Pädagogik Annett Sagert-Müller Zur Bedeutung der Körpersprache in der Lehrer-Schüler-Interaktion Examensarbeit Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen Zur Bedeutung der Körpersprache in der Lehrer-Schüler-Interaktion angefertigt im Prüfungsfach Pädagogik von Annett Sagert-Müller 09.07.2007 – 09.10.2007 Inhaltsverzeichnis Einleitung 4 1. Was heißt Körpersprache? 6 2. Das Kommunikationsmodell 9 2.1 Die vier Seiten einer Botschaft aus Sicht des Senders 2.2 2.3 3. 4. 10 Die vier Seiten einer Botschaft aus Sicht des Empfängers 12 Beispiele zur nonverbalen Kommunikation 14 Die visuellen Signale der Körpersprache 17 3.1 Gestik 18 3.2 Mimik 26 3.3 Blick 31 3.4 Körperhaltung 36 3.5 Proxemik 44 Ebenen und Funktionen der Körpersprache 51 4.1 Kommunikationshygiene 52 4.2 Kongruenz – Inkongruenz 53 2 5. 6. Körpersprachliches Ausdrucksverhalten der Schüler 54 5.1 Nebenengagement 61 5.2 Imagepflege 65 Nonverbales Kommunikationstraining in der Grundschule 66 6.1 Sensibilisierung 67 6.2 Übung 68 6.3 Reflexion 69 6.4 Anwendungsaufgaben 69 6.5 Fazit zum Trainingsmodul 70 Schlusswort 72 Literaturverzeichnis 74 3 Einleitung Narratives Protokoll vom 23.03.2007: L. (Lehrer) sitzt auf dem Stuhl am Lehrerpult. Die Schüler vergleichen ihre Hausaufgaben. L. schaut einzelne Schüler an und fordert sie durch Nicken auf, die Ergebnisse vorzutragen. L. steht auf, geht nach hinten und lehnt sich an die Wand. Schüler können sie nicht sehen, ohne sich umzudrehen. L. fragt: „Wer ist dafür, dass wir jetzt mit Kunst weitermachen?“ Schüler heben die Hand. L. wechselt den Platz und stellt sich vor die Klasse. L.: „Dann schließt jetzt bitte das Arbeitsheft!“ L. zieht dabei die Augenbrauen nach oben, Blickkontakt zu den Schülern besteht. M. beginnt andere Schüler am Tisch mit Papier zu bewerfen und singt dabei. L. reagiert, schaut mit zusammengezogenen Augenbrauen zu M. und sagt: „M., du hörst jetzt sofort auf, die anderen Schüler zu stören!“ M. ist still, sitzt auf seinem Stuhl, der Oberkörper ist leicht zur Seite geneigt. Der Kopf wird von der Hand gestützt. Die Augenbrauen sind leicht gehoben und die Mundwinkel verzogen. Beim Beobachten dieser Unterrichtssituation viel mir auf, wie hoch der nonverbale Anteil dieser Kommunikation war. Jede verbale Äußerung wurde durch Körpersprache unterstützt. Sie wurde in ihrer Aussage und Wirkung bekräftigt. Als der Lehrer beispielsweise auf die Störung des Schülers reagierte, verriet auch das Gesicht mit der Mimik das Ärgernis auf diesen. Die Augenbrauen waren dabei zusammengezogen, die Mundwinkel nach dem Sprechen hingen nach unten. Die Körpersprache unterstützte also die Verbalsprache verhielt es sich auch im umgekehrten Fall so? Nein! Der Lehrer und auch die Schüler konnten jeweils die Körpersprache des anderen verstehen. Auf die Frage des Lehrers, hoben die Schüler nur die Hand. Es bedeutete ein „Ja“. Ebenso wie der Lehrer nur durch Blickkontakt die Schüler zum Vorlesen auffordert. 