SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Prot von Kunow, Präsident der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft, gab heute, 20.08.15, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema „Brasilienbesuch der Kanzlerin“. Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 20.08.2015 Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marion Theis. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Ex-Botschafter Prot von Kunow: „Brasilien ist für uns ein wichtiger Partner“ Baden-Baden: Der Präsident der deutsch-brasilianischen Gesellschaft und frühere Botschafter in Brasilien, Prot von Kunow, hält die Reise der Bundeskanzlerin nach Brasilien für ein gutes Zeichen. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage, der politischen Lähmung aufgrund des gewaltigen Korruptionsskandals und des zerstrittenen Parlaments sei Brasilien für Deutschland ein wichtiger Partner, sagte von Kunow im SWR (Südwestrundfunk). Deutschland brauche Brasilien als Wirtschaftspartner und als politischen Partner auf der Weltbühne, in vielen Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes und der Vereinten Nationen. Deshalb sei es richtig, diesem Land in seiner schwierigen Lage und seiner politischen Krise zu zeigen, dass man es unterstütze und ihm wirtschaftlich helfe. „Ich glaube es ist ein guter Zug, jetzt diese Konsultationen durchzuführen“, so der frühere Botschafter wörtlich. Brasilien habe sich in den letzten Jahren sehr um den Schutz der Umwelt und des Regenwaldes bemüht; auch da könne Deutschland Brasilien bestärken, betonte von Kunow. Mit Blick auf den Klimaschutz und die geplanten Infrastrukturmaßnehmen im Verkehrsbereich sagte der Ex-Botschafter: „Die Brasilianer brauchen uns, und ich glaube, da können wir sehr viel zusammen machen.“ Wortlaut des Live-Gesprächs: Theis: In Brasilien gehen gerade jeden Tag Zehntausende gegen die Regierung auf die Straße. Die Leute wollen Präsidentin Rousseff loswerden. Herr von Kunow, ist es klug von der Bundeskanzlerin, in so einer heiklen Situation nach Brasilien zu reisen? von Kunow: Ja, es ist sicher klug. Man hat diese Reise schon zweimal verschoben aus politischen Gründen, Wahlen sowohl erst einmal in Deutschland, dann letztes Jahr in Brasilien. Und es ist in Brasilien natürlich eine schwierige Situation: Die Wirtschaft stagniert, geht sogar leicht zurück, das Bruttosozialprodukt wird dieses Jahr fast zwei Prozent zurückgehen, im nächsten Jahr wahrscheinlich auch wieder. Dazu kommt eine politische Lähmung aufgrund eines gewaltigen Korruptionsskandals. Das führt dazu, dass die Präsidentin in Brasilien in einer sehr schwierigen Lage ist. Das Parlament ist total zerstritten, auch mit ihr. Trotzdem ist Brasilien Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) für uns natürlich ein wichtiger Partner, sowohl im Umwelt- und Klimaschutz wie auch als Wirtschaftspartner und als politischer Partner auf der Weltbühne. Wir brauchen Brasilien in vielen Fragen der Vereinten Nationen und des Klima- und Umweltschutzes. Und da ist es natürlich besonders gut, dass man einem Land in so einer schwierigen Wirtschaftslage, in so einer politischen Krise zeigt, dass man ein Partner bleibt, dass man sich nicht sofort abwendet, wenn es eben nicht so gut läuft, wenn die Rohstoffpreise heruntergehen und deshalb die Wirtschaft leidet, wenn die politische Situation schwieriger wird, dass man eben dann als verlässlicher Partner da bleibt, das Land auch wirtschaftlich unterstützt, die deutschen Firmen dort unterstützt. Ich glaube, das ist ein kluger Zug, jetzt diese Konsultation durchzuführen. Theis: Sie sagen, es ist klug, die Regierung in Brasilien braucht Unterstützung. Andererseits, es gibt Menschenrechtsverletzungen, organisiertes Verbrechen, Korruption. Muss das dann von Merkel und ihren sechs Ministern, die sie begleiten, nicht unbedingt angesprochen werden? Oder ist das oberlehrerhaft? von Kunow: Man kann es durchaus ansprechen. Es ist ja, Brasilien ist ja eine freie Gesellschaft. Das wird in der Presse täglich angesprochen. Die Demonstranten sprechen das an. Die Politiker sprechen das an. Man kann über diese Fragen ganz offen sprechen. Theis: Man kann oder man muss? von Kunow: Man sollte es ruhig, denn das sind ja auch die Probleme, die das Land hat. Theis: Brasilien will ja seine Wirtschaft wieder in den Griff kriegen, das haben Sie schon angedeutet. Das ist auch im Interesse deutscher Unternehmer, die da gern mehr investieren müssten in der Konkurrenz zu China. Aber ginge das nicht zulasten der Umwelt? Weil Brasilien gehört ja jetzt schon zu den größten Klimaverschmutzern weltweit. von Kunow: Ja, da muss man sehen, dass Brasilien einerseits durchaus zu den Klimasündern gehört; andererseits zum Beispiel durch die Nutzung der Wasserkraft für die Elektrizitätserzeugung mit die sauberste Elektroenergie hat, dass Brasilien sich in den letzten Jahren, auch unter Präsidentin Rousseff, sehr engagiert für den Umweltschutz, insbesondere im Amazonas-Bereich sich für den Schutz des Regenwaldes eingesetzt hat. Und da können wir natürlich Brasilien durchaus bestärken und in der schwierigen wirtschaftlichen Lage vielleicht auch etwas unterstützen. Dann hat Brasilien fürchterliche Rückstände im Aufbau der Infrastruktur, ordentliche Verkehrswege, gut funktionierende Häfen und Flughäfen. Und da können wir wirklich hervorragend zusammenarbeiten. Da können wir etwas bieten, die Brasilianer brauchen uns. Und ich glaube, da können wir sehr viel zusammen machen. Theis: Um noch einmal zum Klimaschutz zu kommen: Es werden immer noch 5.000 Hektar Wald pro Jahr abgeholzt in Brasilien. Die deutsche Bundesregierung will Brasilien Entwicklungskredite von rund 500 Millionen Euro geben, vor allem für den Wald- und Klimaschutz. Ist das Ihrer Meinung nach sinnvoll angelegtes Geld? von Kunow: Ja. Der Abbau oder das Abholzen des Regenwaldes ist in den letzten zehn Jahren stark zurückgegangen. Die Regierung hat sich da wirklich viel Mühe gegeben. Es ist nicht einfach, weil natürlich auch der Druck der Bevölkerung da ist. In diesen Regenwaldgebieten wohnen immerhin 20 Millionen Menschen, die natürlich auch überleben wollen, die auch besser leben wollen. Und da muss man natürlich wahnsinnig helfen, dass das geschehen kann, ohne dass weiterhin Regenwald abgeholzt wird. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)