Landinformationen über Brasilien

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Brasilien
Brasilien ist der flächen- und bevölkerungsmäßig fünftgrößte Staat der Erde. Es ist
der größte und bevölkerungsreichste (rund 200 Millionen Einwohner) Staat
Südamerikas, von dessen Fläche er 47,3 Prozent einnimmt. Brasilien hat mit jedem
südamerikanischen Staat außer Chile und Ecuador eine gemeinsame Grenze.
Der Name Brasilien geht auf den portugiesischen Namen pau-brasil des BrasilholzBaumes zurück. Brasa bedeutet im portugiesischen „Glut“ und „glühende Kohlen“;
das Adjektiv brasil („glutartig“) bezieht sich auf die Farbe des Holzes, das, wenn
geschnitten, rot leuchtet (Brasilin) und in Europa zum Färben von Stoffen benutzt
wurde.
Geographie
Brasiliens Landschaft ist von ausgedehnten Regenwäldern des Amazonas-Tieflands
im Norden und Hochebenen, Hügeln und Gebirgen im Süden geprägt. Während die
landwirtschaftliche Basis des Landes im Süden und in den Savannengebieten des
Mittelwestens (Cerrado) liegt, lebt der Großteil der Bevölkerung in der Nähe der
Atlantikküste, wo sich auch fast alle Großstädte befinden. Brasilien hat zehn
Nachbarstaaten.
Der wichtigste Fluss ist der Amazonas, seine Wasserführung von 209.000 m³/s
macht ihn zum weitaus wasserreichsten Fluss der Erde, größer als die sieben
nächstkleineren Flüsse der Welt zusammen. Der längste Fließweg seines
Flusssystems misst 6448 km; in dieser Hinsicht wird er nur noch vom wesentlich
wasserärmeren Nil übertroffen.
Bevölkerung
Die brasilianische Bevölkerung ist sehr jung. 25 % sind unter 15 Jahre alt und nur 7 %
über 64 (Stand: 2014). Das mittlere Alter beträgt 30,7 Jahre, die mittlere
Lebenserwartung liegt bei 73,28 Jahren. Sie lag 2014 bei der männlichen
Bevölkerung bei 69,73 Jahre und bei der weiblichen bei 77 Jahren.
2014 betrug die Geburtenziffer 15 Neugeborene auf 1.000 Einwohner. Die
durchschnittliche Kinderzahl je Frau betrug 1,8. Die Sterbeziffer betrug 6 auf 1.000
Einwohner. In den ländlichen Regionen ist diese Zahl höher.
87 % der Bevölkerung lebten im Jahr 2014 in den Städten, die sich durch rasantes
Wachstum und Wildwuchs auszeichnen; in den Außenbezirken haben sich Favelas
(Armensiedlungen) gebildet.
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Ursprünglich vier Bevölkerungsgruppen bilden die brasilianische Bevölkerung. Sie
sind heute jedoch so umfassend vermischt, dass eine klare Zuordnung oft nicht mehr
möglich ist.
Diese Gruppen sind:
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
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die portugiesischen Eroberer und Kolonialherren
die Afrikaner/innen, die als Sklaven und Sklavinnen nach Brasilien verschleppt
wurden (Afrobrasilianer/innen)
verschiedene Einwanderergruppen, hauptsächlich aus Europa (Italien,
Deutschland, Spanien, Polen und Ukraine) und Asien (Japan, Korea, Libanon
und Syrien), die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Brasilien angesiedelt
haben.
die indigene Bevölkerung, vor allem der Tupi- und Guarani-Sprachfamilien
(200 ethnische Gruppen mit insgesamt etwa 500.000 Mitgliedern).
