürt haben. Anschließend sorgen sie durch mehrfaches Einrollen für elastischen Halt. Spreizklimmer zeichnen sich durch ihre weit spreizenden Zweige oder Äste, häufig auch Dornen oder Kletthaare aus, die sie für das Durchwachsen des Geästs anderer Pflanzen benötigen. Verholzte Kletterpflanzen werden als Lianen bezeichnet. Im Unterschied zu Hemiepiphyten wurzeln Lianen schon zu Beginn ihrer Entwicklung im Boden. Durch die Ausbildung zugfester und biegeelastischer Stämme können sie bei starkem Wind den Bewegungen ihrer Stütze folgen. Daher prägen selbst die dicksten holzigen Lianen nie einen so regelmäßigen Holzkörper wie Bäume aus. Eigenartig geformte Stämme, wie sie bei der Affenleiter (Bauhinia guianensis, Fabaceae) zu betrachten sind, entstehen durch nur an gewissen Stellen vollzogenes Wachstum und Holzbildung. Lianen wachsen unter natürlichen Gegebenheiten zumeist eher einzeln. Sie beginnen ihr Wachstum meist in Lücken, gelangen dann mit dem sich entwickelnden Wald in die Höhe und bilden dort ihre Krone aus. Das Wechseln von einem Baum zum anderen findet mit Hilfe der Zweige im Kronenbereich statt. Um frei zwischen langlebigen Bäumen zu hängen, müssen Lianen vor dem Absterben der in Waldlücken verbreiteten kurzlebigen Pionierhölzer auf langlebige Pflanzen klettern. Lianen benötigen aufgrund ihrer zum Teil enormen Gesamtlänge eine äußerst wirkungsvolle Wasserleitung, um auch die Krone am Ende noch ausreichend versorgen zu können. Weitere Beispiele für im Regenwald Costa Ricas vorkommende Lianen sind Cissus biformifolia (Vitaceae) und die Passionsblume (Passiflora vitifolia, Passifloraceae). Passionsblume (Passiflora vitifolia) Lianen Affenleiter (Bauhinia guianensis) 104 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald EPIPHYTEN, HEMIEPIPHYTEN, EPIPHYLLE Als Epiphyten (griech. epi = auf, über; phyton = Pflanze) bezeichnet man Pflanzen, deren Wachstum auf anderen lebenden oder abgestorbenen Pflanzen stattfindet. Sie sind nicht zu den Parasiten zu zählen, da sie ihrer Wirtspflanze weder Wasser noch Nährstoffe rauben, sondern diese lediglich als Lebensraum benutzen. Indem sie Wasser und Nährstoffe auffangen, bevor sie die Wurzeln des Wirts erreichen und indem sie die Äste des Wirts mit ihrem Gewicht belasten und mit seinen Blättern um Raum und Licht konkurrieren, schädigen sie ihren Wirt jedoch indirekt. Ein Prachtexemplar für den Bewuchs mit Epiphyten stellt der Regenbaum (Pithecellobium saman, Mimosaceae) dar. Trotz der Möglichkeit ohne viel Aufwand in besser mit Licht versorgte Regionen zu gelangen, hat die epiphytische Lebensweise auch einige Nachteile. Aufgrund ihrer meist stark exponierten Lage müssen die Epiphyten, anders als die Pflanzen des Waldbodens, jeglichen Witterungsbedingungen der Tropen standhalten, ob starken Regenfällen, brennender Hitze, Wind oder der nächtlichen Abkühlung. Weiters kann Aufsitzerpflanzen die Wasserversorgung Probleme bescheren, denn verglichen mit dem Boden kann die Rinde der Wirtspflanzen kaum Wasser speichern. Die Ausprägung von Wasser speicherndem Gewebe in ihren Blättern und Sprossen, bzw. die Entwicklung von Zisternen, hilft ihnen, die zeitweise extreme Dürre zu überstehen. Nährstoffe beziehen die Epiphyten sowohl aus in Astgabeln gesammelten Humusmengen, als auch aus Regenwasser. Die Wasseraufnahme selbst erfolgt bei Epiphyten über Wurzeln, die meist zu Luftwurzeln mit spezialisierten, wasseraufsaugenden Außenschichten entwickelt sind. Viele Bromelien bilden Rosetten aus eng stehenden, steifen Blättern aus, die dem Auffangen von Wasser, herabfallenden Pflanzenteilen und toten Insekten dienen. Der Inhalt dieses trichterförmigen Behältnisses wird im Anschluss zersetzt. Eine Besonderheit bei den Bromelien stellen die auf den Blättern befindlichen Saugschuppen zur Aufnahme der gelösten Nährstoffe dar. Beispiele hierfür sind Vertreter der Gattung Aechmea und das Louisianamoos (Tillandsia usneoides, Bromeliaceae), dessen Wurzeln reduziert sind und das stärkste Anpassungen an die epiphytische Lebensweise zeigt. Es existiert durch das Wasser der Luftfeuchtigkeit und die Aufnahme herangewehter Nährstoffe. Epiphytische Pflanzen Oben links: Baum mit Epiphytenbewuchs Oben Mitte: Lousianamoos (Tillandsia usneoides) Oben rechts: Cattleya skinneri (Orchidaceae) Unten links: Werauhia ororiensis (Bromeliaceae) Unten rechts: Tillandsia caput-medusae (Bromeliaceae) Epiphytische Vertreter der Pflanzenfamilie der Orchidaceaen besitzen entweder speichernde Sprossknollen (Bulben), wie die Pflanzen der Gattung Cattleya, oder Luftwurzeln mit denen Wasser aufgenommen werden kann, wie bei der Gattung Phalaenopsis spp. 105 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald Weitere häufig anzutreffende Epiphyten aus der Familie der Bromeliaceae sind Werauhia ororiensis, Vriesea incurva und Tillandsia caput-medusae. Auch bei Cattleya skinneri (Orchidaceae), der Nationalblume Costa Ricas, handelt es sich um eine Aufsitzerpflanze. Wichtige Epiphytengruppen stellen neben den Orchideen und Bromelien auch die Aronstabgewächse, Farne, Moose, Flechten und Algen dar. In den Tropen bilden Epiphyten oft hoch organisierte Pflanzengemeinschaften. Pflanzen mit überwiegend epiphytischer Lebensweise können bei entsprechenden Konkurrenz- und Lichtverhältnissen auch auf dem Waldboden wachsen, wie sich auch gewöhnlich bodenlebende Kräuter auf Pflanzen mit ausreichenden Humusansammlungen ausbilden können. Die Hemiepiphyten lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Dazu zählen einerseits Pflanzen, die ihr Wachstum als Epiphyten beginnen und erst im Laufe der Zeit durch die Ausbildung langer Wurzeln Bodenkontakt herstellen. Die Verbindung zum Boden verhilft diesen Hemiepiphyten zu einer gesteigerten Wasser- und Mineralstoffaufnahme. Die Pflanze wächst daraufhin als Liane weiter. Im Gegensatz dazu sind Feigen (Ficus sp., Moraceae) und Klusien (Clusia sp., Clusiaceae) zwar ebenfalls epiphytische Sträucher, die Luftwurzeln Richtung Boden schicken, sobald diese jedoch den Boden erreicht haben, können sie sich innerhalb eines Jahres um das Vierzigfache vergrößern und ihren Wirt vernichten. Eine spezielle Form von Aufsitzerpflanzen stellen die Epiphylle (griech. epi = auf; phyllon = Blatt) dar. Dabei handelt es sich sowohl um Moose, Flechten, Algen sowie Cyanobakterien und Pilze, aber auch um Farne und Blütenpflanzen (kleine Vertreter der Bromeliaceae, Orchidaceae, Piperaceae), die in besonders feuchten Bereichen des Waldes auf alten Blättern gedeihen, ohne diese zu schädigen. Sie bilden ausgewogene Pflanzengesellschaften auf langlebigen Lederblättern, die bis zu 10 Jahre alt werden können. Nachteile für die Wirtspflanze entstehen insofern, als dass deren Photosynthese durch die Abschattung behindert wird. Zu den Halbparasiten gehören lediglich die Epiphylle, deren Rhizoiden in das Trägerblatt eindringen und von dort Wasser und Nährsalze aufnehmen. Die verschiedenen taxonomischen Arten von Epiphyllen besiedeln aufgrund ihrer Lebensstrategie unterschiedliche Standorte. Lebermoose (Hepaticae, Lejeuneaceae) treten vorwiegend in feuchten, kühlen Schluchten auf, während Flechten meist an trockenen sonnenexponierten Stellen wachsen. Blatt mit Epiphylle Voyria tenella (Gentianaceae) Links: Netzartige Umspannung durch eine Würgefeige (Ficus sp.) SAPROPHYTEN Saprophyten (altgriech. sapros = faul, verfault; phyton = Pflanze) bzw. Saprobier sind Organismen, die sich heterotroph von totem organischen Material ernähren. Sie erfüllen zusammen mit den Mikroorganismen und Bodeninsekten die wesentliche Rolle bei der Zersetzung von Laub, Bäumen oder Tieren. Saprophyten spielen nicht nur beim Abbau von toten Organismen eine Rolle, sondern auch bei der Anreicherung von Mineralstoffen im Boden. Diese Bodenaufbereitung ermöglicht vielen Pflanzen die Deckung ihres Nährstoffbedarfs. Beispiele für Pflanzen mit saprotropher Lebensweise sind Vertreter der Familie der Gentianaceae wie z.B. Voyria sp. 106 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald Saprotroph leben auch die meisten Pilze, viele Bakterien, Würmer (z. B. Ringelwürmer), Termiten, Insektenlarven (z.B. die Larven verschiedener Schwebfliegen) und Käfer. Während Mikroorganismen tote organische Substanz häufig mit Hilfe nach außen abgegebener Enzyme abbauen, wodurch Fäulnis oder Verwesung ausgelöst wird, ernähren sich größere Saprobier auch von den Mikroorganismen selbst. Die wichtigsten Lebensräume saprotropher Organismen sind die Laub- und Streuschichten der Wälder, die Humusschicht der Böden, und die oberen Sedimentschichten der Gewässer. 5.1.4 Pionier- und Klimaxarten Die Sukzession, der Übergang von einem Sekundärwald aus Pionieren zu einem Primärwald mit Klimaxarten, stellt ein weiteres Phänomen des tropischen Regenwalds dar. Lichtliebende Pionierarten, die im geschlossenen Wald nicht vorkommen, sind in durch Windwurf, Blitzschlag, Pilzbefall, Insektenfraß oder Absterben alter Bäume entstehenden Lücken, viel konkurrenzfähiger als die langsam wachsenden Sämlinge der Waldbäume. Aufgrund der hohen Menge an Sonnenenergie, auf die die Sämlinge von Pionierarten angewiesen sind, werden diese Arten auch als lichtbedürftig („Lichtpflanzen“) oder schattenintolerant bezeichnet. Sie keimen nach Bildung der Bestandslücke und wachsen rasch in die Höhe, wie beispielsweise die Pionierbäume mit leichtem Holz, etwa der Balsabaum (Ochroma pyramidale syn. Ochroma lagopus, Bombacaceae) oder der Ameisenbaum (Cecropia sp., Cecropiaceae). Ein Sekundärwald wächst heran, der niedriger und artenärmer ist als der Regenwald, jedoch eine größere Vielfalt an Lebensformen und Blattgestalten zeigt. Gräser, wie Bambus, Kräuter, Hochstauden, Sträucher und Schlingpflanzen wuchern und entwickeln sich zu einem undurchdringlichen Gestrüpp. Die erreichbaren Maximalhöhen von Pionierarten sind sehr verschieden, wobei die größeren meist auch langlebiger sind. Die Besiedelung durch höher wachsende Arten, wie Cecropia sp. und Ochroma pyramidale findet zur gleichen Zeit wie die Entwicklung der niedrigeren Pflanzen, wie Trema micrantha (Ulmaceae), Cedrela odorata (span. cedar, Meliaceae) oder Senna reticulata syn. Cassia reticulata (Fabaceae) statt. Zu Beginn sind die kleineren Arten vorherrschend, nach deren Absterben dann die langlebigeren Pionierarten. Aufgrund ihres schnellen Wachstums produzieren sie große Mengen an Holz geringer Dichte. In Konkurrenz zu anderen Arten bilden sie charakteristische locker verzweigte Kronen aus, die viel Raum einnehmen. Da ihre Fortpflanzung relativ frühzeitig innerhalb des Lebenszyklus der Pflanzen einsetzt und sie sich durch eine regelmäßige hohe Produktion kleiner, leicht zu verbreitender Samen auszeichnen, breiten sie sich schnell auf lichten Standorten aus. Im Laufe weniger Jahre wird der Sekundärwald sehr dicht, was den Sämlingen der Hochwaldarten (Klimaxarten), sofern die Samen in ausreichender Menge dorthin gelangen, ein Aufkommen ermöglicht. Im Hinblick auf ihre Sämlinge werden sie darum als schattentolerant oder schattenertragend („Schattenpflanzen“) bezeichnet. Klimaxarten zeichnen sich durch ein langsameres Wachstum und die Ausbildung von festem Holz und dichten Kronen aus. In Anpassung an die geringe photosynthetisch aktive Strahlung brauchen die Samen ausreichende Reserven, um ein Wurzelsystem und die ersten photosynthetischen Organe ausbilden zu können. Die Samen werden, verglichen mit den Pionierarten, seltener und später produziert und sind in geringerer Anzahl vorhanden. Da die Keimung im Schatten der Baumschicht stattfinden kann, ist ihre Regeneration oft nur im primären Regenwald möglich. Primärwald Sekundärwald Ameisenbaum (Cecropia sp.) Balsabaum (Ochroma pyramidale) 107 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Eigenschaften von Pionier- und Klimaxarten in tropischen Regenwäldern zusammen: Eigenschaften Andere gebräuchliche Bezeichnungen Keimung Sämlinge Samen Samenbank im Boden Verbreitung der Samen Keimruhe Wachstumsrate Kompensationspunkt Höhenwachstum Verzweigung Periodizität des Wachstums Blattlebensdauer Fressfeinde Holz Ökologische Bandbreite Bestandsdiagramm Lebensdauer Pionierarten lichtbedürftig, (schatten-) intolerant, sekundär nur in Bestandslücken, die den Himmel freigeben und teilweise volles Sonnenlicht erhalten können im Schatten unter der Baumschicht nicht überleben; sind dort nie zu finden klein, in reicher Anzahl mehr oder weniger kontinuierlich produziert; bilden sich schon bei jungen Pflanzen viele Arten durch Wind oder Tiere, häufig über beachtliche Entfernungen Klimaxarten schattenertragend, (schatten-) tolerant, primär in der Regel unter der Baumschicht überleben unter der Baumschicht und bilden dort eine „Sämlingsbank“ häufig groß, nicht in großen Mengen und oft nur einmal im Jahr oder seltener produziert; bilden sich nur bei Bäumen, die (fast) ausgewachsen sind wenige Arten auf verschiedene Art und Weise, darunter durch Schwerkraft, oft nur über kurze Distanzen fähig zur Keimruhe („ortho- oft ohne Fähigkeit zur Keimdox“), ruhe („widerspenstig“), selten gewöhnlich in großer Zahl als als Samenbank im Boden Samenbank im Waldboden hohe Rate von Kohlenstofffi- alle Raten niedriger xierung, Blattproduktion und relativem Wachstum hoch niedrig schnell häufig langsam gering, häufig reichlich mit mehreren wenige Ordnungen Ordnungen unbestimmt (sylleptisch), bestimmt (proleptisch), keine schlafenden Knospen mit schlafenden Knospen kurz, lang, nur eine Generation vorhan- manchmal über mehrere Geneden, das heißt hohe Turnover- rationen, das heißt niedrige Rate Turnover-Rate Blätter können gefressen wer- Blätter manchmal widerstandsden, weich, wenig chemische fähiger wegen mechanischer Abwehrstoffe Stabilität oder toxischer Chemikalien in der Regel hell, Unterschiedlich: hell bis sehr geringe Dichte, dunkel, nicht verkieselt geringe bis hohe Dichte, manchmal verkieselt groß manchmal schmal negativ positiv oft kurz manchmal sehr lang (WHITMORE, 1993) 108 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald 5.1.5 Besonderheiten tropischer Pflanzen PHÄNOLOGIE Durch das Ausbleiben der kalten Wintermonate wird eine Verteilung der Blütezeiten der einzelnen Arten über das ganze Jahr verteilt ermöglicht. Blüten mit höheren Nektarmengen dienen dadurch auch größeren, langlebigeren Tieren, wie Vögeln und Fledermäusen, als sichere Nahrungsquelle. Da sich in den Tropen die einzelnen Individuen einer Pflanzenart oft weit voneinander entfernt befinden, bieten kräftige Tiere, die als Bestäuber größere Distanzen überwinden können, wiederum Vorteile für die Pflanzen. Vögel werden aufgrund ihres meist schlecht ausgebildeten Geruchsorgans durch Farbeffekte angelockt. Vogelblüten sind daher in der Regel rot-orange, geruchlos und produzieren große Nektarmengen, von denen sich die meist langschnabeligen Kolibris ernähren. Ein Beispiel hierfür ist der Korallenbaum (Erythrina costaricensis, costarican. poró), aus der Familie der Fabaceae. Fledermausblüten sind unscheinbar gefärbt, groß und derb, wodurch es den Tieren ermöglicht wird, sich anzukrallen. Die einen dumpf süßlichen Geruch ausströmenden Blüten öffnen sich oft nur nachts. Sie besitzen meist große Pollen- und Nektarmengen. Inga spectabilis (Mimosaceae; costaric. guaba machete), die durch sehr lange Staubfäden gekennzeichnet ist, welche weit aus der Blütenkrone hinausragen, ist eine von Fledermäusen bestäubte Pflanze. WACHSTUMSRHYTHMIK Verschiedene Charakteristika tropischer Bäume, wie die Ausbildung von nur einem oder wenigen Vegetationspunkten (Punkte, die aus embryonalen d.h. teilungsfähigen und undifferenzierten Zellen bestehen, von denen das primäre Wachstum der Sprossachse ausgeht) und dicke, wasserspeichernde Stämme und Blätter sowie weit ausladende, flache Kronen hätten in den gemäßigten Breiten durch Frost und Schneelast erhebliche Probleme. Eine Ruhephase wird in tropischen Regenwäldern entweder durch Trockenheit bewirkt, ist also von der Niederschlagsmenge abhängig, oder wird von der Pflanze selbst gesteuert, wie es in immerfeuchten Waldgebieten der Fall ist. BLÄTTER Zu den Pflanzenarten die Blätter besitzen, welche die in den Tropen vorherrschende ganzrandige Form aufweisen, die häufig in eine Träufelspitze ausläuft, gehören beispielsweise die verschiedenen Ficusarten (Moraceae), wie der aus Südostasien stammende Gummibaum (Ficus elastica) und die Birkenfeige (Ficus benjamina). Das Phänomen der Träufelspitze, die das Ablaufen des Niederschlags erleichtern soll, ist besonders deutlich bei der Pappelfeige (Ficus religiosa) ausgeprägt, wo sie sogar zu einer Regenrinne gekielt ist. Eine weitere Besonderheit ist die an die Trockenheit angepasste xeromorphe Blattstruktur der Gummibaumblätter. Eine dicke, verdunstungsvermindernde Wachsschicht sorgt für die perfekte Anpassung der Blätter des Laubdachs, die der starken Sonneneinstrahlung direkt ausgesetzt sind. Während der Mittagszeit herrscht in diesen Höhen extreme Trockenheit. Nadelbäume sind in den Tropen relativ selten. Man findet sie meist in Bergwäldern. Charakteristisch sind die blattartig verbreiterten Nadeln, wie sie auch die, oft in Gärten wachsenden, Araukarien aufweisen. LAUBAUSSCHÜTTUNG Die Laubbäume der Tropen unterscheiden sich in einigen Merkmalen von denen der gemäßigten Breiten. Dazu zählt einerseits die Laubausschüttung, bei der durch das schnelle Blattwachstum während der Knospenentfaltung die Versorgung mit Festigungselementen (Blattadern) und Chlorophyll nicht standhält und ganze Zweige samt Blättern zunächst blass rötlich bis bräunlich gefärbt, schlaff herunter hängen. Erst einige Tage später richten sich die Blätter auf und ergrünen. Die Laubausschüttung stellt vermutlich einen Schutz der jungen Blätter vor starken tropischen Regenschauern dar und tritt beispielsweise bei der Birkenfeige (Ficus benjamina, Moraceae) auf. 109 Ursula Bachlechner, Birgit Jogl Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald Eine Rotfärbung der Laubblätter ist nicht (nur) vor dem Blattfall zu beobachten, sondern ist auch ein charakteristisches Merkmal junger, gerade ausgetriebener Blätter. Eine weitere Besonderheit stellt der über das ganze Jahr verteilte Laubabwurf dar. Der Grund dafür liegt im, während des ganzen Jahres gleichmäßig warmen Klima. Es gibt keinen durch Temperatur und Tageslänge hervorgerufenen synchronisierten Laubabwurf. Die verschiedenen Baumarten verlieren zu unterschiedlichen Zeiten ihr Laub und sogar einzelne Bäume weisen gleichzeitig belaubte und unbelaubte Abschnitte auf. Da der Belaubungszustand das Holzwachstum reguliert, kommt es nicht zur Ausbildung geschlossener, ringförmiger Zuwachszonen, sondern es bilden sich entsprechend der Knospenentfaltung der einzelnen Baumteile unregelmäßige Zuwachszonen aus. Diese Vorgänge und das Fehlen eines Jahreszeitenklimas, sind die Gründe dafür, dass im Holz tropischer Bäume keine deutlich erkennbaren Jahresringe ausgebildet sind. STELZWURZELN Stelzwurzeln kommen vor allem bei Bäumen in Sumpfwäldern vor. Schraubenbäume und einige Palmen, wie die wandernde Palme (Socratea exorrhiza, Arecaceae) sowie die Arten der Mangroven und einige andere Bäume, zeigen ebenfalls diese Wurzelanpassung. Besonderheiten tropischer Pflanzen Oben links: Inga (Inga vera) Oben Mitte: Träufelspitze bei der Pappelfeige (Ficus religiosa) Oben rechts: Xeromorphe Blattstruktur beim Gummibaum (Ficus elastica) Unten links: Laubausschüttung Unten rechts: wandernde Palme (Socratea exorrhiza) Literaturangaben BLANCKE, R., (1999): Farbatlas Pflanzen der Karibik und Mittelamerikas; Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co., Stuttgart (Hohenheim) JÄGER, E. J. (1988): Allgemeine Vegetationsgeographie. In: Allgemeine Klima-, Hydro- und Vegetationsgeographie (Hendl, M., et al., Hrsg.); Haack Gotha KIRST, D., (2005): Costa Rica Reise Know-How; Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH, Bielefeld ROHWER, J. 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Reife Früchte variieren stark in der Form, sowie in der Färbung, die von gelb oder orange bis nach rot und rotgrün reicht. Das Fruchtfleisch ist im Allgemeinen pfirsichähnlich und mehr oder weniger stark von Fasern durchsetzt. Der Geschmack des Fruchtfleisches, das sehr reich an Vitamin C und vor allem an Vitamin A ist, wird durch den Gehalt an Terpenen beeinflusst. Verbreitung: Ursprünglich stammt M. indica aus der indisch-burmesischen Region. Heute ist die Art in den gesamten Tropen weit verbreitet und wird sehr häufig angepflanzt. Nutzwert: Der Mangobaum wird in den Tropen als Schatten- und Obstbaum sehr geschätzt und häufig in Privatgärten angepflanzt. Es wird gesagt, dass der Baum, der heute zu den populärsten tropischen Fruchtbäumen gehört, bereits seit mehr als 4.000 Jahren kultiviert wird. Die Früchte, die viel Vitamin A enthalten, werden entweder frisch verzehrt oder zu Marmeladen, Säften, Konservenobst oder Chutney verarbeitet. Der hohe Pektingehalt ist bei der Herstellung von Marmeladen förderlich. Unreife Früchte verzehrt man mit Salz und Limettensaft als Gemüse. Auf Curacao und Trinidad werden getrocknete Mangoblätter als Heilmittel gegen Durchfall und Fieber auf Märkten verkauft. Allgemeines: Innerhalb der Gattung, die aus etwa 300 Arten besteht, hat nur M. indica eine große kommerzielle Bedeutung. Vom Mangobaum existieren zahlreiche Sorten, die sich in Reifezeit, Fruchtgröße, Druckfestigkeit, Geschmack und Gehalt an Fasern unterscheiden. Wie andere Vertreter der Sumachgewächse auch, enthält der Mangobaum in Blättern, Blüten und Fruchtschale ein Gift, das bei vielen Personen allergische Reaktionen hervorruft. ROTE MOMBINPFLAUME (SPONDIAS PURPUREA L.) Name: hog plum (E), spanish plum (E), ciruela (S), jocote (S) Früchte: Die Steinfrüchte der Roten Mombinpflaume sind eiförmig oder elliptisch, kurz gestielt, oft schwach längsgefurcht, bis zu 4,5 x 3,5 cm groß und 20 – 30 g schwer. Ihre glatte, glänzende, dünne, feste Schale wird zur Reife zunächst orange oder gelb, zuletzt kräftig rot oder violett. Das saftigmehlige, etwas fasrige, weiche Fruchtfleisch ist orangegelb bis gelb, bis 8 mm dick und von süßem oder saurem, aromatischem Geschmack, oft etwas adstringierend. Es haftet an einem ovalen, netzförmig runzeligen Steinkern von bis zu 3,5 x 2 cm Größe, dessen harte, holzige, gelblichbraune Schale etwa sieben Längsnähte aufweist und bis zu fünf kleine Kerne umschließt. Verbreitung: die Art ist von Südmexiko und den Karibischen Inseln bis Peru und Brasilien beheimatet; die Bäume werden dort sehr häufig angebaut, aber auch in Süd- und Südostasien, vor allem auf den Philippinen, sowie in Zentralafrika kultiviert. Die in großen Mengen auf den Märkten gehandelten Früchte werden in der Regel reif gepflückt, nachdem sie sich gelb oder rot gefärbt haben. Sie sind nur kurze Zeit lagerfähig. 112 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Nutzwert: Die reifen, an den Vitaminen B und C reichen Früchte werden frisch als Obst gegessen, mit Zucker gekocht als Dessert serviert oder zu Gelee und Sirup verarbeitet. Der Saft dient zur Herstellung von Wein und Essig. Die jungen, eiweißreichen Blätter können als Gemüse zubereitet werden. In großen Mengen verzehrt, können die Früchte Darmbeschwerden verursachen. Der Rindensud hilft gegen Durchfall und Blähungen. Der Baum wird gern als lebender Zaun gepflanzt. 5.2.2 Annonaceae: Rahmapfelgewächse RAHMAPFEL, SCHUPPENANNONE (ANNONA SQUAMOSA) Name: ajate (S), anona blanca (S), chirimoya (S) Früchte: Kugelig, bis zu 9 cm Durchmesser, graugrün mit eiförmigen Schuppen. Fruchtfleisch aromatisch duftend, cremeweiß, sehr saftig, süß und fruchtig schmeckend. Samen oval, schwarz und etwa 1,3 cm lang. Verbreitung: Die Schuppenannone ist im tropischen Amerika heimisch. Als Obstgehölz ist sie auch in den Tropen der Alten Welt häufig anzutreffen. Sie wurde dort bereits vor 1590 von den Spaniern und Portugiesen eingeführt. Nutzwert: Die Früchte werden frisch als Obst oder in Obstsalaten gegessen. Darüber hinaus werden aus dem aromatisch süßen Fruchtfleisch Erfrischungsgetränke, Speiseeis und Milchshakes zubereitet. STACHELANNONE, SAUERSACK (ANNONA MURICATA) Name: soursop (E), guanábana (S), guanaba (S), catoche (S), anone (F) Früchte: Aus den Fruchtblättern entstehen einzelne große Beeren, die mit der Blütenachse zu einer großen Sammelfrucht mit einem weichen, aromatischen, cremefarbenen Fruchtfleisch verwachsen. Die Samen sind giftig. Die Früchte werden bis zu 40 cm lang und 4 kg schwer. Die äußere Fruchtwand ist mit zahlreichen weichen Stacheln besetzt. Das Fruchtfleisch hat ein leicht säuerliches, sehr fruchtiges Aroma. Verbreitung: Die Art ist in Zentralamerika, der Karibik und in Südamerika heimisch. Heute ist die Stachelannone als beliebter Fruchtbaum in den gesamten Tropen verbreitet. Nutzwert: A. muricata ist als Obstbaum in vielen tropischen Gärten zu finden. Die Früchte, die relativ viel Vitamin B und C enthalten, werden entweder frisch verzehrt oder dienen zur Herstellung von Fruchtsäften, Speiseeis oder für die Zubereitung von Desserts. In verschiedenen Ländern werden sie zu Konserven verarbeitet. Aus den reifen Früchten kann man sehr wohlschmeckende Süßigkeiten zubereiten. Auf den Philippinen werden unreife Früchte als Gemüse gegessen. Sie schmecken ähnlich wie geröstete Maiskolben. Auf vielen Karibikinseln wie Curaço, St. Thomas, Barbados und Kuba, wird aus den Blättern ein Tee bereitet, der wie bei uns als Schwarztee oder Kaffee genossen wird. Die Früchte sind sehr druckempfindlich und werden daher für den Export unreif geerntet. 5.2.3 Arecaceae: Palmen AFRIKANISCHE ÖLPALME (ELAEIS GUINEENSI) Namen: oilpalm (E), palma de aceite (S), palmier à huile (F), Früchte: Asymmetrische, 3 – 4 cm große, fleischige Steinfrüchte. Die Außenschale ist violett, schwarz, orange oder rot gefärbt. Die Früchte sind zu großen, bis zu 30 kg schweren Fruchtständen zusammengefasst, die aus 2.000 – 4.000 Einzelfrüchten bestehen. Verbreitung: Die Ölpalme ist im tropischen Afrika beheimatet. Als Kulturpflanze ist sie in den gesamten feuchten Tropen verbreitet. Nutzwert: Das Fruchtfleisch und die Samen enthalten bis zu 55 % rotorange gefärbtes Öl. Das Palmöl wird durch Pressen gewonnen und nach dem Raffinieren und Bleichen vorwiegend zu Margarine und Kochfett verarbeitet. Das Fett entspricht in seiner Zusammensetzung dem Kokosöl und wird wie dieses verwendet. Der eiweißreiche Presskuchen und der Palmkernschrot werden als Viehfutter genutzt. Allgemeines: Nach nur vier bis fünf Jahren beginnen die Ölpalmen Früchte zu tragen. Bei den ertragreichen Hybridsorten können bis zu 6 t pro Hektar geerntet werden. Die Palmen werden etwa 30 113 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Jahre beerntet, danach werden sie für eine einfache Ernte zu hoch. Man erntet die Fruchtstände mit langen Bambusstangen, an denen Messer befestigt sind. Hauptproduzenten von Palmöl sind Malaysia, Indonesien und Nigeria. Neuerdings wird die Ölpalme auch verstärkt in Mittel- und Südamerika angepflanzt. Wichtige Exportländer sind dort Brasilien, Kolumbien, Mexiko und Costa Rica. Es gibt auch eine einheimische Ölpalme (Elaeis oleifera), die früher genutzt wurde, heute aber an Bedeutung verloren hat. ASSAIPALME, PALMHERZEN (EUTERPE EDULIS UND ANDERE ARTEN) Namen: assai palm (E), palmito (S) Früchte: Schwarzviolette Beeren. Verbreitung: Die Assaipalme stammt aus dem südlichen Brasilien und nördlichen Argentinien. Nutzwert: Der von den Blattbasen umschlossene, weiße Vegetationskegel wird als exquisites, kalorienarmes Gemüse gegessen. Die zarten und sehr schmackhaften Palmherzen verwendet man roh in Salaten oder gewürfelt und gekocht als Beilage zu Fleischgerichten. Sie werden industriell zu Dosenkonserven verarbeitet oder in Gläsern eingemacht. Aus den Früchten der Assaipalme stellt man in Brasilien ein Erfrischungsgetränk her. Allgemeines: Die Palmherzen bestehen aus dem Vegetationskegel, dem darunterliegenden Mark und den noch nicht entwickelten Blattanlagen. Sie können bis zu 1 m lang und 10 cm dick werden. Der jeweilige Trieb stirbt nach Entnahme des Palmherzen ab. Bei einstämmigen Palmen stirbt die ganze Pflanze ab. Durch intensive Ernte an Wildstandorten waren einige Palmenarten bereits vom Aussterben bedroht. Heute stammen die Palmherzen fast ausschließlich aus Plantagen. Wirtschaftlich bedeutend sind vor allem Bactris gasipaes (Pfirsichpalme) und E. oleracea (Kohlpalme). Aber auch von anderen Gattungen wie Cocos, Sabal oder Roystonea sind die Palmherzen essbar. Produktionsländer sind Brasilien, Ecuador, Kolumbien und verschiedene Länder Mittelamerikas. KOKOSPALME (COCOS NUCIFERA) Namen: coconut palm (E), pipa (S), coco (S), noix de coco (F) Früchte: Die wohlbekannten Kokosnüsse sind botanisch gesehen Steinfrüchte. Jede Frucht besteht aus einer glatten äußeren Fruchtwand, dem Exokarp. Nach innen folgt das faserige Mesokarp, das der Frucht als Schwimmkörper dient. Die innere Fruchtwand, das Endokarp, ist stark verholzt und bildet die Außenschale der Kokosnüsse, wie sie in Mitteleuropa gehandelt werden. Die Früchte erreichen einen Durchmesser von etwa 12 – 25 cm und eine Länge von 20 – 30 cm. Die Färbung der Kokosnüsse reicht, je nach Varietät und Reifegrad, von leuchtend gelb über grün bis rotbraun. Von den Blüten bis zur Fruchtreife vergehen etwa 12 – 15 Monate. Pro Jahr kann eine einzelne Palme bis zu 100 Früchte hervorbringen. Verbreitung: Die genaue Herkunft der Kokospalme ist unsicher. Wahrscheinlich stammt sie ursprünglich aus Südostasien. Durch die lange Keimfähigkeit in Verbindung mit der Schwimmfähigkeit der Früchte ist sie an tropischen Stränden weltweit verbreitet. Nutzwert: Die Kokospalme zählt zu den ältesten Nutzpflanzen der Menschheit und weist viele Nutzungsmöglichkeiten auf. Das getrocknete ölhaltige Fruchtfleisch, welches zu 60 – 70 % der Trockenmasse aus Fett besteht, wird als Kopra bezeichnet und dient als Ausgangsprodukt für die Margarine- und Seifenherstellung. Aus den ungeöffneten Blütenständen wird der sogenannte „Toddy“ oder „Tuwak“ gewonnen. Dieser zuckerhältige Saft wird zur Herstellung von Palmwein benutzt, und kann zu Arrak destilliert werden. Aus dem nicht ausgereiften Fruchtfleisch lässt sich eine Milch gewinnen, die für die Zubereitung verschiedener Gerichte und Getränke (Pina Colada) verwendet wird. Lässt man die Kokosnuss keimen, so bildet sich im Inneren der Frucht eine weiße, schaumige, süßlich schmeckende Masse, die entweder roh oder geröstet gegessen wird. Junge Schösslinge kann man wie Sellerie essen. Die Fasern des Mesokarps dienen zum Weben von Matten und Teppichen. Das Holz der Palme wird häufig als Bauholz verwendet. Unreife Kokosnüsse werden in den Tropen mit einem Messer aufgeschlagen und das Kokoswasser als erfrischendes Getränke („agua de coco“, „pipa“) angeboten. In der ungeöffneten Frucht ist das Kokoswasser bis zu acht Monate haltbar, ohne zu verderben. Es ist so rein, dass es Kriegsverletzten als Infusion direkt in den Blutkreislauf gegeben wurde. 114 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Allgemeines: Die Gattung besteht nur aus der einen Art. Die größten Anbaugebiete der Kokospalme befinden sich auf den Philippinen und in Indonesien. PFIRSICHPALME (BACTRIS GASIPAES) Namen: peach palm (E), chontaduro (S), pejibaye (S), pijiguao (S) Früchte: Eiförmige, bis zu 3 cm große gelbe, orange oder rote einsamige Steinfrüchte. Verbreitung: Die Art ist im tropischen Mittel- und Südamerika beheimatet. Nutzwert: Die Früchte, die einen angenehmen mehlig-nussigen Geschmack haben, sind essbar. Sie enthalten 30 – 40 % Stärke und werden gekocht oder geröstet gegessen Vorgekocht können sie danach frittiert und mit Mayonnaise oder einer Soße serviert werden. Getrocknete Früchte werden häufig zu Mehl vermahlen. Es gibt viele Varietäten, darunter auch Züchtungen, die samenlose Früchte hervorbringen. Das Holz ist sehr hart und wird zum Hausbau benutzt. Aus den Samen, die ebenfalls eßbar sind, wird das Mancanill-Fett gewonnen. Die Früchte werden gepresst und liefern ein hochwertiges Speisöl. In jüngster Zeit wird die Pfirsichpalme in Plantagen für die Produktion von Palmenherzen angepflanzt. Besonders in der Ernährung der indianischen Bevölkerung spielt die Frucht der Pfirsichpalme eine wichtige Rolle. Stachelannone, Sauersack (Annona muricata) Sammelfrucht der Afrikan. Ölpalme (Elaeis guineensis) Frucht der Pfirsichpalme (Bactris gasipaes) 5.2.4 Bromeliaceae: Bromeliengewächse ANANAS (ANANAS COMOSUS) Name: pineapple (E), piña (S) Frucht: Aus dem Blütenkopf entwickelt sich eine große, 10 – 30 cm lange und bis zu 20 cm breite, länglich ovale Beere. Die äußere Fruchtwand ist ledrig und besteht aus einem sechseckigen Muster. Die Farbe der reifen Frucht reicht von gelb, über braunrot, bis hin zu dunkelgrün. Oberhalb der Frucht befindet sich eine kleine Blattrosette. Das Fruchtfleisch ist weißlich oder gelb gefärbt und hat ein angenehmes süßsäuerliches Aroma. Verbreitung: Die Heimat liegt wahrscheinlich in Brasilien. Bei der Ankunft von Kolumbus in Mittelamerika wurde die Ananas dort schon kultiviert. Heute wird die Ananas als wichtige Nutzpflanze in den gesamten Tropen in Plantagen angebaut. Nutzwert: Die Ananas ist eine der bedeutendsten tropischen Früchte für den Welthandel. Die Früchte werden vor allem frisch als Obst gegessen. Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts werden sie auch in großem Umfang zu Konserven verarbeitet. Darüber hinaus stellt man aus ihnen Marmeladen, Soßen, Speiseeis, Saft, Wein oder Essig her. Ananasfrüchte werden in vielen Gerichten und Speisen wie Pizza, Toast Hawaii und Kuchen verwendet. In vielen Gebieten Asiens benutzt man die Früchte für die Zubereitung von Curries und Fleischgerichten. In Afrika isst man junge Triebe als Salat. Die Früchte, die nach Europa exportiert werden, erntet man vor der Reife. Die reife Frucht enthält das eiweißspaltende Enzym Bromelain, welches als Weichmacher für Fleisch verwendet wird. In Guatemala werden die jungen Sprosse als Gemüse gegessen. Der Saft der unreifen Frucht wirkt stark abtreibend und wurde von mehreren Indianstämmen als Abtreibungsmittel angewandt. Das Enzym Bromelain wird in der modernen Medizin als Mittel gegen Entzündungen und Ödeme verwendet. Auf den Philippinen und in Thailand werden aus Blattfasern feine Stoffe gewoben. 115 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Allgemeines: Die ersten Ananasfrüchte wurden von Kolumbus nach Europa gebracht und breiteten sich von da schnell über die gesamten Tropen aus. Haupterzeugungsländer sind heute Thailand, die Philippinen, Brasilien und Indien. Pro Jahr werden etwa 370.000 t exportiert. Der größte Teil der produzierten Menge wird in den jeweiligen Ländern frisch verzehrt. Von der Ananas existieren viele Kulturformen, die sich durch unterschiedlichen Geschmack und Verwendungszweck auszeichnen. Die wichtigsten Sortengruppen sind „Smooth Cayenne“ für die Konservenindustrie, „Queen“ mit kleinen schmackhaften Früchten für den Frischverzehr, sowie „Abacaxi“ mit einem süßen, aromatischen Fruchtfleisch. 5.2.5 Caricaceae: Melonenbaumgewächse PAPAYA, MELONENBAUM (CARICA PAPAYA) Namen: tree melon (E), fruta bomba (S), papayer (F) Früchte: Unterschiedlich große, bis zu mehrere Kilo schwere, länglich-ovale, an Melonen erinnernde Beeren. Das Fruchtfleisch ist gelblich bis orange oder rot gefärbt und enthält im Inneren der Fruchthöhlung zahlreiche grünschwarze, scharf schmeckende Samen. Verbreitung: Heimisch in Mittelamerika und den karibischen Inseln. Die Papaya wurde wegen ihrer zahlreichen nützlichen Eigenschaften schon zur vorkolumbianischen Zeit kultiviert. Früh gelangte der Baum als Obstpflanze nach Afrika und Asien. Heute ist er weltweit in den Tropen verbreitet. Nutzwert: Besonders beliebt ist die reife Papaya, die reich an den Vitaminen A, B und C ist, als Frischobst. Zur Intensivierung des Aromas wird das Fruchtfleisch häufig mit Limettensaft beträufelt. Der Geschmack der Papaya variiert je nach Sorte stark. Wegen des weichen Fruchtfleisches ist die Frucht nur bedingt haltbar. Aus den Früchten lassen sich hervorragend Obstsalate herstellen. Sie können aber auch zu Konserven, Marmeladen, Eiscremen, Eingelegtem oder Gelees verarbeitet werden. Papayasaft und –nektar wird aus den geschälten Früchten gewonnen. Im unreifen Zustand kann die Papaya als Gemüse gekocht, wie Kürbis gegessen werden. In Südostasien isst man die jungen Blätter wie Spinat. Die grüne Frucht enthält im Milchsaft das eiweißspaltende Enzym Papain. Das Papain einiger Sorten kann bis zu 35mal sein Eigengewicht an Fleisch verdauen und wird daher als Wurmmittel und bei Verdauungsstörungen eingesetzt. In der Industrie benutzt man das Papain zum Gerben von Leder und zur Herstellung nicht einlaufender Wolle. 