4 Welche Bedeutung hat folglich die Körpersprache im Unterricht? Welche Wirkung zeigt sie in einer Interaktion, d. h. in einer wechselseitigen Beeinflussung von Lehrer und Schüler? Mit dieser Arbeit möchte ich die Körpersprache näher ins Bewusstsein rufen und die möglichen Bedeutungen ihrer Signale verständlich machen, um eine positive Auswirkung auf den gesamten Unterrichtsprozess zu erzielen. Aus diesem Grund liegt auch der Schwerpunkt dieser Arbeit auf den visuellen Signalen der Körpersprache, wie die Gestik, Mimik, Körperhaltung, Proxemik und der Blick. Vorweg wird jedoch der Begriff der Körpersprache erklärt und im Kommunikationsmodell näher beschrieben, denn jeder nimmt Botschaften individuell auf, verarbeitet sie und übermittelt sie dann weiter. Die Erläuterung des körpersprachlichen Ausdrucksverhaltens im Unterricht mit den verschiedenen Ebenen und Funktionen erfolgt im 4. Kapitel. Da ich es für sehr wichtig halte, dass nicht nur Erwachsene sondern auch Kinder eine bestimmte Kommunikationskompetenz in der Körpersprache erlangen, möchte ich abschließend ein Trainingsmodul für die Grundschule vorstellen. Die Schüler sollen dabei etwas Neues erfahren und Erkenntnisse über ihre eigene Körpersprache und die der anderen erzielen, um sie besser anwenden zu können. Aus Gründen der besseren Schreibökonomie wird im Folgenden auf die ausdrückliche Erwähnung der femininen Formen von „Lehrer“ und „Schüler“ verzichtet, wobei in solchen Fällen immer beide Geschlechter gemeint sind. 5 1. Was heißt Körpersprache? Die Körpersprache als eine Form der nonverbalen Kommunikation dient uns als Mittel zur Verständigung, ist teilweise angeboren und prägt sich weiter im Verlaufe des Lebens aus. Nonverbales Verhalten bestimmt unsere schiedenen Wahrnehmung Alltagssituationen. und Selten unser sind Handeln die in ver- Auswirkungen dadurch bewusst. Jedoch wird die Aufmerksamkeit stärker auf nonverbales Verhalten gerichtet, wenn wir in bestimmten Situationen versuchen, uns zu kontrollieren oder beim anderen dessen „wahre“ Absichten zu erkennen. Zu den verschiedenen Kategorien von Signalen der Körpersprache und somit der nonverbalen Kommunikation gehören beispielsweise der Blick, die Gestik und Mimik, die Körperhaltung, die Kleidung und auch unser räumliches Verhalten. Durch diese Signale werden Botschaften, wie emotionale Zustände, Einstellungen zu anderen Menschen und Äußerungen über das Selbst vermittelt (vgl. Argyle 2005, S. 13). Oftmals auch zur Unterstützung verbaler Äußerungen. Die Begriffe „Körpersprache“ und „nonverbale Kommunikation“ befinden sich ein einem engen Zusammenhang und werden häufig gleichzeitig verwendet. Den Unterschied dieser Begriffe stellt die folgende Übersicht dar: Kommunikation: unmittelbare interpersonelle Wahrnehmungsund Wechselwirkungsprozesse Nonverbale Kommunikation Verbale Kommunikation Vokale nonverbale Kommunikation (Paralinguistik) sprachbegleitende Formen, z.B. Betonung, Sprechpause nonvokale nonverbale Kommunikation („Körpersprache“) z. B. gestische, mimische, proxemische(Verhalten im Raum), taktile (Berührungsverhalten), olfaktorische (Geruchsverhalten) Formen; mittels Blickverhalten; mittels Körperhaltung undbewegung (insgesamt Gegenstandsbereich der „Kinesik“) selbständige Formen, z.B. Lachen, Seufzen 6 nonverbale Kommunikation i.weiteren Sinne (Artefakte) Abb. 1.0