1. Einleitung 2. Bewegung in homogenen, konstanten Feldern

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KAPITEL B
Einteilchenbewegung
1. Einleitung
Plasmen verhalten sich außerordentlich komplex. Neben der bekannten verwickelten Dynamik von Gasen hat man bei ihnen eine zusätzliche Verkomplizierung dadurch, daß zu den
viskosen Kräften in den Navier-Stokes Gleichungen die elektromagnetischen Kräfte durch die
selbstkonsistenten Felder hinzutreten. Man ist daher in praktisch allen Fällen auf Näherungen
angewiesen. In den folgenden zwei Kapiteln behandeln wir die wichtigsten Näherungen: die
Einteilchennäherung und die Flüssigkeitstheorie, im Kapitel B also die Einteilchennäherung,
d.h. die Felder E(r,t) und B(r,t) werden als vorgegeben betrachtet. In ihnen bewegt sich ein
geladenes Teilchen der Masse ma und der Ladung qa. Der Teilchensortenindex a steht für
Elektronen (e), Ionen (i), Protonen (p), oder andere Teilchen. Die Aufgabe besteht darin, Geschwindigkeit va(t) und Ort ra(t)
des Teilchens bei gegebenen Anfangsbedsingungen
ra(0) = ro und va(0) = v0 zu berechnen.
Grundlage der Berechnungen sind die Bewegungsgleichungen
m d v a (t) = q a (E(r a (t), t) + v a (t) × B(r a (t), t))
dt
mit
(B.1)
d r (t) = v (t).
a
a
dt
2. Bewegung in homogenen, konstanten Feldern
a) Homogenes, konstantes Magnetfeld
Die Bewegungsgleichung wird für E = 0 und B = const
•
m a v a (t) = q a v a (t) × B
Das Koordinatensystem wird so gewählt, daß die z-Achse in Richtung B weist: B = Bez
(B > 0). Dann ist
qaB
•
v a (t) = m v a (t) × e z
a
17
Die Geschwindigkeit wird aufgeteilt in eine Komponente parallel und eine senkrecht zu B:
v a (t) = ;v az (t)e z + v a⊥ (t)
Dann folgt aus der Bewegungsgleichung für vaz
•
v az = 0; ⇒ ;v az =v 0z
z a (t) = z 0 +v 0z t
Die Bewegung wird vom Magnetfeld nicht beeinflußt.
Für die Komponente senkrecht zum Magnetfeld erhält man
qaB
•
v a⊥ = m v a⊥ × e z
a
Zur Abkürzung führt man die Zyklotron- oder Gyrationsfrequenz des Teilchens a im Magnetfeld B ein.
qa B
ωca = m
a
(B.2)
Nach dieser Definition ist ωca stets positiv. Das Ladungsvorzeichen wird in einem Faktor
εi = +1 für Ionen und εe = -1 für Elektronen gepackt, also q a = ε a q a . Damit ergibt sich
•
v a⊥ = ε a ωca v a⊥ × B
(B.3)
•
Indem man Gl. (B.3) nach t ableitet und rechts für v a⊥ den ursprünglichen Ausdruck einsetzt,
erhält man:
••
v a⊥ = ε a ωca (ε a ωca v a⊥ × e z ) × e z = −ωca v a⊥
Dies ist eine Differentialgleichung von der Form einer Schwingungsgleichung, die mit dem
Ansatz
v a⊥ (t) = a cos ωca t + b sin ωca t
(B.4)
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gelöst wird. a und b sind Vektoren, die sich aus den Anfangsbedingungen ergeben. Aus
Gl. (B.4) erhält man für t=0
v 0⊥ = a ,
aus der Ableitung von Gl. (B.4)
•
v a⊥ (t) = −ωca a sin ωca t + ωca b cos ωca t
für t = 0 unter Verwendung von Gl. (B.3)
ε a ωca v 0⊥ × e z = ωca b
und damit für v a⊥
v a⊥ = v 0⊥ cos ωca t + ε a v 0⊥ × e z sin ωca t
(B.5)
v a⊥ = v 0⊥ , wie man durch skalare Multiplikation von v a⊥ mit sich selbst erkennt. (Man
beachte, daß v 0⊥ × e z = v 0⊥ und v 0⊥ • (v 0⊥ × e z ) = 0 ). v 0⊥ rotiert also mit der Winkelgeschwindigkeit ωca. Die Bahn r a⊥ (t) wird durch Integration von Gl. (B.5) gewonnen.
t
v
ε v 0⊥ × e z
(−cos ωca t + 1)
r a⊥ (t) = ∫ v a⊥ (t)dt = ω0⊥ sin ωca t + a ω
ca
ca
0
r a⊥ (t) = r a⊥ + ε a
v 0⊥ × e z v 0⊥
v 0⊥ × e z
ωca + ωca sin ωca t − ε a ωca ωca cos ωca t
Für vz = 0 beschreibt das Teilchen eine Kreisbewegung um den Gyrationsmittelpunkt.
v
r ca = ω0⊥
ca
(B.6)
Abb. B.1: Der Umlaufsinn der Bahn von positiv bzw. negativ geladenen Teilchen im homogenen Magnetfeld
Das Vorzeichen bewirkt, daß bei positiven Teilchen der Umlaufsinn mit B eine Linksschraube, bei negativen Teilchen, z.B. Elektronen eine Rechtsschraube bildet (Abb. B.1).
19
Für die Zyklotronfrequenz von Protonen erhält man
eB = 1, 60 ⋅ 10 −19 As Vs B = 0, 958 ⋅ 10 8 B s −1
ωcp = m
p
T
1, 67 ⋅ 10 −27 kg m 2 T
Um mit Hilfe von Gl. (B.6) einen typischen Gyrationsradius auszurechnen, benötigt man eine
charakteristische Geschwindigkeit der Teilchen im Plasma. Als mittlere Geschwindigkeit
führt man die thermische Geschwindigkeit der Teilchensorte a ein.
