Die Frau im alten Aegypten

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Die Frau im alten Aegypten
Gesellschaft und Beruf
Die Frauen in Ägypten hatten im Vergleich zu anderen Frauen der Antiken Welt eine
besondere Stellung inne. In den anderen Ländern, exemplarisch Griechenland oder dem
Römischen Reich, hatten Frauen so wenig Rechte, dass sie selbst vor Gericht einen Mann für
sich sprechen lassen mussten. Dies war in Ägypten nicht der Fall. Die Frauen waren vor
Gericht den Männern gleichgestellt und konnten dadurch auch alleine vor Gericht auftreten.
Demnach konnte die ägyptische Frau eigenverantwortlich fungieren und musste auch für ihr
Handeln selbst Rechenschaft ablegen.
Die damaligen Frauen Ägyptens besaßen sogar Eigentum, das ihnen beispielsweise als
Mitgift zu kam oder das sie durch Arbeit verdienten. Sie konnten sogar das Eigentum ihres
Mannes erben, sofern dieser verstorben ist, sie konnten Testamente machen und über 1/3
des gemeinsamen Vermögens frei verfügen. Im Papyrus Kahun (Papyri die 1889 von Flinders
Pertrie nahe dem Ort Lahun/Kahun entdeckt wurden) wird uns ein Beispiel offenbart, bei dem
ein Priester namens Wah sein Hab und Gut testamentlich seiner Frau vermacht:
„Ich setze eine Übertragungsurkunde für meine Frau
auf [...] sie kann sie an alle Kinder weitergeben, die
sie mir gebären wird, nach ihrem Gutdünken. Ich
gebe ihr die drei Asiaten [Sklaven], die ich von
meinem Bruder Anchreni erhalten habe[...] sie mag
sie an jedes ihrer Kinder weitergeben, wie sie
wünscht“
Originaltextquelle: Prof. G.Robins 1997
Frauen war es auch gestattet zu arbeiten oder eigenständig Geschäfte zu machen. Titel
berufstätiger Frauen lassen sich an den Wänden von Gräbern finden. Laut Tyldesley (1994)
begrenzen sich die einzelnen Berufe die eine Frau nachgehen konnte auf eine enge Auswahl.
Die nachgewiesenen Berufe waren wohl von der Tradition her als auch von den
Bildungsmöglichkeiten her bescheiden. Zu derartigen femininen Berufen zählten exemplarisch
die Arbeit der Dienerin, Tänzerin, Musikantin, Aufseherin, oder Hausverwalterin, wobei
letzteres zu den besseren Tätigkeiten gezählt wurde. Da die Prostitution bekanntlich das
älteste Gewerbe der Welt ist, muss auch hier gesagt werden, dass dieser Bereich durchaus
oft von Frauen gewählt wurde.
Frau beim Bier brauen
Das Arbeitsfeld beschränke sich demnach vorrangig auf den Haushalt (Bier brauen, Kochen,
Brot backen, Essen zubereiten, Stoffe spinnen, etc) bzw. die Haushaltsführung und auf
Unterhaltungsberufe. Seit dem Alten Reich sind Berufsbezeichnungen wie „Vorsteherin der
Weberinnen“, „Vorsteherin der Perückenwerkstätten“ oder „Vorsteherin des königlichen
Harems“ belegt (Tyldesley 1994). Den höchsten Titel den eine Frau im Alten Ägypten trug ist
„Einziger Schmuck des Königs“ und „Erbprinzessin, Tochter des Geb, Komtesse, Tochter
des Thot, Gefährtin des Königs von Unterägypten, Tochter des Horus“.
Diese Titel hatte Nebet, Gattin des Hui, im Alten Reich inne. Überraschend ist diesbezüglich
die Tatsache, dass Nebet den Titel des Wesirs verliehen bekam, der ansonsten (bis in die 26.
Dynastie) nur Männern zustand. Das Amt des Wesirs bzw. der Träger selbst kann als „rechte
Hand des Königs“ charakterisiert werden. Demnach ist Nebet als Trägerin eine besondere
Ausnahme. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Gattin des Hui diesen Titel zwar verliehen
bekam, Hui selbst aber dieses Amt ausübte.
