Pressespiegel der Hochschule für Musik und Theater Hamburg ___________________________________ März 2011 (Pinneberger Tageblatt, 28. März) Ohrenschmeichler zum Finale Das war ein Saisonfinale nach Maß für den Kulturverein Pinneberg. Mit einem so amüsanten wie solide gesungenen Ohrschmeichler schickten Gesangsstudenten der Hamburger Hochschule für Musik und Theater Pinnebergs Klassikfans in die Sommerpause. Der Nachwuchs präsentierte die unterhaltsame Kammeroperette "Cendrillon" (Aschenputtel) des französischen Multitalents Pauline Viardot-Garcia (1821-1910) frisch, frech und musikalisch überzeugend vor rund 120 Zuhörern im Ratssaal. Das Alterswerk der zu ihrer Zeit als Sängerin, Pianistin und Komponistin gefeierten Frau, in deren Salon sich die Spitzen des damaligen Kulturlebens die Klinke in die Hand gaben, sprüht vor Ironie und Witz, besticht durch ohrfreundliche Harmonie und ausbalancierte Stimmführung. Dabei machten die sechs Sängerinnen und drei Sänger ihre Sache nicht nur stimmlich gut, sondern steigerten den Unterhaltungswert der Aufführung ganz erheblich durch ihre mimischen Einlagen: Mit offenkundiger Lust am Spiel kosteten Linda Joan Berg und Anna-Maria Torkel ihre Rollen als eitle, niederträchtige Stiefschwestern des braven "Cendrillon" aus. Auch als launige Samtpfoten in Rossinis "Katzenduett" machten sie eine exzellente Figur. Denn Viardot hatte in ihrer Operette auch der die Musik von Kollegen Platz eingeräumt: Im Rahmen des Balls am Hof des Prinzen konnten die Sängerinnen ihre Arien frei wählen. Und so kamen auch Mozart und Bizet zum Zug. Timo Rössner als pfiffiger Kammerdiener des umschwärmten Prinzen brillierte mit Selbstironie und Humor. Sein Duett als "falscher" Prinz mit dem Hochstapler und Cendrillon-Vater Baron de Pictordu (Ronaldo Steiner) - in Wirklichkeit ein Feinkosthändler, der sein Vermögen durch Betrug gemacht und sich den Titel gekauft hatte - gehörte zu den komischen Höhepunkten der Aufführung. Und war gleichzeitig ein schillerndes Beispiel für die deutliche Gesellschaftskritik, mit der die Komponistin Viardot ihr Alterswerk gewürzt hatte. In erster Linie waren es aber die gut geschulten jungen Stimmen, die die konzertante Aufführung trugen - allen voran "Cendrillon" Rebecca Reister mit ihrem warmen Sopran. 1 Dass das Publikum der Handlung trotz der französischen Sprache bequem folgen konnte, dafür sorgte die souveräne musikalische Leiterin Bettina Rohrbeck. Sie moderierte nicht nur die einzelnen Arien an, sondern dirigierte außerdem die Sänger und das vierköpfige Mini-Salonorchester mit Mitgliedern der Kieler Philharmoniker - und stemmte "nebenbei" den kompletten Klavierpart. (Hamburger Abendblatt, 25. März) Klassentreffen: Was macht eigentlich... Der Popkurs Hamburg gilt als Talentschmiede der Musikwelt, heute heißt es „Halbzeit" für den aktuellen Kurs. Und nun? Wir blicken zurück. Lernten sich beim Popkurs kennen: Revolverheld Foto: picture-alliance / Jazzarchiv/JAZZ ARCHIV HAMBURG „Wir sind Helden“ haben sich durch ihn kennengelernt. Er legte den musikalischen Grundstein für die Jungs von „Revolverheld“, und auch „Gisbert zu Knyphausen“ ist auf seinem Weg „nach Oben“ nicht an ihm vorbeigekommen. Die Rede ist vom Eventim Popkurs in Hamburg, ein so genannter „Kontaktstudiengang“ der Hochschule für Musik und Theater. Zwei mal drei Wochen im Jahr können junge Musiker hier Kontakte zu anderen Musikern knüpfen und gemeinsam experimentieren. Als Rahmenprogramm bekommen sie Instrumental- und Gesangsunterricht von erfahrenen Musikern und Theoriekurse in wichtigen Feldern wie Musikrecht, um in der Branche bestehen zu können. Und wenn die sechs Wochen dann rum sind, dann sind sie Popstars und landen ihren ersten Nummer Eins Hit. 2 Okay – das ist natürlich Unsinn. Kein Kurs der Welt kann ein Garant für Nummer Eins Hits sein, und das Ziel, Popstar zu werden, haben die wenigsten, die beim Popkurs anfangen. „Ich glaube, die meisten, die zu uns kommen, wollen vor allem rausfinden, was man aus ihnen rausholen kann. Das hat mit dem Wort Popstar erst mal nicht viel zu tun“, sagt Professor Anselm Kluge, der im Popkurs für Bass und Groove Unterricht verantwortlich ist. Auch Jost Nickel, der heutige Schlagzeuger von Jan Delay und ebenfalls Dozent beim Popkurs, ist aus anderen Gründen von dem Konzept überzeugt: „Man sollte nicht unterschätzen, wie viel man selbst organisieren muss“, sagt er. „Im Popkurs wirst du nicht an die Hand genommen und kriegst gesagt, mit wem du was zusammen spielen sollst, damit dabei etwas Großes entsteht. Das wäre auch falsch. Ohne Eigeninitiative geht’s im Musikgeschäft nämlich nicht.