v th,a =
2kT a
ma
(B.7)
Hiermit wird der mittlere Gyrationsradius der Teilchensorte a
v th,a
r th,a = ω
ca
(B.8)
z.B. für Protonen
v th,p =
r th,p =
2 ⋅ 1, 60 ⋅ 10 −19 VAs
1, 67 ⋅ 10 −27 kg
kT = 1, 38 ⋅ 10 4 kT m
eV
eV s
1, 38 ⋅ 10 4 kT/eV ms
= 1, 44 ⋅ 10 −4 kT T m
8
−1
eV B
0, 958 ⋅ 10 B/Ts
Um die obigen Faustformeln auf auf andere Teilchen übertragen zu können, benötigt man lediglich die Abhängigkeit von der Masse:
v th,a ∼ m −1/2
a ,
ωca ∼ m −1
a ,
r th,a ∼ m 1/2
Die Gesamtlösung für alle Komponenten von va, und ra heißt dann
v a (t) =v 0z e z + v 0⊥ cos ωca t + ε a v 0⊥ e z sin ωca t
r a (t) = r 0 + ε a
v 0⊥
v 0⊥ × e z
v 0⊥ × e z
ωca +v 0z te z + ωca sin ωca t − ε a ωca cos ωca t
20
Die gesamte Bewegung ist also die Überlagerung einer Kreisbewegung um das sogenannte
Gyrationszentrum, va,g(t), ra,g(t) und einer gleichförmigen, geradlinigen Bewegung des momentanen Gyrationszentrums (guiding center), Va, Ra(t).
v a (t) = V a + v a,g (t)
mit Va = v0zez
r a (t) = R a (t)+v a,g (t)
mit R a (t) = r 0 + ε a
v 0⊥ × e z
ωca + V a (t)
In vielen Situationen von Plasmen in komplizierterer Umgebung ist es einfacher, statt der detaillierten Bahn eines Teilchens nur die Bewegung des Führungszentrums zu betrachten. Im
allgemeinen bewegt sich dieses dann natürlich nicht mehr gleichförmig, geradlinig. Seine Bewegung kann aber häufig noch als Bewegung in einem effektiven Potential beschrieben werden. Man spricht dann von guiding center Näherung (s. Abschnitt B.4).
b) E × B - Drift
Es sei zusätzlich zu dem homogenen und konstanten Magnetfeld ein homogenes, konstantes
elektrisches Feld vorhanden mit E ⊥ B. Die Bewegungsgleichung lautet dann:
•
m a v a⊥ (t) = q a (E + v a (t) × B)
Dies ist eine inhomogene Differentialgleichung, deren homogener Anteil identisch mit der im
vorigen Abschnitt behandelten Differentialgleichung ist. Als Ansatz für die partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung versucht man, wie üblich, eine Funktion, die sich wie die
Inhomogenität verhält, d.h. hier
v a⊥,p = u = const.
mit u ⊥ B.
Einsetzen in Glchg. (B.9) ergibt
0 = q a (E + u × B)
Vektorielle Multiplikation mit B erlaubt u zu isolieren:
0 = E × B + (u × B) × B
= E × B − B2u
21
u E = E ×2B
B
(B.10)
Die Gesamtlösung ist also Gl. (B.10) und die im Abschnitt a) gewonnene Lösung der homogenen Gleichung.
v a⊥ (t) = u E + a cos ωca t + b sin ωca t
Die Anfangsbedingungen können wie in Abschnitt a) eingearbeitet werden, z.B.
v 0⊥ = u + a
Die ganze Bewegung kann also wieder als Überlagerung einer Gyration va,g(t) und einer Bewegung des Gyrationszentrums aufgefaßt werden. Die Geschwindigkeit des Gyrationszentrums ist auch hier konstant aber senkrecht zu E und B.
v a⊥ (t) = u E + v a,g (t)
v 0⊥ − u E
und die Geschwindigkeit des Führungszenωca
trums durch Gl. (B.10) gegeben sind. uE nennt man die E × B Driftgeschwindigkeit. Sie ist die
mittlere Geschwindigkeit der Teilchen. Nach der elektromagnetischen Theorie ist u genau die
wobei der Gyrationsradius jetzt durch
Geschwindigkeit, mit der ein anderes Koordinatensystem sich gegenüber dem ursprünglichen
bewegen muß, damit E zu Null transformiert wird. Man beachte, daß die Driftgeschwindigkeit unabhängig vom Ladungsvorzeichen der Teilchen ist, so daß hier in einem Plasma Elektronen und Ionen in die gleiche Richtung driften.
Um die resultierende Form der Bahn zu veranschaulichen, betrachten wir Abb. B.2, wo die
Abb. B.2: Zykloidenbahnen von negativen und positiven Teilchen in gekreuzten E- und B-Feldern.
Verhältnisse für ein positives Teilchen dargestellt sind. Wir nehmen an, das E-Feld bewirke
22
eine kleine Störung der Bahn, so daß wir in nullter Näherung von der Kreisbahn ausgehen
können. Solange v eine Komponente in Richtung E hat, nimmt v zu. Das ist in Abb. B.2/a in
der linken Hälfte der Kreisbahn der Fall. In der anderen Hälfte nimmt v wieder ab. Es erreicht
den maximalen Wert im oberen Umkehrpunkt, den minimalen im unteren Umkehrpunkt. D.h.
v und damit der Gyrationsradius ist in Abb. B.2/a in der oberen Hälfte des Kreises im Mittel
größer als in der unteren. Setzt man einen oberen Halbkreis mit größerem Radius und einen
unteren mit kleinerem Radius zusammen, ergibt sich die seitliche Drift. Bei einem negativ geladenem Teilchen ist sowohl die Kraftrichtung wie die Umlaufrichtung umgekehrt. Die Richtung der Drift ist daher gleich. Wie GL. (B.10) zeigt, ist die Driftgeschwindigkeit von der
Teilchenart unabhängig.
Die Geometrie der Teilchenbahn hängt von v0⊥ ab. Z.B. erhält man für den Fall v0⊥ = uE eine
gerade Bahn.
Man kann die obige Betrachtung auf andere Kräfte ausdehnen, indem man die elektrostatische Kraft durch diese Kraft, z.B. die Schwerkraft ersetzt.
qa E = Fa
Als Driftgeschwindigkeit erhält man
u F = q1 F ×2B
a B
Sie hat also für die Schwerkraft bei beiden Ladungsvorzeichen entgegengesetzte Richtung.
2. Erhaltungssätze
a) Energieerhaltung
Die folgenden Betrachtungen gelten für zeitlich konstante Felder, die räumlich inhomogen
sein dürfen.
E = E(r),
B = B(r)
Dann kann E als Gradient in einem elektrischen Potential dargestellt werden.
