islam - Fundus.org

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Heiko Schweizer <[email protected]>
12 FO3
Lonita Mosolygó
-I S L A M DER K A M P F U M D I E
R E L I G I O N
VON DER ENTSTEHUNG
BIS ZUM
“H E I L I G E N K R I E G”
IM IRAK
"Ich versichere hiermit, daß ich die vorliegende Arbeit selbständig verfaßt, keine anderen Hilfsmittel als
die angegebenen verwendet und sämtliche Stellen, die benutzten Werken im Wortlaut oder dem Sinne
nach entnommen sind, mit Quellenangabe kenntlich gemacht habe. Diese Versicherung gilt auch für
Zeichnungen, Skizzen und bildliche Darstellung etc."
................................................
Ort,
Datum
1.
Deckblatt
2.
Themen - Gliederung
2.1. Literaturverzeichnis
2.2. Quellenangaben
3.
Geographische Lage
1
...........................................................
Unterschrift
Heiko Schweizer <[email protected]>
4.
Der Prophet Mohammed und die Entstehung des Islams
5.
Der Islam - die Religion
5.1. Der Koran
5.2. Die Scharia
5.3. Hadith
5.4. Der Dschihad
5.5. Mullah
5.6. Die verschieden Abspaltungen und Gruppen des Islams
5.6.1. Schiiten und Sunniten
5.6.2. Aleviten
5.6.3. Sufismus
5.7. Die fünf Säulen des Islam
5.7.1. Schahada - Das Glaubensbekenntnis
5.7.2. Salat - Das tägliche Pflichtgebet
5.7.3. Ramadan - Das Fasten
5.7.3. Sakat - Die Armensteuer
5.7.5. Hadsch - Die Pilgerfahrt nach Mekka
6.
Der islamische Fundamentalismus
7.
Die Bedeutung des Islams im gesellschaftlichen Leben
7.1. Die Familie
7.2. Die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft
7.3. Feste und Feiertage des islamischen Jahres
7.4. Vergnügungen und Alkohol
7.5. Das Verhältnis der islamischen Gesellschaft zu Randgruppen
(Homosexualität und Prostitution)
7.6. Die Auswirkungen des islamischen Rechts auf das tägliche Leben
8.
Anhang
2
und
Materialien
Heiko Schweizer <[email protected]>
2. 1. Literaturverzeichnis
Hübsch, Hadayatullah
"Islam - 99"
Betzelverlag, Nienburg 1994
"Der Weg Mohammeds"
Reinbek bei Hamburg 1989
Golombek, Renate
"Der Islam"
Frankfurt am Main 1986
Meyer, Th.
"Fundamentalismus in der modernen Welt"
Frankfurt am Main 1989
Endresz, Gerhard
"Der Islam"
München 1997
Media Watch
"Der Heilige Krieg"
Köln 1996
Zentner, Christian
"Der Große Bildatlas zu Weltgeschichte"
Stuttgart 1992
Rotter, Gernot
"Die Welten des Islam"
Frankfurt am Main 1998
Spiegel - Verlag
"Rätsel Islam"
Hamburg
3
1998
Heiko Schweizer <[email protected]>
2.2. Quellenangaben
s. Golombek, Renate
"Der Islam " S. 62
s. Hübsch, Hadayatullah
"Der Weg Mohammeds" S. 17
vgl. Endresz, Gerhard
"Der Islam" S. 91 f
vgl. Media Watch
"Der Heilige Krieg" S. 11 ff
vgl. Spiegel - Verlag
"Rätsel Islam" S. 18 f und S. 110 f
vgl. Zentner, Christian
"Der
4
Große
Bildatlas
zu
Weltgeschichte"
S.
420
f
Heiko Schweizer <[email protected]>
4. Der Prophet Mohammed und die Entstehung des Islams
Geschichtliches
Seit dem 7. Jahrhundert bekennen sich immer mehr Menschen zum Islam. Heute bezeichnet sich ein
Fünftel der Menschheit als Muslime und diese Bevölkerung nimmt wie kaum eine andere auf der Welt
zu. Zum größten Teil leben sie im Gebiet von der Atlantikküste Nord- und Westafrikas und in West-,
Zentral- und Südasien. Muslime leben auch in Nordindien, Europa, Nordamerika und in Südafrika.
Die ersten wichtigen Zentren der moslemischen Welt waren vom 8. bis 10. Jahrhundert Damaskus in
Syrien; Bagdad im Irak und Cordoba in Spanien; sowie im 15. bis 17. Jahrhundert Istambul und Isfahan
in der Türkei; Buchara und Samarkand in Usbekistan und Delhi in Indien. Vom 19. Jahrhundert an
wurde das islamische Weltsystem (der sogenannte Orient) vom Westen (dem Okzident) durch den
Kapitalismus, die industrielle Revolution und die Aufklärung überflügelt. Der symbolische Zeitpunkt für
die spätere offensichtliche Übernahme der Führung durch den Westen war Napoleons Landung in
Ägypten im Jahre 1798. Von da an fielen westliche Armeen und westliches Kapital über die Länder der
Muslime her.