5.2.6 Convolvulaceae: Windengewächse BATATE, SÜßKARTOFFEL (IPOMOEA BATATAS) Namen: sweet potato (E), batate (S), camote (S), patate douce (F) Verbreitung: Die Art ist ursprünglich in den Gebirgen des nördlichen Südamerikas sowie in Mittelamerika beheimatet. Bereits in vorkolumbianischer Zeit gelangte die Art in die pazifische Region. Heute ist die Art in den Tropen und Subtropen als Kulturpflanze weit verbreitet. Nutzwert: Die Batate produziert eine stärkehaltige Wurzelknolle mit hohem Nährwert. In vielen Regionen sind die Knollen ein sehr wichtiges Grundnahrungsmittel. Sie werden darüber hinaus zu Chips, Nudeln und Mehl verarbeiten. Man unterscheidet mehr als 1.000 Sorten, die sich durch Form, Farbe, Größe und Geschmack unterscheiden. Das Innere der Knolle kann weiß, gelb, orange, violett oder rötlich gefärbt sein. Die Süßkartoffeln können wie normale Kartoffeln angebaut und geerntet werden. Außer den Knollen werden auch die Blätter als eiweißreiches Gemüse gegessen. Allgemeines: Die Weltproduktion der Batate beträgt mehr als 150 Mio. Tonnen. Haupterzeugerländer sind China, Vietnam und Indonesien. Die Kulturdauer der meisten Speisesorten beträgt fünf Monate. Die Knollen enthalten bis zu 30 % Stärke und etwa 10 % Zucker. Der süßliche Geschmack kommt dadurch zustande, dass durch das Kochen ein Teil der Stärke in Maltose umgewandelt wird. Rotfleischige Sorten enthalten viel Beta-Karotin. Die Süßkartoffeln sind nach der Ernte etwa zwei Monate lagerfähig. Abfälle der Pflanze werden als Viehfutter verwendet. 116 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze 5.2.7 Euphorbiaceae: Wolfsmilchgewächse MANIOK, KASSAVE, TAPIOKA (MANIHOT ESCULENTA) Namen: manioc (E, F), casaba (S), cassava (S), mandioca (S), yuca (S), yuca dulce (S) Verbreitung: Die Art ist ursprünglich in Brasilien beheimatet. Bereits in vorkolumbianischer Zeit war die Maniokpflanze vom südlichen Mexiko bis nach Brasilien und Bolivien verbreitet. Als wichtige Kulturpflanze ist Maniok heute weltweit in den Tropen anzutreffen. Nutzwert: Maniok ist eine der wichtigsten Nahrungsmittelpflanzen der Welt. Die stärkehaltigen Wurzelknollen, die bis zu 30 % der Trockensubstanz an Stärke enthalten, können ein Gewicht von bis zu 5 kg erreichen. Die Früchte werden gekocht und dann gebraten, gemahlen oder zur Gewinnung von Stärke weiterverarbeitet. Aus dem befeuchteten und mit Hitze behandelten Mehl entsteht das sagoähnliche Tapioka. Der Milchsaft kann gekocht und dann zum Würzen von Soßen verwendet werden. Allgemeines: Die Knollen enthalten wie alle Pflanzenteile das bitterschmeckende Glukosid Linamarin, aus dem Blausäure freigesetzt werden kann. Durch Erhitzen wird dieses Gift zerstört. Unter den Weltnahrungspflanzen nimmt Maniok die sechste Stelle ein. Hauptproduktionsländer sind Brasilien, Thailand und Indonesien. Exportiert wird vor allem die Maniokstärke. Maniok ist besonders für die feuchten Tropen eine sehr wertvolle Pflanze, da sie sehr anspruchslos und einfach zu kultivieren ist und auch auf ausgelaugten Böden noch gedeiht. Die Knollen können über Monate im Boden verbleiben, ohne zu verderben. In Südamerika wird Maniok als „yuca“ bezeichnet. Die Pflanze steht jedoch in keiner verwandtschaftlichen Beziehung zur Yuccapalme (Yucca elephantipes). 5.2.8 Fabaceae: Schmetterlingsgewächse GUABA, AFFENSCHWANZ-INGA (INGA EDULIS) Namen: icecream-beans (E), guaba (S), caite (S) Frucht: Die hängenden Fruchte der Affenschwanz-Inga sind bis zu mehr als 1 m lange und etwa 4 cm breite, zylindrische, tief längsgefurchte, oft gedrehte und gebogene, fein samtig behaarte, matte braungrüne Hülsen. Ihre Schale ist hart ledrig und etwa 2mm dick. Im Inneren finden sich langbohnenförmige Samen mit glänzend rotbrauner Schale, die bis 5,5 x 2,5 x 1,2 cm messen, von einer weißen, festen Haut umgeben und in eine weiße, saftig-schwammige, süße, aromatische Pulpe eingebettet sind. Verbreitung: Der Bau wird im gesamten feucht-tropischen Amerika bis in Höhen von 1800 m kultiviert. Nutzwert: Essbarer Teil der Frucht ist die süße Pulpa, die meist roh verzehrt wird und einen sehr erfrischenden Geschmack hat. Die Affenschwanz-Inga wird, ebenso wie andere kultivierte Inga-Arten, vor allem als Schattenbaum an Straßen, in Hausgärten und in Kaffeeplantagen angebaut. Verwandte Arten: Ähnliche essbare Hülsen tragen die wesentlich kleineren Bäume der I. ingoides (L.C.Rich). Willd.; daneben werden als Nahrungsmittel vor allem die flachen, nicht gefurchten Hülsen der I. feuillei DC. geschätzt. 5.2.9 Lauraceae: Lorbeergewächse AVOACADOBAUM (PERSEA AMERICANA) Namen: avocado pear (E), aguacate (S) avocatier (F) Früchte: Aus den zahlreichen Blüten entstehen nur wenige birnenförmige Beeren. Frucht je nach Sorte bis maximal 20 cm lang und etwa 10 cm breit. Die Farbe der Früchte variiert von dunkelgrün bis schwarzviolett. Jede Frucht enthält einen großen kugeligen Samen. Das gelblichgrüne Fruchtfleisch ist wegen des hohen Fettgehaltes cremig. Die Früchte einiger Kultursorten erreichen ein Gewicht von bis zu 1 kg. Verbreitung: Die ursprüngliche Heimat des Avocadobaumes liegt wahrscheinlich in Mittelamerika. Heute ist die Art als Nutzpflanze in den gesamten Tropen verbreitet. Nutzwert: Als Lieferant der Avocadofrüchte, ist der Avocadobaum ein wichtiges Nutzgehölz. Die Früchte werden roh verzehrt und zu Salaten und anderen Gerichten verarbeitet. Meistens wird das 117 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Fruchtfleisch mit Limonensaft beträufelt, gesalzen und ausgelöffelt. In Mexiko und Guatemala wird das Fruchtfleisch püriert und mit Knoblauch, Zwiebeln und Gewürzen abgeschmeckt und als „guacamole“ serviert. Aus dem Fruchtfleisch stellt man auch Milchshakes und Eiscremen her. Das sehr hochwertige Öl, welches aus den Früchten gewonnen wird, benutzt man zur Produktion von Kosmetika und Haarpflegemitteln sowie als Speisöl. Die Frucht ist sehr reich an Proteinen, Vitaminen und an ungesättigten Fettsäuren. Der Fettgehalt des Fruchtfleisches kann bis zu 30 % betragen. Allgemeines: Die Avocado gehört zu den sehr alten Kulturpflanzen der Menschheit. Funde beweisen, dass sie bereits ab 7.500 vor Christus kultiviert wurde. Der Name der Frucht geht auf das aztekische Wort „auacatl“ zurück. Die Gattung Persea besteht aus mehr als 150 Arten. Wirtschaftlich von Bedeutung ist ausschließlich P. americana. Haupterzeugungsländer sind Mexiko, die USA, Brasilien und die Dominikanische Republik. Die Avocados, die auf den europäischen Markt gelangen, stammen hauptsächlich aus Israel und Südafrika. Bei den Avocadobäumen gibt es zwei blütenbiologische Varianten, die sich durch den Zeitpunkt der Fruchtbarkeit unterscheiden. Um die Bestäubung zu ermöglichen, müssen beide Typen immer zusammen angepflanzt werden. Maniok (Manihot esculenta) Avocado (Persea Americana) Papaya (Carica papaya) 5.2.10 Lecythidaceae: Deckeltopfbäume PARANUSSBAUM (BERTHOLLETIA EXCELSA) Name: brazil nut (E), castaña (S) Früchte: 10 – 20 cm große, kugelige oder abgeflachte, holzige Kapselfrüchte, die bis zu 2 kg schwer werden können. Im Inneren befinden sich 12 – 24 dreikantige Samen, die von einer sehr harten Schale umgeben sind. Verbreitung: Der Paranussbaum ist in Südamerika im Tiefland des Amazonas und Orinoko heimisch. Er wächst dort an Standorten, die nie vom Fluss überschwemmt werden („terra firme“). Nutzwert: Die als Nüsse bezeichneten Samen sind sehr wohlschmeckend und haben einen hohen Handelswert. Sie enthalten 65 % Fett, 17 % Eiweiß und 9 % Kohlenhydrate. Aus den Samen wird ein sehr hochwertiges Speiseöl gewonnen. Das Öl wird in der Kosmetikindustrie bei der Herstellung von Seife verwendet. Allgemeines: Die Früchte, die 15 Monate zum Reifen benötigen, werden fast ausschließlich von wild wachsenden Bäumen gesammelt. Wegen der komplizierten Bestäubungsbiologie durch eine bestimmte Bienenart und der langen Kulturdauer bis zum Ertrag (10 bis 25 Jahre), wird der Baum nur selten in Plantagen angepflanzt. Hauptproduzent von Paranüssen ist Brasilien, von wo jährlich rund 40.000 t exportiert werden. Der Paranussbaum liefert ein gutes Beispiel für die ökologische Nutzung des tropischen Tieflandregenwaldes. Ein Baum produziert pro Jahr etwa 300 Früchte, die 30 – 50 kg Samen liefern. Die abgefallenen Früchte werden eingesammelt. Die Arbeit ist nicht ungefährlich, da die herabfallenden, bis zu 2 kg schweren Früchte die Sammler leicht töten können. 118 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze 5.2.11 Malvaceae: Malvengewächse KAKAOBAUM (THEOBROMA CACAO) Namen: chocolate tree (E) cacao dulce (S), cacao (S, F) Früchte: Elliptisch bis eiförmig, 15 – 30 cm lang und bis 10 cm breit. Die Frucht kann bei Vollreife rot, gelb, violett oder braun gefärbt sein. Im Inneren enthält sie ein weißes, süßes, verschleimendes Fruchtfleisch (Pulpa), in das 30 – 60 braune Samen eingebettet sind. Verbreitung: Heimisch vom südlichen Mexiko bis ins nördliche Südamerika. Nutzwert: Aus den Samen wird der Kakao hergestellt, der bereits bei den Azteken, Inkas und Mayas ein beliebtes Getränk war. Nach dem Fermentieren und Rösten wurde der Kakao, der als das „Getränk der Götter“ bezeichnet wird, mit Honig und Vanille gewürzt getrunken. Der letzte Aztekenkönig Montezuma soll täglich 50 Tassen Kakao getrunken haben. Im Reich der Azteken wurden die Kakaosamen als Geld benutzt. 1000 Bohnen entsprachen zur damaligen Zeit etwa drei Golddukaten. Die Samen werden zu Kakaopulver, Kakaobutter und Schokolade verarbeitet. Die Kakaobutter wird auch in der Kosmetikindustrie und für die Herstellung von Arzneimitteln (Salbengrundlage, Zäpfchen) verwendet. Das Fruchtfleisch kann als Obst gegessen oder zu Erfrischungsgetränken und Süßspeisen verarbeitet werden. Allgemeines: Die Gattung ist mit 22 Arten im tropischen Amerika verbreitet. Das Wort Kakao leitet sich vom Indianerwort cachoatl ab. Der von Carl von Linné eingeführte Gattungsname Theobroma bedeutet Götterspeise. Die ersten Kakaofrüchte wurden 1528 von Cortés nach Europa gebracht. Nach der Ernte werden die Samen aus der Frucht entfernt und in Haufen bei 47 °C fermentiert. Die Fermentation ist für die Entwicklung des Kakaogeschmackes von entscheidender Bedeutung. Danach werden die Samen gewaschen, getrocknet und gemahlen. Dabei wird etwa die Hälfte des Fettes als Kakaobutter abgepresst. Diese wird vor allem zu Schokolade weiterverarbeitet. Rund 80 % der Weltproduktion stammen heute aus Afrika. In Mittelamerika wird neben T. cacao auch T. bicolor kultiviert, der sich von der beschriebenen Art durch die netzartig strukturierte Oberfläche der Früchte unterscheidet. 5.2.12 Mimosaceae: Mimosengewächse TAMARINDE (TAMARINDUS INDICA) Namen: tamarindo (S), tamarinde (F), tamarinier des indes (F), ambli (Ind.), chinch (Ind.) Frucht: Längliche, gewellte Hülsen, 7 – 20 cm lang, mit brüchiger Fruchtwand, außen hellbraun bis rotbraun gefärbt. Die ovalen, harten Samen sind in ein dunkelbraunes, säuerlich aromatisch schmeckendes Fruchtfleisch eingebettet. Verbreitung: Die ursprüngliche Heimat des Tamarindenbaumes ist das tropische Ostafrika und das westliche Asien. Heute ist der Baum in den gesamten Tropen verbreitet. Nutzwert: Die Früchte werden als Obst gegessen. Aus den unreifen Früchten bereitet man Chutneys. In anderen Gebieten werden die unreifen Früchte als Gemüse gekocht. Das Fruchtfleisch der reifen Früchte wird zusammen mit Zucker zu Süßigkeiten verarbeitet. Ferner verwendet man es für die Zubereitung von Sirup, Speiseeis und als Zusatz für Soßen (Worcestershire-Soße) und Erfrischungsgetränke. Zusammen mit anderen Gewürzen nimmt man es zum Würzen von Suppen. In der Karibik wird das reife Fruchtfleisch oft mit Holzasche vermischt und so gegessen. Die Holländer nennen dieses Gemisch “Kake pushi” (Katzenexkrement). In Asien werden die Samen geröstet und als Kaffee-Ersatz verwendet. Das reife Fruchtfleisch wird in der Hausmedizin als mildes Abführmittel benutzt. Ferner wird es bei Husten und Entzündungen im Rachenraum verabreicht. Das Holz des Tamarindenbaumes ist sehr hart und wird als Bauholz und für die Herstellung von Werkzeuggriffen benutzt. Wegen seiner großen Wärmeentfaltung eignet sich das Holz sehr gut als Brennholz. Allgemeines: Das reife Fruchtfleisch ist reich an Tartarsäure, die wahrscheinlich für die abführende Wirkung des Fruchtfleisches verantwortlich ist. Die Samen enthalten geleeartiges Pektin und werden industriell verwertet. 119 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze 5.2.13 Moraceae: Maulbeergewächse BROTFRUCHTBAUM (ARTOCARPUS ALTILIS) Namen: breadfruit (E), fruta de pan (S) Früchte: Grüne Sammelfrüchte, 25 – 30 cm lang und etwa 1 kg schwer, raue Oberfläche. Das Fruchtfleisch ist weiß und bei der Reife mehlig weich. Samen kastanienartig, in Kulturformen normalerweise weggezüchtet. Verbreitung: Die Heimat des Brotfruchtbaumes liegt in Polynesien und auf den Sunda-Inseln. Als Frucht- und Ziergehölz ist A. altilis in allen Gebieten der warmen Tropen anzutreffen. Nutzwert: Die Brotfrucht wird reif als Obst und unreif als Gemüse gegessen. Das Fruchtfleisch wird gekocht, frittiert oder gebacken. In der südpazifischen Region werden Scheiben der Brotfrucht in Erdöfen geröstet. In Malaysia werden sie in Sirup gebacken. In Polynesien werden die Früchte in Erdöfen gebacken und bis zu einem Monat aufbewahrt. Durch Gärung entsteht ein Art Käse, der als “poi” bezeichnet wird. Reife Früchte werden getrocknet und zu Mehl vermahlen oder zu Chips verarbeitet. Die Samen, die ein kartoffelähnliches Aroma haben, kann man auf verschiedenste Weise kochen, rösten oder frittieren. In Westafrika stellt man aus ihnen einen Brei her. Das gelbliche Holz benutzt man für die Herstellung von Möbeln und im Bootsbau. Auf Hawaii werden die traditionellen Trommeln, die bei Hula-Tänzen benutzt werden, aus Stammabschnitten angefertigt. Allgemeines: Der Brotfruchtbaum wurde 1793 in Jamaika eingeführt. Vier Jahre zuvor wurde Kapitän Bligh beauftragt, 1.000 Brotfruchtbäume vom malaiischen Archipel nach Mittelamerika zu bringen. Die Früchte sollten zur Ernährung der Sklaven dienen. Berühmt geworden ist diese Reise durch die Meuterei auf dem Schiff Bounty: Kapitän Bligh verwendete das Trinkwasser um die Bäumchen damit zu gießen und sicher ans Ziel zu bringen. Jedoch musste er dadurch die Wasserration der Besatzung kürzen, wofür diese natürlich kein Verständnis zeigte und meuterte. Vom Brotfruchtbaum existieren samenlose Varianten, die oft einen anderen Namen tragen. Ein Baum produziert pro Jahr etwa 40 kg reife Früchte. BROTNUSSBAUM (BROSIMUM ALICASTRUM) Name: breadnut (E), osh (E), apomo (S), mojote (S) Früchte: Kugelige, fleischige Beeren mit bis zu 2,5 cm Durchmesser. Bei Vollreife verfärbt sich die Frucht von Braun zu Grüngelb oder Orange. Jede Frucht enthält einen 1 – 1,5 cm großen kugeligen Samen. Verbreitung: Heimisch von südlichen Mexiko bis nach Venezuela und Ecuador. Der Brotnussbaum ist auch in Kuba und Jamaika beheimatet. Nutzwert: Der Samen der reifen Frucht ist stärkehaltig und wird im Verbreitungsgebiet gekocht oder geröstet mit Honig gegessen. Zu Mehl gemahlen dienen die Samen zum Strecken von Maismehl. Die Blätter verwendet man als Viehfutter. Wie bei anderen Brosimum-Arten wird auch bei B. alicastrum der Milchsaft als pflanzliche Milch genutzt. Die Milch, die man aus dem angeschnittenen Stamm oder aus ausgepressten Schösslingen gewinnt, erzielt auf Märkten in Guatemala hohe Preise. Sie wird als Heilmittel bei Magenproblemen und bei Asthma eingenommen. Die nahe verwandte Art B. utile (Kuhmilchbaum) liefert große Mengen Milchsaft, der wie Kuhmilch getrunken werden kann. Alle Brosimum-Arten liefern ein hochwertiges Holz, das zur Herstellung von Möbeln verwendet wird. Allgemeines: Die Gattung besteht aus 13 Arten und gehört zu der großen Familie der Maulbeergewächse. Weitere wichtige Nutzpflanzen der Familie sind die Essfeige (Ficus carica), die Brotfrucht (Artocarpus sp.), der Hopfen (Humulus lupulus) sowie der Canabishanf (Cannabis sativa). Der Latex einiger Feigenarten wurde früher zur Kautschukherstellung genutzt. Die Kautschukproduktion aus Feigen hat jedoch nie den Stellwert des Kautschukbaumes (Hevea brasiliensis) erreicht. 5.2.14 Musaceae: Bananengewächse BANANE (MUSA-ARTEN) Namen: banana (E), banana (S), bananier (F) Früchte: Aus jeder Blüte entwickelt sich eine längliche, gekrümmte Beerenfrucht, 5 – 30 cm lang und bis zu 7 cm breit. Die äußere, fleischige und glatte Fruchtwand ist gewöhnlich gelb oder auch rot. Die 120 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Frucht enthält ein mehliges Fruchtfleisch (Pulpa), in welches die kleinen braunen Samen eingebettet sind. Bei Kulturbananen sind die Früchte samenlos. Verbreitung: Die Gattung Musa stammt aus den asiatischen Tropen von Indien über den malaiischen Archipel bis nach Neuguinea, Australien und Samoa. Heute wird sie weltweit in den Tropen als Nutzpflanze kultiviert. Nutzwert: Abgesehen von Frischverzehr und der Verwendung in Obstsalaten werden Bananen auf verschiedenste Weisen genutzt. Sie können gebacken und gebraten werden oder zusammen mit Limettensaft und Zucker zu einem Gelee verkocht werden. Im Polynesien wird Bananenbrei mit Kokosmilch und Limettenblättern als aromatisches Getränk serviert. Die reifen Früchte wickelt man in Helikonienblätter ein und lässt sie in Erdlöchern fermentieren. Das „Masi“ genannte Produkt diente früher in Notzeiten als Nahrungsmittelreserve. Getrocknete Bananen können zu Mehl vermahlen oder als Bananenfeigen gegessen werden. In Afrika stellt man aus Bananen nach Vergärung Bier und Wein her. Allgemeines: Die Gattung besteht aus etwa 60 Arten. Von der Banane existieren zahlreiche Kulturformen. Alle Obst- und Mehlbananen gehen auf M. acuminata und M. balbisiana zurück. Die Banane gelangte bereits im ersten Jahrtausend vor Christus nach Afrika und um 1500 nach Amerika. Bananen stellen einen sehr wichtigen Beitrag zur Welternährung dar. Die größten Produzenten sind Brasilien, Ecuador und Mexiko. Bei uns gelangen fast ausschließlich Obstbananen in den Handel. Häufig gehandelte Sorten sind zum Beispiel „Giant Cavendisch“ oder „Gros Michel“. Die Bananen werden unreif geerntet, bei 12 – 14 °C transportiert und im Zielland mit Ethylen zur Reife gebracht. Aus der Textilbanane (M. textillis) wir der sogenannte Manilahanf hergestellt. KOCHBANANE, MEHLBANANE (MUSA ACUMINATA X M. BALBISIANA) Namen: plantain (E), starchy banana (E), platano (S) Früchte: Gebogene oder gerade, bei Reife gelbe oder braune Beerenfrüchte. Bei den Kulturformen werden keine Samen ausgebildet. Die Kochbananen können kurz, kantig und dick oder lang und gerade geformt sein. Verbreitung: Die Kochbanane stammt aus Südostasien. Nutzwert: Koch- und Mehlbananen werden gekocht als Gemüse, gebraten oder frittiert gegessen. Unreife Früchte werden im Allgemeinen in Scheiben geschnitten und wie Kartoffeln frittiert und als Beilage serviert. Man verwendet sie in Suppen und verarbeitet sie zu Chips, Flocken und Mehl. Das Mehl wird vor allem für die Zubereitung von Schonkost verwendet. In reifem Zustand werden sie häufig frittiert und mit Honig und Sahne als Süßspeise gegessen. In Afrika wird aus den Mehlbananen ein Bier hergestellt. Allgemeines: Die Kochbanane hat auf dem Weltmarkt eine viel geringere Bedeutung als die Dessertbanane. Sie ist außerhalb der Tropen als Nahrungsmittel kaum bekannt. Sie unterscheidet sich von der Dessertbanane durch den höheren Gehalt an Stärke (30 %). Hauptproduzenten von Kochbananen sind Uganda, Kolumbien und Ruanda. 5.2.15 Myrtaceae: Myrtengewächse AMAZONAS-GUAVE, ARAZÁ (EUGENIA STIPITATA) Namen: arazá (S), guayaba del amayonas (S), pichi (S) Früchte: Aromatisch, kugelig, etwa apfelgroß, bei Reife gelb. Das Fruchtfleisch ist sehr weich, saftig und schmeckt fruchtig-säuerlich. Verbreitung: Die Amazonas-Guave ist in Bolivien, Brasilien und Peru heimisch. Nutzwert: Die Früchte mit dem säuerlichen Aroma sind sehr gut für die Zubereitung von Fruchtsäften geeignet. Die Frucht ist sehr empfindlich gegenüber Druck, und deshalb für den Transport über längere Strecken ungeeignet. Nach Erhitzen verliert das Fruchtfleisch das intensive Aroma vollständig. Allgemeines: In Costa Rica und in Peru wird sie in Plantagen kultiviert. Peru exportiert ein Konzentrat des Fruchtfleisches nach Europa und in die USA. 121 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze COSTARIKANISCHE GUAVE, CAS (PSIDIUM FRIEDRICHSTHALIANUM) Namen: Costa Rican guava (E), arrayán (S), cas (S), guayaba agria (S) Früchte: Kugelig, grün oder grüngelb, etwa 3 – 5 cm groß. Fruchtfleisch weiß, sehr aromatisch mit zahlreichen kleinen, harten Samen. Verbreitung: Die costaricanische Guave ist von Nicaragua bis nach Panama beheimatet. Als Nutzpflanze wird der Baum jedoch in der gesamten mittelamerikanischen Region angepflanzt. Nutzwert: Die reifen Früchte sind hervorragend für die Zubereitung von Erfischungsgetränken geeignet. Dazu werden die Früchte mit Zucker und Wasser oder Milch gemixt und kalt serviert. Das Fruchtfleisch wird industriell für die Produktion von Eiscremes, Marmeladen und Erfrischungsgetränken verwendet. Allgemeines: Die delikate Frucht ist bislang fast ausschließlich in Costa Rica und Nicaragua erhältlich. GUAVE, GUJAVABAUM (PSIDIUM GUAJVA) Namen: guayaba (S), guayava (S), guayaba perulera (S) Früchte: Fleischige, etwa 10 cm Durchmesser erreichende Beeren, die sich bei Reife von grün nach gelb verfärben. In das rosa- oder gelbfarbene, mehlige Fruchtfleisch sind viele kleine, harte Samen eingebettet. Verbreitung: Heimisch von Mexico bis Ecuador und Brasilien. Heute in den gesamten Tropen und in den Subtropen als Obstbaum angepflanzt und zum Teil bereits verwildert. Nutzwert: P. guajava hat als Obstgehölz wichtige überregionale Bedeutung. Die Früchte, die reich an Vitamin A, B und C sowie Eisen und Calcium sind, werden bevorzugt zu Marmeladen, Speiseeis, Gelees und Fruchtsäften verarbeitet. Darüber hinaus dienen die Früchte zur Herstellung von Wein und Likör. Auf den Antillen werden die halbierten Früchte mit Schale zu einem Sirup verkocht. Guavenpaste wird von verschiedenen Ländern für die Herstellung von Speiseeis oder Joghurt exportiert. Die Früchte für den Handel stammen sowohl von Wildbäumen als auch aus Plantagen. Als Obst können die Früchte auch frisch verzehrt werten. Ein Extrakt der Blätter wird in der Volksmedizin bei Verdauungsstörungen und zur Stillung von Blutungen verabreicht. WASSERAPFEL, APFELJAMBUSE (SYZYGIUM MALACCENSE) Namen: Malay apple (E), manzana de agua (S), jambosier rouge (F) Früchte: Birnenförmig, etwa 8 – 12 cm lang. Außen sind die Früchte rosa und innen weiß gefärbt. Das Fruchtfleisch ist schwammig und duftet leicht nach Rosenblüten. Die saftige Frucht schmeckt süßlich, hat aber nur wenig Aroma. Die Früchte reifen vor allem während der Regenzeit in den Monaten Juni und Juli. Verbreitung: Die Art ist in Südostasien heimisch. Als Nutzpflanze wird der Baum in den gesamten feuchten Tropen angepflanzt. Nutzwert: Die Früchte der Apfeljambuse werden frisch gegessen oder zu Konserven verarbeitet. Leicht unreife Früchte benutzt man für die Zubereitung von Gelees, Pickles und Soßen. Auf Puerto Rico wird aus den Früchten ein roter und weißer Wein hergestellt. Dazu wird der Saft mit Zucker und Hefe versetzt und sechs bis zwölf Monate in Fässern gelagert. In Indonesien werden die Blüten und die jungen Blätter als Gemüse gegessen. Zur Reifezeit werden die Früchte oft auf Obstmärkten angeboten. 5.2.16 Oxalidaceae: Sauerkleegewächse KARAMBOLE, STERNFRUCHT (AVERRHOA CARAMBOLA) Name: carambola (S), pepino de indias (S), carambolier (F) Früchte: Bis 12 cm lang, eiförmig, gelb, stark gerippt. Verbreitung: Die Heimat der Karambole liegt in Südostasien. Als Zier- und Obstgehölz ist die Art in vielen tropischen Ländern verbreitet. Nutzwert: Die Früchte, die reich an Kalium und Vitamin A sind, werden entweder frisch gegessen oder zu Säften, Marmeladen und Obstsalaten verarbeitet. Die im Querschnitt sternförmigen Fruchtscheiben werden zum Garnieren von Salaten, Desserts und Cocktails benutzt. In verschiedenen Ländern kocht man die Karambole zusammen mit Äpfeln, Zucker und Gewürznelken als Kompott. In 122 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze vielen Ländern wie China, Indonesien und Australien bereitet man die Karambole als Gemüse zu. Gekochte unreife Früchte serviert man oft als Beilage zu Fischgerichten und Langusten. Zusammen mit Meerrettich, Sellerie, Essig und Gewürzen lässt sich ein schmackhaftes Relish zubereiten. Die Früchte senken den Blutzuckerspiegel und werden daher bei Diabetes eingesetzt. Den Saft kann man zum Säubern von Metall und zum Entfernen von Flecken verwenden. 5.2.17 Passifloraceae: Passionsblumengewächse MARACUJA (PASSIFLORA EDULIS) Namen: passionfruit (E), granadilla (S), grenadille (F) Früchte: Hühnereigroße, ovale oder kugelige Beerenfrüchte. Fruchtschale fest, je nach Varietät gelb oder purpur gefärbt. Diese umgibt ein Saftbläschengewebe (Pulpa) mit zahlreichen Samen, welches sehr saftig ist und einen sehr aromatischen sauren oder süßsäuerlichen Geschmack hat. Die Pflanzen produzieren das ganze Jahr über Früchte. Verbreitung: Die Maracuja ist in Paraguay, dem nördlichen Argentinien und im südlichen Brasilien heimisch. Sie wird heute weltweit in den Subtropen und Tropen angebaut. Nutzwert: Man unterscheidet die beiden Varianten P. edulis var. flavicarpa und var. edulis. Erstere, die man auch als Purpur-Granadilla bezeichnet, wird überwiegend frisch gegessen. Die zweite Variante, die man als Gelbe Granadilla bezeichnet, hat größere, aromatischere und deutlich saurere Früchte. Dies benutzt man vor allem für Fruchtsäfte. Die Samen können mitgegessen werden. Der Maracujasaft ergibt gemischt mit Orangen- und Ananassaft ein hervorragendes Erfischungsgetränk. Mit Zucker zu einem Sirup verkocht dienen die Früchte für die Zubereitung von Fruchtsuppen, Soßen, Eiscreme und Desserts. In Costa Rica wird aus den Früchten ein Wein („parchita seca“) hergestellt. Viele Passiflora-Arten enthalten das Glykosid Passiflorin, welches eine sedative (beruhigende) Wirkung hat. Die Gelbe Granadilla ist durch den hohen Gehalt an Zitronensäure saurer als die purpurne Varietät. Die vitaminreichen Früchte enthalten überdurchschnittlich viel Niacin und Riboflavin. Costarikanische Guave, Cas (Psidium friedrichsthalianum) Wasserapfel, Apfeljambuse (Syzygium malaccense) Maracuja (Passiflora edulis) 5.2.18 Poaceae: Süssgräser MAIS (ZEA MAYS) Namen: corn (E), maiz (S), elote (S), maïs (F) Früchte: Maiskolben mit zahlreichen parallelen Reihen von Samen, die erst weich sind und später aushärten. Die Färbung der Samen reicht von gelb, rosa, bläulich über rot bis hin zu violett. Verbreitung: Die genaue Herkunft des Mais ist nicht mehr nachvollziehbar. Die Heimat liegt jedoch wahrscheinlich in Mexiko, anderen Quellen zufolge im westlichen Südamerika. Heute ist der Mais als wichtige Kulturpflanze weltweit verbreitet. Nutzwert: Der Mais gehört, neben dem Weizen, der Kartoffel und dem Reis, zu den bedeutendsten Stärkelieferanten für die Weltbevölkerung. Er wird zu Maismehl oder zu einem hochwertigen Speiseöl verarbeitet. In Mittel- und Südamerika werden oft gekochte oder geröstete unreife Maiskolben als „elote“ oder „milho“ angeboten. Aus Maismehl stellt man die bekannten Maisfladen („tortillas“) her. 123 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Aus vielen Maissorten werden entweder schwach alkoholische Getränke, wie zum Beispiel „chicha“, oder auch hochprozentiger Alkohol hergestellt. Allgemeines: Z. mays gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. In Mittelamerika wird seit mehr als 8.000 Jahren Mais in zahllosen Sorten angebaut. Der Mais ist in seinem Fortbestand als domestizierte Art völlig auf den Menschen angewiesen, da Wildarten nicht mehr existieren. Eine nahe verwandte Wildform des Mais ist das sogenannte Teosinte, ein Gras, das in Teilen Mexikos, Honduras und Guatemalas wächst. Zu präkolumbianscher Zeit war der Mais die wichtigste Nahrungspflanze und Grundlage für die Hochkulturen der Inkas, Mayas und Azteken. Durch jahrtausendelange Selektion sind viele Varietäten des Mais entstanden. Es gibt heute Sorten, die in 444 m Meereshöhe am Titicacasee wachsen und andere, die im feuchten tropischen Klima auf Meeresniveau gedeihen. Durch Kolumbus gelangte der Mais zu Beginn des 16. Jahrhunderts nach Europa. REIS (ORYZA SATIVA) Namen: rice (E), arroz (S), riz (F) Früchte: Die Samen ähneln in der Form den Grassamen. Die beiden wichtigsten Arten sind Indica und Japonica. Indica-Sorten sind überwiegend tropisch verbreitet und haben lange, schmale Körner, während Japonica-Sorten ausschließlich in den Subtropen angepflanzt werden. Diese zeichnen sich durch eine geringere Wuchshöhe und ovale bis runde Samen aus. Verbreitung: O. sativa stammt wahrscheinlich aus dem tropischen Südostasien. O. glaberrima ist im tropischen Westafrika beheimatet. Nutzwert: Der Reis ist eine der wichtigsten Nahrungsmittelpflanzen. Für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung gehört der Reis zur täglichen Ernährung. Das Reiskorn besteht bis zu 80 % aus Stärke. Aus den Reismühlen anfallenden Abfällen werden Öl, Wachs und ein eiweißreiches Futtermehl gewonnen. Die Schalen werden für Bauplatten sowie als Polier- und Brennmaterial genutzt. Allgemeines: Der Reis ist eine uralte Kulturpflanze, die weltweit in den Tropen mit verschiedenen Arten beheimatet ist. Die ältesten Reisfunde werden auf etwa 2.300 Jahre vor Christus datiert und stammen aus Indien. Im Lauf der jahrtausendelangen Domestikation sind unzählige Reissorten entstanden, die den unterschiedlichsten Ansprüchen gerecht werden. Der Reis zeichnet sich dadurch aus, dass er im Gegensatz zu anderen Nahrungsmittelpflanzen auch in flach mit Wasser bedeckten Böden gedeiht. Man unterscheidet in der Kultur vor allem den Nass- und den Trockenreis. Letzterer kann auch in überfluteten Böden gedeihen, benötigt jedoch keine ständige Überflutung. Der Nassreis ist optimal für den Anbau in Überschwemmungsgebieten, wie zum Beispiel in Flussdeltas, geeignet. Ein erheblicher Teil der Welternte wird auf Trockenland produziert. Die Erträge des Trockenreises liegen etwas unter denen des Nassreises. Über 90 % der Weltproduktion stammen aus Asien. Die größten Reisproduzenten sind China, Indien, Indonesien und Bangladesch. Auf dem amerikanischen Kontinent sind die USA und Brasilien die Hauptproduzenten. 5.2.19 Proteaceae: Proteusgewächse MACADAMIANUSS (MACADAMIA INTEGRIFOLIA) Name: Australia nut (E), macademia nut (E), macadamia (S) Früchte: Kugelige, 1,5 – 2,5 cm große Balgfrüchte. Die zunächst grüne, glatte Fruchtschale, die sich bei Reife braun verfärbt, umschließt einen einzelnen, weißen oder cremefarbenen Samen (Macadamianuss). Verbreitung: Heimisch in Ostaustralien. Die Macadamianuss wird in zahlreichen subtropischen und tropischen Ländern angebaut. Nutzwert: Die Samen werden als sehr hochwertige Nüsse verkauft. Sie werden maschinell geschält, in Pflanzenöl geröstet, gesalzen und verpackt. Man kann die Samen auch roh essen. Lokal wird aus ihnen ein Öl gepresst, welches für Salat verwendet wird. Früher wurde aus den Kernen ein Getränk hergestellt, das als Mandelkaffee angeboten wurde. Allgemeines: Der Ölgehalt der Macadamianüsse beträgt etwa 70 – 75 %. Sie sind reich an einfach ungesättigten Fettsäuren. 100 g Nüsse haben einen Energiegehalt von etwa 700 kcal. Ein Großteil der Nüsse stammt aus Australien. Neuerdings gibt es neue Plantagen im Süden der USA, Mittelamerika und Zimbabwe. 124 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Die Gattung besteht aus zehn Arten. In Australien wird auch M. tetraphylla als Nutzpflanze angebaut. Die Früchte benötigen etwa 6 – 7 Monate bis zur Reife. Man sammelt sie vom Boden auf und lässt sie dann sechs Wochen trocknen, bevor sie weiterverarbeitet werden. 5.2.20 Rubiaceae: Krappgewächse KAFFEESTRAUCH (COFFEA ARABICA) Namen: coffee (E), café (S, F) Früchte: Rund oder oval, bei Reife dunkelrot gefärbte Steinfrüchte (Kaffeekirschen). Die äußere ledrige Fruchtwand umschließt ein saftiges Fruchtfleisch, in das ein oder meist zwei einseitig abgeflachte Samen (Kaffeebohnen) eingebettet sind. Verbreitung: Die Heimat von C. arabica liegt im östlichen Afrika. Nutzwert: Aus den Kaffeebohnen, die 1 – 3 % Koffein enthalten, wird der Kaffee hergestellt. Gepflückt werden nur die vollreifen Früchte. Ein geübter Pflücker kann etwa 50 kg Früchte pro Tag ernten. Danach wird das Fruchtfleisch entfernt. Dies geschieht entweder durch Trockenen (15 – 25 Tage) und anschließendem Entfernen der äußeren Fruchtschichten oder durch das sogenannte „Nasse Verfahren“. Dabei wird das Fruchtfleisch maschinell von den Samen getrennt. Danach müssen die Kaffeebohnen noch von der Pergamenthaut, die die Samen umgibt, befreit werden. Anschließend gelangt der grüne Kaffee als Rohkaffee in den Export. Für die Entwicklung des Kaffeearomas muss der Rohkaffee bei 200 – 250 °C geröstet werden. Allgemeines: Etwa drei Viertel (74 %) der weltweiten Kaffeeproduktion stammen von C. arabica (Arabica-Kaffee). Hauptproduzenten von Kaffee sind Brasilien, Kolumbien, die Elfenbeinküste und Indonesien. Der Kaffee gelangte gegen Ende des 16. Jahrhunderts nach Westeuropa. Heute werden jährlich mehr als 6 Mio. t Kaffee produziert. 5.2.21 Rutaceae: Rautengewächse BITTERORANGE (CITRUS AURANTIUM) Namen: sour orange (E), najanja amarga (S), khatta (Ind.) Früchte: Kugelige oder ovale, 7 – 9 cm große, orangefarbene Zitrusfrucht. Die Schale ist dick und unregelmäßig geformt. Die Frucht schmeckt sehr bitter. Das Fruchtfleisch ist in 10 – 12 Segmente unterteilt und schmeckt sauer. Verbreitung: Die Bitterorange ist in Südostasien heimisch. Sie wird seit etwa 1.000 Jahren in Italien kultiviert. Nutzwert: Die Früchte sind sehr sauer und werden nur selten als Obst gegessen. In Mexiko isst man die Früchte jedoch mit Salz und scharfer Chilipaste. In Spanien benutzt man den Saft zum Würzen von Fischgerichten. In Ägypten wird aus dem fermentierten Saft ein Wein hergestellt. Aus dem Fruchtfleisch und Schalenstücken lässt sich eine sehr schmackhafte Marmelade bereiten. Die Bitterorange ist für diesen Zweck die am besten geeignete Zitrusfrucht. Aus der Fruchtschale wird ein aromatisches Öl gewonnen, welches als Aromatikum für Speiseeis, Süßigkeiten, Backwaren, Erfrischungsgetränke und Kaugummi verwendet wird. Das Öl ist ein wichtiger Bestandteil bitterer Liköre wie z.B. Curaçao. Aus den Blüten wird ebenfalls ein Öl (Neroliöl) gewonnen, welches unverzichtbarer Rohstoff in der Parfümindustrie (Eau de Cologne) ist. Aus den Blättern wird das Petitgrainöl gewonnen, welches in Nahrungsmitteln zum Verstärken des Fruchtgeschmackes verwendet wird. In der Volksmedizin wird der Saft zum Desinfizieren von Wunden benutzt. Allgemeines: Der Baum ist von Arabern im 9. Jh. nach Europa gebracht worden. Mit den Konquisatoren gelangt er im 16. Jh. nach Amerika. GRAPEFRUIT (CITRUS X PARADISI) Namen: toronja (S) Früchte: kugelige oder leicht abgeflachte, gelbe Beerenfrüchte. Die Schale ist relativ dünn. Das blassgelbe, rosafarbene oder rote und sehr saftige Fruchtfleisch, welches in 11 – 14 Segmente gegliedert ist, besteht aus zahlreichen Saftschläuchen. Der Geschmack der reifen Frucht ist süßsäuerlich mit leicht bitterem Nachgeschmack. 