E(r) = ∇Φ(r)
23
Durch skalare Multiplikation der Bewegungsgleichung Gl. (B.1) mit va(t) erhält man
dr (t)
m a v a • d v a (t) = −q a ∇Φ(r a (t)) • a
dt
dt
d  1 m v 2  = −q d Φ(r (t))
a a 
a
a
dt  2
dt
und nach Integration mit den Abkürzungen
v a (t) =v a (t),
v 0 =v 0
1 m v 2 (t) + q Φ (r (t)) = 1 m v 2 + q Φ(r )
a a
a
a
a 0
a
0
2
2
D.h. die Entwicklung der kinetischen Energie ist durch das E-Feld gegeben. das B-Feld trägt
nicht zur kinetischen Energie bei, da die Lorentzkraft senkrecht auf v steht und somit keine
Arbeit leistet. Insbesondere bleibt für E = 0 die kinetische Energie konstant.
Aus dieser Bedingung folgt sofort, daß ein geladenes Teilchen in einem homogenen, konstanten Magnetfeld eine Kreisbewegung vollführt, wenn vz0 = 0. v ⊥a ist konstant und die Kraft
die hier nur die Lorentzkraft ist, steht immer senkrecht auf v⊥a(t). Dies sind genau die Verhältnisse bei einer Kreisbewegung. Die Gyrationsfrequenz und die Umlaufrichtung folgen dann
sofort aus Gleichsetzen von Zentrifugal- und Lorentzkraft.
b) Inhomogene Felder mit Symmetrien, Impulserhaltungssätze
α) Lagrange - Funktion
Die Bewegungsgleichungen (B.1) lassen sich als Lagrange-Gleichungen schreiben, wobei die
Lagrange-Funktion gegeben ist durch
L(r, v, t) = m v 2 + qv • A(r, t) − qΦ(r, t)
2
A ist das Vektorpotential, aus dem sich B ergibt über
B(r, t) = ∇ × A(r, t)
Φ das elektrische Potential mit
(B.11)
24
E(r, t) = −∇Φ(r, t) − ∂ A(r, t)
∂t
Die Lagrangeschen Gleichungen erleichtern die Betrachtung in unterschiedlichen Koordinaten wie kartesischen, Zylinder-, Kugel-, oder Toruskoordinaten. Für eine beliebige Koordinate u lautet dann die Bewegungsgleichung
d ∂L = ∂L
dt ∂ u• ∂u
Falls insbesondere L nicht von u abhängt, folgt
d ∂L = 0,
dt ∂ u•
p u = ∂L• = const
∂u
(B.12)
Abb. B.3: Geometrie des Magnetfeldes im Beispiel
pu ist der zur Koordinate u kanonisch konjugierte Impuls. (B.12) besagt also, daß wenn die
Lagrange - Funktion von einer Koordinate nicht abhängt, der dazuzgehörige kanonische Impuls erhalten bleibt.
β) Translationssymmetrie
Es möge ein Magnetfeld vorliegen, das in Ebenen senkrecht zur x-Achse verläuft und in einer
solchen Ebene und in der Zeit konstant ist, aber von x abhängen darf. E wird zur Vereinfachung gleich 0 gesetzt (Abb. B.3).
B(x) wird beschrieben durch ein Vektorpotential
 0

A(x) =  A y (x)

 A z (x)





 0

mit B =  −A /z (x)
 /
 A y (x)
Die Lagrangefunktion hat die Form





25
L(vx, vy, vz, x) = (m/2)(vx2 + vy2 +vz2) + q(vyAy(x) + vzAz(x))
Da
∂L = ∂L = 0
∂y ∂z
hat man entlang der Teilchenbahn als Konstante
p y = ∂L = mv y + qA y (x)
∂v y
p z = ∂L = mv z + qA z (x)
∂v z
γ) Rotationssymmetrie
Viele Plasmen zeigen Rotationssymmetrie wegen der Rotationssymmetrie der Ströme, die das
einschließende Magnetfeld erzeugen. Zur Beschreibung wählt man Zylinderkoordinaten, wobei die z-Achse die Symmetrieachse bildet. Das Vektorpotential hat alle drei Komponenten,
hängt aber nicht von ϕ ab
A(r) = A r (r, z)e r + A ϕ (r, z)e ϕ + A z (r, z)e z
und
•
•
•
v =r e r + r ϕ e ϕ +z e z
Daraus ergibt sich die Lagrangefunktion
• • •
•2
•
•
• 2 •2
•
L  r, ϕ, z, r, z  = m  r + r 2 ϕ +z  + q  r A r (r, z) + r ϕ A ϕ (r, z)+z A z (r, z) 
2
Da ∂L = 0 , ist
∂ϕ
•
p ϕ = ∂L• = mr 2 ϕ +qrA ϕ (r, z) = const
∂ϕ
entlang der Teilchenbahn.
δ) Magnetische Flußfunktion
In einem zylindersymmetrischen Plasma mit
B(r) = B r e r + B ϕ e ϕ + B z e z
∂B
=0
∂ϕ r,ϕ,z
(B.13)
26
Abb. B.4: Zur Definition der Flußfunktion
kann die Einführung der magnetischen Flußfunktion Ψ(r,z) sinnvoll sein. Diese ist definiert
als der Fluß des Magnetfeldes durch eine Kreisscheibe vom Radius r, deren Mittelpunkt bei z
auf der z-Achse liegt, und die senkrecht auf der z-Achse steht (Abb.B.4).
Ψ(r, z) = ∫
z / =z,;r / ≤r
B(r / ) • dA / = ∫ rotA(r / ) • dA /
Nach dem Satz von Stokes kann man schreiben
Ψ(r, z) = ∫
r / =r
A(r / ) • dr /
und mit dr = rdϕe ϕ
Ψ(r, z) = ∫
2π
0
rA ϕ (r, z)dϕ /
Ψ(r, z) = 2πrA ϕ (r, z)
Abb. B.5: Zur Definition des magnetischen Momentes eines kreisenden
Elektrons
Die Konstanz des azimutalen Impulses nach Gl. (B.13) hat dann die Form
27
•
p ϕ = mr 2 ϕ +
q
Ψ(r, z) = const.
2π
(B.14)
Wir werden dieses Ergebnis zur Erklärung der sogenannten Bananenbahnen im axialsymmetrischen Torus (Abschnitt B.4.b) benötigen.