Auslöser für all diese Entwicklungen war unter Anderem das Leben und Wirken des Propheten
Mohammed, der um 570 n.Chr. in Mekka geboren wurde und 632 n.Chr. in Medina (beides im heutigen
Saudi-Arabien) starb. Er war Kaufmann und mit 25 Jahren heiratete er die sehr viel ältere Witwe
Chadidscha. Sie schenkte ihm drei Söhne und vier Töchter, von denen aber nur Fatima überlebte und
die Linie des Propheten fortsetzte. Als Mohammed etwa 40 Jahre alt war, erschien ihm der Erzengel
Gabriel und befahl ihm, Gottes Botschaft zu verkünden. Fortan verstand sich Mohammed als Prophet
und Warner. Er beschwor die Einwohner Mekkas, sich von der Vielgötterei abzuwenden und nur noch
den einen, wahren Gott anzubeten. Das jüngste Gericht, der Tag der Abrechnung, sei nahe. 622 ging der
Prophet mit seinen Getreuen nach Jathrib (später Medina = Stadt des Propheten). Mit dieser Emigration,
der Hidschra (= Reise), beginnt die islamische Zeitrechnung. Die folgenden Jahre waren von
gewaltsamen Unternehmungen geprägt. Da Mekka von den Heiden beherrscht wurde, war Mohammed
gezwungen, die Stadt zu erobern und dabei die Juden zu vertreiben. Nach dem siegreichen Einzug in
Mekka verschonte Mohammed die Bevölkerung wie versprochen; die Kaaba (“Haus Gottes” - das
zentrale Heiligtum der Muslime) reinigte er jedoch von Götzenbildern und anderen Kultsymbolen. Bald
nachdem auch die südarabischen Stämme zum Islam übergetreten waren, erkrankte der Prophet und
starb.
5
Heiko Schweizer <[email protected]>
5.
Der Islam - die Religion
Islam - das arabische Wort bedeutet “Ergebung” in den Willen Gottes. Vom selben Wortstamm
abgeleitet ist Muslim - “der sich Ergebende”. Das Bekenntnis zum Islam lautet: “Es gibt keinen Gott
außer Gott und Mohammed ist sein Prophet.” “Allah” heißt nichts anderes als Gott. Das Zeugnis schließt
einen strenges Bekenntnis zum Monotheismus und der Prophetenrolle Mohammeds ein.
5.1. Der Koran
Der Koran (-”die Lesung”) ist die heilige Schrift des islamischen Glaubens. Er gilt als die letzte und
verbindliche Offenbarung Gottes, die der Prophet Mohammed in der Zeit zwischen seinem 40.
Lebensjahr und seinem Tod im Jahre 632 empfing. Nach muslimischer Überzeugung ist der Koran das
unmittelbare Wort Gottes, der Prophet lediglich sein Sprachrohr. Er vervollkommnet und berichtigt damit
alle vorherigen heiligen Bücher für alle Zeiten. Das Dogma von der Unmittelbarkeit und
Unnachahmlichkeit, das sich auf Inhalt, Stil und (arabische) Sprache gleichermaßen bezieht, leitet sich
nicht zuletzt daraus ab, daß der Prophet gemäß der Überlieferung des Lesens und Schreibens
weitgehend unkundig gewesen sein soll. Der Koran ist in 114 Kapitel (Suren) unterschiedlichen Umfangs
unterteilt, die wiederum aus einzelnen Versen bestehen. Die Anordnung der Suren erfolgt aber nicht in
der Chronologie der Offenbarung, sondern nach deren Länge. Diese Eigenart ist auf eine erst ca. 25
Jahre später erfolgte Sammlung und Niederschrift der einzelnen mündlichen Überlieferungen
zurückzuführen.
Die Bedeutung dieses heiligen Buches für die Muslime ist umfassend und durchdringt nahezu alle
Lebensbereiche. Die Gebote des Korans beeinflussen nicht nur das religiöse, sondern auch das
gesellschaftliche Leben in starkem Maße. So sind die juristischen Verse des Korans die wichtigste
Quelle des islamischen Rechtes - der Scharia. Dennoch sind keineswegs alle heutzutage von Islamisten
geforderten Vorschriften eindeutig aus der Überlieferung herauszulesen. Diese Deutungsbedürftigkeit
der Korantexte ließ es schon früh zu einer großen Bandbreite verschiedener Korandeutungen und auslegungen kommen und selbst heute sind verschiedene Vorschriften des Korans nicht eindeutig
ausgelegt
wie
z.B.
das
generelle
Verschleierungsgebot
für
Frauen.
6
Heiko Schweizer <[email protected]>
5.2. Die Scharia
Die Scharia ist die Lebens- und Rechtsordnung der Muslime und basiert wie schon erwähnt auf dem
Koran. Sie wurde über drei Jahrhunderte hinweg von islamischen Theologen und Rechtsgelehrten, den
Ulama entwickelt. Ulama heißt “Wissender”. Sie haben islamisches Recht, islamische Theologie und
arabische Sprache studiert. Als Zeichen ihrer Würde tragen viele Ulama einen schwarzen Mantel und
einen weißen Turban. Im Laufe der Zeit haben die Ulama mit Hilfe des Korans verschiedene Gesetze
entwickelt, die in der Scharia zusammengefaßt sind. In ihr sind zum Beispiel Regeln und Vorschriften
zum Ehe- und Scheidungsrecht, zum allgemeinen Strafrecht, zum Krieg und zur Sklavenhaltung
festgelegt. Die Ulama müssen konkrete Einzelfälle entscheiden, für die sich keine göttlichen oder
prophetischen Festlegungen finden lassen. Das trifft für die Mehrzahl der Fälle zu. Sie urteilen und
handeln jedoch nur nach ihrem Wissen und der Auslegung des Korans und der Scharia, d.h. sie können
nicht sicher sein , den göttlichen Willen in jedem Falle zu erfüllen. Aus diesem Grunde sind in der
islamischen Rechtsprechung auch durchaus mehrere unterschiedliche Meinungen gleichberechtigt
zugelassen.
Da in der Scharia jedoch vor allem die Belange des persönlichen und religiösen Lebens sowie die Sitten
und Gebräuche festgelegt waren und weniger die Bedürfnisse des Staates, der Verwaltung und des
Fiskusses geregelt waren, wurde die Scharia in vielen moslemischen Ländern seit dem 16. und 17.