125 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Verbreitung: Die Kreuzung C x paradisi ist auf den Westindischen Inseln entstanden. Sie wird heute in vielen Ländern der warmen Tropen als Obstgehölz angebaut. Nutzwert: Die Früchte, die reich an Vitamin A und C sind, werden vornehmlich frisch verzehrt. Sie werden durchgeschnitten, mit etwas Zucker bestreuet und segmentweise ausgelöffelt. Die Segmente werden häufig in Obstsalaten verwendet. In Australien bereitet man aus der Frucht eine Marmelade zu. Die weiße Schicht, die das Fruchtfleisch umgibt, enthält Naringin. Dieser Stoff wird als bitterer Aromastoff für Getränke, Bitterschokolade und Speiseeis verwendet. Ferner wird daraus ein Süßstoff hergestellt, der etwa 1.500-mal süßer ist als Zucker. Allgemeines: Die Grapefruit wurde zuerst 1750 von Griffith Hughes auf Barbados beschrieben. In den letzten 75 Jahren hat die Bedeutung der Frucht extrem zugenommen und zählt heute zu einer der wichtigsten Tropfenfrüchte. Häufig wird die Grapefruit mit der Pampelmuse (C. maxima) verwechselt, von der sie abstammt. Die grünlichgelb gefärbte Pampelmuse, die aus Südostasien stammt, ist jedoch deutlich größer (10 – 30 cm), und hat eine viel dickere Schale. KUMQUAT (FORTUNELLA MARGARITA) Namen: laranja de ouro (S), kin kuit (Ind.), chu tsu (Ind.) Früchte: Ovale oder runde Zitrusfrüchte, 2 – 4 cm lang, mit gelborange oder orangefarbener, glatter, süßlich schmeckender Fruchtschale. Das Fruchtfleisch ist in 3 – 6 Segmente gegliedert; saftig, aromatisch duftend, säuerlich. Verbreitung: Die Kumquat stammt aus dem südlichen China. Nutzwert: Die angenehm fruchtig schmeckenden Früchte werden frisch mit der Schale gegessen. Ganze Früchte können in Sirup eingelegt werden. Taiwan und China exportieren Kumquats in Dosen. Auf Märkten werden oft kandierte Kumquats verkauft. Die Früchte eignen sich hervorragend für die Zubereitung von Marmeladen. Als Pickles kocht man sie zusammen mit Sirup, Essig, Gewürznelken, Zimt und Zucker. Kumquatsoße bereitet man aus zerhackten Früchten zu, die mit Honig, Orangensaft, Salz und Butter gekocht werden. Allgemeines: Hauptproduzenten von Kumquats sind China, Japan, Brasilien, die USA und Israel. Die Gattung besteht aus sechs Arten, die alle in Ostasien heimisch sind. LIMETTENBAUM, MEXIKANISCHE LIMETTE (CITRUS AURANTIIFOLIA) Namen: lemon (E), Mexican lime (E), citron (S), lima (S), limon (S), limon criollo (S) Früchte: Runde, bis 6 cm Durchmesser erreichende Beerenfrüchte. Schale glatt oder leicht rau mit Öldrüsen. Bei Reife verfärbt sich die Frucht von grün nach gelb. Das Fruchtfleisch ist blassgrün und schmeckt säuerlich und sehr aromatisch. Verbreitung: Die Art ist wahrscheinlich in Südostasien beheimatet. Heute ist der Limonenbaum in den gesamten Tropen weit verbreitet und oft verwildert. Nutzwert: Die Früchte haben eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten. Sie werden unreif, vor allem zum Würzen von Speisen und Getränken, verwendet. Aus Limetten werden Gelees, Marmeladen und Süßspeisen hergestellt. In Indien werden sie als Pickles eingelegt. Mit Limettensaft wird in Süd- und Mittelamerika Fisch mariniert. Dieses Gericht wird als „ceviche“ bezeichnet. Dazu wird der Fisch zu Würfeln geschnitten und für mehrere Stunden zusammen mit Zwiebeln, Korianderblättern und Gewürzen im Limettensaft mariniert. Der Saft, der große Mengen Vitamin C (30 – 50 mg / 100 g) enthält, wird in der Volksmedizin als Mittel gegen Durchfall und zur Blutreinigung sowie bei Leberbeschwerden benutzt. Aus der Fruchtschale gewinnt man durch Destillation Limettenöl. Dieses wird als Aromastoffe für Speiseeis, Konfekt und andere Lebensmittel industriell verwertet. Allgemeines: Die Hauptanbaugebiete der Limette befinden sich in Mexiko und auf den karibischen Inseln. Zitrusfrüchte gehören zu den ältesten Obstarten, die in China bereits vor mehr als 2000 Jahren kultiviert wurden. Neben der Limette sind vor allem die Orange (C. sinensies), die Zitrone (C. limon) und die Mandarine (C. reticulata) von großer wirtschaftlicher Bedeutung. 126 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze 5.2.22 Sapindaceae: Seifenbaumgewächse AKEE, AKIPFLAUME (BLIGHIA SAPIDA) Namen: vegetable brain (E), akee de Africa (S), fruta de huevo (S), abre fricasse (F) Früchte: Birnenförmig mit drei Ausbuchtungen, 7 – 8 cm Durchmesser. Die Frucht verfärbt sich bei Reife von rosa nach gelb. Bei Reife platzt sie mit drei Klappen auf und präsentiert drei glänzende, schwarze Samen, die an einem fleischigen, blassgelben Arillus haften. Verbreitung: Die Art ist in Westafrika heimisch. Als Zier- und Obstpflanze ist die Akipflaume in vielen tropischen Ländern verbreitet. Besonders häufig ist der Baum in Jamaika, wo er die Nationalfrucht ist. Nutzwert: Der Arillus der reifen, geöffneten Früchte ist essbar und ein weit verbreitetes Obst. Allerdings ist der Zeitpunkt der Ernte wichtig. Unreife oder zu früh geerntete Früchte, sowie die Samen, sind stark giftig. Jedes Jahr kommt es zu mehreren fatalen Vergiftungsfällen. Die Früchte werden als Konserven exportiert. Die schmackhaften Fürchte serviert man in Jamaika auch als Gemüsebeilage zusammen mit Zwiebeln und Tomaten zu Fisch. In Salzwasser gekocht schmeckt der Arillus ähnlich wie Rührei. In Afrika benutzt man die unreifen Früchte als Fischgift. Allgemeines: Die Gattung Blighia ist nach dem englischen Seemann Kapitän Bligh, besagter Kapitän, der die Meuterei auf der Bounty heraufbeschwor, benannt. Eine verwandte Art ist die Litchi (Litchi chinensis), die aus dem südlichen China stammt und wegen ihrer schmackhaften, süßsauren Früchte bekannt ist. Zu der gleichen Familie gehört Paullinia cupana, aus der das Guaraná hergestellt wird. Dieses Getränk wirkt wegen seines Koffeingehaltes sehr anregend und ist in Brasilien ein verbreitetes Erfrischungsgetränk. RAMBUTAN (NEPHELIUM LAPPACEUM) Namen: rass butan (E), rambutan (S), Mamón chino (S) Frucht: Die runden bis ovalen Rambutan-Früchte wachsen in bis zu 25 m langen, hängenden, verzweigten Fruchtständen. Die Einzelfrüchte sind sehr kurz und dick gestielt, bis 7 x 5 cm groß, erst grün, dann gelb und orange, zur Reife kräftig rot bis schwärzlich rot und 15 – 100 g schwer. Ihre etwa 2 mm dicken, derben, kahlen, leicht zu lösenden Schalen sind dicht mit abstehenden, bis zu 2 cm langen, dünnen, an der Spitze meist leicht hakigen, weichen Stacheln besetzt, die der Frucht ihren Namen verleihen (malaiisch / indonesisch „rambut” = Haare). Unter der Schale findet sich der essbare, glasig-weiße, manchmal leicht rötliche, saftige Samenmantel, der von angenehm süßsaurem, aromatischem Geschmack und fester, kirschähnlicher Konsistenz ist. Fest an dem Fruchtfleisch haftet ein länglicher, ovaler, etwa 3 x 1,2 cm großer Same mit bräunlicher oder weißlicher Schale. Dicht neben der voll entwickelten Schale sitzen oft 1 – 2 verkümmerte, winzige Früchte. Verbreitung: Die Art ist in den Tieflandregenwäldern der Malaiischen Halbinsel heimisch und wird in Südostasien weithin kultiviert. In geringerem Umfang wird auch in Indien, auf Sri Lanka und den Philippinen, in Nordaustralien, Ostafrika und in Mittel- und Südamerika angebaut. Nutzwert: Rambutan zählt zu dem beliebtesten Obst Südostasiens. Seine Früchte werden überwiegend aus der Hand gegessen. Die ungenießbare Schale lässt sich leicht entfernen, wenn sie mit einem Messer aufgeschlitzt wird. Sie haftet nicht an dem essbaren und sehr schmackhaften Fruchtfleisch. Geschälte und entkernte Früchte werden mit Zucker gekocht als Dessert gegessen oder zu Marmelade und Gelee verarbeitet. Die Samen haben ein bitter-nussiges Aroma und sind roh schwach giftig; auf den Philippinen werden sie geröstet verzehrt. Der Wurzelsud wird zum Senken von Fieber verwendet, Breiumschläge aus den Blättern zur Behandlung von Kopfschmerzen. Aus den Samen wird Talg für die Herstellung von Seife und Kerzen gewonnen. 127 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze Akipflaume (Blighia sapida) Links: Rambutan (Nephelium lappaceum) Roberts Fruitgarden; Roberts Schwiegertochter beim Zubereiten verschiedenster tropischer Gemüse- und Obstsorten die anschließend genüsslich von uns verspeist wurden. 5.2.23 Sapotaceae: Breiapfelgewächse GROßE SAPOTE (POUTERIA SAPOTA) Namen: mammee apple (E), marmelade fruit (E), chacal (S), zapote (S), grand sapotillier (F) Früchte: Die runde, ovale bis zugespitzt eiförmige, einsamige Beere ist bis zu 20 cm lang und 8 cm breit. Ihre 1,5 mm dicke, derbe Schale ähnelt Wildleder; sie ist rau und von brauner Farbe, zur Vollreife mit leichter Rottönung. Das Fruchtfleisch weist reif eine kräftige orangerote Färbung auf. Es ist sehr saftig, von weicher, breiig-faseriger Konsistenz, fruchtigem Geruch und sehr süßem Geschmack. Der karamellfarbige, bis 10 x 3 cm große Samen hat eine harte, holzige, glatte, stark glänzende, kastanienbraune Schale und einen für die Breiapfelgewächse charakteristischen breiten, leicht rauen, hell bräunlichen Längssteifen (Hilum). Der kurze, kräftige Stiel sitzt mit einer etwa 1,2 cm breiten, runden Scheibe an der Frucht. Er ist wie die Fruchtschale braun und rau. Verbreitung: Der Baum ist im feucht-tropischen Tiefland vom südlichen Mexiko bis Nicaragua beheimatet. Er wird auch auf den Karibischen Inseln und in Südamerika kultiviert und seltener in Südostasien, vor allem auf den Philippinen, angebaut. Nutzwert: Die Große Sapote ist ein in Mittelamerika und auf den Karibischen Inseln hoch geschätztes Obst. Das reife, weiche Fleisch vollreifer Früchte wird aus der Schale gelöffelt. Es kann zur Herstellung von Marmelade oder püriert mit Wasser oder Milch als Saft getrunken und in Süßspeisen verarbeiten werden. Auch der Kern des Samens ist essbar. Er wird, gekocht, geröstet und mit Kakao gemischt, bei der Schokoladenherstellung verwendet oder gemahlen als Zutat in Konfekt gegeben. Unreife Früchte enthalten viel Gerbsäure, sind stark adstringierend und ungenießbar. 5.2.24 Solanaceae: Nachtschattengewächse LULU-FRUCHT, NARANJILLA (SOLANUM QUITOENSE) Namen: naranjilla (S, E), lulo (S) Früchte: Kugelige, etwa 5 cm große, orange gefärbte Beerenfrüchte. Die Frucht ist mit feinen braunen Haaren besetzt. Bei Früchten, die auf den Märkten angeboten werden, sind die Haare meist entfernt worden. Verbreitung: Die Naranjilla ist in den Anden Kolumbiens und Ecuadors heimisch. Als Nutzpflanze ist die Art in verschiedenen Ländern Mittel- und Südamerikas verbreitet. Nutzwert: Die sehr aromatischen und etwas säuerlich schmeckenden Früchte sind hervorragend für die Zubereitung von Fruchtsäften und Marmeladen geeignet. Die Schale der Frucht muss zuvor entfernt werden, da sie leicht giftig ist. Der Fruchtsaft kann nicht lange aufbewahrt werden, da er sich bei Kontakt mit der Luft rasch braun verfärbt. Die Früchte werden für Eiscreme, Soßen und Kompott verwendet. In Kolumbien wird aus den Früchten ein Wein hergestellt. 128 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze 5.3 TROPISCHE KRÄUTER UND GEWÜRZE 5.3.1 Apiaceae: Doldenblütler CULANTRO (ERYNGIUM FOETIDUM) Namen: fit weed (E), spirit weed (E), cilantro (S), culantro (S), azier la fièvre (F) Blätter: In grundständiger Rosette, Blattspreite lanzettlich oder spatelförmig, dünn, glänzend. Verbreitung: Die Art kommt vom südlichen Mexiko bis Bolivien und Brasilien vor. In Florida und in den Tropen Asiens und Afrikas wurde E. foetidum eingeführt und ist dort oft verwildert. Nutzwert: Die Blätter werden in der Region frisch als Gewürz verwendet, vor allem zum Würzen von Fischgerichten, Salaten, Suppen und Eintöpfen. Die Blätter haben einen sehr intensiven charakteristischen, herben Geschmack. In der Volksmedizin werden Auszüge aus der Pflanze zur Anregung des Appetits und gegen Erkältungen angewendet. Allgemeines: Die Blätter von E. foetidum, die im Geschmack Korianderblättern ähneln, haben einen hohen Gehalt an Calcium, Eisen und Riboflavin. Neben dem Culantro werden auch die Blätter des Korianders (C. sativum) zum Würzen von Speisen verwendet. Die Samen, die reich an ätherischen Ölen sind, werden unreif geerntet und in der Sonne getrocknet. 5.3.2 Asteraceae: Korbblütler SAFLOR (CARTHAMUS TINCTORIUS) Namen: safflower (E), càrtamo (S), alazor (S), carthame (F) Blüten: In endständigen orangeroten oder gelben Köpfchen, die aus zahlreichen, dicht gedrängt stehenden Einzelblüten bestehen und den Eindruck einer einzelnen Blüte hervorrufen. Verbreitung: Der Saflor stammt aus Vorderasien. Er wird dort seit dem Altertum angebaut. Erst ab 1948 ist der Saflor zu wirtschaftlicher Bedeutung angelangt. Nutzwert: Ursprünglich wurden die Blüten zum Färben von Speisen und Stoffen benutzt. Saflor wird heute noch im Mittelmeergebiet und in Indien als „Wilder Safran“ verwendet. Vorübergehend wurde das aus den Samen gewonnene Öl für die Herstellung von Farben verwendet. Es trocknet schnell und dunkelt nicht nach. Heute wird das Öl überwiegend als Speiseöl genutzt. Die gerösteten Samen werden als Nüsse gegessen. Die jungen Triebe isst man gedünstet als Gemüse. Stachellose Sorten dienen als Viehfutter. Allgemeines: Das Öl der Samen, die etwa 30 – 48 % Öl enthalten, besteht zu 73 % aus Linolsäure. Als die gesundheitliche Bedeutung der Linolsäure bekannt wurde, stieg die Produktionsmenge von Safloröl sprunghaft an. Hauptproduzenten sind Mexiko und Indien. Die Gesamtproduktion aller Länder beträgt etwa 900.000 t. Die Produktionsflächen werden ständig ausgebaut. Neuerdings wird der Saflor auch in Spanien und Australien kultiviert. Die Pflanze benötigt für ein optimales Wachstum ein mediterranes Klima. Der relativ hohe Preis für das Safloröl resultiert aus den geringen Erträgen von nur etwa 600 kg pro Hektar Anbaufläche. 5.3.3 Equisetaceae: Schachtelhalmgewächse SCHACHTELHALM (EQUISETUM ARVENSE) Namen: Zinnkraut, Ackerschachtelhalm Die Pflanze ist an Wegrändern, Dämmen, auf Wiesen und in Feuchtgebieten zu finden. Nur die ab Mai austreibenden grünen Stängel sind heilkräftig. Von ihnen werden die oberen zwei Drittel von Juni bis Oktober gepflückt. Der Schachtelhalm wirkt entwässernd. Die Pflanze wird auch in der Homöopathie verwendet. Inhaltsstoffe: Fast 8 % Kieselsäure, mineralische Bestandteile Anwendungen: Als Teeaufguss kommt der Schachtelhalm als Durchspülungstherapie bei Nierenentzündungen und Nierengrieß zur Anwendung. Bewährt hat sich auch der Einsatz bei 129 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze rheumatischen Beschwerden und bei chronischem Husten. Als Wickel aufgelegt, zeigt die Pflanze unterstützende Wirkung bei der Wundheilung. 5.3.4 Lamiaceae: Lippenblütler PFEFFERMINZE (MENTHA PIPERITA) Namen: mint (E) Die Pfefferminze ist eine Kreuzung aus grüner Minze und Wasserminze. Sie wird seit etwa 1780 in Deutschland kultiviert und gilt als eines der bewährtesten Heilmittel der Volksmedizin. Die Pflanze wird bis zu 80 cm hoch. Sie hat fast kahle, glänzende Stängel und gestielte Blätter. Die rötlich lilafarbenen Blüten stehen sehr dicht in ährenförmigen Blütenständen. Heilkräftig sind die Pfefferminzblätter. Die Heilpflanze wird auch in der Homöopathie (vor allem Erkältungskrankheiten) verwendet. Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl (vor allem Menthol), Gerbstoffe (u.a. Rosmarinsäure), Flavonoide Anwendung: Die Pfefferminze besitzt eine krampflösende, entblähende und magenfreundliche Wirkung, und hilft deshalb bei krampfartigen Beschwerden im Bereich des Magen-Darm-Trakts (z.B. Blähungen), sowie bei Leber- und Gallenblasenerkrankungen. 5.3.5 Lauraceae: Lorbeergewächse CEYLONZIMT, ECHTER ZIMT (CINNAMOMUM ZEYLANICUM) Namen: cinnamon (E), canela (S), canelle (F) Verbreitung: Der Ceylonzimt stammt aus Sri Lanka. Er wird heute in vielen tropischen Ländern angebaut. Nutzwert: Als Gewürz wird die geschälte und getrocknete Rinde des Stammes und der Zweige verwendet. Dazu nimmt man die Rinde von 6 – 8-jährigen Bäumen und deren ein- bis zweijährigen Stockausschlägen. Nach dem Trocknen rollt sich die Rinde zu engen Röhren auf. Zimt wird als vielseitiges Gewürz für Süßspeisen, Backwaren, Suppen und Getränken verwendet. Es ist eine wichtige Zutat für Curry-Gewürzmischungen und wird als Aromatikum in der Likör- und Parfümherstellung genutzt. Zimt ist in Form von Rindenstücken oder gemahlen erhältlich. Als Qualtitätsmerkmal gilt, dass die dünnsten Rindenstücke das feinste Aroma haben. Die unreifen und getrockneten Früchte werden ebenfalls als Gewürz („flores cassiae“) gehandelt. Allgemeines: Als Gewürz wird die Rinde von verschiedenen Cinnamomum-Arten genutzt. Der Ceylonzimt wird in sogenannten Zimtgärten, wie in Mitteleuropa die Korbweiden, angebaut. Im Welthandel hat der Chinesische Zimt (C. aromaticum) die größte Bedeutung. Er ist durch den höheren Gehalt an ätherischen Ölen im Aroma kräftiger als der Ceylonzimt. Das Gleiche gilt auch für den Padan- oder Brumazimt (C. burmannii) und den Saigonzimt (C. loureirii). In Europa wird der feine Geschmack des Ceylonzimts am meisten geschätzt. Der Zimt hat als Gewürz eine sehr lange Geschichte. In China soll er bereits im 3. Jahrtausend vor Christus bekannt gewesen sein. Das Zimtöl, welches aus dem Chinesischen Zimt gewonnen wird, war Bestandteil des Weihrauches, der in Tempeln verbrannt wurde. Es wurde auch zur Salbung des Hohen Priesters Aaron und seiner Söhne verwendet. 5.3.6 Liliaceae: Liliengewächse ALOE VERA (A. VERA) Namen: Aloe vera Verwendete Teile: Bittersaft und Gel. Wirkstoffe: Bittersaft (Drogenbezeichung Aloe): Anthrachinon-Glykoside und freie Anthrachinone, Harze. Gel: Glucomannan, ein dem Guarmehl und Johanissbrotmehl ähnelndes Polysaccarid; angeblich auch Sterine; organische Säuren, Enzyme, antibiotische Substanzen, Aminosäuren, Saponine, Mineralstoffe. Anwendung: Die Aloe liefert zwei verschiedene Heilmittel: Der Saft wird gewonnen, indem man die Blätter unten abschneidet und den herausfließenden Saft auffängt. Das Gel wird extrahiert, indem man 130 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze die ganzen Blätter zerquetscht. Der Saft ist ein stark wirksames Abführmittel und eignet sich kaum für medizinische Zwecke. Das Gel aber ist eine der bemerkenswertesten Heilsubstanzen, die man kennt. Lokal angewendet, fördert es die Regeneration der Haut und kann direkt auf Verbrennungen, auf Schnittverletzungen und Wunden gestrichen werden. Das käufliche Gel ist wegen der für die Extraktion benutzten scharfen Lösungsmittel oft unzuverlässig. Aloe lässt sich jedoch leicht als Zimmerpflanze halten. 5.3.7 Myristicaceae: Muskatnussgewächse MUSKATNUSS (MYRISTICA FRAGRANS) Namen: nutmeg (E), nuez moscada (S), noix de muscade (F) Früchte: Einsamige, etwa aprikosengroße, gelbe, weichfilzige Beeren. Das derbe Fruchtfleisch öffnet sich zur Reife mit einem Längsriss und zeigt einen braunen Samen, der von einer glänzenden Schale und einem tiefroten, geschlitzten Samenmantel (Arillus) umgeben ist. Der Same wird fälschlicherweise als Nuss bezeichnet. Nutzwert: Die Samen sind ein bedeutendes Gewürz. In den Handel gelangen die von Samenschale und Samenmantel befreiten Samen. Sie werden vor dem Verkauf vier bis acht Wochen getrocknet und dann gekalkt. Die getrockneten Samenmäntel werden als Mazis bezeichnet. Man verwendet es als Gewürz für Nudelgerichte, Gemüse, Salat, Suppen und Backwaren (Lebkuchen). Durch Destillation erhält man aus den Samen das Muskatnussöl, welches in der Parfümindustrie verwendet wird. Das Fruchtfleisch wird in Südostasien zu Konfitüre verarbeitet oder süßsauer eingelegt. Allgemeines: Die Samen enthalten das ätherische Öl Myristicin, welches hauptsächlich für den einzigartigen Geschmack verantwortlich ist. In größeren Mengen genossen haben Muskatnüsse eine halluzinogene Wirkung und sind toxisch. Als Muskatnüsse werden die Samen von verschiedenen Myristica-Arten gehandelt. Aus Neuguinea stammt die Papua-Muskatnuss (M. argentea), die vor allem auf Celebes angebaut wird. Sie ist relativ weich und fettreich. Auf den Molukken wird M. succedanea (Halmahera-Muskatnuss) mit kleinen, aber sehr aromatischen Samen, kultiviert. Hauptanbaugebiet von Muskatnüssen sind Indonesien, Indien und die Westindischen Inseln. 5.3.8 Myrtaceae: Myrtengewächse EUKALYPTUS (EUCALYPTUS GLOBULUS) Namen: blue gum (E), gum tree (E), eucalipto (S), ocalito (S) Blätter: Junge Blätter gegenständig, ungestielt, eiförmig. Blattspreite silbriggrau, 7 – 15 cm lang und bis zu 5 cm breit. Blätter an ausgewachsenen Bäumen wechselständig, lanzettlich, bis zu 30 cm lang und 5 cm breit. Verbreitung: Die Art ist in der Verbreitung auf Australien und Tasmanien beschränkt. Heute wird der Eukalyptus in den gesamten Tropen angepflanzt und ist vielerorts verwildert. Nutzwert: In erster Linie wird die Art als Holzlieferant genutzt. Der Baum ist sehr schnell wachsend und liefert gerade, lange Stämme. Das Holz ist hart und eignet sich sehr gut für Pfähle, Möbel und den Schiffsbau. Die Blätter enthalten, wie alle Pflanzenteile, ätherische Öle. Dieses Öl besteht bis zu 80 % aus Eucalyptol, welches eine antibiotische Wirkung hat. Aus diesem Grund wird es bei Atemwegserkrankungen und als Antiseptikum verwendet. Allgemeines: Die Gattung Eucalyptus besteht aus mehr als 500 Arten, die bis auf zwei Ausnahmen, alle aus Australien stammen. Fast alle Arten liefern dauerhafte und harte Hölzer. Die ätherischen Öle werden von der Kosmetik- und Pharmaindustrie für die Herstellung verschiedener Produkte verwendet. Eukalyptusbäume gehören zu den höchsten Bäumen der Welt. E. regnans kann bis zu 115 m Höhe erreichen. Die Anpflanzung von E. globulus in vielen tropischen Ländern liefert zwar schnell viel Holz, bringt jedoch auch ökologische Probleme mit sich. Die Bäume verbrauchen sehr viel Wasser und verhindern dadurch in ihrem Bereich jeglichen anderen Bewuchs. 131 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze 5.3.9 Piperaceae: Pfeffergewächse PFEFFER (PIPER NIGRUM) Namen: pepper (E), pimienta (S), poivre (F) Früchte: Einsamige Steinfrüchte, die je nach Reifegrad grün oder rot gefärbt sind. Verbreitung: Der Pfeffer stammt aus dem südwestlichen Indien (Malabarküste). Nutzwert: Der Pfeffer ist eines der wirtschaftlich wichtigsten Gewürze. Er wird zum Würzen der verschiedensten Speisen verwendet. Pfefferkörner, die einen brennend scharfen Geschmack haben, werden ganz, geschrotet oder gemahlen angeboten. Grüner, unreifer Pfeffer wird viel in pikanten Soßen für Fleischgerichte benutzt. Grüner Pfeffer muss sofort nach der Ernte in Salzlake oder Öl aufbewahrt werden, da er sonst durch Oxidationsprozesse schnell braun wird. Schwarzer Pfeffer sind unreif geerntete Früchte, die durch den Trocknungsprozess eine schwarze Färbung und eine schrumpelige Oberfläche erhalten. Weißer Pfeffer wird aus reifen Früchten gewonnen, bei denen das Fruchtfleisch maschinell entfernt wird. Weißer Pfeffer ist im Allgemeinen aromatischer als Schwarzer Pfeffer. Allgemeines: Für den scharfen Geschmack des Pfeffers ist neben Aromastoffen das Säureamid Piperin verantwortlich, welches im Pfeffer zu 5 – 10 % enthalten ist. Die Weltproduktion an Pfeffer beträgt mehr als 200.000 t. Hauptexportländer sind Indonesien, Malaysia und Indien. Aloe vera geschält Viola sp. (Verwandte der Muskatnuss) Rechts: Pfeffer (Piper nigrum) 5.3.10 Poaceae: Süssgräser LIMONENGRAS, SEREH (CYMBOPOGAN CITRATUS) Namen: fever gras (E), lemongras (E), citronella (S), hierba de limon (S) Verbreitung: Der Ursprung der Art ist unbekannt. Wahrscheinlich liegt die Heimat des Limonengrases im tropischen Amerika. Nutzwert: Die frischen Blätter werden für die Zubereitung eines aromatischen Tees verwendet. Für die Zubereitung des Tees genügen bereits wenige Blätter. Kalt wird der Tee als erfrischendes Getränk an heißen Tagen genossen. Darüber hinaus benutzt man die Blätter zum Würzen von Speisen. In Südostasien dienen die Blätter als Suppengewürz. Das ätherische Öl wird für Süßigkeiten, Eiscremes und in der Getränkeindustrie als Aromamittel verwendet. Ferner dient es zum Parfümieren von Seifen und Kosmetika. Getrocknet und gemahlen ist das Limonengras als Serehpulver im Handel. Es wird als Bestandteil von Gewürzmischungen verwendet. Die Pflanze hat als Naturheilmittel große Bedeutung. Der aus den Blättern bereitete Tee wird als fiebersenkendes und erkältungsmilderndes Mittel getrunken. Allgemeines: Die Blätter enthalten neben verschiedenen ätherischen Ölen vor allem 70 – 80 % Citral, welches vornehmlich für den zitronenartigen Geschmack verantwortlich ist. Aus dem Citral wird der künstliche Veilchenduftstoff gewonnen. 132 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze 5.3.11 Zingiberaceae: Ingwergewächse INGWER (ZINGIBER OFFICINALE) Namen: ginger (E), gengibre (S), gingembre (F) Verbreitung: Z. officinale ist in Indien heimisch. Als wichtige Arznei- und Würzpflanze wird die Art in den gesamten Tropen angepflanzt. Nutzwert: Von der Pflanze wird vor allem das Rhizom genutzt, welches als Ingwer in den Handel gelangt. Das Rhizom hat einen sehr scharfen, brennenden Geschmack, der auf den Gehalt von Zingeron und Gingerol zurückzuführen ist. Je nach Art der Vorbehandlung unterscheidet man weißen und schwarzen Ingwer. Man verwendet ihn roh als Gemüse und zum Würzen von Speisen. Ferner wird er zu Sirup verarbeitet und dient frisch oder getrocknet und gemahlen als Bestandteil von Chutneys und Curries. Man benutzt Ingwer zum Aromatisieren von Getränken wie Ginger Ale oder Ginger Beer. Ingwer wird frisch, als Pulver, kandiert oder als Extrakt (Resinoid) gehandelt. Die Rhizome werden häufig auf Kräutermärkten als Heilmittel verkauft. Zerdrückt und auf die Haut gerieben, oder als Tee getrunken, soll der Ingwer bei Husten und Erkältungskrankheiten lindernd wirken. Ferner wendet man Ingwer zur Behandlung von Zahn- und Magenschmerzen an. Allgemeines: Die Gattung Zingiber besteht aus 85 Arten, die alle im tropischen Asien und Australien beheimatet sind. Hauptproduzenten von Ingwer sind China und Indien, die zusammen etwa 16.000 t jährlich exportieren. KARDAMOM (ELETTERIA CARDAMOMUM) Namen: cardamom (E), cardamome (F) Früchte: Länglich-ovale, 15 – 20 mm große, dreifächrige Kapseln, die bei Reife mit drei Klappen aufspringen. Verbreitung: Heimisch in Südindien und auf Sri Lanka. Kardamom wird heute in vielen tropischen Ländern angebaut. Nutzwert: Kardamom wird als ganze Frucht gehandelt. Die Samen, die das eigentliche Gewürz darstellen, verbleiben bis zur Verwendung in der Kapsel. Sie haben einen aromatischen Geruch und schmecken süßlich, kräftig würzig und brennend. Man verwendet Kardamom vor allem als Küchenund Kuchengewürz in der Weihnachtsbäckerei (Pfefferkuchen). Ferner wird es für die Zubereitung von Soßen, Marinaden, Obstspeisen und für die Herstellung von Wurst- und Fleischwaren benutzt. Das Gewürz ist ein wichtiger Bestandteil von Curry-Gewürzmischungen. In den arabischen Ländern wird es zum Würzen des Kardamom-Kaffees („Ghawa“) verwendet. Allgemeines: Kardamom ist eines der feinsten und nach Safran und Vanille eines der teuersten Gewürze. Im Handel unterscheidet man den Malabar-Kardamom und den Myore-Karadamom. Hauptproduzenten sind Indien, Guatemala und Sri Lanka. Etwa 80 % der Welternte stammen aus den südindischen Staaten Goorg, Madras, Merala und Mysore. Kardamomfrüchte werden kurz vor der Reife geerntet und dann getrocknet. KURKUMA, GELBWURZ (CURCUMA LONGA) Namen: turmeric (E), curcuma (S, F) Verbreitung: Die Gelbwurzel stammt aus Südostasien. Sie wird heute weltweit in den Tropen, vor allem aber in Indien angebaut. Nutzwert: Das Rhizom wird getrocknet und gemahlen als Gewürz und Färbemittel benutzt. Es hat einen aromatischen, würzigen, ingwerartigen oder leicht brennend-bitteren Geschmack und ist leuchtend gelb bis orangerot gefärbt. Man verwendet es vor allem für Curry-Gewürzmischungen, in denen es ein wesentlicher Bestandteil ist. In England benötigt man Kurkuma zur Herstellung der Worcestershire-Soße. In vielen Ländern wird das Gewürz zum Färben von Lebensmitteln, wie Soßen oder Reis, verwendet. Früher benutzte man die Gelbwurzel auch zum Färben von Stoffen. Allgemeines: Das Kurkuma ist ein sehr wichtiges Gewürz. Allein in Indien werden jährlich etwas 120.000 t produziert. Weitere Produktionsländer sind Guatemala, Thailand und Sri Lanka. Man unterscheidet verschiedene Handelssorten, die als Chinesische, Indische, Javanische und Westindische Kurkuma bezeichnet werden. Die Rhizome enthalten bis zu 5 % ätherisches Öl, das vor allem aus Turmeron und Zingiberen besteht. Die intensive Färbewirkung beruht auf dem Farbstoff Curcumin. 133 Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze In Malaysia und auf Java wird auch die verwandte Art C. mangga angebaut. Die Rhizome dieser Art haben ein mangoähnliches Aroma und werden als Gewürz genutzt. Aus Indien stammt C. amada, welches überwiegend als Gewürz zum Einlegen von Gemüse (Pickles) verwendet wird. Die Pflanzen werden durch Rhizomstücke vermehrt und können ungefähr zehn Monate nach der Pflanzung geerntet werden. Literaturangaben BLANCKE, R., (2000): Farbatlas Exotische Früchte: Obst und Gemüse der Tropen und Subtropen; Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co KG, Stuttgart EIDEN, A., et. al, (1999): Praxisbuch der Naturheilkunde: Natürlich Gesund von A bis Z; Südwest Verlag GmbH, München MOBEY, R., McINTYRE, M., (1989): Das neue BLV Buch der Kräuter; Gesundheit, Ernährung, Schönheit, BLV Verlagsgesellschaft, München, 16, 55, 70, 82, 141, 143, 191, 206, 278 134 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien 5.4 REPTILIEN UND AMPHIBIEN 5.4.1 Einleitung Die Reptilien- und Amphibienarten Costa Ricas zählen zu den bestuntersuchten Mittelamerikas. Es wurden bis jetzt etwa 222 Reptilienarten und 174 Amphibienarten gefunden. Der Artenreichtum ergibt sich auch aus der geographischen Lage des Landes, da es sehr heterogen ist und viele verschiedene Lebensräume besitzt. Diese reichen von Flachlandküstengebieten bis hin zu Bergregenwäldern. Ein weiterer Grund für den Reichtum an Amphibien und Reptilien in Costa Rica lässt sich aus der Vermischung und dem Zusammentreffen von Tierarten aus Nord- und Südamerika erklären. 5.4.2 Ausgewählte Amphibien Costa Ricas ALLGEMEINES ÜBER AMPHIBIEN Die Amphibien, auch Lurche genannt, gehören stammesgeschichtlich einer sehr alten Gruppe von Wirbeltieren an, die den Sprung vom rein aquatischen Leben im Wasser in ein Leben an Land vollzogen hat. Demnach wird angenommen, dass die Amphibien die Basis aller anderen heute vorkommenden höheren Wirbeltiere an Land darstellen. Amphibien kommen auf allen Kontinenten vor, von den kalt-gemäßigten bis zu den tropischen Zonen. Doch ihre Abhängigkeit von Süßwasser begrenzt ihren Lebensraum. Auch Trockengebiete und kalte Hochgebirge sind nicht geeignet für die meisten Arten. Die Schleichenlurche (Blindwühlen) sind auf die Tropen Afrikas, Asiens und Amerikas beschränkt. Salamander und Molche sind mit einigen Ausnahmen vor allem holarktisch verbreitet und Froschlurche kommen in fast allen Erdteilen und auf vielen Inseln vor. Der Schwerpunkt der Artenvielfalt befindet sich in den subtropischen und tropischen Zonen, besonders hoch ist die Biodiversität in den Tropenwäldern Lateinamerikas. Im Moment sind weltweit rund 6.000 Amphibienarten bekannt. Es werden aber auch immer noch neue, bisher nicht beschriebene Arten entdeckt. Man kann die Amphibien in drei Ordnungen und 48 Familien unterteilen. Die Ordnung der Schwanzlurche oder Molche (Urodela, Caudata) umfasst 9% der Amphibienarten, die Schleichenlurche oder Blindwühlen (Gymnophiona) umfassen 3% der Arten und die Froschlurche (Anura, Ecaudata) kommen auf 88% der Amphibienarten. Amphibien besitzen zwei Gliedmaßenpaare, die gleich- oder unterschiedlich lang sind, in einigen Fällen können sie aber auch zurückgebildet sein (z.B. bei Schleichenlurchen). An jeder Hand befinden sich in der Regel vier Finger, an den Füßen je fünf Zehen. Je nach Körperbau bewegen sich Amphibien an Land kletternd, springend, schreitend oder kriechend, im Wasser schwimmend und tauchend. Der Schädel von Amphibien ist eher flach und der Knochenbau ist oft reduziert. Vor allem bei den Froschlurchen fehlen deshalb unter anderem echte Rippen. Während Froschlurche um die acht Rückenwirbel besitzen, sind es bei den Schwanzlurchen, die eher eidechsenartig aussehen, zwischen 30 und 100 Rückenwirbel. Die Zähne der Tiere, falls welche vorhanden sind, befinden sich in den Kiefernknochen und im Mundhöhlendach. Sie sind klein und wurzellos und erneuern sich ständig. Amphibien können zwischen weniger als einem Zentimeter (bei manchen Froscharten) und über anderthalb Meter (bei Riesensalamandern) groß sein. Ihre Haut ist dünn, nackt und verhornt, sie kann feucht und glatt oder trocken und warzig sein. In der Unterhaut befinden sich Schleim- und Giftdrüsen, aber auch Pigmentzellen. Die Haut ist sehr wichtig für die Atmung der Tiere, für den Schutz vor Infektionen und Feinden sowie für den Wasserhaushalt, da Amphibien nicht trinken, sondern durch die Haut Wasser aufnehmen. Dieses Wasser wird dann in Lymphsäcken unter der Haut und in der Harnblase gespeichert. Durch die Wand der Harnblase kann es dem Organismus später zugeführt werden. Amphibien sind wechselwarm und haben demnach keine konstante Körpertemperatur, ihre Temperatur passt sich einfach der Umgebungswärme an. Bei vielen Arten sind die Augen gut entwickelt, da sie wichtig für den Beutefang sind. Bewegungen werden deshalb besser erkannt als ruhende Objekte. 135 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien Amphibien sind mit wenigen Ausnahmen in mindestens einem Lebenszyklus, der Fortpflanzung, sehr eng ans Wasser gebunden. Die Eier, die Laich genannt werden, sind von gallertartigen Hüllen umgeben und werden in Gewässern abgelegt. Nur dort kann die Larvenentwicklung erfolgen, da die Eier an Land austrocknen würden und die Larven an Land nicht überleben könnten. Erst die erwachsenen Tiere, die diese Larvenentwicklung hinter sich gebracht haben, können das Wasser verlassen und an Land gehen, sie halten sich aber oft in der Nähe von Gewässern auf. Als Larven besitzen die Kaulquappen noch Kiemen, als erwachsene Tiere werden einfache Lungen ausgebildet. Dieser Vorgang nennt sich Metamorphose, ist hormongesteuert und tritt erst nach einiger Zeit ein. Danach kann das Tier das Wasser verlassen. Auch die Haut verändert sich, um an Land dem Wasserverlust entgegenzuwirken. Es kommt zu einer Verknöcherung der knorpeligen Substanz und auch die Extremitäten werden ausgebildet. Der Schwanz der Larven bildet sich am Ende der Metamorphose bei Froschlurchen zurück, bei Schwanzlurchen bleibt er erhalten, an den Augen entwickeln sich Lider. Die meisten Amphibien sind nachtaktiv, um sich vor Fressfeinden zu schützen und um so wenig Wasserverluste durch die Haut zu haben wie möglich. Die lebende Beute wird normalerweise im Ganzen aufgenommen und verschluckt. Insekten, Gliedertiere, Mollusken und Spinnen werden bevorzugt gefressen, auch Kannibalismus ist nicht selten. Viele Arten verfügen über eine im vorderen Mundbereich verwachsene, hervorschnellbare, klebrige Zunge, mit der sie ihre Beute fangen können. Lurche selbst bilden aber auch eine sehr wichtige Nahrungsgrundlage vieler anderer Tiere. Der Laich und die Larven im Wasser werden von Insektenlarven, Fischen, Wasservögeln, aber auch von anderen Amphibien gefressen. Die ausgewachsenen Tiere sind die Nahrung vieler Säugetiere, Vögel und Reptilien. Darum müssen die Amphibien für eine sehr große Nachkommenschaft sorgen, da nur sehr wenige der produzierten Eier und Larven überleben. Oft vertrauen sie auf ihre Tarnung oder flüchten, da sie, bis auf wenige Ausnahmen, über keine sehr effektiven Verteidigungsmaßnahmen verfügen. FRÖSCHE Bei Froschlurchen ist das auffälligste Merkmal das Fehlen eines Schwanzes. Ihr Körperbau ist eher oval und gedrungen und ihr Kopf ist abgeflacht und kurz. Ein Hals ist nicht zu erkennen und der Mund ist breit. Sie haben auch keinen Gehörgang ausgebildet wie Säugetiere, sondern ihr Trommelfell liegt direkt auf der Außenhaut und ist als runder Fleck hinter den Augen erkennt. Kaulquappen besitzen innere Kiemen, mit denen sie unter Wasser atmen können. Ihr Körper ist kugelig und sie haben einen Ruderschwanz, mit dem sie schwimmen können. Ihre Vorderbeine sind bis kurz vor der Metamorphose in einer Hauttasche versteckt, die Hinterbeine sind aber bereits in der Hälfte der Entwicklung der Kaulquappe sichtbar. Der Schwanz bildet sich bei der Metamorphose zurück. Vor allem männliche Froschlurche können mittels Schallblasen, ihren Lungen und ihrem Kehlkopf Geräusche erzeugen, die sie zum Anlocken von Weibchen oder zur Revierverteidigung einsetzen. Diese Lautäußerungen sind artspezifisch und können sehr laut sein. Froschlurchen ist nicht angeboren was sie fressen können und was nicht, sie lernen es auch nicht von erwachsenen Tieren. Alles was sich bewegt und klein genug ist, wird angesprungen und gefressen. Was nicht schmeckt oder etwa durch einen Stich Schmerzen verursacht, wird wieder ausgewürgt und das nächste Mal in Ruhe gelassen. Bei Fröschen gibt es unterschiedliche Jagdstrategien. Während Kaulquappen vorwiegend Vegetarier sind, ernähren sich die ausgewachsenen und umgewandelten Frösche ausschließlich von tierischer Nahrung wie Insekten, Würmern oder Schnecken. Braun- und Grünfrösche können dank ihrer langen Hinterbeine sehr weit springen, um Insekten mit ihrer langen, klebrigen Zunge zu fangen. Da die Frösche keine Muskeln zum Schlucken besitzen, pressen sie ihre Augen nach innen und befördern die Nahrung so in den Magen, oft nehmen sie auch ihre Hände zur Hilfe. Bei Würmern schleichen sie sich an und stoßen mit dem Mund zu, wobei sie oft mehrere Versuche benötigen. Bei größeren Würmern brauchen Frösche oft bis zu einer Viertelstunde, bis der Wurm im Magen ist. Kröten fressen eher Insekten, die am Boden leben und an die sie sich näher heranschleichen können. Dies beeinflusst auch den Körperbau, da bei Fröschen die Augen nach oben gerichtet sind, bei Kröten dagegen zum Boden. 