Indigene Bevölkerung
Die indigenen Völker in Brasilien lebten partiell von Jagd, Fischfang und Sammeln,
zudem von dem fragilen Ökosystem angepasster Bodenbewirtschaftung. Ein großer
Teil der einheimischen Bevölkerung starb im Zuge der europäischen Kolonialisierung
meist an eingeschleppten Krankheiten, aber auch infolge von Mord, Zwangsarbeit
oder durch Versklavung. Der Großteil der außerhalb des Regenwalds lebenden
Indios, insbesondere in den Städten, wurde, soweit er Gewalt und Epidemien
überlebte, assimiliert und vermischte sich mit der europäischen Bevölkerung. Von
schätzungsweise fünf bis sechs Millionen Indios in der Zeit um 1500 brach die
Bevölkerungszahl bis zum Jahr 1950 auf 100.000 ein.
100.000 bis 200.000 Indios leben heute in Städten, wodurch die indianische Kultur
zunehmend verloren geht. Es bestehen zwar zahlreiche Reservate im
Amazonasgebiet, doch leben nur wenige gemäß ihrer hergebrachten Kultur. Durch
die Abholzung des Urwalds wird ihr Lebensraum rapide zerstört. Minenarbeiter und
Goldgräber belasten nicht nur Flüsse und Böden mit schwerem Gerät und giftigen
Chemikalien, sie bringen auch Krankheiten und Gewalt. Der Regierung wird dabei
Mitschuld vorgeworfen, da Mörder nur selten strafrechtlich verfolgt werden.
Außerdem vergibt sie Genehmigungen zur wirtschaftlichen Nutzung von Gebieten
(z. B. zur Ölförderung), die von Indios bewohnt sind. Aufgrund dieser extrem
schlechten Erfahrungen meiden an die hundert Völker möglichst jeden Kontakt.
Demgegenüber steht die offizielle Rechtsposition der Indigenen in Brasilien. Bereits
1988 wurden ihnen als Folge der internationalen Debatte um die ILO-Konvention 169
in der Verfassung (Art. 231) weitgehende Rechte garantiert, die das traditionelle
Leben, die Selbstbestimmung sowie auch die Eigentums- und Nutzungsrechte an
ihrem Land enthalten. Dies ist auch auf den Einsatz des langjährigen SEI SO FREI –
Projektpartners und Romero-Preisträgers Bischof Erwin Kräutler zurückzuführen: Er
hat sich als Präsident des Rates für die indigenen Völker der brasilianischen
Bischofskonferenz für die Verankerung der Rechte der Indios in der Verfassung stark
gemacht. Ein 1987 als Autounfall getarntes Attentat, bei dem ein Mitbruder Bischof
Kräutlers ums Leben kam, ist in diesem Zusammenhang zu sehen.
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Sprachen
Das (brasilianische) Portugiesisch ist alleinige Amtssprache und für mindestens 97 %
der Bevölkerung Muttersprache. Die indigenen Sprachen werden nur noch von etwa
0,1 % der Bevölkerung gesprochen, dazu zählen Guaraní, Makú, Tupi und Gês.
Religionen
Laut dem Zensus des Jahres 2010 bekennen sich 64,6 % der Bevölkerung zur
römisch-katholischen Kirche. Dieser Anteil schrumpft seit Jahren immer weiter. Teile
des brasilianischen Katholizismus sind stark von afrobrasilianischen Traditionen
beeinflusst. 22,2 % der Bevölkerung sind Anhänger/innen evangelikaler Kirchen.
Gesundheitsversorgung
Da dem staatlichen Gesundheitswesen nur wenig Geld zur Verfügung steht, sind
viele Krankenhäuser stark renovierungsbedürftig und veraltet. Obwohl nur 15 % der
Ausgaben für Gesundheit in die Krankheitsprävention fließen, konnte die
Säuglingssterblichkeit seit 1970 um zwei Drittel gesenkt werden.
Ein Arzt bzw. eine Ärztin betreuen im Durchschnitt 633 Patient/innen. Besonders in
Amazonien ist die Gesundheitsversorgung mangelhaft. Es gibt nur in den großen
Städten Krankenhäuser. Die häufigsten Todesursachen sind Herzerkrankungen,
Krebs, aber auch Unfälle und Gewalt.