“ Ganz klar, dass dadurch manche erfolgreicher als andere in der Welt der Musik bestehen. Doch sieht man einmal genau hin, kann man zumindest sagen, dass zahlreiche Absolventen des Popkurses langfristig musikalisch aktiv sind – auf welche Weise auch immer. Wir blicken einmal zurück auf den Jahrgang 1993. Da wären... Die Rampensau Pierre Baigorry ist heutzutage besser bekannt als „Peter Fox“. Er erinnert sich gerne an den Popkurs: „Die Stimmung während des Kurses fand ich sehr angenehm – genau die richtige Mischung zwischen konzentrierter Ernsthaftigkeit und Komasaufen“, sagte er anlässlich des 25. Jubiläums des Kurses 2007. Baigorry ist heute einer der Köpfe der Dancehall/Reggae Gruppe Seeed. Sein Soloalbum „Stadtaffe“ war gemessen an den Verkaufszahlen im Jahr 2009 der erfolgreichste Longplayer in Deutschland. Das macht ihn auch zum berühmtesten Absolventen des Popkurses 1993. Das Glückskind Jan Uwe Leisse studierte schon vor der Station „Popkurs“ mehrere Semester am Berklee College of Music in Boston, Massachusetts – neben seinem Jurastudium, welches im Jahr 1993 gerade kurz vor dem Abschluss stand. Er spielte als Studio- und Tourneebassist und war besonders aktiv im Bereich Musical, wo er heute noch den Rekord hält, als einziger Musiker an allen Standorten der deutschen Produktion von Cats Bass gespielt zu haben. Vor rund zehn Jahren stieg Jan Uwe Leisse in die Kölner Anwaltskanzlei von Jürgen Grethler ein, wo er heute als Musikanwalt kleine Künstler wie internationale Stars in Vertragsfragen vertritt. Noch heute spielt er vereinzelte Studiojobs oder 3 als Vertreter Musicalshows , wie diesen Februar bei der Tourneeproduktion von Cats in Hamburg. Außerdem arbeitet er als Dozent in den Bereichen Musikbusiness und Vertragsrecht an zwei großen, deutschen Musikhochschulen. Der Hobbymusiker „Wenn du doch nur so spielen würdest wie du quatschen kannst.“ Dieser Satz von Gitarrendozent Peter Weihe hat Clemens Zoch beim Popkurs 1993 zu denken gegeben. Seine Erinnerungen an den Popkurs sind trotzdem positiv, denn er ist dankbar, diese Erkenntnis über sein eigenes Gitarrenspiel gewonnen zu haben. „Auch wenn es erst mal irritierend war.“ Sein großes Talent hat Clemens Zoch dann schließlich auch tatsächlich in der Welt der Worte gefunden: Er ist heute Online-Journalist beim Südwestrundrunk. Der Bastler Helge Dichanz hat sich im Popkurs weniger wohl gefühlt. Er ist Jazz-Schlagzeuger und hatte es schwer, die richtigen Kontakte zu knüpfen. „Es gab da so ein unterschwelliges Konkurrenzdenken, das fand ich sehr schade.“ Die fehlende Wärme im Umgang miteinander bemängelt Dichanz auch heute in der Jazzszene, in der er in seiner Wahlheimat, den Niederlanden, immer noch aktiv ist. Sowohl aus Schlagzeuglehrer, als auch als Musiker und Arrangeur. Auf der Suche nach den richtigen Becken ist Dichanz nach seinem Musikstudium zuerst nicht fündig geworden: Die Standardmarken der Musikläden waren zu laut und zu schwer. Im Internet fand er einen Schmied, der sich darauf spezialisiert hatte, selbst Schlagzeugbecken zu gießen, walzen und zu stimmen. „Das kann ich auch“, beschloss er, und machte sich als Beckenschmied selbstständig. Heute ist er in diesem Bereich weitestgehend Konkurrenzlos tätig. Der Rocker Christian Decker ist nach dem Popkurs Bassist der Rockgruppe Fury in the Slaughterhouse geworden, und hat mit ihr bis zu deren Auflösung 2008 auch international große Erfolge feiern können. Songs wie „Radio Orchid“, „Won’t forget these Days“ und „Time to Wonder“ sind fast jedem ein Begriff. Außerdem spielte er Studioaufnahmen für Künstler wie Patrick Nuo und Alphaville ein, und begleitete die Band seines Bruders Dominik, Marquess, bei Live-Auftritten. Heute steht Decker als Produzent und Komponist hinter der Band Schwarzrotblond aus Hannover und betreibt sein eigenes Tonstudio. 