Jahrhundert zunehmend durch europäische Rechtsnormen verdrängt. So ging mit dem Vordringens
westlicher Wissenschaften und der Aufklärung zu Beginn des Jahrhunderts die Bedeutung der Ulama
zurück. Erst in letzter Zeit wächst vor allem in den moslemisch - fundamentalistischen Länder ihr Einfluß
wieder. So scheint es den Islamisten, die die Wiedereinführung der Scharia fordern, vordergründig nur
um die drastischen Strafandrohungen und die Herabsetzung der Frau zu gehen. Das komplexe und
komplizierte Rechtssystem der Scharia und dessen hohe juristischen Qualitäten oftmals kaum oder gar
nicht vertraut.
5.3. Hadith
Hadith bedeutet “Gespräch” oder “Mitteilung”, wird aber speziell als Bezeichnung für die Überlieferung
der Taten und Aussprüche des Propheten verwendet. Der Hadith ist neben dem Koran die zweite Quelle
des islamischen Rechts und ist in seiner Bedeutung diesem nahezu gleichwertig. Hadith ist eine
Richtschnur für ein gottgefälliges Leben und dient dazu, die Lebensgeschichte Mohammeds als Vorbild
für die Nachwelt zu erhalten. Da die Autorität und Glaubwürdigkeit des Propheten das Wichtigste war,
wuchs auch die Zahl der von ihm überlieferten Aussprüche drastisch an. Dies hatte zur Folge, daß später
etwa bereits eine halbe Millionen Hadithe im Umlauf waren. Erst im 9. Jahrhundert wurde das Anfangs
mündlich weitergegebene Material systematisiert und aufgezeichnet. Von all den zu diesem Zeitpunkt
verfaßten Hadithen - Sammlungen wurden von den Sunniten schließlich sechs als verbindlich anerkannt.
Die wichtigste ist die des Buchari (810 - 870). Jeder einzelne Hadith besteht aus zwei Teilen: der Kette
der Überlieferer und dem eigentlichen Text. Einzelne Wissenschaftler betrachten bis zum Beweis des
Gegenteils mehr oder minder alle Hadith - Überlieferungen als Fälschung.
Die Schiiten hingegen haben eine eigene Hadith - Literatur, die im Wesentlichen aus vier Büchern
besteht. Sie akzeptieren nur solche Überlieferungen, die auf Ali, den Schwiegersohn Mohammeds und
Ahnherren der Schia, zurückgehen. Wegen dieser fundamentalen Differenz hat die Beschäftigung mit
dem Hadith in der islamischen Welt bis heute ihre Brisanz behalten. Die Auseinandersetzung um die
richtige Auslegung der Überlieferungen nimmt immer wieder zu, wenn sunnitische oder schiitische
Autoren der jeweiligen Gegenseite die Fälschung der Hadithe nachzuweisen versuchen.
5.4. Der Dschihad
Unter Dschihad versteht man das individuelle “sich anstrengen, sich bemühen”. Damit ist der
kämpferische Einsatz von Besitz und Leben jedes Muslims im Kampf um die Verbreitung des
islamischen Glaubens und der Prophetenrolle Mohammeds gemeint.
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Heiko Schweizer <[email protected]>
Der Dschihad - der heilige Krieg - bedeutet aber keinen Krieg im üblichen Sinne. Es geht vielmehr um
einen aufopferungsvollen und risikoreichen “Gottesdienst unter Waffen”. Nur als Volljähriger darf man
dem Aufruf von Privatleuten, die die nötige Autorität haben, oder Vertretern der politischen Gewalt zum
Dschihad folgen. Der Staat als solcher ist dazu nicht nötig. Der Dschihad als “Heiliger Krieg” ist nur dann
gerechtfertigt, wenn die Gegner Nicht - Muslime, nicht mehr als Muslime zählen oder vom Glauben
Abgefallene sind (Apostaten). Der Kampf dient der Unterstützung und Stärkung sowie der Erweiterung
der moslemischen Glaubensgemeinschaft, der Umma. Wer an den einen, wahren Gott glaubt und sich
dazu bekennt, daß Mohammed sein Prophet ist, der gehört der “umma mohammedija”, der Gemeinde
Mohammeds an. Damit ist er ein Teil der Gesamtheit der Gläubigen. Sprache, Rasse, Nationalität und
die Zugehörigkeit zu den unterschiedlichen religiösen Ausprägungen oder Rechtsschulen des Islams
spielen keine Rolle. Ob ein Mensch als Muslim in Saudi-Arabien, Gambia, Indonesien oder Deutschland
lebt - der Islam macht ihn zuallererst zum Teil der Gemeinschaft der Muslime. Von den Asketen, später
auch von den Sufis (Sufismus), wurde der Dschihad schon früh im übertragenen Sinne als “innerer
Kampf” des Frommen gegen die bösen Kräfte der eigenen Psyche (Haß) verstanden. Es ist jedoch
falsch in diesem “geistigen” Dschihad das eigentliche Ziel von Koran und Propheten zu sehen:
Vorrangig, wenn nicht ausschließlich, ging es um den individuellen Einsatz im Kampf für die Verbreitung
des Glaubens.
"Wie wichtig für die Rechtgläubigen der Dschihad ist, möge das folgende Zitat aus dem Buch von Laffin
erläutern: `Der Dschihad ist gesetzlich vorgeschrieben als eines der Mittel, den Islam zu verbreiten.
Folglich sollen Nichtmoslems den Islam entweder freiwillig, durch Weisheit und guten Rat annehmen,
oder unfreiwillig durch den Kampf des Dschihad.”
