Review Symposium - Karl-Franzens

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38. SOWI-Postgraduate Wirtschaftssymposium
26.10.2016 – Kultursoziologische Unterschiede zwischen Japan und Europa –
insbesondere zum deutschsprachigen Raum – und deren Einfluss auf die
Wirtschaft
Nach kurzen Grußworten durch Professor Stefan Trummer-Fukada, Universität
Kobe, folgt die Begrüßung durch Prof. Kiyomitsu YUI, Ph.D, Exekutive Direktor,
Centre for EU Academic Collaboration, Kobe University, der vor allem den
Studentenaustausch zwischen den Universitäten Graz und Kobe (23 Studenten
von Kobe in Graz bzw. 25 von Graz in Kobe) positiv hervorhebt.
Konsul KoR Mag. Volker Pichler, Vorsitzender des SOWI-AV, betont in seinen
Grußworten die Netzwerkstätte der Universität Graz und das daraus
hervorgehende erfolgreiche Austauschprogramm zwischen Universitäten.
Em. Univ.-Prof. DDr. Gerald Schöpfer, Universität Graz, spannt in einem äußerst
interessanten historischen Streifzug durch die Beziehungen zwischen Japan und
Europa den Bogen vom gegenseitigen Einfluss im künstlerischen Umfeld
(europäischer Jugendstil, japanische Malerei, Musik) hin zu zahlreichen
verbindenden Persönlichkeiten, allen voran Erzherzog Franz Ferdinand, Heinrich
Johann Maria Graf von Coudenhove-Kalergi, der eine Japanerin ehelichte, bis hin
zum Großprior Fürst Heinrich von und zu Liechtenstein. Besonders spannend waren die militärischwirtschaftlichen Beziehungen zwischen den steirischen Böhler-Werken und Japan. Nach dem zweiten
Weltkrieg gab es erstmals wieder 1953 diplomatische Beziehungen zwischen Japan und Österreich.
Generalkonsul a.D. Setsua Kosaka, Kobe, erläuterte in seinen Ausführungen die
kultursoziologischen und religiösen Unterschiede zwischen Japan und Europa
unter besonderer Berücksichtigung des deutschsprachigen Raumes. Dies wurde
vor allem durch seine persönlichen Erfahrungen in seinen Studienjahren in
Hamburg untermauert. Persönliche Erläuterungen des Umganges und der
Reaktion der japanischen Regierung auf den Atomunfall in Fukushima, der Einfluss
deutscher Literatur und Philosophie auf japanische Schriftsteller und die Darstellung des Ehrencodex
der traditionellen und historisch bekannten Samurai anhand einiger Beispiele rundeten die Sichtweise
der Gegensätze zwischen Japan und Europa ab.
Professor Vladimir Kreck, Ph.D., Center for EU-Japan Collaborative Education
(EJCE), Universität Kobe, zeigte sehr anschaulich die Kommunikationskultur in
Japan und den damit oft verbundenen Problemen des interkulturellen
Austausches. Östliche Interaktionsformen haben jahrtausende lange kulturelle
Tradition und sind „hochkontextualisiert“ und in diesem Sinne sagte bereits
Konfuzius: „Dankbarkeit des Menschen zeigt sich in der Bewegung des ganzen
Körpers“. Westliche Kommunikation beschreibt Prof. Kreck als „low context“
Kommunikationsverhalten definiert über Eigenschaften wie z.B. konkret, unmittelbar, präzise und
ganzheitlich. Diese unterschiedlichen Kommunikationskulturen bergen zahlreiche Risiken im
gegenseitigen Dialog. Interessant war zu hören, dass eine Studie des Japan Zentrums (LMU München)
zeigt, dass japanische Autoren von ihren Landsleuten fordern, sich schrittweise einer westlichen "lowcontext“-Kommunikationsform anzunähern, um international bestehen zu können.
Professor Masaki Kondo, Universität Kobe, beleuchtete das Thema
„Kultursoziologische Aspekte der Arbeitnehmervertretung in Japan und Europa“
aus den Perspektiven der Arbeitnehmervertretung, die ein Synonym für
Mitbestimmung darstellen. Er geht dabei näher auf die Entwicklung der
Verbandslandschaft, sprich der Gewerkschaften und auf das Parteiensystem als
Partei der Arbeitnehmer ein und zeigt die wesentlichen Unterschiede der
Entwicklung dieser beiden Dimensionen in Japan, Österreich und Deutschland in der Zeitspanne nach
dem 2. Weltkrieg auf.