4 Die Freidenkerin Dörte Benzner hat beim Popkurs gemerkt, dass in Hamburg die Musik spielt, und daraufhin hier ihr Soloprojekt Lalah auf die Beine gestellt. Eigentlich ist sie Sängerin, doch für ihre Acoustic Electro-Pop Album „Ich wär so weit“, das zunächst in Deutsch, im Februar aber auch noch einmal auf Englisch erschienen ist, hat sie alle Instrumente selbst eingespielt. „Das habe ich mir selbst beigebracht“, erzählt sie. Anderthalb Jahre hat die Künstlerin in Los Angeles gelebt, jetzt ist sie zurück und hat in Hamburg ihr eigenes Studio. Die Musik bezeichnet sie als ihren Hauptberuf, auch wenn sie zugibt, bis heute nicht davon leben zu können. „Dafür müsste ich mehr auf Tour gehen, denn nur damit kann man heute noch richtig Geld verdienen“, sagt sie. Nebenberuflich arbeitet die gelernte Kommunikationsdesignerin deshalb als Grafikerin. „Aber ich bin glücklich“, sagt sie. „Schließlich bin ich mein eigener Boss.“ Der Vollbluttrompeter Lukas Fröhlich hat den Popkurs als Vorbereitung für ein Musikstudium im Jazzbereich gemacht und hat durchweg gute Erinnerungen an die Zeit. „Ich fand die Trennung zwischen Jazz und Popmusik, die es damals noch gab, nicht schlecht“, erzählt er. „Wir haben viele jazzspezifische Sachen gemacht, die mich echt weitergebracht haben.“ Fröhlich spielt Trompete und hat in den 90ern der Eule Buh in der Sesamstraße eine Stimme verliehen. „Das war ganz witzig: Da sagte der Produzent dann als Regieanweisung „Die Eule Buh spielt ein Schlaflied“ – und ich musste mir dann schnell was einfallen lassen“, erinnert er sich. Fröhlich steht mit Showgrößen wie Mousse T., den Boxhorns und Stephan Gwildis auf der Bühne und ist Kopf der Funkband Lucasonic. Der erfolglos Erfolgreiche Spätestens seit „Fleisch ist mein Gemüse“ kennt man Heinz Strunk, der eigentlich Mathias Halfpape heißt – auch wenn der Name erst einmal nicht mit Musik verbunden ist. Den Popkurs hat Strunk sogar zweimal besucht hat – 1984 und 1993. Sein autobiographisch angelegtes Buch mit dem raffinierten Titel erzählt von einem Musiker, der mit der Vision einer großartigen Musikkarriere im Kopf von einem Provinzschützenfest zum nächsten stolpert, ohne musikalischen Erfolg zu finden. Hat der Popkurs das nicht ändern können? Für Strunk hat das gar nichts damit zu tun. „In der Musik und künstlerischen Berufen allgemein gibt es sowieso immer nur einen ganz kleinen Anteil an Leuten, die wirklich erfolgreich werden. Ich würde diesen Kurs immer weiterempfehlen – es spricht 5 rein gar nichts gegen ihn!“ Sein Resümee des Kurses 1993? „Durch den Unterricht bei Peter Weniger habe ich erst begriffen, was Saxophonspielen eigentlich ist.“ Der Do-it-yourself-Mann Martin Lingnau wollte schon mit 15 Komponist werden und hat die Zeit, die andere auf dem Fußballplatz verbracht haben, in seinem mit Instrumenten vollgestellten Zimmer am Klavier verbracht. Für Lingnau galt immer „Learning by Doing“, der Popkurs ist für ihn eine der Stationen gewesen, wo er sein Wissen ausgebaut und aufgefrischt hat. Lingnau hat nach 1993 zahlreiche Musicals für Schmidt’s Tivoli und das Schmidt Theater komponiert, steckt hinter der Musik der Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen und schrieb den Score zum Musical „Der Schuh des Manitu“. Die Lehrende Angelika Görs erinnert sich noch lebhaft an Dozentin Edith Jeske, wenn sie an den Popkurs zurückdenkt. „Von ihr habe ich viel über das texten und reimen gelernt, das hilft mir heute noch oft, wenn ich selbst etwas schreibe“, erzählt sie. Die Sängerin und Gesangslehrerin arbeitet heute in Leverkusen und Köln. Mit Gesangsrepertoires aus den Bereichen Musical, Jazz und deutsche Chansons tritt sie auf Veranstaltungen auf, im Vordergrund steht aber ihre Arbeit als Gesangslehrerin. „Ich freue mich, wenn ich das, was ich kann, an andere weitergeben kann“, sagt Görs. „Es ist toll zu sehen, wie die Leute beim Singen aus sich herausgehen und Dinge an sich entdecken, die sie nie für möglich gehalten hätten.