Dieses Zitat stammt von Scheich Abdullah Ghoshah, dem höchsten Richter Jordaniens. Allerdings
wissen die Moslems seit zweihundert Jahren, daß sie gegen den Westen militärisch keine Chance
haben, der Dschihad mehr Idee als Realität ist. Trotzdem schreibt zum Beispiel genannter Scheich: “ Es
ist ungesetzlich, den Dschihad aufzugeben, Frieden zu schließen und die Position der Schwäche
einzunehmen, es sei denn, diese Unterbrechung diene dem Kräftesammeln in Zeiten, wo die Moslems
schwach, ihre Gegner aber stark sind.” Solange die Welt nicht ganz und gar islamisch geworden ist, ist
der Dschihad für den “Rechtgläubigen” der Normzustand. Keinen heiligen Krieg zu führen ist eine
Position der Schwäche. An Frieden darf er erst denken, wenn das Ziel, die ganze Welt islamisch zu
machen, erreicht ist.
Der erste Heilige Krieg war der Krieg um die Befreiung Mekkas durch den Propheten selbst. Im
Mittelalter wurde ein Dschihad gegen die europäisch Kreuzfahrerheere geführt, die versucht hatten die
ebenfalls für den Islam heiligen Städten wie z.B. Jerusalem zu erobern. In der modernen Zeit sind vor
allem drei Kriege zu erwähnen, die als Dschihad geführt wurden. So ist der seit 50 Jahren mit mehr oder
minder großer Heftigkeit geführte Kampf der arabischen Welt gegen den Staat der Juden, Israel, ein
heiliger Krieg. Im ersten Golfkrieg von 1980 bis 1989 bekämpften sich vordergründig die sunnitische und
die schiitische Glaubensrichtung in Gestalt des Irans und des Iraks. In Wahrheit wurde der religiöse Eifer
auf beiden Seiten dazu genutzt, das in dieser Gegend so reichlich vorhandene Erdöl unter die eigene
Kontrolle zu bringen und auch die Interessen der damaligen Supermächte USA und UdSSR spielten eine
nicht unwesentliche Rolle in diesem fast 9 jährigem Gemetzel unter den Glaubensbrüdern. Zum letzten
großen Dschihad gegen die USA und die UNO rief der irakische Diktator Hussein 1990/91 auf, der das
kleine Nachbaremirat Kuwait zuvor völkerrechtswiedrig besetzt hatte. Dieser Aufruf verhallte fast in der
ganzen arabischen Welt ungehört, da die Aggressivität des irakischen Diktators und die damit
einhergehende Gefährdung der Stabilität in der arabischen Welt allzu offensichtlich war.
5.5. Mullah
"Mollá" heißt der islamische Religionsgelehrte in der persischen Umgangssprache - abgeleitet vom
arabischen "maulá", was soviel bedeutet wie Meister oder Gelehrter. Da es eine streng festgelegte
Ausbildung zum Mullah gibt, kann sich jeder, der sich zum Geistlichen berufen fühlt, sich so nennen und
entsprechend kleiden. Um als Mullah anerkannt zu werden, muß es ihm allerdings gelingen, eine Gruppe
von Gläubigen um sich zu scharen.
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Heiko Schweizer <[email protected]>
5.6. Die verschieden Abspaltungen und Gruppen des Islams
5.6.1. Schiiten und Sunniten
Beide Richtungen unterscheiden sich weniger in der islamischen Religion als vielmehr durch den
Glauben bzw. die Bekenntnis zu Personen der islamischen Geschichte, denen die höchste Autorität in
der Gemeinde aller Muslime zugeschrieben wird. Die Sunniten leiten ihren Namen von der Sunna ab,
dem Leben des Propheten. Sie, die die Mehrheit der Muslime darstellen, erkennen als rechtmäßige
Nachfolger Mohammeds die ersten vier Kalifen an: Abu Bakr, Omar, Osman und Ali, den Vetter und
Schwiegersohn des Propheten.
Die Schiiten, etwa 10 Prozent aller Muslime, sprechen gegen die ersten drei Kalifen, da diese nicht
blutsverwandt mit dem Propheten waren. Als rechtmäßige Nachfolger Mohammeds gelten bei ihnen statt
dessen die "Zwölf Imame". Ein Imam ist der Vorsteher einer Gemeinde. Dieser Titel wird oft auch als
Ehrung an Personen gegeben, die eine besondere religiöse Autorität darstellen. Diese zwölf Imame sind
Ali, der vierte Kalif, dessen Söhne Hassan und Hussein aus der Ehe mit Mohammeds Tochter Fatima,
sowie neun weitere Nachkommen Husseins. Der zwölfte Imam lebt nach der schiitischen
Glaubensvorstellung in der "Abwesenheit". Die Schiiten sind die Parteigänger Alis und seiner
Nachkommen. Die Unterschiede im kultischen Ritual (Gebet, Pilgerfahrt, Fasten) sind gering, das
schiitische Recht allerdings unterscheidet sich beträchtlich vom sunnitischen. Auch haben die Schiiten
als Minderheit und oft unterdrückte Gruppe eine besondere Mentalität, die eines Märtyrers - eines
"Blutzeugen", entwickelt. Im Irak leben heute etwa 60 Prozent der Schiiten. Starke Minderheiten gibt es
im Südlibanon, in Afghanistan, Pakistan und Indien.