136 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien Rotaugenfrosch (Agalychnis callydrias) Der Rotaugenfrosch, dessen Bilder fast überall auf der ganzen Welt bekannt sind, ist der wohl berühmteste Frosch Costa Ricas. Er kommt in den Regenwäldern Mittelamerikas vor und gehört zur Familie der Laubfrösche. Man kann ihn an der hellgrünen Körperfärbung, den gelben und blauen Streifen an den Flanken und den blau gefärbten Innenseiten der Oberschenkel erkennen. Er ist in etwa 5-8 cm groß. Mithilfe von Haftscheiben an den Füßen können die Tiere ausgezeichnet klettern, das ist auch sehr wichtig, da die Eiablage auf Bäumen stattfindet, deren Äste sich über einem Gewässer befinden. Das Weibchen nimmt bei der Paarung das für die Eiablage wichtige Wasser aus dem Teich auf und klettert auf den Baum, wo es einen Teil der Eier auf einem Blatt ablegt. Danach kehrt es, noch immer mit dem Männchen auf dem Rücken, ins Gewässer zurück und nimmt erneut Wasser auf um anschließend weitere Eier auf dem Baum abzulegen. Wenn die Kaulquappen dann nach ca. 5 Tagen schlüpfen, lassen sie sich sofort ins Wasser fallen. Brillianter Waldfrosch (Rana warschewitschii) Diese Froschart ist die einzige Art in Costa Rica, die zur Gattung der Rana, der Echten Frösche, gehört und sie besitzt auch die typische Körperform dieser Gattung. Die Tiere werden 35 bis 65 mm groß und entsprechend ihrer grün-braunen, unauffälligen Färbung hält sich diese Art meistens in Bodennähe und in der Nähe von Gewässern auf. Sie besitzt einen dunkleren braunen Streifen in Augenhöhe, der längs den Körper entlanggeht, auffällig gelbe Punkte auf der Oberseite des Schenkels und einen rötlichen Unterleib. Diese knalligen Farben kann man nur sehen, wenn der Frosch gerade wegspringt, was wahrscheinlich den Zweck erfüllt, Fressfeinde kurz zu erschrecken, um dann unverletzt entkommen zu können. Die Kaulquappen dieser Froschart sind besonders groß. Sie erreichen eine totale Länge von 115 mm und sind damit nicht nur länger als alle anderen Kaulquappen in Costa Rica, sondern auch um einiges länger als die ausgewachsenen Frösche. Fleischmanns Glasfrosch (Hyalinobatrachium fleischmanni) Diese Froschart ist die am stärksten verbreitete Glasfroschart auf dem amerikanischen Kontinent. Sie kommt in einer Seehöhe von 60 bis 1.460 m vor und ist in Mexiko, Zentralamerika, Kolumbien und Venezuela besonders häufig zu finden. Männliche Tiere sind etwa 19 – 28 mm groß. Sie sind hellgrün gefärbt und haben viele blassgelbe Punkte, die auf ihrem Körper verteilt sind. Sie besitzen eine transparente Haut, die es einem erlaubt, die inneren Organe zu erkennen und sie haben einen weißen Bauch. Die Farbe der Iris ist golden. Weibchen, aber vor allem auch Männchen, sind dafür bekannt, nachts auf den gelegten Eiern zu sitzen und diese zu bewachen und tagsüber neben den Eiern zu schlafen. Bündel von 18 – 30 Eiern werden vom Weibchen an den Unterseiten von Blättern befestigt, die sich direkt über Wasserlacken befinden. Doch trotzdem werden 80 % der Eier durch die verschiedensten Faktoren zerstört. Zum Beispiel legen Fruchtfliegen oft ihre Eier auf die Eier der Frösche und die Fliegenmaden, die dann schlüpfen, fressen die Froscheier und –embryonen auf. Die Männchen verteidigen ihr Revier, das entlang von Flüssen liegt, gegen andere Männchen oft mit körperlicher Gewalt. Die Kaulquappen sind lang und dünn, mit dorsal platzierten Augen. Sie erscheinen hellrot, was auf das Blut zurückzuführen ist, das man durch die Haut sehen kann. Bromelienfrosch (Hyla ebraccata) Diese Froschart ist weit verbreitet und kommt vom südlichen Mexiko bis in den Norden Kolumbiens vor. Seine Grundfarbe ist ein mittleres Braun und auf seinem Rücken ist diese umrahmt von einem mehr oder weniger ausgeprägten goldgelben Viereck, das auch in manchen Fällen den ganzen Rücken bedecken kann. Die Weibchen können eine Größe von 30 – 35 mm erreichen und die Männchen sind 23 – 27 mm groß. Die Männchen haben noch zusätzlich eine gelblich gefärbte Kehle und die Seiten und Zehen dieses Frosches sind bei beiden Geschlechtern ebenfalls gelb gefärbt. Während der Regensaison versammeln sich die Männchen mehrere Male um Teiche und Laken und Quaken zusammen in lauten Chören, um Weibchen anzulocken. Raurücken-Baumsteiger (Dendrobates granuliferus) Die Baumsteiger gehören zur Familie der Dendrobatidae und zur Gattung der Dendrobates. Im deutschsprachigen Raum wird der Baumsteiger auch als Pfeilgiftfrosch bezeichnet. Es gibt 41 Baum137 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien steigerarten, die leuchtende Körperfarben haben und giftige Ausscheidungen über die Haut absondern. Sie kommen vor allem in den Tropen vor, von Nicaragua bis Bolivien, hauptsächlich in Flachlandregenwäldern in höchstens 150 m über dem Meeresspiegel. Der Rücken der Raurücken-Baumsteiger ist rau und grob gekörnt. Sie haben eine orangerote bis rote Farbe und die Beine sind grün bis türkis. Die Frösche werden 18 – 25 mm groß und haben eine besondere Art der Brutpflege. Die Weibchen legen die Kaulquappen in kleinen Wasserlacken ab und kommen alle paar Tage wieder zurück und füttern sie mit unbefruchteten Eiern. Abb. 8.2: Brillianter Waldfrosch (Rana warschewitschii) Abb. 8.3: Rotaugenfrosch (Agalychnis callydrias) Abb. 8.5: Glasfroschmännchen beim Bewachen des Geleges (Hyalinobatrachium fleischmanni) 5.4.3 Ausgewählte Reptilien Costa Ricas ALLGEMEINES ÜBER REPTILIEN Die Reptilien, auch Kriechtiere genannt, bilden den Übergang zwischen niederen und höheren Wirbeltieren. Sie stammen, genauso wie die Vögel, entwicklungsgeschichtlich von amphibischen Landwirbeltieren ab. Erstmals sind Reptilien vor etwa 300 Mio. Jahren aufgetreten. Die erste Aufspaltung fand sehr früh in uneigentliche Reptilien und eigentliche Reptilien statt. Heute gibt es vier Ordnungen, in die man die Reptilien einteilen kann, die Schnabelköpfe, die Schuppenkriechtiere, die Schildkröten und die Krokodile. Das größte Unterscheidungsmerkmal zwischen Amphibien und Reptilien ist, dass Reptilien unabhängiger vom Lebensraum Wasser sind. Außerdem besitzen Amphibien keine harte Kalkschale (Amnion) um ihre Eier und so müssen sie ihre Eier im Gegensatz zu den Reptilien in Gewässern ablegen, damit diese nicht austrocknen. Auch eine Metamorphose von einem Larven- in das Adultstadium entfällt bei den Reptilien. Reptilien haben drüsenlose und von Hornschuppen oder einem Panzer umgebene Haut, die sie vor Austrocknung und Verletzungen schützt. Da die Haut der Reptilien nicht mitwächst, häuten sich diese Tiere von Zeit zu Zeit. Bei Eidechsen löst sich die Haut meist in kleinen Stücken vom Körper ab, Schlangen streifen ihre Haut in einem Stück ab und bei Schildkröten bildet sich der Panzer von unten her neu, die alten Panzerplatten lösen sich dann schließlich ab. Generell sind Reptilien lungenatmende Landwirbeltiere, doch einige Arten sind wieder zu Wasserbewohnern geworden oder verbringen einen Teil ihres Lebens im Wasser. Doch die Eiablage erfolgt bei allen Arten an Land. Reptilien sind wechselwarme Tiere, das bedeutet, dass ihre Körpertemperatur von der Umgebungstemperatur abhängig ist. Sie regeln ihre Körpertemperatur durch gezieltes Aufsuchen von Sonnenplätzen, weichen jedoch bei zu hohen Temperaturen in den Schatten aus. Die optimalen Sonnenplätze wärmen sich schnell und stark auf, wie etwa trockenes Holz, Felsen oder trockenes Gras. Da sie nicht so schnell austrocknen können, sind Reptilien im Gegensatz zu den Amphibien hauptsächlich tagaktiv. Zum Überwintern in kälteren Regionen werden passende Verstecke wie Erdlöcher oder Felsspalten aufgesucht. Während der Winterruhe ist der Stoffwechsel des Tieres auf ein Minimum reduziert. Die Verbreitung der meisten Reptilienarten ist auf klimatisch begünstigte Lagen beschränkt, da sie sonnige, warme Lebensräume bevorzugen. Wichtig für einen geeigneten Reptilienlebensraum sind verschiedene, miteinander vernetzte Elemente wie windgeschützte Sonnenplätze, Versteckmöglichkeiten, Paarungs- und Eiablageplätze, Jagdreviere und Überwinterungsquartiere. 138 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien Nach ihren Lebensraumansprüchen können die Reptilien in drei Gruppen unterschieden werden: • Die Generalisten sind anspruchslos und sehr weit verbreitet. Sie brauchen nahrungsreiche Areale und mehrere Stunden Sonne pro Tag, die den Boden erwärmt. Sie meiden geschlossene, schattige Waldgebiete und unter ihnen finden sich einige Schlangen- und Eidechsenarten. • Die wasserliebenden Reptilien sind an offene Gewässer gebunden (z.B. die Schnappschildkröte). Zusätzlich benötigen sie ungestörte Sonnenplätze, vorzugsweise direkt an der Wasserkante. • Arten der offenen bis halboffenen Trockenstandorte (z.B. der Asiatische Hausgecko) sind besonders wärmeliebend. Die meisten Reptilienarten legen Eier, doch einige Arten sind als Anpassung an kühlere klimatische Bedingungen auch lebendgebärend. Die Entwicklung der Eier erfolgt in diesen Fällen im Mutterleib und die Jungen schlüpfen dann während der Geburt. Doch normalerweise werden die gelegten Eier in Erdlöchern oder in verrottendem Substrat abgelegt. Durch die Sonne werden die Eier gewärmt und „ausgebrütet". Manche Schlangen bilden Paarungsgemeinschaften (ein Schlangenkönig mit Gefolge), bei den Eidechsen schließen sich Tiere in der Regel für eine Saison zu festen Paaren zusammen. Die Befruchtung erfolgt ausschließlich im Körper der Weibchen. Viele Reptilienarten beanspruchen eigene Reviere und kämpfen auch darum. Während Kämpfe unter Schlangen eher durch Imponiergehabe bestimmt werden, gibt es bei Eidechsen durchaus öfter verletzte Tiere. Bei Gefahr können Eidechsen ihren Schwanz abwerfen und können so entkommen, während der noch zuckende Schwanz den Verfolger ablenkt. Dieser wächst aber wieder nach, obwohl er nicht mehr ganz so groß wird. SCHLANGEN Schlangen gehören zur Gruppe der „Eigentlichen Schuppenkriechtiere“, auch Squamata genannt. Ihre Beine sind vollständig zurückgebildet, der Unterkiefer bezahnt und der lang gestreckte Körper ist mit einem flexiblen Panzer aus Hornschuppen, die dachziegelartig angeordnet sind, bedeckt. Im Zuge der Häutung streift sich die alte Hornschicht meist im Ganzen ab. Die meisten Schlangen, aber vor allem die nachtaktiven, lokalisieren sowohl Nahrung als auch die Partner über Chemorezeption, weswegen der olfaktorischen Wahrnehmung am meisten Bedeutung zugeschrieben werden kann. Neben der Geruchswahrnehmung über die Nasenlöcher besitzen Schlangen, wie auch einige andere Wirbeltiere, das Jacobson-Organ, welches auch als Vomeronasales Organ bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um kleine Einbuchtungen (0,2 – 2mm) auf beiden Seiten der Nasenscheidenwand. Das Wahrnehmen mit diesem Organ wird Flehmen genannt, worunter man das gezielte – und am geöffneten Maul und der Haltung erkennbare – Wittern nach spezifischen Gerüchen versteht. So öffnen z.B. Katzen das Maul ein wenig und strecken die Zungenspitze heraus. Beim Einatmen werden dann Geruchsstoffe am Gaumen entlang geleitet und können sowohl gerochen wie auch geschmeckt werden. Schlangen nehmen mit Hilfe der gespaltenen Zunge Duftpartikel aus der Umgebung auf und befördern sie zum Riechorgan. Auf diese Weise spüren sie ihre Beute auf, finden Überwinterungsquartiere und Paarungspartner. Dafür ist die auditive Wahrnehmung reduziert. Schlangen besitzen keine Ohren und für Geräusche, die durch die Luft übertragen werden, sind sie taub. Eine Klapperschlange hört also das Rasseln einer anderen nicht und genauso wenig hört eine Kobra die Flöte eines Schlangenbeschwörers. Über ihre Kieferknochen können sie aber schon geringste Erschütterungen des Untergrundes wahrnehmen, wenn sie ihren Kopf auf den Boden legen. Der Gesichtssinn wiederum ist bei den meisten Schlangen sehr gut ausgebildet. Lediglich einige grabende Schlangen sind praktisch blind. Auch ohne Beine können sich Schlangen rasch fortbewegen, was durch vier recht unterschiedliche Methoden erfolgt. Am häufigsten kriechen sie wellenförmig, was als Schlängeln bezeichnet wird. Hierbei stößt sich die Schlange an der Hinterseite jeder Kurve oder Wellenbewegung vom Untergrund ab und gleitet geschmeidig vorwärts. Eine zweite Form, die als raupenartige Fortbewegung beschrieben werden kann, wird nur von Schlangen mit schwererem Körperbau verwendet. Dabei wird die Haut auf der Unterseite durch starke Muskeln vor und zurückbewegt, und die breiten Bauchschilder greifen in den Untergrund und bewegen dadurch die Schlange vorwärts. Diese Fortbewegungs139 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien form gab Anlass zu der irrtümlichen Behauptung, Schlangen würden „auf ihren Rippen laufen”; tatsächlich aber bewegen sich die Rippen bei keiner der vier Formen der Fortbewegung vorwärts und rückwärts. Das Seitenwinden ist die Fortbewegungsmethode einiger Wüsten-Schlangen. Hierbei rollt die Schlange ihren Körper in einer schlingenartigen Bewegung seitwärts am Boden entlang. Die vierte Methode ist eine ziehharmonikaartige Fortbewegung, wobei der Körper abwechselnd ausgestreckt und zusammengezogen wird, während sich die Schlange von einem Verankerungspunkt zum nächsten bewegt. Diese Art der Fortbewegung dient den Blindschlangen zum Überqueren glatter Oberflächen und zum Klettern, aber auch zum Wandern innerhalb unterirdischer Wohnröhren. Die häufigste der vier Fortbewegungsformen und zugleich diejenige, bei der sämtliche Schlangen die höchste Geschwindigkeit erreichen können, ist das Schlängeln. Die höchste nachgewiesene Geschwindigkeit einer Schlange liegt bei ungefähr 13 Kilometern pro Stunde. Beim Klettern können alle Methoden, außer das Seitenwinden, eingesetzt werden. Das Schwimmen erfolgt ausschließlich durch Schlängeln. Einigen Arten schreibt man die Fähigkeit zu, fliegen zu können. Doch sie können sich lediglich aus recht hohen Bäumen fallen lassen oder herabstürzen und unverletzt zu Boden fallen oder teilweise gleiten. Sämtliche Schlangen sind Fleischfresser und ernähren sich von einer Vielzahl von Tieren. Abhängig von der eigenen Körpergröße handelt es sich dabei um Insekten, Spinnen und Schnecken, bis hin zu Fröschen, Mäusen, Ratten und größeren Säugetieren. Dabei können sie dank der Flexibilität ihres Skeletts und Schuppenpanzers häufig Tiere verschlingen, die dicker oder schwerer als ihr eigener Körper sind. Viele Schlangenarten, vor allem solche aus der weltweit verbreiteten Familie der Natter, sind allerdings in ihrer Ernährung stark spezialisiert. So ernähren sich Eierschlangen ausschließlich von Vogeleiern. Schneckennattern verzehren Schnecken, die sie aus ihren Gehäusen ziehen können. Wassernattern erbeuten Fische, und Kletternattern Fledermäuse. Eine Reihe von Schlangen frisst ausschließlich andere Schlangen, andere wiederum ernähren sich auch von Aas. Die meisten Nattern verschlingen ihre Beutetiere bei lebendigem Leib. Giftschlangen, zu denen vor allem die Familien der Grubenottern, Vipern, Giftnattern und Seeschlangen gehören, töten durch das Injizieren ihres Giftes. Dabei „fesseln” einige das Opfer zunächst durch rasches Umschlingen, bevor sie zubeißen. Andere beißen zu, lassen die Beute entkommen, verfolgen sie mit Hilfe ihrer Sinnesorgane und verschlingen dann das gelähmte oder sterbende Tier. Einige Schlangen, besonders Boas, Pythons und Königsnattern, erdrosseln ihre Beutetiere, indem sie eine Körperschlinge um sie herum winden. Die südamerikanische Riesenschlange Anakonda ertränkt häufig die umschlungenen Tiere. Durch ihre räuberische Lebensweise spielen Schlangen eine bedeutende Rolle bei der Erhaltung des natürlichen Gleichgewichts, insbesondere hinsichtlich der Kontrolle von Nagetieren, die zumeist eine sehr hohe Fortpflanzungsrate aufweisen. Wie viele Amphibien und die meisten anderen Reptilien nehmen Schlangen den Großteil ihrer Nahrung in den Phasen zwischen der Fortpflanzungszeit und der Winter- bzw. Sommerruhe auf (soweit eine solche eingelegt wird) und zehren anschließend von diesen Reserven. Auch die Fähigkeit zur Fortpflanzung hängt oft vom Ernährungszustand des Tieres ab und auch davon, ob die den Stoffwechsel schonende Ruhephase lang genug war. Natürliche Feinde der Schlangen sind vor allem Raubtiere, Krokodile und einige Greifvögel, wie der Schlangenadler. Wegen ihrer Giftzähne oder der beachtlichen Körpergröße sind einige Arten für Fressfeinde aber nur schwer zu erbeuten. Viele Schlangen sind dank eines verschiedenartig gefärbten Schuppenpanzers an Untergrund oder Lichtverhältnisse ihres Lebensraums angepasst und somit gut getarnt. Korallenschlangen warnen Angreifer durch auffällige Schreckfarben vor ihrem Gift, wovon auch einige ungiftige Arten profitieren. Manche Schlangen, wie die Ringelnatter, stellen sich bei Bedrohung tot. Dabei erschlafft ihr gesamter Körper, die Tiere drehen sich auf den Rücken und bleiben bewegungslos liegen. Oft strecken sie die Zunge heraus, und gelegentlich wird sogar ein wenig mit Blut vermischter Speichel abgesondert, um die Täuschung perfekt zu machen. In Costa Rica gibt es 135 Schlangenarten, davon sind nur 18 Arten giftig. Tropische Klapperschlange (Crotalus durissus) Die tropische Klapperschlange ist die giftigste aller Klapperschlangen. Sie besitzt ein hoch wirksames, gewebezerstörendes Eiweiß (Protease). So enden unbehandelt nahezu 75 % aller Bissunfälle tödlich. Es gibt ein wirksames Gegenserum, das jedoch bei einem Angriffsbiss innerhalb von wenigen 140 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien Stunden zur Anwendung kommen muss. Die tropische Klapperschlange ist in Costa Rica nur in der Provinz Guanacaste zu finden. Am Schwanzende befindet sich ein "Rasselorgan". Dieses besteht aus hohlen Horngliedern, die ineinander übergreifen. Bei jeder Häutung kommt es zur Bildung eines weiteren Horngliedes, so dass ältere Schlangen über mehr Hornglieder verfügen als jüngere. Trifft man als Mensch auf das Tier, so bleibt es in der Regel ruhig liegen und flüchtet bei einer Annäherung nicht. Jedoch warnt die Schlange den Eindringling mit Hilfe ihres Rasselorgans auf unüberhörbarer Weise. Man sollte sich vorsichtig und rückwärts laufend von der Schlange entfernen. Bleibt man aber auch dann nicht auf Abstand, ist ein Zubeißen zu erwarten. Junge Schlangen besitzen noch kein oder nur ein Rasselorgan mit wenigen Horngliedern. Daher wird ihr Warnsignal oft auf Grund seines hohen Tons und der geringen Lautstärke überhört. Vom Boden aus stößt die Schlange ca. bis Kniehöhe zu, so dass hohes Schuhwerk einen gewissen Schutz bieten kann. Buschmeister (Lachesis melanocephala) Diese Schlange ist die größte und giftigste Schlange Costa Ricas, von der es sogar heißt, sie würde auf Menschenjagd gehen – dieses Gerücht stimmt natürlich nicht. Diese Tiere sind nachtaktiv und verbringen den Tag über in verlassenen Säugetierbauten oder ähnlichen Verstecken. Tagsüber verteidigen sich die Tiere bei einer Begegnung mit dem Menschen kaum, in der Nacht sind sie aber leicht zu einem Biss zu reizen. Das Abwehrverhalten kennzeichnet sich durch eine vibrierende Schwanzspitze und einem aufgeblähten Hals. Buschmeister, die an der pazifischen Küste von Costa Rica beheimatet sind, sollen zu jeder Zeit leicht zu reizen sein. Pro Jahr werden aber nur 2 Bisse durch die Buschmeister registriert, doch trotz schneller medizinischer Versorgung liegt die Mortalität bei 75 %. Lanzenotter (Bothrops asper) Sie ist mit fast 75 % aller Schlangenbisse in Costa Rica für die meisten Todesfälle in Mittelamerika verantwortlich. Dies zum Einen, weil sie sehr zahlreich vertreten ist (sie ist lebendgebärend und bringt über 50 Junge zur Welt) und zum Anderen, weil die Schlange über ein ausgesprochen starkes Gift verfügt. Sie gehört zur Familie der Vipern, lebt in Gruben und schlägt blitzartig zu. Sie verteidigt ihr Revier, ist äußerst reizbar und tötet ihre Beute mit ihren langen Giftzähnen. Jährlich verursacht sie an die 20 Todesfälle. Schlanknatter (Leptophis ahaetulla) Diese schlanke, grün gefärbte Schlange, die eine sehr gute Kletterkünstlerin ist, hält sich vorwiegend auf Bäumen auf. Dabei bleibt sie aber nicht nur in der Baumkrone, sondern bewegt sich in allen Baumetagen. Sie frisst vorwiegend Baumfrösche, Vögel und verschiedene Echsen. Ihr Speichel ist schwach giftig und bei Gefahr reißt sie den Mund weit auf und hofft darauf, dass diese Drohgebärde ihre Feinde abschreckt, da sie nur sehr selten zubeißt. Vor allem in feuchten Wäldern des Tieflandes und von Mexiko bis Nordargentinien ist die Schlanknatter zu finden. Diese Schlange kann höchstens 2,2 m lang werden. Königsboa (Boa constrictor constrictor) Die Königsboa gehört zu den urtümlichsten Schlangenarten, da sie noch rudimentäre Reste von Hinterbeinen und Beckengürteln, sowie paarige Lungen besitzt. Sie kann bis zu 4 m lang und 35 kg schwer werden. Auch bei dieser Schlangenart sind die männlichen Tiere etwas kleiner und die Weibchen bringen ihre Jungen lebend zur Welt. Sowohl die rotbraunen, gelb gerandeten, rautenförmigen Sattelflecken, die im Inneren ein helles Zentrum besitzen, wie auch der oftmals aufffällig rot gefärbte Schwanz, sind typisch für diese Schlange. Sie kommt vom Norden Mexikos bis nach Argentinien vor, und ist sowohl im Buschland, wie auch im Regenwald oder sogar in Halbwüsten anzutreffen. Meist ist die Boa friedfertig und nur dämmerungs- und nachtaktiv. Unter Tags versteckt sie sich in Höhlen oder in anderen Unterschlupfen. Obwohl die Jungtiere gut klettern können, halten sich ältere Tiere aufgrund ihres Gewichtes meist in Bodennähe auf. Die Nahrung besteht aus Säugetieren, die bis zu einer Größe von kleinen Wildschweinen gehen kann, aus Vögeln und Reptilien. Nach einem blitzschnellen Angriff werden die Beutetiere umschlungen und mit dem kräftigen, muskulösen Körper erwürgt und als Ganzes verschluckt. Doch selbst ausgewachsene Schlangen sind für Menschen, abgesehen von kleinen Kindern, ungefährlich. 141 Barbara Lukasch, Gina Philipp Lanzenotter (Bothrops asper) Tropische Klapperschlange (Crotalus durissus) Reptilien und Amphibien Katzenaugennatter (Leptodeira septen) Königsboa (Boa constrictor constrictor) Schlanknatter (Leptophis ahaetulla) SCHILDKRÖTEN Schildkröten gehören zur Ordnung der Testudines, auch Chelonia genannt, die sich in die zwei Unterordnungen der Halsberger und Halswender unterteilt. Diese unterscheiden sich nach der Art, wie die Schildkröten den Kopf in den Panzer zurückziehen. Während Halsberger ihrenKopf teleskopartig unter den Panzer ziehen, verbergen ihn Halswender durch eine Seitwärtswendung. Der Panzer, der aus verhorntem bzw. knöchernem Material besteht, ist starr. Die obere Hälfte des Panzers, unter den die Schildkröte mehr oder weniger vollständig Kopf, Beine und Schwanz zurückziehen kann, wird als Carapax (Rückenpanzer) bezeichnet. Die flache untere Hälfte nennt man Plastron (Bauchpanzer). Dieser zweigeteilte Panzer ist mit Wirbelsäule und Rippen verbunden. Struktur und Größe von Carapax und Plastron können zwischen den einzelnen Arten entsprechend ihres Verhaltens und Lebensgewohnheiten stark abgewandelt sein. Typischerweise besteht der Panzer aus zwei Schichten: einer inneren, knöchernen Schicht und einer äußeren Schicht mit Hornschildern oder einer ledrigen Haut. Und auch wenn der Panzer hart erscheint und bei einigen Arten recht dick sein kann, so ist er erstaunlich empfindsam, da zwischen den Hornschildern und den knöchernen Platten viele Nerven verlaufen. Schildkröten haben im Kiefer keine Zähne sondern Hornscheiden. Sie leben an Land, im Meer oder im Süßwasser. Ihre Eier, meist 5 – 20 (Meeresschildkröten legen bis zu 200), werden an Land im Boden verscharrt und durch die Bodenwärme ausgebrütet. Zwar können nur wenige Arten als reine Fleisch- oder Pflanzenfresser bezeichnet werden, doch bevorzugen einige landlebende Arten pflanzliche Nahrung, wogegen die im Wasser lebenden meist Fleischfresser sind. Zum Auffinden der Nahrung dienen Gesichtssinn und Geruchssinn. Meeresschildkröten In Costa Rica gibt es fünf Arten von Meeresschildkröten. Die Echte und die Unechte Karrettschildkröte, die Bastardschildkröte, die Lederschildkröte und die Grüne Meeresschildkröte. Sie legen ihre Eier an mehreren Stränden auf der Pazifik- und Atlantikseite ab. So kriechen 100.000 und mehr Bastardschildkröten dafür an Land und graben ihre Nester. Dieses Ereignis wird „arribada“ (Ankunft) genannt. Eine befruchtete weibliche Schildkröte wartet bis zum Einbruch der Dunkelheit bevor sie sich auf den Weg zum Legeplatz macht. Wird sie durch Lärm oder helles Licht gestört, unterbricht sie ihr Vorhaben und kehrt ins Wasser zurück. Mit den Hinterflossen hebt sie ein vasenförmiges Nest aus, das bis zu einem Meter tief ist. In dieses legt sie ihre mit einem pilztötenden Schleim überzogenen Eier. Danach bedeckt sie die Stelle mit Sand, klatscht ihn fest und kehrt ins Meer zurück. Eine umstrit142 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien tene Regel erlaubt den Bewohnern von Ostional im Naturschutzgebiet Ostional innerhalb der ersten 36 Stunden nach einer arribada so viele Schildkröteneier der echten Karrettschildkröten zu sammeln wie sie wollen. In unberührten Nestern, die nicht Nasenbären, Hunden, Waschbären oder Menschen zum Opfer fielen, schlüpfen die Schildkrötenjungen nach zwei Monaten und bahnen sich durch die dicke Sandschicht einen Weg nach oben. Auf ihrem Weg ins Wasser können sie noch Krebsen oder Vögeln zum Opfer fallen. Im Meer warten auch schon Haie und andere Raubfische auf sie. Lediglich 3 % überleben und legen große Strecken im Ozean zurück. Es wird vermutet, dass magnetische Eisenkristalle im Gehirn der Schildkröten, als eine Art innerer Kompass dienen. Nach 15 – 30 Jahren sind sie geschlechtsreif und kehren an den Strand, an dem sie geboren wurden zurück um sich dort zu paaren und zu vermehren. Schnappschildkröte (Chelydra serpentina) Die Gemeine Schnappschildkröte besitzt einen langen Hals und einen gutbeweglichen Kopf, weswegen ihre Reichweite nicht zu unterschätzen ist. Sie ist ein sehr aktiver Jäger und frisst alles, was sie überwältigen kann, zum größten Teil Schnecken, Muscheln, Fische und kleinere Schildkröten, aber auch Wasservögel. Nicht nur junge Enten und Gänse werden von ihr unter Wasser gerissen, sondern sie beißt sich auch in ausgewachsenen Tieren fest, die so durch Entkräftung langsam unter Wasser gezogen werden und ertrinken. KROKODILE Zur Ordnung der Krokodile (Crocodilia) zählen die Alligatoren (einschließlich der Kaimane), die Echten Krokodile und die Gaviale. Krokodile sind die nächsten lebenden Verwandten der Vögel und bilden mit diesen die letzten Überlebenden der Archosaurier, zu denen auch die ausgestorbenen Dinosaurier gehörten. Alle heute lebenden Krokodile leben in Flüssen und Seen der Tropen und Subtropen. Nur das Salzwasserkrokodil kann auch im Meer leben und kommt häufig an den Küsten verschiedener Inseln vor. Durch seitliche Schlängelbewegung ihres seitlich abgeflachten Ruderschwanzes können sie sich schwimmend ausgezeichnet fortbewegen. Zur Tarnung tauchen sie fast vollständig unter und lassen sich treiben. Oft sind nur die vorstehenden Nasenlöcher sowie Augen und Teile des Rückens sichtbar. Das Wasser verlassen Krokodile vor allem, um sich zu sonnen oder um Eier abzulegen. Sie gehören zu den wechselwarmen Tieren, weshalb ihre Körpertemperatur von der Umgebung abhängig ist. Um ungünstige Jahres- oder Tageszeiten zu überdauern, graben sich Krokodile in Schlamm ein. In warmen Regionen legen sie während Trockenperioden eine Ruhepause ein, in kühleren Regionen verfallen sie im Winter in einen Ruhezustand. An Land bewegen sie sich meist auf dem Bauch kriechend fort, aber sie können dort auch hochbeinig laufen. Ihr Hautknochenpanzer wird von verknöcherten Hornplatten gebildet. Meist besitzen die Tiere etwa 60 bis 80 Zähne, die in tiefen Höhlungen der Kieferknochen sitzen und bei geschlossenem Maul fest miteinander verzahnt sind. Sie ernähren sich von Krebstieren, Fischen, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren bis zur Größe von Büffeln, Flusspferden und Löwen. Jungtiere erbeuten auch Insekten und Würmer. Größere Beute, die sie z.B. an Wasserstellen durch plötzliches Hervorschnellen ergreifen, ziehen Krokodile unter Wasser und reißen durch schnelle Drehungen ihres Körpers große Stücke heraus. Größere Exemplare mancher Arten können auch dem Menschen gefährlich werden. Bei den Echten Krokodilen ragt bei geschlossenem Maul auf jeder Seite der vierte Unterkieferzahn hervor. Im Gegensatz dazu sind diese Zähne bei den Alligatoren nicht sichtbar. Die Zähne dienen dazu, die Beute zu ergreifen und festzuhalten, zum Kauen sind sie nicht geeignet. An Ober- und Unterkiefer haben Krokodile Drucksensoren, mit denen sie die von potentiellen Beutetieren an der Wasseroberfläche verursachten Wellen wahrnehmen können. Im Gegensatz zu anderen Reptilien haben Krokodile einen äußeren Gehörgang, der unter Wasser durch Hautfalten verschlossen ist. Mit ca. 10 Jahren sind Krokodile geschlechtsreif. Die Weibchen vergraben ihre 20 bis 100 gänseeigroßen Eier im Sand, Schlamm oder in einem Nisthügel aus Pflanzen. Danach verlassen sie das Gelege und lassen die Eier durch die Wärme der Sonne oder Wärmeproduktion faulender Pflanzen ausbrüten. Manche Arten bewachen das Gelege während der gesamten Brutdauer. 143 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien Spitzmaulkrokodil, Amerikanisches Krokodil (Crocodylus acutus) Das Spitzmaulkrokodil gehört zu den größten Krokodilarten der Erde. Ältere Individuen können eine Gesamtlänge von bis zu sieben Metern erreichen. Tiere dieser Größen- und Altersklasse gibt es allerdings in freier Wildbahn kaum mehr, da das Spitzmaulkrokodil im 20. Jahrhundert massiver Bejagung durch den Menschen ausgesetzt war und besonders die großen Tiere eine begehrte Beute waren. Die meisten Spitzmaulkrokodile messen heute weniger als vier Meter. Äußere Merkmale des erwachsenen Spitzmaulkrokodils sind neben seiner verhältnismäßig langen, schmalen Schnauze eine beulenförmige Schädelaufwölbung vor den Augen und eine relativ kleine Anzahl und unregelmäßige Anordnung der großen Hornschilder im Nacken. Es bewohnt vorzugsweise Flussmündungen, wie wir es am Rio Tarcoles gesehen haben. Jedes Jahr vor der Paarungszeit besetzen die geschlechtsreifen Männchen klar begrenzte Territorien und vertreiben daraus sämtliche Geschlechtsgenossen. Den Weibchen hingegen gewähren sie freien Zutritt. Die paarungswilligen Weibchen suchen sich jene Männchen mit möglichst guten Nistplätzen aus. Somit können sich die größten und stärksten Männchen mit mehreren Weibchen paaren und zahlreiche Nachkommen zeugen, während die jüngeren und schwächeren Männchen ihr Erbgut erst weiterzugeben vermögen, wenn sie weiter gewachsen sind oder wenn sie in Gebiete auswandern, wo der Konkurrenzkampf weniger groß ist. Somit führt die Territorialität der Spitzmaulkrokodil-Männchen neben Erhaltung der starken Art auch zu einer Ausweitung des Verbreitungsgebiets. Die Eiablage erfolgt in Gewässernähe in einem Nest im Boden, das die ganze Zeit über vom Weibchen vor etwaigen Nestplünderern bewacht wird. Naht der Zeitpunkt des Schlüpfens, legt das Weibchen seinen Kopf auf den Boden und lauscht, ob es die quäkenden Rufe der Jungen vernimmt, die sie während des Schlüpfens äußern. Sobald dies der Fall ist, gräbt das Weibchen mit seinen Vorderbeinen das Gelege frei, denn die Kleinen können sich nicht allein ans Tageslicht hocharbeiten. Manchmal hilft es in der Folge einigen Jungen beim Schlüpfen, indem es deren Eier sanft zwischen Zunge und Gaumen hin und her rollt, bis die Eierschale zerspringt. Brillenkaiman (Caiman crocodilus) Aufgrund seines markanten Knochenwulsts vor seinen Augen wird dieser in Costa Rica lebende Kaiman auch als Brillenkaiman bezeichnet und ist von Krokodilen gut unterscheidbar. Er lebt in vielen Süßgewässern und verlässt das Wasser selten. Wird er in der Trockenheit dazu gezwungen, vergräbt er sich im Schlamm. Tagsüber treibt er an der Wasseroberfläche und wird erst nachts aktiver. Kaimane ernähren sich von Insekten, Muscheln, Weichtieren, Amphibien und Fischen und stellen für den Menschen keine große Bedrohung dar. Dennoch kann ein Biss von diesem extrem aggressiven Tier sehr schmerzhaft sein und zum Verlust eines oder mehrerer Finger führen. Brillenkaiman in der Esquinas Rainforest Lodge in La Gamba LEGUANE Leguane sind Eidechsen, die hauptsächlich, mit über 700 Arten, auf dem amerikanischen Kontinent vorkommen. Vereinzelt gibt es noch einige Arten auf Madagaskar und den ozeanischen Inseln. Die meisten Leguane sind 10 – 30 cm lang, es gibt aber auch bedeutend größere Vertreter mit über zwei Metern, wie etwa den Grünen Leguan. Grüner Leguan (Iguana iguana) Der Grüne Leguan ist, wie gesagt, mit einer Gesamtlänge von bis zu zwei Metern einer der größten Leguane. Weibchen erreichen oft aber nur eine Gesamtlänge von 0,9 – 1,1 m. Er kommt vorwiegend in Mittel- und Südamerika vor und bewohnt im allgemeinen Regenwälder, lebt jedoch auch in lichteren Wäldern. Wichtig sind hohe Temperaturen, genügend Bäume, viel Grünfutter und ausreichend Wasser. Die Farbe des Grünen Leguans kann von grasgrün bis türkisblau variieren, Jungtiere sind leuchtend blattgrün, auch von der Farbmusterung kann es Unterschiede geben. Unterhalb des Trommelfelles besitzt der Grüne Leguan auffällige große Spiegelschuppen. Die Kammschuppen auf dem Rücken sind bei den Männchen meist länger, aber es ist kein sicherer Geschlechtsunterschied. Leguane tragen 144 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien drei kleine Höckerchen auf der Nase. Charakteristisch sind der Rückenkamm und die Kehlwamme, die von den Männchen zum Imponieren genutzt wird. Beide Merkmale sind beim Männchen weitaus deutlicher als bei den Weibchen. Lange Krallen an den Füßen helfen beim Klettern, der lange, peitschenförmige Schwanz weißt eine schwarze Bänderung auf. Er dient zum Schwimmen, aber auch als Verteidigung. Der Grüne Leguan ernährt sich streng vegetarisch, hauptsächlich durch Blätter, manchmal ergänzt er seinen Speiseplan auch durch Früchte. Männchen sind stark revierbildend und dulden keine anderen Männchen in ihrem Bereich. Grüne Leguane leben oft als Einzelgänger oder in Kleingruppen. Die Männchen imponieren den Weibchen durch einen hochgestreckten Körper mit aufgestellter Kehlwamme, dabei nicken sie und schütteln den Kopf. Nur selten kommt es zu Kämpfen zwischen zwei Männchen, da sich durch das gegenseitige Imponiergehabe meist eines verscheuchen lässt. Wenn sich aber keines zurückzieht, wird angegriffen und es kann zu Verletzungen kommen. Falls eine Gefahr durch einen Fressfeind droht, lassen sich die Leguane von den Baumkronen, auf denen sie sich oft sonnen, ins Wasser fallen und schwimmen schnell davon. Junger Grüner Leguan Weibchen der Grünen Leguane beim Sonnenbaden Leguan-Männchen mit typischer Kehlwamme Helmleguan (Cortytophanes cristatus) Diese Leguanart, die auch unter dem Namen Waldchamäleon bekannt ist, kommt vom Süden Mexikos bis hin zum nordöstlichen Kolumbien in den tropischen Regenwäldern Amerikas vor und hält sich vorwiegend in Büschen oder auf niedrigeren Bäumen auf. Sie wird bis zu 34 cm lang und hat einen dünnen, seitlich verdichteten Körper mit langen Extremitäten, einem langen Schwanz und den typischen Leguanfüßen. Der Helmleguan besitzt einen sehr hohen Hinterkopfkamm, gefolgt von einem niedrigen Kamm, der über den ganzen Rücken verläuft. Männliche Tiere unterscheiden sich von weiblichen durch einen höheren Hinterkopfkamm. Das Aussehen der Schuppen variiert von gekörnten bis gerauten Schuppen. Wenn das Tier sich bedroht fühlt, kann es seinen Hinterkopfkamm noch zusätzlich vergrößern. Diese Eidechsen verlassen sich sehr stark auf ihre Tarnung und sitzen bei Gefahr absolut still da, da sie bis zu einem gewissen Grad die Farbe ihres Untergrundes Helmleguan im Esquinas annehmen können. Die Farbe dieser Tiere kann von braun, grün, über oliv Regenwald bei La Gamba zu grau variieren, mit helleren und dunkleren Musterungen. GECKOS Geckos bevölkern schon seit ca. 50 Millionen Jahren die Erde und haben sich beinahe weltweit ausgebreitet. Da sie eine hohe Anpassungsfähigkeit haben, haben sie sich die verschiedensten Lebensräume erobert. Sie kommen heute in den gemäßigten Zonen, in den Wüsten und den Tropen vor. Aufgrund ihrer großen Verbreitung gibt es heute 97 Gattungen mit über 1.081 Arten, die man in fünf Unterfamilien einteilen kann, abhängig von Abstammung und Gestalt. Eine weitere Unterteilung bezieht sich auf die Zehen der Geckos. Lamellengeckos können nämlich durch Adhäsion kopfüber an Scheiben laufen, da die Lamellen an ihren Füßen, die mit Billionen feinster Härchen besetzt sind, Atombindungen mit dem Untergrund eingehen. Krallengeckos hingegen können das nicht. Faltengeckos sind sogar zum Segelflug befähigt. Es gibt bei den Geckos heute insgesamt 6 Unterteilungen allein bei der Klassifikation der Füße. 145 Barbara Lukasch, Gina Philipp Reptilien und Amphibien Geckos sind kleine bis mittelgroße Echsen, die zwischen 4 und 40 cm groß sind. Die meisten Geckos sind dämmerungs- oder nachtaktiv, haben dementsprechend eine unauffällige Färbung und eine Spaltpupille, mit der sie nachts gut sehen können. Diese Insektenfressenden Tiere sind sehr flink und scheu, obwohl einige Arten sich oft in der Nähe von Menschen aufhalten. Manche Arten, so wie der Taggecko, sonnen sich gerne auf Steinen oder Hauswänden. Taggeckos sind im Gegensatz zu ihren nachtaktiven Verwandten auffälliger gefärbt und besitzen eine runde Pupille. Asiatischer Hausgecko (Hemidactylus frenatus) Diese Geckoart kommt ursprünglich aus Südostasien. Sie wurde aber nach Mexiko, Somalia, Madagaskar, Mauritius, Südafrika, Nord-Australien, den Ozeanischen Inseln und Costa Rica eingeschleppt. Sie hat eine sehr hohe Verbreitung und ist in vielen Teilen der Erde heimisch geworden, von halbfeuchten bis trockenen Gebieten. Zu finden ist sie vor allem an Felsen, Steinhaufen, Palmen und auch in der Nähe von Häusern. Sie wird 12 – 15 cm groß, ihre Färbung ist gelblichbraun bis graubraun, doch in der Nacht, wo sie am aktivsten wird, sieht ihre Färbung hell und zeichnungslos aus. An den Zehen befinden sich Haftlamellen, mit denen sie senkrecht auf Häuserwände oder Bäume klettern kann. Die Männchen besitzen im Gegensatz zu den Weibchen Femoralporen an der Unterseite der Oberschenkel, die man als dunkle Punkte erkennen kann und die als Unterscheidungsmerkmal zwischen Männchen und Weibchen dienen. Ihr Körper ist mit vielen Körnchenschuppen bedeckt und auf ihrem Rücken sind einige Höcker-Schuppen zu finden. Auf ihrem Schwanz verlaufen sechs Längsreihen von kegelförmigen Schuppen. Literaturangaben BLAB, J., VOGEL, H., (1989): Amphibien und Reptilien: Kennzeichen, Biologie, Gefährdung; München, BLV, 143 HABER, H., (2006): Costa Rica. Apa Guide; Langenscheidt KG, Berlin und München, 203, 240 – 241 HUBER, W., WEISSENHOFER, A.: The amphibians and reptiles of the Golfo Dulce Region Costa Rica; Rema-Print, Vienna, 46 – 62 SAVAGE, J. M., (2002): The amphibians and reptiles of Costa Rica; The University of Chicago Press, 535 – 779 http://de.wikipedia.org/wiki/Amphibien http://de.wikipedia.org/wiki/Reptilien http://www.costarica-dreams.de/kultur/schildkroeten.htm http://planet-wissen.de http://www.regenwaldreisen.ch/regenwaldbewohner/amerikansiche%20lanzenotter.htm http://www.travelcostarica.de/flora-fauna.html 146 Andrea Pichlmair Vögel 5.5 VÖGEL Costa Rica ist vielleicht das einzige Land, in dem so viele Vogelarten auf so kleinem Raum leben. Insgesamt beherbergt dieses Land mehr als 830 Arten. Dazu kommen mehr als 200 Zugvogelarten, die jedes Jahr aus anderen Ländern nach Costa Rica kommen. Die Vögel bewohnen die verschiedensten Lebensräume wie zum Beispiel die zwei unterschiedlichen Küsten am Atlantik und Pazifik, die Mangroven, die Flüsse oder die Wälder im Hoch- und Tiefland. Einige Spezies sind nur zu bestimmten Jahreszeiten in Costa Rica anzutreffen, weil sie sich auf dem Durchzug befinden. Im folgenden Beitrag werden die häufigsten Gruppen und Arten beschrieben. 