“ (Hamburger Abendblatt, 24. März) Debattieren, präsentieren, wetteifern Theaternachwuchs trifft sich beim Körber-Studio Junge Regie in der Gaußstraße Die Regiegeneration von morgen ist wieder am Zug. Eine Woche lang zeigen Studenten an den staatlichen Kunstuniversitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Inszenierungen im Thalia in der Gaußstraße. Zum achten Mal veranstaltet die Körber-Stiftung in Kooperation mit der Universität Hamburg und dem Thalia-Theater das Forum für den Schauspielregienachwuchs. Er stellt sich vom 25. bis 30. März beim Körber-Studio Junge Regie mit zwölf ausgewählten Produktionen der Öffentlichkeit, dem Fachpublikum und den Kollegen. Der künstlerische Austausch und die kritische Debatte zwischen den Teilnehmern gehört zum wesentlichen Aspekt der Plattform ebenso wie der 6 Wettbewerb. Wie schon im letzten Jahr ist dazu wieder eine europäische Hochschule eingeladen. The Danish National School of Theatre and Contemporary Dance zeigt "Johanna von Orleans" nach Friedrich Schiller. Das Programm bietet ein breites Form- und Themenspektrum vom antiken Stoff bis zum Doku-Stück "DreiLeben" von der Hamburger Theaterakademie. Das Symposium am Sonntag (27.3., 15.30 Uhr) zum Thema "Theaterspielflow" beschäftigt sich mit der "Freude als Basis schöpferischen Theaterschaffens". Zum Treffen gehört traditionell die tägliche Zeitung. Betreut vom Münchner Theaterkritiker C. Bernd Sucher sind wieder Journalistikstudenten an der Bayerischen Theaterakademie für die Publikation verantwortlich und eröffnen erstmals auch einen Blog ( www.koerber-studio.de ). Auf Wunsch der beteiligten Hochschulen wird die Jury-Diskussion über die Wahl des Preisträgers beim Finale am 30. März ab 21 Uhr öffentlich geführt. Der Gewinner erhält die Förderung einer Produktion an einem freien oder städtischen Theater. Im Vorjahr machte ein Kollektiv aus Hildesheim mit seinem Projekt "Vom Schlachten des gemästeten Lamms" das Rennen. Unter dem Label vorschlag:hammer präsentiert es nun am 4. April "Tears In Heaven" am Ballhaus Ost in Berlin. (-itz) (Die Welt, 22. März) Zersplitternde Identitätsspiegel Ensemble Resonanz, Amsterdam Sinfonietta und Solocellistin Sol Gabetta mit Werken von Michel van der Aa Es ist falsch, wenn einer sagt: ich denke. Man sollte sagen: es denkt mich... Ich ist ein anderer. Schlimm genug für das Holz, das als Geige erwacht", schrieb Arthur Rimbaud 1871. Die Spaltung des Ich - als magisches Ereignis im Volksglauben verwurzelt, bei Jean Paul, Heine, Hoffmann, Poe oder Dostojewski als Doppelgänger-Phantom dämonisch zugespitzt zieht sich wie eine fixe Idee durch das Schaffen des Niederländers Michel van der Aa, den das Hamburger Netzwerk "Klang!" als Composer in Residence einfing. Das ihm gewidmete, elbphilharmonische Wochenende auf Kampnagel bestätigte die Fama, die ihm vorauseilte: Leitmotiv seiner multimedialen Umtriebe ist die Selbstentfremdung des Menschen im Irrgarten der Datenbahnen und Medienkanäle. Ich ist ein anderer. Doch welch ein anderer? Die Antwort bleibt der Verwirr-Spieler natürlich schuldig. Seine Rolle ist die eines Indikators, der seine selbst entwickelte Software zur Koordination von Ton, Bild und Szene sinnigerweise "double A player" nennt. Übrigens entspricht der Doppelvokal seines Namens dem deutschen Wort Au oder Aue, 7 entstanden aus dem altdeutschen "aha" für fließendes Wasser. Fließend sind auch seine Multimedia-Spiele: endlose Spiegelungen des impulsgebenden Individuums, in denen sich seine Identität heillos verflüchtigt. Eine Erfahrung, die das Ensemble Resonanz mit der Amsterdam Sinfonietta teilt. Beide lösten seine Werkkonzepte mit Hingabe ein, wobei sich die Wahl-Hamburger vornehmlich Solostücken widmeten. Im virtuellen Duodram "Memo" (2003) verkehrte Konzertmeisterin Barbara Bultmann mit sich selbst, indem sie ihre Geigentöne mit einem Kassettenrecorder aufnahm und sich zuspielte. Sinngemäß verfuhren die Cellistin Saerom Park Foucher in "Oog" (Auge, 1995) und die Flötistin Liz Hirst in "Rekindle" (wieder anfachen, 2009). Ein komplexeres Klanggeschehen, changierend zwischen manischer Hetzjagd und depressivem Innehalten, entfachte die extrem intervallgeschüttelte Sopranistin Caroline Stein samt Ensemble in "Here [in circles]" (2002). Den Text dichtete van der Aa selber. Auch Töne, Regieanweisungen und VideoSequenzen seines Gesamtkunstwerks "Up-Close" (2010), Paradestück der glänzenden argentinischen Solocellistin Sol Gabetta mit der Amsterdamer Sinfonietta, tragen die Markenzeichen seiner