5.6.2. Aleviten
Die Aleviten sind nach den Sunniten mit etwa 20 Prozent der Bevölkerung die zweitstärkste
Glaubensgemeinschaft in der Türkei. Auch die Kurden und einige andere arabisch sprechende
Bevölkerungsgruppen bekennen sich zur alevitischen Lehre. Im Mittelpunkt steht die schwärmerische
Verehrung Alis und seiner Nachfahren, der Zwölf Imame. Die Aleviten interpretieren den Koran und die
islamischen Gesetze spirituell und lehnen die Fünf Säulen des sunnitischen Islams ab. Das macht sie in
den Augen der anderen Glaubensrichtungen zu "Ketzern". Die Aleviten haben keine Moscheen
(Gebetshäuser); ihre religiösen Versammlungen finden in Privathäusern statt. Die Frauen nehmen daran
gleichberechtigt teil. Das religiöse Wissen wird von Generation zu Generation innerhalb "heiliger"
Familien, denen auch die geistige und soziale Führung der Gemeinschaft obliegt, mündlich überliefert.
Alevit ist man durch Abstammung. Ein Mitglied der Kultgemeinde wird man durch eine Initiation sowie
das Eingehen einer religiös bestimmten "Wahlbruderschaft", die von größerer Bedeutung als
Blutsverwandschaft ist und ein Leben lang gilt.
5.6.3. Sufismus
Sufismus ist die Sammelbezeichnung für die asketisch - mystischen Strömungen im Islam und wird von
dem arabischen Wort "Suf" (Wolle) abgeleitet. Wegen seiner wollen Kutte heißt der Mystiker Sufi. In
Persien wurde er auch "Derwisch" genannt, was soviel bedeutet wie Bettler oder Armer.
Im Sufismus richtet sich das religiöse Streben auf die persönliche Erfahrung der Gottesnähe,
Gottesschau oder in einigen extremen Varianten sogar des Einswerdens mit Gott. Dies geschieht durch
Askese, dem Verzicht auf Nahrung, Besitz und Enthaltsamkeit, durch Meditation oder Praktiken, die zu
Trancezustände führen, etwa rhythmische Bewegungen begleitet von der Rezitation bestimmter Namen
und Formeln. Einige dieser Praktiken sind im Islam umstritten und gelten zum Teil als verwerflich, wie
zum Beispiel das Hören von Musik und der Tanz.
Einzelne Sufi - Orden haben sich im Widerstand gegen die europäische Kolonialherrschaft profiliert oder
spielen heute eine wichtige Rolle als Vorkämpfer der Reislamisierung ihrer Länder.
9
Heiko Schweizer <[email protected]>
5.7. Die fünf Säulen des Islam
Unter den fünf Säulen des Islam versteht man die fünf Grundpflichten der Muslime. Dazu zählen:
5.7.1. Schahada - Das Glaubensbekenntnis
Die "Schahada" ist das Glaubensbekenntnis, mit dem der Muslim sich zu seinem Glauben bekennt, Gott
in Form, Wort und Tat anbetet und dem Propheten Mohammed nachfolgt.
5.7.2. Salat - Das tägliche Pflichtgebet
Als “Salat" bezeichnet das fünfmal täglich, vor Sonnenaufgang, nach dem Sonnenhöchststand,
Nachmittags, nach Sonnenuntergang und Abends stattfindende Pflichtgebet. Dieses wird in einem genau
festgelegtem Ritual (Blickrichtung nach Mekka) durchgeführt.
5.7.3. Ramadan - Das Fasten
Das "Saum" oder "Roza" ist das Fasten im Monat Ramadan. Im 9. Monat des islamischen Kalenders
wird von Morgens bis zum Sonnenuntergang gefastet. Während dieser Zeit darf ein Muslim nicht essen,
nicht trinken und rauchen oder Geschlechtsverkehr haben.
5.7.3. Sakat - Die Armensteuer
Das "Sakat" oder "Zakat" ist die Entrichtung der Armensteuer. Mit den Einkünften der Armensteuer
bestreitet der Staat die notwendigen Ausgaben für das Allgemeinwohl. Es ist Pflicht für jeden Muslim,
Almosen zu spenden. Die Armenspende gilt als sehr verdienstvoll. So heißt es im Koran:
"Nie könnt ihr zur vollkommenen Rechtschaffenheit gelangen, solange ihr nicht spendet von dem, was
ihr habt; und was immer ihr spendet, wahrlich, Allah weiß es wohl." (3:93)
5.7.5. Hadsch - Die Pilgerfahrt nach Mekka
Jeder Muslim, der körperlich und finanziell dazu in der Lage ist, sollte einmal in seinem Leben zur Kaaba,
dem ersten Haus Gottes, in Mekka wallfahren. Befreit von dieser Pflicht sind Alte, Gebrechliche,
Schwangere und Kinder. Der dafür festgelegte Zeitpunkt der Pilgerfahrt ist 10 Wochen nach dem Ende
der Fastenzeit. Begibt man sich zu einer anderen Zeit nach Mekka, so gilt das als "kleine Wallfahrt"
(Umra).
6.
Der islamische Fundamentalismus
Als islamischen Fundamentalismus bezeichnet man die radikal - religiösen Strömungen in der
islamischen Glaubensgemeinschaft, die vor allem in der heutigen Zeit immer mehr an Einfluß gewinnen
und sich in einer Vielzahl von Parteien und Gruppierungen manifestieren. Gemeinsam ist all diesen
Strömungen das Bestreben , alle Lebensbereiche gemäß einer buchstabengetreuen Auslegung des
Korans zu gestalten. Religion und Staat sind nach dieser Auffassung untrennbar miteinander verbunden.