5.5.1 Apodiformes (Seglervögel) Mitglieder dieser Ordnung teilen sich die Fähigkeit ihre Flügel vom Gelenk an zu rotieren, um Kraft sowohl mit dem Flügelaufschlag, als auch mit dem Flügelabschlag, zu gewinnen. Die Flügel bleiben dabei vollständig ausgestreckt. Die Vögel, die zu dieser Ordnung gehören, können weder gehen noch hüpfen. TROCHILIDAE: KOLIBRIS Die Familie der Kolibris ist die zweitgrößte und zweifellos die bekannteste Vogelfamilie der neuen Welt. Sie leben ausschließlich in Amerika. Hier kommen sie von Alaska bis Feuerland vor. Zu ihr gehören 330 Arten. Etwa 130 aller Arten leben in Äquatornähe. Kolibris brüten in hochgelegenen Gegenden und überwintern in wärmeren Regionen. Diese Vögel sind auffallend wegen ihrer kleinen Größe von maximal 20 cm, ihren schillernden Farben, ihrer Art und Weise zu fliegen und ihrer Kampfeslust. Sie sind auf die Nektaraufnahme spezialisiert. Nektar ist hoch konzentriert und eine wichtige Energiequelle. Insekten stellen für diese Vögel die Hauptproteinquelle dar. Der Energieverbrauch ist im Verhältnis zu ihrer Größe extrem hoch. Um Energie zu sparen, beispielsweise in kalten Nächten, ist es den Tieren möglich ihre Körpertemperatur unter die aktive Grenze zu senken. Dafür wird auch die Pulsfrequenz herabgesenkt. Diese Fähigkeit ist auch während des Schlafens extrem wichtig, da die Tiere sonst wegen ihres extrem hohen Stoffwechsel verhungern würden. Normalerweise schlägt das Herz der Kolibris 400 – 500 mal pro Minute. Die Atemfrequenz liegt bei bis zu 250 Atemzügen pro Minute. Kolibris fliegen mit bis zu 80 Flügelschlägen pro Sekunde. Es ist ihnen nicht nur möglich vorwärts, sondern auch seitwärts und rückwärts zu fliegen. Ihre Fähigkeit, dass sie in der Luft stehen bleiben können, ist wichtig für die Nektaraufnahme. Das Nest wird von den Weibchen aus Spinnweben, Pflanzenwolle, Flechten und Moos gebaut. Es befindet sich in niedriger Höhe im Gebüsch oder auf Bäumen. Das Weibchen legt 2 weiße Eier. Die Brutzeit beträgt 15 – 19 Tage und nur selten länger. Die Jungen bleiben für 20 – 26 Tage im Nest. Hier werden sie von der Mutter bis zu 140 mal pro Tag gefüttert. Zu den natürlichen Feinden der Kolibris zählen Schlangen, Raubvögel und Raubkatzen. Grünscheitelbrillant, Green-Crowned Brilliant (Heliodoxa jacula) Dieser 13 cm große und 9,5 g schwere Kolibri kommt in Höhenlagen von 700 – 2.000 m südlich der Cordillera de Guanacaste bis nach Panama vor. Er hält sich bevorzugt in feuchten Wäldern auf. Fast der gesamte Körper ist metallisch grün befiedert. Das Gefieder an den Schenkeln ist weiß. Der Schnabel ist schwarz. Über und unter den Augen befinden sich schmale weiße Streifen. Purpurdegenflügel, Violet Sabrewing (Campylopterus hemileucurus) Dieser Kolibri ist 15 cm groß. Die Männchen wiegen 11,5 g und die Weibchen 9,5 g. Sie wohnen in Höhenlagen von 1.500 - 2.400 m. Das Gefieder der Männchen ist überwiegend glänzend violett gefärbt. Der untere Rücken und der Schwanz sind dunkelgrün. Der Schnabel ist lang, schwarz und nach unten gebogen. Die Weibchen sind am Rücken hellgrün gefärbt. Der Bauch ist weiß, die Kehle ist grau und bei beiden Geschlechtern sind die äußeren drei Schwanzfedern weiß. 147 Andrea Pichlmair Vögel Purpurkehlnymphe, Purple-Throated Moutain-Gem (Lampornis (castaneoventris) calolaema) Diese Kolibris sind 10,5 g groß. Die Männchen wiegen 6 g, die Weibchen nur 4,8 g. Sie bevorzugen Höhenlagen oberhalb von 800 m. Der Kopf und der Rücken der Männchen sind grünlich gefärbt. Die Kehle ist violett. Der Bauch ist dunkelbraun befiedert. Hinter den Augen befinden sich weiße Streifen. Auch die Weibchen tragen weiße Streifen hinter den Augen. Die Bauchseite ist hellbraun gefärbt. Der Rücken und die Flügel sind grün befiedert. Der Schwanz und der Schnabel Purpurkehlnymphe (links) und sind schwarz. Grünscheitelbrillant (rechts) 5.5.2 Passeriformes (Sperlingsvögel) 60 % aller Vogelarten gehören zu dieser Ordnung. Diese Ordnung kann in zwei große Gruppen unterteilt werden: die Gruppe der “echten” Singvögel mit einem komplexen Syrinx, zu der etwa 80 % dieser Ordnung gehören, und die Gruppe der Vögel mit einem einfacher gebauten Syrinx. TYRANNIDAE: FLIEGENSCHNÄPPER Die Familie der Fliegenschnäpper umfasst ungefähr 384 Arten und ist somit die größte Vogelfamilie der westlichen Hemisphäre. Die Fliegenschnäpper erreichen eine Größe von bis zu 30 cm. Das Gefieder ist oliv, grau oder braun gefärbt. Viele Arten haben eine gelbe Bauchseite. Der Schnabel ist breit und flach. Er ist ideal um Insekten zu fangen. Die Geschlechter sind sehr ähnlich. Auch die Jungen unterscheiden sich nur minimal von den Eltern. Die Männchen helfen fast immer beim Nestbau, die Eier werden aber fast immer von den Weibchen ausgebrütet, die auch die Aufzucht der Jungen übernehmen. Die Nester sind immer an die Umgebung angepasst, und deshalb sehr unterschiedlich. Meistens befinden sie sich jedoch in Bäumen. Nur selten werden Nester am Boden gebaut. Die Fliegenschnäpper legen 2 – 6 Eier, je nach Art. Die Brutzeit beträgt 12 – 23 Tage. Nach 14 – 28 Tagen verlassen die Jungen das Nest. Gelbbauch-Spateltyrann, Common Tody-Flycatcher (Todirostrum cinereum) Der Gelbbauch-Spateltyrann ist zwar nur 9,5 cm groß und 6,5 g schwer, aber an seiner leuchtend gelben Vorderseite schon von weitem zu erkennen. Er hat einen großen schwarzen Kopf mit einem langen, geraden, flachen Schnabel. Sein Gefieder ist überwiegend dunkelgrau oder olivegrün gefärbt. Der Vogel hält sich an schattigen Plätzen wie zum Beispiel in Büschen, im Sekundärwald und in Mangroven auf. Er ernährt sich hauptsächlich von kleinen Insekten. Kopfbindentyrann, White-Ringed Flycatcher (Coryphotriccus albovittatus) Der Kopfbindentyrann erreicht eine Größe von 16 cm und ein Gewicht von 24 g. Wie die meisten Vertreter dieser Familie trägt auch er ein gelbes Gefieder an der Bauchseite. Sein schwarzer Schnabel ist länger als der seiner Verwandten. Die Flügel, sowie der Kopf, sind bräunlich gefärbt. Den Namen erhielt dieser Vogel wegen dem breiten, weißen Streifen über den Augen, der sich bis in den Nacken zieht. Diese Vögel leben in Gruppen von 2 – 5 Tieren in Bäumen, die an Wasserstraßen grenzen. Als Nest verwenden sie alte Spechtlöcher, in die sie zwei cremefarbene Eier legen. Panamatyrann, Panama Flycatcher (Myiarchus panamensis) Der 19 cm große und 32 g schwere Panamatyrann ist vor allem im Mangrovenbereich an der Pazifikküste weit verbreitet. Der Kopf und der Nacken dieser Vögel ist matt oliv gefärbt. Das Gesicht, die Kehle, die Brust und die Flügel sind grau gefärbt. Die Bauchseite ist gelb befiedert. Die Beine und der Schnabel sind schwarz. Als Nest wird ein Loch im Baum in einer Höhe von 4 – 12 m verwendet. Die Vögel ernähren sich von Beeren und von von Insekten, die sie über der Wasseroberfläche fangen. 148 Andrea Pichlmair Vögel HIRUNDINIDAE: SCHWALBEN Zu dieser Familie gehören ca. 80 Arten. Die Schwalben sind außer in den Polargebieten überall beheimatet. Sie haben lange Flügel, einen kurzen, flachen Schnabel und kurze Beine. Meistens sind sie dunkel gefärbt. Die Weibchen sind meistens schlanker. Schwalben ernähren sich hauptsächlich von Insekten, die sie im Flug fangen. Das Nest aus Gras und Schlamm wird von beiden Geschlechtern gebaut. Die 3 – 7 Eier werden von beiden Geschlechtern ausgebrütet und gefüttert. Die Brutzeit beträgt 13 – 19 Tage. Nach 18 – 28 Tagen verlassen die Jungen das Nest. Mangrovenschwalbe, Mangrove Swallow (Tachycineta albilinea) Die Mangrovenschwalbe ist ca. 13 cm groß und wiegt 14 g. Ihr Gefieder ist stahlgrün gefärbt. Die Farbe geht mit dem Alter mehr ins Blaue über. Das Gefieder der Weibchen ist matter. Die Brust ist weiß gefärbt. Der Schnabel und die Füße sind schwarz. Die Mangrovenschwalbe kommt bevorzugt an weiten, stillen Wasserflächen, wie Flüssen, Seen, Salzseen, und manchmal auch im Sumpfland vor. Sie fliegen über die Wasseroberfläche und jagen dort nach Insekten. Das Nest wird hauptsächlich aus Gras, in einer Höhe von maximal 2 m, gebaut. Es ist immer unmittelbar in Wassernähe. Diese Vögel legen 3 – 5 weiße Eier. THRAUPIDAE: TANGARE Zu der Familie der Tangare gehören etwa 230 Arten. Sie sind vor allem in den Tropen und Subtropen der westlichen Hemisphäre beheimatet. Sie leben vor allem in den feuchten Wäldern bis zu einer maximalen Seehöhe von 1.200 m. Sie erreichen eine Größe von bis zu 30 cm. Die Tangare haben einen kurzen, dicken Schnabel. Sie ernähren sich hauptsächlich von Früchten und Samen, aber auch von Insekten. Ihr Gefieder ist schwarz, weiß, braun, grau oder oliv gefärbt. Die Geschlechter sehen sich sehr ähnlich. Die meisten Tangare bauen ihre Nester in den Bäumen, nur einige nutzen kleine Höhlen oder bauen sie auf dem Boden. Oft helfen die Männchen beim Nestbau, doch die 2 – 3 Eier werden vom Weibchen alleine ausgebrütet. Die Brutzeit beträgt 12 – 18 Tage. Die Jungen werden von beiden Eltern gefüttert. Nach 11 – 24 Tagen verlassen sie das Nest. Passerinitangar, Scarlet-Rumped Tanager (Ramphocelus passerinii) Die 16 cm großen und 31 g schweren Passerinitangare sind vor allem im karibischen Tiefland, sowie an der südlichen Pazifikküste heimisch. Diese Vögel sind bis in Höhenlagen von 1.200 m anzutreffen. Sie halten sich vor allem im Sekundärwald, im Gebüsch oder in Gärten auf. Die Männchen tragen fast überall samtschwarzes Gefieder. Der untere Abschnitt des Rückens ist jedoch scharlachrot gefärbt. Der dicke Schnabel ist silbrigglänzend mit schwarzem Ende. Die Beine sind schwarz. Die Weibchen der karibischen Rasse haben einen braungrauen Kopf. Der Rücken ist olivgrün, der Bauch ist blasser und leuchtender gefärbt. Die Flügel sind dunkel, der Schnabel ist grau. Bei den Weibchen der pazifischen Rasse sind die Kehle und der Bauch orange gefärbt ist. Das Nest wird aus trockenen Blättern gebaut, die mit fasrigem Material zusammengebunden werden. Es befindet sich meist in einer Höhe von 0,3 – 6 m. Die Weibchen legen zwei blassblaue oder graue Eier. Kopfbindentyrann (Coryphotriccus albovittatus) Mangrovenschwalbe (Tachycineta albilinea) Passerinitangar (Ramphocelus passerinii) 149 Andrea Pichlmair Vögel 5.5.3 Trogoniformes (Trogone) TROGONIDAE: TROGONS Quetzal, Resplendent Quetzal (Pharomachrus mocinno) Dieser Vogel erreicht eine Größe von 36 cm und ein Gewicht von 210 g. Die Männchen können noch einen 64 cm langen Schwanz tragen. Die Vögel sind prachtvoll gefärbt. Der Bauch ist leuchtend rot befiedert. Die Brust ist grün-blau gefärbt. Der Schnabel der Männchen ist elfenbeinfarben. Die Weibchen sind grün befiedert. Der Quetzal kommt in Höhenlagen über 1.200 m vor. Sie bewohnen die feuchten Wälder. Das Weibchen legt zwei blassblaue Eier in ein Baumloch. 5.5.4 Falconiformes (Greifvögel) Das größte Merkmal der Vögel dieser Ordnung ist ihr stark hakenförmiger Schnabel. CATHARTIDAE: NEUWELTGEIER Es sind sieben Arten von Neuweltgeiern bekannt. Sie erreichen ein Gewicht von bis zu 12 kg und eine Flügelspannweite von 3 m. Das Gefieder ist meistens schwarz gefärbt. Sie haben einen kahlen Kopf, der rot, gelb oder schwarz gefärbt sein kann. Sie gleiten durch die Lüfte auf der Suche nach Aas, ihrem Hauptnahrungsmittel. Manchmal töten sie kleine lebende Tiere oder essen Früchte. Die Neuweltgeier bauen keine Nester, sondern legen 1 – 2 weißen Eier auf den Boden, in Höhlen oder in irgendeinen anderen geschützten Platz. Beide Elternteile brüten, suchen Futter und ziehen die Jungen auf. Die Brutzeit beträgt 32 – 58 Tage. Nach 10 – 25 Tagen können die Jungen fliegen. Truthahngeier, Turkey Vulture (Cathartes Aura) Die 76 cm großen und 1,4 kg schweren Truthahngeier sind schwarz gefärbt. Sie sind an ihrem nackten, roten Kopf leicht zu erkennen. Bis in Höhenlagen von 2.000 m sind diese Vögel überall anzutreffen. Sie ernähren sich hauptsächlich von Aas. Sie sind entweder allein oder in Gruppen von bis zu fünf Vögeln unterwegs. Rabengeier, Black Vulture (Coragyps atratus) Die Rabengeier sind komplett schwarz gefärbt. Sie sind 64 cm groß, wiegen 1,8 kg und sind hauptsächlich in Stadtnähe, aber auch in offenen Landschaften zu finden. Sie ernähren sich hauptsächlich von Früchten und frisch geschlüpften Meeresschildkröten. Königsgeier, King Vulture (Sarcoramphus papa) Dieser 81 cm große und 3,5 kg schwere Vogel ist schwarz gefärbt und dem Rabengeier sehr ähnlich. Er lebt hauptsächlich in lichtem Wald, manchmal in sehr großen Höhen. ACCIPITRIDAE: FALKEN, ADLER Die meisten der 205 Arten, die zu dieser Familie gehören, sind großartige Flieger. Alle Arten haben starke Beine mit scharfen Krallen. Ihr Gefieder ist meistens grau, braun, schwarz und weiß. Die Weibchen sind größer als die Männchen, haben jedoch meistens dieselbe Farbe. Normalerweise jagen diese Vögel in eigenen Jagdrevieren, die sie paarweise verteidigen. Das Nest aus Stöcken und Blättern wird von beiden Geschlechtern gebaut. Das Weibchen brütet die 1 – 6 weißen Eier aus. Die Brutzeit beträgt 28 – 49 Tage. Nach 28 – 120 Tagen können die Jungen fliegen. Die Jungen bleiben normalerweise bei den Eltern bis sie genügend Erfahrung beim Jagen haben. Wegebussard, Roadside Hawk (Buteo magnirostris) Das Gefieder dieses Greifvogels ist überwiegend grau, die Bauchseite ist hellbraun und weiß, die Flügel sind dunkelbraun, Beine und Schnabel sind gelb gefärbt. Er ist 290 g schwer und 38 cm groß. 150 Andrea Pichlmair Vögel Er kommt hauptsächlich an der südlichen Pazifikküste an Lichtungen, breiten Straßen und Feldern vor. Er ernährt sich hauptsächlich von Insekten oder kleinen Säugetieren und Reptilien, die er mit seinem scharfen, hakenförmigen Schnabel jagt. Rabengeier (Coragyps atratus) „Schnecken-Milan“ (Rostrhamnus sociabilis) Wegebussard (Buteo magnirostris) 5.5.5 Pelecaniformes (Ruderfüßer) Die Vögel dieser Ordnung sind die einzigen, bei denen alle vier Zehen mit einer Schwimmhaut verbunden sind. PELECANIDAE: PELIKANE Pelikane sind große Vögel mit kurzen Beinen, großen Flügel, langem Nacken und großem, geradem Schnabel mit einem großen Beutel. Das Gefieder ist weiß, grau oder braun. Die Geschlechter sehen gleich aus, obwohl die Männchen meistens größer sind. Die Farbe des Gesichts, des Schnabels, des Beutels und der Augen verändert sich während des Brutzyklus. Pelikane brüten in Kolonien und fliegen oft in V-Formationen. Sie fressen hauptsächlich Fisch, den sie beim Schwimmen fangen. Sie tauchen nicht unter, sondern fahren nur mit dem Schnabel ins Wasser. Dieser ist perforiert, sodass das Wasser abrinnen kann und sie es nicht mit dem Fisch mitschlucken müssen. Beide Geschlechter helfen beim Nestbau, beim Brüten der 1 – 4 weißen Eier und beim Füttern der Jungen. American White Pelican (Pelecanus erythrorhynchos) Diese 125 cm großen Seevögel erreichen ein Gewicht von 7 kg. Ihr Gefieder ist schwarz, ihr Schnabel ist gelb gefärbt. Ihre natürlichen Lebensräume sind Süßwasser-Lagunen, Sumpfland und manchmal auch ruhige Buchten an der Pazifikküste. Braunpelikan, Brown Pelican (Pelecanus occidentalis) Diese Seevögel wiegen 3 kg und werden 109 cm groß. Sie sind großartige Segelflieger und Sturztaucher. Sie gleiten über der Wasseroberfläche dahin und stürzen dann plötzlich ins Wasser um Fische zu fangen. Ihr Körper ist braungrau, der Kopf weiß, die Füße schwarz und der Schnabel ist bräunlich gefärbt. Sie sind hauptsächlich an der Pazifikküste zu finden. PHALACROCORACIDAE: KORMORANE Die Familie der Kormorane beherbergt 28 Arten mittelgroßer bis großer Wasservögel. Sie haben kurze Beine, einen langen Hals und einen länglichen Körper. Der Schnabel ist zylinderartig mit einem Haken am Ende. Das Gefieder ist meistens schwarz, nur wenige Exemplare sind grau. Diese Wasservögel leben sowohl an den Küstengewässern, als auch an den Gewässern im Landesinneren, wo sie nach Fischen jagen. Das Gefieder ist nicht wasserabweisen und muss deshalb nach dem Tauchen getrocknet werden. Beide Geschlechter helfen beim Nestbau, beim Brüten der 2 – 4 151 Andrea Pichlmair Vögel blaugrünen Eier und beim Aufziehen der Jungen, die nach 5 – 8 Wochen das Nest verlassen. Olivaceous Cormorant (Phalacrocorax olivaceus) Dieser Vogel ist der einzige Kormoran, der nur in Costa Rica vorkommt. Er erreicht eine Größe von 66 cm und ein Gewicht von 1,1 kg. Er ist vor allem in der Nähe von flachen klaren Gewässern zu finden, wie zum Beispiel an Flüssen, Seen, an offenen Sumpflandschaften und Salzseen. Hier jagen sie in Gruppen nach Fischen. Sie sind ausgezeichnete Taucher. Er trägt überwiegend schwarzes Gefieder. Der Kopf und der Hals sind braun gefärbt. Der Schnabel ist grau bis schwarz, die Füße sind ebenfalls schwarz. Das Nest ist eine kompakte Fläche aus Stöcken und wird in einer Höhe von 9 – 30 m in die Baumkronen gebaut. Die Weibchen legen 3 – 4 Eier. ANHINGIDAE: ANHINGAS Die Familie der Anhingas besteht aus vier Arten. Ihre nähesten Verwandten sind die Kormorane. Sie sind durch den langen schlangenartigen Hals und den spitzen länglichen Schnabel erkennbar. Die Beine sind kurz. Zwischen den Zehen tragen sie Schwimmhäute. Ihr Körper ist ca. 90 cm lang und dunkel gefärbt. Nur der Hals, die Brust und der Kopf sind hell befiedert. Diese Wasservögel findet man vor allem im Tiefland der Küstenebenen, wie zum Beispiel rund um den Nationalpark Caño Negro. Sie ernähren sich ausschließlich von Fischen, die sie mit ihrem Schnabel unter Wasser aufspießen und sind deshalb nur am Wasser zu finden. Das Gefieder ist nicht eingefettet und muss deshalb nach jedem Tauchgang getrocknet werden. Aus diesem Grund sieht man die Vögel oft mit ausgebreiteten Flügeln auf Ästen sitzen. Sie legen 3 – 5 Eier, in Nester aus Stöcken welche mit Moos oder Gras ausgelegt und in Baumkronen oder Büsche gebaut werden. Die Brutzeit beträgt ca. vier Wochen. Nach fünf Wochen verlassen die Jungen das Nest und nach zwei Wochen können sie fliegen. Amerikanischer Schlangenhalsvogel, Anhinga (Anhinga anhinga) Der Schlangenhalsvogel erreicht eine Größe von 86 cm und ein Gewicht von 1,2 kg. Er hat einen extrem langen und dünnen Hals und einen kleinen Kopf. Der Schnabel ist lang, scharf und spitz. Die Flügel sind groß. Der Körper ist überwiegend schwarz befiedert und teilweise grau, weiß und braun gefleckt. Der Schlangenhalsvogel lebt vorzugsweise an Seen, Flüssen, Lagunen und in den Mangroven. Hier schwimmt er schlangenartig im Wasser und jagt nach Fischen. Er ernährt sich aber auch von Insekten, jungen Kaimanen und kleinen Schildkröten. Das Nest, eine Fläche aus Stöcken, ist mit Blättern ausgelegt und befindet sich etwa 6 m über dem Boden. Die Weibchen legen 3 – 5 blaugrüne Eier. Braunpelikan (Pelecanus occidentalis), Golfo Dulce Neotropischer Kormoran (Phalacrocorax brasilianus) Amerik. Schlangenhalsvogel (Anhinga anhinga) FREGATIDAE: FREGATTVÖGEL Zur dieser Familie gehören fünf Arten. Die Fregattvögel sind große Seevögel mit extrem langen Flügeln, kurzen Beinen und Füßen und einem langen hakenförmigen Schnabel. Ihr Gefieder ist überwiegend schwarz, mit einem weißen Bauch. Der rote Bereich an der Kehle der Weibchen kann zu einem großen roten Ballon aufgeblasen werden, um sich den Männchen zur Schau zu stellen. Ansonsten sehen die Weibchen den Männchen sehr ähnlich, sind jedoch erheblich größer. 152 Andrea Pichlmair Vögel Fregattvögel sind großartige Künstler der Lüfte. Sie sind Räuber und ernähren sich hauptsächlich von dem was sie knapp unter der Wasseroberfläche des Ozeans finden können: Fische, Quallen, etc. Manchmal stehlen sie aber auch den Fang anderer Artgenossen, wenn diese ihn irrtümlich ausspeien. Das Nest besteht aus Stöcken und befindet sich an der Spitze von Büschen oder Bäumen. Es wird vom Männchen mit dem Material gebaut, das das Weibchen bringt. Beide Geschlechter brüten das einzelne weiße Ei aus und füttern das Junge, das nackt schlüpft. Nach 6 – 8 Wochen schlüpft das Junge. Nach weiteren fünf Wochen kann es fliegen. Es bleibt aber mindestens noch ein Jahr bei der Mutter. Magnificent Frigatebird (Fregata magnificens) Dieser Fregattvogel erreicht eine Größe von 91 cm und ein Gewicht von 1,2 kg. Er ist vor allem an den Küstengewässern heimisch. Hier jagen sie nach Fischen und Schildkröten. Die Männchen sind überwiegend schwarz befiedert. Die Flügel sind eher braun gefärbt. Der Schnabel ist grau. Die Kehle ist pink. Die Kehle und der Kopf der Weibchen sind schwarz. Ihr Bauch ist weiß befiedert. Die Flügel sind blassbraun gefärbt. Das Nest ist eine Fläche aus Ästen. Great Frigatebird (Fregata minor) Mit einer Größe von 89 cm und einem Gewicht von 1 kg ist der „Great Frigatebird” etwas kleiner als der “Magnificent Frigatebird”. Das Gefieder ist aber sehr ähnlich gefärbt. Die Fregattvögel zweier unterschiedlicher Arten sind sich gegenüber meistens aggressiv. 5.5.6 Ciconiiformes (Schreitvögel) Die Hauptmerkmale der Vögel dieser Ordnung sind ihre langen Beine und ihr langer Hals. Meistens waten diese Vögel durch das Wasser auf der Suche nach Nahrung. ARDEIDAE: REIHER Das besondere Kennzeichen der 58 Arten von Reihern ist ihr langer Hals, den sie nach vorne schnellen lassen können, um mit ihrem speerförmigen Schnabel Insekten, Wirbeltiere oder wirbellose Tiere zu schnappen oder aufzuspießen. Sie fliegen meistens mit angezogenem Hals. Diese Vögel leben im Sumpfland, an Küsten und an Flüssen. Ihr Gefieder kann weiß, grau, blau, braun oder purpur gefärbt sein. Die Farbe des Schnabels, der Beine und des Gesichts verändert sich regelmäßig. Die beiden Geschlechter sehen sich sehr ähnlich. Die Männchen sind jedoch meistens größer. Die meisten Reiher leben in Kolonien. Das Nest aus Stöcken wird meistens vom Weibchen gebaut. Die Brut der blauen oder weißen Eier, sowie die Aufzucht der Jungen, wird von beiden Eltern übernommen. Nach 16 - 30 Tagen schlüpfen die Jungen und verlassen das Nest nach 35 – 50 Tagen. Kuhreiher, Cattle Egret (Bubulcus ibis) Die 51 cm großen und 350 g schweren Kuhreiher sind meistens auf Weideflächen, Wiesen und großen Lichtungen zu finden. Sie halten sich in der Nähe von Pferden oder Kuhherden auf, wo sie nach Insekten jagen. Ihr gesamter Körper ist weiß gefärbt. Der Schnabel ist gelb und die Beine sind schwarz. Diese Vögel haben im Gegensatz zu den anderen Reihern einen relativ kurzen Hals. Ursprünlich stammt der Kuhreiher aus Afrika, wurde aber in den 1950er Jahren nach Südamerika verschleppt und breitet sich nun in ganz Südamerika bis Argentinien und Richtung Norden bis nach Nordamerika aus. Kahnschnabelreiher, Boat-Billed Heron (Cochlearius cochlearius) Die Kahnschnabelreiher erreichen eine Größe von 51 cm und ein Gewicht von 600 g. Sie sind sehr leicht an ihrem großen Kopf, den großen dunklen Augen und dem mächtigen schuhförmigen Schnabel erkennbar. Diese Vögel tragen einen schwarzen Federschopf, der am Hinterkopf herabhängt. Das Gefieder an der Stirn und an der Kehle ist weiß gefärbt. Das Gesicht ist schwarz, der Bauch ist blassrosa und die Flügel sind aschgrau gefärbt. Die Kahnschnabelreiher leben hauptsächlich an bewaldeten Flussläufen, in Mangroven oder an Flussmündungen. In der Nacht jagen sie nach Fischen. 153 Andrea Pichlmair Vögel Sie brüten in kleinen Kolonien. Die Nester bestehen aus Stöcken und werden in einer Höhe von 1 – 5 m gebaut. Blaureiher, Little Blue Heron (Egretta caerulea) Der Blaureiher ist mit 61 cm Körpergröße und 325 g Körpergewicht ein mittelgroßer Vertreter dieser Familie. Das Gefieder ist an Körper und Flügel dunkel graublau, an Kopf und Nacken ist es dunkelbraun gefärbt. Der Schnabel ist hauptsächlich grau und nur an der Spitze schwarz. Die Beine sind graugrün gefärbt. Während der Brutzeit geht die Gesichtsfarbe in blau über. Der Blaureiher ist hauptsächlich in Lagunen, an Salzseen, Flüssen und im Sumpfland anzutreffen. Das Nest wird aus Stöcken in den Mangroven, in einer Höhe von 2 – 4 m gebaut. Darin legen die Blaureiher 2 – 4 blaugrüne Eier. Seidenreiher, Snowy Egret (Egretta thula) Der gänzlich weiß gefärbte Seidenreiher erreicht eine Größe von 61 cm und ein Gewicht von 375 g. Nur der Schnabel und die Beine sind schwarz, die Füße sind gelb. Die Seidenreiher halten sich vor allem in der Nähe von Sumpfland, Flussmündungen, Lagunen und Salzseen bis in Höhenlagen von 700 m auf. Das Nest aus Stöcken befindet sich in der Nähe von Gewässern, in einer Höhe von 2 – 4 m, in das 3 – 4 blaugrüne Eier gelegt werden. Silberreiher, Great Egret (Casmerdius albus) Mit einer Größe von 101 cm und einem Gewicht von 950 g ist der Silberreiher der größte Vertreter seiner Familie. Von allen Reihern besitzt er den längsten Hals. Er ist komplett weiß befiedert. Die Beine sind lang und schwarz. Der Schnabel ist gelb gefärbt. Er hält sich hauptsächlich in der Nähe von Flüssen und Sumpfland auf. Seine Hauptnahrungsquelle sind Fische und Frösche. Die 2 – 3 blaugrünen Eier werden in ein Nest aus dünnen Zweigen gelegt. THRESKIORNITHIDAE: IBIS, LÖFFLER Die Familie der Ibise und Löffler umfasst 33 Arten. Sie sind vor allem in den tropischen Breiten heimisch. Die Arten dieser Familie haben kürzere Beine und Hälse als die meisten Reiher. Ihr Gefieder ist meistens weiß, braun oder schwarz gefärbt, manchmal aber auch rosa oder rot. Die Schnäbel der Ibise sind gebogen, die der Löffler sind an der Spitze abgeflacht. Alle Mitglieder dieser Familie können sehr gut fliegen. Ibise und Löffler ernähren sich hauptsächlich von Fisch, Insekten und manchmal auch von Gemüse. Sie sind Bewohner des Sumpflandes oder der Küste. Manche Vögel leben aber auch im Wald. Beide Geschlechter beteiligen sich am Nestbau, am Ausbrüten der 2 – 5 weiß bis blauen Eier, und an der Aufzucht der Jungen. Das Nest besteht aus Stöcken oder Gras und befindet sich in den Bäumen, am Boden oder am Riff. Die Brutzeit beträgt 21 – 29 Tage. Nach 30 – 50 Tagen können die Jungen fliegen. Green Ibis (Mesembrinibis cayennensis) Dieser Vertreter erreicht eine Größe von 56 cm und ein Gewicht von 650 g. Er hat einen schweren Körper und weite Flügel. Der Schnabel ist eher klein und schmächtig. Das Gefieder ist schillernd grünschwarz gefärbt, mit einem leichten grünen Glanz, der aus dem unterem Gefieder hervordringt. Am Hinterhaupt trägt dieser Ibis einen zotteligen Kamm. Das Gesicht ist dunkelgrau, mit einem grünen Farbton über den Augen. Das Kinn ist eher pink und die Kehle ist matt blaugrau gefärbt. Der Schnabel ist blassgrün mit gelber Spitze. Er lebt vorzugsweise an bewaldeten Sümpfen und schlammigen Wegen im Wald. Beim Waten durch das Wasser durchsucht er den Schlamm mit dem Schnabel nach Futter. Er ist sesshaft und vor allem im karibischen Tiefland anzutreffen. Auch in der Gegend um den Río Frío und in Sümpfen an der Küste nördlich und südlich von Limón ist er heimisch und weit verbreitet. 