Werkstatt. Hier begegnet die Solistin ihrem 50 Jahre älteren, rätselhaft zerfahrenen Ebenbild auf der Leinwand. Zuvor versenkten sich die Amsterdamer in die Abgründe der tragischen, in der "Lyrischen Suite" offenbarten Liebe zwischen Hanna Fuchs und Alban Berg, dessen Briefdokumente Jeroen Willems theatralisch, doch ohne Quellenangabe rezitierte. Dabei saß ihr Herausgeber Constantin Floros im Publikum. Ein Wort zu seinen Entschlüsselungen und zur englischen Übersetzung wären zumindest im Programmheft am Platz gewesen 8 (Die Welt, 21. März) Neue Töne, authentisch elektronisch Komponist Michel van der Aa im Porträtkonzert „Klang" mit Ausrufungszeichen und grafischem Drehmoment - unter diesem aufdringlichen Signet trat vor drei Jahren eine institutsübergreifende Projektgruppe unterm Schirm der Hochschule für Musik und Theater in Aktion. Ziel der Initiative war und ist es, den Menschen der Hansestadt Hamburg die Sinne zu öffnen für die Klangwelten lebender Komponisten. Nachhaltiger, sollte man hinzufügen, als es der stete Tropfen hauseigener Konzertreihen wie "das neue werk" des NDR oder das "Forum Neue Musik" der Hochschule vermag. ignalfaden im Netzwerk von "Klang!" ist in jeder Saison das Schaffen eines erwählten Komponisten, der sich hierzulande "Composer in Residence" nennt, während er oder sie in Nordeuropa schlicht "Hauskomponist" heißen. Nach den beiden Wahl-Parisern der Vorjahre - der Finnin Kaija Saariaho und dem griechischstämmigen Georges Aperghis - ging der Stab nun an den Niederländer Michel van der Aa. Seine Musik, besser gesagt seine elektronisch erwirkten Spiegelfechtereien und multimedialen Obsessionen - am Wochenende auf Kampnagel vom Ensemble Resonanz und der Sinfonietta Amsterdam authentisch in Szene gesetzt - werden uns für den Rest der Spielzeit stückweise erhalten bleiben. Im Gespinst der Klangnetzwerker, denen neben der Projektleitung und dem künstlerischen Beirat auch die Elbphilharmonie Konzerte, der NDR, andere Konzertgeber sowie der Musikverlag des jeweils residierenden Komponisten angehören, hat sich auch ein Schulprojekt namens "Klangradar 3000" verfangen. Als Vorspann zum "Porträt Michel van der Aa" des Ensembles Resonanz zeigte der Kurs "Darstellendes Spiel" des Heimgarten-Gymnasiums Ahrensburg, was ihm zu dessen Stück "Here [in circles]" klanglich und pantomimisch so alles einfiel. 9 (Hamburger Abendblatt, 19. März) Michel van der Aa: Der kann auch anders Der Niederländer gehört zu den begehrtesten Komponisten dieser Zeit - nun wird sein neues Stück auf Kampnagel uraufgeführt. Smart und gut: Michel van der Aa, 42, klassischer Komponist (Foto: Borggreve) Michel van der Aa passt nicht ganz in das Berufsbild eines Komponisten. Der Rahmen ist schlicht zu klein: Van der Aa, 42, hat eine Ausbildung zum Toningenieur abgeschlossen und an der New Yorker Filmakademie studiert. Der Niederländer bereichert seine Musik gern mit visuellen Momenten. Die Inspirationen des diesjährigen Residenz-Künstlers von "Klang!" stammen dabei aus diversen Kunstsparten. "Diese Woche ist es vielleicht eine Ausstellung mit moderner Kunst, kombiniert mit dem neuen Album von Radiohead, nächste Woche ein Film von David Lynch und eine Skulptur von Anish Kapoor. Das wechselt ständig." Van der Aa mag sich nicht festlegen lassen. Weder stilistisch noch inhaltlich. Deshalb ist es schwer, seine Handschrift zu beschreiben. Und doch gibt es wiederkehrende Momente im Schaffen des smarten Multimediakünstlers, der unter anderem bei Louis Andriessen studiert hat und heute zu den begehrtesten Komponisten seiner Generation gehört. Da ist etwa ein ausgeprägter Sinn für raffinierte Klänge und Sounds. Es gibt eine expressive Kraft. Und eine faszinierend rätselhafte Bildsprache. "Das Schöne an der Musik ist ja, dass sie so unspezifisch ist. Ein Film wirkt schon sehr viel konkreter - aber ich möchte dem Publikum nicht eine bestimmte Deutung aufdrängen, sondern Fenster öffnen, damit jeder seinen eigenen Zugang entwickeln kann." 10 Deshalb haben seine Filme häufig eine surreale Komponente. So wie in dem halbstündigen Stück "Up-Close", das am Sonntag auf Kampnagel uraufgeführt wird. Auf der rechten Seite der Bühne sitzt die Amsterdam Sinfonietta mit der Cellistin Sol