Eine internationale Gefahr stellen vor allem die radikalen Erscheinungen des Fundamentalismus dar, da
diese auch die Ausübung von terroristischer Gewalt nach innen und außen propagieren. So gehen ein
Großteil der Flugzeuganschläge der letzten 20 Jahre auf das Konto radikal - fundamentalistischer
Terrororganisationen wie der Hamas oder der Hisbollah, die die finanzielle und logistische Unterstützung
fundamentalistischer Staaten, z.B. des Irans oder des Sudans, genießen. Eine der ältesten
fundamentalistischen Organisationen ist die sogenannte Muslimbruderschaft, die 1928 in Ägypten
gegründet wurde. Heute ist diese Bruderschaft, zum Teil als Geheimbund, in fast der gesamten
islamischen Welt verbreitet und macht vor allem durch ihre Beteiligung an Massakern an der
Landbevölkerung in Algerien und an Touristen in Ägypten Schlagzeilen. Bis in die 70er Jahre spielte der
islamische Fundamentalismus politisch gesehen keine große Rolle, waren doch der koloniale
Unabhängigkeitskampf und der Nationalismus die weitaus stärkeren politischen Triebfedern. Das
änderte sich im Jahre 1979, als in einer islamischen Revolution im damaligen Persien der Schah
gestürzt und ein fundamentalistischer Gottesstaat ausgerufen wurde. Der Zusammenbruch des
Kommunismus ab 1989 schuf einen weiteren Nährboden für die gegenwärtigen islamischen Strömungen
und ließ durch den Wegfall linker Ideen und Wertvorstellungen ein politisches und moralisches Vakuum
entstehen. Die Notwendigkeit eines weltweiten Handels, so ist der Iran z.B. einer der wichtigsten
Erdölexporteure der Welt, verhindert allerdings die zur Festigung der fundamentalistischen Macht
notwendige Abschottung nach außen und so ist im Falle des Irans nach 20 Jahren Scharia und
Gottesstaat wieder eine leichte Demokratisierung spürbar. Solche Anzeichen dürfen allerdings nicht
10
Heiko Schweizer <[email protected]>
überbewertet werden, da in weiten Teilen der arabischen Welt noch Krieg und Terror vorherrschen. Am
stärksten betroffen ist davon Afghanistan, das nach 20 Jahren Krieg und Brudermord nun total zerstört
ist, in dem Anarchie herrscht und in dem die fundamentalistischen Taliban - Milizen das Volk in die tiefste
Steinzeit der Scharia zurückzwingen. Die Taliban, das Wort bedeutet Schüler oder Student, treiben
Fundamentalismus und Gottesliebe zu einem perversen Höhepunkt: Sie schneiden Mädchen mit
lackierten Fingernägeln die Finger ab, steinigen Ehefrauen, die der Untreue bezichtigt wurden, peitschen
Kinder aus, die mit unerlaubten Spielzeug ertappt wurden, prügeln Männer, die allesamt der Bartpflicht
unterliegen, zur Moschee und hängen als Gegner Verdächtige öffentlich an Kranwagen auf. In Zeiten
höchster Not verbieten es die Häscher des “Amtes für Überwachung der islamischen Moral und die
Bekämpfung der Sünde” dem geschundenen Volk sich zum Beispiel von weiblichen Ärzten helfen zu
lassen. Alle Schulen und die Universität von Kabul wurden von ihnen geschlossen. Film, Fernsehen,
Musik und Lachen sind verboten - alles im Namen der Liebe Allahs!
7.
Die Bedeutung des Islams im gesellschaftlichen Leben
7.1. Die Familie
Muslimische Männer und Frauen sollen heiraten und sich mehren, denn am jüngsten Tag möchte der
Prophet mit einer gewaltigen Zahl von Muslimen vor allen anderen Völkern glänzen. Es besteht kein
Zwang, aber es wird mit wohlwollen gesehen, wenn man heiratet und Kinder zeugt, da dies die
Gemeinschaft der Gläubigen stärkt. Ansonsten hat man ein keusches Leben zu führen. Dem Koran
zufolge sind Mann und Frau vor Gott gleichwertig, doch wegen ihrer "natürlichen" Unterschiede fallen
ihnen auf Erden verschiedene, nach islamischen Verständnis durchaus gleichrangige, gesellschaftliche
Rollen zu. Der Mann als Familienoberhaupt hat gegenüber der Frau und den Kindern umfangreiche
Pflichten zu erfüllen. Daher darf er von der Frau Gehorsam verlangen und Zuwiderhandlungen sogar
durch körperliche Züchtigung bestrafen.
Bei einer Hochzeit ist ein "Kaufpreis" zu entrichten, die erste Hälfte direkt vom Bräutigam an die Braut,
die andere Hälfte bei Tod oder Scheidung. Die Frau darf selbst über ihr Vermögen verfügen. Auch kann
die Frau, wenn schwerwiegende Gründe wie Pflichtvernachlässigung, Impotenz oder Ehebruch
vorliegen, sich scheiden lassen. In vorislamischer Zeit wurde der "Kaufpreis" an die Eltern der Braut
entrichtet und die Braut galt dadurch auch als Eigentum des Mannes. Sie besaß nichteinmal das Recht
auf ihre Kinder, woran sich auch in einigen fundamentalistisch geprägten, islamischen Ländern bis heute
nichts geändert hat.
7.2. Die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft
Die islamische Welt umfaßt heute mehr als 40 Nationalstaaten, die sich in Geschichte und Geographie,
Kultur und Politik ungemein unterscheiden.