Politik
Brasilien wurde 1964 bis 1985 vom Militär regiert. In dieser Zeit litten vor allem die
Indios unter Menschenrechtsverletzungen, die Wirtschaft wurde zwar unterstützt,
gleichzeitig wurden jedoch große Prestigeprojekte (Transamazônica, das
Wasserkraftwerk Itaipú, das Kernkraftwerk Angra dos Reis, Autobahnen) angestoßen.
Folge dieser Politik waren eine hohe öffentliche Verschuldung und unrentable
Staatsbetriebe.
Die Verfassung aus dem Jahr 1988 gewährt der Bundesregierung weitgehende
Befugnisse. Der Präsident bzw. die Präsidentin wird für eine Amtsperiode von vier
Jahren direkt vom Volk gewählt. Seit 1998 ist eine einmalige Wiederwahl möglich.
Der Präsident bzw. die Präsidentin besitzt eine weitreichende exekutive Gewalt, ist
Staatsoberhaupt und Regierungschef/in und stellt das Kabinett zusammen.
Nach einer Übergangsbestimmung wurde 1993 ein Referendum über die Staats(Monarchie oder Republik) und Regierungsform (Präsidial- oder parlamentarisches
System) abgehalten Die Bevölkerung entschied mit jeweils großer Mehrheit (87 %
bzw. 69 %) für die Republik und ein Präsidialsystem. Im vierten Versuch wurde Luiz
Inácio Lula da Silva, genannt Lula, 2002 zum Präsidenten gewählt.
Seit 2011 ist Dilma Rousseff, Politikerin der gemäßigt linken, sozialdemokratischen
„Partido dos Trabalhadores“ (PT) Präsidentin. Korruptionsvorwürfe haben den
Regierungen von Luiz Inacio Lula da Silva und Dilma Rouseff große Probleme
bereitet.
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Hochrangige Politiker/innen der regierenden Arbeiterpartei (PT) sitzen wegen
Bestechungsverdachts in Haft. Präsidentin Dilma Roussefs Versprechen, den
Korruptionssumpf trockenzulegen, schenkt man in Brasilien kaum noch Glauben.
Verwaltung
Brasilien ist in 26 Bundesstaaten und einen Bundesdistrikt (Distrito Federal)
gegliedert. Diese sind in fünf Regionen aufgeteilt:
1. Mittelwesten (Região Centro-Oeste):
Goiás, Mato Grosso, Mato Grosso do Sul, Distrito Federal do Brasil.
Die Region verdankt ihre Bedeutung vor allem ihrem Reichtum an Rohstoffen.
Dennoch ist der Mittelwesten nicht besonders gut erschlossen. Es werden
aber intensive Bemühungen unternommen, die Region zu stärken, u. a durch
die Verlegung der Hauptstadt nach Brasília.
2. Nordosten (Região Nordeste):
Alagoas, Bahia, Ceará, Maranhão, Paraíba, Pernambuco, Piauí, Rio Grande
do Norte, Sergipe.
Knapp ein Drittel der Brasilianer/innen leben im Nordosten. Die Region ist
kulturell sehr vielseitig. Sie ist geprägt von der portugiesischen
Kolonialherrschaft, von der afrikanischen Kultur und nicht zuletzt von
indianischen Einflüssen.
3. Norden (Região Norte):
Acre, Amapá, Amazonas, Pará, Rondônia, Roraima, Tocantins.
Der Norden macht 45,27 % der Fläche Brasiliens aus. Gleichzeitig ist es die
Region mit den wenigsten Einwohner/innen. In dieser Region (Pará) ist
Bischof Erwin Kräutler tätig. Der Nordwesten ist industriell vergleichsweise
wenig entwickelt und nicht sehr gut erschlossen. Dafür beherbergt er mit dem
Amazonasbecken das größte Ökosystem der Erde.
