Der Mittlere Weg - beim Buddhistischen Bund Hannover

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D e r M i t t l e re We g
majjhimâ - patipadâ
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.
Gemeinnütziger Verein · Zentrum: Drostestraße 8 · 30161 Hannover
Heftpreis 3,00 €
47. Jahrgang September-Dezember 2015 Nr. 3
Programm und Einladung
Buddhistischer Bund Hannover e.V. - Drostestraße 8 (Nähe Lister Meile)
Veranstaltungen von September - Dezember 2015
05.09.
Samstag
10-15 h
Mystische Erfahrungsebene unseres Menschseins - alias „Leerheit“
Vortrag u. Übungen m. Hanna Woitzik „Das Leben läuft ohne dich siehst du das nicht? Das Leben steht nie still, ohne dass (d)ein Ich das will.
Schaue tief rein - in deinen Urgrund, in dich hinein.“ Teilnahme auf Spendenbasis – bitte anmelden. Mittagspause für Mitgebrachtes ist vorgesehen.
11.09.
Freitag
19 -21 h
Buddhismus kennenlernen
Informationsabend für Interessierte - Veranstalter: Buddhistische Gemeinschaft Chöling e.V. - Ort: Pagode Vien Giac, Karlsruher Str. 6, 30519
Hannover - Informationen: www.choeling.de; Eintritt frei, Spende erbeten
12.09.
Samstag
10 - 17 h
Gemeinsam einen Tag im achtsamen Verweilen verbringen
Heute wird unsere Übungspraxis im Geiste der meditativen Bewegungsübungen aus dem Kum Nye, dem tibetischen Heilyoga und der Einsichtsmeditation von Johannes angeleitet - eine Erfahrung von Entspannung
und Erkenntnis in Bewegung und Stille. Geeignet ist unser Übungstag für
Neuinteressierte ebenso wie für schon erfahrene Meditierende.
Bitte etwas zum gemeinsamen Mittagsimbiss mitbringen.
Teilnahme auf Spendenbasis - bitte rechtzeitig anmelden.
18.09.
Freitag
19 - 21 h
Offenes Sitzen in Stille und Gespräch mit Zen-Meisterin Dagmar
Doko Waskönig | Alle daran Interessierten sind herzlich dazu eingeladen. Voraussetzungen sind nicht erforderlich.
Bitte 15 Min. vor Beginn erscheinen.
25.09.
Freitag
19 - 21 h
Vortrag und Meditation von und mit Bhikkuni Ayya Mudita
Die Edle Richtige Konzentration mit ihren unterstützenden Faktoren…
(MN 117). Ausführliche Infos: siehe Seite 29.
26.09.
Samstag
10-16 h
Meditationsseminar von und mit Bhikkuni Ayya Mudita
Die Entfaltung der Konzentration auf der Grundlage verschiedener Körperbetrachtungen. Ausführliche Infos: siehe Seite 29.
27.09.
Sonntag
15 - 18 h
Info-Nachmittag Buddhismus | Buddhistische Orientierungshilfe und
Erfahrungsaustausch über die Lehre des Buddha. Das Gesprächs-Thema
richtet sich vorwiegend nach den Fragen der Teilnehmer. Interessierte
und Suchende sind herzlich willkommen. Bitte pünktlich erscheinen,
späterer Einlass nicht möglich. Praxis-Gruppen im Internet www.buddhahannover.de. Anfragen unter Tel. (0511) 47 14 09 (Bernd Weber)
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
2
02.10.
Fr. 19 - 21 h
Offenes Sitzen in Stille und Gespräch
mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig – wie am 18.09.
06.10.
Dienstag
19 h
Die sieben Glieder des Erwachens | Start der Vortragsreihe mit
Bhiksuni Dagmar Doko Waskönig Achtsamkeit und Lehrergründung –
die beiden ersten Glieder der Gruppe der Erleuchtungsfaktoren.
10.10.
Sa. 10 - 17h
Gemeinsam einen Tag im achtsamen Verweilen verbringen
Meditative Übungen in Stille u. Bewegung mit Johannes – wie am 12.09.
15.10.
Donnerstag
19 h
Religionen in Europa | In dieser Veranstaltungsreihe des Hauses deer
Religionen führt Prof. Dr.Dr. Peter Antes in die religiösen Traditionen ein:
Buddhismus – Ausbreitung ohne Mission
Ort: Haus der Religionen, Böhmerstr. 8 in Hannover-Südstadt
16. - 18.10.
Freitag 19h
bis
Sonntag 17h
Studien-Sesshin mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig Anmeldung: Tel. 0511-864871 - Beitrag 190 €
Samstag: Dagmar Doko Waskönig | Die Lehre vom „Wahren Selbst“ im
Mahayana und im Zen - ein Widerspruch zur Anatta-Lehre des Buddha?
Sonntag: Gabriele Ritsunen Linnebach (Shobogenzo-Übersetzerin,
Dresden) Das Shinjinmei - ein Grundlagentext des Zen
17.10.
Samstag
10 - 17 h
Karma - Seminar mit Bhikkhuni Ayya Agganyani
Was ist und wie wirkt Karma...? Veranstalter + Ort: wie am 11.09.,
Teilnahme auf Spendenbasis. Info: www.choeling.de | Anmeldung: Alice
Kampmann, Tel. 0511-871571 – [email protected]
23.10. Fr.19-21
Buddhismus kennenlernen - Chöling - Informationsabend wie am 11.09.
24.10.
Samstag
10-15 h
Wahre Liebe | „Liebe ist die einzige Sprache die alle Lebewesen
verstehen.“ Vortrag und Übungen mit Hanna Woitzik
Teilnahme auf Spendenbasis – bitte anmelden
25.10. So. 15 h
Tee-Nachmittag Buddhismus wie am 27.09.
30.10.
Fr. 19 - 21 h
Offenes Sitzen in Stille und Gespräch
mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig – wie am 18.09.
06.11.
Fr. 19 - 21 h
Offenes Sitzen in Stille und Gespräch
mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig – wie am 18.09.
07.11.
Sa. 10 -17 h
Gemeinsam einen Tag im achtsamen Verweilen verbringen.Meditative
Übungen in Stille u. Bewegung mit Johannes - wie am 12.09.
Fortsetzung folgt auf Seite 31
3
majjhimâ - patipadâ 3- 2015
Inhalt
Seite
Programm Teil I
2
Impressum
4
Editorial
5
Axel Rodeck
Die Suche nach der Seele
6
Der Mit tlere Weg
majjhimâ - patipadâ
Herausgeber:
Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Drostestr. 8, 30161 Hannover
Tel. + Fax 0511 / 3 94 17 56
E-Mail: [email protected]
Ulrich Beck
Hypochondrie – ein kaschierter Ich-Kult
oder ein Abweichen vom Mittleren Wegs
11
Protokoll
der BBH-Mitgliederversammlung am 06.06.2015
www.facebook.com/BuddhistischerBundHannover
14
Axel Rodeck
Ergebnis Vorstandswahl ~ Nochmal gut gegangen?
17
Redaktionsteam: Rother Baumert,
Axel Rodeck, Michael Schmidt, Rajah
Wirasekara, York-Victor Reith
Internet: www.buddha-hannover.de
Rother Baumert
Kommentar zum Beitrag von Dr. Ulrich Beck
(DMW 2/2015 S.10) 18
André Heße
Deutung der vier edlen Wahrheiten
18
Verfasser unbekannt
Sinn des Lebens
19
Manfred Folkers
Genug. Zufrieden. Achtsam sein.
20
27
Dagmar Dôkô Waskönig
Hiroshima-Tag 2015 28
Hans Wolfgang Schumann
Der Atman-Glaube in heiligen Texten
28
Veranstaltungen mit Ayya Mudita
29
Auch das noch...
30
31
Anreise zum BBH mit öffentlichen Verkehrsmitteln:
Das Buddhistische Zentrum in der Drostestr. 8 ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen: mit den Linien 3, 7 und
9 ab Hbf (Tiefebene) bis zur ersten Haltestelle „Sedanstr./Lister
Meile“, dann zu Fuß die Lister Meile hoch, rechts in die Drostestr. einbiegen; mit den Bus-Linien 121, 128, 134, 100, 200 bis
Haltestelle „Lister Platz“, zu Fuß die Lister Meile hinunter.
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
York-Victor Reith www.hannover-computer-schule.de
Druck: Lps-digital, Hannover
Auflage: 500
Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Postgirokonto: Postbank Hannover
Kto.-Nr. 180 18303
BLZ: 250 100 30
IBAN:
DE07 2501 0030 0018 0183 03
BIC: PBNKDEFF
Abbildungen:
Hellmuth Hecker
Aphorismen - je nach ihrer Art (lt 78)
Programm Teil II
Satz u. Gestaltung:
Spendenkonto:
Michael Harbecke
Upekkha23
4
Editorial
Titelbild + S.10, Axel Rodeck.
„Der Mittlere Weg - majjhima patipada“
erscheint nach Bedarf und ist für Mitglieder kostenlos. Ein Anspruch auf Lieferung besteht nicht. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt
die Meinung der Redaktion wieder. Der
Nachdruck ist nur mit Genehmigung gestattet. Ein Belegexemplar wird erbeten.
Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos übernehmen wir keine
Gewähr. Notwendige Kürzungen versu-
chen wir vorher mit den AutorInnen
zu besprechen. Texte und Bilder, wenn
möglich, bitte auf CD zusenden oder per
Liebe Leserinnen und Leser!
Aufatmend können wir feststellen, dass die
Mitgliederversammlung vom 6. Juni 2015 ein
erfreuliches Ergebnis hatte. Denn es gelang
uns, wieder einen Vereinsvorstand auf die Beine zu stellen, wobei sowohl „alte Schlachtrösser“ als auch junge Kräfte unterhalb der Ruhestandsebene eingesetzt werden konnten. Allen
gebührt ein herzlicher Dank. Wir verweisen
den interessierten Leser auf das Protokoll
der Mitgliederversammlung auf Seite 14ff.
Die im letzten „Mittleren Weg“ gestellte Frage, ob die Neugestaltung des Titelbildes der
Leserschaft gefällt, führte zu überraschenden Ergebnissen. Ein Leser interpretierte die
drei Tropfen in einer Schale als Symbol für
die Dreiheit „Buddha-Dhamma-Sangha“, ein
anderer glaubte, homöopathische Tropfen
zur Kurierung des Buddhismus zu erkennen. Das Bild in Heft 2 stimmt eine Leserin
nachdenklich und derartiges soll ihrer Meinung nach im Wechsel mit Bildern „Tempel/
Buddha“ erfolgen. Diesen Vorschlag halten
wir für sinnvoll und hoffen, dass Ihnen die
Seite eins des vorliegenden Heftes gefällt.
Wir hoffen natürlich, dass Ihnen auch die folgenden, unbebilderten Seiten gefallen. Der In-
halt dieses Heftes behandelt zunächst ein unter
Buddhisten immer wieder erörtertes Thema,
nämlich die Frage nach dem Vorhandensein
einer „Seele“ (auch „Ich“, Skt. atman, Pali
atta). Denn die Lehre vom „Nicht-Ich“ gehört
zu den Grundlagen der buddhistischen Lehre.
Neu aber dürfte sein, dass sich ein im Buddhismus erfahrener Neurologe mit dem
Thema befaßt und die Frage stellt, ob in der
– viele Menschen quälenden – Hypochondrie ein kaschierter Ich-Kult oder ein Abweichen vom Mittleren Weg zu sehen ist. Das
Denkbewußtsein sollte sich in diesen Fällen
der buddhistischen Analyse „das bin nicht
Ich, das ist nicht mein Selbst“ unterziehen.
Vielleicht haben wir jetzt auch Ihr Interesse für die übrigen verschiedenen Texte geweckt. Genießen sie es. Und ja, fast hätten
wir diesen Hinweis vergessen: Bald droht
schon wieder Weihnachten mit seiner Unruhe.
Dies soll uns Anlass sein, an die möglicherweise irrtümlich noch nicht gezahlten
Mitgliederbeiträge zu erinnern. Auch sonstige Spenden sind herzlich willkommen.
Mit herzlichem Gruß
Ihre Redaktion
A.R.
E-Mail:
[email protected]
5
majjhimâ - patipadâ 3- 2015
Die Suche nach der Seele
von Axel Rodeck
Der Atman der Upanishaden
Der Tod eines geliebten Wesens veranlasste
wohl in allen Kulturen zu der Frage, welche
Lebenskraft dem Sterbenden entwichen war
und wie man zum Wohle des Verstorbenen
spirituelle Maßnahmen ergreifen konnte.
Der Glaube an ein spirituelles Element im
Menschen, welches wir heute als „Seele“
bezeichnen, ist bereits bei den steinzeitlichen Jägern nachweisbar. Diese hatten
durch Träume und ekstatische Zustände die
Existenz eines vom Leib unabhängigen Elements erfahren, dessen Lokalisierung jedoch nicht gelang. Einerseits galt der Kopf
(nämlich das Gehirn) als Sitz dieser Seele
(und wurde daher gern in magisch-religiöser
Handlung verspeist), andererseits erstreckte
sich das Element über den ganzen Körper,
bildete also gewissermaßen sein „Double“.