Gabetta, auf der linken Seite läuft ein Film. "Wir sehen eine ältere Dame, sie ist das Alter Ego der Cellistin. Sie lebt zunächst in einer realistischen Umgebung, aber dann wird es abstrakter, und wir tauchen in ihren Kopf ein." In solchen Momenten bekommen Van der Aas Visionen mitunter albtraumhafte Intensität. Er kann aber auch anders. In "Memo" für Violine und Kassettenrekorder, beim Porträtkonzert des Ensemble Resonanz am Sonnabend zu erleben, treibt er die virtuosen Anforderungen so auf die Spitze, dass es fast schon komisch wirkt. (Hamburger Abendblatt, 14. März) Mal aufgeregt-chaotisch, mal einfach prägnant Regie-Diplomanden der Theaterakademie Hamburg inszenierten auf Kampnagel und reflektierten dabei ästhetische Trends und formale Vielfalt. Schauspielschüler der Theaterakademie Hamburg (Archivbild) Foto: HA / A.Laible Die Regie-Schauspieldiplome 2011 haben es wieder aufschlussreich bestätigt: Die Arbeiten der Nachwuchsregisseure an der Hamburger Theaterakademie reflektieren die ästhetischen Trends, die formale Vielfalt und die den einzelnen Künstler beschäftigenden Fragen. Ivna Zic beendete am Wochenende in der Kampnagelfabrik die Inszenierungsreihe mit ihrer Bühnenbearbeitung von Ivana Sajkos Roman "Rio Bar". Am Schicksal einer Frau zeigt die kroatische Autorin die individuelle Zerstörung, die Krieg in den Menschen anrichtet. Zic hat ein einfaches, doch prägnan- 11 tes Bild dafür gefunden: Der riesige Würfel auf der Bühne zerbirst (Bühne: Martina Mahlknecht). Sechs Performer übernehmen die Rolle der Heimatlosen, spielen mit den Wandstücken und Rollenwechseln beim direkt an die Zuschauer gerichteten Erzählen. Das Manko von Zics Inszenierung: Sie hat den schwierigen Text nicht auf einige zentrale Aspekte konzentriert und lässt ihre Akteure zu viel herumrennen. Aber: Ein aufgeregt-chaotischer Szenenverlauf vermittelt wenig vom inneren Chaos einer zerstörten Psyche. Dem Thema des Krieges stellten sich auch Zics Kollegen. Christopher Rüping entfesselte in "Jekyll/Hyde" den Kampf zwischen Gut und Böse in einer Person nach Robert Louis Stevensons bekanntem Roman. Das Bühnenbild von Jonathan Mertz demonstrierte plastisch die äußere Auflösung einer inneren Ordnung, die sich aber im Spiel wenig gefährlich zeigte. Ein Problem auch bei Anne Sophie Domenz. In Kleists "Penthesilea" ging die "Macht der Bilder" (Bühne: Saskia Senge) eindeutig auf Kosten der "Macht der Wörter". Die Balance zwischen Bild, Text und komödiantischem Spiel gelang am ehesten Paul-Georg Dittrich in seiner frechen Dekonstruktion der Offenbach-Operette "Die Banditen" beim Wirtschaftskrieg im Mafia-Mileu. (-itz) (Hamburger Abendblatt, 12. März) "Cognito"-Konzert mit Werken von Bach, Hertel und Arban Ein Duo mit Trompete und Klavier gestaltet das "Cognito"Konzert am Dienstag, 22. März, 20 Uhr, im kleinen Saal der "TriBühne" am Rathaus. Der Trompeter André Schoch und die Pianistin Julija Botschkovskaja spielen unter anderem Werke von Johann Sebastian Bach, Jean Français, Johann Wilhelm Hertel, George Enescu, Joseph Turrin, Anthony Plog und Jean Baptiste Arban. André Schoch, 23, studiert an der Hamburger Musikhochschule und ist festes Mitglied der Jungen Deutschen Philharmonie und des Orchesters des Schleswig-Holstein Musik-Festivals. Er spielt regelmäßig an der Hamburgischen Staatsoper und den Theatern in Oldenburg, Kiel und Schwerin und ist Solotrompeter im Gewandhausorchester Leipzig. Schoch ist mehrfacher Bundespreisträger von "Jugend musiziert" in den Fächern Klavier und Trompete. 2009 gewann er den YamahaStipendien-Wettbewerb, 2010 den Ritter-Preis der Oscar-undVera-Ritter-Stiftung. 