154 Andrea Pichlmair Vögel Schneesichler, White Ibis (Eudocimus albus) Der Schneesichler ist 63 cm groß und wiegt 700 g. Er ist ein sesshafter Vertreter dieser Familie und kommt vor allem am Golfo de Nicoya, im Tempisquebecken und im Gebiet um den Río Frío vor. Saisonal ist er sowohl in der Gegend um den Río Frío als auch an der südlichen Pazifikküste anzutreffen. Sein Schnabel ist eher schmal. Es ist der einzige Ibis, der ein fast gänzlich weißes Federkleid trägt. Nur die Flügelspitzen sind schwarz gefärbt. Das Gesicht ist unbefiedert. Der Schnabel und die Beine sind rot. Er kommt bevorzugt an Süßwasser und Salzwasserseen vor. Er hält sich überall dort auf, wo er weichen Schlamm finden kann, den er nach Nahrung durchsucht. Der Schneesichler ist ein geselliger Vogel, der in Gruppen nach Nahrung sucht. Die Schneesichler lassen sich auf Bäumen nieder. Am Schlafplatz, der sich meistens in den Mangroven befindet, versammeln sich die Tiere. Das Nest ist eine Plattform aus Zweigen und wird mit Blättern ausgelegt. Es befindet sich meistens in den Mangroven, in einer Höhe von 1 – 5 m. Glossy Ibis (Plegadis falcinellus) Dieser 85 cm große und 500 g schwere Ibis hat einen langen, dunklen, schmächtigen Schnabel. Das Gefieder ist überwiegend dunkel und glänzend, kastanienbraun gefärbt. Die Flügel sind schwarz mit einem metallisch grünen Glanz. Der Kopf und der Hals sind weiß gefärbt. Das Gesicht ist überwiegend grau. Die Beine sind schwarz. Dieser Vertreter sucht entweder alleine oder in einer kleinen Gruppe nach Nahrung. Um diese zu finden, durchsucht er den weichen Schlamm im seichten Wasser. Er hält sich vorwiegend im Sumpf, am Seerand und an überflutetem Weideland auf. Das Nest wird aus Halmen 2 – 5 m über dem Boden gebaut. Dieser Vogel kommt bevorzugt in der Gegend um Guanacaste vor, aber auch in der Gegend um den Río Frío. Rosa Löffler, Roseate Spoonbill (Ajaja ajaja) Dieser 81 cm große und 1,4 kg schwere Vertreter ist vor allem im Tempisquebecken, am Río Frío und in der Gegend des Golfo de Nicoya heimisch. Charakteristisch ist sein spatelförmiger Schnabel. Er ist der einzige rosarote Vogel in dieser Gegend. Sein Kopf ist unbefiedert und eher grün. Der übrige Körper ist rosa befiedert. Der Schnabel ist auch eher grün, die Beine sind rot. Er ist ein sehr geselliger Vogel, der sich in Gruppen zum schlafen niederlässt. Auch gejagt und gebrütet wird in Gruppen. Er hält sich hauptsächlich in der Nähe von Süßwasser oder Salzwasser auf. Hier taucht er mit dem Schnabel oder mit dem ganzen Kopf unter. Er kehrt mit dem offenen Schnabel über den Grund. Mit den Füßen wühlt er den Schlamm auf und scheucht so Fische, Krustentiere und Insekten auf. Wenn er etwas berührt, schnappt er mit dem Schnabel zu. Das Nest wird aus Stöcken gebaut und befindet sich etwa 1,2 – 5 m über dem Boden in den Mangroven. Kahnschnabelreiher (Cochlearius cochlearius) Silberreiher (Casmerdius albus) Rosa Löffler (Ajaja ajaja) 155 Andrea Pichlmair Vögel 5.5.7 Galliformes (Hühnervögel) CRACIDAE: CHACHALACAS Die 44 Arten dieser Familie sind bevorzugt in den wärmeren Regionen Amerikas heimisch. Die meisten leben in feuchten Wäldern oder in den Wäldern der trockenen Regionen. Die Chachalacas vermeiden dichte Wälder und bevorzugen lichtere Vegetation. Einige wenige Arten kommen auch in großen Höhen in den Bergen vor. Ihr Gefieder ist überwiegend grau, braun, rotbraun, olivgrün, weiß oder schwarz. Nur die unbefiederten Stellen sind leuchtend gefärbt. Beide Geschlechter sind sehr ähnlich gefärbt. Die Männchen sind fast immer größer als die Weibchen. Diese Vögel ernähren sich hauptsächlich von Früchten und Blättern, die sie entweder von den Bäumen rupfen oder die schon zu Boden gefallen sind. Die Nester sind primitiv aus Stöcken und Blättern gebaut. Nur selten befinden sie sich am Boden. Die Weibchen legen 2 – 4 weiße Eier, dessen Schale rau ist. Die Brutzeit beträgt 22 – 34 Tage. Bald danach verlassen die Küken das Nest und hüpfen durch das Gebüsch, wo sie vom Schnabel der Eltern gefüttert werden. Mit der raschen Zerstörung der Wälder werden diese prächtigen Vögel immer seltener. Plain Chachalaca (Ortalis vetula) Der 56 cm große und 650 g schwere Chachalaca hat einen kleinen Kopf und einen langen Hals. Die Kehle ist nackt und leuchtend rot. Der Kopf und der Hals sind grau befiedert. Der Körper und die Flügel sind matt olivbraun. Die Füße sind schwarz gefärbt. Dieser Hühnerartige Vogel bevorzugt trockene und feuchte Wälder, vor allem wenn dort Gebüsch oder Savanne vorhanden ist. Er ist sesshaft und kommt vor allem im Gebirge der Península de Nicoya vor. Er ist sehr gesellig und deshalb meistens in Gruppen von bis zu 15 Vögeln zu finden. Das Nest wird aus Pflanzenfasern gebaut und mit Blättern ausgelegt. Graukopfguan, Gray-Headed Chachalaca (Ortalis cinereiceps) Der Graukopfguan wiegt 55 g und erreicht eine Größe von 51 cm. Er ist ein sesshafter Vogel und kommt vorwiegend im Tiefland der Pazifikküste und der Karibikküste vor. Er bevorzugt Dickicht, das vereinzelt mit Bäumen durchsetzt ist. Oft ist er auch im Gebüsch entlang von Flüssen zu finden. Der Graukopfguan ist ein geselliger Vogel, der meist in Gruppen von 12 und mehr Tieren vorkommt. Sein Kopf und sein Hals sind dunkelgrau gefärbt. Die nackten Stellen an seiner Kehle sind rot. Der Körper ist überwiegend dunkelbraun befiedert, der Bauch ist weiß. Der Schnabel und die Beine sind grau. 5.5.8 Charadriiformes (Regenpfeiferartige) Diese Ordnung, zu der viele Wasservögel gehören, kann in zwei große Gruppen unterteilt werden: die Küstenvögel im weiteren Sinne, mit langen Hälsen, Schnäbeln und Beinen und ohne Schwimmhäute an den Füßen und die Gruppe der Wasservögel, die drei Zehen mit Schwimmhäuten und kürzere Schnäbel und Hälse besitzen. JACANIDAE: JACANAS Die acht Arten der Jacana kommen vor allem in den tropischen und subtropischen Gebieten beider Halbkugeln vor. Das bemerkenswerteste Merkmal dieser Vögel ist die außergewöhnliche Länge ihrer Zehen und Zehennägel, die es ihnen ermöglichen ihr Gewicht auf den treibenden Pflanzen so zu verteilen, dass sie darauf gehen können. Sie bewohnen das Sumpfland, überflutete Weideflächen, Lagunen und den Rand verschiedenster Süßwasserseen. Ihr Gefieder ist hauptsächlich rotbraun oder schwarz. Die Erwachsenen beider Geschlechter sind gleich gefärbt, aber die Weibchen sind größer. Sie ernähren sich von Tieren und Pflanzen, die sie sammeln während sie über das Wasser gehen. Mindestens zwei Arten, so auch das Gelbstirn-Blatthühnchen, sind polyandrisch. Während der Brutzeit verteidigt das Weibchen das Territorium, in dem außer ihr noch 2 – 4 Männchen leben. Das 156 Andrea Pichlmair Vögel Nest wird meistens vom Männchen alleine aus Wasserpflanzen gebaut. Das Weibchen legt normalerweise vier Eier. Das Männchen brütet die Eier aus und bringt sie in Sicherheit falls der Wasserspiegel steigt und das Nest zu überfluten droht. Die Brutzeit beträgt 22 – 24 Tage. Die Küken werden vom Vater beschützt und aufgezogen. Das Weibchen hilft ihm dabei. Gelbstirn-Blatthühnchen, Northern Jacana (Jacana spinosa) Das Gelbstirn-Blatthühnchen erreicht eine Größe von 23 cm und ein Gewicht von 95 g. Es ist sehr schlank und hat lange Zehen. Die Flügel sind rund mit einem scharfen Sporn am Gelenk. Der Kopf, der Hals und die Brust sind schwarz befiedert. Der Körper ist kastanienbraun gefärbt. Der Schnabel ist gelb, die Beine sind grünlich. Es bewohnt Teiche, Sumpfland und überflutetes Weideland. Das Nest wird aus allem möglichen Pflanzenmaterial gebaut. Das Weibchen legt vier braune Eier. Das Gelbstirn-Blatthühnchen ist sesshaft und bewohnt die Gegenden um Guanacaste und den Río Frío. Gelbstirn-Blatthühnchen (Jacana spinosa) Wattled Jacana (Jacana jacana) Dieser Jacana ist dem Gelbstirn-Blatthühnchen in Gestalt und Größe sehr ähnlich. Er ist 23 cm groß und wiegt 95 g. Der Kopf, der Hals und der Körper sind überwiegend schwarz gefärbt und mehr oder weniger purpur glänzend. Der Kehllappen und die Basis des Schnabels sind rot gefärbt. Der restliche Schnabel ist gelb. Die Beine sind grau. Literaturangaben STILES, F. G., SKUTCH, A. F.: A guide to the birds of Costa Rica www.fotoreiseberichte.de www.google.com www.wikipedia.org 157 Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits Säugetiere 5.6 SÄUGETIERE 5.6.1 Primates (Affen) FAMILIE ATELIDAE: KLAMMERSCHWANZAFFEN Brüllaffen (Alouatta palliata) Der Brüllaffe hat ein nahezu schwarzes Fell, breite Schultern, einen gedrungenen Körperbau und seine Körpergröße beläuft sich auf 56 bis 92 cm. Die Tiere ernähren sich rein vegetarisch, sind tagaktiv und leben vorzugsweise in den Baumkronen in Gruppen von 10 bis 18 Individuen, seltener sind Gruppen bis zu 45 Individuen zu finden. Sie bewegen sich langsam und sind oft sehr unauffällig. Ihre Anwesenheit kann man oft durch die stark riechenden Exkremente am Boden bemerken. Öfter treffen sie damit Menschen auf den Kopf. Sie haben nur kleine Reviere und können daher auch in kleineren Waldabschnitten gut leben. Der Brüllaffe ist jener Affe den man in Parks am häufigsten sieht. CEBIDAE: KAPUZINERARTIGE Mittelamerikanisches Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii) Das mittelamerikanische Totenkopfäffchen kommt nur in Costa Rica und Panama an der Pazifikseite vor, wobei in Restwaldstücken die Populationsgröße oft nur klein ist. Die 25 bis 35 cm großen Tiere haben eine orange-goldene Farbe und ihr Kopf ist typisch maskenähnlich gezeichnet. Bemerkenswert ist, dass das Verhältnis Gehirnmasse zu Körpermasse 1:17 beträgt. Das bedeutet dass Totenkopfäffchen in Relation zu allen anderen Primaten das größte Gehirn besitzen. Beim Menschen vergleichsweise beläuft sich das Verhältnis Gehirnmasse zu Körpermasse auf 1:35. Weibliche Totenkopfäffchen besitzen einen Pseudo-Penis den sie, ähnlich wie Männchen, zur Schau stellen um ihre Dominanz über kleinere Äffchen zu zeigen. Weißkopfkapuzineraffen (Cebus capuchinus) Die tagaktiven, in Gruppen von 2 bis 24 Tieren lebenden Tiere können eine Körpergröße von 43 cm erreichen. Sie leben in Bäumen und ernähren sich von Früchten und Insekten. Ihr markantes Aussehen ist geprägt von einem rosa Gesicht das weiß behaart ist, das restliche Fell ist schwarz. Sie kämpfen um Reviere, was für die Gruppe der Kapuzineraffen untypisch ist. Ihr Lebensraum ist sehr ausgedehnt und schließt auch unruhige Wälder mit ein. Es handelt sich um sehr lebhafte und polygame Affen, welche die meiste Zeit mit Futtersuche verbringen. Mittelamerikanisches Spinnenäffchen (Ateles geoffroyi) Die 40 bis 60 cm großen braunen bis rötlichen Tiere leben in den obersten Schichten der Bäume in Gruppen von 1 bis 35 Tieren und sind tagaktiv. Ihre Nahrung besteht aus reifen Früchten, Blättern und Blüten, aber auch aus Insekten, Spinnen und Vogeleiern. Oft liegen sie regungslos in den Wipfeln und sind auch schwer zu entdecken. Alle ein bis vier Jahre bekommt ein Weibchen ein Junges. Brüllaffe (Alouatta palliata) im Nationalpark Cahuita Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii) in den Mangroven, Pazifikküste 158 Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits Säugetiere 5.6.2 Rodentia (Nagetiere) AGOUTIDAE: PACAS Agouti paca Das Paca ist ein etwa 50 bis 70 cm großes, haselnuss- bis dunkelbraunes Nagetier mit weißen Flecken, die auch in Streifen übergehen können. Es ist charakterisiert durch kleine Ohren, einem Stummelschwanz, einer weißen Körper- und Halsunterseite und durch seinen schweren (etwa 6 – 14 kg) schweineähnlichen Körperbau. Pacas laufen geräuschvoll und schwer durch das Laub. Sie sind nachtaktiv und ernähren sich von herabgefallenen Früchten und Wurzeln, wobei sie als Samenverbreiter im Regenwald eine wichtige Rolle spielen. Meist findet man sie in der Nähe von Wasser. Sie leben monogam als Paare in einem eigenen Revier, ihrer Futtersuche gehen sie aber allein nach. Tagsüber schlafen sie in kleinen Höhlen, die je über einen Haupteingang und mehrere versteckte Nebeneingänge verfügen die mit Laub verstopft werden. Das Verbreitungsgebiet ist Zentral- bis Südamerika. Wegen ihres kalbähnlichen zarten Fleisches sind sie für den Menschen sehr begehrt und werden deshalb gerne gejagt. Das ist der Hauptgrund warum die Tiere in manchen Gegenden schon verschwunden sind. Dort wo sie nicht gejagt werden, kann man sie oft und leicht entdecken. Aufgrund ihres großen Verbreitungsgebietes ist es aber unwahrscheinlich, dass sie ausgerottet werden. Zucht- und Auswilderungsprojekte gibt es bereits, wobei diese noch ausgeweitet werden sollten. DASYPROCTIDAE: AGUTIS Mittelamerikanisches Aguti (Dasyprocta punctata) Das Aguti hat eine Körpergröße von 50 bis 70 cm. Die tagaktiven und bodenlebenden Tiere ernähren sich vorwiegend vegetarisch von Samen, Früchten und Keimblättern von Jungpflanzen, Pilzen, Blüten, Blättern aber auch Insekten. Sie leben allein oder seltener als Paar. Die Tiere bevorzugen primäre Wälder mit dichtem Unterwuchs. Obwohl sie bejagt werden sind sie dennoch recht zahm und können auch gut in stark besuchten Naturreservaten beobachtet werden. Neugeborene leben in eigenen Höhlen, die vom Muttertier nicht betreten werden. Die Jungen werden von der Mutter herausgerufen und dann betreut. Agutis vergraben Samen für schlechte Zeiten und sind daher wichtige Samenverbreiter. SCIURUS: HÖRNCHEN Poás-Hörnchen (Syntheosciurus poasensis) Das etwa 25 cm große dunkelgrau-gelbe Hörnchen lebt endemisch am Vulkan Poás in Costa Rica. Bunthörnchen (Sciurus variegatoides) Die Körpergröße beträgt 20 bis 30 cm und der lange buschige Schwanz kann Körperlänge erreichen. Die Fellfarbe variiert von Brauntönen über weiß und gelb. Die Tiere sind weit verbreitet, werden wegen ihres Fleisches gejagt und können sich gut an unruhige Gegenden anpassen. Rotschwanzhörnchen (Sciurus granatensis) Die Rotschwanzhörnchen werden bis zu etwa 24 cm groß, sind tagaktiv, leben auf Bäumen und sind Einzelgänger. Ihre Nahrung setzt sich aus großen harten Nüssen von Palmen und anderen Bäumen, sowie auch aus Pilzen zusammen. Rotschwanzhörnchen bewegen sich in allen Kronenschichten auf der Suche nach Nahrung. Sie nisten in kleinen Baumhöhlen oder in Nestern aus Blättern, schlafen aber nicht immer in Nestern. Weibchen verteidigen ihre Territorien gegen andere Weibchen, die Männchen hingegen kennen so etwas wie Territorien nicht. Rotschwanzhörnchen sind weit verbreitet und passen sich auch gerne an unruhigere Gegenden an. 159 Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits Säugetiere Mittelamerikanisches Berghörnchen (Syntheosciurus brochus) Dieses Hörnchen kann 15 bis 18,5 cm groß werden. Aufgrund einiger Besonderheiten des Schädelbaus und der Zähne trennt man das Berghörnchen von den Eichhörnchen (Sciurus) ab und ordnet es der eigenen Gattung Syntheosciurus zu. Anders als Eichhörnchen geht das Berghörnchen Paarbindungen ein und ist sehr gesellig. Agouti paca, Gehege in La Gamba Poás-Hörnchen (Syntheosciurus poasensis) Saccopteryx bilineata, Haupthaus in der Tropenstation 5.6.3 Microchiroptera (Fledermäuse) EMBALLONURIDAE: GLATTNASEN-FREISCHWÄNZE Sackflüge- oder Zweistreifenfledermaus (Saccopteryx) Die Tiere sind in der Regel kleine, spezialisierte Insektenfresser mit einer langen Schwanzflughaut und einem kurzen Schwanz. Viele haben Flügelbeutel, welche sozial als Geruchmarkierungsorgane genutzt werden. Meist hängen sie nicht von der Decke sondern frei von vertikalen Strukturen, jedoch mit dem Daumen kontakthaltend zum Substrat, meistens ein Baum, eine Höhlenwand oder die Wand eines Gebäudes. Die Gattung der Emballonuridae weist vier Fledermausarten auf, von denen hier nur eine besprochen wird. Saccopteryx bilineata: Das hintere Fell ist schwarz, das vordere heller, fast grau. Sie besitzen einen großen, sehr gut entwickelten Flügelbeutel, der bei Weibchen weniger offensichtlich ist. Die Unterarmlänge beträgt bei Männchen 41 bis 47 mm, bei Weibchen 44 bis 49 mm. Ihr Verbreitungsgebiet liegt zwischen Mexiko und Brasilien. In Costa Rica kommen sie vom Pazifik bis hin zur Karibik vor. Sie wurden aber auch schon in San Vito und im Central Valley entdeckt. In der Tropenstation hatten wir das Glück, dass ein Exemplar dieser Art es sich im Haupthaus gemütlich machte. PHYLLOSTOMIDAE: BLATTNASEN Vampirfledermäuse (Desmodontinea) Die Vampirfledermäuse stellen eine Unterfamilie der Blattnasen dar und sind leicht an ihrer vergrößerten Nasenauflage, anstatt eines Nasenblattes und an ihren, in hohem Grade veränderten, oberen Schneide- und Hundezähnen zu erkennen. Sie sind mittelgroß und besitzen einen länglichen Daumen, mit dem sie, durch eine spezielle Flügelmuskulatur und Skelettstruktur, fähig sind zu laufen und auf dem Boden zu springen wenn sie ihr Opfer attackieren. Zwei der drei Arten ernähren sich von Vögeln und nur eine Art ernährt sich von Säugetieren. Meist hängen sie in hohlen Bäumen oder Höhlen. Sie sind ausschließlich nachtaktiv. Gemeiner Vampir (Desmodus rotundus): Der Gemeine Vampir besitzt sehr lange Daumen, keinen Schwanz und nur eine kleine unbehaarte Schwanzflughaut. Größere Populationen dieser Art findet man in Costa Rica vor allem dort, wo Nutzvieh angesiedelt 160 Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits Säugetiere wurde, jedoch nicht über einer Höhe von 1.200 m. Sie landen nicht direkt auf ihren Opfern, sondern in deren Nähe und krabbeln oder hüpfen dann in die Richtung der Beute. Die kräftigen Hinterbeine und der lange Daumen stellen Anpassungen an diese Fortbewegungsweise dar. Zunächst suchen sich die Fledermäuse eine geeignete Stelle an ihrem Opfer. Ihre Bewegungen sind scheu und vorsichtig. Die unter Fledermäusen seltene Fähigkeit zu hüpfen dient dem schnellen Ausweichen für den Fall, dass sie entdeckt und vom Opfer mit Tritten oder Schwanzschlägen verscheucht werden. Vampire kämpfen nicht mit ihren Beutetieren, ihr Biss erfolgt in der Regel unbemerkt und oft wacht das schlafende Tier nicht einmal auf. Als Bissstelle bevorzugen sie nicht von Haaren oder Federn bedeckte Körperteile. Zunächst wird die Wunde abgeleckt. Der Speichel der Vampire enthält ein Betäubungsmittel. Anschließend werden eventuell vorhandene Haare oder Federn mit den Zähnen abrasiert. Mit den scharfen Schneidflächen der Eck- und Schneidezähne beißen sie ein Stück der Haut heraus. Die so entstehende Wunde ist rund drei bis zehn Millimeter breit und einen bis fünf Millimeter tief. Mit der Zunge schlecken sie das ausfließende Blut auf und pumpen es durch die Rillen an der Unterseite der Zunge in den Mund. Ein Gerinnungshemmer sorgt dafür, dass das austretende Blut nicht gerinnt. Der gesamte Vorgang kann bis zu zwei Stunden dauern, die eigentliche Nahrungsaufnahme bis zu 30 Minuten. Dabei nehmen die Tiere rund 20 bis 30 Milliliter Blut auf, eine Menge, die das Gewicht nahezu verdoppelt. Dadurch fällt es ihnen häufig recht schwer, sich wieder in die Luft zu erheben. Nach der Mahlzeit begeben sie sich zurück an ihren Schlafplatz, um zu verdauen. Der Blutverlust stellt für die Opfer weniger ein Problem dar, viel größer sind die Gefahren einer Infektion, insbesondere Tollwut. Der Gemeine Vampir hat seinen Namen von der Sagengestalt und nicht umgekehrt. Diese Art ist durch den Menschen gefährdet, da sie enorme Schäden verursacht. Höhlen werden gesprengt und ausgeräuchert, andere Methoden sind langsam wirkende Gifte. Die zwei anderen Vampirfledermausarten sind in Costa Rica nur sehr selten. 5.6.4 Carnivora (Raubtiere) FELIDAE: KATZEN Ozelot (Felis pardalis; Leopardus pardalis) Die Körpergröße beträgt 55 bis 100 cm und das Fell ist gelb gefärbt, mit schwarzen Punkten. Der Schwanz ist kürzer als die Hinterbeine. Ozelots sind sowohl tag- als auch nachtaktiv. Nachts benützen sie gerne Trampelwege, die von Menschen angelegt wurden, während sie sich tagsüber im Gebüsch verstecken. Als reine Fleischfresser ernähren sie sich von Nagetieren, Vögeln und auch Eidechsen. Sie leben auf dem Boden und klettern nur selten auf Bäume, etwa um einen Bach zu überqueren oder zu rasten. Ozelots sind die am häufigsten gesichteten Katzen und oft kann man auch ihre Abdrücke am Boden erkennen. Wo sie nicht gejagt werden, leben sie auch gerne in offenen Wäldern in der Nähe von Dörfern. Puma (Felis concolor; Puma concolor) Obwohl mit durchschnittlich 130 cm eine der größten Katzen ist der Puma mit den Großkatzen nicht näher verwandt und wird daher zu den Kleinkatzen gezählt. Die Fellfarbe ist häufig gelblich bis silbergrau, jedoch sehr variabel. Der Schweif wird zur Spitze hin dunkler. Die Tiere sind tag- und auch nachtaktiv und fressen zumeist mittelgroße bis große Säugetiere wie Agutis, Pacas und Wild, aber auch kleinere Tiere wie Schlangen und Ratten. Pumas findet man im ganzen Regenwald, wo sie trockenen Boden bevorzugen. Weil sie so scheu sind, sieht man sie selbst dort nur selten, wo sie relativ häufig vorkommen. Oft reißen Pumas Weidetiere an Stellen wo man ihren Lebensraum in Weiden umgewandelt hat und natürliche Beute selten geworden ist. Es sind nur wenige Fälle von Angriffen auf den Menschen bekannt, obwohl Pumas Menschen manchmal aus reiner Neugier folgen. Pumas sind die Katzen mit der größten Anpassungsfähigkeit und man findet sie in vielen verschiedenen Klimazonen. 161 Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits Säugetiere Jaguar (Panthera onca) Der Jaguar ist im Durchschnitt 150 cm groß, kann aber bis zu 180 cm groß werden und ist damit die größte Katze des amerikanischen Doppelkontinents. Die Oberseite des Fells ist gelbbraun gefärbt mit den typischen Ringflecken, während die Unterseite heller gefärbt und schwarz gepunktet ist. Der Körper ist mit zwischen 70 kg (Weibchen) und 110 kg (Männchen) sehr schwer und auf Kraft und nicht auf Schnelligkeit ausgerichtet. Im Allgemeinen sind Jaguare in offenen Gebieten größer als Jaguare in Regenwäldern. Sie sind nachtund tagaktiv, leben auf dem Boden und allein. Sie fressen hauptsächlich größere Säugetiere wie Pekaris und Wild, aber auch Schildkröten, Kaimane und auch Vögel und Fische, wobei sie zu allen Tages- und Nachtzeiten jagen und dazu gerne von Menschen angelegte Pfade benutzen. Sie bevorzugen Habitate in der Nähe von Wasser. Große Tatzenabdrücke entlang von Flüssen sind daher normalerweise von Jaguaren. An entlegenen Orten wo sie nicht gejagt werden, kann man sie oft in der Morgensonne am Wasser liegend auffinden. Jaguare reißen Nutztiere wenn ihre natürliche Umgebung zerstört wurde und ihre Beutetiere durch z.B. Rinder ersetzt wurden. Sie sind sehr menschenscheu und flüchten sofort, dementsprechend selten sind Angriffe auf den Menschen. Trotzdem sind sie potentiell gefährlich und es empfiehlt sich im Allgemeinen nicht vor großen Katzen wegzulaufen, weil sie das zur Jagd animieren könnte. Angriff ist hier die beste Verteidigung: der Katze ins Gesicht schauen, auf sie zugehen und Lärm machen. Obwohl es schwer ist den Bestand zu dokumentieren, kann angenommen werden, dass sie in ihren Ursprungsländern selten geworden oder teilweise schon ausgerottet sind. Die größten Bedrohungen ergeben sich durch die Beliebtheit ihrer Felle, sowie durch den Rückgang ihrer natürlichen Wohnräume durch Waldrodungen und durch den rückläufigen Bestand ihrer Beutetiere. PROCYONIDAE: KLEINBÄREN Nasenbären (Nasua) Nasenbären sind für ihre lange bewegliche Nase bekannt, weiters besitzen sie kleine fast im Fell verborgene Ohren und einen langen buschigen Schwanz, der fast immer senkrecht getragen wird. Weibchen und Jungtiere leben in Gruppen, während Männchen Einzelgänger sind. Man findet sie sowohl in tropischen Regenwäldern als auch in Wüsten, am häufigsten sind sie allerdings in Wäldern zu finden. Sie sind Allesfresser, bevorzugen jedoch fleischige Nahrung. Anders als viele Kleinbären sind sie tagaktiv. Weißrüssel-Nasenbär (Nasua narica): Er weist die typische verlängerte, bewegliche Schnauze auf, die auf einem langgestreckten Kopf sitzt. Das Fell dieses Tieres ist meist graubraun gefärbt, typisch sind weiße Flecken an der Schnauze, an den Wangen, an der Kehle und am Bauch. Die Füße sind dunkler, fast schwarz. Der lange Schwanz ist geringelt, allerdings ist das Muster schwächer ausgeprägt als beim Südamerikanischen Nasenbären. Der Weißrüssel-Nasenbär findet sich am häufigsten in Wäldern, bewohnt dabei aber unterschiedliche Habitate von tropischen Regenwäldern, bis hin zu Gebirgswäldern. Er lebt sowohl auf den Bäumen als auch am Boden. Wenn er sich am Boden fortbewegt, hält er den Schwanz senkrecht nach oben, in den Bäumen dient er vorwiegend der Balance. Erwachsene Männchen sind manchmal nachtaktiv, in der Regel sind die Tiere im Gegensatz zu den meisten Kleinbären jedoch tagaktiv. Weibchen und Jungtiere leben in Gruppen, während Männchen Einzelgänger sind. Er ernährt sich vorwiegend von Insekten. Daneben gehören auch Spinnen, Skorpione, Krabben und kleine Wirbeltiere zu seiner Nahrung, auch Früchte und anderes Pflanzenmaterial werden verzehrt. Das Weibchen bringt zwei bis sieben Junge zur Welt. Zur Geburt errichtet es ein Blätternest in den Bäumen und zieht sich aus der Gruppe zurück. Die Jungen sind anfangs blind und mit dunkelgrauem Flaum bedeckt. Sie werden mit vier Monaten entwöhnt, sind mit 15 Monaten ausgewachsen und erreichen mit rund zwei Jahren die Geschlechtsreife. Zu den natürlichen Feinden zählen Katzen, Greifvögel und Riesenschlangen. Von Menschen wird er fast nicht gejagt, da er keine Schäden an Plantagen anrichtet und sein Fell wertlos ist. Waschbären (Procyon) Waschbären sind gekennzeichnet durch einen breiten Kopf mit spitzer Schnauze, abgerundeten Ohren und durch ihre kompakte Gestalt. Alle Arten besitzen eine schwarze, maskenartige Zeichnung 162 Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits Säugetiere im Gesicht, die von weißem Fell umrandet wird. Sie leben auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, meist in Wäldern in der Nähe von Gewässern. Ihr Name kommt von dem Glauben, dass sie ihre Nahrung waschen, in Wirklichkeit tasten sie im Wasser jedoch danach. Krabbenwaschbär (Procyron cancrivorus): Er ähnelt dem Nordamerikanischen Waschbären, hat aber ein kürzeres graubraun gefärbtes Fell. Sein Schwanz ist geringelt. Er ist hauptsächlich in Südamerika beheimatet, sein Verbreitungsgebiet reicht von Costa Rica bis Uruguay. Er ist vorwiegend nachtaktiv und schläft tagsüber in Baumhöhlen. Er gilt als Einzelgänger, aber manchmal teilen sich mehrere Weibchen ein Territorium. Sein Tastsinn ist ausgezeichnet entwickelt. Er ist ein Allesfresser, jedoch stärker auf Krabben, Frösche, Krebse und Fische spezialisiert als seine Verwandten. Das Weibchen bringt meist 2 bis 5 Junge zu Welt. Die Jungen sind Nesthocker und ihre Augen öffnen sich erst nach ca. drei Wochen. Nach 2 bis 4 Monaten sind sie entwöhnt und mit einem Jahr geschlechtsreif. Wegen seines Fells und seines Fleisches wird der Krabbenwaschbär gerne gejagt. Er ist zwar seltener als sein nordamerikanischer Verwandter, dürfte jedoch weit verbreitet sein und nicht zu den gefährdeten Arten zählen. Nordamerikanischer Waschbär (Procyon lotor): Er ist der am weitesten verbreitete und am besten erforschte Vertreter seiner Art. Ursprünglich kam er von Kanada bis Panama vor, mittlerweile ist er auch in Europa heimisch. Weißrüssel-Nasenbär (Nasua narica), Nationalpark Manuel Antonio Nordamerikanischer Waschbär (Procyon lotor), Nationalpark Manuel Antonio 5.6.5 Folivora (Faultiere) Systematik: Faultiere (Folivora) Mylodontidae † Megatheri Megatheroidea Megalonychidae Zweifinger-Faultiere Bradypodidae Dreifinger-Faultiere Megatheriidae † Zu den ausgestorbenen Megatheriidae zählen bodenlebende Arten die ein Gewicht von mehreren Tonnen erreichen konnten, wie z. B. das Riesenfaultier Megatherium. 163 Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits Säugetiere BRADYPODIDAE: DREIFINGER-FAULTIERE Die Tiere erreichen eine Kopfrumpflänge von 40 bis 70 cm und ein Gewicht von drei bis fünf Kilogramm. Die Füße von Faultieren haben keine freien Zehen, aber dafür zwei oder drei zu Haken geformte Klauen die es ihnen ermöglichen passiv im Baum zu hängen. Sie haben lange Glieder, einen kurzen Körper und einen zwei bis neun Zentimeter langen Stummelschwanz. Bemerkenswert ist dass sie neun Halswirbel besitzen und somit ihren Kopf um 270 Grad drehen können. Die meisten Säugetiere haben nur 7 Halswirbel. Das Fell ist meist graubraun gefärbt, vom Bauch abwärts gescheitelt und schimmert grün aufgrund von darin lebenden Algen und Cyanobakterien. Die Nahrung besteht aus Blättern, die sie mittels bakterieller Fermentation in mehreren Mägen verdauen. Sie bevorzugen Bäume die der Sonne ausgesetzt sind weil sie sich gerne sonnen. Auf dem Boden sind sie hilflos und können kaum gehen, aber sie können schwimmen um Flüsse zu überqueren. Zur Defäkation (etwa alle 7 Tage) steigen sie den Baum herab und graben dazu mit ihrem Stummelschwanz ein Loch. MEGALONYCHIDAE: ZWEIFINGER-FAULTIERE Diese 54 bis 75 cm großen und durchschnittlich 6 kg schweren Tiere besitzen an den Vorderfüßen zwei, an den Hinterfüßen jedoch drei Zehen. Sie haben im Gegensatz zu den Dreifinger-Faultieren nur 6 oder 7 Halswirbel. Das Hoffmann-Zweifingerfaultier (Choloepus hoffmanni), das ein Gebiet von Mittelamerika bis Brasilien bewohnt, hat sechs Halswirbel. Was die Nahrung anbelangt sind Zweifinger-Faultiere weniger wählerisch als Dreifinger-Faultiere und fressen auch Früchte und Knospen, sowie Insekten und andere kleine Tiere. Zweifinger-Faultier (Choloepus hoffmanni) beim Fressen am Río Frio Dreifinger-Faultier, auf dem am Rande der Straße zum Río Frio, das erfolgreich seinen Kopf vor uns versteckte 5.6.6 Wo man Säugetiere am besten findet Früh am Morgen oder am Abend ist die beste Zeit um Säugetiere zu beobachten. Die meisten neotropischen Säugetiere sind nachtaktiv. Mit Hilfe von Stirn- oder Taschenlampen kann man die Augen der Tiere im Dunkeln reflektieren sehen. Manche Säugetiere kann man mit Geräuschen anlocken. Außerdem kann man für den Menschen nicht hörbare Laute hörbar machen, z.B. Fledermauslaute mittels Fledermausdetektoren. Am häufigsten sieht man Säugetiere, wenn man alleine in den Wald geht. Es hat sich herausgestellt, dass die Farbe der Kleidung eine untergeordnete Rolle spielt, denn die meisten Säugetiere sind farbenblind. Bei ihnen sind eher der Geruchssinn und das Gehör gut ausgebildet. Säugetiere die sich eher in den Baumkronen aufhalten, kann man gut entlang von Wasserwegen auch in Bodennähe beobachten. Viele neotropische Säugetiere sind Fruchtfresser und so kann es sich eher auszahlen ein paar Stunden unter einem Baum zu sitzen, als durch die Gegend zu streifen. Agutis und Pacas werden durch die Laute von herabfallenden Früchten angelockt. Affen und Eichhörnchen z. B. kann man tagsüber in blühenden Bäumen finden weil sie teilweise Nektar oder blütenbestäubende Insekten fressen. Überhaupt kann man Affen, Faultiere, Eichhörnchen und Otter auch tagsüber beobachten. 164 Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits Säugetiere Wasserquellen sind gute Beobachtungsorte, besonders während der Trockenzeit. Auch Müllplätze sind Orte, die Säugetiere magisch anziehen. Möchte man Säugetiere durch Futter anlocken, sollte man tagelang haufenweise Früchte oder Körner (für Nagetiere) ausbringen, nicht zu wenig weil das Futter ansonsten sehr schnell durch Ameisen abtransportiert wird. Noch eine gute Möglichkeit um Säugetiere zu beobachten, ist ihre Schlafplätze aufzusuchen, z.B. bei Fledermäusen. Literaturangaben EMMONS, L. H., FEER, F., (1990): Neotropical Rainforest Mammals. A Field Guide (The University of Chicago Press), Chicago Press, Chicago and London NOWAK, R. M., (1994): Walker’s Bats of the World http://centralamerica.com/cr/moon/momammal.htm, 27.09.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Faultiere http://de.wikipedia.org/wiki/Kleinkatzen http://de.wikipedia.org/wiki/Krabbenwaschbär http://de.wikipedia.org/wiki/Saimiri http://de.wikipedia.org/wiki/Syntheosciurus_brochus http://de.wikipedia.org/wiki/Systematik http://de.wikipedia.org/wiki/Waschbär http://earthtrends.wri.org/pdf_library/country_profiles/bio_cou_188.pdf#search=%22mammals%20co sta%20rica%22, 27.09.2006 http://www.costaricainternetdirectory.com/vpoas.htm, 29.09.2006 165 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren 5.7 INTERAKTIONEN ZWISCHEN PFLANZEN UND TIEREN 5.7.1 Einleitung Die Beziehung zwischen Tieren und Pflanzen ist von großer Vielfalt. Da das Tier nicht fähig ist, Sonnenlicht in Energie umzuwandeln, ist es auf die Pflanze angewiesen. Der Nutzen der Tiere für die Pflanzen ist erst auf den zweiten Blick erkennbar, der bekannteste ist die Bestäubung durch Insekten oder Vögel. Auch Samenverbreitung durch größere Tiere ermöglicht erst das Überleben zahlreicher Pflanzenarten. Die Wechselbeziehung zwischen Lebewesen zweier Arten, die für beide vorteilhaft ist, nennt man Mutualismus. Nicht symbiontische Mutualismen zwischen Pflanzen und Tieren umfassen drei wichtige Kategorien: • Bestäubung: Befruchtung der Eizelle durch Pollen anderer Pflanzen. Im Gegenzug dienen Pollen und Nektar als Nahrung für Insekten. • Samenverbreitung: Samen werden für günstiges Wachstum von der Mutterpflanze wegtransportiert, Früchte oder auch Samen selbst dienen als Nahrung und somit Belohnung für die Tiere. • Schutz (durch Ameisen): Pflanzen werden von Ameisen vor Fressfeinden und Konkurrenzpflanzen geschützt, im Gegenzug erhalten diese Nahrung und Wohnraum. Schon die Ursprünge der Pflanzenwelt liegen wahrscheinlich in einer Symbiose: man vermutet, dass sich Mitochondrien und Chloroplasten dadurch entwickelt haben, dass Einzeller photosyntheseaktive Bakterien inkorporiert, aber nicht verdaut haben und sich deren Fähigkeit, Photosynthese zu betreiben, zu Nutze gemacht haben. Im Laufe der Evolution hat diese Wechselbeziehung zu speziellen Anpassungen geführt – Insekten und Säugetiere sind verdauungsphysiologisch an den, von der Pflanze bereitgestellten, Nektar und Pollen angepasst, der von der Pflanze zur Anlockung derselben speziell hergestellt wird. Hier zeigt sich das Darwinsche Prinzip, dass nicht der Stärkste überlebt, sondern der am besten Angepasste. Die Beziehung ist sowohl für die Pflanze als auch für das Tier von Vorteil, während beide ihre Eigeninteressen verfolgen. Die Arten von Beziehungen, die sich zwischen zwei Organismen aufbauen können, kann man allgemein in vier Kategorien gliedern: Konkurrenz (um Wohnraum, Nahrung, Licht), Parasitismus und Fraß (hierzu zählt auch die Räuber-Beute Beziehung), Symbiose und außerdem noch die so genannte Tischgenossenschaft (Kommensalismus, ein Organismus lebt von den Abfällen des anderen). Von solchen allgemeinen Wechselbeziehungen ausgehend haben sich, speziell in den Tropen, hoch spezialisierte Symbiosen entwickelt, in denen die Partner füreinander nicht nur von Vorteil, sondern sogar lebensnotwendig sind. Sie sind beinahe als ein Organismus zu betrachten. Diese faszinierenden Formen des Zusammenlebens wollen wir an Hand einiger Beispiele von der einfachen Bestäubung, über spezialisierte Samenverbreitung, bis hin zu tropischen Wundergeschöpfen, wie den Ameisenpflanzen, näher beleuchten. 5.7.2 Bestäubung FUNKTION UND MECHANISMUS Die Bestäubung ist die Übertragung von Pollen, für die Befruchtung der Eizelle in den empfänglichen Teilen der Pflanze. Die Selbstbestäubung ist relativ selten, und die meisten Pflanzen sind für die Bestäubung auf Insekten, Vögel oder Fledermäuse angewiesen. Um diese Tiere anzulocken, hat die Pflanze vielfältige Methoden entwickelt: Bereitstellung von Nektar und/oder Pollen als Nahrung oder Düfte für einige Bienen (zum Beispiel die Männchen der Prachtbiene, die zur Anlockung ihrer Weibchen „Parfum“ einsetzen). Interessant ist, wie sehr das Angebot der Pflanzen auf die Insekten 166 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren oder Tiere eingestellt ist, die vorwiegend ihre Pollen übertragen. Während fledermausbestäubte Blüten sehr groß, säuerlich riechend, oft gelblich-grau oder blassgrün und mit reichlich schleimigem Nektar ausgestattet sind, locken vogelbestäubte Pflanzen durch prächtige Farben, oft rot und zeichnen sich durch Geruchlosigkeit und häufig hängende, röhrenförmige Blüten aus. Bienen und Schmetterlinge werden von süßlichem Duft angezogen. Pflanzen, die von Aas- oder Dungfliegen bestäubt werden, sind von unangenehmem Geruch, bräunlicher oder grünlicher Farbe und stellen aminosäurehältigen Nektar zur Verfügung. Ebenfalls variiert die Zuckerkonzentration im Nektar je nach Favorisierung des Bestäubers. Tiere können sich bei der Bestäubung auf gewisse Pflanzen spezialisieren: besuchen sie nur die Blüten einer bestimmten Pflanze, bezeichnet man sie als monolektische Bestäuber. Bestäuber mehrerer Pflanzen werden als oligolektisch und Bestäuber vieler Pflanzen als polylektisch bezeichnet. Diese Begriffe können sowohl auf die Pflanzenfamilie, als auch auf die Gattung und die Art angewandt werden. Monolektische Bestäuber sind in der Minderheit, weil die Blühperioden der meisten Pflanzen nicht lange genug dauern, um eine lebenslange Versorgung zu garantieren. Auch kann die Konkurrenz um eine einzige Pflanze zu hoch sein. Da viele der Pollen gefressen, an Larven verfüttert oder einfach abgestreift werden, muss die Pflanze diese in großer Anzahl herstellen. Auch ist die Pollenproduktion davon abhängig, ob die Pflanze sich selbst befruchten kann. Kann sie dies, ist die Anzahl an produzierten Pollen pro Samenanlage wesentlich geringer als bei Pflanzen, die auf Fremdbestäubung angewiesen sind. HELIKONIEN UND KOLIBRIS Die über 300 bekannten Kolibriarten der Familie Trochilidae besiedeln ausschließlich den amerikanischen Kontinent, hauptsächlich die tropischen und subtropischen Gebiete nördlich und südlich des Äquators. Die Größe dieser Nektarfresser variiert stark. Mit sechs Zentimeter Länge, inklusive Schnabel und Schwanzfedern und zwei Gramm Gewicht, ist die so genannte „Bienenelfe“ die kleinste bekannte Vogelart; die größte Kolibriart – der Riesenkolibri – misst etwa 25 cm und wiegt 20 g. Der Flügelschlag der Kolibris hat schon viele Wissenschafter und Laien fasziniert: bis zu 80 Mal pro Sekunde schlagen die Vögel mit ihren Flügeln in Form einer liegenden Acht. Die Flügel werden in einem Winkel von 180° bewegt, was den Kolibris ermöglicht, auch vor einer Blüte in der Luft zu „stehen“ und rückwärts zu fliegen, was im Vogelreich einzigartig ist. Da die Sauerstoffzufuhr auf Grund des hohen Energiestoffwechsels stark erhöht ist, ist das Herz in Relation vergrößert und schlägt bis zu 1.260 Mal pro Minute. Ihren enormen Energiebedarf decken sie mit zuckerhältigem Nektar. In der Nacht können sie ihre Körpertemperatur um bis zu 20 °C und ihre Herzfrequenz auf ein Minimum senken, ansonsten würden sie verhungern. Das oft bewunderte metallisch schimmernde Gefieder – das der Männchen ist oft bunter als das der Weibchen – besitzen nur die Arten der Unterfamilie Trochilinae (auf Deutsch die „Eigentlichen Kolibris“). Die wenigen Arten der so genannten Eremiten (Phaethornithinae) haben ein erdfarbenes Gefieder, keinen Geschlechtsdimorphismus und eine schwarz-weiße Gesichtsmaske. Die wichtigsten Unterschiede der beiden Unterfamilien liegen in der Ernährungsweise und der Form des Schnabels. Die Eremiten ernähren sich überwiegend insektivor, während sich die „Eigentlichen Kolibris“ durch Nektarivorie auszeichnen. Der Schnabel der Eremiten ist lang und deutlich gekrümmt, um einerseits den Besuch von Blüten mit langer, gebogener Kronröhre (wie die der Heliconia), als auch die Erbeutung bodenbewohnender Insekten zu gewährleisten. Die „Eigentlichen Kolibris“ besitzen meist mittellange, relativ gerade oder schwach gekrümmte Schnäbel, was auf deren primär nektarivore Ernährung hinweist. Jedoch fangen auch sie im Flug Insekten, um ihren Eiweißbedarf zu decken, den sie für die Fortpflanzung benötigen. Die Merkmale des Schnabels – vor allem Länge und Krümmung – variieren aber auch von Art zu Art, da jede an einen anderen Blütentyp angepasst ist und somit ihre eigene ökologische Nische besetzt. Kolibribestäubte Blüten sind wie bei allen vogelbestäubten Blüten meist rot, orange oder gelb. Sie sind geruchlos, da Kolibris der Geruchssinn fehlt und weisen auf Grund der Fähigkeit der Kolibris, in der Luft zu „stehen“, keine Landeflächen auf. Die Blüten sind außerdem fast immer röhrenförmig und lang und somit perfekt an die Schnäbel und die langen Zungen der Kolibris angepasst. Eine typische kolibribestäubte Pflanze ist die im tropischen Amerika beheimatete Helikonie (der Familie Heliconiaceae), die mit der Banane eng verwandt ist. Der Name rührt vom griechischen Berg Helicon, dem Sitz der Musen, her, vermutlich wegen der attraktiven Blütenstände. Die Blüten sind zygomorph und dreizählig, die Blütenstände hängend oder aufrecht. 