Ebenso unterschiedlich ist
die Situation der Frauen. Die heiligen Texte des Korans geben
widersprüchliche Aussagen über die Stellung der Frau. Es verhält sich da mit dem Koran kaum anders,
als mit dem Alten oder Neuen Testament. Das Frauenbild , das aus den religiösen Texten herausgefiltert
wird, hängt also vom Standpunkt des Betrachters und der Betrachterin im Hier und Heute ab. Nicht nur in
islamischen, sondern auch in christlichen oder jüdischen Gesellschaften gab es traditionell eine
Zurücksetzung der Frau; in islamischen Staaten wiegt sie besonders schwer, weil dort die Tradition
heute noch eine wichtige Rolle spielt. Die Ehefrau schuldet ihrem Mann, der das Oberhaupt der Familie
ist, Gehorsam im Haus, in ihrer sexuellen Beziehung und in der Öffentlichkeit. Nach der Überlieferung
des Propheten ist die beste Frau die, die ihren Mann betört, wenn er sie ansieht, die ihm gehorcht, wenn
er ihr befiehlt, die ihm treu bleibt und sein Vermögen nicht verschwendet, wenn er nicht anwesend ist.
Die Frau, die sich weigert, den Geschlechtsakt zu vollziehen, ist ungehorsam und wird doppelt bestraft:
auf Erden und im Himmel. Das islamische Recht billigt dem Mann zu, in bestimmten Fällen den Unterhalt
zu entziehen, auch wenn er im Prinzip dazu verpflichtet ist. Auch billigt der Koran dem Mann ein
Züchtigungsrecht gegenüber seiner Frau zu. Im Koran ist weiterhin zu lesen: “Die Männer stehen über
den Frauen, weil Gott sie von Natur vor diesen ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben, die sie von
ihrem Vermögen gemacht haben. ... Und wenn ihr fürchtet, daß (irgendwelche) Frauen sich auflehnen,
dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!” (Koran 4:34) Eine der Strafmaßnahmen
11
Heiko Schweizer <[email protected]>
gegen die ungehorsame Frau ist beispielsweise die Verstoßung. Die Ausnahmen, in denen die Frau
ihrerseits die Scheidung beantragen kann sind auf sexuelle Impotenz, unberechtigte Nichtgewährung
von Unterhalt, Ehebruch und unheilbare Erkrankung beschränkt. Selbst hier ist der Ermessensspielraum
des urteilenden Richters groß: stets liegt die Beweislast bei der Frau. Die Verstoßung, die bis heute
praktiziert wird, ist alleiniges Recht des Mannes. Sie kann auch durch einen Richter erfolgen, ist aber
nicht gesetzlich vorgeschrieben. Ein garantiertes, uneingeschränktes Recht auf Unterhalt besitzt die Frau
nicht. Die Polygamie, die Vielehe eines Mannes mit mehreren Frauen, existiert bei arabischen Muslimen
noch immer. In ca. 2 Prozent der arabischen Ehen herrscht Polygamie, die die Vorherrschaft des
Mannes in der Familie festigt.
Auch das Erbrecht schreibt die ökonomische Abhängigkeit der Frau fest: die Töchter erben die Hälfte
dessen, was den Söhnen zusteht. Die Witwe bekommt nur die Hälfte dessen, was dem Witwer vom
Vermögen der verstorbenen Ehefrau gebührt.
Die Trennung der Geschlechter ist einer der Grundpfeiler der muslimischen Gesellschaftsordnung. Der
häusliche Bereich ist das Territorium der Frau und die Öffentlichkeit gehört zur Domäne des Mannes.
Jede Überschreitung seitens der Frauen wird von den Männern als Provokation empfunden. Seit sich die
Frauen den Zugang zu formalen Wissen und zur Berufstätigkeit erobern, sind sie in den öffentlichen
Raum vorgestoßen. Bis heute haben sich die Männer von diesem Schock nicht erholt. Die
Regelverletzung hat ihre Identität bis ins Mark getroffen. Die Ehe des Mannes hängt von der Kontrolle
ab, die er über die Sexualität seiner Ehefrau ausübt, sowie von der Produktivität ihrer
Geschlechtsorgane. Frauen in der Öffentlichkeit bedrohen die Familienehre und stellen die männliche
Autorität und Kontrolle in Frage.
Die Geschlechtertrennung, das heißt die Verbannung der Frau aus dem öffentlichen Raum, äußert sich
auch durch das Tragen des Schleiers. Frauen und Mädchen tragen ihn zumeist nach der
Geschlechtsreife. Zum Thema Schleier heißt es im Koran: “ Prophet! Sag deinen Gattinnen und
Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen (wenn sie austreten) sich etwas von ihrem Gewand
(über den Kopf) herunterziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, daß sie (als ehrbare Frauen)
erkannt und daraufhin nicht belästigt werden.” (Koran 33:59) Andere Koranverse variieren das Thema,
ohne jemals explizit vom Gesichtsschleier zu sprechen. Wie bei vielen Koranstellen ist auch hier die
Interpretation offen und von Land zu Land verschieden. Weder der Koran, noch die Überlieferungen
verbieten es den Frauen, berufstätig zu sein. Aber das Festhalten an ihrer traditionellen Rolle im Haus
setzt der Erwerbsarbeit außer Haus enge Grenzen. Sie braucht dafür die Genehmigung des Mannes
oder des Vormundes. Sie soll möglichst nur mit Frauen zusammenarbeiten und darf keine Stellung
einnehmen, in der sie Männern Weisungen erteilt. Nur wirtschaftliche Not gilt als ausreichender Grund
für eine Erwerbstätigkeit.
Die gesellschaftliche Wirklichkeit hat diese Rechtskonstruktion längst überholt. So haben Frauen in
Ägypten und in den Maghrebstaaten fast alle Bereiche der Erwerbstätigkeit erobert. Hohe politische
Ämter bleiben ihnen jedoch verwehrt. So bleiben Richterämter oder Posten in der Staatsanwaltschaft
ägyptischen Frauen auch weiterhin verschlossen: Erstens gebe es genügend qualifizierte Männer und
zweitens fehle es den Frauen an der erforderlichen Nervenstärke. Zudem seien sie wegen ihrer
monatlichen Menstruationsphasen starken Stimmungsschwankungen unterworfen.