Für Europäer absolut neues Terrain waren die Ausführungen von Professor Stefan
Trummer-Fukada, Universität Kobe, zum Thema „Schadensbegrenzung –
Entschuldigungsverhalten in der Öffentlichkeitsarbeit. Japanische Grußformen
haben die Funktion, Anerkennung auszudrücken und als Europäer sollte man den
Inhalt und den Modus einer Aussage aufgrund der Sprache, Mimik und Gestik zu
deuten wissen. Die klassische Entschuldigung in Europa erwartet Verständnis vom
Gegenüber, das japanische „Entschuldigung“ - „shazai“ hingegen ist der Versuch, dem anderen zu
vermitteln, dass man sich unterordnet, sozusagen aussagt: „Sie haben allen Grund auf mich böse zu
sein, ich verstehe das“. Das Augenmerk liegt auf den Gefühlen des anderen, die Schuldfrage bleibt
ausgespart. Sehr anschaulich war das Beispiel der Entschuldigung von Toyota im Zuge des
Abgasskandals, die in der westlichen Geschäftswelt sehr kontroversiell aufgenommen wurde.
Kultursoziologische Eigenheiten des japanischen Geschäftslebens waren das
Thema von Dr. Ingomar Lochschmidt, österreichischer Wirtschaftsdelegierter in
Tokio. Japan ist mit 1,5 Mrd. EUR Umsatz der zweitwichtigste Markt für den
österreichischen Export in der östlichen Hemisphäre. Oberstes Kredo ist das
Know-How über geschäftliche Gepflogenheiten in Japan wie z.B. die Betonung auf
das äußere Erscheinungsbild der Waren, präzise Planung der Prozesse, die
wiederum wenig Spontanität zulässt. In Japan ist ein Zugang zum Markt ohne Ansprechperson vor Ort
seiner Meinung nach unmöglich und der Handelsrat der österreichischen Botschaft steht für Seriosität
und Vermittlerrolle.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Foscht, Universität Graz, beleuchtete das Thema
„Marketing – Made in Japan“. Grundsätzlich sei Marketing „Denken mit dem Kopf
des Kunden“ wobei die Lieferung eines Wertes für den Kunden im Vordergrund
steht. Gerade in Japan ist eines der wichtigsten Punkte Vertrauen und Beziehung
zum Kunden aufzubauen und diese auch langfristig zu managen. Dies spiegelt sich
in den zahlreichen Marken wieder. Was nimmt der Kunde wahr, was stellt einen
Wert dar und wie hoch ist die Glaubwürdigkeit bzw. Authentizität eines Produktes. Sehr beeindruckt
waren die Symposiums Teilnehmer über die Vielzahl der weltweit bekannten Marken japanischer
Firmen.
HR-Direktor Mag. Dr. Markus Tomaschitz, MBA, brachte die Erfahrungen der AVL
List GmbH, Graz, die ihre ersten Japankontakte bereits im Jahr 1959 knüpfte, als
Praxisbeispiel ein. Im Gegensatz zur Kaufmannskultur Amerikas, wo schneller
Profit und persönlicher Reichtum im Vordergrund stehen, zur Handwerkskultur
Europas mit dem Wunsch etwas Dauerhaftes und Bleibendes zu schaffen, spricht
man in Japan am ehesten von einer Ingenieurskultur, mit dem Ziel, das technisch
optimale Ergebnis zu erzielen. Japan gilt in der Autoindustrie als Global Player, der als erstes Land
verstanden hat, auf die Kundenwünsche und Anforderungen mit einem extrem hohen Maß an
Perfektion einzugehen. Für eine europäische Firma in Japan ist es nach wie vor schwer, japanische
Mitarbeiter zu finden. Es gilt absolute Loyalität und permanenter Wille und Hartnäckigkeit zur
Weiterentwicklung und Optimierung der Prozesse auch im kleinsten persönlichem Umfeld. Japanische
Unternehmen entscheiden im Kollektiv, daher ist die fast permanent erscheinende Anwesenheit der
Mitarbeiter am Arbeitsplatz auch so wichtig. De fakto gibt es keine Arbeitslosigkeit und auch keine
Kündigungen in Japan. Zitat AVL: „Das machen wir nicht! Wir haben Zeit unseres Bestehens niemanden
entlassen! Für Unmotivierte finden wir Arbeit in einer anderen Abteilung.“
Das Symposium an der Universität Kobe zeigt sehr deutlich, dass der Titel „Kultursoziologische
Unterschiede zwischen Japan und Europa – insbesondere zum deutschsprachigen Raum – und deren
Einfluss auf die Wirtschaft“ viele spannende Fragen und Herausforderungen im interkulturellen
Geschäftsleben zwischen Japan und Österreich erkennen lässt.
Text: MMag. Silvia Dimitriadis, MBA
Fotos: Mag. Paulus Mayr
Graz, am 03.11.2016
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