Machen wir einen Sprung zu Zarathustra
(geb. 630 v. Chr.) und der iranischen Religion, die mit Erlösermythos, Auferstehungslehre und Eschatologie („Lehre von den letzten
Dingen“) gewichtige Beiträge zur religiösen
Gestaltung des Westens geleistet hat. Wir
finden hier eine handfest materielle Seele,
die nach dem Tode eine – Erde und Himmel verbindende –Brücke überqueren muss.
Wie im Westen hatte sich, ausgehend von derselben indo-arischen Tradition, auch in Indien
ein Seelenglaube entwickelt. Denn im 9. Jh.
v. Chr. gaben die Upanishaden („Geheimlehren“) den Gedanken auf, den Träger des Lebens im stofflichen Bereich (Feuer, Wasser)
zu suchen, sie ersetzten diese Vorstellung
vielmehr durch eine metaphysische Konzepmajjhimâ - patipadâ 3 - 2015
tion. Das Ergebnis ist die Annahme eines „Atman“. Das Wort „Atman“ ist etymologisch
mit unserem Wort „Atem“ verwandt und hatte
ursprünglich auch diese Bedeutung. Es wuchs
dann jedoch über die physiologische Sphäre
hinaus und wurde ein philosophischer Begriff, seine ursprüngliche Bedeutung wurde
von dem Wort „Prana“ (Hauch) übernommen.
Der Atman ist der Kern einer Persönlichkeit,
also das, was von ihr übrig bleibt, wenn man
alles Akzidentielle von ihr abzieht. Es handelt
sich dabei um eine feinstoffliche Substanz,
eine „Monade“ (griech. = „Einheit“), also
nicht nur um etwas rein Geistiges. Diese Substanz enthält die Fähigkeit zur Speicherung
von Wahrnehmungen und Empfindungen, sie
speichert auch die Sinneseindrücke, die aus eigenen Handlungen resultieren, also das „Karma“. Der Atman ist das dem menschlichen
Körper innewohnende ewige Selbst, das den
Tod überdauert und sich immer wieder in neuen Körpern inkarniert. Er ist das letzte, dessen
man sich als Individuum bewusst sein kann,
das Ich-Bewusstsein, die Individualseele.
Entsprechend der älteren stofflichen Feuerlehre mit ihrer Gleichsetzung von Körperwärme und Feuerhimmel wurde nun die Identität des „Atman“ (Individualseele) mit der
„Brahman“ genannten Universalseele gelehrt.
Das Wort „Brahman“ bezeichnete ursprünglich das heilige Veda-Wort, dann die sich
aus diesem ergebenden Kräfte und schließlich die Ursubstanz allen Seins. Aus dieser
sind alle Lebewesen hervorgegangen und
werden von ihr durchdrungen und gelenkt.
6
Das alte magische Mikrokosmos-Makrokosmos-Schema der Naturphilosophie wird
jetzt also metaphysisch überhöht: Der Individualseele (atman) auf der Ebene des
Mikrokosmos entspricht die Universalseele
(brahman) auf der Ebene des Makrokosmos. Die (z.B. auf dem Wege der Meditation
zu erlangende) weise Einsicht in die Identität von Atman und Brahman führt dann
zur Erlösung, nämlich zur Befreiung vom
Zwang der Wiedergeburten und damit zur
Unsterblichkeit. Man muss dazu den Blick
so nach innen richten, dass er durch keinerlei Wahrnehmungen mehr getrübt ist - dann
erkennt der Atman als das erkennende Subjekt sich selber als das erkannte Objekt, die
Spaltung in Subjekt und Objekt löst sich auf.
Erst das Verständnis des wahren Selbst (also
der Seele) beendet somit den Kreislauf von
Geburt, Tod und Wiedergeburt. Wenn das
Individuum seine Unwissenheit überwunden
und gelernt hat, die Identität des Selbst (atman) mit der letzten Wirklichkeit aller Dinge, dem Absoluten (brahman) zu begreifen,
löst sich im Zeitpunkt des Todes der physische Körper in seine Grundbestandteile auf
und der feine Körper verbindet sich mit den
feinen Elementen. Der Mensch ist jetzt erlöst. Der Zustand, den er erlangt, wird von
den verschiedenen philosophischen Schulen
unterschiedlich beschrieben: Die einen nehmen ein verklärtes individuelles Fortleben
in eines Gottes überirdischer Heilswelt an.
Andere sehen z.B. das Heil in einem Fortbestehen der individuellen Existenz, allerdings
ohne Verbindung der Seele mit den Organen
und somit ohne Bewusstsein von der Welt.
Bis zu diesem Zeitpunkt der Erlösung (moksha) ist die Seele – als würde ein Schwert
in mehreren ineinander gesteckten Scheiden
stecken - in zwei oder drei Körper gekleidet:
7
1. den physischen Körper, der aus den
die Materie bildenden Elementen besteht
und nach dem Tode zerfällt,
2. den unsichtbaren feinmateriellen Körper, der die Gegenstücke zu den Sinnesorganen des physischen Körpers enthält,
also „feinstoffliche“ Ohren, Augen usw.
3. den (nach teilweise vertretener Ansicht
vorhandenen) „ursächlichen Körper“, der
sich im Tiefschlaf manifestiert.
Der Tod ist also die Trennung des feinen Körpers vom physischen Körper - und solange
das Individuum noch nicht erlöst ist, muss
sich der freigewordene feine Körper einen
neuen adäquaten physischen Körper suchen.
Es wird die Ansicht vertreten, dass die Seele
des Verstorbenen bei der Wanderung vom toten zum neuen Leib von einem unsichtbaren
feinmateriellen Körper umgeben ist, welcher
Träger der feinen Wahrnehmungsorgane und
des psychischen Lebens ist. Modern ausgedrückt: Der Geistleib wandert als „elektronisch-photonisches Kraftfeld“ zum nächsten
Dasein und nimmt dabei sein Karma mit.
Der feine Körper ist somit das Verbindungsstück zwischen altem und neuem Körper und
man nimmt an, dass er nach seiner Loslösung
vom physischen Körper noch Bewusstsein besitzt. Er kann, wenn auch für Wesen mit physischem Körper nicht fassbar, mit seinen feinen Sinnesorganen sehen, hören und denken.
Freilich werden auch andere Ansichten vertreten, etwa dass die Seele direkt mit dem
groben Leib verbunden ist. Spätere indische
Schulen führten, auch unter buddhistischem
Einfluss, zu Modifizierungen, die aber alle
von der Existenz einer „Seele“ ausgehen.
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Die Anatta-Lehre des Buddha Gautama
Wider den Seelenglauben
Im 6. Jh.v.Chr. ergeben sich in Indien - wie
auch in anderen Teilen der Welt - einschneidende kulturelle, religiöse und soziale Veränderungen. Es entwickeln sich Reformbewegungen, getragen von der Opposition gegen
festgefügte politische und religiöse Strukturen
der altindischen Gesellschaft. Neue Gesellschaftsschichten entstehen und wenden sich
gegen die von den Brahmanen beanspruchte politische und religiöse Vorherrschaft. Es
vollzieht sich ein spiritueller Aufbruch, der
die alte vedische Opfertheologie bekämpft
und die Wahrheit auf neuen Wegen sucht. Tausende von Menschen verlassen ihr bisheriges
Leben, schließen sich Asketenbewegungen an
und suchen das Heil außerhalb des orthodoxen Rahmens. Ihre Kritik richtet sich gegen
den etablierten, überritualisierten und sinnentleerten vedisch-brahmanischen Opferkult.
Unter diesen Bedingungen ist kein Platz mehr
für die hergebrachten esoterischen AtmanLehren der Brahmanen. Die Wanderasketen gehen mit ihren Lehren in die Exoterik
und predigen den Massen, und zwar in der
Volkssprache statt im Sanskrit als nur den
Gebildeten verständlicher Gelehrtensprache. Sie setzen der Metaphysik der AtmanLehre eine rationalistische Ethik entgegen,
eine Lehre, in der Lebenswandel mehr zählt
als Geburt und Bildung. An die Stelle der
vedischen Vorstellungen von Atman und
Brahman treten die verschiedensten Theorien hinsichtlich einer „Seele“ des Menschen.
Theorie von ihm heftig abgelehnt. Dabei geht
der Buddha offensichtlich von Gedankengängen der Uccedavadins, einer den Materialisten zuzurechnenden Gruppe, aus, denn die
Existenz eines Atman (Pali: atta) zu leugnen,
war in Indien nicht neu und wurde insbesodere von den Materialisten betrieben. Konsequenter als alle anderen nichtmaterialistischen
Denker Indiens lehrt der Buddha: Nirgendwo
ist Ewigkeit, auch nicht in einer „Seele“.
Eine kühne Reduktion
Angelpunkt wissenschaftlicher Betrachtungsweise ist der Reduktionismus, die Aufspaltung
der Natur in ihre natürlichen Bestandteile. Es
ist großartig, wie der Buddha dieses Mittel
anwandte und durch „unerbittliche Analyse“
(M. Eliade) die Existenz einer ewigen, sich
durch die Wiedergeburten wie eine Perlenkette ziehenden Seele (atman) widerlegte und
demonstrativ den „An-Atman“ (Pali: anatta) verkündete, die Seelenlosigkeit (auch:
Ichlosigkeit) der empirischen Person. Die
fünf Konstituenten der empirischen Person
(„khandhas“) - Körper, Empfindungen, Wahrnehmungen, Geistesregungen und Bewusstsein - sind nämlich sämtlich vergänglich und
erfüllen daher nicht die an eine Seele zu stellende Anforderung, den Tod zu überdauern:
a) Da ist zunächst der Körper (rupa), dessen Vergänglichkeit für jeden Betrachter
klar auf der Hand liegt. Er ist unbeständig
und leidhaft, in ihm kann nicht die ewige
Seele, das Selbst (Skt: atman, Pali: atta)
gesehen werden. Der Körper ist der Träger der restlichen vier (nichtphysischen)
Khandhas (nama). Auch in diesen sucht
man vergeblich nach der (ewigen) Seele:
In die Zahl der Wanderasketen reiht sich ein
junger Mann aus gutem Hause ein, Siddhartha
Gautama, der spätere Buddha. Von seinem
Lehrer Uddaka Ramaputta wird er in den Lehren der Upanishaden unterrichtet. Aber nachdem Gautama die Erleuchtung gefunden hat,
zum Buddha geworden ist, wird die Atmanmajjhimâ - patipadâ 3 - 2015
b) Die Empfindungen, also unsere sinnlichen
Eindrücke, wechseln ständig, auch sehr extrem, und sind von verschiedensten Einflüs8
sen abhängig. Was so schwankend und abhängig ist, kann nicht unser ewiges Ich sein.
denn dieser wird ja als ewige, sich durch die
Wiedergeburten ziehende Entität angesehen.
c) Die Wahrnehmungen entstehen im Kopf
aus den Empfindungen, sie sind wechselnd positiv, negativ oder neutral. Sie
sind nicht das Ich selber, sondern verstärken das Greifenwollen nach einem Ich.
Es sei darauf hingewiesen, dass der Buddha nicht nur durch rational-nüchterne
Analyse der Khandhas, sondern auch im
Wege der Erleuchtung die Unpersönlichkeit des Daseins erfuhr: Analyse und mystische Schau gehen also ineinander über.
d) Die Geistesregungen, nämlich Begierden und Absichten, sind abhängig
von den Wahr­
nehmungen und drängen darauf, Vorstellung in Wirklichkeit
zu verwandeln. Ohne selber dauerhaft
zu sein, prägen sie unsere Gewohnheiten, sind Anstifter zu karmischem Tun.
e)
gibt
drei
erst
Das Bewusstsein schließlich ersich aus der Summe der anderen
Nama-Elemente und kann somit
recht nicht den „Atta“ enthalten.
Diese analytische Zerlegung der Persönlichkeit in physische und mentale Bestandteile
ist vom Buddha erschöpfend gemeint und
kann auch aus heutiger Sicht so verstanden
werden. Die Aussage Buddhas deckt sich
mit heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis,
dass das „Ich“ nur ein Bündel verschiedener
Perzeptionen ist, die einander mit unbegreiflicher Schnelligkeit folgen und ständig in
Fluss und Bewegung sind. Die Welt ist nicht,
sondern sie geschieht, die scheinbare Beständigkeit des Ich besteht nur in der Kontinuität.