12 (Hamburger Abendblatt, 8. März) Cäthe auf Tour mit dem Sommerhit-Sänger Pohlmann Das erste Mal treten Cäthe und Ingo Pohlmann am 9. März gemeinsam auf. Cäthe überzeugt mit ihren rotzigen, ehrlichen Songtexten. Sie gilt als neue Hoffnung an Hamburgs musikalischem Himmel: Cäthe. Während sie in den letzten Jahren bereits in den meisten Klubs ihre Duftmarken setzte und positiv auffiel, ist im Mai ihr erstes Album fertig. Endlich. Und es geht auf die Bühne: In der nächsten Woche erhält Cäthe prominente Unterstützung, der Pop-Musiker Ingo Pohlmann ("Wenn jetzt Sommer wär") geht gemeinsam mit ihr auf Tour. Cäthe überzeugt mit ihren rotzigen, ehrlichen Songtexten, ihr Album betitelte sie passend mit "Ich muss gar nichts", ihre erste Platte mit fünf Titeln heißt dagegen schlicht "Señorita". Das erste Mal treten Cäthe und Pohlmann am Mittwoch, 9. März, in der Fabrik (Barnerstraße) auf. Bevor die charakterstarke Frau die Bühne für sich entdeckte, jobbte sie übrigens unter anderem als Sexshopverkäuferin, Weihnachtsmann und Stuhlabbeizerin. Nachts schrieb sie wie besessen Lieder auf Deutsch - immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten für Auftritte. Ihr Weg führte sie 2006 nach Hamburg, wo sie einen Popkurs absolvierte. Und nun will sie hier nicht mehr weg. (Hamburger Abendblatt, 7. März) Wie hätte es Hundertwasser gemacht? Kulturstiftung Norderstedt lobt drei Schülerwettbewerbe aus, in deren Mittelpunkt das Werk des berühmten Künstlers steht Heike Linde-Lembke Pisa-Studie? Drill statt Lob? Das alles wären für Friedensreich Hundertwasser (1928-2000) wahre Gräuel gewesen. Der berühmte Künstler galt Zeit seines Lebens als "Enfant terrible". Seine Architektur hat Maßstäbe gesetzt, vor allem seine Bauten für Kindergärten, Schulen, Tankstellen und Toilettenhäuschen. "Wie würde Hundertwasser meine Schule gestalten?" lautet der Titel eines der drei Schülerwettbewerbe des MitmachProgramms "Hundertwasser bis 25", das die Kulturstiftung Norderstedt zu ihrer Ausstellung mit Werken Friedensreich Hundertwassers während der Landesgartenschau 2011 in der dann neu gebauten Norderstedter Musikschule am "Kulturwerk am See" konzipiert hat. Der zweite Wettbewerb fordert junge Komponistinnen und Komponisten unter dem Motto "Eine Suite nach Hundertwas- 13 ser" auf, nach Bildern in der Landesgartenschau-Ausstellung eine Suite zu komponieren. Den dritten Wettbewerb schreibt die Stadtbücherei im Rathaus aus. Die Bücherei bittet ihre jungen Leserinnen und Leser, Lesezeichen "In The Spirit of Hundertwasser" zu entwerfen. Abgabetermin ist der 2. Juli, die fünf besten Lesezeichen werden mit Buchgutscheinen von je 25 Euro belohnt. Außerdem bietet die Kulturstiftung noch zwei KreativWerkstattkurse in den Sommerferien für Jungen und Mädchen im Alter von acht bis zwölf Jahren an. Sie können unter Anleitung einer Künstlerin mit Lehm und Mosaiktechnik, beides von Hundertwasser bevorzugte Materialien, ein Objekt auf dem Gelände der Landesgartenschau bauen, das während der gesamten Schau erhalten bleibt. Die Kulturstiftung Norderstedt möchte mit diesen drei Wettbewerben Kinder und Jugendliche für die Kunst Hundertwassers und für die Ausstellung in der neuen Musikschule begeistern. Am Wettbewerb "Wie würde Hundertwasser meine Schule gestalten?" können sich alle Klassen aller Schulen beteiligen. Zugelassen sind Modelle, Collagen und Bilder. Der Wettbewerb ist in die Altersstufen der ersten bis vierten Klassen, fünften bis neunten und zehnten bis 13. Klassen aufgeteilt. Der bestplatzierte Entwurf je Klassenstufe gewinnt 500 Euro, der zweite 300 und der dritte 200 Euro. In der Jury sitzen die Norderstedter Künstler und Kulturpreisträger Ane Königsbaum und Thomas Behrendt, dazu neben anderen die Sozial- und Schuldezernentin Anette Reinders. Bis zum 15. Juni müssen die Modelle, Collagen und Bilder bei der Kulturstiftung eingereicht werden. Die Preisverleihung findet am 24. Juni in der Hundertwasser-Ausstellung statt. Dort werden die besten Arbeiten ausgestellt. Zu vier Hundertwasser-Werken in der Norderstedter Ausstellung soll eine Suite komponiert werden. Zugelassen sind Solobeiträge und Ensembles bis zu fünf Instrumenten, aber auch Vokalbeiträge. Die Suite sollte maximal zehn Minuten dauern. Mitmachen können junge Frauen und Männer im Alter bis zu 25 Jahren. In der Jury entscheiden unter anderem die Norderstedter Komponisten Bernd Leste, auch Kulturpreisträger der Stadt, und Werner Hagen, Professor der Hamburger Musikhochschule, mit Thomas Böttger, Komponist und Redakteur des NDR, über Platz und Sieg. Der erste Preis beträgt 1200 Euro, der zweite 800 Euro und der dritte 500 Euro. Einsendeschluss ist am 31. Juli. Uraufgeführt werden die Kompositionen in einem Preisträgerkonzert am 15. September. Unterstützt werden die Wettbewerbe mit einem Preisgeld von insgesamt 5500 Euro vom Lions