3. Magnetisches Moment
Das magnetische Moment eines Kreisstromes I, der eine Fläche A umfaßt, ist
µa = IaAa
Für das gyrierende Teilchen setzen wir als Kreisstrom ein
Ia = −
qa
2π/ωca
Das Minuszeichen rührt daher, daß ein gyrierendes Teilchen einen Umlaufsinn zeigt, der in
jedem Fall bewirkt, daß das äußere Magnetfeld durch den Strom der Gyrationsbewegung abgeschwächt wird (s. Abschnitt B.1.b). Das magnetische Moment ist daher immer entgegengesetzt zu B ausgerichtet und das Plasma ist diamagnetisch. Mit der Fläche A = πrca2ez der Gyrationsbahn ergibt sich
qa B
(ωca = m )
a
µ = − 1 q a ωca r 2ca e z
2
v2
= − 1 q a ωca a⊥
ez
2
ω2ca
µ = −1
2
und mit Gl. (B.2)
m a v 2a⊥
ez
B
µa =
1
m v2
2 a a⊥
B
(B.15)
28
Abb. B.6: strenggenommen ist die Bahn im inhomogenen Feld
nicht geschlossen.
mit µa = -µaez
b) Die adiabatische Invarianz von µa
Bei einer Erhöhung von B in der Zeit wird sich durch Induktion auch v⊥2 erhöhen. Es zeigt
sich, wie im folgenden nachgewiesen wird, daß sich, wenn nur die Änderung des Magnetfeldes langsam genug erfolgt, v⊥2 und B im gleichen Maße wachsen, so daß µa konstant bleibt. µa
bleibt allerdings nicht streng erhalten, sondern nur unter der Vorraussetzung, daß B sich so
langsam ändert, daß die Teilchenbahn nur wenig von der Bahn im konstanten Magnetfeld abweicht (Abb. B.6)
2π ∂B
ωc ∂t << B
Man sagt, µa ist eine adiabatische Invariante. Zum Nachweis der adiabatischen Invarianz integriert man die Änderung von m v 2⊥ über eine Gyrationsperiode.
2
τc
∆  m v 2⊥  = ∫ d  m v 2⊥  dt
0 dt 2
2
τc
= ∫ mv ⊥ •
0
(τc = 2π/ωc)
dv ⊥
dt
dt
τc
= ∫ v ⊥ q(E(r) + v ⊥ × B)dt
0
τc
= ∫ E(r) • v ⊥ dt ≈ q a ∫ E • dr
0
(Die Integration erfolgt über die Teilchenbahn, wobei B als konstant angenommen wird.) Dieses Ergebnis läßt sich sofort interpretieren. Es besagt, daß die Änderung der kinetischen Energie der Gyration gleich der Arbeit des elektrischen Feldes am Teilchen ist.
E wird durch die Änderung von B induziert:
q a ∫ E • dr = q a ∫ rotE • dA = −q a ∫ ∂B • dA
∂t
29
Wegen des Umlaufsinns bei der Gyration gilt
dA a = −ε a dAe z
daher wird
∆Bv 2
−q ∫ ∂B • dA = q ∂B πr 2c ≈ q ∆B πr 2c = 1 q ω ⊥ = 1 mv 2⊥ ∆B
c
∂t
∂t
2πω c
2
2
B
Abb. B.7: Der Fluß innerhalb einer Teilchenbahn bleibt
gleich, wenn sich das umgebende Magnetfeld ändert
Insgesamt erhält man also
∆  m2 v 2⊥ 
m 2
v
2 ⊥
≈ ∆B
B
d.h. die relativen Änderungen von m v ⊥2 und B sind gleich, oder
2
µa =
m 2
v
2 ⊥
B
ändert sich über die Teilchenbahn in dieser Näherung nicht. Eine genauere Rechnung zeigt,
daß
Abb. B.8: Ein Teilchen gyriert in ein höheres Magnetfeld
hinein
∆µ a  ∆B  2
µa ∼  B 
30
Die Erhaltung des magnetischen Momentes ist gleichbedeutend mit der Erhaltung des magnetischen Flusses durch die Gyrationsbahn.
Φa =
Bπr 2ca
1
2
v 2⊥a m 2a 2πm a 2 m a v ⊥
v 2⊥a
= Bπ 2 = Bπ 2 2 =
= const.
B
ωca
q B
q2
Bei Änderung des Magnetfeldes bleibt also die Anzahl der Feldlinien, die die Gyrationsbahn
durchsetzen, gleich.
c) Der magnetische Spiegel
α) Der Spiegeleffekt
Ein Teilchen, das sich in einem homogenen B Feld in ein Gebiet höherer Feldstärke hineinbewegt, erfährt auf seiner Bahn eine zeitliche Änderung des Magnetfeldes. Wenn die Bewegung
genügend langsam erfolgt, so daß die im vorigen Abschnitt gemachten Voraussetzungen erfüllt sind, bleibt das magnetische Moment µ des Teilchens auf seiner Bahn erhalten. An dem
Energiesatz unter der Verwendung der Definition von µ
m v 2 + m v 2 = m v 2 + µB = const.
2 // 2 ⊥ 2 //
erkennt man, daß v// mit wachsendem B abnehmen muß. Die Abnahme wird durch die axiale
Komponente der v × B Kraft erzeugt.
F z = q a v a⊥ B r
 ∂

= 0 , in dem sich das Teilchen in er ∂ϕ

ster Näherung auf einer Kreisbahn mit dem momentanen Gyrationsradius rc bewegt
Nehmen wir ein zylindersymmetrisches Plasma an
(Abb. B.8), so kann man mit Hilfe von divB = 0 Br durch Bz ausdrücken. divB = 0 in Zylinderkoordinaten gibt:
1 ∂ (rB ) + ∂ B = 0
r ∂r r ∂z z
31
c ∫0
B r (r c ) = − r1
rc
rdr
∂B z
∂B
= − 1 rc z
∂z
2 ∂z
1
2
∂B z − q a 2 mv a⊥ ∂B z
1
F z = −q a v a⊥ r c
=
ωca
∂z
2 ∂z
F z = −µ a
∂B z
∂z
(B.16)
Die Kraftrichtung ist von der Teilchenart unabhängig, da qava⊥ unabhängig vom Ladungsvor-
Abb. B.9: Magnetische Flasche
zeichen ist. Das Teilchen erfährt also eine Beschleunigung, die entgegengesetzt zum Gradienten des Magnetfeldes gerichtet ist, d.h. für genügend großes Magnetfeld wird v// = 0 und kehrt
dann sein Vorzeichen um. Das Teilchen wird also reflektiert. Man nennt daher eine Magnetfeldkonfiguration wie in Abb. B.8 einen magnetischen Spiegel.