Und dieses Kontinuum von Daseinsfaktoren findet nach buddhistischer Überzeugung
gemäß der Wiedergeburtslehre kein definitives Ende durch den Tod. Denn an den
letzten Moment des Sterbenden schließt
sich unmittelbar (nach mahayanischer Ansicht auch später) der erste Moment eines
neu entstehenden Wesens an. Da alles in
der Welt, insbesondere die empirische Person, vergänglich ist, muss auch die brahmanische Annahme eines Atman falsch sein,
9
Beweisfälligkeit des Seelenglaubens
Der Buddha hat die Atman-Lehre verworfen
und damit die letzte Hoffnung zerstört, den
Träger des Lebens doch noch irgendwie im
Körper zu finden. Stattdessen hat er in einer
intellektuell äußerst anspruchsvollen Theorie die Erlösung auf den Weg der Ethik verwiesen. Er besaß den Mut, den Massen nicht
die als „Ananda“ bezeichnete metaphysische
Wonne zu versprechen, sondern beschränkte
sich auf die Mitteilung eines der Leidensüberwindung dienenden Verfahrens. Das alte
Mikrokosmos-Makrokosmos Schema wurde nun endgültig aufgegeben, die Magie fiel
weg und aus Religion wurde Philosophie.
Die Existenz eines Ich im Sinn von emotionalen Regungen - verbunden mit dem daraus
folgenden, jedem Menschen vertrauten IchGefühl - zweifelte Buddha jedoch in keiner
Weise an. Was er bestreitet, ist die Existenz
einer ewigen Seelen-Entität, die den Tod
überdauert und der Seelenwanderung unterliegt. Dabei ist dies Bestreiten mehr als eine
als „Skepsis“ zu bezeichnende intellektuelle
Position zu verstehen, denn der Buddha fordert die Vertreter des Seelenglaubens auf,
doch einen Beweis für die Existenz eines unvergänglichen Selbst zu führen. Seine KontraStellung gegen die Atman-Theorie gilt nicht
primär der Leugnung eines „Etwas“ hinter
den Dingen, sondern der brahmanischen Behauptung, ein durch Abstraktion gebildeter
Begriff wie der Atman sei die einzige Realität.
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Die Frage nach dem Atman blieb letztlich
unbeantwortet: Auf die vom Wanderasketen
Vacchagotta an ihn gerichtete direkte Frage,
ob es nun einen Atman gibt oder nicht, hat der
Buddha geschwiegen und damit angedeutet,
dass die Wahrheit zwischen dem Vernichtungsglauben der Materialisten einerseits und
dem Glauben an eine ewige Seele andererseits liegt. Buddhas Anatta-Lehre ist ein mittlerer Weg zwischen den beiden Extremen der
an eine ewige Seele Glaubenden einerseits
und der von völliger Vernichtung durch den
Tod Überzeugten andererseits.
Der Buddha handelte und lehrte ausschließlich als Erlösungspragmatiker, die Erklärung
der Welt war nicht seine Aufgabe. Letztlich war für ihn die Frage nach einer Seele
nur sekundär. Mit seiner Anatta-Lehre hat
Buddha Gautama anscheinend nicht leugnen wollen, dass es etwas hinter oder außerhalb der empirischen Welt geben könnte.
Dieses Etwas war aber nicht zu erkennen
und brauchte aus der Sicht der Erlösungs-
suche auch gar nicht erkannt zu werden.
Damit liegt das Schwergewicht der Lehre
Buddhas nicht mehr wie das der AtmanTheorie auf der Transzendenz, sondern auf
der empirischen Welt. Als nüchterner Pragmatiker geht der Buddha allen Spekulationen wie über den Träger des Lebens einfach
aus dem Wege, benutzt seine Anatta-Lehre
eher als „heilspädagogisches“ Mittel denn
als philosophische Doktrin und greift genau
da an, wo die Wurzel des Übels ist, nämlich
beim Geburtenkreislauf. Die Existenz eines
Absoluten kann für ihn dahingestellt bleiben.
Erst in späteren Texten, etwa im Milandapanha, wird die Existenz eines wie auch immer gearteten „Selbst“ kategorisch verneint.
Unter den Buddhisten ist man sich nicht einig, was die Existenz der Seele betrifft. Der
Buddha würde heute wohl lächelnd darauf
hinweisen, dass inzwischen 2500 Jahre vergangen sind und der Nachweis des Atman immer noch nicht gelungen ist – seine Skepsis
sich also bestätigt habe. Denn auf den
Nachweis warten die Seelengläubigen
der indischen Religionen genau so vergeblich wie die gläubigen Christen seit
2000 Jahren auf die Auferstehung und
das Gottesreich auf Erden. Bis jetzt
jedenfalls: Von einer Seele findet sich
keine Spur, auch nicht mit den Mitteln der modernen Naturwissenschaft.
Unsere Existenz:
außen wohl, innen hohl.
Hypochondrie –
ein kaschierter Ich-Kult oder ein Abweichen vom Mittleren Weg
von Ulrich Beck
Der Begriff Hypochondrie leitet sich vom
Griechischen ab und bedeutet so viel wie
„unter den Rippen gelegen“. Dies weist
schon auf eine Hauptlokalisation der psychisch ausgelösten Beschwerden hin, nämlich
den Bauchraum mit dem darin befindlichen
Magen-Darmsystem. Wahrscheinlich gibt
es Hypochonder seit uralter Zeit. Sie neigen zu vermehrter Selbstbeobachtung und
Fehleinschätzung im Sinne der Übertreibung
und Ausgestaltung ihrer Beschwerden. Im
Volksmund spricht man von eingebildeter
Krankheit.
Moliere hat mit seinem Schauspiel des eingebildeten Kranken (Le Malade Imaginaire)
der Hypochondrie ein hintergründig amüsantes literarisches Denkmal gesetzt. Der
„Held“, namens Argan, der Komödie lokalisiert Beschwerden in den Leib und wendet
seinen Eingeweiden gemeinsam mit seinem
Apotheker übergroße Aufmerksamkeit zu.
Letzterer spricht dann auch ironisch und übertrieben respektvoll von den Eingeweiden „des
Herrn “. Die Anordnungen der Ärzte werden
genauestens befolgt. Mit seinem ständigen
Wehklagen tyrannisiert er seine Tochter und
auch seine zweite Ehefrau. Der eingebildete
Kranke begibt sich manchmal auf die Stufe
eines Kindes zurück und scheint dies offensichtlich zu genießen. Am Ende stellt er sich
sogar tot und wird Zeuge, dass seine Frau eine
Erbschleicherin war.
Aber so einfach ist das mit den eingebildeten Krankheiten keineswegs immer. Es
ist nicht nur der Bauchraum, welchen die
Hypochonder „im Visier“ haben: Organisch
nicht zu erklärende Beschwerden, vorwiegend
akute oder auch chronische Schmerzen oder
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
10
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Verkrampfungen, können überall im Körper
auftreten und werden außer im Bauchraum
vor allem im Bereich des Rückens und Kopfes
lokalisiert.
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die
Klagen oft auf ein erhebliches Leiden hinweisen, das häufig vorwiegend psychisch
bedingt ist, aber auch auf eine unentdeckte
körperliche organische Erkrankung zurückzuführen sein kann, welche erst so spät manifest
werden kann, dass ein sofortiges Eingreifen
notwendig ist. Für einen Arzt heißt es also,
mit der Diagnose „Hypochondrie“ oder „ rein
psychogene Störung“ sehr vorsichtig umzugehen.
Was ist der Körper für uns? Die so wesentliche Aussage des Buddha in der berühmten
Sammlung der mittleren Texte des buddhistischen Pali Kanons, „Majjhimanikaya“,
die auf den Körper mit dem Tastbewusstsein
und den tastbaren Dingen zutrifft, lautet:
„Das gehört mir nicht, das bin ich nicht,
das ist nicht mein Ich (oder Selbst)“ scheint
im Westen zwar nicht gänzlich unbekannt
zu sein, ist aber wie so viele seiner für das
menschliche Leben bedeutsame Lehren auf
taube Ohren gestoßen.
Dieselbe obige Aussage gilt auch für das
Sehbewusstsein und die sichtbaren Dinge, das
Ohr , das Hörbewusstsein und die Töne, die
Nase, das Riechbewusstsein und die Düfte,
die Zunge, das Geschmacksbewusstsein und
die Säfte und auch das Denkbewusstsein
und die Denkvorstellungen. Auf alle trifft
die Aussage zu: „Das gehört mir nicht, das
bin ich nicht, das ist nicht mein Ich (Selbst).
Wenn wir genauer hinschauen, dann wird es
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
überdeutlich, dass der menschliche Körper als
wahrhaft wunderbar komplexe „Maschine“
für uns sozusagen „an erster Stelle“ steht.
Streben nach körperlichem Wohlbefinden und
„Fitness“, wie man es heutzutage nennt, nehmen einen großen Teil unserer Bemühungen
in Anspruch. Der Körper scheint uns näher zu
stehen als alles andere sonst. Wenn wir „ich“
sagen, dann meinen wir meistens ihn.
Nach buddhistischer Vorstellung gibt es
aber kein „Ich“ oder „Selbst“. Natürlich
haben sich auch zwischenzeitlich
die
Neurowissenschaften mit dem Thema „Ich“
aus einander gesetzt und versucht, Strukturen
im Gehirn ausfindig zu machen, die IchFunktionen besitzen könnten – diese Suche
blieb bisher vergeblich. Also trifft die Aussage
des Buddha von anatta offensichtlich zu.
H. W. Schumann
nimmt zu diesem
Thema Stellung und kommt zu folgenden
Schlussfolgerungen: „Der Buddha bestreitet
die Existenz einer ewigen Seele, die die Reihe
der Inkarnationen durchwandert. Das bedeutet aber nicht, dass es im Menschen kein
Ichbewusstsein und kein Gefühlsleben gebe.
Unsere geistigen und psychischen Prozesse
laufen in unserem Denkorgan (mana) zusammen, das unseren Geist (citta) ausmacht.
Der Geist bündelt unsere Regungen und
Erfahrungen und etikettiert sie als „Ich“ oder
„Selbst“, denn die psychophysische Einheit,
die jeder einzelne für eine begrenzte Zeit
darstellt, bedarf einer Selbstbezeichnung.
Nicht gegen dieses empirische Ich oder Selbst
, das wir nur als Begriff verwenden, der beim
Ende unseres Lebens gegenstandslos wird,
nicht gegen dieses Ich-Etikett wendet sich der
Buddha, sondern gegen den Seelenglauben
(attaditthi), die „Narrenlehre“, wir besäßen
eine ewige, den Tod überdauernde Seele.
Wir können hieraus entnehmen, was der
Körper und all die unterschiedlichen Arten
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
von Bewusstsein n i c h t sind. Dennoch
verhalten wir uns so, als ob der Körper das
Wichtigste in unserem Leben sei. Sein Verlust
bedeutet den Tod, und der ist für uns in aller
Regel mit Angst und Schrecken, ja mit Panik
behaftet. Und gerade diese Angst hat ihren
Ursprung in der irrigen „Ich“ Vorstellung.
„Ich und Angst“ gehören zusammen wie die
Vorder- und Rückseite einer Münze oder
Handrücken und Handinnenfläche, wie unsere Zen Lehrerin zu sagen pflegte. Demnach
müsste ein Mensch, der sich gar nicht oder
nur teilweise mit seinem Ich identifiziert, keine oder nur geringe Angst vor dem Tod haben.
Hören wir, was Sri Ramana Maharshi gesagt hat: Er hat berichtet, im Alter von 17
Jahren eine spontane Todeserfahrung durchlebt zu haben, wodurch er erkannte: „Der
Körper stirbt, aber das Bewusstsein wird
vom Tod nicht berührt. Das besagt: „Ich bin
unsterbliches Bewusstsein…Seither war die
Todesangst ein für allemal ausgelöscht…
Hätte der Buddha dieser Äußerung zugestimmt? Für ihn gab es bekanntlich nichts
Unsterbliches, was den Tod überdauert,
sondern lediglich bedingtes Entstehen und
Veränderlichkeit. Aber das buddhistische
Nirvana scheint mit der oben angeführten Schilderung des Ramana Maharshi
Ähnlichkeit aufzuweisen, zumindest was
die psychische Verfassung des Heilig
Gewordenen oder anders ausgedrückt des
Arahat betrifft. Nirvana wird als das vollkommene Überwinden der Drei Wurzeln
des Unheilsamen, nämlich Gier, Hass
und Verblendung und das Sistieren der
Tatabsichten definiert. Es ist ein Einssein mit
dem Absoluten, der Einheit des Samsara mit
dem Transzendenten. Hier scheint jegliche
Ich-Vorstellung aufgehoben zu sein, mit anderen Worten: Es kam zu einem Tod von Ich,
der in der Zen Literatur häufig erwähnt wird
und der gestorben werden muss.
Ängste wie sie der Hypochonder durch
12
seine permanente Selbstbeobachtung und
sein ständige Reflektieren über seinen
Gesundheitszustand wohl täglich erlebt, ließen sich durch entsprechende Einsicht im
oben genannten Sinn zumindest reduzieren,
wenn nicht gar gänzlich beseitigen. Könnte
es ihm helfen, sich immer wieder zu sagen:
„Dies bin ich nicht, dies gehört mir nicht,
dies ist nicht mein Selbst“ und darüber zu
reflektieren?