Club Norderstedt-Forst- 14 Rantzau, den Volksbanken- und Raiffeisenbanken mit der Norderstedter Bank und dem Instrumentenbauer Yamaha. (Hamburger Abendblatt, 2. März) Erinnerung an historische Schuld Ein Kommentar von Hans-Juergen Fink Dass jetzt im Fall des Budge-Palais (heute: Musikhochschule) eine finanzielle Einigung mit den Erben des jüdischen Ehepaares Emma und Henry Budge offenbar bevorsteht, ist eine gute Nachricht. So bleibt der Stadt wenigstens an dieser Stelle der Makel erspart, weiterhin vom Nazi-Unrecht des testamentswidrigen Billigerwerbs im Jahr 1937 und der Feigenblatt"Wiedergutmachung" von 1952 profitieren zu wollen. Eine Paketlösung ist definiert, die auch eine Entschädigung für den aus dem Palais stammenden Spiegelsaal (heute im Museum für Kunst und Gewerbe) und eine historische Puppenstube enthält. Die Höhe der Entschädigung legt der neue Senat fest. Warum ist eine solche Entschädigung auch 66 Jahre nach Kriegsende notwendig? Weil während der Jahre der Judenvernichtung in den Nazi-KZs Hamburger zu Tausenden von "arisierten" Firmen und verlassenen Wohnungen sowie Hunderttausende vom Eigentum der zur Ermordung abtransportierten Juden profitierten, erworben als Schnäppchen bei Auktionen von jüdischem "Umzugsgut". Hamburg und viele seiner Einwohner haben damals eine Schuld aufgehäuft, die kaum thematisiert und nie wirklich abgetragen wurde. Ein klarer Umgang mit erkanntem Raubgut sorgt dafür, dass die Verbrechen von einst nicht im Nebel kollektiven Totschweigens verschwinden. Dieses Erinnern sind wir den Opfern schuldig. (Die Welt, 1. März) Romia und Juleo Shakespeare-Kaleidoskop in der Gaußstraße Im Thalia in der Gaußstraße hat der großartige Schauspieler Alexander Simon jetzt Regie geführt. Seine Darsteller sind Studenten der Theaterakademie, verhackstückt hat er "Romeo und Julia" von William Shakespeare. Das Ergebnis könnte "Romia und Juleo" heißen, denn fast jeder auf der Bühne darf mal fast jede Rolle verkörpern. Das geht sehr lange sehr gut. Ganz in Schwarz-Weiß gehalten sind Bühnenbild und Kostüme im Spielort Garage. Ein paar Luftballons hängen herum, 15 eine rollbare Stahltreppe und eine große Matratze sind das Mobiliar. Darin rattern die Romeos, die Julias, die Tybalts, die Mercutios, die Brüder Lorenzo die Texte als Schnipsel herunter, verzerren Handlung und Figuren kaleidoskopisch durch das Klischee hindurch bis zum Comic. Aber auch wieder zurück zur Figur. Und die paar aufrichtigen, stillen Momente, die sie dann haben, sind sehr schön. Das geht so, bis die Nachtigall der Lerche begegnet. Dann ist Schluss mit lustig, da kippt die Komödie bekanntlich in die Tragödie. Hier aber wird's tragisch verspielt, zerfleddert, in länglichem Unwohlgefallen aufgelöst. Simon kommt nicht vom Spiel mit methodischen Mätzchen runter. Kleine Unterstellung: Er schützt seine Studenten vor den schwierigen Momenten, in denen sie gezwungen wären, an oder gar über Grenzen zu gehen, etwas zu wagen oder von sich selbst ins Spiel zu werfen. Der bedauernswerte Nebeneffekt: Das Publikum wird in dieser Produktion von "Romeo und Julia" nie erfahren, was Wolfgang Erkwoh, Julius Feldmeier, Johanna Gerosch, Julia Goldberg, Sebastian Klein, Jessica Ohl, Dennis Pörtner und Felicia Spielberger wirklich können oder eben nicht vermögen. Symptomatisch der Schluss: Romeo versucht minutenlang vergeblich, das Gift wieder aus sich rauszuwürgen, als er sieht, wie Julia erwacht. Toll. Sie versucht, sich zu erdolchen, und als das nicht gelingt, sticht sie verzweifelt auf ihre Niere ein. Blöd. Drei der Darsteller erhielten nach der Premiere ein MiniStipendium von Studio Hamburg. Es hätte auch drei andere treffen können, aus dem guten Studentenensemble (Hamburger Abendblatt, 1. März) Studio Hamburg vergibt Stipendien an Nachwuchs Die Studio Hamburg FilmProduktion hat drei Jahresstipendien an Nachwuchsschauspieler vergeben. Ausgezeichnet wurden Julius Feldmeier, Dennis Pörtner und Julia Goldberg für ihre Leistung in der Produktion "Romeo und Julia" in der Regie von Alexander Simon im Thalia Gaußstraße. Bereits zum dritten Mal unterstützt die Produktionsfirma Studenten des Abschlussjahrgangs der Theaterakademie Hamburg mit einem Jahresstipendium von monatlich 400 Euro. 16