Seit dem Mittleren Reich sind Berufe bzw. Titel wie „Domänenvorsteherin“ und
„Schatzmeisterin“ belegt. Eine derartige Tätigkeit übernahm beispielsweise Tschat, deren
Name und Titel an den Grabwänden der Privatgräber aus der 12. Dynastie belegt sind. Sie
arbeitete bei dem Bezirksgouverneur Chnumhotep als Verwalterin und genoss laut der
Abbildungen eine einflussreiche Rolle (ebd.).
Bauersfrauen kümmerten sich um den Haushalt und halfen bei der Feldarbeit.
Ehe und Scheidung
Für die alten Ägypter war die Ehe eine Angelegenheit zwischen zwei Personen und ihren
Familien. Dies bedeutet, dass der Staat nur wenig bis gar keinen Einfluss auf die
Eheschließungen hatte, wodurch es auch keine staatlichen Vorschriften gab um eine Ehe als
gültig auszuzeichnen. Die Schließung der Ehe stellte keine Ansprüche an theologische
Korrektheit bzw. Formen oder Trauungszeremonien. Ein Ehepaar galt insbesondere als
verheiratet, wenn sie gemeinsam in ein Haus zogen und miteinander lebten. Eheverträge gab
es indess schon. Sie wurden vor der Trauung oder auch danach abgeschlossen, waren
jedoch nicht für das Inkrafttreten der Ehe erforderlich. Es gab auch keine äußeren
Besonderheiten bei Schließung der Ehe, das heißt dass es kein Brautkleid gab, keine Ringe
und keinen Namenswechsel.
Es gab noch nicht einmal ein ägyptisches Wort für Hochzeit. Diese Tatsachen erwecken den
Anschein, dass Ehen aus rein ökonomischen Verhältnissen geschlossen wurden (was
sicherlich oft der fall gewesen ist), dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen dass Ehen
auch aus Liebe eingegangen wurden. Bei der Schließung der Ehe übernahm der Ehemann
der Braut das Sorgerecht und den Schutz für diese, wurde jedoch nicht ihr gesetzlicher
Vormund, da die Frau im alten Ägypten unabhängig war.
Die Ehe wurde wie heute durch den Tod eines Partners oder durch eine Scheidung beendet.
Danach konnte der Mann wie auch die Frau erneut heiraten. Der häufigste Scheidungsgrund
könnte möglicherweise die Kinderlosigkeit und der Ehebruch von Seiten der Frau gewesen
sein (G. Robins 1997). Die Trennung der Ehepartner war wie die Eheschließung ein rein
juristischer Akt, bei dem der Staat außen vor blieb. Der Mann zahlte der Frau ein Bußgeld,
gab ihr den Teil ihres Vermögens der ihr zustand und entließ sie aus seinem Haus. Bei
Ehebruch als Scheidungsgrund war es möglich, dass das vermögen der Frau vollständig auf
den Mann überging und diese mittellos zu ihrer Familie zurückkehren musste. Wem die
Kinder bei einer Scheidung zugesprochen wurden ist laut Tyldesley (1994) nicht eindeutig
nachzuvollziehen. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass die Nachkommen in der Obhut der
Mutter blieben.
Schwangerschaft und Geburt
Obwohl eine Schwangerschaft das eheliche Glück gewöhnlich vervollständigte zeigen uns
diverse Verhütungsmittel – die ausnahmslos von Frauen anzuwenden waren – dass
Nachwuchs nicht immer erwünscht war. In einige Fällen, wie bei Krankheit, zwingenden
Beweggründen eine Schwangerschaft zu vermeiden oder bei Prostituierten, ist die
Anwendung von Verhütungsmitteln durchaus logisch und nachvollziehbar. Verschiedene
„Arzneien“ oder „Mixturen“ sind uns diesbezüglich überliefert. So bietet der Papyrus Ebers
einige Beispielsrezepturen an:
„Rezept, um zu verhüten, dass eine Frau ein,
zwei oder drei Jahre lang schwanger wird:
Akazie und Datteln fein zermahlen und mit
Honig vermischen. Feuchte, noch nicht
entkernte Baumwolle untermischen und alles
in die Vagina einführen.“
Originaltextquelle: Tyldesley (1994)
Wenn eine Frau – ob gewollt oder nicht – schwanger wurde, brauchte sie in den meisten
Fällen keinen Arzt um dies festzustellen oder den Termin der Niederkunft zu errechnen. Viele
Frauen bemerkten selbst dass etwas mit ihrem Körper geschah, beispielsweise dass sich
Haut, Augen und Brust veränderten (was ja bekanntlich wenige Wochen nach der Empfängnis
der Fall ist). Nichts desto trotz gab es auch Ärzte die bestimmte Methoden hatten eine
Schwangerschaft festzustellen. So wurde exemplarisch Urin der „hoffnungsvollen“ Mutter über
Getreide- und Gemüsesprösslinge gegeben. Bei schnellerem Wachstum der Sprösslinge war
die Schwangerschaft bestätigt (vgl. Tyldesley 1994).