Ich glaube, dass dies geschehen könnte, wenn
es mit der notwendigen Konsequenz immer
und immer wieder erinnert und wiederholt
würde. Auch wäre die Erkenntnis wichtig,
dass der Körper nicht von uns allein bewohnt
wird, wie wir immer glauben. Wir teilen ihn
mit zahllosen anderen Wesen, beispielsweise mit Bakterien und Parasiten, die also als
„Mitbewohner“ (wenn auch ungewollte) dieses Körpers zu betrachten sind.
Aber unser irriges Ich Bewusstsein sagt uns
ständig „ich habe dies, ich habe jenes….Ich
möchte dies und jenes nicht…Hiervor habe
ich Angst… All dies in endloser Runde.
Wie könnte man der illusionären Ich
Vorstellung zu Leibe rücken, sie in die
Schranken weisen, um damit von dieser
ewigen hypochondrischen Litanei und den
Ängsten befreit zu werden?
Wir könnten dies durch ein konsequentes
meditatives Training erreichen, wobei wir
wirklich jegliche Dualität überwinden müssen und eins werden mit dem, was ist, beispielsweise mit unserem Atemrhythmus oder
einem Koan. Dann gibt es für eine Ich- oder
Angstvorstellung keinen Platz mehr. Aber
diese Situation hat bestenfalls für eine sehr
begrenzte Zeit Bestand, wenn sie denn über-
haupt erreicht wird. Deshalb sollte immer
wieder nach diesem „Einssein mit“ gestrebt
werden, nicht nur in der Meditation sondern
im gesamten Tagesablauf, bei Tätigkeiten jeglicher Art. Man gebe sich in die Arbeit hinein,
und sei sie noch so primitiv und ungeliebt.
Kehren wir nochmals zum Verhalten des
Hypochonders zurück. Was macht er grundlegend falsch und worin könnte man ihm
Recht geben? Er ist zunächst einmal achtsam
auf seinen Körper, was durchaus positiv zu
werten ist. Aber er weitet diese Achtsamkeit
in einer suchthaft anmutenden Weise aus, so
dass kein Raum für eine mögliche Korrektur
(am besten durch ihn selbst) übrig bleibt. Er
hat also nicht den Mittleren Weg beschritten,
also nicht, wie es heißt, Extreme vermieden,
sondern er hat sich den Extremen vollständig
hingegeben. Er lebt sie und versucht gleichzeitig, andere Menschen mit seinen überwuchernden Fantasien zu belästigen oder gar damit anzustecken. Psychische Inhalte können
durchaus kontagiös sein, wie wir nur allzu
deutlich aus der Geschichte wissen.
Dies zeigt auch Moliere sehr deutlich in seiner „Komödie“, die aber eher ein dunkles
Kapitel menschlichen Verhaltens zeigt.
Zusammenfassend bleiben nur noch wenige
Worte: Achtsamkeit auf den Körper gerichtet ja, dies aber ohne Auswüchse! Es gilt,
den Mittleren Weg unter allen Umständen,
auch wenn sie als bedrohlich erlebt werden
oder wirklich bedrohlich sind, streng einzuhalten.
Bevor der Buddha die Sutren lehrte, soll er
auf die Bedeutsamkeit des Mittleren Weges
hingewiesen haben. Folgen wir also seinem
Rat!
Anmerkung des Verfassers:
Dem interessierten Leser sei bezüglich der buddhistischen Aussage „Das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das ist nicht mein Selbst (oder „Ich“) Paul Bruntons „Das Überselbst“, Kapitel
4: „Analyse des emotionalen Selbst“ empfohlen.
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majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Protokoll –
der Mitgliederversammlung am 06.06.2015
TOP 1: Eröffnung, Protokollführung, Beschlussfähigkeit
Nach einer kurzen Meditation wird die Versammlung um 15.08 Uhr vom Vorsitzenden
Rother Baumert eröffnet. Axel Rodeck erklärt
sich zur Übernahme der Protokollführung bereit und wird zum Protokollführer bestimmt.
mitglieder versandte Briefe erfolgt ist. Dies
geschah auf Betreiben des Amtsgerichts, welches bei der vorherigen Mitgliederversammlung die ausschließliche Einladung im „Mittleren Weg“ beanstandet hatte.
Sodann begrüßt Rother Baumert die Anwesenden und übernimmt die Leitung der Versammlung.
Anwesend sind 13 Vereinsmitglieder. Vertretungsvollmachten liegen von 6 Mitgliedern
vor, so dass insgesamt 19 Stimmen von Mitgliedern vorhanden sind.
Zunächst wird festgestellt, dass eine ordnungsgemäße Ladung durch an alle Vereins-
Damit ist Beschlussfähigkeit gem. § 32 BGB
gegeben.
TOP 2: Bericht eines Vorstandsmitgliedes über den abgelaufenen
Geschäftszeitraum
Rother Baumert berichtet über die Mitgliederentwicklung im Berichtszeitraum.
Reinsberg für die Fortsetzung der Gruppe
„Meditation und Yoga“.
Danach zählte der Verein im Juni 2013 45
Mitglieder. Neu traten ein 7 Interessenten
und es schieden 5 Mitglieder aus, davon drei
durch Austritt und zwei durch Tod. Demzufolge beträgt der Bestand derzeit per Juni 2015
47 Mitglieder. Von diesen sind 19 älter als 70
Jahre und 24 Mitglieder älter als 65, was mehr
als die Hälfte aller Mitglieder ausmacht.
2. Die kontinuierlich dreimal im Jahr gefertigte Zeitschrift „Der Mittlere Weg“. Rother
dankt Axel Rodeck und den anderen Redaktionsmitgliedern für die Gestaltung dieses
Sprachrohrs und effektiven Bindegliedes zu
Mitgliedern und Freunden des BBH.
Der beiden verstorbenen Mitglieder wird nun
in einer Schweigeminute gedacht.
Sodann berichtet Rother Baumert über die regelmäßigen Aktivitäten, hauptsächlich:
1. Die auf der Rückseite der Vereinszeitschrift „DMW“ angegebenen Veranstaltungen. Rother dankt Bernd Weber für die
langjährige Betreuung des Tibetisch-Buddhistischen Gesprächskreises und Sabine
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3. Einmal monatlich findet eine Vorstandssitzung mit breitgefächerten Themen statt.
4. Dank an alle, die die Internet-Präsenz/
Homepage vorbildlich pflegen und aktualisieren.
5. Im Berichtszeitraum fanden wieder viele
Sonderveranstaltungen statt. Es handelt sich
um Tages- und Wochenendseminare, Vorträge und Übungsabende mit einer Vielzahl
von qualifizierten Referenten.
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6. Aus dem Tagesgeschäft wird erwähnt der
Kontakt mit anderen Gruppen und Institutionen wie Buddhistische Gemeinschaften,
interreligiöse Gremien oder sonstige Korrespondenzpartner.
7. Außerhalb der regelmäßigen Veranstaltungen hebt Rother Baumert die Gestaltung
der Feier zum 50jährigen Vereinsjubiläum
hervor, welche am 19. Oktober 2013 stattfand. Auch hier Dank an alle Beteiligten.
TOP 3: Kassenbericht und Kassenprüfungsbericht
Michael Schmidt trägt den Kassenbericht vor
für 2013 und 2014.
Während im Jahre 2013 noch ein Überschuss
von 1.677,57 € erreicht wurde, ist es 2014 zu
einem Minus von 2.770,05 € gekommen. Dies
ist damit zu begründen, weil zum Einen die
Spenden auf Grund des Versterbens älterer
Mitglieder weniger wurden und zum Anderen
die Kosten für den Druck der Vereinszeitschrift „Der Mittlere Weg“ gestiegen sind.
Dies lag daran, dass nach dem Tode unseres
Mitgliedes Uwe Kickstein, der die Zeitschrift
gedruckt hatte, eine andere Druckerei gesucht
werden musste, bei der wir nicht mehr so günstige Konditionen erhalten konnten. Ebenfalls
sind die Zentrumskosten im Jahre 2014 ge-
stiegen. Die übrigen Ein- und Ausgaben beliefen sich ungefähr auf der Höhe der letzten
Jahre. Das Guthaben am 31.12.2014 belief
sich auf 7.711,76 €.
(Siehe auch die Kassenberichte der entsprechenden Jahre)
Anschließend gibt York-Victor Reith den
Kassenprüfungsbericht. Er hat stichprobenhaft die Ausgaben des Vereins geprüft und
festgestellt, dass diese den satzungsgemäßen
Zwecken des Vereins entsprachen.
Es wird daraufhin über die Entlastung des
Kassenwartes abgestimmt. Ergebnis ist die
einstimmige Entlastung.
TOP 4: Entlastung des Vorstands
Die aus der Mitgliederschaft beantragte Abstimmung über die Entlastung des Vorstands
führt bei Enthaltung der Vorstandsmitglieder
dazu, dass die Entlastung einstimmig mit den
übrigen 14 Mitgliederstimmen erfolgt.
TOP 5: Neuwahl des Vorstands
Der alte Vorstand tritt um 16.20 Uhr geschlossen zurück und es findet sich Dr. Ulrich Beck
bereit, das Amt des Wahlleiters zu übernehmen. Nach kurzer Erörterung wird beschlossen, dass ein offenes Wahlverfahren und
Blockwahl der Kandidaten erfolgen soll.
Die Bereitschaft, für den Vorstand zu kandidieren, erweist sich wieder als sehr gering.
Schließlich erklären sich nach längerer Diskussion Rother Baumert, York-Victor Reith,
Dr. Frank Goebel, Michael Schmidt, Rajah
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Wirasekara und Sabine Reinsberg bereit, zu
kandidieren. Demgemäß ergeht folgender
Wahlvorschlag:
Vorsitzender: Rother Baumert
Schriftführer: York-Victor Reith
Kassenwart: Michael Schmidt
Beisitzerin: Sabine Reinsberg
Beisitzer: Rajah Wirasekara
Beisitzer: Dr. Frank Goebel
Die Kandidaten stimmen auf Befragung des
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Wahlleiters ihrer Aufstellung zu. Daraufhin
erfolgt die Wahl offen durch Handaufheben.
Das Ergebnis lautet: Einstimmigkeit mit 19
Ja-Stimmen.
Die Kandidaten nehmen auf Nachfrage des Wahlleiters die Wahl an.
Der neue Vorsitzende Rother Baumert übernimmt nun die Versammlungsleitung und dankt für
das ihm entgegengebrachte Vertrauen.
TOP 6: Neuwahl des Kassenprüfers
Gewählt wird für die kommende Periode Axel Rodeck mit 18 Stimmen bei einer Enthaltung.
TOP 7: Programmplanung
Rother Baumert bittet darum, dass Vorschläge
für die Einladung von Referenten für Gastvorträge gemacht werden.
Er empfiehlt die Kooperation der verschie-
denen buddhistischen Gruppen, um gemeinsame Veranstaltungen zu ermöglichen.
Dagmar Doko Waskönig bietet eigene qualifizierte Vorträge an.
TOP 8: Verschiedenes
Entfällt. Behandlung das Zentrum betreffender Punkte in den Vorstandssitzungen.
Schließung der Mitgliederversammlung um 17.15 Uhr mit einer kurzen Meditation.
K
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Gez. Axel Rodeck
-Protokollführer-
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Es tut dem Setzer und Gestalter des Mittleren Weges leid und ist wohl nur durch
unbuddhistische Hektik zu erklären, dass ihm im letzten Mittleren Weg 2/2015
ein Fehler unterlief: Michael Funk verfasste den Bericht über die Theravada AG
in Hannover im Wat Dhammavihara und nicht wie fälschlicherweise angegeben
Michael Schmidt. Die Redaktion bittet um Entschuldigung.
Das Zentrum ist in der Regel nur während der Veranstaltungen besetzt.
Außerdem: Sprechzeit jeden Freitag von 17:00 - 18.30 Uhr !
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Ergebnis Vorstandswahl ~
Nochmal gut gegangen?
von Axel Rodeck
Das Aufatmen war sicherlich weit zu hören.
Nun haben wir wieder einen hoffnungsfrohen
Vereinsvorstand, die Gefahr der Nichterfüllung rechtlicher Erfordernisse ist gebannt.
Der 6. Juni 2015 war nicht nur vom Wetter
her für uns ein sonniger Tag. Denen, die entweder als „alte Hasen“ oder als Neulinge die
Vereinsbelange in den nächsten zwei Jahren
vertreten werden, sei an dieser Stelle herzlich
gedankt.
Da ist zunächst zu erwähnen unser buddhistisches „Urgestein“ Rother Baumert, der selbstlose Kämpfer, ohne dessen Großzügigkeit
und unermüdlichen Einsatz der Verein wohl
gar nicht mehr existieren würde. Trotz aller
Belastung hat sich Rother bereit erklärt, weiterhin den Posten als Vorstandsvorsitzender
wahrzunehmen.
Ähnliches gilt für Michael Schmidt, der,
ebenfalls aus Pflichtbewußtsein, das schwierige und etwas unattraktive Amt des Kassenwartes übernommen hat. Auch Michael bringt
eine jahrzehntelange Erfahrung auf dem Gebiet des Vereinswesens mit.