β) Der Verlustkegel
Die Gyration der Teilchen um das Magnetfeld ist die Grundlage von Plasmaeinschluß in magnetischen Feldern senkrecht zur Feldrichtung. In einem homogenen Feld können sich die
Teilchen parallel zu B frei bewegen, werden also nicht eingeschlossen. Der Spiegeleffekt ermöglicht eine einfache Anordnung (Abb. B.9), die auch einen gewissen axialen Einschluß erlaubt. Man nennt eine Apparatur mit dieser Magnetfeldgeometrie eine Spiegelmaschine oder
eine magnetische Flasche.
Der axiale Einschluß ist allerdings nicht ideal, z.B. haben Teilchen, die keine senkrechte Geschwindigkeitskomponente besitzen, kein magnetisches Moment und verlassen daher das Magnetfeld ungehindert. Die genaue Grenze zwischen eingeschlossenen und nicht eingeschlossenen Teilchen wird durch folgende Überlegung ermittelt:
32
∂B = 0
ist,
∂z
startet. Die Geschwindigkeit an dieser Stelle, v0, bilde einen Winkel ϑ mit B0. Das Teilchen
Wir betrachten ein Teilchen, das im Mittelbereich der magnetischen Flasche, wo
werde reflektiert bei B = B1, d.h. hier ist v1// = 0. Aus dem Energiesatz folgt
m v2 = m v2
2 0 2 1⊥
v 20
v 20⊥
=
m 2
v
2 1⊥
m 2
v
2 0⊥
Die linke Seite ist nach Definition 1/sin2ϑ, die rechte Seite kann mit Gl. (B.15) auf das ma-
Abb. B.10: Teilchen mit Geschwindigkeiten innerhalb des
Verlustkegels werden im Spiegel nicht zurückgehalten
gnetische Moment µ zurückgeführt werden, das für die gesamte Bahn konstant ist.
1 = µB 1 = B 1
sin 2 ϑ µB 0 B 0
sin 2 ϑ =
B0
B1
D.h. je kleiner ϑ ist, umso größer wird das Magnetfeld, an dem das Teilchen umkehrt, um so
tiefer dringt es also in den "Flaschenhals" ein. Es gibt einen Grenzwinkel ϑ*, der durch das
maximale Feld der Flasche bestimmt ist.
Abb. B.11: Die Van-Allen Gürtel sind magnetische Flaschen im
Erdmagnetfeld
sin 2 ϑ ∗ =
B0
B max
33
Alle Teilchen, für die im Innern der Flasche ϑ < ϑ∗, entweichen aus der Flasche. Der Kegel
mit der Öffnung ϑ∗ heißt der Verlustkegel, B0/Bmax das Spiegelverhältnis (Abb. B.10).
Abb. B.12: Der von Fermi vorgeschlagene Mechanismus zur
Beschleunigung kosmischer Teilchen über den Spiegeleffekt
Der Geschwindigkeitsraum wird innerhalb des Verlustkegels entvölkert. Die Geschwindigkeitsverteilungsfunktion wird anisotrop. Im Rahmen der stoßfreien Theorie ergibt sich für alle
anderen Teilchen ein idealer Einschluß. Bei Berücksichtigung von Stößen erhält man sowohl
eine Diffusion quer zum Magnetfeld wie ein ständiges Auffüllen des Verlustkegels. Im Rahmen der kinetischen Theorie, die die zeitliche Entwicklung der Verteilungsfunktion beschreibt, ergibt sich ein instabiles Verhalten. In Spiegelmaschinen zur Fusionsforschung haben sich die axialen Verluste als unüberwindliches Hindernis erwiesen. Einen Vorteil bietet
z.B. die gegenüber einem Torus einfachere Geometrie.
Die van-Allen Gürtel sind axialsymmetrische Flaschen im dipolartigen Magnetfeld der Erde
(Abb. B.11). Sie enthalten relativ hohe Teilchendichten.
Fermi schlug einen Mechanismus vor, mit dem kosmische Teilchen auf die beobachteten hohen Energien beschleunigt werden können: An zwei magnetischen Spiegeln, die aufeinander
zulaufen, werden eingeschlossenen Teilchen reflektiert. Bei jeder Reflexion gewinnen sie
Energie. Ob der Fermimechanismus wirklich verantwortlich für die Beschleunigung der beobachteten kosmischen Teilchen hoher Energie ist, ist nicht bekannt.
4. Bewegung im inhomogenen Magnetfeld, Driftnäherung
Zur Lösung der Bewegungsgleichung im inhomogenen Magnetfeld
d v = q a v × B(r (t))
a
a
ma a
dt
34
ist man auf Näherungen angewiesen. Eine weit verbreitete Näherung ist die Driftnäherung.
Hier geht man davon aus, daß die Bewegung des Teilchens als Summe einer Gyrationsbewegung ra,g(t) mit r a,g (t) = r ca und einer Bewegung des Gyrationszentrums Ra(t) darstellen läßt:
r a (t) = R a (t) + r a,g (t)
v a (t) = V a (t) + v a,g (t)
(B.17)
Man berechnet Ra(t) und Va(t). Dies ist sinnvoll, solange die typischen räumlichen und zeitlichen Größen der Gyrationsbewegung rca und Tca = 2π/ωca klein sind im Verhältnis zu typischen Größen des Plasmas L und Ta. L kann z.B. die charakteristische Länge für die Ortsabhängigkeit von B(r) sein, Taeine charakteristische Zeit für die Änderung von Ra. z.B.
Ta = L .
Va
rca << L
Tca << Ta
a) Mittelung der Bewegungsgleichung
Mit dem Ansatz Gl. (B.17) wird die Bewegungsgleichung
•
q
•
V +v g = m (V + v g ) × B(R + r g ) .