4. Südosten (Região Sudeste):
Espírito Santo, Minas Gerais, Rio de Janeiro, São Paulo.
Im Südosten leben mehr Menschen als in jedem anderen südamerikanischen
Land. Mit den Ballungsräumen São Paulo und Rio de Janeiro ist diese Region
der wirtschaftliche Motor des Landes.
5. Süden (Região Sul):
Paraná, Santa Catarina, Rio Grande do Sul.
Der Süden ist die kleinste Region Brasiliens. Die klimatischen Verhältnisse
entsprechen etwa denen Südeuropas. Die Region zeigt deutliche kulturelle
Einflüsse von deutschen und italienischen Migrant/innen, die sich bevorzugt in
diesem Gebiet niederließen. Etwa 85 % der Bewohner/innen sind Weiße.
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Wirtschaft
Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von etwas mehr als 2.200 Mrd. USD (2013) ist
Brasilien die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das Pro-Kopf-Einkommen betrug
zur gleichen Zeit 15.200 USD (Platz 101 im Länderranking). Die wirtschaftliche
Struktur Brasiliens ist gekennzeichnet durch die Kernsektoren Dienstleistungen mit
ca. 65 %, Industrie mit 17 % und Agrarwirtschaft mit ca. 6,7 % BIP-Anteil. Hohe
Wachstumsraten,
Rekorde
bei
Außenhandel,
Investitionen
und
Beschäftigungszuwachs in den Jahren bis 2008 haben das wirtschaftspolitische
Interesse an Brasilien gesteigert. Seither stagniert Brasiliens Wirtschaft jedoch: Die
Wachstumsraten sind gering und teilweise sogar rückläufig.
Die Erwartungen der brasilianischen Regierung, dass die Fußball Weltmeisterschaft
2014 und die Olympischen Sommerspiele 2016 zu einem Wachstumsschub führen
würden, erfüllten sich nicht. Durch die Proteste vor und während der Fußball WM
wurde weltweit Kritik geäußert an der Geldverschwendung für sportliche
Großveranstaltungen.
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Durch die kostenintensive und umweltgefährdende Erschließung der 2008
entdeckten umfangreichen Rohöl- und Erdgasvorkommen an der südöstlichen
Atlantikküste, könnte Brasilien zum wichtigsten Ölstaat Lateinamerikas werden. In
seiner Energiepolitik setzt Brasilien weiters auf den Bau von riesigen
Wasserkraftwerken in Amazonien – mit unvorhersehbaren Folgen für das
(Welt)Klima, die Umwelt und die Indios. Alternative Energieformen wir Solar,
Biomasse oder Windkraft stecken in Brasilien hingegen noch in den Kinderschuhen.
Brasilien gilt als typisches Schwellenland. Einem teilweise hohen Grad an
Industrialisierung und einem zunehmend breiter werdenden Angebot an Gütern,
steht die immer noch starke Abhängigkeit vom Export von (agroindustriellen)
Rohstoffen gegenüber. Weniger als die Hälfte der Gesamtbevölkerung nimmt am
Wirtschaftskreislauf teil. Der offizielle Mindestlohn von 788,06 Brasilianischen Reais
(rund 210.- Euro) ist gerade in den ärmeren Regionen die Regel. Die Mehrheit der
Bevölkerung ist im informellen Sektor bzw. in der Schattenwirtschaft tätig. Teilweise
lebt sie am Rande des Existenzminimums in bitterer Armut. Rund 16 Mio.
Brasilianer/innen leben von weniger als 1 Euro am Tag. Es gibt zwei Brasilien die
Seite an Seite, existieren: das eine, ein Land von riesigem Potential, unbegrenzten
Möglichkeiten und unvorstellbaren Reichtum; das andere hingegen ein Land des
Mangels, des menschlichen Elends und der Verzweiflung.
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