Doch nun ist der jüngeren Generation Raum
zu geben. Erstmals für den Vorstand des BBH
hat York-Victor Reith kandidiert und das
schwierige Amt des Schriftführers übernom-
men. York gehört mit seinen 42 Lebensjahren
zu der „Jugend“ des Vereins und deckt mit
seinem Fachwissen als studierter Jurist und
Computer-Fachmann wichtige Bereiche ab.
Auch bei den satzungsmäßigen Beisitzern ist
eine positive Entwicklung zu erkennen. Zunächst zu erwähnen ist die Wiederwahl des
langjährigen Vorstandsmitgliedes Rajah Wirasekara. Von ihm als gebürtigem Singhalesen erfahren die manchmal scholastisch verspannten Freunde nützliche Kritik.
Sodann können wir endlich einmal wieder
eine junge Dame als Beisitzerin begrüßen,
nämlich Sabine Reinsberg. Freilich ist sie
kein Vereinsneuling, denn seit einigen Jahren schon widmet sie sich der Leitung unserer Veranstaltungsgruppe „Meditation und
Yoga“.
Leider mußte der als Beisitzer gewählte Dr.
Frank-Thomas Goebel sein Amt aus beruflichen Gründen schon wieder aufgeben. Für
den Gesamtvorstand ist dieses jedoch unschädlich.
Aus persönlichen Gründen haben für den Vorstand nicht wieder kandidiert Bernd Weber
und Axel Rodeck. Sie wollen sich aber weiterhin an Vereinsaktivitäten beteiligen.
Der kosten- und anmeldefreie youtube-Kanal „Buddhas Lehre“ bietet mehrere hunderte an
Vorträgen, Lehrreden, Meditations-Anleitungen und Hörbücher. Aufgrund des sehr großen Themenangebotes und der Bedienung aller buddhistischen Lehrrichtungen, sollte für jeden Interessierten etwas dabei ist.
Um nur einige Referenten zu nennen:
Alfred Weil, Ayya Khema, Karl Schmied, Karl Riedl, Thich Nhat Hanh, Fred von Allmen, Sogyal Rinpoche, Dalai Lama, Stephen Batchelor und viele mehr...
www.youtube.com/channel/UCMOPZYZg05IUOdjv-Qqk3Bg
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majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Kommentar zum Beitrag von Dr.Ulrich Beck (DMW 2/2015 S. 10)
„Über den Umgang mit Zorn oder Hass“
von Rother Baumert (26.04.2015)
Alles gut und treffend, aber es hilft letztlich nicht weiter, weil der Grund (Ursache,
Basis) für die mangelnde Umsetzung im
Leben der Menschen nicht erkannt und daher
nicht mal ansatzweise behoben oder auch nur
angestrebt (bemüht) wird:
Es fehlt einfach am Bewusstsein der
Verbundenheit, nämlich dieser globalen Verflochtenheit allen Lebens, stattdessen trennt uns das kulturell anerzogene,
ja „eingeimpfte“, unaufhörlich propagierte
und sorgfältig (bis ängstlich) gepflegte IchBewusstsein – als dualistisches Bedürfnis angewachsen und scheinbar unentbehrlich, aber
letztlich trotz allem illusionär!
Nur zeigt sich diese Illusion durchaus real – als
Faktum, Prozess und gewachsenes Bedürfnis
- und kann nicht wegdiskutiert werden, ihr
konkreter Inhalt ist jedoch wie bei einer Fata
Morgana nicht vorhanden. Die Wahrnehmung
geschieht zwar, aber ihre Deutung wird damit
verwechselt und bleibt illusionär; denn kein
„Was“ sondern ein „Wie“ wird hier kontinu-
ierlich prägend wirksam, zudem im täglichen
fast unmerklichen Wandel ... - Anatta verstehen und umsetzen; d.h. aus diesem zunächst
negativen Aspekt gilt es, den positiven, sich
öffnenden zu erkennen und realisieren.
Hier kann nur konsequente und ausdauernde
Übung im praktischen Alltag allmählichen
Erfolg bringen – der Weg ist mühsam aber
lohnend und letztlich allein erfolgversprechend.
Die „Erbsünde“ ist überwindbar, wir müssen
ihr nicht blind verfallen und an ihren Folgen
zugrunde gehen!
Alle Gebote und Postulate bleiben auf Dauer
(und besonders im Alltags-Zweifel) unwirksam – liebevolle Güte und Mitgefühl kann
man nicht gebieten, ergeben sich aber aus
dem Bewusstsein der Verbundenheit wie von
selbst!
Daraus folgt:
Was ich anderen antue, tue ich mir selber an! Nichts kann getrennt existieren!
Deutung der vier edlen Wahrheiten
von André Heße (02/2015)
Der Tod bleibt was er ist.
Eine unbestimmte Variable für immer.
Das einzig Feste.
Er liebt heiß und kalt.
Er wird gefeiert und vergessen.
In ihm liegen Ursache und Wirkung ineinander,
genau wie Yin und Yang.
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Der Tod ist alles.
Wenn ich anders könnte,
würde ich nicht sterben.
Wahrhaftig ist dies ein Grund,
wofür es sich lohnt ständig zu leben.
Um zu leben, will ich üben.
Ich will üben zu sterben.
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Sinn des Lebens
(Verfasser unbekannt)
das Redaktionsteam dankt Anneli Sartiono für den Beitrag
Suchst du nach dem Sinn des Lebens? Solche Fragen sind vergebens,
sind die Fragen nicht erhellt: Was ist Leben? Was ist Welt?
Welt ist Summe aller Dinge, die in uns’rem Daseinsringe
uns bewusst geworden sind.
Leben ist Prozess, Geschehen, - Vorgang, Wandlung, - Kommen, Gehen.
Leben ist der Drang zum Tun, - Schaffen, Wirken ohne Ruh’n.
Was uns uns’re Sinne schenken – durch das Hören, Tasten, Denken,
durch Geruch, Geschmack, Gesicht – das ist Welt, erlebt im Licht
des Bewusstseins.
Das Erkennen dessen, was wir Leben nennen, wird Bewusstsein ja genannt.
Ohne dies ist nichts bekannt.
Weltenraum, der Sterne Herde, - Menschen, Tiere, Pflanzen, Erde,
Kälte, Wärme, Dunkel, Licht – würden zum Erlebnis nicht,
wär‘ Bewusstsein nicht gegeben; im Bewusstsein liegt das Leben.
Im Bewusstsein liegt das All – Raum und Zeiteninterwall.
Bleibt noch offen jene Frage, wie Bewusstsein tritt zutage?
Wirken ist’s der gleichen Kraft, die das Universum schafft.
Diese Kraft ist Drang aus Wollen, die dem Lebensdurst entquollen.
Lebensdurst ist „Quelle Ur“; denn alles Sein ist Geist‘s Natur.
Geist erleben wir im Denken; Denken, das den Willen lenkt.
Denken schlägt stets Richtung ein, und wie gedacht, wird Wirkung sein.
So ist Welt ein Geistergebnis. Klagst du über schlecht‘ Erlebnis,
klage eig’nes Denken an: Deine Welt, du bautest dran!
In dem Maße, wie vom Bösen – du dich trennest, wird sich lösen
von dir, was dich quält noch heut, - wird sich wandeln Leid in Freud.
Suchst du noch den Sinn des Lebens?
Suche weiter nicht vergebens:
Forsche, was da wirklich ist. Nutze deines Lebens Frist!
Bau dir auf ein Herz voll Güte. Einbezieh‘ in dein Gemüte
and’rer Wesen Not und Pein; denn alle wollen glücklich sein!
Tugend, Güte, echtes Wissen, und Erbarmen nicht zu missen,
das verwirkliche in dir,
und der Sinn erfüllt sich HIER.
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majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Vorspann: Bei der Suche nach den Ursachen für gesellschaftliche Krisen und
Probleme rücken immer mehr Menschen die wirtschaftlichen Antriebskräfte in den
Vordergrund. Sie möchten die von Wachstum, Wettbewerb und Folgenleugnung bestimmte Ökonomie in eine Kultur des Genugs verwandeln, für die insbesondere die
Lehre des Buddha viele Anregungen bietet.
Genug. Zufrieden. Achtsam sein.
von Manfred Folkers
Wer sich für den Zustand der heutigen
Zivilisation interessiert, wird täglich mit unfassbaren Prozessen konfrontiert. Sie reichen
vom Artensterben (von 1970 bis 2010 hat
sich die Zahl der Wirbeltiere halbiert) über
die Folgen der globalen Erwärmung (Klimawandel, Meeresversauerung, Wüstenbildung
...) und die Erschöpfung von Ressourcen
(Öl, Wasser, Gas, Humus …) bis hin zu sozialen Ungerechtigkeiten (Der Abstand zwischen reich und arm wird ständig größer).
Diese Entwicklungen hat der Philosoph
Peter Sloterdijk zu Ende gedacht: „Wir rasen
mit Höchstgeschwindigkeit frontal auf eine
Betonmauer zu, doch weil der Moment des
Aufpralls eine Weile entfernt ist, bleibt man
auf dem Gaspedal“.
Dass dieser verhängnisvolle Weg beibehalten
wird, hat der Soziologe Stanley Cohen als „fundamentales Paradoxon“ bezeichnet und hinzugefügt, „dass es in einer mit Informationen
überfütterten Gesellschaft der Normalzustand
ist, bestimmte Wahrnehmungsebenen zu
leugnen … Um ein Problem verdrängen zu
können, ist es nötig, seine Existenz und seine
moralischen Verwicklungen bis zu einem gewissen Grad anzuerkennen“.
Um zum Kern des Dilemmas vorzudringen,
bietet sich eine 2.500 Jahre alte Methode
an, die „anhalten und zur Ruhe kommen“
(Samatha) mit „genau hinschauen und tief
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
durchleuchten“
(Vipassana)
verknüpft:
Buddhistische Meditation. Ausgehend von der
Erkenntnis, dass sich leidvolle Zustände erst
durch die Beseitigung der Ursachen überwinden lassen, führt eine ruhige und unvoreingenommene Analyse zu einer Identifikation der
Beweggründe schädlichen Handelns.
Durch Meditation und die Anwendung des
gesunden Menschenverstands zeigt sich,
dass Wetterextreme, Umweltverschmutzung,
Waldbrände usw. den Alltag zwar konkret
belasten, letztlich aber Ergebnisse eines überzogenen Ressourcen-Verbrauchs, einer gigantischen Produktion von CO2 und Methan, von
Zersiedlung, Überfischung, Pestizid-Einsatz
usw. sind. Diese Aktivitäten entspringen einer
Wirtschaftsform, die menschliche Sehnsüchte
mit Hilfe von Werbung und Kommerz
aufbläht und in einem Wechselspiel aus
Angebot und Nachfrage befriedigen möchte. Hauptmotoren sind dabei der Wunsch
nach Eigentum, ständiges Vergleichen und
Bewerten sowie das Ausblenden der langfristigen Konsequenzen.
Es ist allerdings ein Trugschluss, in
Wachstum, Wettbewerb und Verdrängung
schon die Wurzeln der Probleme zu sehen. Sie
sind nur der sichtbare Ausdruck von Kräften
wie Besitzstreben, Kampf um Marktanteile,
Renditedenken,
Bagatellisierung
der
Folgeschäden usw. Diese Gewohnheiten
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sind jedoch keine Naturgesetze, sondern
Auswüchse einer von Menschen geschaffenen Methode, die Produktion von und den
Handel mit Dingen zu regeln. Die Mehrungsund Konkurrenz-Wirtschaft ist ein mit viel
Fantasie und Engagement entstandenes
System, das sich in den letzten 200 Jahren
nicht nur durchgesetzt, sondern verselbständigt hat. Die Menschheit zwingt sich selbst
wider besseres Wissen auf einem gefährlichen Weg zu bleiben. Sie wird am Nasenring
vermeintlicher ökonomischer Sachzwänge zu
ihrer eigenen Hinrichtung gepeitscht.
Was aber sind die Antriebsenergien, ohne
deren Austausch kein Umschwung möglich
ist? Buddha hat die Ursachen von individuellem Leid ganz klar benannt: Gier, Hass
und Verblendung, die sich im Alltag als
Eigennutz, Neid und Ablenkung zeigen. Sehr
anschaulich ist auch das Begriffs-Trio „haben
wollen - mehr haben wollen - nicht wahr haben wollen“.
Diese Motive haben sich heutzutage gesellschaftlich verfestigt als Mehrungs-Prinzip,
Konkurrenz-Prinzip und FolgenleugnungsPrinzip. Sie gelten als Dogmen, die vor allem
in ihrer Rückkopplung wirksam sind und zu
einem unvernünftigen, ja geradezu exzessiven und gnadenlosen Plündern der Erde und
der Zukunft führen.