Das Magnetfeld wird linearisiert
B(R + r g ) = B(R) + (r g • ∇)B(R)
( r g << L)
•
q
•
V +v g = m (V × v g ) × (B(R + (r g • ∇)B(R)))
q
= m [V × B(R) + v g × B(R) + V × (r g • ∇)B(R) + v g × (r g • ∇)B(R)]
(B.18)
Nach Gl. (B.5) wird die Gyrationsbahn beschrieben durch
v
v ×e
r g (t) = ω0⊥ sin ωc t − ε 0⊥ω z cos ωc t
c
c
Durch Festlegung der x-Achse in Richtung v0⊥ , v0⊥ex vereinfacht sich die Schreibweise
v
r g (t) = ω⊥ (e x sin ωc t + εe y cos ωc t)
c
35
Wegen Tc <<T darf ωc (ebenso V und R) während einer Gyration als konstant angesehen werden. damit wird
•
•
v g (t) =r g (t) =v ⊥ (e x cos ωc t − εe y sin ωc t)
•
v g (t) = −ω2c r g (t)
Im zeitlichen Mittel über eine Gyrationsperiode wird
•
⟨r g (t)⟩ = ⟨v g (t)⟩ = v g (t) = 0
D.h. durch Mittelung heben sich aus Gl. (B.18) alle Terme, die linear in rg und vg sind fort:
•
q
V (t) = m [V × B(R) + ⟨v g × (r g • ∇)B(R)⟩]
Bei der Mittelung des letzten Termes auf der rechten Seite heben sich alle gemischten sin cos
- Terme fort, während
sin 2 ωt = ⟨cos 2 ωt⟩ = 1
2
v 2⊥

∂
∂
ωc (e x cos ωc t − εe y sin ωc t) ×  sin ωc t ∂x + ε cos ωc t ∂y  B(R)
v2 

= 1 ε ω⊥c e x ∂ − e y ∂ × B(R)

∂y
∂x 
2
2
v 


= − 1 ε ω⊥ e z × e x ∂ + e y ∂
× B(R)
c



∂x
∂y
2
mv 2
= − 1 ⊥ (e z × ∇) × B(R)
2 qB
µ
= −ε [∇(e z • B(R)) − e z ∇ • B(R)]
q
Der zweite Term verschwindet, damit bleibt für den ersten Term
µ
− q ∇B(R)
Die Bewegungsgleichung des Führungszentrums lautet damit insgesamt
•
V (t) = m1 [q a V a × B(R a ) − µ a ∇B(R a )]
a
(B.19)
36
Das Führungszentrum bewegt sich wie unter dem Einfluß einer effektiven Kraft, wobei der
erste Term analog zur Lorentzkraft gebildet wird, der zweite ist der µ∇B - Term, der uns
beim Spiegeleffekt begegnet ist (B.16).
b) Energieerhaltungssatz
Der Energieerhaltungssatz für das Teilchen lautet streng
2
E a = const = 1 m a v a (t) 2 = 1 m a (V a + v ag ) = 1 m a  V 2a + 2V a • v ag + v 2ag 
2
2
2
Im zeitlichen Mittel ergibt sich daraus
Ea =
ma 2 ma 2 ma 2
V +
v =
V + µ a B(R a )
2 a 2 ⊥
2 a
Das Gyrationszentrum bewegt sich also wie ein freies Teilchen im Potential µaB(Ra). µaB(Ra)
nennt man daher das effektive Potential des entsprechenden Teilchens. Die dazugehörige
Kraft ist µ a ∇B(R a ) (s. Gl. (B.19)). Im Folgenden Abschnitt zeigt sich, daß Va⊥ in erster Ordnung von rcak/L klein ist. d.h. in dieser Näherung ist V 2a ≈ V 2a// und aus dem Energiesatz läßt
sich Va// ermitteln.
V a// (R a ) = ± m2 (E a − µ a B(R a ))
a
c) Driftgeschwindigkeiten
Die Geschwindigkeit des Führungszentrums senkrecht zum Magnetfeld nennt man Driftgeschwindigkeit. Man teilt also Va auf in einen Anteil parallel und einen senkrecht zu B.
V a (t) = V a// e(R a (t) + V a⊥ )
B(r)
der lokale Einheitsvektor in Richtung der Feldlinie ist. Einsetzen in Gl.
B(r)
(B.19) führt zu
wobei e(r) =
•
•
•
V a// e + V a// e +V a⊥ = m1 [q a V a⊥ × B(R a ) − µ a ∇B(R a )]
a
37
•
•
qa
1V ≈ V
V
×
B
=
ω
V
>>
darf
V
a⊥
ca
a⊥
a⊥
a
a⊥ vernachlässigt werden. Der Term
ma
Ta
mit Va⊥⊥ wird auf die linke Seite geschafft:
Wegen
•
•
q a V a⊥ × B(R a ) = µ a ∇B(R a ) + m a  V a// e + V a// e 
Die Gleichung wird mit B(Ra) vektoriell malgenommen. Die linke Seite ergibt dann
q a B × (V a⊥ × B) = q a B 2 V a⊥
•
Auf der rechten Seite wird unter Verwendung der Kettenregel e umgeschrieben:
•
•
e;= d e(R a (t)) =  R a (t) • ∇  e(R a ) = (V a • ∇)e
dt
Also
q a B 2 V a⊥ = B × (µ a ∇B + m a V a// (V a • ∇)e)
Abschätztung von Va⊥ über den ersten Term rechts zeigt, wie oben erwähnt, daß Va⊥ ~ rca/L.
Daher ist (V a⊥ • ∇)e von zweiter Ordnung klein und wird vernachlässigt.
V a⊥ (R a ) =
1 B ×  µ ∇B + m V 2 (e • ∇)e 
a a//
 a

qa B2
(B.20)
Abb. B.13: Geometrie bei der Zentrifugaldrift
Die Inhomogenität von B führt also zu einer Bewegung des Führungszentrums senkrecht zur
Magnetfeldrichtung. Die Drift setzt sich aus zwei Anteilen zusammen, die im folgenden als
Gradient-B Drift und Zentrifugaldrift identifiziert werden.
α) Gradient-B Drift
Der erste Term in GL. (B.20) führt zur Gradient-B Drift
38
V a,∇B =
B × ∇(µ a B)
qa B2
Diese Formel kann man aus der früher abgeleiteten Formel für die Drift in einem homogenen
F ×B
Magnetfeld unter dem Einfluß einer äußeren Kraft (Gl. B.10) u a = a 2 gewinnen, indem
qaB
man dort Fa durch −∇(µ a B) ersetzt.
β) Zentrifugaldrift
Der zweite Term wird als Zentrifugaldrift identifiziert, d.h. die Drift, die unter dem Einfluß
der Zentrifugalkraft entsteht, die ein Teilchen bei der Bewegung entlang einer gekrümmten
Feldlinie erfährt.