167 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren Die Arten der Gattung Heliconia kann man nach der Art der Kolibris einteilen, die sie bestäubt. Helikonien werden vor allem von den Eremiten aufgesucht, jedoch gibt es auch Arten, die von trochilinen Kolibris bestäubt werden. Eremit-bestäubte Helikonien haben ihr Habitat, wie auch die genannten Kolibris, im Wald. Die Gattung Eutoxeres sp. hat sich mit ihrem extrem gekrümmten Schnabel ausschließlich auf Helikonien spezialisiert. Eremiten sind nicht territorial, sondern fliegen täglich ihre Route, bei der sie immer mehr oder weniger gezielt bestimmte Pflanzen aufsuchen („trap lining“). Dies fördert die Kreuzbestäubung. Um zu gewährleisten, dass die Kolibris eine angeflogene Helikonie erneut aufsuchen, blühen immer nur wenige Blüten pro Tag, mit wenig wässrigem Nektar, nacheinander das ganze Jahr über. Anders bei den trochilin-bestäubten Helikonien: diese blühen mit vielen Blüten, die reichlich Nektar enthalten, nur während der frühen bis mittleren Regenzeit. Sie wachsen in großen, oft monoklonalen Ständen am Waldrand oder in offenen Habitaten. Die trochilinen Kolibris zeigen ein territoriales Verhalten und verteidigen ihr Revier gegenüber anderen Vögeln und Insekten. Einige wenige Helikonien-Arten haben grüne oder weiße, in der Nacht blühende Blüten und werden von Fledermäusen bestäubt, doch sind alle in Costa Rica vorkommende Arten kolibribestäubt. Goldene Hummerschere (Heliconia latispatha) Kolibribeobachtungsstation: links ein Purpurdegenflügel (Campylopterus hemileucurus), rechts ein Grünscheitelbrillant (Heliodoxa jacula) 5.7.3 Samenverbreitung FUNKTION UND MECHANISMUS Die Samenverbreitung durch Tiere hat sich wahrscheinlich noch vor der Bestäubung durch Tiere entwickelt. Man fand 200 Millionen Jahre alte Fossilien fleischiger Samen, die dem Verzehr durch einfache Reptilien angepasst waren. Seit Ende der Kreidezeit ist dieser Mutualismus vertreten. In den tropischen Regenwäldern erreicht diese Beziehung zwischen Pflanzen und Tieren ihren Höhepunkt: über 90 % der Bäume und fast alle Sträucher locken mit ihren Früchten und Samen Tiere zur Verbreitung derselben an. Der Same der Pflanze ist eine ausgereifte Samenanlage, der aus dem ursprünglichen Endosperm, dem Embryo und den Membranen gebildet wird. Embryo und Endosperm sind von der schützenden Samenschale umgeben. Die Frucht ist der reife Fruchtknoten mit einem oder mehreren Samen. Früchte haben primär den Zweck, die Samen verbreitenden Tiere anzulocken und sie mit Nahrung zu belohnen, auch der Same selbst dient teilweise als Nahrung, was nicht immer zum Vorteil der Pflanze ist. Sehr widerstandsfähige Samen oder solche, die nicht verdaut werden können, werden in einiger Entfernung, der von der Mutterpflanze, wieder ausgeschieden und können dort gedeihen. Die drei wichtigen Aufgaben der Frucht der Bedecktsamer sind Verbreitung, Schutz und Ernährung der pflanzlichen Embryonen. Im Aufbau der Frucht besteht, genauso wie im Aufbau der Blüte, ein Grundschema. Zur Anlockung der Wirbeltiere dient oft der fleischige Auswuchs, der Samenmantel (Arillus, eine so genannte Scheinfrucht). Ameisen werden mittels Elaiosomen angelockt, worauf wir später genauer eingehen werden. Ohne Verbreitung der Samen würden sich diese unter der Mutterpflanze ansammeln. Dort fallen sie Insekten, herbivoren Säugetieren oder Krankheitserregern zum Opfer. Viele Pflanzen wären, ohne dieses Zusammenspiel mit den Tieren, vom Aussterben bedroht. 168 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren Samenverbreitung bringt der Mutterpflanze drei Vorteile: • Die Elternpflanze kann sich auf noch nicht besiedelten Gebieten neu ausbreiten (Kolonisation) • Samen und Keimlinge vermeiden die dichteabhängige Sterberate in der Nähe der Mutterpflanze (Ausweichen) • Besetzen bestimmter Mikrohabitate, die für die Ansiedlung entscheidend sind (gerichtete Ausbreitung) Verbreitungssysteme sind ein Zusammenspiel von Farben, Formen, Düften und Nährwerten, die an die Tiere angepasst sind, die die Samen und Früchte entweder horten, verzehren und ausscheiden, oder an ihrem Fell oder Federkleid transportieren. Die Form des Samens hängt von der Art seiner Verbreitung ab; so besitzen z.B. windverbreitete Samen flügelähnliche Strukturen. Von Wirbeltieren verbreitete Samen besitzen einen fleischigen, nahrhaften Auswuchs des Samenmantels, das Fruchtfleisch, das oft reich an Zucker, Stärke oder Fett ist. Tiere transportieren die Samen oft bis zu mehrere tausend Meter weit weg von der Mutterpflanze. Wie die Mechanismen der Blüte zur Anlockung bestäubender Tiere, weisen auch die Samen und Früchte charakteristische Merkmale zur Anlockung der sie verbreitenden Tiere auf. Mechanismen der Samenverbreitung • Zoochorie, die Ausbreitung durch Tiere: Epichorie (durch Anhaftung; durch Kletthafter, Adhäsionshafter und Klebehafter); Endochorie (Verdauungsausbreitung; Tiere fressen den Samen, scheiden die nicht verdaulichen Teile wieder aus); Myrmekochorie (Ausbreitung durch Ameisen); Ornithochorie (Ausbreitung durch Vögel) und Dysochorie (Zufallsausbreitung, Verstecksausbreitung, Bearbeitungsausbreitung und Ausbreitung während des Nestbaus) • Animochorie, die Ausbreitung durch Wind, welche die ursprünglichste Form der Ausbreitung ist: Meteorochorie (Ausbreitung durch Flieger), Chamaechorie (Ausbreitung durch Bodenroller) • Semachorie, Tier- und Windstreuung: Samen können nicht fliegen, sie werden durch die von Wind und Tieren verursachten Bewegungen ausgestreut • Hydrochorie, Verbreitung durch Wasser: Nautochorie (Schwimmausbreitung), Bythisosochorie (Ausbreitung durch Strömung fließender Gewässer), Ombrochorie (Ausbreitung durch Regentropfen: Regenschwemmlinge, Regenballisten) • Hemerochorie: Ethelochorie (Ausbreitung durch Saatgut), Speirochorie (Ausbreitung als Saatgutbegleiter), Agochorie (Ausbreitung durch unbeabsichtigten Transport) • Autochorie, Selbstausbreitung: Ballochorie (Ausbreitung durch Schleudermechanismen: Saftdruckstreuer und Austrocknungsstreuer); Herpechorie (Ausbreitung durch Eigenbewegung der Diasporen); Barochorie (Ausbreitung durch Schwerkraft); Blastochorie (Ausbreitung durch Selbstableger) (Quelle: http://org.wikipedia.de) Gerade im Regenwald spielt die Zoochorie eine gewichtige Rolle. Welche Tiere verbreiten welche Arten von Samen? • Hortende Säugetiere: bevorzugen geschlossene dickwandige Nüsse, die lange überleben, als „Belohnung“ dient der Same selbst • Hortende Vögel: wie bei den hortenden Säugetieren; die Samen dürfen nicht zu groß sein, da der Vogel sie sonst nicht fressen/transportieren kann • Baumbewohnende Säugetiere: oft Sammel- oder Öffnungsfrüchte, Samen mit Samenmantel oder Steinfrüchte, Belohnung ist das protein-, zucker- oder stärkereiche Fruchtfleisch • Fledermäuse: häufig verschiedene, meist hängende Früchte, Belohnung ist das Fruchtfleisch • Terrestrische Säugetiere: wie bei Fledermäusen; bevorzugen geschlossene Nüsse, Schoten oder Kapseln, fett- und stärkereiches Fruchtfleisch als Belohnung • Frugivore (Frucht fressende) Vögel: große Steinfrüchte oder Samen mit Samenmantel, Fruchtfleisch als Belohnung 169 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch • • • Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren Teilweise frugivore Vögel: kleine oder mittelgroße Steinfrüchte, Samen mit Samenmantel oder Beeren, zucker- oder stärkereiches Fruchtfleisch als Belohnung Tiere mit Federn oder Fell: verbreiten Samen mit Widerhaken, Haken oder klebrigen Haaren; das Tier erhält von der Pflanze nichts als Gegenleistung Ameisen: tragen Samen < 3 mm in ihr Nest, erhalten Elaiosomen als Belohnung Die Samenverbreitung durch hortende Tiere ist nur dann erfolgreich, wenn diese Samen verlieren oder vergessen, was häufig vorkommt, da sie die Tiere in vielen verschiedenen Verstecken horten. Samen, die zur Verbreitung von Tieren gefressen und wieder ausgeschieden werden, sind sehr hoch entwickelt und äußerst widerstandsfähig. Sie müssen Kauwerkzeugen und komplizierten Verdauungssystemen standhalten. Im Gegensatz zu den Früchten in den gemäßigten Zonen können tropische Früchte äußerst fettreich sein, z.B. Muskatnussgewächse oder Misteln. Tiere, die sich normalerweise von Insekten ernähren, werden durch die stark fett- oder proteinhaltigen Samen angelockt, da diese leichter verfügbar sind und einen hohen Nährwert bieten. Durch Vögel vertragene Anhaftungssamen können über sehr große Distanzen an andere Orte gelangen. Sherwin Carlquist, ein Biogeograf, stellte 1974 fest, dass die Samenverbreitung durch Vögel einen großen Teil der Biodiversität tropischer Pazifikinseln ausmacht. Große Säugetiere verbreiten Samen meist nur durch Fressen und wieder Ausscheiden, wobei Pflanzen mit kleineren Früchten mehr Chancen haben, da sie sowohl von kleinen als auch von großen Tieren gefressen werden, während große Früchte meist nur für große Tiere von Interesse sind. Das Verhältnis Aufwand / Belohnung bestimmt, ob ein Tier sich die Mühe macht, an eine bestimmte Frucht zu gelangen. Sie muss leicht erreichbar und von hohem Nährwert sein, um für die Tiere attraktiv zu wirken. Auch zwischen Früchten und Tieren gibt es starke Spezialisierungen: eine Frucht kann für eine Tierart Hauptnahrungsbestandteil sein. Wirbeltiere können die Samen über große Entfernungen transportieren und verwerten, neben Fruchtfleisch und Samenbestandteilen, häufig auch Kapseln und Hülsen. Nur die giftigsten und härtesten Früchte und Samen werden nicht gefressen, was für manche Pflanze von Nachteil ist, z.B. für die extrem harten Nüsse des Paranussbaums, worauf wir im folgenden Beispiel näher eingehen wollen. AGUTI UND PARANUSSBAUM Der in den Regenwäldern Südamerikas heimische Paranussbaum (Bertholletia excelsa) gehört zur Familie der Topffruchtbaumgewächse (Lecythidaceae) und kann bis zu 60 m hoch werden. Sein Alter kann 500 Jahre erreichen und wie bei den meisten langlebigen Pflanzen braucht es einige Jahre, bis er Blüten und Früchte trägt. Die Samen befinden sich in einer harten Kapselfrucht und können bis zu drei Kilogramm schwer werden. Sie sind stark eiweiß- und fetthältig, außerdem reich an Mineralstoffen. Die Paranuss wird in der Nahrungsmittelindustrie genutzt und stellt eine wichtige Einnahmequelle der Einheimischen im Amazonasgebiet dar, jedoch konnte der Baum nie kultiviert werden. Da die Nüsse nicht aus kontrolliertem Anbau gewonnen werden können, stammen sie immer aus Wildsammlungen. Der hohe, dünne Stamm macht Hinaufklettern unmöglich, so können nur die reifen Samen gesammelt werden, die hinunterfallen. Werden alle Früchte eingesammelt, können keine neuen Bäume nachwachsen, hauptsächlich wurde jedoch die Anzahl der Paranussbäume in den letzten Jahrzehnten durch Holzschlag stark reduziert. Zwar liefert der Paranussbaum auch wertvolles Edelholz, aber mit seinen bis zu 8.000 Nüssen pro Baum stellt er als Nahrungslieferant eine wertvollere Ressource dar. Mittlerweile wurde der Baum auf die rote Liste gefährdeter Arten der IUCN gesetzt. Wenn die Kapseln des Paranussbaums zu Boden fallen, springen sie nicht wie viele andere Schließfrüchte auf. Neben den Menschen ist nur ein Lebewesen fähig, die extrem harte Schale zu öffnen: das Aguti (Dasyprocta). Agutis (Foto siehe „Säugetiere“) sind Verwandte der Meerschweinchen; sie haben einen schlanken Körper mit dünnen, langen Beinen, sind an laufende Fortbewegung angepasst und einzelgängerisch. Der Körperbau einiger Arten hat sich in Abstimmung auf das Leben im dichten Regenwald entwickelt. Agutis können auf den Hinterbeinen sitzen und mit ihren Vorderpfoten Nüsse oder Samen festhalten, was es ihnen ermöglicht, lange an einer Stelle zu kauen. So können sie auch die Paranuss knacken, die sie bis zu 400 m vom Baum wegtragen, um sie teilweise oder ganz geöffnet 170 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren eingraben, um Vorräte für schlechtere Zeiten zu schaffen. Sie legen viele Vorratslager mit wenigen Samen an, da diese nun auch für andere Tiere zur Beute werden, wie z.B. für Pecari-Schweine. Agutis verfügen zwar über ein hervorragendes Gedächtnis, aber dennoch vergessen sie einige der zahlreichen Verstecke und so können die Samen keimen. Somit sind Agutis der einzige natürliche Samenverbreiter des Paranussbaums. Leider gehört das Aguti selbst zu den gefährdeten Tierarten und ist ebenfalls auf der roten Liste der IUCN. Es ist begehrte Beute für Jaguare, Coyoten oder Ozelots; auch Menschen machen Jagd auf den Nager. Das zarte Fleisch gilt als Delikatesse, auch wenn die Jagd auf das Aguti inzwischen verboten ist. Das Überleben des Paranussbaums hängt übrigens nicht nur von diesem einen Mutualismus ab. Nicht nur die Samen können nur von einem einzigen Tier verbreitet werden, auch die Bestäubung ist nur von einem einzigen Insekt durchführbar: der großen weiblichen Orchideenbiene (Euglossa). Ihre Zunge ist lang genug, um in die großen Blüten zu gelangen, zudem legen sie große Distanzen zurück und erreichen so andere Paranussbäume, die oft in einiger Entfernung zueinander stehen. Die Bienen benötigen noch andere Nahrungsquellen, da die Paranuss nicht das ganze Jahr über blüht. Euglossa leben solitär und können nicht vergesellschaftet werden – ein Grund, warum man sie nicht auf Plantagen züchten und die Paranuss nicht kultiviert werden kann. Darüber hinaus benötigen die Männchen dieser Spezies Düfte einer bestimmten Orchideenart, um die Weibchen anzulocken – diese wären in einer künstlichen Paranussmonokultur natürlich nicht zu finden. Die Männchen benötigen die Orchideen, um Weibchen anzulocken, die Paranuss benötigt die Weibchen zu ihrer Bestäubung. Das komplizierte Zusammenspiel dieser vielen Organismen erschwert es der Paranuss, sich auszubreiten und ihren Fortbestand zu sichern. 5.7.4 Beziehungen zwischen Ameisen und Pflanzen ENTDECKUNG, FUNKTION UND MECHANISMUS Zwischen tausenden Arten von Ameisen und Pflanzen gibt es Beziehungen, meist parasitischer Natur. Neben Parasitismus existieren auch Formen, in denen sich Pflanze und Ameise weder nutzen noch schaden und solche, in denen sie hoch entwickelte Symbiosen eingehen. Diese findet man bei den so genannten Myrmekophyten (Ameisenpflanzen), die den Ameisen nicht nur Nahrung, sondern auch Wohnraum bieten und im Gegenzug von diesen gegen Fressfeinde und sogar Konkurrenzpflanzen verteidigt werden. Schutz durch Ameisen ist weltweit verbreitet, aber nicht jede Beziehung zwischen Ameisen und Pflanzen gestattet die Bezeichnung „Ameisenpflanze“. Vielfach wohnen Ameisen in durch Fäulnis ausgehöhlten Bäumen, dies ist nicht mit Myrmecophytismus gleichzusetzen. Janzens (geb. 1939) Untersuchungen der Acacia ergaben eindeutige Hinweise auf eine Coevolution. Coevolution bedeutet, dass zwei Organismen sich in Abstimmung aufeinander entwickelt haben. Eine Gegentheorie besagt, dass die Anpassungen der Pflanze unabhängig von der Ameise entstanden sind und erst später von diesen genutzt wurden. Die aggressive Verteidigung der Pflanzen durch die Ameisen ist nach Barbara Bentley (1976) eine Anpassung des Verhaltens – auch Fleisch fressende Ameisen beschützen eine Pflanze, wenn Zuckerwasser auf ihr versprüht wurde. Die Ameisen nutzen die Pflanze darüber hinaus zur Anlockung anderer Insekten, um diese zu fressen. Die sich zersetzenden Ameisenleichen düngen die Pflanze; organischer Abfall, den die Ameisen anhäufen, enthält oft Stickstoff und Phosphor, welche ebenfalls als Dünger dienen. Als Bestäuber spielt die Ameise eine eher geringe Rolle – in den Blüten hinterlassen sie häufig Zerstörungen, weswegen die extrafloralen Nektarien unter anderem als Ablenkung entwickelt wurden. Auch dienen klebrige Zonen um die Blüte deren Schutz. Auf der glatten Körperoberfläche der Ameisen bleiben die Pollen kaum haften, die Ameise putzt sich häufig und scheidet antibakterielle Substanzen aus, die den Pollen schaden. Da die Ameise zu Fuß nur geringe Entfernungen zurücklegt, bleibt die genetisch günstige Fremdbestäubung oft aus. Die Ameisen tragen Samen in ihr Nest. Auf dem Weg gehen viele davon verloren, wodurch die Ameisen eine Rolle als Samenverbreiter spielen (Myrmekochorie). Da der Same der Ameise als Nahrung dient und dadurch viele der wertvollen Samen verloren gehen, hat die Pflanze Samenanhängsel entwickelt, die Elaiosomen (Ameisenbrot). Der Same selbst wird hier nicht mehr gefressen, sondern nur die ölreichen Anhängsel. 171 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren In seinem Buch „The Naturalist in Nicaragua“ hat Thomas Belt festgestellt, dass die ausgeprägtesten Formen des Mutualismus in den Tropen zu finden sind. Die gegenseitige Abhängigkeit geht in einigen Fällen so weit, dass beide Partner getrennt voneinander nicht mehr lebensfähig sind. Wir wollen diesen Fall an Hand von zwei Beispielen erläutern. ACACIA SP. UND PSEUDOMYRMEX SP. Die zu der Familie der Fabaceae gehörige Gattung Acacia umfasst mehr als 700 Arten. Besonders verbreitet ist sie in den Tropen und Subtropen, wo sie häufig an gestörten Standorten wie Flussufern, Viehweiden oder auf gerodeten Flächen zu finden ist. Die Blätter sind paarig gefiedert und die zu Köpfchen, Trauben oder Ähren vereinigten, winzigen Blüten verfügen über auffällige Staubgefäße. Sie verbreiten oft einen starken Duft, der Bienen anlockt. Der Naturforscher Thomas Belt (1832 – 1878) stellte bereits 1874 fest, dass bestimmte Akazienarten regelmäßig von Ameisen bevölkert werden. Acacia-Arten benötigen volles Sonnenlicht und wachsen besonders schnell. Interessant für uns sind Arten, deren Nebenblätter (Stipeln) zu mehreren Zentimeter langen, stark angeschwollenen, an Büffelhörner erinnernden Hohldornen umgewandelt sind. In ihnen wohnen und brüten häufig Ameisen, speziell Pseudomyrmex ferroginea, die nach Janzen in mindestens fünf Spezies der Acacia (A. chiapensis, A. collinsii, A. cornigera, A. hindsii, A. sphaerocephala) zu finden sind. Diese Wohnräume in Ameisenpflanzen werden Domatien genannt. Die jungen Akazien werden durch eine Königin besiedelt. Sie beißt unterhalb der Spitze des jungen, noch nicht verholzten Dorns ein Eingangsloch, entfernt das Hohlraummaterial und legt 15 – 20 Eier. Im Hohlraum des Dorns ist sie geschützt, während die erste Brut schlüpft und die Arbeiterpopulation sich mit rapider Geschwindigkeit vermehrt. Bei schlechter Witterung verschließt eine Arbeiterin das Eingangsloch mit dem Kopf. Die Brutzeit dieser Spezies ist relativ kurz, und die Anzahl der Ameisen steigt innerhalb von zwei Jahren auf bis zu 1.100 an. Auch mehrere benachbarte Pflanzen können von einem großen Volk bewohnt werden. Seltener bewohnen auch zwei verschiedene Kolonien einen Baum, jedoch in verschiedenen Domatien. Abgesehen vom Wohnraum bietet die Acacia ihren Bewohnern auch Nahrung. So scheiden zahlreiche extraflorale Nektarien (Nektarien auf den Blättern, den Sprossachsen oder den Deckblättern) auf der Mittelrippe der Fiederblätter Nektar aus, der das Grundnahrungsmittel der Ameisen darstellt. Spezielle gelbgefärbte proteinreiche Fortsätze an der Spitze der Blattfiedern – nach ihrem Entdecker „Belt’sche Körperchen“ benannt – dienen der Ernährung der Brut. Lange Zeit war man sich nicht sicher, ob nun die Pflanze im Gegenzug Nutzen aus ihren Bewohnern zieht. Es gab zwei Theorien: Die von Belt begründete Meinung, dass die Ameisen die Pflanze gegen ihre natürlichen Feinde verteidigen und ihr somit nutzen, stand im Gegensatz zu der, durch Skwarra und Wheeler vertretenen Meinung, dass nur die Ameisen von dieser Gemeinschaft profitieren. Mit Belts Studien der Ameisenakazien begannen die ersten ernsthaften Nachforschungen über Myrmekophyten. Die Tatsache, dass im Laufe der Evolution Hohldornen, Belt’sche Körperchen und extraflorale Nektarien als Vorrichtungen zum Wohlergehen der Ameisen entwickelt wurden, untermauerte Belts These. Erst Janzen wies in einem Feldversuch nach, dass hier tatsächlich ein Mutualismus vorliegt. Er entfernte die Ameisen durch Sprühen mit Parathion und Entfernen der Dornen oder ganzer bewohnter Äste, so dass kein Schutz mehr durch sie gewährleistet war. Nun wurde die Akazie von pflanzen- fressenden Insekten und Säugetieren beschädigt, von konkurrierenden Pflanzen überwachsen und beschattet und Käferlarven zerstörten die Sprösslinge. Vergleichsbäume, die von den Pseudomyrmex bewohnt wurden, erwiesen sich als wesentlich langlebiger. Belt bezeichnete die Ameisen als die Armee der Acacia – aggressiv wehren sie erfolgreich Fressfeinde ab, attackieren junge Triebe und Blätter von Schlingpflanzen, bis diese absterben, und kappen sogar Zweige benachbarter Gewächse in einem Radius von bis zu 40 cm um die Baumkrone. Bis zu einem Viertel der Ameisenpopulation patrouilliert Tag und Nacht an der Pflanzenoberfläche und säubert und verteidigt diese. Da brennbares Pflanzenmaterial in der Nähe der Akazie fehlt, wird sie sogar von Buschfeuern weniger stark beschädigt. Man ist gut beraten, nicht unbedacht an einer Akazie anzustreifen und den Zorn ihrer Bewohner auf sich zu ziehen, da ihre Bisse sehr schmerzhaft sein können. Sie reagieren schon bei dem geringsten Hinweis auf einen Störenfried. Auch in der Trockenzeit behalten Ameisenakazien das ganze Jahr über ihr Laub, wodurch die dauerhafte Bindung der Ameisen gewährleistet ist. 172 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren Neben den Akazienarten, für die die Beziehung zum Ameisenpartner lebensnotwendig ist, gibt es auch solche, die zwar gelegentlich von verschiedenen Ameisenarten besiedelt werden, aber darüber hinaus chemische Abwehrstoffe gegen Fressfeinde entwickelt haben. Diese Arten produzieren zwar ebenfalls Nektar, erhöhen die Produktion jedoch um ein Vielfaches, wenn ihre Blätter angefressen werden. So werden Pseudomyrmex angelockt, die die neue Futterquelle verteidigen. Akazie mit ihren Bewohnern (Pseudomyrmex-Ameisen) Cecropia Futterkörperchen Cecropia-Pflanze CECROPIA SP. UND AZTECA SP. Die häufig an Flussufern oder auf Waldlichtungen zu findende Cecropia – auch Ameisenbaum genannt – ist mit über 100 Arten in Mittelamerika vertreten und gehört zur Familie der Cecropiaceae. Ihre Beziehung zu den Azteca-Ameisen ist von ähnlicher gegenseitiger Abhängigkeit geprägt wie die der Acacia und Pseudomyrmex. Die 10 – 20 m hohen schnellwüchsigen Bäume sind leicht an der hellen Blattunterseite und den handförmig geteilten großen Blättern erkennbar. Die Internodien am schlanken Stamm sind stark ausgeprägt. Wenn Ameisenbäume von größeren Bäumen beschattet werden, werden sie von ihrem Standort verdrängt. Janzen fand auch hier bei mindestens 70 Cecropia-Arten sichere Hinweise auf einen Mutualismus. Die Besonderheit der Cecropia liegt in ihrem hohlen Stamm, der an den Blattknoten durch Querwände in Kammern unterteilt wird. Mindestens zehn Arten beherbergen die Ameisen in diesem Hohlstamm, weswegen man sie zu den primären Myrmekophyten zählt. Vertiefungen im Stamm, die so genannten Prostomata, spielen eine Rolle bei der Besiedelung durch die junge Königin, die sich durch sie einen Eingang in den Stamm nagt. Diese besonders dünnwandige Stelle findet sich in jedem Internodium. Die Querwände im Inneren des Stamms werden mit dem Anwachsen der Kolonie durchgenagt, die sich so schließlich über die gesamte Pflanze ausbreitet. Auch die Cecropia produziert spezielle Futterkörper zur Ernährung der Ameisen. Die eiförmigen Müller’schen Körperchen besitzen glykogenreiche Plastiden, was eine Seltenheit in der Pflanzenwelt darstellt, da in der Pflanze Energie sonst als Stärke gespeichert wird. Sie werden im Inneren spezieller, an den Blattstielansätzen befindlicher Haarpolster, den so genannten Trichilien, gebildet, aus denen sie im Reifezustand von den Ameisen herausgezogen werden. Jedes Trichilium bildet pro Tag etwa zehn dieser Körperchen und braucht nach dem Absammeln etwa 20 – 25 Tage zur Neuproduktion. Die Produktion steigt mit der Nachfrage. Bei den in Gewächshäusern gehaltenen und somit nicht von Ameisen besiedelten Cecropia-Arten, werden die Müller’schen Körperchen ebenfalls produziert. Die Produktion der Körperchen ist somit genetisch in der Pflanze festgelegt und nicht direkt durch die Ameise hervorgerufen. Weiters werden lipidreiche „Perlkörper“ auf der Blattfläche und am Blattstiel hergestellt, jedoch nur auf jüngeren Blättern. Verschiedene Beobachtungen haben ergeben, dass die Ameisen kaum Notiz von ihnen nehmen bzw. die Perlkörner zwar gefressen werden, aber keinen wichtigen Bestandteil der Nahrung darstellen. Wie auch bei der Akazie verteidigt die Ameise die Cecropia gegen Fressfeinde und pflanzliche Konkurrenz, und nagt zum Beispiel die an den von der Cecropia bevorzugten offenen Standorten häufig vorkommenden zahlreichen Lianen ab. Auch die Besiedelung von Epiphyten wird verhindert. Gegenüber Käfern ist der Schutz der Ameise effektiv, während sie gegen Zikaden oder Fliegen wenig ausrichten kann. Auch verteidigt die Ameise die Pflanze in der Trockenzeit heftiger als in den Regenmonaten. 173 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren In der Cecropia findet eine interessante Symbiose statt. Neben den Nektarien und den Futterkörpern bezieht die Ameise Energie aus einer weiteren Nahrungsquelle: Schildläuse, die sie im Inneren des Hohlstamms „halten“. Schildläuse besitzen die Fähigkeit, den stark zuckerhaltigen Assimilationssaft aus den Leitbahnen (Phloem) der Pflanze zu saugen. Sie verwerten die Aminosäuren und scheiden den Zuckersaft als Kot, den Honigtau, ab. Dieser dient vor allem der Ernährung der jungen Ameisen. 5.7.5 Tarnung FUNKTION UND TARNUNGSARTEN Um sich vor Fressfeinden zu schützen oder auch um besser jagen zu können, bedienen sich Tiere einer meist visuellen Tarnung. Tiere bewerkstelligen dies auf unterschiedlichste Arten, welche sind: • • • • • • Somatolyse: Darunter bezeichnet man die Anpassung an die Struktur und Färbung der Umgebung, sodass die Tiere quasi unsichtbar werden. Beispiele dafür wären der Tiger, das Zebra oder der Eisbär. Mimese: Diese ist nicht scharf abzugrenzen von der Somatolyse. Tiere mit Tarnung, die in diese Gruppe fallen, ahmen meist unbelebte Gegenstände ihrer Umgebung nach, wie etwa Steine, Äste oder Blätter. Stabschrecken ähneln mit ihrem Körperbau einem Ast, während Gespenstschrecken an ein Blatt erinnern. Mimikry: Manche Tierarten ahmen Tiere nach, die mit ihren Warnfarben Räubern ihre Ungenießbarkeit oder sogar Giftigkeit signalisieren, obwohl sie selbst nicht giftig sind. Einige Schlangenarten und Schmetterlingsraupen hoffen, so getarnt, von Fressfeinden verschont zu werden. Gegenschattierung: Da Vögel und Fische in einem dreidimensionalen Habitat leben und somit von oben, als auch von unten angegriffen werden können, müssen sie sich ebenfalls tarnen. Die Unterseite ist hell gefärbt, da ja bekanntlich die Sonne von oben scheint; die Oberseite ist dunkel, wie der Untergrund. Farbänderung: Unabhängig voneinander entwickelt besitzen manche Tierarten die Fähigkeit, ihre Farbe zu ändern, um sich an den wechselnden Untergrund anzupassen. Das bekannteste Beispiel wäre das Chamäleon, aber auch Rochen und andere Plattfische können ihre Farbe wechseln. Ebenfalls hierzu zählt der Schneehase, der sein Fell nach Jahresverlauf wechselt: sein Sommerfell ist grau-braun, im Winter ist es weiß. Industriemelanismus: Da die einst helle Birkenrinde auf Grund der Luftverschmutzung der Industriebetriebe mit Ruß geschwärzt wurde, waren die hellen Birkenspanner (eine Schmetterlingsart) nicht mehr gut gegen den dunklen Untergrund getarnt und fielen Fressfeinden zum Opfer. Die ursprünglich seltenen dunklen Artgenossen hatten somit einen Überlebensvorteil und setzten sich genetisch durch. Einige Tierarten können sich jedoch nicht selbst tarnen, sondern brauchen „Gehilfen“ – ein Beispiel wäre das Faultier. FAULTIERE UND ALGEN Seit seiner Entdeckung im 16. Jahrhundert galt das Faultier als träge, hässlich und wertlos. Erst als Wissenschaftler in der Mitte des 20. Jahrhunderts das Tier näher erforschten, konnte seine Langsamkeit endlich nicht nur mit einfacher Faulheit erklärt werden. Das Faultier der Unterordnung Folivora ist ein wahrer Energiesparer. Es lebt kopfüber hängend in Bäumen – damit das Regenwasser besser abfließen kann hat es seinen Scheitel am Bauch – und ernährt sich fast ausschließlich von Blättern, einer nährstoffarmen Kost. Um sich die mühsam erworbene Energie zu bewahren, bewegt es sich so wenig wie möglich. Anders als bei anderen Säugetieren, bei denen die Verdauung meist nur einige Stunden dauert, braucht die aufgenommene Nahrung beim Faultier oft mehr als eine Woche, um den Verdauungstrakt zu passieren, damit eine maximale Absorption gewährleistet werden kann. Auch muss das Faultier für eine optimale Verdauung seine normalerweise relativ niedrige Körpertemperatur anheben, was es durch Sonnenbaden bewerkstelligt. Durch sein dickes Fell kann es die so gewonnene Wärme eine Weile beibehalten. Etwa ein Mal pro Woche 174 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren klettert das Faultier auf den Boden, um seinen Darm zu entleeren, was bis zu einer halben Stunde dauern kann. Es ist noch nicht völlig geklärt, aus welchem Grund es die Gefahr auf sich nimmt, sich aus dem schützenden Dach der Blätter zu entfernen. Es wird vermutet, dass es den Baum düngen will, damit er weiterhin mit Nährstoffen versorgt wird und seinen Bewohner mit Blättern beliefern kann. Die Unterordnung Folivora ist gegliedert in die beiden Familien Megalonychidae (Zweifingerfaultiere) und Bradypodidae (Dreifingerfaultiere). In Costa Rica ist jeweils eine Art jeder Familie beheimatet: das Braunkehl-Faultier (Bradypus variegatus) und das Hoffmann-Zweifingerfaultier (Choleopus hoffmanni) (Foto siehe „Säugetiere“). Letzteres wurde früher Zweizehenfaultier genannt, was jedoch irreführend ist, da es an den Hinterbeinen drei Zehen hat, wie auch das Dreifingerfaultier. Die Vorderfüße weisen jedoch nur zwei Finger auf, die in Krallen enden, mit denen es sich im Geäst festklammern kann. Das Zweifingerfaultier ist schwanzlos, hat sechs oder sieben Halswirbel und ist größer als das Dreifingerfaultier. Überdies ernährt es sich nicht ausschließlich von Blättern, sondern frisst selten auch Früchte, Knospen und Insekten oder andere kleine Tiere. Die Dreifingerfaultiere kann man öfter beobachten, da sie tag- und nicht wie die Zweifingerfaultiere nachtaktiv sind und gern in Cecropia sp. leben – ein mittelhoher Baum mit gut sichtbaren Ästen. Da sie sich so langsam bewegen und außerdem bis zu 20 Stunden pro Tag schlafen, werden sie von den Azteca-Ameisen nicht als Feind erkannt und somit toleriert. Eine Besonderheit der Dreifingerfaultiere sind ihre neun Halswirbel, mit denen sie ihren Kopf um 270° drehen können. Im Gegensatz zu den Zweifingerfaultieren besitzen sie einen kurzen, etwa 2 – 9 cm langen Schwanz und ihre Vordergliedmaßen sind deutlich länger als die hinteren. Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb die Faultiere sich nur schleppend am Boden fortbewegen können, etwa wenn sie ihren Baum verlassen, um auf einem anderen weiter zu fressen. Im Fell des Faultiers herrscht ein feucht-warmes Milieu, weshalb sich in den Rillen ihrer Haare Algen ansiedeln. Diese geben dem Faultier seine grünliche Farbe, die es im Blätterdach besser tarnt. Die Tarnung ist für das Faultier von großer Wichtigkeit, da es auf Grund seiner Langsamkeit sehr leicht Fressfeinden zum Oper fallen würde. Von den Algen angelockt, legt eine Schmetterlingsart, der Kleine Zünsler, seine Eier im Fell ab. Die Raupen schlüpfen, weiden die Algen ab und locken ihrerseits eine Ameisenart an, da sie zur bevorzugten Nahrung dieser Art gehören. Doch bietet das Faultier auch anderen Insekten, wie Motten oder Käfern, einen Lebensraum, was seine Tarnung komplettiert. Mit dieser fast perfekten Tarnung, und ihrer energiesparenden Lebensweise, können Faultiere in der Wildnis 20 – 30 Jahre alt werden. Literaturangaben HÖLLDOBLER, B., WILSON, E.O., (1990): The Ants; Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 530 – 535, 545 – 551 HOWE, H.F., WESTLEY, L.C., (1993): Anpassung und Ausbeutung; Spektrum Akademischer Verlag, 141 – 168, 170, 176 – 179, 184 – 202 KRICHER, J., (1997): A Neotropical Companion; Princeton University Press, New Jersey, 69 – 70, 260 – 264 NORMAN, D., (1993): The Brown-Throated Three-Toed Sloths and the Hoffman’s Two-Toed Sloths of Costa Rica; Educational Pamphlet Series, 2 – 6 NORMAN, D., (1993): The Central American Agoutis of Costa Rica; Educational Pamphlet Series, 1 – 10 WEBER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the Flowering Plants of the Golfo Dulce Rain Forests Costa Rica; Biologiezentrum des oberösterreichischen Landesmuseums, Linz, 138 – 139 ZIZKA, G., (1990): Palmengarten Sonderheft 15: Pflanzen und Ameisen; Stadt Frankfurt am Main, Frankfurt, 9 – 13, 41 – 56, 63, 78 – 84 175 Michaela Seiz, Birgit Wondratsch Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren http://de.wikipedia.org/wiki/Dreifinger-Faultiere http://de.wikipedia.org/wiki/Faultier http://de.wikipedia.org/wiki/Heliconia http://de.wikipedia.org/wiki/Kolibri http://de.wikipedia.org/wiki/Paranuss http://de.wikipedia.org/wiki/Samenverbreitung http://de.wikipedia.org/wiki/Tarnung_(Biologie) http://de.wikipedia.org/wiki/Zweifinger-Faultiere http://links.jstor.org.html http://nationalzoo.si.edu/publications/zoogoer/2002/1/hummingbirds.cfm http://www.faszination-regenwald.de/info-center/tierwelt/kolibris.htm http://www.geoscience-online.de/index.php?cmd=focus_detail2&f_id=60&rang=6 http://www.iucnredlist.org/search/details.php/32986/all http://www.morgenwelt.de/index.php?id=155&backPID=115&tt_news=346 http://www.tierlobby.de/rubriken/Tiergarten/faultiere/faultiere.htm http://www.uniduesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Exoten/Paranuss/dateien/besond2.html http://www.uniduesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Exoten/Paranuss/dateien/frameset.html http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=sij61-2 http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/6/0,1872,2033446,00.html http://www.zoo-dresden.de/zooDresden/tiere/tierportraits/saeugetiere/Faultier.html 176 Teil VI Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ 177 Mario Auer Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ 6.1 Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ Nach ausgedehnten Costa Rica-Reisen kauft sich der Wiener Michael Schnitzler – ein klassischer Geiger und Professor an der Wiener Musikhochschule, Enkel des Dichters Arthur Schnitzler – Ende der 80er Jahre ein Ferienhaus im Süden Costa Ricas, bei der Hafenstadt Golfito am Golfo Dulce, einer Region, die einen der letzten primären Tieflandregenwälder an der Pazifikküste Mittelamerikas beheimatet, den Esquinas Regenwald. Dieser Tropische Regenwald zählt zu den artenreichsten Wäldern der Erde mit schätzungsweise 3.000 Pflanzenarten. Auf einem Hektar wurden hier bis zu 190 Baumarten gezählt – in ganz Mitteleuropa gibt es vergleichsweise nur etwa 50 Baumarten – 100 Reptilien- und Amphibienarten (darunter 5 Arten von Pfeilgiftfröschen), 350 Vogelarten und 140 Säugetierarten (darunter Jaguare, Ozelots, Nasenbären, Faultiere und 3 Affenarten). Michael Schnitzler wird Zeuge der beginnenden Zerstörung des wertvollen Ökosystems durch Abholzungen, den Bau von Goldminen und die Jagd. Am 5. Juni 1991 wird zwar ein Dekret vom Präsidenten Costa Ricas unterzeichnet, wodurch der Esquinas Wald offiziell zum Nationalpark erklärt wird. Doch dieser Vertrag existiert vorerst nur auf dem Papier, denn der Regenwald verbleibt zur Gänze im Besitz von 140 Bauern aus den umliegenden Dörfern, die keineswegs in ihren Rechten als Grundeigentümer eingeschränkt werden und sogar weiterhin Abholzungsgenehmigungen erteilt bekommen. Michael Schnitzler beschließt initiativ zu werden und gründet 1991 den Verein „Regenwald der Österreicher". Es gelingt nach und nach – mit Hilfe von Spenden österreichischer NaturfreundInnen – Grundstücke „freizukaufen". Die Gelder werden der Regierung Costa Ricas übergeben, welche offiziell als Käufer aufscheint. Die Grundbesitzer erhalten den ortsüblichen Preis von 1 Euro/m², also 1000 Euro/ha. Jedes freigekaufte Grundstück wird automatisch in den neu gegründeten Nationalpark Piedras Blancas unter dem symbolischen Namen „Regewald der Österreicher" eingegliedert und somit dauerhaft unter Schutz gestellt. Bisher gelang es dem Verein eine Fläche von 33,7 km² zu erstehen, wobei man den Grundstücken, für die bereits eine Abholzungsgenehmigung vorlag, den Vorrang gab. Weitere 50 km² konnten durch die Mithilfe amerikanischer Umweltorganisationen bzw. der Republik Costa Rica unter Schutz gestellt werden. Somit ist es bisher gelungen, etwa die Hälfte des 140 km² großen Esquinas Regenwaldes – das entspricht in etwa der Größe Liechtensteins – vor der Zerstörung zu bewahren. Ranger im Esquinas Regenwald Unser Gärtner Luis bei der Durchquerung des Río Bonito Versteckt im Regenwald das Haus von Prof. Michael Schnitzler; Nähe von Golfito, Golfo Dulce Bucht von Golfito Hafen von Golfito 178 Mario Auer Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ 6.2 Die Tropenstation „La Gamba“ Der Verein „Regenwald der Österreicher" kümmert sich aber nicht ausschließlich nur um Naturschutz, auch Forschung und Entwicklungshilfe bzw. nachhaltige Regionalentwicklung sind zentrale Anliegen des Projektes. 