Insbesondere die Begüterten leben in einer
Art Parallelwelt. Indem sie sich als Vorbilder
sehen, fungieren sie als Speerspitzen
des Untergangs. In ihrer ideologischen
Verblendung überschreiten sie den ökologischen Fußabdruck um ein Vielfaches und
ignorieren Kriterien wie Nachhaltigkeit und
Gemeinwohl. Weil sie im Überfluss leben, haben sie das Gefühl für „genug“ verloren. So
kann ein Multimilliardär auf die Frage, „wie
viel genug sei“, ohne Hemmungen antworten:
„Eine Milliarde Dollar muss es schon sein,
um die Extras zu finanzieren, das Flugzeug,
das Boot … Ich meine, das ist meine Ziffer
für das Minimum, auf das ich heruntergehen
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will --- wenn ich heruntergehe“.
Dieses Beispiel darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ziele und
Widersprüche der Gier-Wirtschaft mitten durch jeden und jede hindurchgehen.
Eigensinn, Habgier, Neid, Eile und Ignoranz
sind weit verbreitet. Viele Menschen möchten
sich bereichern, wollen mehr scheinen als sie
sind und dem Motto frönen: „Ich will alles und zwar jetzt!“ Darüber hinaus geraten immer mehr Lebensbereiche (Bildung, Kultur,
Wasserversorgung, Pflege, Gesundheit usw.)
in den Sog der Kommerzialisierung.
Es fehlt eine Kultur des Genug. Zwar werden viele Menschen durch Abhängigkeit,
Ausbeutung
und Arbeitslosigkeit
zu
Einschränkungen gezwungen - das MehrungsSystem als Solches kennt die Kategorie
„Genug“ jedoch nicht. Es ist auf Expansion angewiesen. Die Abschaffung des WachstumsPrinzips wird als Zusammenbruch befürchtet, weshalb es mit allen Mitteln verteidigt
wird, was die 2008er-Finanzkrise deutlich
bewiesen hat. Fatalerweise ist kein allgemeiner Plan B in Sicht. Das System sucht nicht
einmal danach. Es sieht sich weiterhin ohne
Alternative.
Allein schon wegen der Begrenztheit der Erde
ist das Steigerungs-Spiel zum Scheitern verurteilt. Es ist nur die Frage, ob dieses Ende
als Kollaps oder Wende, als Desaster oder
selbstbestimmter Umschwung geschieht.
Deshalb sind alle Beteiligten aufgefordert,
eine Ökonomie jenseits von Konsumrausch
und Überfluss, jenseits von Wachstum und
Selbstbezogenheit zu entwickeln. Die Suche
nach einer behutsameren Form des sozialen,
kulturellen und wirtschaftlichen Miteinanders
sollte aber nicht aus Furcht vor dem Crash,
sondern aus der Attraktivität der neuen
Perspektive entstehen.
Dem Vorgehen des Buddha folgend weckt
die Identifizierung der Ursachen des gegenwärtigen Dilemmas den Wunsch, die
unheilsamen Antriebskräfte durch heilsamajjhimâ - patipadâ 3 - 2015
mere zu ersetzen. Reparatur-Versuche wie
Energiesparen, effizientere Technologien,
Renaturierung usw. führen allerdings zu
keinen nachhaltigen Lösungen, weil sie fast
immer von Rebound-Effekten, Outsourcing
und Selbstbetrug aufgehoben bzw. als zusätzliche Wirtschaftsfaktoren instrumentalisiert werden. Notwendig ist ein kompletter
Austausch der bisherigen Beweggründe.
Neue Motive braucht das Land – vor allem in
der Wirtschaft.
Das ethische Fundament dieser Motive hat der
durch sein Buch „Das Prinzip Verantwortung“
bekannte Philosoph Hans Jonas mit einer
Präzisierung des „Kategorischen Imperativs“
beschrieben: „Handle so, dass die Wirkungen
deiner Handlungen verträglich sind mit der
Permanenz echten menschlichen Lebens auf
Erden“.
Mit dem Anspruch auf Suffizienz und
Zukunftsfähigkeit werden bereits vielerorts Modelle wie solidarische, ökologische, Gemeinwohl- oder PostwachstumsÖkonomie erarbeitet. Auch konkrete Projekte
wie Agenda-21-Gruppen, Transition-TownInitiativen, Genossenschaften, Tauschringe,
Repair-Cafés, Öko-Dörfer usw. zeigen sich
immer häufiger.
Aber sie führen ein Nischendasein. Neben einer gesellschaftlichen Unterstützung (Steuernachlässe, wissenschaftliche Forschung,
Schaffung von Schonräumen usw.) fehlt ihnen oft eine geistige Unterfütterung. Darauf
hat schon Hans Jonas hingewiesen: „Die
Philosophie muss eine neue Seinslehre erarbeiten, in der die Stellung des Menschen im
Kosmos und sein Verhältnis zur Natur im
Zentrum der Meditation steht“.
Auch hier hat die Lehre des Buddha viele
Praktiken und Einsichten anzubieten. So fördert die Übung der Achtsamkeit die zentrale
Fähigkeit des Menschen, das Leben als fließendes Projekt wahr (!) zu nehmen. Diese
Einsicht bedeutet, sich nicht als abgetrennt
und vereinzelt, sondern sich ohne religiösen
Firlefanz als restlos integrierter Teil der
Mitwelt zu erleben, die zu schützen damit zur
Selbstverständlichkeit wird. Dieses wissende
Gefühl ist Kern einer Ethik des Genug, die
vom Buddha mit „Samtusta“ überschrieben
wird: Befriedigt, versöhnt und zufrieden sein.
Tatsächlich enthält das Universum alle
Bedingungen für ein erfülltes und glückliches Leben. Auf dieser Grundlage kann die
eigene Anwesenheit in dieser Welt als ein von
Wandel, Verbundenheit und Freude geprägter
Blütenweg der Einmaligkeit gestaltet werden.
Diese Kür durch Festhalten, Abneigung und
Täuschung zu verpassen ist nicht nur eine
Missachtung des Wunders, ein bewusstes
Wesen zu sein. Eigensinn und Gegeneinander
führen in ihrer allgemeinen Anwendung zu
Angst, Zank und Intoleranz. Demgegenüber
beinhaltet eine Kultur des Genug nicht nur
individuelle Zufriedenheit, sondern auch eine
stabile Basis für einen umfassenden Frieden.
Manfred Folkers ist seit 1995 Vorsitzender des Vereins „Achtsamkeit in Oldenburg“ und
seit 6 Jahren Mitglied des Rates der Deutschen Buddhistischen Union. www.samtusta.de
Dieser Text entstand als Vorbereitung eines Vortrags mit dem Titel „Suffizienz und Zufriedenheit
- Buddhistische Anregungen für eine Kultur des Genug“ (im Rahmen der Ringvorlesung zur
Postwachstumsökonomie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) (www.postwachstumsoekonomie.org). Der Text erschien im Winterheft 2015 von „Achtsames Leben - Das
Magazin für ganzheitliche Lebenskunst für Oldenburg und den Nordwesten“.
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
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Die Bedeutung des Gleichmuts in der Theravāda-Literatur
aus der Sicht eines Vipassanā-Meditierenden - Teil 1
von Michael Harbecke (Mai 2015) - Teil 1 von insgesamt 2 Teilen
Ein Überblick über die Rolle des Gleichmuts im emotionalen Leben eines Menschen,
der den Pfad des Dhamma betritt, kann aus
verschiedenen Gründen interessant sein. Im
Pāli-Kanon und in den späteren Kommentaren wird upekkhā als wichtiger Schritt in der
spirituellen Entwicklung an mehreren Stellen
und zu verschiedenen Zwecken dargestellt:
• Beim Aufbauen meditativer Konzentration entwickelt sich upekkhā allmählich
zu einem wesentlichen Faktor der Absorption (jhāna).
• Unter den Sieben Faktoren des Erwachens (bojjhanga) repräsentiert upekkhā
den letzten und höchsten Grad der Vervollkommnung.
• Als Teil der Vier Erhabenen Geistesverfassungen (brahmavihara) bildet
upekkhā das letzte und höchste Stadium.
Die Fähigkeit, angesichts der Höhen und
Tiefen des Lebens im inneren Gleichgewicht zu bleiben, gilt as Zeichen wahren
Gleichmuts.
• In der nachkanonischen Liste der zehn
Tugenden (pāramitā), wird upekkhā als
letzte und reinste Bodhisattva-Praxis
dargestellt, bei der es darum geht, sein
inneres Potenzial an guten Taten zum
Wohle anderer zu entwickeln und zu realisieren.
Dieser Aufsatz versucht, diese vier spirituellen Kontexte in denen der Gleichmut eine
entscheidende Rolle spielt, etwas genauer zu
beleuchten. In der Zeit der ersten Lehrreden
des Buddha war die Zahl seiner Schüler noch
gering und sein Fokus war ausschließlich darauf gerichtet, seine Schüler zu inspirieren und
anzuleiten, den direktesten Weg zu den höchsten spirituellen Errungenschaften wie die
meditativen Absorptionen (jhānas) und die
Erlangung der Erleuchtung (nibbāna) zu beschreiten. Als die Zahl seiner Schüler jedoch
stark anwuchs, scheint sich sein Fokus verlagert zu haben in Richtung auf eine längerfristige Perspektive über mehrere Lebenszeiten
hinweg. Dieser Aspekt wurde dann in den
späteren nachkanonischen Schriften immer
stärker betont, wobei es darum ging, zunächst
einmal die Grundlagen eines spirituellen Lebens wie die vier brahmavihara und die zehn
paramitā systematisch, entsprechend dem
Ideal eines Bodhisatta, aufzubauen. Parallel
zu dieser historischen Entwicklung wurde
die Funktion des Gleichmuts in der buddhistischen Literatur auch entsprechend unterschiedlich interpretiert.
1. Die Bedeutung des Gleichmuts beim Aufbau der Konzentration
Bei den Meditationsübungen entwickelt sich
die Konzentration (samādhi) stufenweise. In
Bezug auf die Atembetrachtung (ānapānasati)
unterscheidet ein in den Kommentaren übliches Einteilungsschema drei Stufen:
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1. Wenn ein Meditierender den Atem
achtsam und beharrlich beobachtet wie er
über den kleinen Punkt unterhalb der Nasenlöcher ein- und ausfließt, wird er bald ein
Stadium erreichen, in dem sein Geist immer
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
weniger abschwirrt. Dies ist das Mindestmaß
an Konzentration (khanika samādhi), das
man braucht, damit die eigentliche Praxis der
Vipassanāmeditation einen Reinigungseffekt
erzielen kann: ein stabilisierter Geist, mit dessen Hilfe man die Empfindungen im Körper
objektiv beobachten und gleichzeitig deren
veränderliche Natur des Entstehens und Vergehens verstehen lernt.
2. Wenn man den Atem ohne jegliche Unterbrechung für längere Zeit beobachtet, wird
man plötzlich eine Schwelle überschreiten
(upacara samādhi), nach der der Geist fast
gar nicht mehr von dem kleinen Punkt unter
der Nase abdriften will. Jetzt wird die Übung
leichter: die Hindernisse (nīvaranā) werden
schwächer und deshalb braucht es weniger
Kraft, den Geist auf diesem kleinen Punkt
ruhen zu lassen. Wenn der Atem feiner und
kürzer wird, entsteht oft ein Licht (nimitta),
was man als Zeichen verstehen sollte, dass die
Oberfläche des Geistes reiner wird.
3. Wenn man weiterhin den Atem beobachtet, wird man schließlich zu den Absorptionen (appana samādhi) der jhānas gelangen.
Jetzt fühlt es sich an, als ob Atem und Körper verschwinden würden, bis schließlich im
Bewußtsein des Übenden nur noch eine tief
gleichmütige Fixiertheit des Geistes übrig
bleibt.
In den Sutten sowie im Visuddhimagga und
den Kommentaren wird an den folgenden
Faktoren gemessen, welches jhāna erreicht
worden ist:
1. Die Bewegung des Geistes auf das Beobachtungsobjekt hin (vitakka).
2. Das aktive Festhalten des Objekts
(vicāra).
3. Freude (pīti).
4. Angenehme Empfindungen (sukha).
5. Gleichmut (upekkhā).
6. Ein passives Fixiertsein des Geistes auf
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
einen Punkt (citta ekaggatā).
So kann man vier fein-materielle rûpa jhānas
unterscheiden:
Erstes Jhāna: In diesem Zustand sind die
fünf Hindernisse inaktiv, so dass man jetzt
keine unheilsamen Absichten mehr formen
kann. Nur eine ganz feine geistige Bewegung
existiert noch (vitakka). Es herrscht ein intensives Gefühl von Glück vor (pīti und sukha).
Zweites Jhāna: Jetzt kommt jedwede
geistige Bewegung zum völligen Stillstand
(vicāra), so dass selbst heilsame Absichten nicht mehr geformt werden können. Das
geistig-körperliche Glück (pīti und sukha)
wird verfeinert, da auch upekkhā und citta
ekaggatā stärker geworden sind.