V a,z =
m a V 2a//
B × (e • ∇)e
qa B2
Betrachtet man e als Funktion der Bogenlänge s entlang der Feldlinie, so ist nach Definition
des totalen Differentials
d.h.
de = (e • ∇)eds
(e • ∇)e = de
ds
Setzt man die geometrischen Verhältnisse von Abb. B.13 ein, erhält man
de = 1 de = 1  − R x  = − R x
ds R x dϕ R x  R x 
R 2x
(Rx ist der Vektor, der den Krümmungsradius der Feldlinie repräsentiert).
−m a V 2a// (e • ∇)e = m a V 2a//
Rx
= F a,z
R 2x
ist also die Zentrifugalkraft. Die Formel für die Zentrifugaldrift kann also aus Gl. (B.10) gewonnen werden, indem man für die äußere Kraft die Zentrifugalkraft einsetzt.
39
V a,z =
F a,z × B
qa B2
Anstatt die Zentrifugalkraft über den Enheitsvektor e in Richtung B auszudrücken, kann man
sie auch direkt über B ausdrücken:
Abb. B.14: Magnetfeldlinien auf einer Kugelfläche haben mindestens einen Punkt, an dem das Magnetfeld verschwindet.
(e • ∇)e = 1 (e • ∇)B + B(e • ∇) 1
B
B
also
B × ((e • ∇)e) = 1 × ((e • ∇)B) = 12 B × ((B • ∇)B)
B
B
Damit wird die Zentrifugaldrift
m a V 2a//
V a,z =
B × ((B • ∇)B)
qa B4
5. Teilcheneinschluß
a) Einleitung
Eine der zentralen Aufgaben der Hochtemperatur-Plasmaphysik ist der möglichst lange Ein-
Abb. B.15: Die Geometrie am Plasmatorus
schluß eines genügend dichten Plasmas. Der einfachste Einschluß ist der Trägheitseinschluß:
Auf grund ihrer trägen Masse bleiben Teilchen eine gewisse Zeit zusammen. Aufheizung
muß so schnell erfolgen, daß das Plasma während der Aufheizzeit praktisch nicht
40
auseinanderfliegt. Man heizt das Plasma mit Laserlicht oder eventuell mit Teilchenstrahlen
auf. Plasmen mit Trägheitseinschluß sind im allgemeinen sehr dicht und kurzlebig.
Einschluß mit Hilfe von statischen elektrischen Feldern ist grundsätzlich instabil (Satz von
Earnshaw). In zeitlich periodischen Feldern wird der Einschluß einzelner Teilchen in der
Teilchenphysik erfolgreich praktiziert (s. Paul, Bonn), während Plasmaeinschluß in solchen
Feldern praktisch nicht untersucht wird.
Der erfolgreichste Einschluß für Plasmen ist heute der magnetische Einschluß. Die einfachste
Geometrie wäre die Kugelgeometrie.
Da Magnetfeldlinien geschlossen sein müssen, sieht man sofort ein, daß die Kugeloberfläche,
auf der Magnetfeldlinien laufen, zwei Punkte hätten, an denen B gleich Null wäre, an denen
also das Plasma entweichen könnte. Die einfachste magnetische Einschlußgeometrie ist also
der axialsymmetrische Torus.
b) Der axialsymmetrische Plasmatorus, Geometrie und Koordinaten
Die Torusgeometrie ist in Abb. B.15 skizziert. Ein Torus ist ein Ring mit großem Radius R
Abb. B.16: Im rein toroidalen Feld driften die Teilchen
unabhängig vom Ladungsvorzeichen nach aussen
und kleinem Radius a. R/a heißt das Aspektverhältnis, das also die Schlankheit eines Torus
angibt. Die toroidale Koordinate, d.h. die Koordinate, die auf dem großen Umfang läuft, heißt
ϕ, die poloidale entlang dem kleinen Umfang ω. Die Symmetrieachse wird als z-Achse von
Zylinderkoordinaten gewählt. Der Ring liegt in der Ebene z = 0, die wir zuweilen auch die
Äquatorebene nennen. Wir schreiben der Eindeutigkeit wegen für ϕ und ω oft auch die Indizes tor und pol.
Im axialsymmetrischen Feld sind alle Größen von der toroidalen Koordinate unabhängig, in
Zylinderkoordinaten:
∂ B = ∂ B = ∂ B =0
∂ϕ r ∂ϕ ϕ ∂ϕ z
41
c) Plasma im rein toroidalen Feld
Abb. B.17: Magnetische Flächen im axialsymmetrischen
Torus
Ein rein toroidales Feld wird am einfachsten durch einen geraden Stromfaden entlang der zAchse erzeugt. Das Feld ist dann
B=
µ0 I
2πr
also inhomogen. Das gleiche Verhalten hat man übrigens wegen des Ampereschen Gesetzes
∫ B • dr = µ0 I
für alle axialsymmetrischen Spulenanorednungen, in denen der Strom außer-
halb des für den Einschluß betrachteten torusförmigen Bereiches fließt. Auf Grund der Gradient-B Drift driften positive und negative Teilchen in entgegengesetzte Richtungen parallel
(b.z.w. antiparallel) zur z-Achse. An dieser Stelle muß die strenge Einteilchenbetrachtung
verlassen werden. Die Drift wird nämlich starke elektrische Felder aufbauen, die die Drift in
z-Richtung beenden. In diesem Zustand hat man gekreuzte E- und B- Felder, in denen Elektronen und Ionen in gleicher Richtung driften. Das Plasma verläßt in r-Richtung die magnetische Falle.
Abb. B.18: Durch die Verschraubung des Magnetfeldes
können Raumladungen abgebaut werden
d) Torus mit toroidalem und poloidalem Feld
α) Die Felder
Man kann den Plasmaverlust, der im rein toroidalen Feld auftritt, verhindern, indem man dem
toroidalen Feld ein poloidales überlagert. Das Gesamtfeld ist dann
B(r) = B tor (r) + B pol (r)
42
mit
B tor (r) = B tor (r)e tor
Bpol wird durch einen toroidalen Strom I im Plasma erzeugt. Die Feldlinien verlaufen schraubenförmig auf ineinandergeschachtelten torusförmigen magnetischen Flächen. Die Feldlinien
des poloidalen Anteils des Gesamtfeldes sind in Abb. B.17 skizziert.