1993 wurde eine Finca mit einer kleinen Wellblechhütte am Rande des Esquinas Waldes angekauft und in die Obhut zweier Biologen der Universität Wien übergeben (Dr. Anton Weissenhofer und Dr. Werner Huber), die zum damaligen Zeitpunkt noch Studenten der Botanik waren. Die Hütte wurde in eine wissenschaftliche Feldstation umgewandelt und bot Wohn- und Arbeitsmöglichkeit. Durch großes Engagement gelang es im Laufe der Zeit, eine Forschungs-, Lehr- und Weiterbildungsinstitution von internationalem Ruf zu etablieren, welche sich zum Ziel gesetzt hat, einen Beitrag zum Erhalt und zur Erforschung des Regenwaldes zu leisten. Mittlerweile bietet die Tropenstation La Gamba Platz für ungefähr 20 Personen – zur Zeit gibt es vier Wohn- und Arbeitsgebäude – und wird hauptsächlich von Studenten und Wissenschaftlern österreichischer Universitäten, vorwiegend der Universität Wien, in Anspruch genommen, steht jedoch selbstverständlich auch ausländischen Universitäten und Naturinteressierten offen. Die wissenschaftliche Grundausstattung umfasst eine umfangreiche Bibliothek, Computer und Notebooks, mehrere Mikroskope und Binokulare, Ferngläser, ein Spektiv, einen Trockenschrank, Teleskop- Sammelstangen, Waagen, Terrarien, ein ausgezeichnetes Fotoherbarium u.v.m. Rund um die Station wurde ein 3 ha großer Botanischer Garten mit über 100 verschiedenen Arten tropischer Fruchtbäume und Nutzpflanzen liebevoll angelegt, der sogar zwei Naturteiche bzw. den ersten Naturschwimmteich im Südwesten Costa Ricas aufzuweisen hat. Eine überdachte Tischtennisanlage soll deshalb Erwähnung finden, weil sie eine willkommene Abwechslung zum Dschungelalltag bietet und sich unter Studenten zum kommunikativen Zentrum entwickelt hat. Auch ein 30 m hoher Beobachtungsturm, der 2003 im Zuge einer „Universum"Dokumentation über die Tropenstation vom ORF finanziert wurde, steht Forschern zur Verfügung. Somit bietet die Tropenstation La Gamba die besten Voraussetzungen für wissenschaftliches Arbeiten. Seit 1995 wurden zahlreiche akademische Arbeiten abgeschlossen, (insgesamt 40 Bakkalaureatsarbeiten, Diplomarbeiten und Dissertationen), 25 werden derzeit verfasst und weit über 100 Publikationen wurden veröffentlicht, unter anderem: • WEISSENHOFER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the flowering plants of the Corcovado- and Piedras Blancas national park („Regenwald der Österreicher“); OÖ Landesmuseum Linz, Biologiezentrum, Johann-Wilhelm Kleinstrasse • HUBER, W., et al., (2002): Katalog zur Ausstellung Helikonien und Kolibris der „Regenwald der Österreicher" in Costa Rica; Verein zur Förderung der Tropenstation La Gamba, Costa Rica, Rennweg 14, 1030 Wien, Austria • HUBER, W., WEISSENHOFER, A., (2005): The Amphibians & Reptiles of the Golfo Dulce Region, Costa Rica; Faculty Center of Botany, Rennweg 14, A-1030 Vienna Außerdem werden die vorhandenen Ressourcen von Exkursionsteilnehmern und interessierten Laien ganzjährig genützt. Zu moderaten Preisen werden Übernachtungsmöglichkeiten Vollverpflegung und die Benützung der gesamten Ausstattung angeboten. Die Kosten betragen je nach Art und Dauer des Aufenthaltes für Studenten zwischen 16 und 31 USD bzw. für Wissenschaftler zwischen 30 und 40 USD. Von 1993 bis Ende 2003 wurde die Station vom Verein „Regenwald der Österreicher" geleitet, die Führung wurde hierauf dem 2003 neu gegründeten „Verein zur Förderung der Tropenstation La Gamba" übertragen, der in Kooperation mit der Universität Wien steht und mit Subventionen der Universität Wien, des Zentrum für Botanik, Department für Evolutionsbiologie, Department für Naturschutzbiologie, Vegetation- und Landschaftsökologie der Universität Wien, des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst, des Vereins „Regenwald der Österreicher" die Station erhält. Zwei Projektkoordinatoren der Universität Wien – Dr. Anton Weissenhofer und Dr. Werner Huber – betreuen die Station, außerdem konnten 6 permanente Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung geschaffen werden: Es sind dies die Verwalterin vor Ort Maria Luisa Sanchez Porras, eine Köchin (Lisbeth Quiroz Ramirez), eine Reinigungskraft (Marie de los Angeles Montiel Montiel) 179 Mario Auer Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ sowie drei Gärtner (Eduardo Gerardo Auraz Suarez, Jose Luis Sanchez Chimenez und Victor Julio Cruz Garcia). Haupthaus Haus Matula Ruhemöglichkeit am Naturschwimmteich Richard Weixler Haus mit stationseigener Pflanzenaufzucht Rezeption im Haupthaus „Speisesaal“, sozialer Treffpunkt mitten im botanischen Garten Selbst angelegter Naturschwimmteich Die beiden Gärtner Eduardo (links) und Luis (rechts) Terrasse für Studienarbeiten und Abendentspannung, Haupthaus Casa Nueva Weg durch botanischen Garten Reinigungskraft Angela (links), Verwalterin Maria (Mitte) und Köchin Lisbeth (rechts) 180 Mario Auer Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ 6.3 Die „Esquinas Rainforest Lodge“ Wie schon erwähnt, ist auch Entwicklungshilfe ein zentrales Anliegen des Projektes. Durch die Einrichtung des Nationalparks Piedras Blancas musste zwar niemand ausgesiedelt werden, doch wurde ein Teil der ansässigen Bevölkerung, vor allem Holzarbeiter und Jäger, in seinen Verdienstmöglichkeiten bedeutend eingeschränkt. Ein paar Holzfäller der Gemeinde La Gamba kamen deshalb auf die Idee, ökotouristische Einrichtungen als Alternative und neue Einnahmequelle zu erschließen. Der Verein „Regenwald der Österreicher" reichte 1993 das Projekt „Ökotourismus in La Gamba" bei der Republik Österreich ein, diese erklärte die nachhaltige Nutzung von Tropenwäldern zum Schwerpunkt ihres Entwicklungshilfeprogrammes. Das Projekt soll dokumentieren, dass diese kleine Lodge mit der begrenzten Anzahl von 30 Gästen, die im Sinne eines anspruchsvollen Ökotourismus versorgt werden wollen, ausreichend Gewinne erzielen kann – ohne dabei die Natur zu zerstören – die es ermöglichen, den Lebens- und Bildungsstandard einer Dorfgemeinschaft (La Gamba), bestehend aus 70 Familien, langfristig und dauerhaft zu erhöhen. Die Finanzierung wurde zugesagt und der Verein „Regenwald der Österreicher" mit der Leitung und Betreuung des Projektes beauftragt. Die Esquinas Rainforest Lodge wurde am Rande des Nationalparks Piedras Blancas (in unmittelbarer Nähe zur Tropenstation La Gamba) um etwa 5 Mio ATS (360.000 Euro) gebaut und konnte 1994 eröffnet werden. Die dem Klima und örtlichem Baustil angepasste Anlage umfasst ein Hauptgebäude, in dem ein Restaurant, eine Bar und ein Aufenthaltsraum mit Bibliothek untergebracht sind und sieben kleine Bungalows, die insgesamt mit 14 Zimmern ausgestattet sind. Weiters wurden ein tropischer Garten mit „chlorfreiem Schwimmbad" und ein 16 km langes markiertes Wegnetz im umliegenden Regenwald angelegt. Die Übernachtung inklusive 3 Mahlzeiten kostet pro Person zwischen 90 und 135 USD. Aufenthalte im „Regenwald der Österreicher" werden von mehreren österreichischen Reiseveranstaltern angeboten. Weiters konnten etwa 20 neue Arbeitsplätze für die Menschen aus La Gamba geschaffen werden. Bis zum Jahr 2005 war der Verein „Regenwald der Österreicher" Eigentümer der Lodge, danach ging sie in privaten Besitz über. Aus dem Verkaufserlös wurde ein Fond für Projekte in La Gamba eingerichtet. Zahlreiche Projekte wie zB. der Neubau der Schule, die Einrichtung einer Krankenstation, die Gründung einer Frauengruppe, die Schmuck und Shampoo herstellt, eine Aufzuchtstation für Agutis (nachtaktive Nagetiere), der Bau eines Kinderspielplatzes, die Erneuerung der Trinkwasserleitungen und die Implementierung eines Programms für Mülltrennung und Müllbeseitigung konnten bereits realisiert werden. Einigen Kindern konnte außerdem durch Stipendien der Besuch höherer Schulen ermöglicht werden. Das Projekt „Regenwald der Österreicher" ist in seiner Vielschichtigkeit mit den Schwerpunkten Naturschutz, Forschung und nachhaltige Entwicklungshilfe vorbildhaft und mittlerweile der größte Arbeitgeber für die Bewohner von La Gamba. 1995 wurde der Gründer des Vereins Prof. Michael Schnitzler von der Republik Österreich mit dem „Konrad-Lorenz Staatspreis", dem höchsten Umweltpreis der Republik, ausgezeichnet. Im Jahr 2000 erhielt der Verein den „Großen-Binding-Preis für Natur- und Umweltschutz" des Fürstentums Liechtenstein. Esquinas Rainforest Lodge Chlorfreies Schwimmbecken für Gäste „Caiman Pond“, Naturteich inkl. Kaimane und Schnappschildkröten 181 Mario Auer Brillenkaiman am Naturteich, zum Greifen nah Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ Haus in La Gamba Projekt „mujeres visionarias“, Shampooherstellung, Verkaufsraum im Ort Literaturangaben ALBERT, R., et al., (2005): Die Tropenstation La Gamba „Regenwald der Österreicher". Wissenschaftlicher Bericht; Verein zur Förderung der Tropenstation La Gamba, Wien HUBER, W., et al., (2002): Katalog zur Ausstellung Helikonien und Kolibris der „Regenwald der Österreicher" in Costa Rica; Verein zur Förderung der Tropenstation La Gamba, Costa Rica, Rennweg 14, 1030 Wien, Austria LÖTSCH, B., (1996): Österreichs Transnationalpark mit Costa Rica: Hoffnung und ein StückÖkopatriotismus. In: Esquinas-Nationalpark: Der Regenwald der Österreicher in Costa Rica (Sehnal, P., Zettel, H., Hrsg.); Naturhistorisches Museum Wien, Wien, 11 – 24 SCHNITZLER, M. (1996): Der „Regenwald der Österreicher" in Costa Rica. In: EsquinasNationalpark: Der Regenwald der Österreicher in Costa Rica (Sehnal, P., Zettel, H., Hrsg.); Naturhistorisches Museum Wien, Wien, 7 – 10 WEISSENHOFER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the flowering plants of the Corcovado- and Piedras Blancas national park („Regenwald der Österreicher"); OÖ Landesmuseum Linz, Biologiezentrum, Johann-Wilhelm Kleinstraße 182 Teil VII Kulinarische Köstlichkeiten 183 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten 7.1 Allgemeiner Überblick Costa Rica ist ein Schmelztiegel an kulturellen Einflüssen, die auch in kulinarischen Belangen widergespiegelt werden. Zweifellos gehören, nach Meinung der Ticos, Reis und Bohnen zu jeder guten Mahlzeit, was sich für den Europäer sehr eintönig anhört. Tatsächlich bietet sich dem kulinarisch Interessierten eine ungeahnte Vielfalt an raffiniert gewürzten Köstlichkeiten, ein Umstand, der durch die kosmopolitische Gesellschaft der Ticos und Ticas erklärt werden kann. Jeder Gaumen kann hier etwas für seinen Geschmack finden. Wie eingangs erwähnt besteht die costaricanische Küche im Wesentlichen aus Reis, schwarzen und roten Bohnen, Mais, Gemüse, Fisch und Geflügel. Zwei Qualitätsstufen der von uns besuchten Reisfabrik Gemüsebuffet in La Gamba: (v.l.n.r.) Frittierte Brotfüchte, gekochter Maniok, gekochter Taro Fischverkäufer mit Hecht am Markt in Cartago Vor allem die Tatsache, dass Reis und Bohnen in Form von Gallo Pinto bereits früh morgens auf dem Speiseplan stehen, mag den Durchschnittseuropäer vielleicht verwundern, aber wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, ist es vom Frühstückstisch fast nicht mehr wegzudenken. Gallo Pinto ist nicht nur ein typisch regionales Frühstücksgericht, sondern auch eines der Nationalgerichte von Costa Rica. Es ist üblich dazu Spiegeleier oder Rührei zu servieren. Mancherorts werden auch Maistortillas und Sauerrahm dazu gereicht. Auch die Kombination mit gebratenem Speck wird wärmstens empfohlen. Ein anderes Nationalgericht ist „Casado“, was soviel wie „verheiratet“ bedeutet. Auch hier handelt es sich um ein Reis-Bohnengericht, zu welchem außerdem noch gebratene Kochbananen, Salat, Gemüse und als kräftige Beilage Fleisch, Fisch oder Huhn serviert werden. Traditionell wird in Costa Rica verschiedenes Tropengemüse, wie Yams, Batate oder Maniok, serviert. Die Zubereitung ist genauso vielfältig, wie die der Kartoffel bei uns. Besonders erwähnenswert sind außerdem die gefüllten Teigtaschen, welche als Empanadas bezeichnet werden und die es in den unterschiedlichsten Variationen gibt (süße und pikante Füllungen). Gallo Pinto Gegrillter Barsch (Red Snapper) Casado mit Kochbanane Es lässt sich aber auch der Einfluss internationaler Küche beobachten, der sich durch die Zunahme an italienischen, chinesischen, mexikanischen und französischen Restaurants widerspiegelt. Auch japanisches Sushi erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Natürlich konzentrieren sich diese Trends hauptsächlich auf den Großraum San José und einige Tourismusgebiete. Der ländliche Raum wurde von den kulinarischen Einflüssen der internationalen Gastronomie noch weitgehend verschont, 184 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten dennoch sind dort die traditionellen „Sodas“ von vorrangiger Bedeutung. Unter dem Begriff „Soda“ versteht man kleine einheimische Restaurants, in denen landestypische, regionale Gerichte serviert werden. Auch eine zunehmende Nordamerikanisierung durch die verschiedenen Fast-Food-Ketten hat eingesetzt. So ist es nicht verwunderlich, dass man in San José einige McDonalds, Burger Kings, Pizza Huts und Taco Bells findet. Dieser Trend wirkt sich zunehmend auf das Essverhalten vornehmlich junger Konsumenten in Costa Rica aus, die es inzwischen vorziehen Hamburger anstatt Gallo Pinto oder Casado zu essen. In der Atlantikregion rund um Puerto Limón sind die karibischen Einflüsse allgegenwärtig. So werden dort viele Gerichte auf der Grundlage von Kokosmilch zubereitet. In den Küstengebieten wird zudem hauptsächlich Fisch gegessen. Als Dessert werden in Costa Rica saftige, süße Tropenfrüchte serviert. Außerdem gelten die Ticos und Ticas als Naschkatzen und lieben daher die süßen Verführungen des Gaumens wie Schokolade, Kuchen, Torten und Dulce de leche. Wörtlich übersetzt heißt „Dulce de leche“ nichts anderes als „Süßigkeiten aus Milch“. Mit "Karamel" jedenfalls ist es nur ungenau beschrieben. Milch, Wasser und viel, viel Zucker werden so lange erhitzt und eingedickt, bis eine äußerst süße, zähe braune Masse entsteht. Abgesehen von der bräunlichen Farbe könnte man die Creme auch mit gesüßter Kondensmilch aus der Tube vergleichen. Gerne wird diese Masse pur aufs Brot gestrichen, ähnlich wie Honig oder Nutella in Mitteleuropa. Geburtstagstorte, La Fortuna Natürliche „Zuckerl“ - Samen der Kakaofurcht mit süßer Pulpa Pancakes am Frühstückstisch Dulce – Zuckerrohrmelasse Kokosnussmilch als Erfrischungsgetränk in den Pausen Costaricanisches Bier Auch wenn Limonaden wie Coca Cola weit verbreitet sind, so werden „Refrescos Naturales“, Fruchtsäfte jeglicher Art auf der Grundlage von Wasser, Milch oder Joghurt, als gesunde Alternative sehr geschätzt. Im Limonadensortiment findet man auch einige exotische Sorten, wie beispielsweise Fanta-Traube. Auch in Costa Rica scheint der Trend hin zum „Wellnesswasser“ in verschiedenen 185 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten Geschmacksrichtungen angekommen zu sein. Ein gutes Beispiel ist das Produkt „Aqua Crystal“, welches in den Sorten Weintraube, Erdbeere und Pfirsich erhältlich ist, von der Firma Florida Bebidas. Costa Ricas Kaffee zählt zu den besten der Welt und wie bei den Engländern die Tea-Time, trinken die Ticos am Nachmittag ihren Kaffe mit viel Zucker und Milch. Es existiert allerdings keine so ausgeprägte Kaffeehauskultur wie in Europa. Alkoholische Getränke sind in Costa Rica sehr beliebt und das costaricanische Bier muss den internationalen Vergleich nicht scheuen. Imperial, Bavaria, Pilsen und Rock Ice werden in den Brauereien Costa Ricas ebenso hergestellt, wie international vertretene Marken, deren Herstellung durch eine entsprechende Lizenz ermöglicht wurden. So produziert die Firma Florida Ice & Farm Co. seit 1986 für Heineken. Auch üppig dekorierte Cocktails sind in Costa Rica sehr gefragt. Der aus Zuckerrohr gebrannte Guaro kurbelt nicht nur die Verdauung an, sondern lässt sich auch prima mit Fruchtsäften mixen und dient als Basis für so manchen Cocktail. Die costaricanischen Rumdestillen bieten genug Auswahl, auch für den verwöhntesten Gaumen. 7.2 Rezepte zur Verwendung von tropischem Gemüse KOCHBANANE (MUSA X PARADISIACA) Kochbananen sind aus Kreuzungen zwischen Obstbananen und samenhältigen Bananen entstanden. Sie haben sehr lange (bis 40 cm) und dicke Früchte, sind kantiger als Obstbananen, haben eine grüne Schale und ein festes, nicht süßes, aber sehr stärkehaltiges Fruchtfleisch. Kochbananen werden üblicherweise nicht roh gegessen, sondern gekocht, gegrillt, frittiert oder gebraten. Sie können auch getrocknet oder zu Mehl gemahlen werden und werden zur Herstellung von Getränken (z.B. Bier) verwendet. Reife Kochbananen haben eine großteils schwarz verfärbte Schale, manchmal sogar mit kleineren oberflächlichen Schimmelstellen. Für ihre geschmacklichen Eigenschaften hat das aber keine negativen Auswirkungen. Patacones (frittierte Kochbanane): • 4 Kochbananen • ½ Liter Frittieröl für eine tiefe Pfanne (alternativ empfiehlt es sich eine Friteuse zu verwenden) • Salz Das Fett in einer tiefen Pfanne erhitzen. Die Kochbananen schälen und in 3 – 5 cm große Stücke schneiden. Die Stücke im Fett so lange anfrittieren, bis sie eine leichte bräunliche Farbe annehmen. Dann herausnehmen und auf ein großes Brett legen. Mit einem kleinen Brett die Bananenstücke platt drücken, damit sie nicht ankleben (am besten mit leichten Drehbewegungen!) Dann mit einem Messer vorsichtig vom Brettchen lösen und nochmals frittieren, bis sie knusperbraun sind. Abtropfen lassen, mit Salz bestreuen und genießen. Gebratene Kochbanane mit Honig • 4 Kochbananen • Pflanzenöl • Honig Pfanne mit etwas Öl erhitzen, Banane in schräge Scheiben schneiden und goldbraun braten. Im noch warmen Zustand mit Honig bestreichen. Eignet sich hervorragend als Vorspeise, Dessert oder auch als Beilage zu Reis. 186 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten MANIOK (MANIHOT ESCULENTA) Der zur Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae) gehörende Maniok ist ein bis zu drei Meter hoher, buschiger Strauch, mit handförmig geteilten Blättern und grünlich-gelblichen Blüten. Die an der Sprossbasis durch sekundäres Dickenwachstum entstehenden zylindrischen oder spindelförmigen, nur kurze Zeit lagerfähigen, stärkereichen Knollen erreichen eine Länge von 30 – 50 cm, einen Durchmesser von 5 – 10 cm und ein Gewicht von 2 – 5 kg. Die Knollen haben eine raue bis glatte, dunkelbraun gefärbte Schale und ein weißlich oder gelblich gefärbtes Inneres. Man unterscheidet einerseits bitteren Maniok, der wegen seines hohen Linamarin-Gehalts (giftig) immer im Milchsaft gekocht werden muss und andererseits den "Aipim" genannten süßen Maniok, der das Linamarin nur in den äußeren Randschichten der Knolle enthält und daher nur geschält werden muss. Der Maniok stammt ursprünglich aus Brasilien und war bereits vor dem Eintreffen der europäischen Kolonisatoren in Südamerika, Mexiko und auf den Antillen verbreitet. Durch portugiesische Sklavenhändler wurde Maniok im Laufe des 16. Jahrhunderts nach Afrika, sowie später bis nach Indonesien verbreitet. Der Maniok enthält reichlich Eiweiß und Mineralstoffe wie Kalium, Kalzium und Eisen, sowie Vitamin C. Maniok kann nicht roh gegessen werden und wird nach dem Waschen und Schälen in Salzwasser gekocht und ähnlich den Kartoffeln zubereitet. In seinen Anbauländern wird er üblicherweise nach dem Kochen zu Brei zerstoßen, zu einem haltbaren Mehl "Farinha" oder zu reiner Stärke "Tapioka" weiterverarbeitet und zu Fladen gebacken. Frittierter Maniok (Portionen): • 2 kg Maniok, geschält und in mittelgroße Stücke geschnitten • Knoblauch, mehrere Zehen • • • 2 Stangen Sellerie, geschnitten Salz Pflanzenöl Maniok mit Knoblauch, Sellerie und Salz weichkochen. Anschließend den Maniok goldbraun frittieren und mit salz verfeinern. (Dippsauce: Olivenöl mit gehacktem Knoblauch und Petersilie) YAMS (DIOSCOREA BATATAS, KARTOFFELYAMS) Bei der am meisten angebauten Art erreichen die unterirdischen Knollen eine Länge von bis zu zwei Metern, ihr Geschmack ist süßlich und ähnelt Esskastanien und Kartoffeln. Sie haben eine dunkelbraune bis schwarze Haut, sind reich an Provitamin A sowie Kalium und wirken, roh gegessen, toxisch. Yamswurzeln ähneln geschmacklich und optisch den Süßkartoffeln, sind aber nicht mit ihnen verwandt. Yamswurzeln werden, üblicherweise gegart, wie Kartoffeln verzehrt, wofür die Wurzeln geschält und in Würfel geschnitten 10 – 20 Minuten in Salzwasser gekocht werden. Yamswurzel ist auch in dünne Scheiben geschnitten und geröstet oder frittiert sehr schmackhaft. SÜßKARTOFFEL (IPOMOEA BATATAS) Die zur Familie der Windengewächse (Convolvulaceae) gehörende Süßkartoffel ist eine einjährige, krautige, Windepflanze die an ihrem dahinkriechenden, bis zu drei Meter langen Spross Wurzeln entwickelt. Durch sekundäres Dickenwachstum entwickeln sich 10 – 20 cm lange und bis zu drei Kilogramm schweren, purpurroten über bräunlich oder gelblich bis weißlichen, von zahlreichen Milchröhren durchzogenen Knollen anschwellen. Sie haben eine dicke Schale und schmecken leicht mehlig, sind rötlich - bräunlich oder gelblich – weißlich gefärbt. Die wechselständigen Blätter sind kurz gestielt und mit gelappter Spreite versehen. Süßkartoffeln stammen ursprünglich aus Südamerika und wurden schon von den präkolumbianischen Inkakulturen angebaut. Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurden die von den Indianern batate genannten Süßkartoffeln nach Europa gebracht, und von hier aus bis in den südostasiatischen Raum verbreitet. Heute werden Süßkartoffeln weltweit in tropischen und subtropischen Gebieten Amerikas, Afrikas und Asiens angebaut und zählen zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln der Menschheit. Süßkartoffeln werden wie Kartoffeln vor- und zubereitet. Sie eignen sich sehr gut zum Kochen, Backen und Pürieren, jedoch weniger zum Braten, da sie relativ schnell zerfallen. Aus den gekochten Knollen werden Mehl, Stärke und eine Art Sago, sowie alkoholische Getränke hergestellt. Zum Verzehr werden sie üblicherweise geschält, rundherum mit einer Gabel eingestochen, mit Öl eingerieben und in Folie gewickelt im Ofen gegart. 187 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten 7.3 Nationalgerichte und andere kulinarische Köstlichkeiten SUPPEN Pejibaye-Suppe: • 10 – 12 Pejibaye • 3 Tassen Hühnersuppe • 3 Tassen Milch • 1 Zwiebel, gehackt • • • Knoblauch, gehackt 1 roter, grüner und gelber Paprika, gehackt Salz und Pfeffer Pejibaye weichkochen (ca. 45 Minuten), abkühlen lassen und schälen. Anschließend mit der Hühnersuppe pürieren. Zwiebel, Knoblauch und Paprika sautieren. Anschließend die pürierten Pejibaye und Milch zugeben. Weitere 5 – 10 Minuten leicht kochen lassen. Sopa negra, Sopa de habichuelas negras – Schwarze Bohnensuppe (6 Portionen): • 1 roter Paprika püriert • 500 g schwarze Bohnen, am Vortag einweichen • 1 grüner Paprika gehackt • 1 Lorbeerblatt • 6 Knoblauchzehen zerdrückt • ½ TL Kreuzkümmel, gemahlen • 1 Würfel Gemüsesuppe • ½ TL Oregano • ½ EL Zucker • 1 TL Paprikapulver • 2 EL Essig • ¼ Tasse Öl • Salz, Pfeffer • 1 Zwiebel gehackt Bohnen im Einweichwasser mit Lorbeer, Kreuzkümmel, Oregano und Paprikapulver kochen. Eine Tasse Bohnen herausnehmen, pürieren und wieder zu den übrigen Bohnen geben. In einem Topf Zwiebel glasig dünsten und grüne Paprika, Brühwürfel, Zucker und Essig zugeben, einige Minuten kochen, die Bohnen mit der Flüssigkeit hinzufügen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und solange kochen bis die Suppe etwas eindickt. FLEISCH- UND FISCHGERICHTE Casado (1 Portion): • ½ Tasse gekochter Reis • ½ Tasse gekochte rote oder schwarze Bohnen • ½ Tasse Picadillo (Zubereitung siehe „Gemüsegerichte“) • ½ Tasse „Himmlische“ Kochbanane (Zubereitung siehe „Süß schmeckende Gerichte“) • Salat • Fleisch nach Wahl: bistec (landestypische Bezeichnung für dünn geschnittenes, gegrilltes Rindfleisch, ist kein Beefsteak), Fisch oder Huhn (alternativ zum Fleisch kann auch Käse serviert werden) Ceviche (4 – 6 Portionen): • ½ kg Seebarschfilet, würfelig geschnitten • 2 Tassen Stangensellerie, fein gehackt • 3 Tassen Korianderblätter, fein gehackt • ½ Tasse Petersilie, fein gehackt • 1 große Zwiebel, fein gehackt • 1 roter Paprika, würfelig geschnitten • • • • • 6 – 8 Limetten, Saft ½ Tasse Weißweinessig 3 Lorbeerblätter Pflanzenöl Salz, Pfeffer Fisch in eine Glasschüssel geben, sämtliche Zutaten gut vermischen und darüber geben. Dabei ist darauf zu achten, dass der Fisch gut mit Flüssigkeit bedeckt ist. Um den Fisch zu marinieren, sollte man ihn über Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen. Tags darauf kann er dann kalt, mit 188 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten russischem Dressing, Tomatensoße oder Salsa serviert werden. Ergänzend empfiehlt sich dazu Salzgebäck („Soda-Kekse“), Avocados und Patacones. Chicharrones: • 1 kg Schweinebauch mit Schwarte • Salz • • Öl zum Frittieren Limetten Fleisch in mittelgroße Stücke schneiden, Schwarte einschneiden nicht vergessen. Fleisch anschließend kräftig salzen. Pfanne mit 1/8 Liter Wasser füllen und erhitzen. Fleisch mit der Schwarte nach oben in die Pfanne legen. Fleisch erst dann wenden, wenn das Wasser vollständig verdampft ist. Kein Öl oder Fett zugeben, sondern nur vorbräunen. Anschließend die Fleischstücke in eine Friteuse oder heißes Öl legen und bis zur Wunschbräunung frittieren. Vor dem Verzehr mit Limettensaft beträufeln. Empanadas mit Fleischfüllung (10 Portionen): • 167 g Faschiertes, gemischt • • 167 g Faschiertes Rind • • • 100 g durchwachsener Speck • 100 g Zwiebel • • 4 Eier • 35 g Oliven 65 g Rosinen 1 ½ TL Paprikapulver, edelsüß 1 ½ TL Kreuzkümmel gemahlen Für den Teig: 8 EL Öl, 34 g Hefe, 500 g Maismehl (kann durch Weizenmehl ersetzt werden), evtl. Chilischoten Der Speck und die Zwiebeln kleinwürfelig schneiden und anbraten, anschließend das Faschierte zugeben und weiter braten. Achtung, nicht verklumpen lassen! Eier hart kochen und zerkleinern. Rosinen in heißem Wasser aufquellen lassen. Oliven in feine Scheiben schneiden und gemeinsam mit den Rosinen und Eiern unter die Fleischmasse heben. Mit Paprika, Kreuzkümmel und eventuell etwas Salz abschmecken. Wer es schärfer mag, kann auch noch klein geschnittenen Chili zugeben. Für den Teig: Mehl und Hefe mit Öl und ¾ der Milch verkneten. Dann noch solange Milch zugeben bis der Teig geschmeidig wird, aber noch gleichzeitig fest erscheint. Anschließend den Teig an einem warmen Ort gehen lassen. Den Teig ausrollen und runde Stücke mit ca. 15 cm Durchmesser formen. Je 1 – 2 EL Fülle auf eine Hälfte geben und den Rand mit Ei bestreichen. Anschließend den Teig zu einer Tasche klappen und den Rand festdrücken. Je nach Belieben im Elektroherd bei 180 °C 20 Minuten backen oder in Fett frittieren. GEMÜSEGERICHTE Gallo Pinto (2 – 3 Portionen): • 1 ½ Tassen gekochte schwarze Bohnen • 2 Tassen gekochter weißer Reis • 1 Zwiebel • ½ roter Paprika • 3 Knoblauchzehen • • • frische Korianderblätter (kann auch durch Petersilie ersetzt werden) 2 TL Worcestershire-Soße oder andere Gewürzsauce Margarine Würfelig geschnittenen Zwiebel, Knoblauch und Paprika in Margarine anschwitzen, danach Bohnen, und bei Bedarf etwas Salz, hinzufügen. Mit etwas Flüssigkeit aufgießen, bei mittlerer Hitze leicht köcheln bis das Wasser verdampft ist. Abschließend Reis beimengen und mit Korianderblätter und Worcestershire-Soße abschmecken. Dieses traditionelle Gericht ist üblicherweise eine Frühstücksspeise, kann aber auch zu anderen Mahlzeiten serviert werden. Zumeist wird dazu Rührei oder Spiegelei und Brot gereicht. Dazu serviert man meistens auch Sauerrahm, um darin das Brot zu tunken. Auch gebratene Würstchen oder Speckstreifen bilden eine ideale Beilage für all jene, die es etwas deftiger mögen. Picadillo (4 – 6 Portionen): • 680 g Fisolen • 2 Karotten • • 170 g Korianderblätter, gehackt 1 Selleriestange 189 Bernadette Binder • • • Kulinarische Köstlichkeiten • • 1 Zwiebel, gehackt 2 Knoblauchzehen, gehackt ½ Paprika oder adäquate Menge Chili Salz Pflanzenöl Bohnen und Karotten würfelig schneiden. Die übrigen Zutaten in einer großen Pfanne in Pflanzenöl anschwitzen, Bohnen und Karotten zugeben und gemeinsam sautieren bis das Gemüse gar ist. Marinierte Chilis: • 6 Jalapeños (Chili) • ½ Zwiebel • 170 g Korianderblätter, gehackt • • • ¼ Tasse Essig Saft von 5 Limetten Salz Chilis nach Lust und Laune schneiden oder auch ganz lassen (dann allerdings sollte man die Schoten mit Nadelstichen perforieren, damit die Flüssigkeit besser eindringen kann). Alle Zutaten gut miteinander mischen und in ein Einsiedeglas füllen. Vor dem Verzehr einige Tage gut durchziehen lassen. Escabeche (Eingelegtes Gemüse): • 4 Karotten, julienne geschnitten • 1 Karfiol, zerpflückt • 340 g Fisolen, klein geschnitten • 2 Zwiebel, in Ringe geschnitten • 4 Knoblauchzehen, zerdrückt • • • • • 4 Gewürznelken 3 Lorbeerblätter 4 Blätter Oregano 1 ½ Tassen Essig 2 Tassen Wasser Knoblauch in etwas Öl anbraten und mit ¼ Tasse Wasser aufgießen. Karotten zugeben und ca. fünf Minuten kochen. Karfiol und Fisolen hinzugeben und nach weiteren fünf Minuten Garzeit Essig, das restliche Wasser, Gemüse und Gewürze beimengen. Auf kleiner Stufe ca. eine Stunde köcheln lassen. Anschließend in Einsiedegläser füllen. Mindestens 24 Stunden durchziehen lassen. SÜSS SCHMECKENDE GERICHTE „Himmlische Kochbanane“ (8 – 10 Portionen): • 110 g Margarine • 1 Prise Gewürznelke, gerieben • 340 g Zucker • Vanille • 1 Msp. Zimt • 1 Limette • 1 Prise Muskatnuss, gerieben • 6 Kochbananen, in Scheiben geschnitten Margarine, 230 g Zucker, Zimt, Muskat, Nelke, Limettensaft, Vanille und Kochbananen in einer Frittierpfanne geben und herausbacken bis alles hell goldbraun ist. Danach Wasser hinzufügen bis die Kochbananen bedeckt sind und mit dem restlichen Zucker betreuen. Bei kleiner Hitze langsam einkochen bis das Wasser verdunstet ist und die Bananen karamellisiert sind. Süße Empanada: • 250 g Mehl • 1 Msp. Backpulver • 1 Prise Salz • 125 g Butter • 150 g Marillen aus der Dose • • • • • 100 g Zucker 1 TL Zimt 60 g Pinienkerne 50 g Korinthen 1 Ei Mehl, Backpulver, Salz Butter und 4 EL Wasser zu einem glatten Teig verkneten, ca. 45 Minuten rasten lassen. Das Marillenpüree mit Zimt und Zucker mischen und pürieren. Pinienkerne und Korinthen unter die Marillenmasse mischen. Teig ausrollen und ca. 10 cm große Kreise ausstecken. Fülle auf eine Teighälfte geben und den Rand mit Eiweiß bestreichen. Dann den Rand gut festdrücken. Die Teigtaschen mit Dotter bestreichen und im Ofen bei ca. 200°C goldbraun backen. 190 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten Fruchtsalsa: • ½ Tasse Orangensaft • 1 Tasse Papaya, geschält und geschnitten • 1 Tasse Ananas, geschält und geschnitten • 2 – 3 Chilis, Sorten nach persönlichem Geschmack auswählen • • • ¼ Tasse roter Zwiebel, gehackt 3 EL Olivenöl Salz und Pfeffer Orangensaft in einen Topf geben und bei mittlerer Hitze, bis zu einer Menge von etwa zwei Esslöffel, reduzieren. Anschließend abkühlen lassen. Die anderen Zutaten in eine Rührschüssel füllen, den Orangensaft zugeben und gut verrühren. Ananas-Mango Salsa: • 1 Mango, geschält und gewürfelt • 350 g Ananas, geschält und gewürfelt • 1 rote Zwiebel, gehackt • • • 1 Bund Frühlingszwiebel, gehackt 2 EL Limettensaft 1 kl. Bund Korianderblätter Alle Zutaten im Mixer Pürieren und nach Belieben mit Salz und Pfeffer abschmecken. Gebackene Cherimoya-(4 Portionen): Zwei bis drei Früchte schälen, halbieren, Kerne vorsichtig entfernen und in dicke Scheiben schneiden (die Frucht zerfällt leicht). Mit etwas Puderzucker bestäuben, durch einen Backteig ziehen (wie für Eierkuchen), in heissem Öl schwimmend goldgelb backen, abtropfen lassen und mit Puderzucker bestäubt auftragen. Caipirinha-Creme (8 Portionen): • 6 Blatt Gelatine • 5 Limetten, unbehandelt • 4 kl. Eier • 300 g Zucker, braun • • • 100 ml Zuckerrohrschnaps 500 g Vollmilchjoghurt 400 g Schlagobers Schale von zwei Limetten abreiben, Schale einer Limette dünn abschälen, in Streifen schneiden und zum Garnieren beiseite stellen. Gelatine einweichen. Limettenschalenabrieb mit Eiern, Zucker und Schnaps über heißem Wasserbad dickschaumig rühren. Gelatine ausdrücken und in der Eiercreme auflösen. Saft von vier Limetten auspressen und mit Joghurt unter die Creme rühren. Obers steif schlagen und unterheben. Creme in passende Gläser füllen, mit einer Limettenscheibe, Limettenschalen und Zucker garnieren. Batido Exótico (4 Portionen): • 1 Tasse Papaya • 1 Tasse Mango • 2 Tassen Ananas • 2 Tassen Banane • • • • 3 EL Limettensaft 1 ½ Tassen Kokosmilch 2 EL Zucker Eiswürfel Papaya, Mango, Ananas und Bananen schälen und würfelig schneiden. Früchte und Limettensaft im Blender bis zu einer schaumigen Konsistenz mixen. Kokosmilch, Zucker und einige Eiswürfel hinzufügen. Nochmals mixen. 191 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten 7.4 Cocktails & Co. COLADAS UND CREMECOCKTAILS Piña Colada: • 5 cl brauner Rum • 5 cl Ananassaft • 2 cl Kokosnusscreme (Leche de coco; Sirup für Cocktails) Kiwi Colada: • 5 cl weißer Rum • 5 cl Ananassaft • 2 – 3 cl Kokosnusscreme • 2 cl Kiwisirup • • • • • 1 cl Obers gestoßenes Eis 1 cl Obers ½ reife Kiwi, geschält gestoßenes Eis Die Zutaten für die jeweilige Colada im Blender mit Eis mixen und in ein, mit gestoßenem Eis gefülltes Ballonglas abgießen. Piña Colada mit einem Stück Ananas und einer Cocktailkirsche garnieren. Kiwi Colada mit einer Kiwischeibe und einer Cocktailkirsche garnieren. Rum Eggnogg: • 5 cl weißer Rum • 10 cl Milch • 3 cl Obers • • • 1 cl Zuckersirup 1 Ei frisch geriebene Muskatnuss Die Zutaten im Blender aufmixen und in ein, mit 2 – 3 Eiswürfel gefülltes Longdrinkglas abgießen. Mit Muskatnuss servieren. STRONGS UND SÜß-SAURE COCKTAILS Mojito: • 5 cl weißer Rum • 1 cl Zuckersirup • Saft einer ½ Limette • • • 1 – 2 Minzezweige Sodawasser gestoßenes Eis Zuckersirup, Limettensaft und Minzeblätter in einem Tumbler geben und mit einem Stößel zerdrücken. Das gestoßene Eis ins Glas geben, und den Rum dazugießen. Mit Sodawasser aufgießen und mit einem Minzezweig garnieren. Banana Daiquiri: • 5 cl weißer Rum • 3 cl Limettensaft • 2 cl Zuckersirup • • 1 cl Bananensirup gestoßenes Eis Die Zutaten im Blender mit dem Eis mixen und in einer Cocktailschale servieren. Tropical Hurricane: • 4 cl brauner Rum • 2 cl weißer Rum • 3 cl Orangensaft • 2 cl Zitronensaft • • • 2 cl Ananassaft 2 cl Maracujasaft gestoßenes Eis Die Zutaten in den Shaker füllen und mit Eis schütteln. Danach in ein mit gestoßenem Eis gefülltem Ballonglas abgießen. 192 Bernadette Binder Kulinarische Köstlichkeiten Literaturangaben BIEDER, B., (2000): Exotische Früchte; Baselife, 1 BLNACKE, R., (2000): Farbatlas Exotische Früchte; Ulmer, Stuttgart COTO, T., (2005): The best recipes: Costa Rica; Jadine, San José MÜLLER, B., (2005): Marco Polo: Costa Rica; MairDuMont, Köln N. N., (2003): Happy hour cocktails; Lingen, Köln VAN AKEN, N., (1995): The great exotic fruit book; Ten Speed Press, Berkeley ZAHL, P. P., (1998): Geheimnisse der karibischen Küche; Rotbuch, Berlin 193 Impressum Autoren: Mario Auer, Ursula Bachlechner, Bernadette Binder, Ines Faber, Theresia Fastian, Walpurga Goebel, Birgit Jogl, Julia Kerschbaum, Christian Kolowratnik, Barbara Lukasch, Gina Phillip, Stefanie Pichler, Andrea Pichlmaier, Monika Praschberger, Barbara Rittmannsberger, Franziska Schrempf, Michaela Seiz, Joachim Simon, Roswitha Stieglmayer, Barbara Vobrovsky-Simon, Birgit Wondratsch, Elisabeth Wurglits Fotoquellen: Ursula Bachlechner, Bernadette Binder, Ines Faber, Theresia Fastian, Walpurga Goebel Birgit Jogl, Julia Kerschbaum, Christian Kolowratnik, Tatjana Koukal, Barbara Lukasch, Stefanie Pichler, Franziska Schrempf, Barbara Vobrovsky-Simon, Anton Weissenhofer, Bildersammlung des Instituts für Botanik Redaktion, Grafik und Design: Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon Korrektur: Theresia Fastian, Walpurga Goebel, Barbara Vobrovsky-Simon, Anton Weissenhofer Beratung: Anton Weissenhofer Mit freundlicher Unterstützung und Hilfestellung der Mitarbeiter des Instituts für Botanik, Universität Wien, Rennweg 14, A 1030 Wien. Druck: Repa Copy Wien, Nussdorfer Str. 19, A 1090 Wien Copyright bei den Autoren Alle Angaben ohne Gewähr. 194