Drittes Jhāna: An diesem Punkt verschwindet die geistige Seite des Glücks (pīti),
wodurch jetzt drei Eigenschaften dominieren:
sukha, upekkhā und citta ekaggatā.
Viertes Jhāna: Schließlich verschwindet
auch noch die körperliche Seite des Glücks
(sukha), was zu einem noch subtileren neutralen Glücksempfinden führt. Selbst der
Atem bleibt für eine Weile stehen. So bleiben schließlich nur noch upekkhā und citta
ekaggatā übrig.
Die drei heute am weitesten verbreiteten Meditationstraditionen können nach der Bedeutung, die sie der Konzentration zuschreiben,
unterschieden werden: In Myanmar entwickelte Mahasi Sayadaw einen Ansatz, der ohne
die Konzentration als separater Übung, direkt
zur Vipassanapraxis geht. Im Gegensatz dazu,
heben Pa Auk Sayadaw und Ajahn Brahm die
Bedeutung der jhānas stark hervor. Heute ist
S.N. Goenka‘s Technik auch sehr populär geworden, die einen Mittelweg zwischen Konzentration und Weisheit anpeilt. Hier wird die
Konzentration auf den Atem als Vorübung für
24
die eigentliche Vipassanapraxis angesehen,
um den Geist zunächst zu beruhigen und zu
schärfen. Auf der Basis von khanika samādhi
werden dann allmählich in einem bestimmten Verhältnis, Konzentration und Weisheit
systematisch entwickelt, um die wahre Natur (dhamma) der geistigen und körperlichen
Phänomene analysieren zu können, was zu
einem immer tieferen Verständnis in die Vergänglichkeit (anicca), das Leiden (dukkha)
und das Nicht-Selbst (anatta) führt. Dieser
Weg beruht auf der Einsicht, dass die jhānas
allein nicht zur völligen Befreiung von den
tiefsten Unreinheiten des Geistes (anusaya
kilesas) gelangen.
2. Die Bedeutung des Gleichmuts als Faktor des Erwachens (bojjhanga)
An vielen Stellen der klassischen Lehrreden
des Tipitaka finden wir die Faktoren des Erwachens, die der Buddha zu verschiedenen
Gelegenheiten erläuterte. Im Samyutta Nikaya gibt es eine ganze Sammlung von Lehrreden unter dem Titel Bojjhanga Samyutta und
in der Satipaṭṭhāna Sutte gibt es ein Kapitel
zum selben Thema. Der Begriff bojjhanga
setzt sich zusammen aus bodhi + anga. Bodh
bedeutet Einsicht in die Vier Edlen Wahrheiten, anga bedeutet Faktor oder Teil. Bodhi +
anga (bojjhanga) kann daher als Faktoren des
Erwachens übersetzt werden.
Eine Metapher verdeutlicht die große Bedeutung und Funktionsweise dieser sieben Faktoren: ‚Genau so wie beim Giebel eines Hauses
alle Balken zur Spitze zeigen, sich der Spitze
hinneigen, sich in der Spitze treffen, genau
so neigt sich der Meditierende, der die sieben
Faktoren des Erwachens übt und kultiviert,
zum nibbanā.‘ Dieses Sich Neigen und Zusammentreffen in der Spitze zeigt den hohen
Grad der Wechselseitigkeit und die synergetische Natur dieser Faktoren an. In der Literatur werden sie dementsprechend immer in der
folgenden Reihenfolge erwähnt:
1. Achtsamkeit (sati),
2. Analyse des dhamma (dhammavicaya),
3. Energie (viriya),
4. Freude (pīti),
5. Ruhe (passaddhi),
6. Konzentration (samādhi), und
7. Gleichmut (upekkha).
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Die Maha Cunda Bojjhanga Sutte berichtet
von einem Vorfall als der Buddha selbst krank
war und um Hilfe bat. Während der Ehrwürdige Maha Cunda die bojjhangas rezitierte,
wurde der Buddha wieder gesund. Dies zeigt
nicht nur wie wichtig Dhammafreunde sind
sondern auch welche Heilkraft in diesen sieben Faktoren enthalten ist. Inspiriert von der
Reinheit und Perfektion des Dhamma entsteht
während des Praktizierens ein innerer Prozess, bei dem alle sieben Faktoren, einer nach
dem anderen, aktiviert werden.
Die Satipaṭṭhāna Sutte enthält Hinweise, wie
dieser Prozess in Gang kommt und zur Vollendung gebracht wird:
a) Zunächst müssen wir eine Bestandsaufnahme machen, d. h. uns Klarheit über
unseren momentanen Geisteszustand verschaffen um zu sehen, ob und zu welchem
Grad ein gewisser Faktor vorhanden ist.
b) Dann ist es wichtig zu erkennen, wie
und unter welchen Bedingungen jeder einzelne Faktor gefördert werden kann.
c) Schließlich beschreibt der Refrain
der Sutte die folgenden Punkte: Der Meditierende verweilt bei der Beobachtung
dieser Faktoren von innen und außen bis
sein Geist darin so tief verankert ist, dass
er dabei nichts mehr an geistigen oder körperlichen Phänomenen (nāmarūpa) festhält
und am Ende nur noch Achtsamkeit und
Verstehen übrig bleiben.
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Hier wird klar, dass das Ziel des Erwachens
nur dann erreicht werden kann, wenn der Meditierende ähnlich wie bei der Entwicklung
der Konzentration, allmählich in einen ununterbrochenen Prozess der Selbstbeobachtung
eintritt. Was bei diesem Prozess der Selbstbeobachtung zu tun ist, wird noch deutlicher,
wenn wir jeden der sieben Faktoren einzeln
betrachten:
1. Die Achtsamkeit wird hier zunächst
durch die bewusste Einhaltung der fünf guten Vorsätze (sīla) aktiviert. Der Rythmus der
morgendlichen und abendlichen Meditation
stabilisiert und fördert die Aufmerksamkeit
auf heilsame Geisteszustände und beugt damit gleichzeitig den fünf Hindernissen vor.
Vom ersten bis zum letzten Schritt besteht
der Kern dieser Praxis in der Verwurzelung
der Achtsamkeit im Organismus (nāmarūpa),
so dass das Denken, Sprechen und Handeln
immer mehr von einem klaren Bewußtsein
durchdrungen und damit transparent werden.
So bildet sati die Grundlage und die Nahrung
(āhāra-paccaya) für das Wachstum aller anderen Faktoren.
2. Je mehr sati im Bewusstsein verankert
ist, desto mehr werden die alltäglichen Erfahrungen vom Licht des Dhammas (vicaya) erhellt. Wer dazu noch regelmäßig die
Lehrreden des Buddhas aufmerksam studiert,
wird sein Leben immer mehr an den darin
enthaltenen Maßstäben orientieren. Wenn
wir Klarheit gewinnen über das Wesentliche,
was in einer bestimmten Situation notwendig
ist, führt dies unweigerlich zu persönlichem
Wachstum in Harmonie mit den Gesetzen des
Dhamma. Wir lernen genau zu unterscheiden,
welche Situationen förderlich und welche
nicht förderlich sind für unser Wachstum im
Dhamma.
3. Das geistige Durchdringen der notwendigen Bedingungen und Gefahren für das
Fortschreiten in der Meditation schärft aber
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
nicht nur die Achtsamkeit sondern mobilisiert
auch unsere Energie. Der gesamte Organismus wird aufgeweckt und die Selbstbeobachtung immer kontinuierlicher, sodass der
geistige Energiefaktor (viriya) zunehmend an
Kraft gewinnt.
4-5. Während sich die Energie aufbaut und
zu einem immer freieren Fluss durch den ganzen Körper entwickelt, erfährt man plötzlich
die völlige Auflösung verfestigter Strukturen von Körper und Geist (Bhaṃga). Dabei
entsteht eine innere Gewissheit jenseits aller
Zweifel darüber, das man auf dem rechten
Pfad ist. Diese Klarheit stärkt das Selbstvertrauen und produziert Freude (pīti). Jetzt,
wo alle Zweifel aus dem Weg geräumt sind,
haben wir ein klares Ziel vor Augen und arbeiten noch kontinuierlicher. Allmählich beruhigt sich die Freude und sie verwandelt sich
in einen immer feineren Zustand neutraler
Empfindungen, der mit einem tiefen Gefühl
des inneren Friedens verbunden ist. Der Körper fühlt sich sehr leicht an und der Geist versinkt in eine vorher nie gekannte tiefe Stille
(passaddhi).
6. In dieser Stille wird der Geist sehr konzentriert (samādhi). Da Körper und Geist zur
Ruhe gekommen sind, benötigt man immer
weniger Sauerstoff. So wird der Atem feiner
und feiner, kürzer und kürzer. Und dieser sehr
feine Faden des Atems ist die einzige körperliche Aktivität, die noch übrig bleibt.
7. Je tiefer die Konzentration wird, umso
tiefer wird auch der Gleichmut (upekkhā).
Wenn man auf dieser Basis das Entstehen und
Vergehen der Körperempfindungen betrachtet, dann erreicht man früher oder später den
Punkt, wo nichts als reine Achtsamkeit und
reines Verstehen übrig bleiben - frei von allen
Anhaftungen. In diesem Stadium ist es wichtig, sich selbst zu testen, ob man doch noch
an irgend etwas hängt oder nicht. Sobald man
tatsächlich alles losgelassen hat, ahnt man
26
vielleicht schon, dass man jetzt dem nibbāna
nahe gekommen ist.
Durch das wiederholte Reflektieren dieser
sieben Stadien erkennt man, dass dies in
Wirklichkeit eine Sequenz sich gegenseitig
unterstützender Bedingungen (paccayā) ist,
die das Wesen des gesamten Edlen Achtfachen Pfades ausmachen.
Jedoch kann dieser Prozess nur dann in Gang
kommen, wenn wir lernen, jeden Faktor mit
Achtsamkeit und Gleichmut zu entwickeln.
Im Feuer dieses Reinigungsprozesses verschmilzen alle sieben Faktoren schließlich zur
Erfahrung des nibbāna als dem erhabensten
Geisteszustand, zu dem ein Mensch fähig ist.
Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe vom Mittleren Weg (DMW-1/2016)
Aphorismen (Itivuttaka)
Übersetzt von Hellmuth Hecker
„Je nach ihrer Art verbinden und vereinigen sich die Wesen mit anderen Wesen: niedrig geneigte Wesen verbinden und vereinigen sich mit niedrig geneigten, trefflich
geneigte Wesen verbinden und vereinigen sich mit trefflich geneigten. Auch in der
Vergangenheit haben sich je nach ihrer Art Wesen mit Wesen verbunden und vereinigt. Und auch in der Zukunft werden sich je nach ihrer Art Wesen mit Wesen verbinden und vereinigen. Und auch in der Gegenwart verbinden und vereinigen sich je nach
ihrer Art Wesen mit Wesen.
Anschließen bringt den Wald hervor,
und Nichtanschließen holzt ihn ab:
Gleichwie man scheitert auf der See,
nach morschem Holze hascht, versinkt,
versinkt ein guter frommer Mann,
wenn er mit Trägem Umgang hat.
Darum umgehe, meide ihn,
den Trägen, der da kleinen Muts:
Mit Edlen, Abgeschiedenen,
in Schauung selig selbstversenkt,
energisch immer voller Kraft
mit Weisen leb zusammen man.“
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majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Hiroshima-Tag 2015 ~
Ansprache während der multireligiösen Andacht in der Ägidienkirche
am 06.08.2015
von Dagmar Dôkô Waskönig
Erinnern allein genügt nicht…
So lautet das Motto für diese Andacht. Die
Fähigkeit und die Notwendigkeit, sich zu erinnern, wird in der Buddha-Lehre in dem heute populär gewordenen Begriff Achtsamkeit
verwirklicht. Der dahinter stehende indische
Begriff Sati ist ja vielschichtiger und tiefgründiger, als dies hier weithin verstanden wird.
Auch ein Erinnern ist damit gemeint – und
zwar unter anderem in dem Sinne, dass jene
Gedanken, Gefühle und Handlungen, die man
einmal als unheilsam erkannt hat, die also
- kurz gesagt - ein friedliches und freundliches Zusammenleben der Menschen gefährden oder unmöglich machen, im Bewusstsein
gegenwärtig gehalten bzw. immer erneut
ins Bewusstsein befördert werden, nicht zuletzt im Prozess der Verarbeitung der eigenen
Lebenserfahrungen. Das gleiche gilt für die
gegenteiligen heilsamen Dinge, die so bewusster entfaltet werden können. Und dieses
Erinnern beginnt bereits dann, wenn entsprechende unheilsame oder heilsame Gedanken,
Motivationen oder Impulse im eigenen Geist
auftauchen, noch bevor sie in Handlungen
wirksam werden.