Nach dieser Methode konnte selbst das Geschlecht des ungeborenen Kindes festgestellt
werden, indem der Urin einmal über Gerste und ein weiteres Mal über Weizen gegossen
wurde. Das beschleunigte Wachsen der Gerste deutete auf einen Jungen, entsprechend bei
schnellem Wachsen des Weizen auf ein Mädchen. Viele Frauen die nicht schwanger werden
konnten wandten sich der Religion und der Magie zu, da trotz dem erstaunlichen Wissen der
alten Ägypter wenig über die Entstehung neuen Lebens bekannt war. Um eine
Schwangerschaft herbeizuführen bzw. die Chance darauf zu verbessern wurden
beispielsweise Amulette der nilpferdgestaltigen Göttin Thoẽris und/oder des Gottes Bes
getragen.
Die Geburt selber war reine Frauensache, bei der die Männer nichts verloren hatten.
Demnach gibt es auch keine genauen Aufzeichnungen über den Geburtsvorgang bzw. über
die Riten die hierbei vollzogen wurden, da die meisten überlieferten Texte von Männern
geschrieben wurden. Das heutige Wissen über die Geburt bei den alten Ägyptern wurde
zusammengesetzt aus Wandreliefs oder Geschichten und Märchen. Einen weitegehend
ausführlichen Bericht liefert der Papyrus Westcar, der sich jedoch auf eine Drillingsgeburt der
Reddjedet bezieht (Tyldesley 1994). Nach diesem Bericht wurde ein Geburtsstuhl benutz.
Frau während der Geburt auf einem Geburtsstuhl
© http://www.touregypt.net/featurestories/mothers.htm
Nach Aufzeichnungen aus dem Arbeiterdorf Deir el-Medinah kniete die werdende Mutter auf
Ziegelsteinstapeln. Hebammen waren ebenfalls bei der Geburt dabei um die Mutter zu
entlasten und bei der Geburt zu helfen. Als Hilfsmittel bzw. Als Werkzeug wurde ein Messer
aus Obsidian benutzt, mit welchem die Hebamme die Nabelschnur durchtrennte. Was mit der
Nabelschnur und der Nachgeburt geschah ist leider nur Spekulationen unterworfen. Da aber
die Plazenta - nach altägyptischen Glauben - mit dem Leben des Kindes im Einklang stand
wurde sie – laut Tyldesley – möglicherweise an der Hausschwelle begraben oder in den Nil
geworfen.
Nach der Geburt zog sich die frisch „gebackene“ Mutter zu einer vierzehntägigen Reinigung
zurück. Weiterhin war es der Mutter gegönnt einen Namen für das Baby auszusuchen.
Gewöhnlich betrug die Stillzeit drei Jahre, da es zum einen finanziell eine Entlastung war, zum
anderen eine empfängnisverhütende Wirkung hatte (um sicherzustellen, dass man nicht
gleich nach der Geburt erneut schwanger wurde). Oftmals nutzen die Mütter auch die
Dienstleistung einer Amme, deren Beruf unter den Frauen heiß begehrt war.
Die Darstellung der Frau
Die verschiedenen Rollen von Männer und Frauen spielten sich dementsprechend auch in
der Bildersprache bzw. in der Kunst wider. Die Darstellungen zeigen keine Individuen
sondern Ideale. Demnach wurde die Frau fast ausschließlich in jungem Alter abgebildet, mit
betonten Hüften und Brüsten, was auf die Gebärfähigkeit hindeuten sollte. Reife, unschöne
und schwangere Frauen wurden in den Abbildungen vermieden, so dass wir heute nur
idealisierte Bilder der damaligen Menschen kennen. Wenn ein Paar abgebildet wurde, hat
die Frau meist einen Arm um die Schulter oder um die Hüfte des Mannes gelegt.
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