Heute sind Frauen zwischen despotischen Regimen (alleinherrschende Regierung) und islamischen
Demagogen (negativ: Volksverführer, der eine unpolitische Menschenmasse im Sinne seiner Ziele zu
manipulieren und zu mobilisieren versucht) eingezwängt, die Errungenschaften ihres langen Kampfes
um Gleichberechtigung sind bedroht.
7.3. Feste und Feiertage des islamischen Jahres
Von allen Muslimen gemeinsam werden nur zwei Feste gefeiert, die jeweils drei Tage lang dauern:
Das Opferfest "Id el - adah", es erinnert daran, daß Gott Abraham befahl, einen seiner Söhne (nach
islamischer Auffassung Ismail und nicht Isaak) zu töten. Als Abraham seinen starken Glauben bewies,
ließ Gott anstelle des Sohnes ein Lamm opfern. Das Fest beginnt jeweils am 10. Tag des
Pilgermonates. Jede Familie, die es sich leisten kann, schlachtet ein Schaf, Rind oder Kamel. Zwei
Drittel des Fleisches sind davon für die Armen bestimmt.
Das Fest des Fastenbrechens "Id el - fitr" wird am Ende des Fastenmonats Ramadan gefeiert.
7.4. Vergnügungen und Alkohol
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Heiko Schweizer <[email protected]>
Der Genuß von Alkohol, insbesondere von Wein, ist dem Koran zufolge nicht verboten, sondern lediglich
nur abzulehnen. Ein Verbot hätte sich auch kaum durchsetzen lassen, wenn die strengen Sittenwächter
den Arabern den Weindurst nicht ausgetrieben hätten. In Saudi - Arabien stehen auf Alkoholgenuß
Prügelstrafe und Gefängnis. Auch weltliche Vergnügungsveranstaltungen, wie z.B. Diskotheken und
Kinos, sind verpönt und in streng - islamischen Ländern unter Strafandrohung verboten. Erlaubt sind
Musik und Tanz hingegen bei religiösen oder familiären Festen wie bei Hochzeiten oder dem Ende des
Ramadan.
7.5. Das Verhältnis der islamischen Gesellschaft zu Randgruppen
(Homosexualität und Prostitution)
Der Islam verurteilt Homosexualität als eine Form der Unzucht. Prostitution ist ebenfalls strafbar. Das
islamische Recht sieht hierfür allerdings keine Sanktionen vor. Außerdem verboten sind außerehelicher
Geschlechtsverkehr und Selbstbefriedigung. Das ist ein Grund dafür, weshalb gesellschaftliche
Randgruppen in islamischen Ländern unter Androhung schwerster Strafen verfolgt werden. So kann zum
Beispiel eine Frau, die Ehebruch begangen hat, öffentlich gesteinigt werden.
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Heiko Schweizer <[email protected]>
7.6. Die Auswirkungen des islamischen Rechts auf das tägliche Leben
Das islamische Strafrecht stützt sich in Teilen auf das ältere arabische Stammesrecht, weist jedoch
mehrere Neuerungen auf. So wurde etwa die bis dahin übliche Blutrache verboten. Dennoch bleibt es bei
der Todesstrafe und der körperlichen Verstümmelung nach dem Grundsatz: "Auge um Auge, Zahn um
Zahn". Gleiches wurde und wird unter richterlicher Aufsicht mit Gleichem oder sogar Schlimmeren
vergolten. Mildernde Umstände erkannte das Gericht bei vorsätzlich begangenen Straftaten nicht an. Für
unbeabsichtigten Totschlag hingegen durfte der Täter nicht mit dem Tode bestraft werden. In solchen
Fällen wurde ein "Blutgeld" an die Familie des Opfers fällig. Die Strafgesetze der Scharia beinhalten zwei
Gruppen von Strafen: die Hadd - Strafen wie z.B. Unzucht, Verleumdung, Alkoholgenuß, Diebstahl und
Straßenraub und die Tazir - Strafen, die bei Delikten angewendet werden, bei denen göttliche Gebote
verletzt wurden. Das Strafmaß liegt bei diesen im Ermessen des Richters. Eine Strafe kann aber auch
durch Reue des Schuldigen abgewendet werden. Die Hadd - Strafen werden, falls der angeklagte im
Sinne des islamischen Prozeßrechtes überführt ist, auf jeden Fall angewendet. Die vorgesehenen
Strafen variieren zwischen Auspeitschung oder Steinigung im Falle von Unzucht oder Ehebruch, Tod
durch das Schwert bei Mord, Kreuzigung bei Raubmord und Amputation von Gliedmaßen bei Diebstahl.
Reue oder z.B. die Rückgabe des gestohlenen Eigentums führen bei dieser Art von Strafe nicht zu deren
Abwendung. Die Hadd - Strafen sind direkt dem Koran entnommen. Dieses traditionelle islamische
Strafrecht wird heute nur noch in wenigen Ländern, wie etwa Saudi - Arabien, angewendet. Die meisten
islamischen Staaten haben sich Rechtssysteme nach westlichen Vorbild gegeben. Fundamentalistische
Bestrebungen zielen aber in vielen Ländern, wie etwa Ägypten, auf die Wiedereinführung der Scharia,
denn "Allah allein ist der Gesetzgeber, der Stifter der Scharia". Dieses Gesetz ist ein für allemal
geschaffen, was dazu führt, daß Neuerungen in Rechts- und Moralauffassungen, die die heutige Zeit
nötig machen, oftmals von Proteststürmen der geistlichen Führungsschicht und der traditionalistischen
Volksmassen begleitet werden.
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