Solch ein fortlaufender und gewissermaßen vorausblickender Reflexionsprozess
scheint von besonderem Wert zu sein, nicht
zuletzt wenn wir die neuere deutsche oder
auch die japanische Geschichte betrachten. So kann sich im besten Falle eine gut
gegründete Klarheit des Herzens ausbilden,
die womöglich frühzeitig den menschenfeindlichen Entwicklungen entgegen wirken kann und nicht verführbar ist, wenn die
Gesamtsituation schwieriger wird. Natürlich
gibt es glücklicherweise auch ein spontanes
Mitgefühl angesichts feindlicher oder grausamer Geschehnisse. Doch scheint ein in der
angesprochenen Weise längerfristig geschulter und in seiner Haltung gesicherter Mensch
besser gewappnet zu sein in schwierigen
Situationen und Zeiten.
Der Atman-Glaube in heiligen Texten
von Hans-Wolfgang Schumann
Am deutlichsten wird der Atman-Glaube in
der - noch heute in Indien hochgeschätzten Bhagavadgita. Dort wird geschildert, wie sich
zwei Armeen auf dem Kampffeld gegenüberstehen: In beiden Armeen sind Angehörige
derselben Familie. Auf der einen Seite steht
auf seinem Streitwagen der Kriegsheld
Arjuna, sein Wagenlenker ist Krishna.
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Arjuna hat Bedenken, gegen seine
Familienmitglieder auf der anderen Seite zu
kämpfen, aber da erhebt sein Wagenlenker,
der Gott Krishna, die Stimme: Die Seele
(dehin) ist ewig, und so wie sie Jugend und
Altern durchlebt, so auch den Tod (BhG
2,13). Es gibt weder Tötung noch Getötete
(2,20); zur Trauer gibt es keinen Grund
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(2,27+30). Zudem bist Du ein Krieger, also
zum Kämpfen verpflichtet (2,31).
Nach einer 18 Kapitel umfassenden
Belehrung durch Krishna erklärt Arjuna „I
stand firm with my doubts dispelled. I shall
act according to Thy word“*. Wie die Sache
ausgeht, muss man vermuten - ein dürftiges
literarisches Ende der Geschichte. Ich halte
es nicht für unmöglich, dass der Buddha die
Story kannte; sie war damals - wie auch die
buddhistischen Texte - noch nicht niedergeschrieben, denn es gab noch keine indische
Schrift. Immerhin reichte die Handlung aus,
dem Buddha klarzumachen, dass der Glaube
an einen ewigen Atman unerfreulich ist - er
ermutigt zum Töten und führt, wenn man
selber getötet wird, zu höchst leidvollen
Wiedergeburten.
* “Nach Aussräumung meiner Zweifel bin ich gefestigt. Ich werde handeln gemäß deinen
Ratschlägen“. (Die Redaktion, siehe auch die Beiträge Seite 6ff und 10ff))
Veranstaltungen mit Ayya Mudita
Vortrag und Meditation (Freitag: 25.09.2015 von 19.00 bis 21.00 Uhr)
Die Edle Richtige Konzentration mit ihren unterstützenden Faktoren… (MN 117)
Die Glieder des Achtfachen Pfades greifen ineinander und stärken sich gegenseitig. Der
Fortschritt auf dem spirituellen Weg unterliegt Gesetzmäßigkeiten, hat Ziele und Methoden.
Es kommt darauf an diese zu nutzen.Teilnahme auf Spendenbasis. Bitte rechtzeitig anmelden.
Meditationsseminar (Samstag: 26.09.2015 von 10.00 bis 16.00 Uhr)
Die Entfaltung der Konzentration auf der Grundlage verschiedener Körperbetrachtungen
An diesem Übungstag soll der Fokus auf der Ruhemeditation liegen. Die Methoden, wie sie in
der MN 119, der Lehrrede von der ‚Achtsamkeit auf den Körper‘ aufgeführt sind, sollen uns als
Gerüst dienen. Die Praxis wird im Detail erklärt und angeleitet.
Hinweis: Die Pausen werden sehr knapp gehalten und es wird empfohlen für die Dauer des
Seminares in den Räumlichkeiten zu verweilen. Für die persönliche Versorgung bitte eine
Kleinigkeit zum Essen mitbringen.
Teilnahme auf Spendenbasis. Bitte rechtzeitig anmelden.
Vita:
Ayya Mudita, geb. 1962 in der DDR, ist seit 2000 buddhistische Nonne in der Theravada
Tradition. Sie erhielt die Höhere Ordination zur Bhikkhuni 2004 in Los Angeles. Acht Jahre
verbrachte sie in Klöstern in Bayern. Für die Vertiefung von Studium und Meditation praktizierte sie u.a. in Sri Lanka, Indien und Taiwan. Von 2010 bis 2013 trainierte sie hauptsächlich
in Thailand, lebt jetzt in Bad Pyrmont und leitet dort den „Sarana Dhamma-Treff“.
Veranstaltungsort:
Buddhistischer Bund Hannover | Drostestrasse 8, 30161 Hannover | Tel. 0511 3941756
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majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
Programm und Einladung - Fortsetzung von Seite 3
Auch das noch...
Nachrichten aus den Religionen und ihrem Umfeld
Nach anhaltender Kritik von Tierschützern
soll sich Thailands berühmter Tiger-Tempel
auf Anordnung der Behörden von seinen
Raubtieren trennen. Die Mönche seien angewiesen worden, die 147 dort lebenden Tiger
an Zoos oder Naturparks abzugeben, teilte
der Leiter der Naturschutzbehörde mit. Der
bei Touristen beliebte Luangta-Maha-BuhaTempel habe die Wildkatzen ohne entsprechende Genehmigung gehalten. Tierschützer
hatten die Mönche beschuldigt, mit bedrohten
Tierarten zu handeln.
HAZ 21.04.15
Unverheiratete dürfen nicht zusammen aufs Motorrad
Unverheiratete dürfen in einer indonesischen
Region künftig nicht mehr zusammen auf
dem Motorrad sirtzen. Dies entschied das
Parlament der Region North Ace im Norden
der Insel Sumatra. Die Entscheidung sei entsprechend den Vorschriften der Scharia ge-
fallen: „Unverheiratete Menschen, die eng
beieinander auf einem Motorrad sitzen, das
verstößt ganz klar gegen das islamische Recht
und kann zu sündigem Handeln führen.“ Von
dem Verbot wären Schätzungen zufolge mehr
als 500.000 Menschen betroffen.
HAZ 5.5.15
Hollywood-Star engagiert sich für Minderheiten in Myanmar
Hollywood-Star Matt Dillon will seinen
Prominentenstatus für gute Zwecke nutzen. Am Wochenende besuchte der New
Yorker in Thailands Nachbarland Myanmar
Internierungslager der dort verfolgten musli-
mischen Minderheit der Rohingya. „Wenn es
hilft, ein Schlaglicht auf eine der am meisten
verfolgten Minderheiten der Welt zu werfen,
mache ich so etwas gern“, sagte er gestern in
Bangkok.
HAZ 3.6.15
Zeugen Jehovas erringen Teilerfolg mit Verfassungsklage
Die Zeugen Jehovas haben vor dem
Bundesverfassungsgericht einen Teilerfolg
gegen das Land Bremen erzielt. Der
Religionsgemeinschaft geht es um die
Anerkennung als Körperschaft des Öffentlichen
Rechts und damit die Gleichstellung mit anderen Kirchen. Bremen lehnte das bisher ab –
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
doch Artikel 61 Satz 2 der Landesverfassung,
auf die sich die Ablehnung stützt, verstößt nach
Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts
gegen das Grundgesetz.
HAZ 12.08.2015
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Allen Wesen Glück und Frieden im neuen Jahr!
Nachrichten
aus
den Religionen
und abgeben
ihrem Umfeld
Thailands
Tiger-Tempel
soll Tiere
10.11.
Die. 19 h
Die sieben Glieder des Erwachens - wie am 06.10.
Tatkraft und Jubel – zwei weitere Erleuchtungsfaktoren
15.11.
Sonntag
10 - 16 h
Buddhistischer Sonntag mit Wolfgang Krohn, Hamburg
Thema: Gesund und munter durch Satipatthana (M 10 + 119)
Meditationstag - Vortrag, Gespräche und Körperübungen. Bitte leichte,
lockere Kleidung und etwas zum gemeinsamen Mittagessen mitbringen,
Tee wird gereicht - Empfohlener Beitrag: 20 € - bitte anmelden!
22.11. So 15 h
Tee - Nachmittag Buddhismus - wie am 27.09.
27 - 29.11.
Fr 19h - So 17h
Wochenend-Sesshin
mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig | Beitrag 80 €
01.12.
Die. 19 h
Die sieben Glieder des Erwachens – wie am 06.10.
Lindheit, Sammlung und Gleichmut als Glieder der Erwachens
04.12.
Fr. 19 - 21 h
Offenes Sitzen in Stille und Gespräch
mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig – wie am 18.09.
05.12.
Samstag
15 h
Buddhismus und Therapie | Vortrag von Dr. Matthias Ennenbach
Veranstalter: Buddhistische Gemeinschaft Chöling e.V.
Ort: Pagode Vien Giac, Karlsruher Str. 6, 30519 Hannover
Informationen: www.choeling.de; Teilnehmergebühr: 20 € zzgl. Spende
13.12.
Sa. 10 - 15 h
Was ist Achtsamkeit? | Vortrag und Übungen mit Hanna Woitzik
Teilnahme auf Spendenbasis – bitte anmelden
18.12. Fr.19-21h
Buddhismus kennenlernen - Chöling - Informationsabend wie am 11.09.
19.12.
Sa. 10 - 17 h
Gemeinsam einen Tag im achtsamen Verweilen verbringen
Meditative Übungen in Stille u. Bewegung mit Johannes – wie am 12.09.
20.12. So. 15 h
Tee - Nachmittag Buddhismus - wie am 27.09.
27.12.- 01.01.16
Sonntag 19h bis
Freitag mittag
Sesshin zum Jahresende
mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig Beitrag 180 €
Soweit nichts anders angegeben finden alle Veranstaltungen im Buddhistischen Zentrum,
Drostestr. 8, 30161 Hannover statt. Zur Kostendeckung wird um einen Spendenbeitrag gebeten.
Gäste sind willkommen. Außerdem wird dort auf andere Veranstaltungen hingewiesen, die unser
Interesse verdienen. Haftungsausschluss: Der Verein übernimmt keine Haftung für eventuell
auftretende psychische und/oder physische Schädigungen, die bei der Teilnahme an den Veranstaltungen auftreten können.
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majjhimâ - patipadâ 3- 2015
Regelmäßige BBH-Veranstaltungstermine in der Drostestr. 8
Gesprächskreis Buddha-Lehre
jeden Dienstag 19.15 - ca. 22.00 Uhr
Offener Kreis, auch für Interessierte ohne Vorkenntnisse
Meditation (19.25 - 20.00 Uhr), anschließend, ab 20.00 Uhr: Lesung buddhistischerTexte; Gespräche und Diskussion zur buddhistischen Praxis; Buddhismus in der
Gegenwart.
Meditation und Yoga
jeden Donnerstag 19.45 - ca. 22.00 Uhr.
Hatha-Yoga nach Shivananda, entspannte Sammlung, Atemberuhigung, Haltung und
Stille des Yoga und der Meditation, Gehmeditation. Bitte bequeme Kleidung und
nach Bedarf eine Übungsmatte /-decke mitbringen - (Teilnahme auf Spendenbasis /
Dana). Neue Teilnehmer/innen sind jederzeit willkommen, jede/r übt in Eigenverantwortung. Info: Sabine Reinsberg, Tel. 0511 - 400 86 36
Vipassana Meditation
jeden Donnerstag 18.00 - 19:30 Uhr.
Sitzen in Stille, Atembetrachtung, Gehmeditation, Erfahrungsaustausch.
Anfängerlinnen sind willkommen, eine Einführung ist möglich.
In diesem Fall bitte vorher anmelden unter: 0511 - 348 07 76 (Franz).
www.vipassana-hannover.jimdo.com
Zen Dôjô Shôbôgendô
Spirituelle Leitung: Zen-Meisterin Dagmar Dôkô Waskönig,
Info: www.shobogendo.de
Zazen: Montag:
20.00 Uhr
Mittwoch:
20.00 Uhr Jeden 1. Mittwoch im Monat, 19.00 Uhr: Einführung für Neue
Freitag:
19.00 Uhr (unregelmäßig, nach Absprache)
Info-Nachmittag Buddhismus
jeden letzten Sonntag im Monat, um 15.00 Uhr
buddhistische Orientierungshilfe, Dialog und div. Videos
Anfragen unter Tel. (0511) 47 14 09 (Bernd Weber)
Ansprechpartner/lnnen:
Rother Baumert Tel. 0511 - 40 66 88 Email: [email protected]
Michael Schmidt Tel. 05722 - 8 17 25 Email: [email protected]
Rajah Wirasekara Tel. 05722 - 8 11 52 Email: [email protected]
Dagmar Doko
Waskönig (Zen) Tel. 0511 - 86 48 71 Email: [email protected]
York-Victor Reith
Tel. 0511 - 6002306 Email: [email protected]
Internet:
www.buddha-hannover.de
: www.facebook.com/BuddhistischerBundHannover
majjhimâ - patipadâ 3 - 2015
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