Die Neigung der Feldlinien gegen die Torusrichtung ist normalerweise klein. Typischerweise
umläuft die Feldlinie bei einem Umlauf um den kleinen Umfang den großen Umfang drei
mal. Dies ist gleichbedeutend damit, daß Bpol << Btor
B pol
= 2πa = 1 a ≈ 1
B tor 3 ⋅ 2πR 3 R 10
B=
2
B tor
2
+ B pol
= B tor
 B pol 
1+
 B tor 
2
≈ B tor
Anschaulich bewirkt die Verschraubung der Feldlinie für den Teilcheneinschluß, daß die
durch die Gradient-B Drift entstandenen vertikalen E-Felder in toroidaler Richtung kurzgeschlossen werden, denn dadurch, daß sich die geladenen Teilchen frei entlang dem Magnetfeld bewegen können, ist ein Ladungsaustausch zwischen einem Gebiet, in dem sich an der
"oberen" Seite des Torus (d.h. in z-Richtung) z.B. positive Ladung angesammelt hat, und einem in toroidaler Richtung versetztem Gebiet mit negativer Raumladung möglich, wenn
durch beide Gebiete die gleichen Feldlinien laufen (Abb. B.18).
β) Die Flußfunktion
Nach Abschnitt B.2.b.δ war die Flußfunktion Ψ(r,z) als der magnetische Fluß definiert, der
durch einen Kreis geht, der in einer Ebene senkrecht zur z-Achse verläuft, der einen Radius r
besitzt und dessen Mittelpunkt auf der z-Achse liegt.
Ψ(r, z) = ∫ B • dA
43
Auf den oben definierten magnetischen Flächen ist Ψ konstant. Um dies zu zeigen, benötigt
man nur das poloidale Feld, da das toroidale Feld nicht zum Fluß beiträgt. Die Feldlinien des
poloidalen Feldes sind in Abb. B.17 skizziert. Da die Kreise zur Berechnung des magneti-
Abb. B.19: Die Bewegung des Gyrationszentrums in der
Projektion auf die poloidale Ebene für den Fall, daß das
Teilchen nicht in einem Spiegel reflektiert wird
schen Flusses auf einer magnetischen Oberfläche alle auf der gleichen poloidalen Feldlinie
liegen, enthalten sie die gleiche Anzahl poloidaler Feldlinien und durchsetzt sie der gleiche
magnetische Fluß. Man nennt die magnetischen Flächen daher auch Flußflächen. Im Plasma
wächst Ψ in der Äquatorebene (bei geeigneter Richtung des toroidalen Stromes) mit wachsendem r bis zur magnetischen Achse, d.h. bis zu der Flußfläche, die zu einem Kreis entartet
ist, an. Betrachtet man also den gesamten poloidalen Querschnitt, so wächst Ψ von außen
nach innen und hat an der magnetischen Achse ein Maximum.
γ) Teilchenbahnen
Im folgendem wird die Bahn, die das Gyrationszentrum eines in einem axialsymmetrischen
Torus gyrierenden Teilchens mit positiver Ladung (q > 0) qualitativ ermittelt. v⊥ und v// sind
Komponenten von v senkrecht und parallel zu B, wobei v// positiv oder negativ sein kann, jenachdem, ob v// parallel oder antiparallel zu B ausgerichtet ist. Wegen der Axialsymmetrie
des Feldes ist der verallgemeinerte Impuls in toroidaler Richtung pϕ konstant (s. B.2.b.δ).
•
p ϕ = mr 2 ϕ +
q
Ψ(r, z)
2π
Abb. B.20: Die Bahn eines eingefangenen Teilchens ähnelt
in der Projektion auf die poloidale Ebene einer Banane
•
In guter Näherung darf r ϕ=v ϕ durch v// ersetzt werden. Die Diskussion stützt sich also auf
die Formeln
44
i) B(r) =
ii) µ =
RB(R)
r
m 2
v
2 ⊥
B
= const
iii) v 2⊥ +v 2// = const
iv) p ϕ = mrv // +
q
Ψ = const.
2π
In Abb. B.19 ist die Projektion der Bahn in eine poloidale Ebene (ϕ = const) skizziert. Ein
Teilchen mit q > 0 starte in der Äquatorebene an der Außenseite der Flußfläche. Das Führungszentrum folgt in erster Näherung der magnetischen Feldlinie und damit nimmt r ab.
Nach Gl. i)
wächst B, nach Gl. ii) wächst v⊥, nach Gl. iii) nimmt v// ab, nach Gl. iv) nimmt Ψ zu, d.h. das
Teilchen verbleibt nicht auf der anfänglich besetzten magnetischen Fläche, sondern verschiebt sein Gyrationszentrum auf eine magnetische Fläche mit größerem Ψ, d.h. eine magnetische Fläche, die näher an der magnetischen Achse liegt. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten:
1. Fall : v0// ist so groß, daß das Teilchen die Äquatioralebene innerhalb der magnetischen
Achse mit v// > 0 erreicht. dann folgt es weiterhin der momentanen Feldlinie und beschreibt
eine zur Äquatorebene spiegelsymmetrische Bahn (Abb. B.19).
2.Fall: Das Teilchen wird vor Erreichen der Äquatorialebene gespiegelt. v// erhält also im
Spiegelpunkt ein negatives Vorzeichen, r wächst, nach i) nimmt B ab, nach ii) nimmt v⊥2 ab
und nach iii wächst v//2 . v// nimmt aber ab, da es immer negativer wird. Das hat zur Folge, daß
nach iv) Ψ wächst. Das Teilchen nähert sich weiter der magnetischen Achse, es erreicht die
Äquatorialebene außerhalb der magnetischen Achse. Von da an wiederholt sich die Bahn
spiegelbildlich zur Äquatorialebene, so daß insgesamt die Form einer Banane entsteht. Man
spricht von Bananenbahn (Abb. B.20).
Das inhomogene Feld bildet also Spiegel, in denen Teilchen mit genügend kleiner Anfangsgeschwindigkeit parallel zu B eingefangen werden. Bei dem Hin- ind Herlaufen zwischen den
45
Spiegeln ist die Bahn nicht gleich, da der Erhaltungssatz des verallgemeinerten Impulses (Gl.
iv) gilt, in dem v// vorzeichenbehaftet eingeht.
Die Bananenbahn hat einen Einfluß auf die Diffusion der Teilchen im Torus. Diese entsteht
durch Stöße von Teilchen untereinander. In einem homogenen Magnetfeld wird das Gyrationszentrum bei einem Stoß im Mittel um den Gyrationsradius versetzt. Bei Vorliegen einer
Bananenbahn beträgt die Versetzung eine Strecke, die durch die Dicke der Bananenbahn gegeben ist. Die Diffusion erhöht sich dadurch. Man spricht in diesem Fall von neoklassischer
Diffusion.
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